TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/17 I412 2229793-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.04.2020
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Entscheidungsdatum

17.04.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I412 2229793-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gabriele ACHLEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX (alias XXXX alias XXXX), geb. XXXX (alias XXXX alias XXXX), StA. TSCHAD (Chad) alias Somalia alias Sudan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, Diakonie-Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, RD Salzburg, vom 12.02.2020, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer versuchte aus Italien kommend über die Schweiz und Österreich nach Deutschland zu gelangten. Er wurde an der Grenze AUT/GER zurückgewiesen und zur Sicherung der Rückschiebung in Sicherungshaft genommen. Aus dem Stande der Sicherungshaft stellte am 03.10.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er mit Rivalitäten zwischen zwei Volksgruppen und wirtschaftlichen Motiven begründete.

2. In der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde gab er dazu an, der Volksgruppe der Gouran anzugehören und die Regierung diese Volksgruppe als Feinde betrachte. Bei seiner Ausreise habe er sich für vier Monate der Opposition an der libyschen Grenze angeschlossen und sei als Soldat ausgebildet worden. Bis es der Opposition gelingen könnte, die Regierung zu stürzen, dauerte es ihm aber zu lange und deshalb zog er weiter nach Tripolis.

3. Mit dem Bescheid vom 12.02.2020, Zl. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Tschad (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel "besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung in den Tschad zulässig ist (Spruchpunkt V.). Für die freiwillige Ausreise wurde eine Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.).

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 12.03.2020.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos, Staatsangehöriger des Tschads und bekennt sich zum moslemischen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der Gouran an, spricht auch diese Sprache und außerdem Arabisch. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer reiste illegal ohne gültigem Reisedokument aus dem Tschad nach Libyen aus und gelangte über Italien und die Schweiz nach Österreich. Er hält sich seit (mindestens) 19.09.2019 in Europa und seit 01.10.2019 in Österreich auf.

Die Familie des Beschwerdeführers bestehend aus den Eltern und vier Brüdern sowie mindestens einem Onkel lebt im Tschad in der Stadt Abéché. In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.

Der Beschwerdeführer besuchte nur drei Jahre lang die Schule und lebte bis zu seiner Ausreise bei seiner Familie. Für den Unterhalt kamen seine Eltern auf.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht vorbestraft.

Er geht in Österreich keiner Beschäftigung nach und bezieht Leistungen von der staatlichen Grundversorgung in Salzburg.

Der Beschwerdeführer weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Entgegen seinem Fluchtvorbringen kann nicht festgestellt werden, dass er aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Gouran einer persönlichen Verfolgung oder Bedrohung durch eine andere, verfeindete Volksgruppe oder durch die Regierung ausgesetzt ist. Es ist mit erheblicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat in der Lage wäre, seine existentiellen Bedürfnisse zu befriedigen und nicht in eine schwere Notsituation geraten würde.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage im Tschad:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 12.02.2020 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle (Stand 23.05.2016) "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Tschad vollständig zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Politische Lage

Tschad ist eine Präsidialdemokratie, hat seit 1990 ein Mehrparteiensystem und ist stark auf die Hauptstadt N'Djaména ausgerichtet (AA 3.2016a). Nach der Verfassung vom 14.4.1996 und in Anlehnung an das französische Modell ist der Tschad eine präsidiale Republik mit einem Mehrparteiensystem, mit stark autokratischen Zügen. Per Referendum wurde die Verfassung mit 61,5% der Stimmen am 31.3.1996 vom Volk angenommen (GIZ 4.2016a).

Der seit 1990 amtierende Staatspräsident Idriss Déby Itno wurde im April 2011, in einer von der Opposition boykottierten Wahl, für fünf Jahre wiedergewählt. Die nächsten Parlamentswahlen waren ursprünglich für 2015 vorgesehen, der Wahlkalender ist jedoch in Verzug (AA 3.2016a).

Am 10.4.2016 wurden die Präsidentschaftswahlen abgehalten. Die Wahlbeteiligung der 6 Millionen Wahlberechtigten war mit 71,6 % relativ hoch und es wurden einige Unregelmäßigkeiten festgestellt. Die vorläufigen Ergebnisse wurden am Abend des 21.4.2016 bekannt gegeben, wonach Idriss Déby mit 61,56 % (2011 waren es 88 %) der Stimmen im ersten Wahlgang wiedergewählt wurde. Idriss Déby trat nach seiner 25jährigen Amtszeit zum fünften Mal an und wieder gab es vehemente Proteste aus der Opposition.

Es herrscht Gewaltenteilung. Die Exekutive nimmt eine dominierende Stellung ein. Das Parlament, das zuletzt im Februar 2011 neu gewählt wurde, strebt nach einer ebenbürtigen Rolle. Die Zersplitterung der Parteienlandschaft erschwert es der Opposition aber, ihre Kontrollfunktionen gegenüber der Exekutive effektiv auszuüben. Das Parlament wird von der Partei des Präsidenten, dem "Mouvement Patriotique du Salut" (MPS) und den mit ihr verbundenen Parteien dominiert (AA 3.2016a).

Die Justiz ist nur formell unabhängig und steht unter dem Druck der Exekutive (GIZ 4.2016a). Die Justiz befindet sich im Aufbau und mangels personeller und materieller Ressourcen schwach. Die zentralistische Verwaltung wird den Erfordernissen in den Provinzen nicht immer gerecht. Deshalb wird eine Dezentralisierung und Stärkung der kommunalen Ebene angestrebt. Allerdings ist die Kommunal- und Provinzialverwaltung schwach und von der Zentralverwaltung abhängig (AA 3.2016a).

Quellen:

-AA - Auswärtiges Amt (3.2016a): Tschad - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tschad/Innenpolitik_node.html, Zugriff 16.5.2013

-GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (4.2016a): Tschad - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/tschad/geschichte-staat/, Zugriff 20.4.2016

Sicherheitslage

Es kam im Jahr 2015 vermehrt zu Terror-Anschlägen. Tschadische Truppen engagieren sich bei der Bekämpfung der Terrororganisation "Boko Haram". Vergeltungsschläge gegen tschadische Ziele wurden angedroht. Seit Februar 2015 werden immer wieder tschadische Gemeinden in der Tschadseeregion angegriffen. Die Regierung hat über die an den Tschadsee angrenzende Provinz "Lac" den Ausnahmezustand verhängt. Auch in weiteren angrenzenden Landesteilen des Tschad besteht ein erhöhtes Anschlags- bzw. Entführungsrisiko (AA 20.5.2016). Der Tschad hat bis Ende 2017 die Präsidentschaft der G5-Sahel inne und hält zudem den Vorsitz in der AU (Afrikanische Union) für 2016. Das politische Gewicht und der Einfluss des Landes sind durch diese Ämter in der Region weiter deutlich gestiegen. Mit der Beteiligung des Tschad an der Antiterroroperation Barkhane und der Bekämpfung von Boko Haram über die Staatsgrenzen hinaus, wird das Land in der Sahelregion trotz der repressiven Politik Débys als Garant für Stabilität und Sicherheit gehandelt. Der Konflikt in der Grenzregion zum Sudan hat sich in den letzten Jahren, zunehmend unter Beteiligung von verschiedenen Rebellengruppen verschärft. Dabei hat der Konflikt sich seit 2003 über die Grenze in den Tschad ausgeweitet und seit geraumer Zeit auch die Zentralafrikanische Republik ergriffen (GIZ 4.2016a). Die diplomatischen Beziehungen mit dem Sudan haben sich entspannt. Maßgeblich hierfür war der Friedensschluss Anfang 2010, der eine Phase der Zusammenarbeit einleitete.

Das unter dem früheren Machthaber Gaddafi gespannte Verhältnis zu Libyen hat sich grundsätzlich gebessert, ist aber von Sicherheitsproblemen an der gemeinsamen Grenze geprägt. Auch mit den Nachbarstaaten Nigeria und Zentralafrikanische Republik bestehen gravierende Sicherheitsprobleme in Gestalt von politischer Instabilität und Terrorismus, die sich direkt oder indirekt auf den Tschad auswirken. Weitgehend konfliktfrei und von gemeinsamen (Wirtschafts-) Interessen geprägt ist das Verhältnis zu Kamerun und Niger (AA 3.2016b).

Quellen:

-AA - Auswärtiges Amt (3.2016b): Außenpolitik - Tschad, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tschad/Aussenpolitik_node.html, Zugriff 26.4.2016

-AA - Auswärtiges Amt (20.5.2016): Reise- und Sicherheitshinweise - Tschad, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-ZiHi/Nodes/TschadSicherheit_node.html, Zugriff 20.5.2016

-GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (4.2016a): Tschad - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/tschad/geschichte-staat/, Zugriff 27.4.2016

Allgemeine Menschenrechtslage:

Zu den wichtigsten Menschenrechtsproblemen zählen Missbrauch durch Sicherheitskräfte, unzumutbare Haftbedingungen sowie Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen und Kinder. Kindersoldaten und Kinderarbeit sind im Tschad weit verbreitet (GIZ 4.2016a). Weitere Menschenrechtsverletzungen sind willkürliche Tötungen durch Sicherheitskräfte und die Anwendung von Folter, willkürlichen Inhaftierungen, Isolationshaft und langwierige Untersuchungshaft. Es kommt zu Verweigerung fairer öffentlichen Verfahren und Einfluss der Exekutive auf die Justiz (AI 2015/2016; vgl. GIZ 4.2016a; vgl. USDOS 13.4.2016). Menschenrechte spielen in der kritischen einheimischen Berichterstattung eine wichtige Rolle (GIZ 4.2016a.

Meinungs- und Pressefreiheit sind zwar per Verfassung garantiert (USDOS 13.4.2016), in der Praxis jedoch eingeschränkt (USDOS 13.4.2016). Kritische Äußerungen können problematisch sein und etwa zu Schließungen von Radiostationen oder Drohungen gegen Berichterstatter führen (GIZ 4.2016a). Behörden belästigen (USDOS 13.4.2016; vgl. GIZ 4.2016a) und verhaften Journalisten (USDOS 13.4.2016; vgl. GIZ 4.2016a; vgl. AA 3.2016a) bzw. verhängen Geldstrafen (AA 3.2016a). Seit den wiederholten Rebellenangriffen wird oftmals der Ausnahmezustand verhängt und in diesem Zuge auch die Pressefreiheit eingeschränkt. Das Radio ist das am weitesten verbreitete Medium - und vornehmlich unter staatlicher Kontrolle. Die Privatsender unterstehen einer strengen Prüfung durch die Behörden. Private Fernsehsender gibt es im Tschad nicht. Das Radio dient als Informationsquelle und Nachrichtenübermittlung und bietet vor allem auf dem Land durch die vielen kleinen Regionalsender eine wichtige Austauschmöglichkeit (GIZ 4.2016a; vgl. USDOS13.4.2016).

Obwohl die Verfassung die Versammlungsfreiheit garantiert, respektiert die Regierung dieses Recht nicht immer. Laut Gesetz müssen Demonstrationen fünf Tage im Voraus angekündigt werden. Das Ministerium für öffentliche Sicherheit und Einwanderung erteilt dafür nicht immer die Erlaubnis. Nach den Angriffen von Boko Haram, verweigert das Ministerium sogar die Erlaubnis für große Versammlungen, einschließlich sozialer Veranstaltungen wie Hochzeiten und Beerdigungen. Die Sicherheitskräfte gehen oft mit unverhältnismäßig hoher Gewalt im Zuge von Demonstrationen vor, um diese zu zerstreuen (USDOS 13.4.2016).

Die Verfassung und Gesetze garantieren die Vereinigungsfreiheit, und im Allgemeinen respektiert die Regierung dieses Recht auch. (USDOS 13.4.2016).

Mit der Einführung des Mehrparteiensystems haben sich dutzende Parteien gebildet. Ihre Wählerbasis beruht zumeist auf ethnischer Zugehörigkeit, die sich über die regionale Herkunft des jeweiligen Kandidaten definiert. Die wichtigste und beherrschende politische Kraft ist die vom Staatspräsidenten geführte Mouvement Patriotique du Salut (MPS), die derzeit mit 125 von 188 Abgeordneten im Parlament vertreten ist. Die wichtigsten legalen Oppositionsparteien sind z.B. die UNDR von Kebzaboh oder die FAR von Yorongar. (GIZ 4.2016a).

Quellen:

-AA - Auswärtiges Amt (3.2016a): Tschad - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tschad/Innenpolitik_node.html, Zugriff 27.4.2016

-AA - Auswärtiges Amt (3.2016): Tschad - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_16562DB9D4EF610B26D4EC6E607BCF61/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tschad/Wirtschaft_node.html, Zugriff 20.4.2016

-AI - Amnesty International (2015/2016): Annual Report, Chad 2015/2016, https://www.amnesty.org/en/countries/africa/chad/report-chad/, Zugriff 29.4.2016

-FH - Freedom House (2015): Freedom in the World - Chad, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2015/chad, Zugriff 17.5.2016

-GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (4.2016a): Tschad - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/tschad/geschichte-staat/, Zugriff 11.5.2016

-GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (4.2016c): Tschad - Gesellschaft, https://www.liportal.de/tschad/gesellschaft/, Zugriff 27.4.2016

-USDOS - US Department of State (USDOS 13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Chad, https://www.ecoi.net/local_link/322475/448250_en.html, Zugriff 17.5.2016

Ethnische Minderheiten:

Es gib rund 200 ethnischen Gruppen, diemehr als 120 Sprachen und Dialekte sprechen. Die meisten ethnischen Gruppen wurden mit einem von zwei regionalen und kulturellen Traditionen verbundenen: Araber und Muslime im Norden, in der Mitte und im Osten; und Christen oder Anhänger traditioneller Religionen im Süden. Das Gesetz verbietet Diskriminierung seitens der Regierung auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit. Trotzdem beeinflusst die ethnische Zugehörigkeit die Regierungsbildung und politische Allianzen. Insbesondere Mitglieder der Volksgruppe Zaghawa sind in wichtigen Institutionen überrepräsentiert (in Militär, Offizierskorps, militärische Eliteeinheiten und dem Personal des Präsidenten). Interethnische Gewalt kommt vor und die meisten ethnischen Gruppen praktizieren gesellschaftliche Diskriminierung. Nomadische Peul werden vor allem in der Bildung vernachlässigt (USDOS 13.4.2016). Laut CIA befinden sich folgende Ethnien in der Republik Tschad: Sara 27.7%, Araber 12.3%, Mayo-Kebbi 11.5%, Kanem-Bornou 9%, Ouaddai 8.7%, Hadjarai 6.7%, Tandjile 6.5%, Gorane 6.3%, Fitri-Batha 4.7%, ... (1993 census) (CIA 5.4.2016).

Quellen:

-CIA - Central Intelligence Agency (5.4.2016): The World Factbook - Chad, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/cd.html, Zugriff 21.4.2016

Grundversorgung/Wirtschaft

Tschad ist eines der am wenigsten entwickelten Länder der Welt. Etwa 80% der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze (Bruttoinlandsprodukt pro Kopf der Bevölkerung 2015: 1.010 US-Dollar, Schätzung IWF). Lebensgrundlage für den überwiegenden Teil der Bevölkerung ist die Landwirtschaft (etwa 70% mit hohem Anteil von Subsistenzwirtschaft). Ein moderner Privatsektor existiert nur in Ansätzen, produzierende Betriebe gibt es nur wenige. Der Staatshaushalt ist stark vom Ölsektor abhängig (50% der Einnahmen, 2/3 des BIP). Im UNDP-Index 2015 für menschliche Entwicklung (Human Development Index) liegt das Land auf Platz 185 von 188; im "Doing Business"-Index der Weltbank 2015 auf Platz 183 von 189. Die Wirtschaft leidet unter der mangelhaften Infrastruktur des Landes (AA 3.2016b; vgl. GIZ 4.2016b).

Die soziale Absicherung ist unzulänglich: Es existiert zwar eine Verpflichtung der Arbeitgeber, Rentenbeiträge und Beiträge zu einer Berufsunfallversicherung für beschäftigte Arbeitnehmer abzuführen, es arbeiten aber nur sehr wenige Menschen in formellen Arbeitnehmerverhältnissen. Über 80% der Berufstätigen sind selbstständig oder im informellen Sektor tätig (AA 3.2016).

Der Index 2015 der Heritage Foundation über die ökonomische Freiheit im Land bescheinigt dem Tschad eine leichte Positiventwicklung gegenüber dem Vorjahr. Der Außenhandel ist seit Beginn der Förderung vom Ölsektor abhängig. Im Jahr 2012 führte der Tschad Waren im Gesamtwert von ca. 2 Mrd. US Dollar aus (GIZ 4.2016b).

Quellen:

-AA - Auswärtiges Amt (3.2016b): Tschad - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_16562DB9D4EF610B26D4EC6E607BCF61/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tschad/Wirtschaft_node.html, Zugriff 20.4.2016

-GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (4.2016b): Tschad - Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/tschad/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 27.4.2016

Zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus:

COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. Im Tschad gibt es mit Stand 17.04.2020 27 bestätigte Infektionen. Im Vergleich gibt es in Österreich derzeit (Stand 17.04.2020) 14.527 bestätigte Infektionen.

Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten) auf.

Quellen:

https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus.html[02.04.2020]; https://www.ages.at/themen/krankheitserreger/coronavirus/[23.03.2020]; https://orf.at/corona/stories/3157170/[23.03.2020];

https://orf.at/corona/stories/3157533/ [23.03.2020];

https://www.tagesschau.de/ausland/coronavirus-karte-101.html [17.04.2020]).

Eine in den Tschad zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Tschad.

Der Beschwerdeführer bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, seiner Herkunft, seiner Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde (Protokoll vom 13.01.2010). Er gab auch zu, in Italien falsche Angaben zu seiner Person gemacht zu haben, weil er dort ohnehin nicht habe bleiben wollen und ergeben sich daraus und den eingeholten Informationen über das Büro von UNHCR in Tripolis die im Spruch angeführten Aliasidentitäten. Daraus ergibt sich, dass er sich in Libyen als "Asylsuchender" registrieren ließ. Durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens konnte das Geburtsdatum des Beschwerdeführers eingegrenzt werden und wurde dies mit XXXX, wie vom Beschwerdeführer auch angegeben, festgelegt. Auch diese Feststellung blieb unbestritten und steht somit die Volljährigkeit des Beschwerdeführers fest. Die belangte Behörde hat diese Feststellungen korrekt und nachvollziehbar gewürdigt. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufgekommen. Dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine maßgeblichen persönlichen und familiären Beziehungen verfügt, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers anlässlich seiner Einvernahme durch die belangte Behörde (Protokoll vom 13.01.2010) sowie aus dem Umstand seines erst kurzen Aufenthalts in Österreich.

Der Beschwerdeführer brachte zum Beweis einer Integration keinerlei Unterlagen vor und behauptete auch keine integrativen Schritte in irgendeiner Hinsicht, sodass diesbezüglich keine für den Beschwerdeführer sprechenden Feststellungen getroffen werden konnten.

Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest. Das Geburtsdatum als Verfahrensidentität ergibt sich wie angegeben aus dem Sachverständigengutachten zur Altersfeststellung vom 05.11.2019 (AS 45ff).

Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 23.03.2020.

Die Feststellungen zu seinem gegenwärtigen Wohnsitz und seinem Bezug der Grundversorgung ergeben sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden, am 23.03.2020 abgefragten Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem.

2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Wenn der Beschwerdeführer als Fluchtgrund eine Bedrohung durch die verfeindete Volksgruppe bzw. eine Verfolgung durch die Regierung geltend macht, so ist auszuführen, dass er keine gegen ihn persönlich gerichtete Verfolgungshandlung konkretisiert vorgebracht hat.

In der Erstbefragung gab er an, dass es im Allgemeinen zu Entführungen von Angehörigen seiner Volksgruppe komme und deshalb auch er Angst habe, ein Opfer zu werden. Vor der belangten Behörde ging er befragt nach seinen Problemen aufgrund der Volksgruppenzugehörigkeit nicht weiter darauf ein, sondern führte wiederum allgemein aus: "Die Regierung mag die Gouran nicht. Sie betrachten die Gouran als Feinde" (AS 137). Ein persönliches Problem verneinte er. Er negierte auch die Frage nach einer individuellen Verfolgung durch die Regierung und steigerte sein bisheriges Vorbringen, indem er im Laufe der Einvernahme auch eine mögliche Bedrohung wegen Beitritts zur Opposition ins Spiel brachte.

Diesem Vorbringen muss, abgesehen davon, dass es keine ihn persönlich betreffende Verfolgungshandlung beinhaltet, auch die Glaubhaftigkeit abgesprochen werden: Der Beschwerdeführer gab zunächst an, seine Heimatstadt wegen der Volksgruppenrivalitäten verlassen zu haben und nur durch Zufall an der libyschen Grenze auf Oppositionskämpfer gestoßen zu sein (AS 137), schließlich beantwortete er die anschließende Frage, warum er Abéché verlassen habe: "Um die Opposition aufzusuchen." (AS 138) und stellte eine politische Aktivität nunmehr als vorrangigen Fluchtgrund dar. An der Grenze will der Beschwerdeführer außerdem eine viermonatige Ausbildung zum Soldaten der Opposition erhalten haben. Aufgrund der sehr vagen und detailarmen Angaben konnte dieses Vorbringen ebenso nicht als glaubhaft erachtet werden. Außer, dass er körperliches Training erhalten habe und instruiert worden sei, wie man eine Waffe in der Hand hält (AS 136f), konnte er keine Angaben zu einer über mehrere Monate angelegte Ausbildung machen und konnte er nicht nachvollziehbar darlegen, inwiefern er dadurch bei einer Rückkehr Probleme haben sollte.

Es ist für das Bundesverwaltungsgericht schlüssig nachvollziehbar, dass die belangte Behörde dieses Fluchtvorbringen als vage und oberflächlich und daher unglaubwürdig einstuft, der Verfolgung aufgrund der Volksgruppenzugehörigkeit mangels persönlicher Bedrohung und den wirtschaftlichen Motiven keine Asylrelevanz zubilligt. Dieser Beurteilung tritt auch die Beschwerde in keiner Weise entgegen, sodass für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund besteht, an der Würdigung der belangten Behörde zu zweifeln.

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen gesunden und arbeitsfähigen jungen Mann, dessen Familie, zu der er auch Kontakt hält, weiterhin im Tschad lebt. Es wird nicht verkannt, dass etwa 80% der Bevölkerung im Tschad unter der Armutsgrenze leben. Allerdings wird es für den Beschwerdeführer möglich sein, zu seiner Familie zurückzukehren, die auch bis zu seiner Ausreise für seine Versorgung aufkommen konnte, und für die erste Zeit dort Unterstützung erhalten können.

In seiner Beschwerde hält der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe bloß aufrecht, wieder ohne eine konkrete, ihn als Einzelperson individuell betreffende Bedrohung darzulegen. Damit ist die Beurteilung der Fluchtgründe und die diesbezügliche Beweiswürdigung durch die belangte Behörde nicht zu beanstanden, sodass sich das Bundesverwaltungsgericht dieser anschließt.

Da der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde dem bekämpften Bescheid nicht substantiiert entgegen trat und sich seine Beschwerdebegründung darin erschöpfte, seine Fluchtgründe nach wie vor aufrecht zu halten und sie in seiner Beschwerde geltend zu machen, ergeben sich auch keine Zweifel am Zutreffen der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen und ihrer Beweiswürdigung.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Tschad vom 23.05.2016 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Es ist dem Beschwerdevorbringen beizupflichten, wenn es ausführt, dass die Quellenangaben aus den Jahren 2016 und früher stammen. Allerdings handelt es sich nach Gesamtaktualisierung am 23.05.2016 trotzdem um die neueste Version des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation und sind auch die vom Beschwerdeführer zitierten Berichte gleichen oder nur geringfügig jüngeren Datums. Das Beschwerdevorbringen hinsichtlich der Lage im Herkunftsstaat beschäftigt sich vorrangig mit Rivalitäten zwischen der Volksgruppe des Beschwerdeführers und jener der Zaghawa und steht das Vorbringen dem Pkt. "Ethnische Minderheiten" des LIB diesbezüglich nicht entgegen. Die weiteren zitierten Berichte befassen sich mit der Versorgungs- und Menschenrechtslage und ist auch in diesen keine abweichende Beurteilung als jene in den Punkten "Grundversorgung/Wirtschaft" und "Allgemeine Menschenrechtslage" des LIB zu erkennen.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland daher auch durch einzelne, neuere Berichte nicht entgegen.

Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Rechtslage

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der in Art 1 Absch A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 06.10.1999, 99/01/0279).

Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinaus geht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Wie in der Beweiswürdigung unter Punkt 2.3. bereits ausführlich dargestellt, liegt der Ausreisegrund des Beschwerdeführers in Befürchtungen vor Verfolgung durch die verfeindete Volksgruppe bzw. die Regierung. Gegen den Beschwerdeführer selbst liegt aber keine konkrete Verfolgungshandlung vor, diese stellte er nur hypothetisch in den Raum und leitet er eine solche aus der allgemeinen Situation der Volksgruppe der Goran, der laut LIB ca. 6,3 % der Bevölkerung des Tschads angehören ab. Im Übrigen konnte dem Vorbringen kein Glauben geschenkt werden und erreichen die wirtschaftlichen Gründe keine Asylrelevanz. Er machte sohin keine wohlbegründete individuelle Furcht aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden geltend. Er hat somit keine asylrelevanten Verfolgungsgründe vorgebracht.

Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 3 Abs 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1. Rechtslage

Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 15.12.2010, 2006/19/1354; 31.05.2005, 2005/20/0095, 31.03.2005, 2002/20/0582).

Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solcher exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).

3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Dem Beschwerdeführer droht im Tschad - wie oben bereits dargelegt wurde - keine asylrelevante Verfolgung.

Auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Tschad die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund und somit arbeitsfähig. Er hat zumindest eine Zeit lang eine Schule besucht und spricht neben der Sprache seiner Volksgruppe auch die Landessprache Arabisch. Wie sich aus dem Länderinformationsblatt ergibt, arbeiten 70% der Bevölkerung in der Landwirtschaft. Dass jedoch eine Beschäftigung möglich ist, gab der Beschwerdeführer selbst an. Sein Vater arbeitet als Bauarbeiter, die Mutter handelt mit Süßwaren. Aufgrund des jungen Alters und des Gesundheitszustandes wird es auch dem Beschwerdeführer möglich sein, sich durch Annahme einer Tätigkeit eine, wenn auch bescheidene Existenz zu sichern. Zudem kann er auf das Netz der Familie zurückgreifen, die sich nach wie vor in Abéché aufhält und bei der er bis zur Ausreise gelebt hat. Er steht auch in ständigem Kontakt mit seinen Angehörigen.

Damit ist der Beschwerdeführer durch die Abschiebung in den Tschad nicht in seinem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation im Tschad besser gestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde im Tschad keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Ganz allgemein besteht im Tschad derzeit keine solche Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPEMRK) ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem amtliches Wissen darstellenden Länderinformationsblatt, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw der Todesstrafe besteht.

Der BF kann auch durch die Inanspruchnahme von Rückkehrhilfe zumindest übergangsweise das Auslangen finden, weshalb auch nicht zu befürchten ist, dass er bereits unmittelbar nach seiner Rückkehr und noch bevor er in der Lage wäre, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen, in eine existenzbedrohende bzw. wirtschaftlich ausweglose Lage geraten könnte.

Schließlich ist im Hinblick auf die derzeit bestehende Pandemie aufgrund des Corona-Virus festzuhalten, dass der BF aktuell 18 Jahre alt ist und an keinen schwerwiegenden Erkrankungen leidet, womit er nicht unter die Risikogruppe der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen fällt. Ein bei einer Überstellung des BF in den Tschad vorliegendes "real risk" einer Verletzung des Art. 3 EMRK ist somit auch hierzu nicht zu erkennen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 abzuweisen war.

3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides)

3.3.1. Rechtslage

Gemäß § 58 Abs 1 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG 2005). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG 2005 von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs 1 Z 1 oder Z 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs 1 Z 3 AsylG 2005. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 war daher nicht zu erteilen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 57 AsylG 2005, abzuweisen war.

3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

3.4.1. Rechtslage

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG 2005) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

3.4.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall

Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) war nicht zu erteilen und ist zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:

Das vorliegende Asylverfahren erreichte, gerechnet von der Antragstellung am 03.10.2019 bis zum Datum der heutigen Entscheidung zwar eine nur sehr kurze Dauer von einem halben Jahr. Der seit der Antragstellung andauernde Aufenthalt des Beschwerdeführers beruhte dessen ungeachtet auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage, weshalb dieser während der gesamten Dauer des Aufenthaltes in Österreich nicht darauf vertrauen durfte, dass er sich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann.

Das Gewicht seiner privaten Interessen wird daher dadurch gemindert, dass sie in einem Zeitpunkt entstanden, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war (vgl VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721; 30.04.2009, 2009/21/0086; VfSlg. 18.382/2008 mHa EGMR 24.11.1998, 40.447/98, Mitchell; EGMR 11.04.2006, 61.292/00, Useinov). Der Beschwerdeführer führt - wie die belangte Behörde zu Recht ausführt - nach eigenen Angaben keine Lebensgemeinschaft oder eine "familienähnliche" Beziehung in Österreich. Es fehlen alle Sachverhaltselemente, aus denen sich die Existenz - unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens relevanter - integrativer Verfestigungen (wie etwa Teilnahme am Erwerbsleben und am sozialen Leben in Österreich, Selbsterhaltungsfähigkeit, Erwerb von nachweisbaren Sprachkenntnissen) allenfalls hätten ergeben können. Gleichzeitig hat der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und knapp den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, sprachliche und kulturelle Verbindungen und auch familiäre Anknüpfungspunkte. Im Übrigen ist festzuhalten, dass ein Aufenthalt in Österreich ohnehin nicht im vorrangigen Interesse des Beschwerdeführers gelegen ist, nachdem er angab, dass sein Zielland eigentlich Frankreich gewesen sei (AS 139) und er an der Grenze nach Deutschland zurückgewiesen wurde.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich (bzw Europa) stehen öffentliche Interessen daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art 8 Abs 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt (vgl zB VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086), schwerer als die schwach ausgebildeten privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich.

Ebenso wenig vermag die strafgerichtliche Unbescholtenheit seine persönlichen Interessen entscheidend zu stärken (VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029).

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden, weshalb auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 nicht in Betracht kommt.

Die sonstigen Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 und § 52 Abs 2 Z 2 FPG sind erfüllt. Sie ist auch sonst nicht (zB vorübergehend nach Art 8 EMRK, vgl § 9 Abs 3 BFA-VG und VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146) unzulässig. Der Beschwerdeführer verfügt auch über kein sonstiges Aufenthaltsrecht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs 2 Z 2 FPG abzuweisen war.

3.5. Zum Ausspruch, dass die Abschiebung in den Tschad zulässig ist (Spruchpunkt V.):

3.5.1. Rechtslage

Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

3.5.2. Anwendung der Rechtslage auf den vorliegenden Fall

Im vorliegenden Fall liegen keine Gründe vor, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig wäre.

Ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs 1 AsylG 2005 (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ist ausgeschlossen. Damit ist es unmöglich, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl dazu etwa VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 und auch die Beschlüsse VwGH 19.02.2015, Ra 2015/21/0005 und 30.06.2015, Ra 2015/21/0059 - 0062).

Die Abschiebung ist auch nicht unzulässig im Sinne des § 50 Abs 2 FPG, da dem Beschwerdeführer keine Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Weiters steht keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte der Abschiebung entgegen.

Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung in den Tschad erfolgte daher zu Recht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 52 Abs 9 FPG abzuweisen war.

3.6. Zur Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):

Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Derartige "besondere Umstände" wurden vom Beschwerdeführer nicht dargetan und sind auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht hervorgekommen.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs 7 BFA-VG 2014 erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn - wie im vorliegenden Fall - deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist - aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Bundesverwaltungsgericht weniger als zwei Monate liegen - die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Das Beschwerdevorbringen begnügt sich mit der Aufrechthaltung des Fluchtvorbringens und rügt veraltete Länderfeststellungen, ohne konkret darzutun, inwiefern aktuellere den getroffenen Länderfeststellungen entgegenstehen. Es ist somit unsubstantiiert. Es lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und waren auch keine Beweise aufzunehmen.

Das Bundesverwaltungsgericht musste sich auch keinen persönlicher Eindruck vom Beschwerdeführer im vorliegenden Fall trotz des Vorliegens einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verschaffen, da selbst unter Berücksichtigung aller zugunsten des Beschwerdeführers sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Bundesverwaltungsgericht von ihm einen persönlichen Eindruck verschafft, weshalb eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233; 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 bis 0423, Ra 2017/19/0424).

Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung zur Glaubhaftmachung von Fluchtgründen und der Notwendigkeit einer individuellen Bedrohung, noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Abschiebung Asylantragstellung asylrechtlich relevante Verfolgung Asylverfahren Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel begründete Furcht vor Verfolgung berücksichtigungswürdige Gründe Fluchtgründe freiwillige Ausreise Frist Glaubhaftmachung Glaubwürdigkeit Interessenabwägung öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen real risk reale Gefahr Rückkehrentscheidung subsidiärer Schutz Verfolgungsgefahr Verfolgungshandlung wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I412.2229793.1.00

Im RIS seit

14.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

14.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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