Entscheidungsdatum
11.05.2020Norm
ASVG §113 Abs1Spruch
W198 2229683-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Karl SATTLER als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch GISSAUER HÖCHTL & WIMMER Steuerberatung GmbH, gegen den Bescheid der Österreichische Gesundheitskasse vom 04.02.2020, GZ: XXXX , in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 05.03.2020, GZ: XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) idgF als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Österreichische Gesundheitskasse (im Folgenden: ÖGK) hat mit Bescheid vom 04.02.2020, GZ: XXXX , XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin) gemäß § 410 Abs. 1 Z 5 nach § 113 Abs. 1 iVm Abs. 2 ASVG einen Beitragszuschlag in der Höhe von ? 1.000,00 vorgeschrieben. Im Rahmen der am 18.11.2019 erfolgten Betretung durch die Finanzpolizei Team 26/für das Finanzamt Lilienfeld-St. Pölten in XXXX , sei festgestellt worden, dass die Anmeldung zur Pflichtversicherung als Dienstnehmer für XXXX , VSNR XXXX , nicht vor Arbeitsantritt erstattet worden sei.
2. Gegen diesen Bescheid vom 04.02.2020 hat die Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 15.02.2020 fristgerecht Beschwerde erhoben. Darin wurde ausgeführt, dass im Strafantrag an die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten die Finanzpolizei Herrn XXXX , den Sohn der Beschwerdeführerin, als Dienstgeber angegeben habe. Die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten habe das Verwaltungsstrafverfahren mit Bescheid vom 05.02.2020 eingestellt, da sie davon ausgegangen sei, dass kein versicherungspflichtiges Dienstverhältnis vorgelegen sei, sondern von einem Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienst auszugehen sei. Weiters wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin zwar Eigentümerin der Liegenschaft in XXXX sei. Sie habe diese aber ihrem Sohn XXXX unentgeltlich zu Wohnzwecken für ihn und seine Familie zur Verfügung gestellt. Die Beschwerdeführerin werde ihrem Sohn die Liegenschaft demnächst unentgeltlich übertragen, weshalb die von XXXX getätigten Renovierungsarbeiten den Wert der Liegenschaft zugunsten der Beschwerdeführerin nicht erhöhen. Der wertvollere Teil der Liegenschaft sei der Grund und Boden, welche aber durch die Renovierungsarbeiten keine Wertsteigerung erfahren habe. Der Beschwerdeführerin sei nicht bekannt gewesen, in welcher Art und Weise ihr Sohn die Renovierungsarbeiten durchführen werde. Keinesfalls könne die Tatsache grundbücherlichen Eigentums generell zu dem Schluss führen, dass bei Arbeiten an der Liegenschaft der grundbücherliche Eigentümer Dienstgeber sei. Da die Beschwerdeführerin keinen Kontakt zu XXXX habe und ihr auch nicht zugemutet werden könne, ihre Liegenschaft täglich zu kontrollieren, werde die Aufhebung des Bescheides beantragt. In eventu werde beantragt, dass der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfällt und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz auf ? 300,00 herabgesetzt werde.
3. Mit Bescheid vom 05.03.2020, Zl. XXXX , hat die belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG erlassen, im Zuge derer die Beschwerde als unbegründet abgewiesen wurde. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass XXXX bei Maurerarbeiten auf der Liegenschaft der Beschwerdeführerin angetroffen worden sei, ohne zur Sozialversicherung angemeldet gewesen zu sein.
4. Die Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin stellte mit Schriftsatz vom 09.03.2020 fristgerecht einen Vorlageantrag.
5. Die Beschwerdesache wurde mit Schreiben der ÖGK vom 17.03.2020 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Am 18.11.2019 um 10:10 Uhr wurde durch die Finanzpolizei Team 26/für das Finanzamt Lilienfeld-St. Pölten in XXXX eine Kontrolle durchgeführt. Im Zuge dieser Kontrolle wurde XXXX , VSNR XXXX , bei Maurer- und Fassadenarbeiten (Abkleben der Fenster) arbeitend angetroffen, ohne dass diese Person zur Sozialversicherung angemeldet war.
Seit 31.10.2019 und - jedenfalls - im Betretungszeitpunkt bezog XXXX Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.
Die Liegenschaft in XXXX steht im alleinigen Eigentum der Beschwerdeführerin.
XXXX arbeitete zum Zeitpunkt der Kontrolle bereits seit ca. drei bis vier Wochen auf der Baustelle an der Adresse XXXX . Im Oktober arbeite er ausschließlich abends, im November, je nach Arbeitsanfall, auch tagsüber. Am Tag der Betretung hat er um halb neun mit der Arbeit begonnen.
Das Arbeitsmaterial wurde XXXX vom Sohn und der Schwiegertochter der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellt. Werkzeug hat XXXX selbst mitgebracht. Eine Entlohnung wurde nicht vereinbart.
XXXX war in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit für die Beschwerdeführerin tätig.
2. Beweiswürdigung:
Es ist unstrittig, dass XXXX bei einer Kontrolle durch die Finanzpolizei Team26/für das Finanzamt Lilienfeld-St. Pölten auf der Liegenschaft der Beschwerdeführerin bei Maurer- und Fassadenarbeiten arbeitend angetroffen wurde und zu diesem Zeitpunkt nicht zur Sozialversicherung angemeldet war.
Dass XXXX seit 31.10.2019 und - jedenfalls - im Betretungszeitpunkt Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezog, ergibt sich aus dem mit dem im vorgelegten Verwaltungsakt beigefügten Versicherungsdatenauszug (Anhang 6 des Verwaltungsaktes).
Die Feststellung, wonach die Liegenschaft in XXXX im alleinigen Eigentum der Beschwerdeführerin steht, ergibt sich aus dem Grundbuchsauszug vom 16.12.2019, EZ 1192.
Die oben getroffenen Feststellungen hinsichtlich der näheren Umstände der Tätigkeit des XXXX ergeben sich aus den von XXXX getätigten Angaben.
Zu dem Umstand, dass eine Bezahlung eines Entgelts an den Betretenen nicht vereinbart wurde, ist auszuführen, dass im Bereich der Sozialversicherung das Anspruchslohnprinzip Anwendung findet. Demnach ist eine Person schon dann gegen Entgelt beschäftigt, wenn sie aus dem Dienstverhältnis einen Entgeltanspruch hat, gleichgültig ob ihr das Entgelt tatsächlich ausbezahlt wurde oder nicht.
Die Unentgeltlichkeit einer Verwendung bzw. ein Gefälligkeitsdienst ist nicht schon bei bloßem Fehlen einer Entgeltvereinbarung zu vermuten. Die Unentgeltlichkeit muss vielmehr - wenigstens den Umständen nach konkludent - vereinbart worden sein und einer Prüfung auf ihre sachliche Rechtfertigung standhalten. Eine derartige sachliche Rechtfertigung könnte in persönlichen Beziehungen, in bestimmten wirtschaftlichen Interessen, aber auch in einer idealistischen Einstellung begründet sein. Als Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienste sind insbesondere kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste anzusehen, die vom Leistenden auf Grund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsempfänger erbracht werden. Es ist Sache der Partei, hiezu entsprechende konkrete Behauptungen aufzustellen und Beweise anzubieten (VwGH 04.09.2013, 2011/08/0318 mit Verweis auf VwGH vom 19. Dezember 2012, Zl. 2012/08/0165, sowie vom 14. März 2013, Zl. 2010/08/0229).
Im gegenständlichen Fall kann von einem unentgeltlichen Freundschaftsdienst nicht ausgegangen werden, weil dieser einer sachlichen Rechtfertigung nicht standhält. Es liegt kein Verwandtschaftsverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und dem Betretenen vor. XXXX führte aus, dass er und der Sohn der Beschwerdeführerin einander vom Fußball kennen würden. Er helfe dem Sohn der Beschwerdeführerin unentgeltlich beim Umbau und bekomme für seine Tätigkeit kein Geld. Zunächst ist beweiswürdigend festzuhalten, dass es nicht plausibel, weil nicht lebensnah, erscheint, dass XXXX drei bis vier Wochen lang mehrmals pro Woche unentgeltlich Maurer- und Fassadenarbeiten durchführt. Lebensnäher scheint vielmehr, dass XXXX seine beschäftigungslose Zeit dazu nutzte, sich durch ebensolche Tätigkeiten, wie die beschwerdegegenständlichen, seinen Arbeitslosengeldbezug aufzubessern.
Weiters ist festzuhalten, dass zwischen der Beschwerdeführerin und dem Betretenen kein derartiges Naheverhältnis vorliegt, das die Unentgeltlichkeit sachlich rechtfertigen würden. Es ist der Beschwerdeführerin nicht gelungen, entsprechende konkrete Behauptungen aufzustellen und Beweise anzubieten, die die Annahme eines unentgeltlichen Freundschaftsdienstes rechtfertigen würden.
Das Vorliegen eines Gefälligkeitsdienstes kann daher nicht angenommen werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Nach § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat - vorliegend sohin die ÖGK.
§ 414 Abs. 1 ASVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide eines Versicherungsträgers.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind. Da über eine Sache nach § 410 Abs. 1 Z 5 entschieden wird, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache somit die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Absehen von einer Beschwerdeverhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages, der gegenständlich nicht vorliegt, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden, sodass dies zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides ausreichte. In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH 31.07.2007, Zl. 2005/05/0080). Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 ASVG von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 ASVG nur eine Teilversicherung begründet.
Gemäß § 4 Abs. 2 1. Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.
Gemäß § 35 Abs. 1 1. Satz ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne des ASVG unter anderem derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist.
Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.
Gemäß § 113 Absatz 1 ASVG können unter anderem Dienstgebern Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn
1. die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde oder
2. die vollständige Anmeldung zur Pflichtversicherung nach § 33 Abs. 1a Z 2 nicht oder verspätet erstattet wurde oder
3. das Entgelt nicht oder verspätet gemeldet wurde oder
4. ein zu niedriges Entgelt gemeldet wurde.
Der Beitragszuschlag setzt sich gemäß § 113 Abs. 2 ASVG im Fall des Abs. 1 Z 1 nach einer unmittelbaren Betretung im Sinne des § 111a [Abgabenbehörden des Bundes, deren Prüforgane Personen betreten haben] aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf ? 500,00 je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf ? 800,00. Bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen kann der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf ? 400,00 herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.
Im Beschwerdeverfahren betreffend die Vorschreibung eines Beitragszuschlags gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG ist als Vorfrage ist zu klären, ob eine gemäß § 33 ASVG meldepflichtige Beschäftigung des Betretenen vorlag und die Beschwerdeführerin als Dienstgeberin daher verpflichtet gewesen wäre, diese Person vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden.
Ob bei der Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese und während dieser Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung (z.B. aufgrund eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages) - nur beschränkt ist (VwGH 19.02.2014, 2013/08/0267; vgl. verstärkter Senat 10.12.1986, 83/08/0200).
Im gegenständlichen Fall ist hinsichtlich der Feststellung der Umstände der Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen. Nach dieser gilt, dass die Behörde berechtigt ist, von einem Dienstverhältnis auszugehen, wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. VwGH 21.04.2004, Zl. 2003/08/0182; VwGH 08.08.2008, Zl. 2008/09/0119). Spricht also die Vermutung für ein Dienstverhältnis, dann muss die Partei ein ausreichend substantiiertes Vorbringen erstatten, aus dem man anderes ableiten könnte. (vgl. auch VwGH 26.05.2014, Zl. 2013/08/0165) Weiters kann bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfsarbeiten, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben, bei Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG ohne weitere Untersuchungen vorausgesetzt werden (vgl. VwGH 20.09.2006, Zl. 2003/08/0274).
Verfahrensgegenständlich steht - den oben getroffenen Feststellungen folgend - fest, dass der Betretene im Zuge einer Kontrolle durch die Finanzbehörde bei der Ausführung von Maurer- und Fassadenarbeiten für die Beschwerdeführerin als Dienstgeberin angetroffen wurde und zu diesem Zeitpunkt nicht bei der Sozialversicherung angemeldet war. Bei diesen Arbeiten handelt es sich um solche einfachen manuellen Tätigkeiten, bei denen nach der Lebenserfahrung kein ins Gewicht fallender Gestaltungspielraum des Dienstnehmers vorhanden ist und die nach der Lebenserfahrung üblicherweise im Rahmen eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG erbracht werden. Demnach war ohne weiteres vom Vorliegen einer Tätigkeit in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit auszugehen.
Die wirtschaftliche Abhängigkeit, die nach der Rechtsprechung ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel findet, ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit (vgl. VwGH 02.12. 2013, 2013/08/0191; 21.02.2001, 96/08/0028).
Soweit die Beschwerdeführerin bestreitet, Dienstgeberin des Betretenen gewesen zu sein, ist ihr entgegenzuhalten, dass als Dienstgeber im Sinne des ASVG gemäß § 35 Abs. 1 ASVG derjenige gilt, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter anstelle des Entgeltes verweist.
Bei der Frage, auf wessen Rechnung und Gefahr ein Betrieb geführt wird, kommt es darauf an, ob jene Person, deren Dienstnehmereigenschaft beurteilt werden muss, aus der Betriebsführung im Außenverhältnis (also im Verhältnis zu Dritten) berechtigt und verpflichtet wird. Wer aus der Betriebsführung berechtigt und verpflichtet wird, ist eine Rechtsfrage, die letztlich nur aufgrund rechtlicher Gegebenheiten beantwortet werden kann. Das Eigentum am Betrieb ist eine solche rechtliche Gegebenheit.
Schon aus dem Wortlaut des § 35 Abs. 1 ASVG ergibt sich, dass sich an der Dienstgebereigenschaft der Person, die das Risiko des Betriebs im Gesamten unmittelbar trifft, nichts ändert, wenn sie den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn anstelle des Entgelts ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter verweist. Nicht nur bei der direkten, sondern auch bei der indirekten Stellvertretung ist der Vertretene und nicht der Vertreter Dienstgeber (stRsp., zuletzt etwa VwGH 2008/08/0165). Es schadet auch nicht, wenn ein (mit Wissen und Willen des Dienstgebers den Betrieb führender) Dritter bei einzelnen betrieblichen Geschäften, so auch bei der Indienstnahme und Beschäftigung einer Person im Betrieb und für den Betrieb, einschließlich Weisungserteilung und tatsächlicher Entgeltzahlung als "Mittelsperson", nach außen hin im eigenen Namen auftritt, selbst wenn die Indienstnahme ohne Wissen oder gar gegen den Willen des Dienstgebers erfolgt ist (vgl. aus der stRsp etwa VwGH 90/08/0222, VwSlg 13.551 A = ZfVB 1993/162 = ÖJZ VwGH A 1992/215). Dabei genügt (neben der Risikotragung für den Betrieb) die rechtliche Möglichkeit der Einflussnahme (durch Weisung, Kontrolle, usw.) auf die tatsächliche Betriebsführung. Ob und inwiefern der Dienstgeber diese rechtliche Möglichkeit auch tatsächlich wahrnimmt, ist unmaßgeblich. Andernfalls könnte derjenige, auf dessen Rechnung im genannten Sinn ein Betrieb geführt wird, dadurch, dass er sich aus welchen Gründen immer um die faktische Betriebsführung nicht kümmert, seine Dienstgebereigenschaft in Bezug auf eine in seinem Betrieb im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG beschäftigte Person ausschließen, obwohl ihm die echte unternehmerische Nutznießung zukommt, die für den weiten Dienstgeberbegriff des § 35 ASVG bestimmend ist (vgl. das schon zitierte Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986 unter Bezug unter anderem auf das Erkenntnis vom 14. Oktober 1970, Slg. Nr. 7879/A).
Wenn der Dienstgeber verhindern will, dass Beschäftigungsverhältnisse durch die Aufnahme einer Beschäftigung in seinem Betrieb ohne seine Zustimmung bzw. ohne die erforderliche Anmeldung zur Sozialversicherung begonnen werden, muss er ein wirksames Kontrollsystem einrichten bzw. entsprechende Weisungen erteilen und deren Befolgung sicherstellen. Für die mangelnde Effektivität seines Kontrollsystems hat der Dienstgeber unabhängig von seinem Verschulden einzustehen (VwGH 03.12.2013, 2012/08/0026). Die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems, wurde nicht einmal ansatzweis behauptet.
Die Beschwerdeführerin war zum Zeitpunkt der Kontrolle Eigentümerin der Liegenschaft in XXXX und die Arbeiten kamen somit der Beschwerdeführerin als Eigentümerin zugute. Das Beschwerdevorbringen, wonach der Beschwerdeführerin nicht bekannt gewesen sei, in welcher Art und Weise ihr Sohn Renovierungsarbeiten durchführen habe lassen, vermag zu keiner anderen Beurteilung führen, zumal es unerheblich ist, ob die Indienstnahme des Betretenen durch die Beschwerdeführerin selbst oder durch ihren Sohn erfolgte.
Damit ist die Beschwerdeführerin als Dienstgeberin des Betretenen anzusehen. In einer Gesamtschau ist daher im gegenständlichen Fall vom Vorliegen eines sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnisses iSd § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG des Betretenen zur Beschwerdeführerin auszugehen.
Nach dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen sowie der Materialien (EBRV BlgNR 23. GP 77) ist Zweck der Beitragszuschläge, den wegen der Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwand in der Verwaltung ("Bearbeitungskosten") auszugleichen, sohin einen Kostenbeitrag demjenigen vorzuschreiben, der diese Kosten auch verursacht hat ("Verursacherprinzip") und damit als Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung zu werten (vgl. VwGH 07.08.2002, 99/08/0074).
Die belangte Behörde hat daher den Beitragszuschlag zu Recht vorgeschrieben. Die Beschwerdeführerin als Dienstgeberin hat es unterlassen, den betretenen Dienstnehmer vor Arbeitsantritt zur Sozialversicherung anzumelden. Sie hat daher gegen die ihr obliegenden sozialversicherungsrechtlichen Meldepflichten verstoßen und den Tatbestand des § 113 Abs. 1 Z 1 ASVG erfüllt. Somit ist der vorgeschriebene Beitragszuschlag dem Grunde nach berechtigt.
Gemäß § 113 Abs. 2 ASVG kann bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf 400,00 ? herabgesetzt werden.
Unbedeutende Folgen im Sinne des § 113 Abs. 2 Satz 3 ASVG liegen nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vor, wenn diese Folgen hinter dem typischen Bild eines Meldeverstoßes bleiben. So etwa dann, wenn die Anmeldung zur Sozialversicherung verspätet erfolgte, im Zeitpunkt der Durchführung der Kontrolle aber bereits vollzogen gewesen ist - also entgegen dem typischen Regelfall feststeht, dass Schwarzarbeit nicht intendiert war (VwGH vom 10.04.2013, 2013/08/0041, VwGH vom 18.11.2009, 2008/08/0246).
Im vorliegenden Fall war die Anmeldung zur Sozialversicherung des Dienstnehmers zum Zeitpunkt der Kontrolle noch nicht nachgeholt worden. Es liegt somit im Einklang mit der zuvor genannten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes das typische Bild eines Meldeverstoßes vor und dauerte im Zeitpunkt der Kontrolle noch an. Von unbedeutenden Folgen iSd § 113 Abs. 2 ASVG, welche eine Herabsetzung des Beitragszuschlages rechtfertigen würden, kann im gegenständlichen Fall nicht gesprochen werden.
Somit ist der vorgeschriebene Beitragszuschlag auch der Höhe nach berechtigt.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Beitragszuschlag Dienstgebereigenschaft Dienstverhältnis Meldeverstoß SozialversicherungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W198.2229683.1.00Im RIS seit
14.08.2020Zuletzt aktualisiert am
14.08.2020