TE Lvwg Beschluss 2020/6/3 LVwG-AV-413/001-2020

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Veröffentlicht am 03.06.2020
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Entscheidungsdatum

03.06.2020

Norm

BAO §83
BAO §85
BAO §246 Abs1
BAO §260 Abs1 lita
BAO §278

Text

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Mag. Röper als Einzelrichter über die Beschwerde des A, ***, ***, vom 30. März 2020 gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt St. Pölten vom 24. Februar 2020, ZL. ***, mit welchem eine Berufung des B, vertreten durch A, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, ***, ***, gegen einen Abgabenbescheid des Magistrates der Stadt St. Pölten vom 24. Juli 2019 (betreffend Nachforderung Kommunalsteuer samt Säumniszuschlag) als unbegründet abgewiesen worden war, den

B e s c h l u s s

gefasst:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 278 Bundesabgabenordnung (BAO) als unzulässig zurückgewiesen.

2.   Eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig

Entscheidungsgründe:

1.       Sachverhalt:

1.1. Verwaltungsbehördliches Verfahren:

1.1.1.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt St. Pölten vom 24. Juli 2019, Zl. ***, wurde aufgrund der vom Krankenversicherungsträger durchgeführten GPLA-Prüfung der B, ***, ***, die bereits fällige Kommunalsteuer für den Zeitraum vom 1. Jänner 2016 bis 31. Dezember 2017 mit insgesamt € 4.410,45 festgesetzt. Zuzüglich eines 2 prozentigen Säumniszuschlages von € 132,31 wurde ein Gesamtbetrag von € 4.542,76 vorgeschrieben.

1.1.2.

Mit Schreiben vom 28. August 2019 erhob der B, ***, ***, vertreten durch A Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, ***, ***, fristgerecht Berufung und begründete diese umfangreich.

1.1.3.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Stadtsenates der Stadt St. Pölten vom 24. Februar 2020, Zl. ***, wurde auf der ersten Seite des Bescheides die Berufung des B, ***, ***, vertreten durch A Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, ***, ***, als unbegründet abgewiesen. Nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges und der als maßgeblich erachteten Rechtsvorschriften wurde im Rahmen der Würdigung ausführlich dargelegt, dass die Berufung als unbegründet abzuweisen sei. Nach der Rechtsmittelbelehrung findet sich folgende Verfügung:

Ergeht an:

?    B, ***, ***, p.A. A Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, ***, ***, RSb“

1.2. Beschwerdeverfahren:

Mit Schreiben vom 30. März 2020 erhob Herr A via Email das Rechtsmittel der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich:

[Abweichend vom Original – Bild nicht wiedergegeben]

„…

…“

1.4. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Mit Schreiben vom 8. April 2020 legte die Stadt St. Pölten dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt (samt Einladungskurrende und Sitzungsprotokoll der maßgeblichen Sitzung des Stadtsenates) vor.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in diesen Akt der Stadt St. Pölten.

1.5. Beweiswürdigung:

Im Wesentlichen ist der Sachverhalt als unstrittig zu beurteilen und ergibt sich dieser aus dem unbedenklichen Akteninhalt in Verbindung mit dem bekämpften Bescheid, sowie aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, soweit dieses den Feststellungen der belangten Behörde nicht entgegentritt

2.       Anzuwendende Rechtsvorschriften:

2.1. Bundesabgabenordnung (BAO):

§ 1. ( 1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. …

§ 83. (1) Die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter können sich, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.

(2) Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten richten sich nach der Vollmacht; hierüber sowie über den Bestand der Vertretungsbefugnis auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen. Die Abgabenbehörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 85 Abs. 2 von Amts wegen zu veranlassen.

(3) Vor der Abgabenbehörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; hierüber ist eine Niederschrift aufzunehmen.

(4) Die Abgabenbehörde kann von einer ausdrücklichen Vollmacht absehen, wenn es sich um die Vertretung durch amtsbekannte Angehörige (§ 25), Haushaltsangehörige oder Angestellte handelt und Zweifel über das Bestehen und den Umfang der Vertretungsbefugnis nicht obwalten.

(5) Die Bestellung eines Bevollmächtigten schließt nicht aus, daß sich die Abgabenbehörde unmittelbar an den Vollmachtgeber selbst wendet oder daß der Vollmachtgeber im eigenen Namen Erklärungen abgibt.

§ 85. (1) Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) sind vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).

(2) Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, daß die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.

(3) Die Abgabenbehörde hat mündliche Anbringen der im Abs. 1 bezeichneten Art entgegenzunehmen,

a) wenn dies die Abgabenvorschriften vorsehen, oder

b) wenn dies für die Abwicklung des Abgabenverfahrens zweckmäßig ist, oder

c) wenn die Schriftform dem Einschreiter nach seinen persönlichen Verhältnissen nicht zugemutet werden kann.

Zur Entgegennahme mündlicher Anbringen ist die Abgabenbehörde nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Amtsstunden verpflichtet, die bei der Abgabenbehörde durch Anschlag kundzumachen sind.

(4) Wird ein Anbringen (Abs. 1 oder 3) nicht vom Abgabepflichtigen selbst vorgebracht, ohne daß sich der Einschreiter durch eine schriftliche Vollmacht ausweisen kann und ohne daß § 83 Abs. 4 Anwendung findet, gelten für die nachträgliche Beibringung der Vorheriger SuchbegriffVollmacht die Bestimmungen des Abs. 2 sinngemäß.

§ 243. Gegen Bescheide, die Abgabenbehörden erlassen, sind Beschwerden (Bescheidbeschwerden) an die Verwaltungsgerichte zulässig, soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist.

§ 246. (1) Zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde ist jeder befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist.

§ 260. (1) Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie

         a)       nicht zulässig ist oder

         b)       nicht fristgerecht eingebracht wurde.

§ 288. (1) Besteht ein zweistufiger Instanzenzug für Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden, so gelten für das Berufungsverfahren die für Bescheidbeschwerden und für den Inhalt der Berufungsentscheidungen die für Beschwerdevorentscheidungen anzuwendenden Bestimmungen sinngemäß. Weiters sind die Beschwerden betreffenden Bestimmungen (insbesondere die §§ 76 Abs. 1 lit. d, 209a, 212 Abs. 4, 212a und 254) sowie § 93 Abs. 3 lit. b und Abs. 4 bis 6 sinngemäß anzuwenden.

§ 278. (1) Ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes

a) weder als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch

b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,

so kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

3. Würdigung:

3.1. Zu Spruchpunkt 1:

Die Beschwerde ist nicht zulässig.

3.1.1.

Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 279 Abs. 1 BAO grundsätzlich immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

Die hier angesprochene Änderungsbefugnis („nach jeder Richtung“) ist durch die Sache begrenzt (vgl. Ritz, BAO6, § 279 Rz. 10). Als „Sache“ ist in diesem Zusammenhang die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des bekämpften Bescheides gebildet hat zu sehen (vgl. VwGH 2009/15/0152, VwGH 2010/16/0032 und VwGH 2012/15/0161).

3.1.2.

Im gegenständlichen Fall hat die – im zweigliedrigen Instanzenzug im eigenen Wirkungsbereich einer Statutarstadt – zuständige Berufungsbehörde die Berufung des B im Rahmen einer inhaltlichen Erledigung als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid des Stadtsenates vom 24. Februar 2020 hat aber nun Herr A, der vor der Berufungsbehörde als rechtlicher Vertreter des B eingeschritten ist, nunmehr das Rechtsmittel der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich in eigenem Namen erhoben.

3.1.3.

Gemäß § 260 Abs. 1 lit a BAO ist eine Bescheidbeschwerde mit Beschluss nach § 278 BAO zurückzuweisen, wenn diese nicht zulässig ist. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn es dem Einschreiter an der notwendigen Aktivlegitimation mangelt (vgl.Ritz, BAO6, § 260 Rz. 5).

Gemäß § 246 Abs. 1 BAO ist zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde jeder befugt, an den der Bescheid, der den Gegenstand der Anfechtung bildet, ergangen ist. Es kann daher nur der Beschwerdeführer sein, dem der Bescheid wirksam bekannt gegeben wurde und für den er auch inhaltlich bestimmt war (vgl. Ritz, BAO 6. Aufl., § 246 Rz. 3; VwGH 90/16/0043).

Ein Mangel an einer solchen Befugnis liegt unter anderem dann vor, wenn der Vertreter einer Partei die Beschwerde im eigenen Namen einbringt (vgl. VwGH 90/15/0078; UFS RV/0071-G/10). Soll eine Beschwerde nicht im eigenen Namen eingebracht, sondern als Vertreter erhoben werden, so muss dies entsprechend erklärt werden, ansonsten gilt die Beschwerde als im eigenen Namen erhoben (vgl. BFG RV/6101073/2015; sowir Klumpner, BFGJournal 2019, 273).

3.1.4.

Erging der angefochtene Bescheid an den Beschwerdeführer als bevollmächtigten Rechtsvertreter der Berufungswerberin und sprach er über eine Berufung der Berufungswerberin ab, ist der Beschwerdeführer nicht Bescheidadressat, sodass eine ihm zurechenbare Berufung durch den angefochtenen Bescheid auch nicht erledigt werden konnte.

Adressat des Bescheides des Stadtsenates der Stadt St. Pölten vom 24. Februar 2020 ist unzweifelhaft der B, welcher sich (zumindest) bis zur Erlassung dieses Bescheides von A vertreten lies. Mit Schreiben vom 30. März 2020 erhob jedoch A Beschwerde gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt St. Pölten vom 24. Februar 2020 (siehe hierfür auch den eindeutigen Wortlaut der Beschwerde oben unter Punkt 1.2.). Erkennbare Hinweise auf ein Einschreiten als Vertreter des Bescheidadressaten (B) sind der Beschwerde – auch nicht in Ansätzen – zu entnehmen.

In Übereinstimmung mit der oben bereits zitierten Literatur und Judikatur hat der Beschwerdeführer die Beschwerde daher jedenfalls im eigenen Namen – und nicht als legitimierter Vertreter – erhoben. Der die Beschwerde im eigenen Namen und keineswegs in Vertretung des Vereins erhebende Beschwerdeführer war zur Erhebung der Berufung nicht berechtigt (vgl. VwGH 2007/16/0084).

Da A jedoch keine Aktivlegitimation zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt St. Pölten zukommt, ist diese von einem hiezu nicht Legitimierten erhobene Beschwerde mangels Rechtsverletzungsmöglichkeit gemäß § 278 BAO zurückzuweisen (vgl. VwGH 93/13/0131 und VwGH 2001/16/0253).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.1.3.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 274 Abs.1 BAO unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde von der Beschwerdeführerin nicht beantragt. Auch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt

3.2. Zu Spruchpunkt 2:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Hinblick auf die obigen Ausführungen (siehe 3.1.) liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Finanzrecht; Kommunalsteuer; Verfahrensrecht; Parteistellung; Beschwerdelegitimation;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.413.001.2020

Zuletzt aktualisiert am

13.08.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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