TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/18 W167 2172302-1

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Veröffentlicht am 18.05.2020
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Entscheidungsdatum

18.05.2020

Norm

ASVG §113 Abs4
ASVG §34
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W167 2172302-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daria MACA-DAASE als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX gegen den Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) in der Fassung der Beschwerdevorentscheidungen vom XXXX , wegen Vorschreibung eines Beitragszuschlags wegen nicht fristgerechter Vorlage von Abrechnungsunterlagen zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom XXXX schrieb die belangte Behörde der Beschwerdeführerin als Dienstgeberin Beitragszuschläge wegen nicht fristgerechter Vorlage von Abrechnungsunterlagen einen Beitragszuschlag in der Höhe von EUR 160,-- vor.

2. In der Beschwerde machte die Beschwerdeführerin geltend, sie sei eine Einrichtung der Erwachsenenbildung und verfolge Ziele gemäß § 2 Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 21.03.1973 über die Förderung der Erwachsenenbildung. Bis dato sei von der belangten Behörde kein ablehnender Bescheid zu ihrem Ansuchen um Gewährung des Status einer Erwachsenenbildungseinrichtung erlassen worden. Nachdem alle Voraussetzungen für dessen Gewährung erfüllt seien, sei von ihr rechtmäßig davon auszugehen gewesen, dass die Beschwerdeführerin als Erwachsenenbildungseinrichtung von der belangten Behörde geführt werde. Die Übermittlung der Beitragsnachweisungen sei demnach fristgerecht erfolgt, weshalb kein Beitragszuschlag vorzuschreiben sei.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung wurden die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beitragszuschlag vorgeschrieben wurde, da die Beitragsnachweisung nicht fristgerecht erfolgt sei. Bei der Beschwerdeführerin handle es sich um keine Erwachsenenbildungseinrichtung, was dieser mit Schreiben aus dem Jahr 2013 mitgeteilt worden sei und auch das BVwG habe in einer Entscheidung in einem gleich gelagerten Fall ( XXXX ) die Beschwerde abgewiesen und den Antrag der Beschwerdeführerin den Status einer Einrichtung der Erwachsenenbildungseinrichtung gemäß § 2 des BG 171/1973 durch Bescheid zuzuerkennen als unzulässig zurückgewiesen.

4. Die Beschwerdeführerin führte im Vorlageantrag zusammengefasst im Wesentlichen Folgendes aus: In einer genannten Entscheidung des BVwG aus dem Jahr 2015 seien näher genannte rechtswidrige Feststellungen getroffen worden: Zwei Schreiben des BMSG an den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger vom 30.09.2002, GZ 21.105/124-2/02, und 23.07.1999, GZ 21.105/91-2/99, seien rechtlich als Teil der Verordnung gemäß § 47 Absatz 1 ASVG anzusehen, es sei unverständlich, warum der rechtliche Inhalt dieser "Schreiben" nicht als Verordnung veröffentlicht wurde. Die Beschwerdevorentscheidung setze sich über das erstgenannte Schreiben und das Sitzungsergebnis vom 23.09.2002 mit den jeweiligen Sozialversicherungsträgern hinweg. Die Beschwerdeführerin machte weitere Ausführungen zur von der belangten Behörde zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sowie dazu, dass eine positive Zuerkennung als Erwachsenenbildungseinrichtung der Vorgesellschaft vorliege, weshalb das Erkenntnis des VwGH vom 04.06.2008, 2004/08/0012, nicht zutreffe und weshalb die Beschwerdeführer seit ihrer Gründung eine allgemein anerkannte Einrichtung der Erwachsenenbildung sei. Sie sei daher berechtigt, die Meldung der freien Dienstverträge im Sinne des Schreibens des BMSG vom 30.09.2002, GZ 21.105/124-2/02, mit den entsprechenden Erleichterungen (6 Monatsdurchrechnung etc) vorzunehmen. Die von der belangten Behörde vorgenommen Beitragszuschläge samt Nebengebühren seien daher zu stornieren.

5. Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin rechnete ihre Beiträge im beschwerdegegenständlichen Zeitraum nach dem Lohnsummenverfahren (§ 58 Abs. 4 ASVG) ab und übermittelte die Beitragsnachweisung für April 2017 am 10.07.2017.

Die Beschwerdeführerin hat innerhalb der 12 Monate davor mehrfach gegen die Meldebestimmungen verstoßen.

Die belangte Behörde schrieb einen Beitragszuschlag in der Höhe von EUR 160,-- vor.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich unbestritten aus dem Verwaltungsakt. Die Beschwerdeführerin argumentierte in der Beschwerde lediglich, dass es sich bei ihr um eine Erwachsenenbildungseinrichtung handele und daher andere Fristen gelten würden. Da keine diesbezüglichen Feststellungen zu treffen waren, geht schon aus diesem Grund der Antrag auf Beiziehung eines Ministeriumsvertreters ins Leere.

Eine mündliche Verhandlung konnte trotz Antrags der Beschwerdeführerin entfallen, da die Feststellungen unstrittig sind und eine reine Rechtsfragenbeurteilung vorliegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der zulässigen und rechtzeitigen Beschwerde

3.1. Maßgebliche Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG)

§ 34 ASVG (BGBl. Nr. 189/1955 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 132/2005)

§ 34 (2) Erfolgt die Abrechnung der Beiträge nach dem Lohnsummenverfahren (§ 58 Abs. 4), so hat der Dienstgeber nach Ablauf eines jedes Beitragszeitraumes mittels elektronischer Datenfernübertragung (§ 41 Abs. 1 und 4) die Gesamtsumme der in diesem Zeitraum gebührenden und darüber hinaus gezahlten Entgelte zu melden (Beitragsnachweisung). Die Frist für die Vorlage der Beitragsnachweisung endet mit dem 15. des Folgemonats. [...]

§ 113 (BGBl. Nr. 189/1955 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 31/2007)

Beitragszuschläge

§ 113 (4) Werden gesetzlich oder satzungsmäßig festgesetzte oder vereinbarte Fristen für die Vorlage von Versicherungs- oder Abrechnungsunterlagen nicht eingehalten, so kann ein Beitragszuschlag bis zum Zehnfachen der Höchstbeitragsgrundlage (§ 45 Abs. 1) vorgeschrieben werden.

Gemäß § 45 Abs. 1 2. Satz ASVG gilt der gemäß § 108 Abs. 1 und 3 ASVG festgestellte Betrag als Höchstbeitragsgrundlage.

3.2. Für den Beschwerdefall bedeutet das:

Die Beschwerdeführerin bestreitet weder ihre Dienstgebereigenschaft, noch die Verpflichtung zur bzw. den Zeitpunkt der Vorlage der Unterlagen.

3.2.1. Nach dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen sowie der Materialien (EBRV BlgNR. 23. GP 77) ist Zweck der Beitragszuschläge, den wegen der Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwand in der Verwaltung ("Bearbeitungskosten") auszugleichen, sohin einen Kostenbeitrag demjenigen vorzuschreiben, der diese Kosten verursacht hat ("Verursacherprinzip") und als damit ein Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung zu werten (VwGH 07.08.2002, 99/08/0074).

Der Dienstgeber ist verpflichtet dafür Sorge zu tragen, dass die Meldungen termingerecht einlangen (VwGH 20.11.2002, 2000/08/0047). Die Frage des subjektiven Verschuldens des Meldepflichtigen ist irrelevant. Entscheidend ist, dass objektiv ein Meldeverstoß verwirklicht wurde, gleichgültig aus welchen Gründen. (Feik in Mosler/Müller/Pfeil, der SV-KOM, Manz 2015, RZ 1-10 zu § 113 ASVG mit dort angegebenen Judikaturnachweisen).

Die Vorschreibung eines Beitragszuschlages nach § 113 Abs. 4 ASVG liegt sowohl dem Grunde nach (arg "kann") als auch der Höhe nach (bis zum Zehnfachen der Höchstbeitragsgrundlage) im Ermessen der Behörde (VwGH 30.05.2001, 96/08/0261; VwGH 17.10.2012, 2009/08/0232).

Die in § 113 Abs. 4 für den Fall einer verspäteten Vorlage von Versicherungs- oder Abrechnungsunterlagen (dies ist hier der Fall) normierte objektive Obergrenze beträgt somit das Zehnfache der täglichen Höchstbeitragsgrundlage.

Die tägliche Höchstbeitragsgrundlage betrug im Jahr 2017 EUR 166,-. Der maximal zulässige Beitragszuschlag beträgt in einem von § 113 Abs. 4 erfassten Fall somit EUR 1.660,-.

Das (unterhalb des genannten Betrages) auszuübende Ermessen hat einerseits auf den durch den Meldeverstoß verursachten Verwaltungsaufwand Bedacht zu nehmen. Andererseits ist auf die Art des Meldeverstoßes, auf das Ausmaß der Verspätung und letztlich auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners Bedacht zu nehmen. Entscheidungswesentlich ist auch, inwieweit der Beitragsschuldner bisher seinen Meldeverpflichtungen nachgekommen ist (Feik in Mosler/Müller/Pfeil, der SV-KOM, Manz 2015, RZ 9-10 zu § 113 ASVG mit dort angegebenen Judikaturnachweisen).

3.2.2. Die Beschwerdeführerin war als Dienstgeberin gemäß § 34 Abs. 2 ASVG verpflichtet, die Beitragsnachweisung für April 2017 bis 15.05.2017 vorzulegen. Sie ist dieser Meldeverpflichtung unstrittig nicht termingerecht nachgekommen.

Die Beschwerdeführerin bringt in der Beschwerde und im Vorlageantrag lediglich vor, dass ihre Rechtsvorgängerin als Erwachsenenbildungseinrichtung anerkannt gewesen sei und dies auch für die Beschwerdeführerin gelte, obwohl ihr von der belangten Behörde noch kein diesbezüglicher Bescheid ausgestellt worden sei. Daher sei sie berechtigt, die Meldung der freien Dienstverträge der Vortragenden im Sinne des Schreibens des BMSG vom 30.09.2002, GZ 21.105/124-2/02, mit den entsprechenden Erleichterungen (6 Monatsdurchrechnung etc), vorzunehmen.

Hierzu wird festgehalten, dass dieses Schreiben des Ministeriums keine verbindliche Rechtsquelle darstellt und daher auch keinerlei Rechtsfolgen bewirken kann (vergleiche dazu auch die ständige Judikatur des VwGH, wonach ein (allfälliger) Erlass eines Bundesministeriums keine verbindliche Rechtsquelle für den VwGH oder das VwG darstellt, beispielsweise VwGH 04.04.2019, Ra 2017/11/0302). Daher ist auch keine Auseinandersetzung mit diesem Schreiben erforderlich.

Da das ASVG in der anwendbaren Fassung keine diesbezüglichen Ausnahmebestimmungen betreffend die Meldefrist beinhaltet, kann auch dahin gestellt bleiben, ob es sich bei der Beschwerdeführerin um eine Erwachsenenbildungseinrichtung handelt. Daher geht das Beschwerdevorbringen ins Leere.

3.2.3. Bei dem von der Behörde ausgeübten Ermessen sind das Ausmaß der Verspätung und der Umstand, inwieweit der Dienstgeber bisher seinen Meldeverpflichtungen nachgekommen ist, zu berücksichtigen.

Im Beschwerdefall hat die Beschwerdeführerin binnen eines Jahres bereits mehrere Meldeverstöße verwirklicht. Der belangten Behörde kann daher nicht entgegen getreten werden, wenn sie aufgrund der gehäuften Fristversäumnisse im Beschwerdefall einen Beitragszuschlag von EUR 160,-- vorschreibt.

Auch wenn die belangte Behörde den erwachsenden Verwaltungsmehraufwand nicht konkret dargelegt hat, so ist die Vorschreibung eines Beitragszuschlags von EUR 160,-- durchaus berechtigt. Es kann nämlich nach allgemeiner Lebenserfahrung vorausgesetzt werden, dass dieser Beitragszuschlag jenen Verwaltungsmehraufwand, der ohne die festgestellten Meldeverstöße nicht angefallen wäre, jedenfalls unterschreitet: Die von der Beschwerdeführerin gesetzten Meldeverstöße, hatten für die belangte Behörde nicht nur den Aufwand der verspäteten Bearbeitungen zur Folge, sondern neben der Prüfung und Feststellung der Meldeverstöße etwa auch das Erfordernis der (auch im Sinne der rechtlich notwendigen Prävention) erfolgten Bescheiderlassung.

Gemäß § 113 Abs. 4 ASVG hätte die belangte Behörde für die Nichteinhaltung von Meldefristen eine Vorschreibung eines Beitragszuschlages bis zum Zehnfachen der Höchstbeitragsgrundlage (§ 45 Abs. 1) vornehmen können. Die tägliche Höchstbeitragsgrundlage betrug im Jahr 2017 EUR 166,-. Der maximal zulässige Beitragszuschlag beträgt in einem von § 113 Abs. 4 erfassten Fall somit EUR 1.660,-.

Der vorgeschriebene Beitragszuschlag von EUR 160,- liegt jedoch weit unterhalb dieser Obergrenze, weshalb die Höhe des Beitragszuschlages angemessen erscheint.

Die Entscheidung der belangten Behörde weist also weder bezüglich des Grundes noch bezüglich der Höhe des Beitragszuschlages einen Ermessensfehler auf.

Daher ist die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Rechtslage ist klar und das Erkenntnis steht im Einklang mit der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs.

Schlagworte

Beitragszuschlag Meldepflicht verspätete Vorlage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W167.2172302.1.00

Im RIS seit

14.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

14.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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