TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/1 W170 2147658-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.04.2020
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Entscheidungsdatum

01.04.2020

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z22
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34 Abs2
AsylG 2005 §34 Abs6
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W170 2147658-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.01.2017, Zl. 1087011204 - 151341097, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, und § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 53/2019, mit der Maßgabe abgewiesen, dass Spruchpunkt I. zu lauten hat:

"I. Ihr Antrag auf internationalen Schutz vom 14.09.2015 wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 53/2019, abgewiesen."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2019, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

XXXX (in Folge: Beschwerdeführerin), eine volljährige, syrische Staatsangehörige, reiste rechtswidrig nach Österreich ein und stellte am 14.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Nach Durchführung eines behördlichen Ermittlungsverfahrens, in dem die Beschwerdeführerin angab, Syrien des Krieges wegen verlassen zu haben sowie, um zu ihrem Ehemann nach Österreich zu kommen, wurde der Antrag mit im Spruch bezeichneten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.01.2017 im Hinblick auf die Zuerkennung des "Status des Asylberechtigten" abgewiesen, unter einem wurde der Beschwerdeführerin der "Status des subsidiär Schutzberechtigten" zuerkannt sowie dieser eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin eine gegen sie gerichtete Gefahr einer Verfolgung oder Bedrohung nicht habe glaubhaft machen können. Die Ehe sei erst nach der Ausreise ihres Ehemannes aus Syrien geschlossen worden.

Der Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 01.02.2017 zugestellt.

Gegen Spruchpunkt I. des oben dargestellten Bescheides richtet sich die am 13.02.2017 bei der Behörde eingebrachte Beschwerde.

Begründend wurde darauf verwiesen, dass der Beschwerdeführerin aufgrund der Eheschließung originär staatliche Verfolgung in Syrien drohe. Auch aufgrund ihres langen Auslandsaufenthaltes und der Asylantragstellung in Österreich, der illegalen Ausreise und ihrer Zugehörigkeit zur kurdischen Volksgruppe würde ihr im Falle einer Rückkehr nach Syrien vom syrischen Regime eine regimekritische Haltung unterstellt werden.

Die Beschwerde wurde samt den relevanten Verwaltungsakten am 16.02.2017 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt, das - nach einer Abnahme und Neuzuweisung am 18.10.2019 - am 03.03.2020 eine mündliche Verhandlung durchgeführt hat; in dieser verzichtete die Beschwerdeführerin auf die sofortige mündliche Verkündung des Erkenntnisses.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. XXXX ist eine volljährige, syrische Staatsangehörige, die der Volksgruppe der Kurden und der Konfession der Sunniten angehört, deren Identität feststeht und die in Österreich unbescholten ist.

XXXX hat erst nach ihrer Einreise in Österreich XXXX , dem der Status des Asylberechtigten in Österreich zukommt, geheiratet; zuvor haben sie nach der Ausreise des XXXX und in dessen Abwesenheit in Syrien eine Stellvertreterehe geschlossen. Mit XXXX hat XXXX einen unmündigen Sohn namens XXXX, dem über XXXX im Rahmen des Familienverfahrens der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sowie eine unmündige Tochter namens XXXX , über deren Antrag auf internationalen Schutz noch kein Bescheid erlassen wurde.

1.2. XXXX hat am 14.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, dieser wurde mit im Spruch bezeichneten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.01.2017 im Hinblick auf die Zuerkennung des "Status des Asylberechtigten" abgewiesen, unter einem wurde XXXX der "Status des subsidiär Schutzberechtigten" zuerkannt sowie dieser eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

Der Bescheid wurde XXXX am 01.02.2017 zugestellt, gegen dessen Spruchpunkt I. richtet sich die am 13.02.2017 eingebrachte Beschwerde.

1.3. XXXX stammt aus dem Dorf XXXX , Ortschaft Ajyawadia, Stadt Kamishli, im Gouvernement al-Hasaka. Das Dorf XXXX und die Umgebung sind in der Hand der Kurden. In XXXX können weder der IS noch das syrische Regime noch die türkische Armee auf XXXX greifen.

Im Rahmen der Erstbefragung am 14.09.2015 hat XXXX angegeben, Syrien aus Angst vor dem Krieg sowie wegen der Familienzusammenführung mit ihrem Mann verlassen zu haben, im Falle der Rückkehr nach Syrien fürchte sie den Tod durch rivalisierende Parteien und den IS, die ihre Stadt besetzen würden.

Im Rahmen der behördlichen Einvernahme am 21.09.2016 hat XXXX angegeben, dass sie als Angestellte bei der Universität gearbeitet habe und zuständig für die Ausstellung der Studentenausweise gewesen sei. Sie sei etwa dreimal von Studenten bedroht worden, um ihnen gefälschte Studentenausweise auszustellen, damit diese dem Militärdienst entgehen könnten. Außerdem herrsche in Syrien Krieg und sei man nirgendwo sicher, sie wolle auch mit ihrem Mann zusammen sein.

Im Rahmen der Beschwerde vom 13.02.2017 wurde darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführerin aufgrund der Eheschließung originär staatliche Verfolgung in Syrien drohe. Auch aufgrund ihres langen Auslandsaufenthaltes und der Asylantragstellung in Österreich, der illegalen Ausreise und ihrer Zugehörigkeit zur kurdischen Volksgruppe würde ihr im Falle einer Rückkehr nach Syrien vom syrischen Regime eine regimekritische Haltung unterstellt werden.

In der am 03.03.3030 durchgeführten mündlichen Verhandlung führte XXXX aus, dass sie keine Verwandten mehr in Syrien habe, ihre Familie würde in Deutschland und im Irak wohnen. Sie sei illegal, ohne Ausreisegenehmigung, aus Syrien ausgereist und besitze keinen Reisepass. Sie habe in Syrien an keinen Demonstrationen teilgenommen, sei auch anders nicht politisch tätig gewesen, habe in Österreich an zwei von Kurden organisierten, gegen die Türkei gerichteten Demonstrationen teilgenommen, sei in Österreich in keinem Verein aktiv oder anders außenwirksam tätig. Sie habe Syrien wegen der gefährlichen Lage verlassen. Auch sei sie zweimal insofern bedroht worden, als "die Kurden" ihr mehrmals angeboten hätten, mit ihnen zu arbeiten, sie habe das jedoch verneint. Danach habe es kein Problem mit den Kurden gewesen, es habe keinen Zwang gegeben. Ihr Ehemann hätte auch bei den kurdischen Einheiten kämpfen müssen, die kurdischen Autoritäten wüssten nicht über ihre Eheschließung Bescheid.

Glaubwürdig ist, dass XXXX im Falle einer Rückkehr eine alleinstehende Frau wäre; als solcher droht XXXX in XXXX aber keine Verfolgung.

Nicht maßgeblich ist das Vorbringen, dass die kurdischen Machthaber XXXX eine Zusammenarbeit angeboten hätten. XXXX droht im Falle einer Rückkehr nach XXXX weder eine Zwangsrekrutierung durch die YPG oder durch ihre Fraueneinheiten noch eine andere Verfolgung, insbesondere ist nicht davon auszugehen, dass XXXX Verfolgung durch die kurdischen Machthaber deswegen droht, da ihr Ehemann sich durch seine Flucht aus Syrien auch einem kurdischen Militärdienst entzogen hat, auch, da die kurdischen Autoritäten nicht über diese Eheschließung Bescheid wissen. Alle anderen vorgebrachten Verfolger - der IS, das syrische Regime und die türkische Armee - können in XXXX nicht auf XXXX greifen.

Eine andere Verfolgung als die oben dargestellte hat XXXX nicht vorgebracht noch ist eine solche amtswegig zu erkennen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zu 1.1. stützen sich auf die Aktenlage, insbesondere den vorgelegten Personalausweis der Beschwerdeführerin, die Urkunden über die Eheschließung mit XXXX , die eingeholte Strafregisterauskunft und die diesbezüglich nachvollziehbaren Angaben zu ihren persönlichen Angaben sowie zu ihrer Beziehung zu XXXX und ihren Kindern.

2.2. Die Feststellungen zu 1.2. stützen sich auf die unbedenkliche Aktenlage.

2.3. Die Feststellungen zu 1.3. hinsichtlich des Herkunftsgebietes der Beschwerdeführerin gründen sich auf deren diesbezüglich glaubhafte Angaben; dass das Herkunftsgebiet in der Hand der Kurden ist, ergibt sich aus den in das Verfahren eingeführten Länderinformationsblatt sowie einer aktuell durchgeführten Nachschau auf der Homepage https://syria.liveuamap.com/. Dem wurde auch auf Vorhalt nicht widersprochen. Da die Kurden im Herkunftsgebiet der Beschwerdeführerin die Macht in der Hand haben, können weder der IS noch das syrische Regime noch die türkische Armee - etwa wegen der Demonstrationsteilnahme der Beschwerdeführerin in Österreich - in diesem Gebiet auf die Beschwerdeführerin greifen. Dies ergibt sich hinsichtlich des Regimes aus dem diesbezüglich unwidersprochen gebliebenen Länderinformationsblatt (siehe 1. Politische Lage), nach dem es weiterhin Landesteile gebe, in denen die syrische Regierung effektiv keine Kontrolle ausübt. Diese würden, so weiter, entweder durch Teile der Opposition, kurdische Einheiten, ausländische Staaten oder auch durch terroristische Gruppierungen kontrolliert. Weiters führt das Länderinformationsblatt unter der gleichen Überschrift, weiter unten an, dass das Baath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurückgezogen habe. Es gibt auch keine Berichte, dass das Regime in XXXX oder generell der ländlichen Umgebung von Kamishli eingerückt wäre.

Die Feststellungen zum Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Erstbefragung, der behördlichen Einvernahme und der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ergeben sich ebenso aus der Aktenlage wie der Inhalt der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes.

Dass die Beschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr nach XXXX eine alleinstehende Frau wäre, ergibt sich aus ihrem diesbezüglich glaubhaften Vorbringen, dass ihr diesbezüglich aber in XXXX keine Verfolgung droht, aus folgenden, auf dem unwidersprochen gebliebenen Länderinformationsblatt fußenden Überlegungen:

Nach dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, die den in § 5 BFA-Einrichtungsgesetz entsprechenden Standards genügen muss, ist die Situation von kurdischen Frauen in den kurdischen Gebieten im Nordosten Syriens in Bezug auf Unabhängigkeit, Bewegungsfreiheit und die Vormundschaftsgesetze der selbsternannten Autonomieregierung besser. Frauen und Männer sind in der Regierung zu gleichen Teilen repräsentiert, es werden per Gesetz alle Regierungseinrichtungen von einem Mann und einer Frau gleichzeitig geleitet und die meisten staatlichen Behörden und Gremien müssen zwischen Männern und Frauen gleich besetzt sein, abgesehen von Einrichtungen, die nur für Frauen sind. Im November 2014 beschloss die Autonomieregierung ein Dekret, das die "Gleichheit zwischen Männern und Frauen in allen Sphären des öffentlichen und privaten Lebens" vorsieht. Demnach haben Frauen in den Augen des Gesetzes den gleichen Status wie Männer, auch zum Beispiel bezüglich Scheidung und Erbrecht. Polygamie, Ehrenmorde, Zwangsehen, Ehen von Minderjährigen und andere Formen von Gewalt gegen Frauen wurden verboten. Frauenkomitees, Frauenhäuser und Frauenzentren wurden eingerichtet, um Frauen zu schützen und zu vertreten, in den Themen Politik, Wirtschaft, Kultur und Recht weiterzubilden, und ihnen die Möglichkeit zu geben über familiäre und soziale Probleme zu sprechen und Lösungen zu finden. Auch arabische und christliche Frauen nutzen die Zentren. Die Emanzipation der Frauen in Nordsyrien ist ein laufender Prozess. Patriarchale Traditionen sind dort tief eingebettet und mit Religion verbunden. In Gebieten mit arabischer Mehrheitsbevölkerung, die konservativer sind und in denen tribale Strukturen noch stark verwurzelt sind, ist es schwerer für die kurdischen Behörden Gleichberechtigungsmaßnahmen ohne Widerstand durchzusetzen. Die zivile Verwaltung der kurdisch kontrollierten Provinzen im Norden des Landes, der sogenannten "Demokratischen Föderation Nordsyrien" (kurdisch Rojava) hat die Institution der Zivilehe eingeführt, die unabhängig von der religiösen Zugehörigkeit der Nupturienten vor den zuständigen Behörden geschlossen werden kann. Insgesamt kommen zwar auf eine alleinstehende Frau im kurdisch kontrollierten Gebiet Schwierigkeiten zu, aber es ist nicht zu sehen, dass diese das Maß einer Verfolgung erreichen, da die kurdischen Behörden offensichtlich - dies ergibt sich insbesondere aus der Einrichtung von Frauenschutzeinrichtungen - bemüht sind, Frauen zu schützen. Dies gilt nicht - was aber hier nicht entscheidungsrelevant ist - in nicht von den Kurden kontrollierten Gebieten.

Dass das Vorbringen, kurdische Machthaber hätten XXXX eine Zusammenarbeit angeboten ist, nicht maßgeblich ist, ergibt sich aus dem Umstand, dass sie selbst angegeben hat, sie sei nicht zur Zusammenarbeit gezwungen worden und habe auch nach einer Ablehnung keine Probleme erfahren. Dass nicht davon auszugehen ist, dass XXXX Verfolgung durch die kurdischen Machthaber deswegen droht, da ihr Ehemann sich durch seine Flucht aus Syrien auch einem kurdischen Militärdienst entzogen hat, ergibt sich daraus, dass die Länderberichte kein Bild von systematischer (oder überhaupt einer) Verfolgung von Familienangehörigen von (kurdischen) Wehrdienstverweigerern durch kurdische Einheiten oder Machthaber zeigen und diese nach den Angaben der Beschwerdeführerin auch nicht über die Eheschließung Bescheid wissen.

Dass eine andere Verfolgung nicht vorgebracht wurde, ergibt sich aus der Aktenlage; ebenso, dass eine solche nicht zu erkennen war.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gemäß § 3 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 53/2019 (in Folge: AsylG), ist Asylwerbern auf Antrag der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft gemacht wurde, dass diesen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955 in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (in Folge: GFK), droht und dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG gesetzt hat.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG ist unter Herkunftsstaat der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt, oder - im Falle der Staatenlosigkeit - der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes zu verstehen. Dies ist im vorliegenden Fall zweifellos Syrien.

3.2. Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, droht einer Person, die sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; ebenso droht entsprechende Verfolgung einer Person, die staatenlos ist und sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in den Herkunftsstaat zurückzukehren. Es ist auszuführen, dass § 3 Abs. 1 AsylG auf den Flüchtlingsbegriff (drohende Verfolgung im Herkunftsstaat) im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK verweist. Danach ist entscheidend, ob glaubhaft ist, dass den Fremden in ihrem Herkunftsstaat Verfolgung droht. Dies ist dann der Fall, wenn sich eine mit Vernunft begabte Person in der konkreten Situation der Asylwerber unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat fürchten würde (VwGH 24.06.2010, 2007/01/1199). Weiters setzt die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung nicht voraus, dass der Asylwerber vor seiner Ausreise eine individuell gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlung bereits erlitten haben müsste oder ihm zumindest eine solche bereits konkret angedroht worden wäre; eine derartige Befürchtung ist auch dann gerechtfertigt, wenn die Verhältnisse im Heimatland des Asylwerbers dergestalt sind, dass die Angst vor der vorgebrachten, drohenden Verfolgung objektiv nachvollziehbar ist (siehe VwGH 25.01.1996, 95/19/0008, wenn auch zum Asylgesetz 1991, BGBl. Nr. 8/1992 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 76/1997, jedoch unter Bezugnahme auf den Flüchtlingsbegriff der GFK).

Wie oben dargestellt, hat die Beschwerdeführerin lediglich nicht asylrelevante Vorfälle in Syrien vorgebracht. Da der Herkunftsort bzw. die Herkunftsregion der Beschwerdeführerin in kurdischer Hand ist, ist auf potentiell drohende Verfolgung durch andere Machthaber - etwa durch das syrische Regime aufgrund unterstellter politischer Gesinnung, durch den IS, der dort kein Gebiet mehr kontrolliert, oder durch die türkische Armee etwa aufgrund der Teilnahme der Beschwerdeführerin an kurdischen Demonstrationen gegen die Türkei - nicht einzugehen. Von den kurdischen Machthabern hat die Beschwerdeführerin jedoch keine Verfolgung zu befürchten, diese hat selbst angegeben, jene hätten ihr eine Zusammenarbeit angeboten, sie jedoch nicht dazu gezwungen, und hätte sie nach der Ablehnung keine Probleme erfahren. Auch ist nicht ersichtlich, wieso der Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Angehörigeneigenschaft zu ihrem Ehemann Verfolgung durch die kurdischen Machthaber drohen sollte, sie gab selbst an, diese wüssten nichts von ihrer Eheschließung, darüber hinaus gibt es keinerlei Berichte über die Verfolgung von Angehörigen von kurdischen Wehrdienstverweigerern durch die Kurden.

3.3. Gemäß § 34 Abs. 2 AsylG ist einem Familienangehörigen eines asylberechtigten Fremden unter näher bezeichneten Voraussetzungen der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen. Dies ist gemäß § 34 Abs. 6 AsylG jedoch nicht auf Familienangehörige von Fremden, denen selbst der Status des Asylberechtigten im Rahmen dieses des Familienverfahrens nach § 34 AsylG zuerkannt wurde, anzuwenden. Aus diesem Grund kann die Beschwerdeführerin nicht im Rahmen des Familienverfahrens den Status einer Asylberechtigten von ihrem unmündigen Sohn, dem selbst im Rahmen des Familienverfahrens über seinen Vater der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, ableiten. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG sind Ehegatten Familienangehörige, sofern die Ehe bereits vor der Einreise bestanden hat. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, haben die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann mehrmals nach verschiedenen Riten geheiratet, keiner dieser Zeitpunkte war jedoch vor der Einreise beider Beteiligter, da sich zumindest XXXX bereits in Österreich aufgehalten hat. Aus diesem Grund kann die Beschwerdeführerin auch von ihrem Ehemann nicht den Status der Asylberechtigten im Rahmen eines Familienverfahrens ableiten.

3.4. Da darüber hinaus keine im Falle der Rückkehr in das Herkunftsgebiet in Syrien drohende Verfolgung hervorgekommen ist, ist die Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 104/2019, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2019, (in Folge: B-VG) zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht hat unter A) die relevante Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dargestellt und diese seiner Entscheidung zu Grunde gelegt; da darüber hinaus keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung zu erkennen waren, ist die Revision nicht zulässig.

Schlagworte

Asylantragstellung asylrechtlich relevante Verfolgung Asylverfahren begründete Furcht vor Verfolgung Familienangehöriger Familienverfahren Fluchtgründe Glaubhaftmachung Glaubwürdigkeit mündliche Verhandlung Verfolgungsgefahr Verfolgungshandlung wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W170.2147658.1.00

Im RIS seit

14.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

14.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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