TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/1 I422 1401001-9

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.04.2020
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Entscheidungsdatum

01.04.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §53 Abs2 Z8
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I422 1401001-9/8E

Schriftliche Ausfertigung des am 12.02.2020 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX (alias XXXX alias XXXX alias XXXX), geb. XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch RA Edward DAIGENAULT, Lerchenfelder Gürtel 45/1, 1160 Wien und den Verein SUARA, Lerchenfelder Gürtel 45, 1160 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.11.2019, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.02.2020, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 17.04.2008 unter Angabe einer Aliasidentität einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.07.2008 und in weiterer Folge mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 11.08.2009 rechtskräftig abgewiesen; zugleich wurde er aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen.

2. Mit Formularvordruck "Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK - Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens" vom 05.08.2015, eingelangt beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) am 10.08.2015, beantragte der Beschwerdeführer die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung plus gemäß § 55 Abs. 1 AsylG.

3. Mit Bescheid vom 01.02.2016 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK gemäß § 55 AsylG ab; zugleich wurde ihm gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Weiters erließ die belangte Behörde gegen den Asylwerber gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG. Überdies stellte die belangte Behörde gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25. März 2016, GZ I409 1401001-2/3E, als unbegründet abgewiesen und erwuchs in Rechtskraft.

4. Am 22.08.2016 stellte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde neuerlich den Antrag, ihm gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK ("Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens" - "Aufenthaltsberechtigung plus") zu erteilen. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 19.10.2016 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen. Die belangte Behörde begründete die Entscheidung im Wesentlichen damit, dass zwischen der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung und der Antragstellung des Beschwerdeführers keine maßgebliche Änderung im Sachverhalt eingetreten und der Antrag sohin gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückzuweisen gewesen sei. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.11.2016, GZ I403 1401001-3, wurde die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen und erwuchs in Rechtskraft.

5. Am 09.08.2019 wurde der Beschwerdeführer von Organen der Sicherheitswache beim Verkauf der Zeitschrift "Megaphon" betreten, in weiterer Folge festgenommen und durch die belangte Behörde einvernommen. Im Anschluss wurde der Beschwerdeführer im Stande der Festnahme gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 BFA-VG in das Anhaltezentrum Vordernberg überstellt. Am 09.08.2019 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt.

6. Am 21.08.2019 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung am 22.08.2019 führte der Beschwerdeführer zur Begründung aus: "Ich gehöre den Leuten der BIAFRA an. Ich bin ein höher gestelltes Mitglied der BIAFRA hier in Österreich. Ich werde im Internet von Nigerianern mit dem Tod bedroht, falls ich wieder zurück in die Heimat gehe. Ich bin sehr bekannt bei der BIAFRA. Meine Mutter ist durch hohen Blutdruck aufgrund dieser Probleme gestorben. Das ist mein Fluchtgrund".

7. Am 28.08.2019 vernahm die belangte Behörde den Beschwerdeführer im Rahmen des Zulassungsverfahrens niederschriftlich ein.

8. Am 30.08.2019 vernahm die belangte Behörde den Beschwerdeführer ein weiteres Mal ein und hob mit mündlich verkündetem Bescheid vom 30.08.2019, Zl. XXXX XXXX, XXXX dessen faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG auf.

9. Mit Bescheid vom 25.10.2019, Zl. XXXX wurde der gegenständliche Folgeantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache hinsichtlich des Status des Asylberechtigten sowie des Status des subsidiär Schutzberechtigten zurückgewiesen (Spruchpunkte I. und II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gleichzeitig wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen (Spruchpunkt IV.) und nach § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6, 8 FPG wurde ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.). Eine Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde nicht eingeräumt (Spruchpunkt VII). Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht durch seinen Rechtsvertreter am 08.11.2019 Beschwerde. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.11.2019, GZ: I421 1401001-8, wurde der Bescheid der belangten Behörde aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.

10. Am 22.11.2019 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde erneut niederschriftlich einvernommen.

11. Mit gegenständlichem Bescheid vom 22.11.2019, Zl. XXXX wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und über ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) erlassen. Zugleich wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Des Weiteren verhängte die belangte Behörde über den Beschwerdeführer ein befristetes Einreiseverbot in der Dauer von fünf Jahren (Spruchpunkt VI.). Sie erkannte ihrer Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VII.) und gewährte ihm keine Frist für eine freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VIII.).

12. Mit Schriftsatz seines Rechtsvertreters vom 23.12.2019 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

13. Nach Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung mit Teilerkenntnis vom 13.01.2020, GZ I422 1401001-9/3Z erfolgte am 12.02.2020 durch das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung samt mündlicher Verkündung des gegenständlichen Erkenntnisses.

14. Mit Schriftsatz vom 25.02.2020 beantragte der Beschwerdeführer die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntisses.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zum Verfahrensgang:

Die im Verfahrensgang unter Punkt I. geschilderten - unstrittigen - Ausführungen werden zu Feststellungen erhoben. Ergänzend werden darüber hinaus folgende Feststellungen getroffen:

1.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist nigerianischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der I(g)bo an und bekennt sich zum christlichen Glauben. Seine Identität steht fest.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen im Jahr 2008 in das Bundesgebiet ein und ist trotz der aufrechten Rückkehrentscheidung seiner Ausreiseverpflichtung aus Österreich nicht freiwillig nachgekommen. Stattdessen stellte der Beschwerdeführer zwei Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels und einen Folgeantrag auf die Zuerkennung von internationalen Schutz und hält sich weiterhin unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Der Beschwerdeführer hat während seines Verfahrens auf internationalen Schutz eine falsche Identität verwendet und war über mehrere Jahre hinweg unbekannten Aufenthaltes. Unter seiner wahren Identität ist der Beschwerdeführer erst seit 09.08.2019 in Österreich aufrecht gemeldet.

Der volljährige Beschwerdeführer ist seit 05.05.2017 mit einer slowakischen, in der Slowakei aufhältigen Staatsbürgerin verheiratet. Die Ehe wurde zum Schein eingegangen, um auf diesem Wege ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zu erlangen. Ein gemeinsamer Haushalt liegt nicht vor und hat in Österreich auch nie bestanden. Das Ehepaar hat seit Monaten keinen Kontakt und leistet der Beschwerdeführer für seine Ehefrau sowie ihr Kind aus einer vorherigen Beziehung keinen Unterhalt. Der Beschwerdeführer selbst hat keine leiblichen Kinder.

Er verfügt über eine mehrjährige Schulbildung in Nigeria sowie Berufserfahrung als Maurer. Insofern wird es dem Beschwerdeführer möglich sein, am nigerianischen Arbeitsmarkt unterzukommen und sich seinen Lebensunterhalt in Nigeria zu sichern. Es kann nicht festgestellt werden, ob der Beschwerdeführer in Nigeria über familiäre Kontakte verfügt.

Der Beschwerdeführer geht einer Beschäftigung als Verkäufer der Zeitung "Megaphon" und gelegentlicher Auto(teile)händler nach Nigeria nach und bezieht keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer verfügt über ein ÖSD-Sprachzertifikat auf dem Niveau A2, ausgestellt am 08.06.2016, wobei darauf eine von ihm verwendete Alias-Identität aufscheint. Der Beschwerdeführer hat keine gemeinnützigen oder ehrenamtlichen Tätigkeiten ausgeführt oder an beruflichen Aus- oder Weiterbildungen teilgenommen. Der Beschwerdeführer ist aufrechtes Mitglied der IPOB Bewegung Steiermark. Es kann nicht festgestellt werden, ob der Beschwerdeführer Mitglied einer Kulturvereinigung in Kapfenberg ist.

Der Beschwerdeführer weist in Österreich keine wesentlichen familiären oder privaten Beziehungen auf und konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in beruflicher, sprachlicher und sozialer Hinsicht festgestellt werden, welche man nicht schon allein aufgrund der Dauer seines Aufenthaltes im Bundesgebiet seit 2008 erwarten kann.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.3. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Entgegen seinem Fluchtvorbringen, wonach er als hohes Mitglied der Bewegung "BIAFRA" und Mitglied der Bewegung IPOB von Nigerianern über das Internet mit dem Tod bedroht worden sei und im Falle seiner Rückkehr verfolgt werden würde, kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Nigeria aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wird.

Der Beschwerdeführer wird daher im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein, auch wenn ihm kein privater Familienverband soziale Sicherheit bieten sollte.

1.4. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria:

Die für den gegenständlichen Fall relevanten Feststellungen lauten wie folgt:

Sicherheitslage:

Es gibt in Nigeria keine klassischen Bürgerkriegsgebiete oder -parteien. Im Wesentlichen lassen sich mehrere Konfliktherde unterscheiden: Jener von Boko Haram im Nordosten; jener zwischen Hirten und Bauern im Middle-Belt; sowie Spannungen im Nigerdelta und eskalierende Gewalt im Bundesstaat Zamfara. Außerdem gibt es im Südosten zwischen der Regierung und Igbo-Gruppen, die für ein unabhängiges Biafra eintreten, sowie zwischen Armee und dem Islamic Movement in Nigeria (IMN) Spannungen. Die 2017 deutlich angespannte Lage im Südosten des Landes ("Biafra") hat sich mit dem Eingriff des Militärs und der mutmaßlichen Flucht des Anführers der stärksten separatistischen Gruppe IPOB derzeit wieder beruhigt.

In Nigeria können in allen Regionen unvorhersehbare lokale Konflikte aufbrechen. Ursachen und Anlässe der Konflikte sind meist politischer, wirtschaftlicher, religiöser oder ethnischer Art. Meist dauern diese Auseinandersetzungen nur wenige Tage und sind auf einzelne Orte bzw. einzelne Stadtteile begrenzt. Insbesondere die Bundesstaaten Zamfara, das Sokoto (Nordteil) und Plateau (Südteil) sind derzeit von bewaffneten Auseinandersetzungen betroffen.

In der Zeitspanne April 2018 bis April 2019 stechen folgende nigerianische Bundesstaaten mit einer hohen Anzahl an Toten durch Gewaltakte besonders hervor: Borno (2.333), Zamfara (1.116), Kaduna (662), Benue (412), Adamawa (402), Plateau (391). Folgende Bundesstaaten stechen mit einer niedrigen Zahl hervor: Jigawa (2), Gombe (2), Kebbi (3) und Osun (8).

Allgemeine Menschenrechtslage:

Die am 29.5.1999 in Kraft getretene Verfassung Nigerias enthält einen umfassenden Grundrechtskatalog. Dieser ist zum Teil jedoch weitreichenden Einschränkungen unterworfen. Das in Art. 33 der Verfassung gewährte Recht auf körperliche Unversehrtheit wird z.B. unter den Vorbehalt gestellt, dass die betroffene Person nicht bei der Anwendung legal ausgeübter staatlicher Gewalt zur "Unterdrückung von Aufruhr oder Meuterei" ihr Leben verloren hat. In vielen Bereichen bleibt die Umsetzung der zahlreich eingegangenen menschenrechtlichen Verpflichtungen weiterhin deutlich hinter internationalen Standards zurück. Zudem wurden völkerrechtliche Verpflichtungen zum Teil nur lückenhaft in nationales Recht umgesetzt. Einige Bundesstaaten haben Vorbehalte gegen einige internationale Vereinbarungen geltend gemacht und verhindern regional eine Umsetzung. Selbst in Bundesstaaten, welche grundsätzlich eine Umsetzung befürworten, ist die Durchsetzung garantierter Rechte häufig nicht gewährleistet.

Die Menschenrechtssituation hat sich seit Amtsantritt einer zivilen Regierung 1999 zum Teil erheblich verbessert, vor allem im Hinblick auf die Freilassung politischer Gefangener und die Presse- und Meinungsfreiheit. Allerdings kritisieren Menschenrechtsorganisationen den Umgang der Streitkräfte mit Boko Haram-Verdächtigen, der schiitischen Minderheit, Biafra-Aktivisten und Militanten im Nigerdelta. Schwierig bleiben die allgemeinen Lebensbedingungen, die durch Armut, Analphabetismus, Gewaltkriminalität, ethnische Spannungen, ein ineffektives Justizwesen und die Scharia-Rechtspraxis im Norden des Landes beeinflusst werden. Es gibt viele Fragezeichen hinsichtlich der Einhaltung der Menschenrechte, wie z.B. die Praxis des Scharia-Rechts (Tod durch Steinigung), Entführungen und Geiselnahmen im Nigerdelta, Misshandlungen und Verletzungen durch Polizisten und Soldaten sowie Verhaftungen von Angehörigen militanter ethnischer Organisationen.

Die in den Jahren 2000/2001 eingeführten strengen strafrechtlichen Bestimmungen der Scharia haben zu keinem starken Anstieg von Menschenrechtsverletzungen geführt, die wenigen Steinigungsurteile wurden jeweils von einer höheren Instanz aufgehoben, auch Amputationsstrafen wurden in den letzten Jahren nicht vollstreckt.

Es setzten sich nigerianische Organisationen wie z.B. CEHRD (Centre for Environment, Human Rights and Development), CURE-NIGERIA (Citizens United for the Rehabilitation of Errants) und HURILAWS (Human Rights Law Services) für die Einhaltung der Menschenrechte in ihrem Land ein. Auch die Gewerkschaftsbewegung Nigeria Labour Congress (NLC) ist im Bereich von Menschenrechtsfragen aktiv.

Opposition inkl. MASSOB und IPOB:

Verfassung und Gesetze erlauben die freie Bildung politischer Parteien, Gewerkschaften oder Interessengruppen. Üblicherweise respektiert die Regierung dieses Recht, es wird jedoch für einige Gruppen eingeschränkt. Es liegen keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung vor. Auch in Nigeria kann sich die politische Opposition grundsätzlich frei betätigen. Das gilt nicht nur für die parlamentarische Opposition sondern auch für außerparlamentarische Parteien und Gruppen. Bislang sind auch - meist marginale - Gruppen mit sezessionistischen Zielen (etwa Biafra) weitgehend toleriert worden.

Mit dem Verbot der Indigenous People of Biafra (IPOB) im September 2017 und der schiitischen IMN sind jetzt aber klare Grenzen markiert worden. Neben der IPOB ist im Südosten Nigerias als zweite sezessionistische Bewegung das Movement for the Actualization of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) aktiv. Beide werden von der Igbo-Volksgruppe beherrscht, konkurrieren aber miteinander. Die Aktivitäten von IPOB oder MASSOB selbst beinhalten keine Verfolgungshandlungen oder schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen. Seit dem Regierungswechsel 2015 kommt es verstärkt zu politischen Demonstrationen von Anhängern der Biafra-Bewegung, denen die Regierung gewaltsam begegnet sein soll. Nach der vorübergehenden Freilassung des seit Herbst 2015 inhaftierten Anführers der IPOB, Nnamdi Kanu, im Frühjahr 2017 spitzte sich die Lage rund um den 50. Jahrestag des Beginns des Biafra-Kriegs neuerlich zu. Zur Sicherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung wurden Truppen entsandt, die IPOB wurde zur terroristischen Organisation erklärt. Die Polizei geht gegen Mitglieder beider Gruppen mittels Inhaftierungen vor. Laut Polizeichef des Bundesstaates Abia sind zwischenzeitlich 59 vermutliche IPOB-Mitglieder wegen Mordes, Brandstiftung und anderer Verbrechen verhaftet worden. Seither hat es seitens IPOB und MASSOB nur noch vereinzelt Versuche gegeben, in der Öffentlichkeit für die (verfassungswidrige) Unabhängigkeit eines fiktiven Staates "Biafra" zu werben. Diese wurden von den nigerianischen Sicherheitsbehörden regelmäßig unterbunden. Insgesamt können diese Bewegungen jedoch als relativ unbedeutende Randgruppen angesehen werden.

Rezentestes Beispiel für ihren abnehmenden Einfluss war eine großteils unbeachtet gebliebene "Sit-at-home Order" der IPOB im September 2018. Jedoch wurden im Rahmen dieser Aktion insgesamt 19 militante Mitglieder der Organisation verhaftet, die im Bundesstaat Rivers 15 LKWs in Brand gesetzt und vier LKW-Fahrer entführt haben sollen. Diese Brandstifter beziehungsweise Entführer werden zum gegebenen Zeitpunkt vor Gericht gestellt werden. Festnahmen oder Verhaftungen von IPOB-Mitgliedern einzig aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu der Organisation sind bislang nicht bekannt geworden.

Der IPOB-Führer Nnamdi Kanu, der seit September 2017 spurlos verschwunden gewesen war, trat überraschend im Oktober 2018 in Jerusalem wieder öffentlich in Erscheinung. Aufgrund einer umstrittenen Äußerung Kanus bei einem Interview distanzierte sich die IPOB in der Folge von ihrem (ehemaligen) Anführer. Der Federal High Court in Abuja erließ am 28.3.2019 einen Haftbefehl gegen ihn. Gleichzeitig widerrief das Gericht die Kanu im April 2017 aus gesundheitlichen Gründen gewährte Freilassung auf Kaution, da er seither mehreren Vorladungen des Gerichts nicht Folge geleistet hatte.

Die Unabhängigkeitsbewegung "Indigenous People of Biafra" (IPOB) löste 2014 aus der in den späten 1990 gegründeten "Movement for Actualization of the Sovereign State of Biafra" (MASSOB). Das Ziel von IPOB ist die Loslösung der Region Biafra von Nigeria und die Gründung eines eigenen Staates. Obwohl sich IPOB dem gewaltfreien Widerstand in Form von Flyer-Verteilungen, Protestmärschen, Kundgebungen, etc. verschrieben hat, kam es in den letzten Jahren immer wieder - hier vor allen in den Regionen Anambra, Abia, Rivers, Imo und Delta - zu gewaltsamen Kundgebungen und zu Zusammenstößen mit den nigerianischen Sicherheitskräften. IPOB wurde im September 2017 von der nigerianischen Regierung als Terrorismusgruppierung eingestuft und als solche verboten. Aufgrund dessen sehen sich Teilnehmer von IPOB-Veranstaltungen der Gefahr einer Verfolgung und Inhaftierung durch die staatlichen Behörden ausgesetzt. Auch wird auch von überbordender Gewaltanwendung durch die Sicherheitskräfte berichtet. Allerdings lässt sich weder aus den Berichten der Staatendokumentation, noch aus denen der EASO die Verfolgung einer Person einzig aufgrund seiner Zugehörigkeit zur IPOB ableiten.

Neueste Ereignisse betreffend Mitglieder der Gruppe IPOB:

Die UN zitiert für die vergangenen Jahre sporadische Übergriffe von Sicherheitskräften gegen Anhänger der IPOB (Indigenous People of Biafra). Dabei wurde auch von der Schusswaffe Gebrauch gemacht. Bekannt sind 2015-2016 mehrere Vorfälle in den Bundesstaaten Abia und Anambra, wobei alleine am 29. und 30.5.2016 in Onitsha mindestens 60 Personen getötet und 70 verletzt worden sind. Bei einer Demonstration in Abia wurden am 14.9.2017 durch die Armee angeblich 150 Personen getötet, der Anführer der IPOB, Nnamdi Kanu, ging daraufhin ins Exil. Nach anderen Angaben wurden bei dem Vorfall, bei welchem Kanu verhaftet hätte werden sollen, zehn Personen getötet und zwölf weitere verletzt, als sie versuchten, die Festnahme von Kanu zu verhindern. Es gibt auch noch weitere Anschuldigungen zu Tötungen durch die Armee und zur Haltung von Verdächtigen ohne Anklage in Incommunicado-Haft.

Seit 2017 hat es nur noch vereinzelt Versuche von IPOB und MASSOB gegeben, in der Öffentlichkeit für die (verfassungswidrige) Unabhängigkeit eines fiktiven Staates "Biafra" zu werben. Diese wurden von den nigerianischen Sicherheitsbehörden regelmäßig unterbunden.

Gelegentlich demonstrierte IPOB friedlich, so am 29.7.2019 in Abakaliki (Ebonyi) und am 1.2.2019 in Abasi (Delta). Allerdings kam es auch im Jahr 2019 sporadisch zu Übergriffen gegen öffentlich auftretende Mitglieder der - verbotenen - IPOB. Das Polizeikommando im Bundesstaat Enugu bestätigte am 22.5.2019 die Verhaftung von 130 Männern und zehn Frauen. Diese hätten an einer nicht genehmigten Demonstration teilgenommen und verbotene Gegenstände zur Schau gestellt. Am 27.10.2019 kam es im Bundesstaat Ebonyi erneut zu Zusammenstößen von voll uniformierten IPOB-Mitgliedern mit Armee und Polizei. Einerseits wird angegeben, dass Sicherheitskräfte ohne Vorwarnung das Feuer eröffnet hätten. Die Pressesprecherin der IPOB, Emma Powerful, behauptete, dass 17 IPOB-Mitglieder verletzt worden seien; außerdem sollen mehr als 70 Personen verhaftet worden sein. Nach Polizeiangaben hingegen hatten IPOB-Mitglieder Sicherheitsbeamte angegriffen. Sechs Personen seien festgenommen worden. Ein Polizist ist verletzt worden, ein weiterer soll getötet worden sein.

Zuletzt kam es am 2.12.2019 zu einem Zwischenfall in Zusammenhang mit der IPOB. Dabei wurde das Haus des Anwalts von Nnamdi Kanu, Ifeanyi Ejiofor, in Anambra von einem gemeinsamen Team aus Polizei und Armee durchsucht. Ejiofor war wegen Gewaltvorwürfen gesucht worden. Bei der Aktion wurden zwei IPOB-Mitglieder sowie zwei Polizisten getötet. Ejiofor hat über seinen Anwalt aufgrund des Vorfalls bei Gericht Klage gegen die Sicherheitskräfte eingereicht.

IPOB werden Gewalttaten im Jahr 2019 zugeschrieben. Am 27.1.2019 griff die Gruppe in Aba (Abia) eine Kirche an und verprügelte den Pastor. Am 15.4.2019 stürmten bewaffnete Milizionäre der IPOB eine Polizeistation in Asaba (Delta) und eröffnete das Feuer auf Polizisten. Mehrere IPOB-Milizionäre wurden verhaftet. Am 30.5.2019 töteten IPOB-Mitglieder fünf Christen (darunter ein Priester) in Nnewi (Anambra), da diese Anweisungen der IPOB nicht befolgt hatten. Bereits 2017 hat das Bundeshöchstgericht in Abuja die IPOB auf die Liste terroristischer Vereinigungen gesetzt. Wenn tatsächlich eine Anklage gegen Inhaftierte erhoben wird, erfolgt diese als Anschuldigung der Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation, wegen Teilnahme an unerlaubten Versammlungen und in einigen Fällen wegen Entführung. Es gab aber noch keine einzige Verurteilung.

In der Vergangenheit wurden IPOB-Mitglieder wegen Mordes, Brandstiftung und anderer Verbrechen verhaftet. Festnahmen oder Verhaftungen von IPOB-Mitgliedern einzig aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu der Organisation sind hingegen bislang nicht bekannt geworden.

Rückkehr:

Generell kann kein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen festgestellt werden, welcher geeignet wäre, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Der pauschale Hinweis eines Asylwerbers auf die allgemein herrschende Situation in Nigeria reicht nicht aus, um eine Bedrohung i.S.v Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK darzustellen. Außerdem kann allgemein festgestellt werden, dass eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird. Sie kann ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird.

Abschiebungen erfolgen auf dem Luftweg, in Linien- oder Chartermaschinen. Rückführungen aus EU-Staaten erfolgen meist durch Charterflüge, die auch durch FRONTEX durchgeführt werden. Die österreichische Botschaft in Abuja unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations im Rahmen von FRONTEX als "lead nation". Ohne gültigen nigerianischen Pass oder einen von einer nigerianischen Botschaft ausgestellten vorläufigen Reiseausweis ist eine Einreise aus Europa kommender nigerianischer Staatsangehöriger nicht möglich. Dies gilt auch für zwangsweise Rückführungen.

Erkenntnisse darüber, ob abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen nicht vor. Verhaftung aus politischen Gründen oder andere außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig rückkehrenden Asylwerbern sind nicht bekannt (. Die Erfahrungen seit dem Jahre 2005 lassen kaum Probleme erkennen. Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der zuständigen Behörde (Nigerian Immigration Service), manchmal auch von der NDLEA (National Drug Law Enforcement Agency) befragt bzw. erkennungsdienstlich behandelt und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen. Meist steigen sie in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit den Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der umseits unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang, dessen Ausführungen zu Feststellungen erhoben wurden, ergibt sich aus dem unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte der belangten Behörde sowie den vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, des bekämpften Bescheides und seinen Angaben im Beschwerdeschriftsatz, in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria und in den aktuellen EASO Country Guidance "Guidance note an common analysis" in Bezug auf die dortigen Ausführungen bezüglich der Bewegungen MASSOB und IPOB sowie durch Einvernahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 12.02.2020. Einsicht genommen wurde außerdem in die vorliegenden Gerichtsakten und wurden Auskünfte aus dem Strafregister der Republik Österreich, dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) ergänzend eingeholt.

2.3. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seiner Staatsangehörigkeit, seiner Glaubens- und Volkszugehörigkeit, seinem Gesundheitszustand sowie seiner Arbeitsfähigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Die belangte Behörde hat diese Feststellungen korrekt und nachvollziehbar gewürdigt. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufgekommen. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer seine dahingehenden glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 12.02.2020 erneut bestätigt.

Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund des Umstandes, dass der nigerianische Reisepass des Beschwerdeführers durch die LPD sichergestellt wurde, fest.

Die Feststellungen zu seiner Einreise, seinem unrechtmäßigen Aufenthalt in Österreich, seiner Stellung mehrerer Folgeanträge sowie der Verwendung verschiedener Alias-Identitäten lassen sich zweifellos dem vorliegenden Verwaltungsakt sowie den vorliegenden Gerichtsakten entnehmen. Erst nach erfolgter Eheschließung wurde die wahre Identität des Beschwerdeführers bekannt, sodass das generelle Verhalten des Beschwerdeführers jedenfalls für eine mangelnde persönliche Glaubwürdigkeit spricht. Dass der Beschwerdeführer über mehrere Jahre hinweg unbekannten Aufenthaltes war, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt in Zusammenschau mit den eingeholten ZMR-Auszügen.

Die Feststellung bezüglich seines Familienstandes ergibt sich aus der im Verwaltungsakt einliegenden Bestätigung eines italienischen Standesamtes. Dass die Ehe nur zum Schein und zur Erlangung eines Aufenthaltstitels eingegangen wurde, gründet auf folgenden Überlegungen: Zunächst stehen im Zusammenhang mit der Problematik von sogenannten "Aufenthalts- oder Scheinehen" Behörden und Gerichte vor der Schwierigkeit im höchstpersönlichen Bereich der Beteiligten ermitteln zu müssen. Ungeachtet der geltenden Offizialmaxime stößt die amtswegige Ermittlungspflicht oftmals an ihre Grenzen, sodass der Mitwirkungspflicht besondere Bedeutung zukommt; auch muss man dabei regelmäßig von äußeren Umständen Rückschlüsse auf das wahre Gefühlsleben der Eheleute ziehen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist aber auch der indizielle Beweis ein Vollbeweis. Er besitze insoweit einen logischen Aufbau, als Folgerungen auf das zu beweisende Tatbestandsmerkmal mit Hilfe von Erfahrungstatsachen gezogen werden würden. Der Indizienbeweis erfordere damit zum einen Indizien (sogenannte Hilfstatsachen), zum anderen allgemeine Erfahrungssätze und schließlich Denkgesetze und logische Operationen, um auf das Vorhandensein der Haupttatsache folgern zu können. Der Grundsatz freier Beweiswürdigung schließe es daher nicht aus, Geschehensabläufen, die nach der Lebenserfahrung typisch sind, Gewicht beizumessen (vgl. VwGH 26.05.1993, 90/13/0155).

Im Hinblick auf den vorliegenden Sachverhalt ist zunächst anzumerken, dass es grundsätzlich den Eheleuten überlassen ist, ihr Eheleben im beiderseitigen Einvernehmen nach ihrem Belieben zu gestalten. So kann man zB selbst aus dem Umstand, dass die Eheleute nicht in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben, noch nicht auf das Vorliegen einer Scheinehe schließen, auch wenn sie im Innenverhältnis grundsätzlich zur umfassenden ehelichen Lebensgemeinschaft, besonders zum gemeinsamen Wohnen, verpflichtet sind (vgl. VwGH 19.03.2013, 2011/01/0261; 08.04.2014, 2013/05/0184; 09.10.2014, Ro 2014/05/0001).

Wie die belangte Behörde schon schlüssig und nachvollziehbar aufzeigte, sind vor diesem Hintergrund gegenständlich folgende wesentliche Umstände hervorzuheben:

Der Beschwerdeführer wurde am 09.08.2019 vor der belangen Behörde niederschriftlich einvernommen und gab unter anderem an, er habe seine Frau im November/Dezember 2016 in Wien kennengelernt und aufgrund der Tatsache, dass seine Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in Österreich immer abgelehnt worden seien, seine jetzige Ehefrau zwecks Erhalt einer Aufenthaltsberechtigung geheiratet. Im weiteren Verlauf erklärte der Beschwerdeführer überdies, nach seiner Eheschließung am 05.05.2017 in Rom circa einen Monat in Italien verbracht zu haben und sich anschließend durchgehend in Österreich aufgehalten zu haben. Er habe lediglich im März 2018 versucht in die Slowakei einzureisen, wegen des fehlenden Reisepasses sei dies allerdings nicht möglich gewesen. Des Weiteren gab er an, dass er mit seiner Ehefrau nie in Österreich zusammengelebt und sie ihn lediglich drei Monate zuvor des Öfteren besucht habe. Er sei nie in der Slowakei gewesen und habe ein gemeinsames Partnerschaftsleben nicht wirklich stattgefunden. Der Kontakt sei vor drei Monaten abgebrochen und existiere auch kein Beziehungsleben mehr.

In seiner niederschriftlichen Erstbefragung zum Folgeantrag am 22.08.2019 erklärte der Beschwerdeführer, er habe seit der rechtskräftigen Asylentscheidung vom 11.01.2017 das Bundesgebiet verlassen und sich von August 2017 bis Juli 2018 in der Slowakei aufgehalten (AS 11).

Demgegenüber gab der Beschwerdeführer in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 28.08.2019 zu Protokoll (AS 57ff), er habe mit seiner Ehefrau und deren Kind in der Slowakei zusammengelebt. Da er jedoch kein Visum und keine Arbeitserlaubnis erhalten habe und daher die Familie nicht versorgen habe können, sei er nach Österreich zurückgekehrt. Aufgrund von Problemen spreche er derzeit nicht mehr mit seiner Ehefrau.

In seiner neuerlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 30.08.2019 gab der Beschwerdeführer auf explizite Nachfrage (AS 167ff) schließlich an, er habe mit seiner Ehefrau einen Monat in Italien und anschließend bis Juli 2018 in der Slowakei zusammengelebt. Es sei auch normal, in einer Ehe zu streiten und keinen Kontakt zu haben.

Das erkennende Gericht geht - wie schon die belangte Behörde - davon aus, dass der Beschwerdeführer in seiner ersten Einvernahme am 09.08.2019 wahre Angaben zu Protokoll gegeben hat. Es gibt keinen Grund, an seinen diesbezüglich glaubhaften und in-sich-stimmigen Ausführungen zu zweifeln. Zum damaligen Zeitpunkt wurde der Beschwerdeführer von Organen der Sicherheitsbehörden aufgegriffen und einvernommen und stellte er sodann weder einen Asylantrag noch einen Antrag auf einen Aufenthaltstitel. Damit ging der Beschwerdeführer noch keiner Strategie nach und wurde seine Situation noch mit keiner Beratungsstelle besprochen. Dies lässt den Schluss zu, dass der Beschwerdeführer im Rahmen dieser Einvernahme frei von Hintergedanken wahre Angaben zu Protokoll gab, sodass diesen Ausführungen gefolgt wurde. Insoweit der Beschwerdeführer zu späteren Zeitpunkten gegensätzliches Vorbringen erstattete, ist dem jedenfalls nicht zu folgen. Er verwickelte sich in Widersprüche und unterstützte seine plötzliche Kehrtwende mit keiner inhaltlichen Substanz. Da der Beschwerdeführer die mündliche Verhandlung des erkennenden Gerichtes vorzeitig verlassen hatte, war eine diesbezügliche Stellungnahme seinerseits oder eine plausible Aufklärung der Widersprüche nicht mehr möglich. Eine entscheidungsrelevante Intensität des Zusammenlebens kann unter Zugrundelegung der angeführten Daten und Aussagen des Beschwerdeführers nicht abgeleitet werden. Unterstützt wird die Feststellung des Vorliegens einer Scheinehe durch den rechtskräftigen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.09.2019, GZ: I406 1401001-7/3E, mit welchem die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG bestätigt und festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer eine Scheinehe führt.

Die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer für seine Ehefrau und deren Kind keinen Unterhalt leistet und er keine leiblichen Kinder hat, ergeben sich aus seinen eigenen Angaben vor der belangten Behörde.

Glaubhaft werden die Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner mehrjährigen Schulbildung und Berufserfahrung in Nigeria erachtet. Aufgrund dessen ergibt sich auch die Feststellung, dass der Beschwerdeführer eine Chance am nigerianischen Arbeitsmarkt hat.

Die Negativfeststellung hinsichtlich seiner familiären Kontakte im Herkunftsstaat ergibt sich aus der zuvor ausgeführten mangelnden persönlichen Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers in Zusammenschau mit seinen - wie nachtsehend unter Punkt 2.4. ausführlich dargestellt - unglaubhaften und widersprüchlichen Angaben zu seinem Fluchtvorbringen sowie seiner familiären Situation im Herkunftsstaat.

Die Feststellungen hinsichtlich seiner derzeitigen Beschäftigung sowie den Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung ergeben sich aus seinen Angaben vor der belangten Behörde sowie dem aktuellen Auszug aus dem GVS.

Die Feststellung zu seinen Deutschkenntnissen ergibt sich aus dem vorgelegten ÖSD-Zertifikat A2 vom 08.06.2016. Dass der Beschwerdeführer in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale aufweist, ergibt sich aus dem Umstand, dass bereits mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.03.2016, GZ: I409 1401001-2/3E die fehlende Integration des Beschwerdeführers festgestellt wurde und er zu einer in der Zwischenzeit potentiell tiefergehenden Integration weder entsprechendes Vorbringen erstattete noch beim erkennenden Gericht etwaige Bescheinigungsmittel vorlegte.

Das erkennende Gericht verkennt nicht das Bestehen etwaiger privater Bekanntschaften des Beschwerdeführers durch seine Mitgliedschaft in der IPOB-Bewegung Steiermark, welche sich aus einer Bestätigung der "European Continental Representative of the IPOB", datiert mit 07.02.2020, ergibt. Weder aus dem vorliegenden Verwaltungsakt noch aufgrund der Angaben des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung ergeben sich Anhaltspunkte für eine gemeinnützige oder ehrenamtliche Tätigkeit oder berufliche Aus- oder Weiterbildung. Auch eine etwaige Mitgliedschaft in einem Kulturverein konnte nicht festgestellt werden, da weder die genaue Bezeichnung des Vereins, noch eine Bescheinigung oder ein sonstiges anderweitiges substantiiertes Vorbringen erstattet wurde.

Es sei dahingestellt, ob der Beschwerdeführer über ein darüberhinausgehendes wesentliches Privat- und Familienleben verfügt. Wie bereits zuvor erwähnt entzog sich der Beschwerdeführer entgegen seiner Mitwirkungspflicht (während) der (laufenden) mündlichen Verhandlung dem Beschwerdeverfahren. Die Erörterung eines Privat- und Familienlebens konnte somit mit ihm im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht erörtert und daher keine weitergehenden integrativen Verfestigungen festgestellt werden.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

2.4. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits mit Beschluss vom 10.09.2019, GZ: I406 1401001-7/3E, die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes bestätigt und ausgeführt, dass das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers, der nigerianische Staat verfolge ihn aufgrund seiner Tätigkeit für die Freiheitsbewegung für Biafra, keinen glaubhaften Kern aufweist. Auch die belangte Behörde stellte im gegenständlichen Bescheid derartige Überlegungen an und schließt sich das erkennende Gericht der nachvollziehbaren und schlüssigen Würdigung vollinhaltlich an:

Zunächst führte die belangte Behörde zutreffend aus, dass der gegenständliche Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz nicht von ihm selbst ausging, sondern er diesen erst nach einem Gespräch mit einer Rechtsberatungsstelle stellte. Der Beschwerdeführer wandte sich mit seinem Asylantrag nicht von selbst an die österreichischen Behörden, sondern wurde einer polizeilichen Kontrolle unterzogen und anschließend festgenommen. In seiner Erstbefragung erwähnte er trotz der Einräumung entsprechender Möglichkeiten keinerlei Befürchtungen einer Verfolgung und stellte auch keinen Asylantrag. Insofern entstehen bereits erste Zweifel an der Glaubhaftigkeit seiner später vorgebrachten Nachfluchtgründe. Der Beschwerdeführer hatte bereits im Jahr 2008 einen Asylantrag gestellt und das entsprechende Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung durchlaufen, sodass seine Behauptung, er habe nichts von der Möglichkeit einer Asylantragstellung gewusst, ins Leere geht. Eine begründete Furcht vor Verfolgung ist somit nicht ableitbar.

Die bereits zuvor gewürdigte Scheinehe des Beschwerdeführers sowie die Stellung zahlreicher Folgeanträge stellen weitere Indizien für die Annahme dar, dass der Beschwerdeführer bereits seit Jahren alles Mögliche versucht um einen Aufenthaltstitel in einem europäischen Land zu erhalten bzw. seine Abschiebung nach Nigeria hintan zu halten.

Zum Fluchtvorbringen an sich wird darauf hingewiesen, dass ein Verfolgungsschicksal von einem Antragsteller glaubhaft darzulegen ist. Es obliegt somit einem Asylwerber, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde bzw. das Gericht muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.

Die Behörde muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert (vgl. VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153).

Auch im Zuge der mündlichen Verhandlung gewann der erkennende Richter aus den Ausführungen des Beschwerdeführers den persönlichen Eindruck, eines tatsächlich nicht selbst erlebten, sondern konstruierten Fluchtvorbringens mit dem der Beschwerdeführer seinen gegenständlichen Folgeantrag zu begründend beabsichtigt. Seine Ausführungen legte er absolut emotionslos und nüchtern dar. Es ist schlichtweg irritierend, wenn der Beschwerdeführer bei der ihm eingeräumten Möglichkeit einer ausführlichen Schilderung seiner Fluchtgründe bereits nach vier Sätzen fragt, "ob das bereits genügt oder er noch etwas erzählen soll." (Protokoll S 5). Dahingehend ist es für das erkennende Gericht auch nicht nachvollziehbar, dass er in den wesentlichen Teilen seines Vorbringens wiederum vollkommen vage und unsubstantiiert bleibt. Wie beispielsweise, wenn der Beschwerdeführer in seinen Ausführungen lediglich davon spricht, dass er eine Verfolgung in Nigeria befürchte. Die Probleme jetzt viel größer als früher seien und er die Befürchtung habe, dass man ihn umbringen werde. Auch auf späterem konkreterem Nachfragen des erkennenden Richters, wie sich die Drohungen aufgrund seiner IPOB Zugehörigkeit äußerten, verbleibt der Beschwerdeführer in seinen Ausführungen äußerst abstrakt, wenn er vermeint: "Der Vater eines Freundes von mir war ein Führer der Gruppe, die meine Biafra Tätigkeit ablehnte. Er hat mich mit dem Tod bedroht, als ich noch dort war. Seine Drohungen sind später, als ich in Europa gelebt habe noch stärker geworden." (Protokoll S. 8). Der Eindruck des erkennenden Gerichtes spiegelt sich aber insbesondere auch darin wieder, dass das entscheidungsrelevante Vorbringen des Beschwerdeführers gleich zu Beginn seiner Schilderungen in eine behauptete Bedrohung seiner Mutter abdriftet. Auch wenn sich das fluchtauslösende Ereignis bereits vor rund zwölf Jahren zugetragen habe und durchaus keine minutiösen Schilderungen erwartet werden, ist es nicht erklärbar, dass der Beschwerdeführer von sich aus absolut keine Details bzw. Einzelheiten oder annähernd substantiierte Ausführungen zur Bedrohung vorbringt. Auch dies spricht für die mangelnde Glaubhaftigkeit seines Fluchtmotives.

Des Weiteren lässt das erkennende Gericht auch nicht unberücksichtigt, dass der Beschwerdeführer dem erkennenden Gericht von sich aus keine Bescheinigungsmittel hinsichtlich einer aufgetretenen Bedrohung im Internet, wie beispielsweise Ausdrucke von Nachrichten oder Lichtbildern, zur Bekräftigung seines Vorbringens vorlegte. Er zeigte lediglich einem Organ der belangten Behörde Lichtbilder von seiner Teilnahme einer Demonstration der Biafra-Bewegung in Österreich, wobei eine solche Teilnahme für sich alleine noch keine Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung indiziert.

Dahingehend gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll, er sei ein hohes Mitglied der Biafra-Bewegung und habe an zahlreichen Demonstrationen in Österreich teilgenommen. Es seien Fotos und Videos angefertigt worden, welche der Beschwerdeführer selbst auf Facebook hochgeladen habe. Insofern ist zunächst das tatsächliche Bestehen einer Angst des Beschwerdeführers vor Verfolgung in Frage zu stellen, da er solche Fotos und Videos nach eigenen Angaben selbst ins Internet stellte. Sofern er bereits seit diesem Zeitpunkt unter Beobachtung gestanden hätte und auch Angst vor Verfolgung fürchten musste, erscheint die eigenständige Verbreitung solcher Bildmaterialien im Internet als nicht nachvollziehbar.

Der Beschwerdeführer legte in der mündlichen Verhandlung eine mit 10.02.2020 datierte Bestätigung der IPOB vor, wonach er seit 2017 ein aktives Mitglied sei. Auf Nachfrage des Richters, aus welchem Grund er keine Bestätigung der IPOB Bewegung Steiermark vorlegte, gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, zum Schutz der Mitglieder würden Bestätigungen von europäischer Ebene ausgestellt werde. Gewisse Menschen möchten die Organisation im Allgemeinen sabotieren, sodass eine IPOB Organisation nur die Berechtigung zur Aushändigung von Belegen der geleisteten Mitgliedbeiträge habe. Der Beschwerdeführer legte ein derartiges Bescheinigungsmittel zu keiner Zeit vor und wird dem diesbezüglichen Vorbringen des Beschwerdeführers die Sinnhaftigkeit und somit Glaubhaftigkeit abgesprochen. Im vorgelegten überregionalen Schreiben wird ausführlich auf die angebliche Situation im Sinne des Beschwerdeführers eingegangen, jedoch wird seine führende Rolle im Konstrukt der Bewegung nicht erwähnt. Der Beschwerdeführer erklärte auch vor dem Bundesverwaltungsgericht selbst, er habe keine spezifische Rolle innerhalb der IPOB Bewegung in Österreich innegehabt, sondern sei immer ganz vorne bei den Führenden gestanden (Protokoll S. 8). Insoweit wird die ursprüngliche Behauptung des Beschwerdeführers, er sei ein höherrangiges Mitglied, durch seine eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung entkräftet. In diesem Sinne erscheint es als nicht nachvollziehbar, dass der nigerianische Staat sämtliche Teilnehmer von Demonstrationen vor den nigerianischen Botschaften beobachten bzw. bei einer Ankunft im Heimatstaat verfolgt.

Darüber hinaus spricht der Umstand, dass der Beschwerdeführer in den Einvernahmen durch die belangte Behörde (AS 35ff) lediglich rudimentäres Wissen hinsichtlich der IPOB und Biafra zeigte, für eine schlichte Mitgliedschaft ohne eine tiefergreifende Inklusion.

Hinsichtlich des behaupteten Todes der Mutter des Beschwerdeführers ist der belangten Behörde beizupflichten, dass er ihre hochrangige Rolle in der IPOB in Nigeria als zentralen Bestandteil seines Vorbringens verwendete um für sich eine erhöhte Asylrelevanz zu begründen. Wie schon im gegenständlichen Bescheid ausgeführt, erklärte der Beschwerdeführer im Laufe seiner Einvernahmen seit dem Jahr 2009 unterschiedliche Versionen zum Tod seiner Mutter - im Jahr 2007 habe er schon seit Langem nichts mehr von ihr gehört, im Jahr 2009 sei seine Mutter bereits tot gewesen und im gegenständlichen Verfahren sei sie 2018 verstorben. In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht, wie auch schon vor der belangten Behörde (AS 49 und 65), sprach der Beschwerdeführer plötzlich in der Zeitform der Gegenwart über seine Mutter und hob auch ihre Stellung als stellvertretende strategische Leiterin der IPOB sowie ihre Bedrohung und ihren Tod im Rahmen der Ausführungen seiner Fluchtgründe besonders hervor. Erst nach dem Hinweis des erkennenden Richters thematisierte der Beschwerdeführer seine eigenen Befürchtungen und Fluchtgründe. Die Angaben des Beschwerdeführers seine Mutter betreffend sind damit im Gesamten widersprüchlich und kann eine Glaubhaftigkeit seiner Angaben im gegenständlichen Verfahren nicht abgeleitet werden. Etwaige Bescheinigungsmittel wurden nicht vorgelegt, sodass den diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers auch nicht gefolgt werden konnte.

Ebenso stellt das Vorbringen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung, wonach er bereits vor seiner Flucht aus Nigeria im Jahr 2008 von Menschen seiner Heimat bedroht - im Konkreten durch den Vater eines Freundes - wurde und diese Drohungen später stärker geworden seien (Protokoll S 8), eine Steigerung dar, dass ebenfalls auf die mangelnde Glaubhaftigkeit seines Fluchtvorbringens hindeutet. Demnach hätte der Beschwerdeführer die vorherrschende Situation im Heimatstaat und seine daraus resultierende Furcht vor Verfolgung schon in seinem ersten Asylverfahren gewusst und aufgegriffen können und nicht erst elf Jahre später. Diesbezüglich ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach ein spätes, gesteigertes Vorbringen als unglaubwürdig qualifiziert werden kann. Denn kein Asylwerber würde wohl eine sich bietende Gelegenheit, zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen (vgl. VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250; 02.02.1994, 93/01/1035). An der rechtfertigenden Aussage des Beschwerdeführers, es sei ihm zuvor nicht eingefallen, bestätigt überdies die Vermutung der fehlenden Glaubhaftigkeit dieses Fluchtvorbringens.

Der Vollständigkeit halber wird zu seinem Vorbringen, wonach die Behörden seines Heimatlandes nicht schutzwillig und schutzfähig seien, angemerkt, dass Nigeria - wie aus den Länderberichten ersichtlich - über einen funktionieren Sicherheits- und Polizeiapparat verfügt, dem unter anderem auch die Einhaltung der Gesetze obliegt.

Zusätzlich stellt sich im gegenständlichen Fall die Frage, ob der Beschwerdeführer durch seine Mitgliedschaft und Demonstrationstätigkeiten allenfalls exilpolitisch tätig wurde (vgl. VwGH 19.01.2016, Ra 2015/01/0070). Bei der Beurteilung der Gefährdungssituation von "Rückkehrern", die sich im Ausland exilpolitisch betätigt haben, kommt es in Bezug auf den geltend gemachten Nachfluchtgrund darauf an, ob der Asylwerber infolge seiner exilpolitischen Betätigung in das Blickfeld der für die Staatssicherheit zuständigen Behörden seines Herkunftsstaates geraten konnte. Zur Beantwortung dieser Frage sind zwei Gesichtspunkte zu berücksichtigen, einerseits, ob der Asylwerber auffällig "regimekritisch" in Erscheinung getreten ist, andererseits, ob er aus der Sicht der Behörden des Herkunftsstaates als Gefahr für das Regime eingeschätzt werden konnte (VwGH 14.01.2003, 2001/01/0398; VwGH 08.04.2003, 2002/01/0078; VwGH 21.11.2002, 2002/20/0242). Einerseits weist die von ihm geschilderte Demonstrationsgröße von rund 100 Personen keine derart minimale Größe auf, aus der sich per se eine Individualisierbarkeit seiner Person vornehmen lässt. Andererseits ist dies aufgrund seiner dahingehenden unsubstantiierten Behauptungen, wonach bei den Demonstrationen ganz vorne gegangen sei, er aber keine spezielle Rolle innerhalb der österreichischen IPOB Vereinigung gehabt habe und er "eine Art Bote" gewesen sei, das Wort Biafra verkündet und "kleine Flyer" verteilt habe (Protokoll S. 7 und S. 8) ebenfalls zu verneinen. Weder geht aus diesem Vorbringen hervor, dass er eine Schlüsselfigur der österreichischen bzw. steirischen Organisation bzw. dieser Demonstrationen war, noch lässt sich aus seinen Schilderung ein auffällig regimekritisches in Erscheinung treten seiner Person ableiten. Daher kommt das Bundesverwaltungsgericht zum Schluss, dass eine allfällige Gefährdung aufgrund der exilpolitischen Tätigkeit nicht glaubhaft ist.

In Gesamtbetrachtung der vorangegangenen Ausführungen kommt das erkennende Gericht - wie auch die belangte Behörde - zu dem Schluss, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist eine konkrete, gegen seine Person gerichtete Verfolgung oder Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen, der auch Asylrelevanz zukommt bzw. dass sein Vorbringen hinsichtlich der angeblichen Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht.

2.5. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria (Stand 18.12.2019) und dem EASO Bericht "Country Guidance: Nigeria" (Stand Februar 2019) samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Der Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer und seine Rechtsvertretung traten diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland weder im Beschwerdeschriftsatz noch in der mündlichen Verhandlung substantiiert entgegen.

Das bloße Aufzeigen von spezifischen Problemlagen im Herkunftsstaat und der allgemeine Verweis, dass Quellen aus den LIB aus dem Jahr 2016 und somit veraltet seien, vermag die Glaubwürdigkeit der Länderfeststellungen nicht zu erschüttern. Vielmehr sparen die Länderfeststellungen die im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers vorherrschenden Schwierigkeiten und Probleme, wie im gegenständlichen Fall insbesondere im Bereich der gegenwärtigen Sicherheitslage in der autonomen Region Kurdistan nicht nur nicht aus, sondern legen diese ebenfalls offen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Rechtslage:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der in Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0413).

Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. VwGH 19.10.2000, 98/20/0233; 17.11.2017, Ra 2017/20/0404).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Wie in der Beweiswürdigung unter Punkt 2.4. ausführlich dargelegt, vermochte der Beschwerdeführer mit den in seinem Folgeantrag vorgebrachten Motiven, wonach er der MASSOB und der IPOB angehöre und er aufgrund seiner Protesttätigkeiten und seiner Stellung innerhalb der österreichischen Organisation der IPOB einer Verfolgung durch die nigerianischen Behörden sowie durch private Personen ausgesetzt sei, keine wohlbegründete Furcht vor einer asylrechtlichen Verfolgung glaubhaft machen. . Eine sonstige aktuelle zu berücksichtigende Verfolgungsgefahr wird vom Beschwerdeführer nicht dargelegt und ergibt sich auch nicht aus Umständen, die von Amts wegen zu berücksichtigen wären.

Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1. Rechtslage:

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat e

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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