Entscheidungsdatum
02.04.2020Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W189 2111447-1/17E
IM NAMEN DER REPUBLIK
I. Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Irene RIEPL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Ukraine, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.07.2015, Zl. 105277700-150226427, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.11.2019:
A)
Das Verfahren wird wegen Zurückziehung der Beschwerde hinsichtlich des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides eingestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
II. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Irene RIEPL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Ukraine, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.07.2015, Zl. 105277700-150226427, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.11.2019, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 9 BFA-VG wird festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist, und gemäß §§ 54, 55 und 58 Abs. 1 AsylG 2005 wird XXXX der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von 12 Monaten erteilt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin (in der Folge: BF), eine Staatsangehörige der Ukraine, stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 03.03.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Zu den Fluchtgründen brachte sie vor, dass in der Ukraine Krieg herrsche. Der Vater der BF sei früher Oberst beim ukrainischen Militär gewesen, sei in Pension und kämpfe nun als "Freiwilliger" gegen die Separatisten in Donezk. Dem Vater der BF sei von Separatisten mitgeteilt worden, dass sie wissen würden, dass er eine Tochter (die BF) habe. Sie würden sie finden und entweder vergewaltigen oder töten. Aus diesem Grund habe der Vater der BF ihre Flucht organisiert. Im Falle einer Rückkehr habe die BF Angst um ihr Leben.
2. Am 08.06.2015 wurde die BF durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) niederschriftlich einvernommen. Die BF gab im Wesentlichen zu ihren Fluchtgründen an, dass ihr Vater als Freiwilliger auf der ukrainischen Seite in den Krieg gezogen sei. Im März sei es zu verstärkten Kampfhandlungen in XXXX gekommen, die Stadt sei praktisch zerstört und von russischen Truppen eingenommen worden. Alle Einwohner seien geflüchtet. Der Vater der BF habe Drohnachrichten per SMS bekommen. Diese habe nicht nur er, sondern auch andere bekommen. In den Nachrichten sei gestanden, dass "sie" wissen würden, dass er eine Tochter habe und, dass "sie" die BF finden und vergewaltigen werden würden.
3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 08.07.2015 wurde der Antrag auf internationalen Schutz der BF bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und des Status der subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel gem. §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung in die Ukraine zulässig sei. Die Frist zur freiwilligen Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt III.).
4. Mit Schriftsatz vom 23.07.2015 erhob die BF binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass aus dort näher genannten Gründen der angefochtene Bescheid mangelhaft sei. Mit der Beschwerde vorgelegt wurden zwei Integrationsbestätigungen.
5. Mit Schreiben vom 20.07.2018 informierte das Arbeitsmarktservice das BFA, dass der BF eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde.
6. Mit Eingaben vom 21.09.2018, 12.11.2019 und 18.11.2019 legte die BF diverse Integrationsunterlagen vor.
7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 27.11.2019 eine öffentliche, mündliche Verhandlung unter Beiziehung einer geeigneten Dolmetscherin für die Sprache Russisch durch, an welcher die BF und ihre Rechtsvertretung teilnahmen. Die BF wurde ausführlich zu ihrer Person und den Fluchtgründen befragt, und es wurde ihr Gelegenheit gegeben, die Fluchtgründe umfassend darzulegen sowie zu den im Rahmen der Verhandlung in das Verfahren eingeführten Länderberichten Stellung zu nehmen. Die BF legte ein Konvolut an Schulzeugnissen vor (Beilage ./1). Im Zuge der mündlichen Verhandlung zog die BF ausdrücklich ihre Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides zurück.
8. Mit Schriftsatz vom 13.12.2019 brachte die BF eine Stellungnahme zur Lage in der Ukraine sowie insbesondere zu ihrem Privat- und Familienleben im Bundesgebiet ein. Die BF legte ein Zeugnis über die Absolvierung der Integrationsprüfung auf dem Niveau B1, sowie ein Konvolut an Unterstützungsschreiben und Fotos aus ihrem Alltag vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
1.1. Zur Person der BF
Die BF ist ukrainische Staatsangehörige, gehört der Volksgruppe der Ukrainer an und ist griechisch-orthodoxen Glaubens. Die BF ist volljährig und im erwerbsfähigen Alter. Sie spricht Ukrainisch und Russisch und hat zudem Englisch- und Italienischkenntnisse. Sie hat zehn Jahre die Grundschule besucht. Die BF kann sich selbständig auf Deutsch ausdrücken.
Die BF ist in XXXX , Ukraine geboren und hat dort bis zu ihrer Ausreise gelebt. Sie hat zwei Jahre als Verkäuferin im Lebensmittelhandel gearbeitet. Der Vater der BF lebt in der Ukraine und sie steht in Kontakt mit ihm. Im Übrigen kann der Aufenthalt der Familienangehörigen und Verwandtschaft nicht festgestellt werden. Es kann nicht festgestellt werden, dass die BF nicht in Kontakt zu ihrer Verwandtschaft steht.
Die BF ist ledig, kinderlos und gesund.
Die BF ist strafrechtlich unbescholten.
1.2. Zur maßgeblichen Situation in der Ukraine
1.2.1. Sicherheitslage - Ostukraine
In den von Separatisten kontrollierten Gebieten Donezk und Luhansk haben ukrainische Behörden und Amtsträger zurzeit keine Möglichkeit, ihre Befugnisse wahrzunehmen und staatliche Kontrolle auszuüben (AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine).
In den nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Teilen der Oblaste Donezk und Luhansk kam es insbesondere 2014/15 zu schwersten Menschenrechtsverletzungen. Obwohl die Separatisten seither die öffentliche Ordnung und eine soziale Grundversorgung im Wesentlichen wiederhergestellt haben, werden zahlreiche Grundrechte (v.a. Meinungs- und Religionsfreiheit, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Eigentumsrechte) weiterhin systematisch missachtet (AA 22.2.2019).
In den selbsternannten Volksrepubliken Donezk (DPR) und Luhansk (LPR) gibt es seit 2014 keine unabhängige Justiz, und das Recht auf ein faires Verfahren wird systematisch eingeschränkt. Es werden Inhaftierungen auf unbestimmte Zeit ohne gerichtliche Überprüfung und ohne Anklage oder Gerichtsverfahren berichtet. Bei Verdacht auf Spionage oder Verbindungen zur ukrainischen Regierung werden von Militärgerichten geheime Gerichtsverfahren abgehalten, gegen deren Urteile es nahezu keine Beschwerdemöglichkeit gibt und die Berichten zufolge lediglich dazu dienen, bei der Verfolgung von Personen einen Anschein von Legalität zu wahren. Willkürliche Verhaftung sind in der DPR und der LPR weit verbreitet. In der LPR wurde die Möglichkeit der Präventivhaft für 30 bis 60 Tage geschaffen. Die Präventivhaft wird Angehörigen nicht mitgeteilt (incommunicado) und kein Kontakt zu einem Rechtsbeistand und Verwandten zugelassen. Der Zustand der Hafteinrichtungen in den separatistisch kontrollierten Gebieten verschlechtert sich weiter. Berichten zufolge existiert in den Gebieten Donezk und Luhansk in Kellern, Abwasserschächten, Garagen und Industrieunternehmen ein umfangreiches Netz inoffizieller Haftstätten, die meist nicht einmal für eine kurzfristige Inhaftierung geeignet wären. Es gibt Berichte über schweren Mangel an Nahrungsmitteln, Wasser, Hitze, sanitären Einrichtungen und angemessener medizinischer Versorgung. Ein unabhängiges Monitoring der Haftbedingungen wird von den Machthabern nicht oder nur eingeschränkt erlaubt. Es gibt Berichte über systematische Übergriffe gegen Gefangene, wie Folter, Hunger, Verweigerung der medizinischen Versorgung und Einzelhaft sowie den umfangreichen Einsatz von Gefangenen als Zwangsarbeiter zur persönlichen Bereicherung der separatistischen Anführer (USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Ukraine).
Es gibt es eine massive Zerstörung von zivilem Eigentum und Infrastruktur in den Konfliktgebieten. Auch Schulen und medizinische Einrichtungen waren und bleiben weiterhin betroffen. Zuweilen ist vielerorts die Strom- und Wasserversorgung unterbrochen oder nur zeitweise gesichert, ohne die im Winter auch nicht geheizt werden kann. Aufgrund der fehlenden Rechtsstaatlichkeit in den Separatistengebieten sind dort Frauen besonders gefährdet. Es gibt Berichte über Missbrauch, Sexsklaverei und Menschenhandel (ÖB - Österreichische Botschaften (2.2019): Asylländerbericht Ukraine).
Die separatistischen Kräfte erlauben keine humanitäre Hilfe der ukrainischen Regierung, sondern nur solche internationaler humanitärer Organisationen. Infolgedessen sind die Preise für Grundnahrungsmittel angeblich für viele Bewohner der nicht von der Regierung kontrollierten Gebiete der Ostukraine zu hoch. Menschenrechtsgruppen berichten auch über einen ausgeprägten Mangel an Medikamenten, Kohle und medizinischen Hilfsgütern. Es kommen weiterhin Konvois der russischen "humanitären Hilfe" an, die nach Ansicht der ukrainischen Regierungsbeamten aber Waffen und Lieferungen für die separatistischen Streitkräfte enthalten (USDOS 13.3.2019).
Durch die Kontaktlinie, welche die Konfliktparteien trennt, wird das Recht auf Bewegungsfreiheit beschnitten und Gemeinden getrennt. Jeden Tag warten bis zu 30.000 Menschen stundenlang unter erschwerten Bedingungen an den fünf Checkpoints auf das Überqueren der Kontaktlinie. Unzureichend beschilderte Minen entlang der Straßen stellen eine Gefahr für die Wartenden dar (ÖB 2.2019; vgl. PCU - Protection Cluster Ukraine (3.2019): Mine Action in Ukraine). Es gibt nur unzureichende sanitäre Einrichtungen, speziell auf separatistischer Seite (HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Ukraine).
1.2.2. Allgemeine Menschenrechtslage
Der Schutz der Menschenrechte durch die Verfassung ist gewährleistet. Die Möglichkeit von Nichtregierungsorganisationen (NGOs), sich im Bereich Menschenrechte zu betätigen, unterliegt keinen staatlichen Restriktionen (AA 22.2.2019).
1.2.3. Russen / Russischsprachige
Russisch ist in der Ukraine keineswegs die Sprache einer kleinen Minderheit und wird nicht bloß regional begrenzt gesprochen. In genaueren Untersuchungen wurde 1994 festgestellt, dass 37 Prozent nur Russisch, 33 Prozent nur Ukrainisch und 29 Prozent beide Sprachen gleichermaßen nutzen. Bis 2008 hatte sich das Verhältnis etwas zugunsten der Staatssprache geändert, aber nicht grundlegend gewandelt (DS - Der Standard (19.10.2017): Russisch als Minderheitensprache in der Ukraine?).
Aus einer Analyse von Meinungsumfragen aus den Jahren 2012, 2014 und 2017 geht hervor, dass russischsprachige Staatsbürger der Ukraine keine homogene Gemeinschaft bilden, die sich durch ihre bevorzugte Sprache vom Rest der Bevölkerung abhebt, sondern dass sie seit Ende der Sowjetunion eine allmähliche Verwandlung von Sowjetbürgern zu Ukrainern vollzogen haben, ohne ihren Sprachgebrauch groß zu verändern. Die meisten von ihnen sprechen weiterhin vorwiegend Russisch, ohne dass es jedoch entscheidend für ihre Selbstidentifikation wäre. Die Förderung des Ukrainischen führte nicht zu einer systematischen Diskriminierung der Russischsprachigen (UA - Ukraine Analysen (22.2.2018): Die Identität der russischsprachigen Staatsbürger der Ukraine).
Es gibt in der Ukraine generell keine Diskriminierung der russischen Sprache. Seit Beginn des Konflikts in der Ostukraine im Jahr 2014, fördert die ukrainische Politik jedoch in bestimmten Bereichen aktiv die ukrainische Sprache, was von der Mehrheit der Menschen unterstützt wird. In der Praxis funktioniert die allgegenwärtige ukrainisch-russische Zweisprachigkeit im Alltag in aller Regel erstaunlich reibungslos (UA - Ukraine Analysen (29.11.2017): Sprachenpolitik in der Ukraine). Fälle von Einschüchterung oder Angriffen gegen ethnische Russen oder Vertreter der In der russischsprachigen Gemeinschaft in der Ukraine, sind sporadische Einzelfälle (Cedoca - Documentation and Research Department of the CGRS (Commissariaat-generaal voor de Vluchtelingen en de Staatlozen) (10.1.2018): OEKRAÏNE. Actuele situatie voor etnische Russen en/of Russischsprekenden op het gebied van taal en veiligheid, per E-Mail).
1.2.4. Bewegungsfreiheit
Die Bewegungsfreiheit ist in der Ukraine generell nicht eingeschränkt; im Osten des Landes jedoch ist diese aufgrund der Kampfhandlungen faktisch eingeschränkt (FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Ukraine).
1.2.5. IDPs und Flüchtlinge
Die Zahl der vom ukrainischen Sozialministerium registrierten Binnenflüchtlinge (Internally Displaced Persons - IDPs) lag gemäß der neu errichteten IDP-Datenbank des ukrainischen Sozialministeriums am 22.4.2019 bei 1.370.000 Personen (UNHCR - Office of the United Nations High Commissioner for Refugees (4.2019): Operational Update). Diese erhalten (nur) durch die Registrierung Zugang zu Sozialleistungen. (AA 22.2.2019).
Die Regierung arbeitet mit UNHCR und anderen humanitären Organisationen zusammen, um Binnenvertriebenen Schutz und Unterstützung zu bieten. Laut Gesetz stehen IDPs monatlich UAH 880 (USD 33) für Kinder und Menschen mit Behinderungen und UAH 440 (USD 16) pro Monat für arbeitsfähige Personen zu; für Familien jedoch maximal UAH 2.400 (USD 89) monatlich. Laut Gesetz sollte die Regierung den Vertriebenen auch eine Unterkunft zur Verfügung stellen, was jedoch mangelhaft umgesetzt wird (IOM - International Organization for Migration (12.2018): National Monitoring System Report on the Situation of Internally Displaced Persons).
Im Oktober 2018 unterzeichnete der Präsident ein Gesetz, das die vorrangige Bereitstellung von Sozialwohnungen für Binnenvertriebene mit Behinderungen vorsieht. Wohnen, Beschäftigung und Empfang von Sozialleistungen und Renten sind weiterhin die größten Sorgen der Binnenvertriebenen. Für die Integration der IDPs fehlt eine Regierungsstrategie, was die Bereitstellung von Finanzmitteln behindert. Lokale Organisationen der Zivilgesellschaft und internationale humanitäre Organisationen leisten zeitweise den größten Teil der Hilfe für Binnenvertriebene, ihre Kapazitäten sind aber eingeschränkt. UN-Agenturen berichten, der Zustrom von Binnenvertriebenen habe im Rest des Landes zu Spannungen im Wettbewerb um die knappen Ressourcen (Wohnungen, Arbeitsplätze, Bildung) geführt. Insbesondere in den von der Regierung kontrollierten Gebieten der Oblaste Donezk und Luhansk haben IDPs oft ungenügenden Zugang zu sanitären Einrichtungen, Unterkünften und Trinkwasser. NGOs berichteten von Diskriminierung von IDPs bei der Arbeitssuche. IDPs haben nach wie vor Schwierigkeiten beim Zugang zu Bildung, medizinischer Versorgung und Dokumenten (USDOS 13.3.2019).
Das ukrainische Ministerkabinett hat im November 2018 den Aktionsplan zur Umsetzung der nationalen IDP-Strategie beschlossen, der jegliche Diskriminierung beseitigen und die sozialen Rechte der IDPs schützen soll (UNOCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (31.12.2018): Situation Report: Ukraine - 31 Dec 2018).
Im Dezember 2018 hatten 44% der befragten IDPs einen Arbeitsplatz; zum Vergleich lag in der ukrainischen Gesamtbevölkerung die Beschäftigungsquote bei 58%. IDPs hatten im Dezember 2018 durchschnittlich pro Kopf UAH 2.429 Einkommen; zum Vergleich lag dieses in der ukrainischen Gesamtbevölkerung bei UAH 4.382. 60% der IDP-Haushalte sind von einem Einkommen aus Arbeit abhängig, 51% von staatlicher IDP-Beihilfe, 34% von einer Pension und 25% von Sozialhilfe. 49% der IDPs leben in gemieteten Wohnungen, 10% in gemieteten Häusern, 4% in gemieteten Zimmern, 4% in Dormitorien und 3% in IDP-Unterbringungszentren. 14% leben bei Verwandten oder Gastgeberfamilien, 12% leben in eigenen Immobilien. 69% der IDPs leben seit drei Jahren an ihrem derzeitigen Aufenthaltsort, 28% wollen nach Ende des Konflikts zurückkehren, 34% schließen eine Rückkehr auch nach Ende des Konflikts aus. 50% waren seit der Binnenvertreibung in der Konfliktzone zu Besuch, meist um sich um Besitz zu kümmern oder Freunde/Verwandte zu besuchen. 5% wollen sich eine Arbeit im Ausland suchen. 50% sagen sie seien in der Gastgemeinde integriert, 34% meinen sie seien teilweise integriert. Am wichtigsten für die Integration erachten IDPs eine Unterkunft, regelmäßiges Einkommen und einen Arbeitsplatz. 12% der IDP-Haushalte waren seit Konfliktbeginn von einer Suspendierung von Sozialleistungen betroffen (meist wegen Abwesenheit während einer Überprüfung durch das Sozialamt oder wegen fehlender Erwerbstätigkeit). Meist betraf die Suspendierung die monatliche Wohnzulage oder eine Rente. 67% der Betroffenen waren sich über die Gründe der Suspendierung und 61% über das Prozedere für eine Wiederaufnahme der Zahlungen im Klaren. Durchschnittlich dauerten die Suspendierungen 5,6 Monate; wenn die Wiederaufnahme eingeklagt werden musste, dauerte dies durchschnittlich 8 Monate. 80% der IDPs fühlen sich an ihrem Aufenthaltsort sicher, 16% fühlen sich des Abends und in entlegenen Gegenden unsicher, 3% fürchten Kriegshandlungen und 5% fürchten Kriminalität (IOM 12.2018).
Im Dezember 2018 gaben 5% der befragten IDPs in der Ukraine an, Opfer von Diskriminierung geworden zu sein (6% weniger als noch drei Monate zuvor). Die wahrgenommene Diskriminierung betrifft in den meisten Fällen die Unterbringung (31%), medizinische Versorgung (31%), das Berufsleben (30%) und Interaktion mit der lokalen Bevölkerung (26%). Die effektivsten Wege um Diskriminierung bekannt zu machen, sind für 46% der befragten Betroffenen die Medien, für 44% die lokalen Behörden für 40% die zentralen Regierungsbehörden, für 32% internationale Organisationen und für 30% NGOs (IOM 12.2018).
1.2.6. Grundversorgung
Die makroökonomische Lage stabilisiert sich nach schweren Krisenjahren auf niedrigem Niveau. Ungeachtet der durch den Konflikt in der Ostukraine hervorgerufenen, die Wirtschaftsentwicklung weiter erheblich beeinträchtigenden, Umstände, wurde 2018 ein Wirtschaftswachstum von geschätzten 3,4% erzielt; die Inflation lag bei rund 10%. Der gesetzliche Mindestlohn wurde zuletzt mehrfach erhöht und beträgt seit Jahresbeginn 4.173 UAH (ca. 130 EUR) (AA 22.2.2019).
Die Existenzbedingungen sind im Landesdurchschnitt knapp ausreichend. Die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gesichert. Vor allem in ländlichen Gebieten stehen Strom, Gas und warmes Wasser zum Teil nicht immer ganztägig zur Verfügung. Die Situation gerade von auf staatliche Versorgung angewiesenen älteren Menschen, Kranken, Behinderten und Kindern bleibt daher karg. Die Ukraine gehört zu den ärmsten Ländern Europas. Ohne zusätzliche Einkommensquellen (in ländlichen Gebieten oft Selbstversorger) bzw. private Netzwerke ist es insbesondere Rentnern und sonstigen Transferleistungsempfängern kaum möglich, ein menschenwürdiges Leben zu führen. Sozialleistungen und Renten werden zwar regelmäßig gezahlt, sind aber trotz regelmäßiger Erhöhungen größtenteils sehr niedrig. In den von Separatisten besetzten Gebieten der Oblaste Donezk und Luhansk müssen die Bewohner die Kontaktlinie überqueren, um ihre Ansprüche bei den ukrainischen Behörden geltend zu machen (AA 22.2.2019).
Nachdem die durchschnittlichen Verdienstmöglichkeiten weit hinter den Möglichkeiten im EU-Raum, aber auch in Russland, zurückbleiben, spielt Arbeitsmigration am ukrainischen Arbeitsmarkt eine nicht unbedeutende Rolle (ÖB 2.2019).
Das ab der zweiten Hälfte der 1990er Jahre eingeführte ukrainische Sozialversicherungssystem umfasst eine gesetzliche Pensionsversicherung, eine Arbeitslosenversicherung und eine Arbeitsunfallversicherung. Aufgrund der Sparpolitik der letzten Jahre wurde im Sozialsystem einiges verändert, darunter Anspruchsanforderungen, Finanzierung des Systems und beim Versicherungsfonds. Die Ausgaben für das Sozialsystem im nicht-medizinischen Sektor sanken von 23% des BIP im Jahr 2013 auf 18,5% im Jahr 2015 und danach weiter auf 17,8%. Die ist vor allem auf Reduktion von Sozialleistungen, besonders der Pensionen, zurückzuführen. Das Wirtschaftsministerium schätzte den Schattensektor der ukrainischen Wirtschaft 2017 auf 35%, andere Schätzungen gehen eher von 50% aus. Das Existenzminimum für eine alleinstehende Person wurde für Jänner 2019 mit 1.853 UAH beziffert (ca. 58 EUR), ab 1. Juli 2019 mit 1.936 UAH (ca. 62 EUR) und ab 1. Dezember 2019 mit 2.027 (ca. 64,5 EUR) festgelegt. Versicherte Erwerbslose erhalten mindestens 1.440 UAH (ca. 45 EUR) und maximal 7.684 UAH (240 EUR) Arbeitslosengeld pro Monat, was dem Vierfachen des gesetzlichen Mindesteinkommens entspricht. Nicht versicherte Arbeitslose erhalten mindestens 544 UAH (ca. 17 EUR). In den ersten 90 Kalendertagen werden 100% der Berechnungsgrundlage ausbezahlt, in den nächsten 90 Tagen sind es 80%, danach 70% (ÖB 2.2019).
1.2.7. Rückkehr
Es sind keine Berichte bekannt, wonach in die Ukraine abgeschobene oder freiwillig zurückgekehrte ukrainische Asylbewerber wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland behelligt worden wären. Um neue Dokumente zu beantragen, müssen sich Rückkehrer an den Ort begeben, an dem sie zuletzt gemeldet waren. Ohne ordnungsgemäße Dokumente können sich - wie bei anderen Personengruppen auch - Schwierigkeiten bei der Wohnungs- und Arbeitssuche oder der Inanspruchnahme des staatlichen Gesundheitswesens ergeben (AA 22.2.2019).
1.3. Zur Situation der BF im Falle einer Rückkehr
Der BF ist die Rückkehr in den Oblast Donzek nicht zumutbar. Eine Niederlassung in Kiew ist ihr jedoch möglich.
Im Falle einer Rückkehr würde sie in keine existenzgefährdende Notlage geraten bzw. es würde ihr nicht die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen werden.
Sie läuft nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose Situation zu geraten.
Im Falle einer Abschiebung in den Herkunftsstaat ist die BF nicht in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht.
Außergewöhnliche Gründe, die eine Rückkehr ausschließen, konnten nicht festgestellt werden.
1.4. Zur Situation der BF in Österreich
Die BF befindet sich seit März 2015 in Österreich. Sie bezieht seit Juli 2018 keine Leistungen aus der Grundversorgung. Die BF hat vom 03.08.2015 bis 14.08.2015 Reinigungsarbeiten im Rathaus der Stadtgemeinde Landeck erledigt. Sie hat am 29.10.2015 die Deutschprüfung des ÖSD auf dem Niveau A2 bestanden. Die BF hat am 15.03.2017 eine Informationsveranstaltung des ÖIF besucht. Sie hat am 07.06.2017 an einer Kompetenzanalyse der "Tiroler Soziale Dienste GmbH" teilgenommen. Sie hat am 12.03.2018 die Pflichtschulabschluss-Prüfung bestanden. Die BF hat am 25.06.2018 einen Lehrvertrag als "Hotel- und Gastgewerbeassistentin" für die Dauer vom 02.07.2018 bis zum 01.07.2021 im "Astoria Resort" in Seefeld in Tirol abgeschlossen. Sie hat am 03.12.2018 an einem Training für Lehrlinge zum Modul "Persönlichkeit" und am 16.09.2019 an einem Training für Lehrlinge im Umgang mit Gästen teilgenommen. Sie hat am 22.11.2019 die Integrationsprüfung auf dem Niveau B1 positiv absolviert. Sie besucht die Tiroler Fachberufsschule für Tourismus und Handel Landeck für den Lehrberuf Hotel- und Gastgewerbeassistentin und hat dort die 1. Klasse (10. Schulstufe) am 05.07.2019 mit gutem Erfolg abgeschlossen. Sie besucht demgemäß derzeit die 2. Klasse dieser Schule. Die BF hat vom 17.08.2015 ungefähr drei Jahre lang für bis zu 80 Stunden pro Monat beim Gemeindeverband Wohn- und Pflegeheim Grins im Funktionsbereich Wäscherei - Reinigung gearbeitet. Die BF hat eine Aussicht auf ein unbefristetes Dienstverhältnis in ihrem Lehrbetrieb nach Abschluss ihrer Lehrzeit.
Die BF pflegt - vor allem aus ihrem beruflichen Umfeld heraus - freundschaftliche und bekanntschaftliche Kontakte hauptsächlich mit österreichischen Staatsbürgern. Darüber hinaus bestehen keine weiteren, familiären oder sonstig verwandtschaftlichen bzw. familienähnlichen sozialen Bindungen im Bundesgebiet.
Im Übrigen übt die BF derzeit keine ehrenamtlichen Tätigkeiten aus und ist nicht Mitglied in einem Verein, einer religiösen Gruppe oder einer sonstigen Organisation.
Es bestehen keine weiteren, substantiellen Anknüpfungspunkte im Bereich des Privatlebens in Österreich.
2. Beweiswürdigung
2.1. Zur Person der BF
2.1.1. Die Identität der BF konnte mangels Vorlage von glaubhaften Dokumenten nicht bewiesen werden, weshalb hinsichtlich des Namens und des Geburtsdatums Verfahrensidentität vorliegt.
Die Feststellungen zur Staats-, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit der BF gründen sich im Übrigen auf ihre insoweit glaubhaften Angaben in den bisherigen Befragungen sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG bzw. ihren Kenntnissen der ukrainischen und russischen Sprache. Die Feststellung über ihren Schulbesuch ergibt sich ebenso aus ihren glaubhaften Angaben. Die Feststellung, dass die BF sich selbständig auf Deutsch ausdrücken kann, ist Folge ihrer Aussage in der mündlichen Verhandlung, die sie zu weiten Teilen in Deutsch durchzuführen vermochte, sowie der Vorlage des Zertifikats der Integrationsprüfung auf dem Niveau B1, des Pflichtschulabschlusszeugnisses, des Jahreszeugnisses der Tiroler Fachberufsschule für Tourismus und Handel Landeck, des Lehrverhältnisses der BF in einem Hotel, sowie der entsprechenden Bestätigungen von Freunden und Mitarbeitern.
Die Feststellungen zum Geburts- und Wohnort der BF sowie ihrer Erwerbstätigkeit stützen sich gleichfalls auf ihre glaubhaften Angaben.
2.1.2. Dass der Vater der BF in der Ukraine lebt und die BF Kontakt mit ihm hat, der Aufenthalt ihrer sonstigen Familienangehörigen und ihrer Verwandtschaft aber nicht festgestellt werden konnte, ist Folge der unglaubhaften Angaben der BF.
So gab die BF noch in der Erstbefragung an, dass ihr Vater in Donezk als "Kämpfer" unterwegs sei, der Aufenthalt ihrer Mutter ihr unbekannt sei, da diese sie im Alter von ungefähr acht Jahren verlassen habe, und sie keine Geschwister habe (AS 5). Ihr Onkel väterlicherseits habe sie im Zuge der Ausreise bis Kiew gebracht und dort einem Schlepper übergeben (AS 7).
In der Einvernahme brachte die BF vor, in der Ukraine mit ihrem Vater gemeinsam gelebt zu haben. Ihre Großeltern hätte auch dort gelebt, seien aber bereits verstorben. Die BF glaube, dass ihre Mutter in Russland sei. Ihr Onkel väterlicherseits sei ebenso in Russland, sie wisse aber nicht, wo genau (AS 37). Der Vater der BF befinde sich im Kampf. Sie habe zuletzt Anfang März 2015 mit ihm telefoniert. Ihr Onkel väterlicherseits habe die Schleppung organisiert und die BF bis Kiew gebracht (AS 41). Er habe die Schleppung bezahlt (AS 43). Die BF habe ihren Vater zuletzt im September 2014 gesehen, als er zum Militär gegangen sei (AS 45). Die BF habe vor der Ausreise "einige Zeit" bei ihrem Freund gelebt, der für sie gesorgt habe, jedoch habe sie keinen Kontakt mehr zu ihm, da er nach Russland gegangen sei (AS 45f). Die BF habe in der Ukraine "manchmal" mit ihrem Vater telefoniert, nachdem er zum Militär gegangen sei (AS 47). Ihr Vater habe ihr nie gesagt, wo er sich aufhalte, da er gemeint habe, dass die Telefone abgehört werden würden (AS 49). Die BF habe nirgendwo in der Ukraine Verwandte (AS 49).
In der mündlichen Verhandlung gab die BF zu Protokoll, dass sie "zur Zeit" in der Ukraine niemanden habe. Ihr Vater sei im Krieg gewesen, aber sie habe keinen Kontakt zu ihm (Niederschrift der mündlichen Verhandlung (in der Folge: NSV), S. 4). Befragt, ob sie keine Bemühungen unternommen habe, irgendeinen Verwandten aus der Ukraine zu kontaktieren, gab die BF ausweichend an, dass ihr Onkel nach Russland ausgereist sei. Sie habe keinen so guten Kontakt zu ihrem Onkel gehabt. "Wir" würden keinen Kontakt zu diesem Onkel halten. Nochmals befragt, ob sie keine Verwandten in der Ukraine habe, gab die BF aber plötzlich an, dass sie schon Verwandte wie Onkel gehabt habe. Sie habe Kontakt mit diesen Verwandten gehabt, aber sie seien ausgereist. Sie habe nun niemanden mehr in der Ukraine (NSV S. 5). Im Laufe der Verhandlung zog die BF die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides zurück (NSV S. 8).
Schließlich gab die BF in der Stellungnahme vom 13.12.2019 wie folgt bekannt: "Mit dem Vater, der alkoholkrank ist und keine feste Arbeit hat, hat die Bf nur sporadischen Kontakt." (OZ 13).
Zumal die BF die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides zurückzog, war daher nicht davon auszugehen, dass ihr Vater tatsächlich als "Freiwilliger" in den Krieg in der Ostukraine zog. Ebenso wäre nicht anzunehmen, dass der Vater die damals 19-jährige BF über Monate hinweg alleine in einem umkämpften Gebiet zurücklassen würde. Gleichfalls scheint es sehr unwahrscheinlich, dass der bis dahin bestehende Kontakt zwischen der BF und ihrem Vater just nach ihrer Einreise in das Bundesgebiet abbrechen würde. Ebenso ist es lebensfremd, dass ihr Onkel zwar die Schleppung organisiert und sogar bezahlt habe, obwohl ein von der BF in der mündlichen Verhandlung suggeriertes schlechtes Verhältnis zu diesem bestehe, und sodann gleichfalls mit der Ausreise der BF auch dieser Kontakt unvermittelt abbrechen würde. Dass die BF in ihrem Verfahren zunächst angab, abgesehen von ihrem Onkel keine Verwandtschaft zu haben, um letztlich in der mündlichen Verhandlung doch zuzugeben, schon auch andere Verwandte zu haben, die aber ebenso ausgereist seien, passt in das Bild, dass die BF grundsätzlich versucht war, jegliche Beziehung zur Ukraine zu verneinen und herabzuspielen. Letztlich gab die BF in der Stellungnahme vom 13.12.2019 aber selbst zu, dass sie weiterhin - wenn auch sporadisch - in Kontakt mit ihrem Vater, der alkoholkrank sei und keine feste Arbeit habe, stehe. Entsprechendes war daher festzustellen. Vor dem Hintergrund all dieser Erwägungen konnte aber der Aufenthalt der weiteren Verwandtschaft der BF nicht festgestellt werden und konnte gleichfalls nicht festgestellt werden, dass kein Kontakt zu dieser bestehe - wiewohl dies auch nicht entscheidungsrelevant ist und daher im Detail dahingestellt bleiben kann.
2.1.4. Dass die BF ledig, kinderlos und gesund ist, folgt aus ihren glaubhaften Angaben.
2.1.5. Die Feststellung, dass die BF strafrechtlich unbescholten ist, beruht auf einem aktuellen Strafregisterauszug.
2.2. Zur maßgeblichen Situation in der Ukraine
Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat ergeben sich aus dem im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zur Ukraine vom 29.05.2019, zuletzt aktualisiert am 30.08.2019, wiedergegebenen und zitierten Länderberichten. Diese gründen sich auf den jeweils angeführten Berichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen. Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, zumal ihnen nicht substantiiert entgegengetreten wurde. Die konkret den Feststellungen zugrundeliegenden Quellen wurden unter Punkt 1.2. zitiert.
2.3. Zur Situation der BF im Falle einer Rückkehr
2.3.1. Die BF hat einen Vater in der Ukraine, zu dem sie in Kontakt steht. Der genaue Aufenthalt der weiteren Verwandtschaft und der Kontakt zu dieser konnte nicht festgestellt werden (s. Punkt 2.1.3). Es kann nicht festgestellt werden, ob die BF noch über eine Wohnung in XXXX , Oblast Donzek, verfügt (s. OZ 13). Aus diesen Gründen und vor dem Hintergrund der unter Punkt 1.3. zitierten allgemeinen Situation im Oblast Donezk ist der BF eine Rückkehr in dieses Gebiet nicht zumutbar.
Die BF kann sich jedoch etwa in Kiew ansiedeln. Sie hat den Großteil ihres Lebens in der Ukraine verbracht, beherrscht mit Russisch und Ukrainisch die beiden Verkehrs- und Landessprachen und ist somit mit den örtlichen und kulturellen Gepflogenheiten ihres Heimatlandes vertraut.
Aus den unter Punkt 1.3. zitierten Länderberichten ergibt sich, dass auch Binnenvertriebene nach Registrierung in einer Datenbank Zugang zu Sozialleistungen erhalten. Die Zivilgesellschaft und humanitäre Organisationen leisten ebenfalls Hilfe für Binnenvertriebene. Probleme bestehen vor allem in den direkt an die Konfliktgebiete angrenzenden Regionen von Donezk und Luhansk. Die Regierung soll Vertriebenen eine Unterkunft zur Verfügung stellen, was jedoch mangelhaft umgesetzt wird. Sozialleistungen werden regelmäßig gezahlt.
Die BF ist eine junge, gesunde, gebildete, erwerbsfähige Frau. Sie verfügt über eine 10-jährige Schulbildung aus der Ukraine und hat dort zwei Jahre als Lebensmittelverkäuferin gearbeitet. Sie hat in Österreich den Pflichtschulabschluss nachgeholt, befindet sich aktuell in einem Lehrverhältnis im Bereich Hotel- und Gastgewerbeassistenz und konnte entsprechend Arbeitserfahrung in einem (hochklassigen) Hotelleriebetrieb sammeln. Die BF spricht Russisch und Ukrainisch, darüber hinaus hat sie sehr gute Deutschkenntnisse und verfügt weiters über Kenntnisse der englischen und der italienischen Sprache. Die BF demonstrierte in Österreich Zielstrebigkeit und Arbeitseifer und konnte, obwohl sie die deutsche Sprache erst lernen musste, sehr schnell sozialen Anschluss und Arbeit finden. Die BF hat in Österreich ein Einkommen und verdient somit Geld, das ihr im Falle einer Rückkehr zumindest für die erste Zeit als Überbrückungshilfe zur Verfügung stehen würde, zumal die Lebenserhaltungskosten in der Ukraine um ein Vielfaches geringer sind als in Österreich. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die BF im Falle einer Rückkehr in der Lage wäre, für ihre Existenz zu sorgen.
2.3.2. Dass im Falle einer Abschiebung nach Kiew die BF sonst in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wäre, ist - zumal aufgrund der Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens - anhand der Länderberichte nicht objektivierbar.
2.3.3. Sonstige außergewöhnliche Gründe, die einer Rückkehr entgegenstehen, hat die BF nicht angegeben und sind auch vor dem Hintergrund der zitierten Länderberichte nicht hervorgekommen.
2.4. Zur Situation der BF in Österreich
2.4.1. Die Feststellung über die Einreise und den Aufenthalt der BF im Bundesgebiet ergibt sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt.
2.4.2. Die Feststellung, dass die BF seit Juli 2018 keine Leistungen aus der Grundversorgung bezieht, ergibt sich aus dem eingeholten Grundversorgungsauszug.
2.4.3. Dass die BF Reinigungsarbeiten im Rathaus der Stadtgemeinde Landeck erledigt hat, folgt aus einer Bestätigung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Landeck (OZ 9). Dass die BF eine Deutschprüfung des ÖSD auf dem Niveau A2 bestanden hat, ergibt sich aus dem entsprechenden Zertifikat (OZ 9). Dass die BF eine Informationsveranstaltung des ÖIF besucht hat, folgt aus der entsprechenden Zeitbestätigung (OZ 9). Dass die BF an einer Kompetenzanalyse der "Tiroler Soziale Dienst GmbH" teilgenommen hat, stützt sich auf die entsprechende Teilnahmebestätigung (OZ 9). Dass die BF die Pflichtschulabschluss-Prüfung bestanden hat, hat die BF u.a. in der mündlichen Verhandlung vorgelegt (Beilage ./1). Dass die BF einen Lehrvertrag abgeschlossen hat, ist Folge der Vorlage dieses Vertrags (OZ 9). Dass die BF an zwei Lehrlingstrainings mitwirkte, wurde durch entsprechende Bestätigungen belegt (OZ 9). Dass die BF die Integrationsprüfung auf dem Niveau B1 erfolgreich absolvierte, stützt sich auf das entsprechende Zeugnis (OZ 15). Der Schulbesuch der BF und die Absolvierung der 10. Schulstufe, ergibt sich aus dem vorgelegten Zeugnis (Beilage ./1). Dass die BF nun die 11. Schulstufe besucht, ist die logische Folge daraus, zumal nichts anderes behauptet wurde. Dass die BF ab August 2015 etwa drei Jahre lang in einem Wohn- und Pflegeheim gearbeitet hat, stützt sich zum einen auf die entsprechende Bestätigung vom August 2017 (OZ 9), zum anderen auf die glaubhafte Aussage der BF in der mündlichen Verhandlung (NSV S. 10), zumal die BF im Juli 2018 ihren Lehrvertrag unterschrieb. Dass die BF nach Abschluss ihrer Lehrzeit ein unbefristetes Dienstverhältnis in ihrem Lehrbetrieb in Aussicht hat, folgt aus dem - im Übrigen sehr positiven - Zwischenzeugnis und der Bestätigung des Hoteldirektors ihres Lehrbetriebs vom Jänner 2019 (OZ 9).
2.4.4. Die Feststellungen über die sozialen Anknüpfungspunkte in Österreich folgen aus der glaubhaften Aussage der BF in der mündlichen Verhandlung (NSV S. 8, 9 und 11) sowie den zahlreichen Unterstützungs- und Empfehlungsschreiben (OZ 14 und 15).
2.4.5. Dass die BF im Übrigen derzeit keinen ehrenamtlichen Tätigkeiten nachgeht und nicht Mitglied in einem Verein, einer religiösen Gruppe oder einer sonstigen Organisation ist, folgt aus der Aussage der BF (NSV S. 10f), zumal glaubhaft ist, dass die BF aufgrund ihrer unter Punkt 2.4.3. gewürdigten Tätigkeiten wenig Freizeit hat und hatte.
3. Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. A)
3.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides
§ 7 Abs. 2 VwGVG normiert, dass eine Beschwerde nicht mehr zulässig ist, wenn die Partei nach Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat. Eine Zurückziehung der Beschwerde durch die BF ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 7 VwGVG, K 6). Dasselbe folgt sinngemäß aus § 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 7 AVG.
Die Annahme, eine Partei ziehe die von ihr erhobene Beschwerde zurück, ist nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offen lässt. Maßgebend ist daher das Vorliegen einer in dieser Richtung eindeutigen Erklärung (vgl. zB VwGH 22.11.2005, 2005/05/0320 uvm. zur insofern auf die Rechtslage nach dem VwGVG übertragbaren Judikatur zum AVG).
Eine solche Erklärung lag im gegenständlichen Fall zweifelsfrei vor; die BF hat die Zurückziehung der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides in der mündlichen Verhandlung nach Belehrung durch ihren Rechtsvertreter eindeutig zum Ausdruck gebracht.
Gem. § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder einzustellen ist.
Da die BF die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. zurückgezogen habt, war das Beschwerdeverfahren insoweit gem. § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG einzustellen.
Zu Spruchpunkt II. A)
3.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides
3.2.1. Wird ein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten abgewiesen, so ist dem Fremden gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Unter realer Gefahr ist eine ausreichend echte, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. VwGH vom 19.02.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre. Weiters müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus.
Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen, die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen.
Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen (VwGH 25.04.2017, Ra 2017/01/0016).
Abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde, obliegt es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. VwGH vom 23.02.2016, Ra 2015/01/0134 - mit Verweis auf EGMR vom 05.09.2013, I. vs. Schweden, Nr. 61204/09).
Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (vgl. EGMR vom 06.02.2001, Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom; VwGH vom 21.08.2001, 2000/01/0443). Außergewöhnlicher Umstände liegen vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben. Sie liegen aber auch dann vor, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes ausgesetzt zu sein, die zu intensiven Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat aber kein Fremder das Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich. Allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind. (VwGH vom 23.3.2017, Ra 2017/20/0038- mit Verweis auf EGMR vom 13.12.2016, Paposhvili gg Belgien, Nr. Nr. 41738/10).
3.2.2. Konkret sind keine Umstände amtsbekannt, dass in der Ukraine - und insbesondere in Kiew - aktuell eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung iSd Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre. Die Situation im Herkunftsstaat ist auch nicht dergestalt, dass eine Rückkehr für die BF als Zivilperson gerade nach Kiew eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.
Im gegenständlichen Fall haben sich auch ausgehend von der Feststellung, dass die BF an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung leidet, keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend ergeben, wonach sie unmittelbar nach erfolgter Rückkehr allenfalls drohenden Gefahren nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht ausgesetzt wäre. Sie brachte auch keinerlei substantielle Rückkehrbefürchtungen in Zusammenhang mit gesundheitlichen Beschwerden vor. Aus den zitierten Länderberichten ergibt sich, dass in der Ukraine und gerade auch in Großstädten wie Kiew ein funktionierendes Gesundheitssystem besteht. Es kann folglich nicht davon ausgegangen werden, dass sich bei objektiver Gesamtbetrachtung für die BF mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit das reale Risiko einer derart extremen Gefahrenlage ergeben würde, die im Lichte der oben angeführten Rechtsprechung einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 3 EMRK darstellen und somit einer Rückführung in den Herkunftsstaat entgegenstehen würde. Die bloße Möglichkeit, dass sich eine schwerwiegende Krankheit in der Zukunft ergeben könnte, ist nicht ausreichend.
Der BF droht im Herkunftsstaat weder durch direkte Einwirkung, noch durch Folgen einer substantiell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der nach Art. 2 und 3 EMRK gewährleisteten Rechte. Auch sind keinerlei Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat, gerade nach Kiew, für die BF als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, hervorgekommen.
Die BF ist jung, gesund und erwerbsfähig, verfügt über schulische Bildung, Arbeitserfahrung, geht hier einer beruflichen Ausbildung nach, spricht mehrere Sprachen, hat bereits im Herkunftsstaat zur Bestreitung des Lebensunterhaltes beigetragen und ist mit den Lebensgewohnheiten des Heimatlandes vertraut. Sie hat Anspruch auf Hilfeleistungen für Binnenvertriebene bzw. Arbeitslosengeld. Es ist daher davon auszugehen, dass sie auch im Fall einer Rückkehr für ihren Lebensunterhalt sorgen könnte, zumal ihr auch in Österreich, obgleich sie die deutsche Sprache erst erwerben musste, zielstrebig und schnell die Aufnahme von Arbeitstätigkeiten und die Knüpfung sozialer Kontakte gelungen ist. Auch konnte nicht festgestellt werden, dass im Herkunftsstaat, speziell in Kiew, eine dermaßen schlechte, wirtschaftliche oder allgemeine (politische) Situation herrschen würde, die für sich genommen bereits die Zulässigkeit der Abschiebung als unrechtmäßig erscheinen ließe.
Vor diesem Hintergrund kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der BF im Falle einer Rückführung in den Herkunftsstaat, speziell nach Kiew, jegliche Existenzgrundlage fehlen würde (vgl. VwGH 16.7.2003, 2003/01/0059) und sie daher in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse mit entscheidungsmaßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine lebensbedrohliche bzw. die hohe Schwelle des Art. 3 EMRK überschreitende Notlage geraten würde.
Im vorliegenden Fall liegen im Ergebnis somit keine exzeptionellen Umstände vor, welche einer Außerlandesbringung der BF gemäß den Vorgaben des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 widersprechen würden. Aus diesem Grund war die Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten durch das BFA nicht zu beanstanden.
3.3. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides
3.3.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.
Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt (Z 1), wenn dies zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel notwendig ist (Z 2) oder wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist (Z 3).
Der Aufenthalt der BF im Bundesgebiet ist nicht im Sinne der soeben dargelegten Bestimmung geduldet bzw. zur Gewährleistung einer Strafverfolgung erforderlich. Sie ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor und wurden weder im Verfahren noch in der Beschwerde behauptet.
3.3.2. Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
Die BF ist als Staatsangehörige der Ukraine keine begünstigten Drittstaatsangehörige und es kommt ihr kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung ihres Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet. Gegenteiliges wurde von der BF auch nicht vorgebracht.
3.3.3. Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere zu berücksichtigen: die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9).
Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.
Nach Art 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff in die Ausübung des Rechts auf Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa wenn ein gemeinsamer Haushalt vorliegt.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden schwerer wiegen würden, als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage zu berücksichtigen, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479).
Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art 8 Abs. 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).
Die BF hat keine Verwandten oder sonstigen nahen Angehörigen in Österreich. Die Rückkehrentscheidung bildet daher keinen unzulässigen Eingriff in das Recht der BF auf Schutz des Familienlebens.
Unter dem Privatleben sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.6.2005, Fall Sisojeva ua, Appl 60.654/00, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Bei der Beurteilung der Frage, ob die BF in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügt, spielt die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht bei einem dreieinhalbjährigen Aufenthalt im Allgemeinen von einer eher kürzeren Aufenthaltsdauer aus (vgl. Chvosta, ÖJZ 2007/74 unter Hinweis auf VwGH 08.03.2005, 2004/18/0354; 27.03.2007, 2005/21/0378). Einem inländischen Aufenthalt von weniger als fünf Jahren kommt für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung hinsichtlich der durchzuführenden Interessenabwägung zu (VwGH 15.03.2016, Ra 2016/19/0031).
Die BF ist seit etwas über fünf Jahren in Österreich wohnhaft. In dieser Zeit hat sie außergewöhnliche Bemühungen unternommen, sich sozial, sprachlich und beruflich zu integrieren. Sie hat die Integrationsprüfung auf dem Niveau B1 erfolgreich absolviert, hat einen Pflichtschulabschluss nachgeholt, die 10. Schulstufe in einer Fachberufsschule für Tourismus und Handel mit gutem Erfolg abgeschlossen und besucht derzeit somit die 11. Schulstufe. In der mündlichen Verhandlung konnten die ausgezeichneten Deutschkenntnisse der BF festgestellt werden, die auch durch die Lehre der BF in einem hochklassigen Hotel, dem Zwischenzeugnis des Hoteldirektors und den vorgelegten Empfehlungs- und Unterstützungsschreiben weiter bestätigt werden. Die BF hat Freunde und Bekannte in Österreich, wie auch durch die entsprechend vorgelegten Schreiben belegt werden konnte. Dass sich diese Freundschaften zu einem guten Teil aus dem Berufsfeld der BF rekrutieren, ist angesichts der Tätigkeit und der damit verbundenen Erfordernisse nachvollziehbar und kann ihr keinesfalls zum Nachteil gereichen. Sie bezieht seit Juli 2018 keine Leistungen aus der Grundversorgung und ist selbsterhaltungsfähig. Gemäß vorgelegtem Lehrvertrag bezieht sie derzeit als Lehrling für den Bereich Hotel- und Gastgewerbeassistenz in einem hochklassigen Tiroler Hotel ein Entgelt von EUR 825,- brutto pro Monat, wobei die BF in der mündlichen Verhandlung angab, EUR 50,- pro Monat für die (Personal-)Unterkunft aufzuwenden. Die BF ist somit schon jetzt und auch in Zukunft - ein unbefristetes Dienstverhältnis steht aufgrund der ausgesprochen positiv