TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/26 W199 2180734-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.09.2019
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Entscheidungsdatum

26.09.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §68 Abs1
B-VG Art133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W 199 2180734-3/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Michael SCHADEN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.08.2019, Zl. 1101862005/180727134 XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.09.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 Asylgesetz 2005, Art. 2 BG BGBl. I 100/2005 und §§ 52 und 55 Fremdenpolizeigesetz 2005, Art. 3 BG BGBl. I 100/2005 abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein iranischer Staatsangehöriger, stellte am 13.1.2016 den Antrag, ihm internationalen Schutz zu gewähren (in der Folge auch als Asylantrag bezeichnet). Bei seiner Befragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Stadtpolizeikommando XXXX , Polizeianhaltezentrum) am selben Tag gab er - wie es im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.4.2018, L508 2180734-1/6E (in der Folge als "Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts" bezeichnet), wiedergegeben wird - an, "dass er vor etwa eineinhalb Monaten mit seinem Nachbarn - einem Mullah - gestritten hätte. Einen Tag später sei die Polizei vor seinem Haus gestanden und habe ihn schon mitnehmen wollen. Man habe ihn aber doch in Freiheit gelassen. Am folgenden Tag hätte er einen Brief erhalten, dass er festgenommen werden würde, woraufhin er geflüchtet sei. Bei einer Rückkehr befürchte er im Gefängnis eingesperrt zu werden."

Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt; Regionaldirektion XXXX in XXXX ) am 5.10.2017 gab der Beschwerdeführer - wie es im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts wiedergegeben wird - an [BF = Beschwerdeführer]:

"dass er mit einer Frau, die er zufällig beim Einkaufen gesehen habe, eine Beziehung gehabt hätte. Diese sei zu ihm gekommen und habe ein Gespräch begonnen. Er hätte ihr seine Telefonnummer gegeben und gesagt, dass sie sich bei ihm melden könne. Am selben Abend habe sie ihm eine SMS geschickt. Nach drei Tagen habe sie ihn in der Arbeit angerufen und zu sich eingeladen. Sie habe Hauskleidung getragen, einen Orangensaft serviert und ihm gesagt, dass sie jemanden zum Reden brauche. Des Weiteren habe sie ihm dargelegt, dass sie mit ihm Sex haben wolle. Nach dem Geschlechtsverkehr - beim Verlassen der Wohnung - sei ihr Gatte - ein Mullah - nach Hause gekommen. Dieser habe ihn sofort beschimpft und geschlagen. Er sei dabei verletzt worden, habe aber flüchten können. Der Mullah habe ihn verfolgt und als Dieb bezeichnet. Er sei von Passanten angehalten und geschlagen worden. Der Mullah habe verlangt, die Polizei zu rufen, und sei selbst weggegangen. Es seien mehrere Passanten - auch ein paar Freunde von ihm - dazugekommen. Diese hätten ihm geholfen, von dort zu flüchten. Er sei zu einem Freund und hätte diesem alles erzählt. Sein Freund sei zur Beurteilung der Situation zu ihm nach Hause gegangen. Dort habe dieser die Mutter und zwei Schwestern auf der Straße stehen und weinen gesehen. Seine Schwester habe seinem Freund erklärt, dass sein Vater von der Polizei mitgenommen worden sei. Sein Bruder habe ihm telefonisch mitgeteilt, dass er mit der Frau eines Mullahs geschlafen hätte, welcher auch Richter sei und der Vater des Mullahs sei für den Bezirk der Familie zuständig. Er habe seinem Bruder erklärt, dass er davon nichts gewusst hätte. Die Frau habe die Frage, ob sie verheiratet sei, verneint. Sein Bruder habe ihm zur Flucht geraten. Wenn er verhaftet werden würde, dann würde er getötet werden.

Nachgefragt zu Details schilderte der BF unter anderem, dass er das genaue Datum dieses Vorfalles nicht mehr wisse. Es sei im Herbst oder Winter - glaublich im Dezember 2015 - gewesen. Er habe diese Frau in einem Basar in einem Lebensmittelgeschäft kennengelernt. Er hätte sie dort gesehen und sie habe ihn angesprochen, woraufhin es zu einem Gespräch gekommen sei. Beim Verabschieden habe er ihr seine Telefonnummer gegeben. Es sei im Iran nicht üblich, dass eine Frau einen fremden Mann nach drei Tagen zu sich nach Hause einlade, aber wenn eine Frau ihren Mann betrügen wolle, dann tue sie dies. Er habe diese Frau vorher nicht gekannt. Er habe zu Fuß etwa sieben bis acht Minuten entfernt von dieser Frau gewohnt. Er habe weder den Mullah noch dessen Vater gekannt. Er habe vor der Polizei mit Hilfe der Freunde flüchten können. Die Frau habe seinen genauen Wohnort nicht gewusst. Er würde vermuten, dass jene Personen, die ihn angehalten hätten, der Polizei seinen Wohnort gesagt haben. Sein Vater sei ca. drei bis vier Wochen an seiner Stelle in Haft gewesen. Das genaue Datum des Besuchs dieser Frau wisse er nicht mehr. Es sei aber kalt und zu Mittag gewesen. Im Winter sei von 12.00 Uhr bis 13.00 Uhr Mittag. Er hätte sich einen halben Tag Urlaub genommen und sei er weniger als eine Stunde bei dieser Frau gewesen. Die Wohnung der Frau sei zu Fuß ca. eine halbe Stunde von seiner Arbeitsstelle entfernt. Es habe sich um ein vierstöckiges Gebäude gehandelt. Im Erdgeschoß sei eine Garage und im ersten Stock die Wohnung der Frau gewesen. Der Eingang sei straßenseitig gewesen. Beim Verlassen der Wohnung habe der Mann der Frau die Tür aufgesperrt und die Wohnung betreten. Als ihn dieser gesehen habe, habe dieser seine Tasche fallen lassen, ihn beschimpft und geschlagen. Er hätte den Mullah auch geschlagen und zur Seite geschoben. Dieser habe ihn an seiner Kapuze gepackt. Er habe davon laufen wollen, sei mit seinem Kopf an die Zarge gelaufen und habe sich oberhalb des linken Auges eine Platzwunde geholt. Er wisse nicht, wieso der Mullah gewusst habe, dass er mit dessen Frau geschlafen habe. Sein Bruder habe davon bei ihm zu Hause erfahren. Seine Schwester habe ihm die Ladung auf sein Mobiltelefon übermittelt.

In der Folge versuchte der Dolmetscher, den Inhalt der Ladung vom Mobiltelefon zu übersetzen. Demnach habe ein XXXX den BF angezeigt. Der BF müsse sich innerhalb von drei Tagen bei Gericht melden, ansonsten werde ein Haftbefehl erlassen. Ausgestellt am 18.12.2015.

Bei einer Rückkehr in den Iran würde er getötet werden.

Darüber hinaus erwähnte der BF abschließend, dass er im Zuge einer Kontrolle während seines Militärdienstes - etwa im Zeitraum Juli bis September 2009 - bei einer Frau in einem Fahrzeug eine Faustfeuerwaffe mit Munition gefunden und diese nicht an seine Dienststelle weitergegeben hätte. Diese Waffe sei in seinem Zimmer bei einer Hausdurchsuchung gefunden worden. Er hätte Angst, dass die iranischen Behörden von diesem Vorfall erfahren. Niemand habe von dieser Waffe gewusst. Es sei im Iran jedoch verboten, privat eine Waffe zu besitzen. Er hätte keine Bewilligung hierfür."

Bei dieser Einvernahme legte der Beschwerdeführer eine iranische Geburtsurkunde, einen iranischen Personalausweis, einen iranischen Führerschein und einen iranischen Wehrdienstausweis jeweils im Original sowie Unterlagen zu seiner Integration vor.

1.2.1. Mit Bescheid vom 30.11.2017, 1101862005/160067075/BMI-BFA_BGLD_RD, wies das Bundesamt den Asylantrag gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005, Art. 2 BG BGBl. I 100 (in der Folge: AsylG 2005), hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I); gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 wies es den Asylantrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran ab (Spruchpunkt II). Gemäß § 57 AsylG 2005 erteilte es dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III); gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 des BFA-Verfahrensgesetzes (in der Folge: BFA-VG; Art. 2 Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz BGBl. I 87/2012 [in der Folge: FNG]) idF des Art. 2 FNG-Anpassungsgesetz BGBl. I 68/2013 und des BG BGBl. I 144/2013 erließ es gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (Art. 3 BG BGBl. I 100/2005; in der Folge: FPG; Spruchpunkt IV), und gemäß § 52 Abs. 9 FPG stellte es fest, dass seine Abschiebung in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V). Weiters sprach es aus, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI). Das Bundesamt stützte sich- wie es im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts wiedergegeben wird

"auf umfangreiche Feststellungen zur Lage im Iran [...], insbesondere auch zu den neuesten Ereignissen im Iran, zur politischen Lage, zur Sicherheitslage, zum Rechtsschutz/Justizwesen, zu den Sicherheitsbehörden, zur allgemeinen Menschenrechtslage, zur Religionsfreiheit, zu ethnischen Minderheiten, zur Grundversorgung und zur Behandlung nach der Rückkehr. Es finden sich umfangreiche und nachvollziehbare Quellenangaben, wobei die Quellen hierfür hinreichend aktuell sind.

Dem Fluchtvorbringen wurde von der belangten Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung in umfassender Weise die Glaubwürdigkeit versagt [...].

In der rechtlichen Beurteilung wurde begründend dargelegt, warum der vom Antragsteller vorgebrachte Sachverhalt keine Grundlage für eine Subsumierung unter den Tatbestand des § 3 AsylG biete und warum auch nicht vom Vorliegen einer Gefahr iSd § 8 Abs. 1 AsylG ausgegangen werden könne."

Sodann begründete das Bundesamt die weiteren Spruchpunkte.

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 5.12.2017 durch Hinterlegung beim Postamt zugestellt.

1.2.2. Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer am 18.12.2017 eine Beschwerde ein, die das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 16.4.2018, L508 2180734-1/6E, gemäß "§ 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9 sowie § 46 FPG 2005 idgF" als unbegründet abwies; einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 AsylG 2005 wies es gemäß § 6 AVG mangels Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zurück.

Mit näherer Beweiswürdigung stellte das Bundesverwaltungsgericht fest [BF = Beschwerdeführer]:

"Der Beschwerdeführer ist iranischer Staatsangehöriger und gehört der persischen Volksgruppe sowie der schiitischen Religionsgemeinschaft an.

Die Identität des Beschwerdeführers steht fest. Der BF trägt den im Spruch angeführten Namen und ist am im Spruch angeführten Geburtsdatum geboren.

Der von ihm vorgebrachte Fluchtgrund (Verfolgung und Bedrohung durch einen in seiner Nähe wohnhaften Mullah und die iranischen Behörden) wird mangels Glaubwürdigkeit des diesbezüglichen Vorbringens nicht festgestellt. Es kann sohin nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aus Gründen der GFK asylrelevant verfolgt bzw. dessen Leben bedroht wurde beziehungsweise dies im Falle einer Rückkehr in den Iran mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintreffen könnte.

Es konnten im konkreten Fall auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Gefahr liefe, im Iran einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in den Iran in eine existenzgefährdende Notsituation geraten würde.

Im Entscheidungszeitpunkt konnte auch keine sonstige aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in seinem Heimatland festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren körperlichen noch an einer schweren psychischen Erkrankung.

Der BF absolvierte im Iran eine mehrjährige Grund-, Mittelschul- und Gymnasialausbildung. Er lebte dort mit seinen Eltern und mehreren Geschwistern und hat vor seiner Ausreise unter anderem in einer Stofffabrik bzw. Teppichfirma und als Eisenbieger gearbeitet. Der BF verließ den Iran Ende 2015 und reiste in der Folge illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Die Eltern und sechs Geschwister des BF leben nach wie vor im Iran.

Der Beschwerdeführer verfügt zum Entscheidungszeitpunkt über keine relevanten Bindungen zu Österreich. In Österreich halten sich keine Verwandten des BF auf. Der BF befindet sich in der Grundversorgung und lebt von staatlicher Unterstützung. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF über umfassende Deutschkenntnisse verfügt. Der BF besucht(e) Deutschkurse, brachte aber bislang keine Bestätigung über eine diesbezüglich erfolgreich abgelegte Prüfung in Vorlage. Der BF nahm am 17.08.2017 an einem Werte- und Orientierungskurs und am 31.08.2017 an dem Gespräch/der Gesprächsrunde DIALOG ?Gemeinsam Sicher' teil. Unterstützungserklärungen wurden nicht vorgelegt. Der BF ist strafrechtlich unbescholten.

Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer umfassenden und fortgeschrittenen Integration des BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden, welche die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung überwiegen würden.

Er hat mit Ausnahme seines nunmehrigen Aufenthalts in Europa sein Leben im Iran verbracht, wo er sozialisiert wurde und wo sich nach wie vor seine nächsten Verwandten aufhalten.

Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr wieder bei seiner Familie wohnen wird können. Davon abgesehen ist der Beschwerdeführer als arbeitsfähig und -willig anzusehen. Der Beschwerdeführer spricht Farsi und Azari.

Des Weiteren liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer ?Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' nicht vor und ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geboten. Es ergibt sich aus dem Ermittlungsverfahren überdies, dass die Zulässigkeit der Abschiebung des BF in den Iran festzustellen ist."

Weiters traf das Bundesverwaltungsgericht umfangreiche Feststellungen zur Lage im Iran.

Dieses Erkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 17.4.2018 zu Handen seines damaligen Vertreters zugestellt. Mit Beschluss vom 27.6.2018, Ra 2018/18/0311, wies der Verwaltungsgerichtshof eine dagegen gerichtete außerordentliche Revision zurück.

2.1.1. Am 1.8.2018 stellte der Beschwerdeführer einen weiteren Asylantrag. Bei seiner Befragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Polizeiinspektion XXXX Fremdenpolizei AGM) am selben Tag gab er - wie es im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.1.2019, L516 2180734-2 (in der Folge als "Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts" bezeichnet), wiedergegeben wird - an, "er sei bereits seit vier Jahren Christ und bereits im Iran protestantisch gewesen, habe jedoch keine Beweise. Er habe dies im Vorverfahren erwähnen wollen, der Dolmetscher habe dies jedoch nicht zugelassen und er habe zudem Angst davor gehabt, dass dies andere religiöse muslimische Flüchtlinge erfahren könnten [...]."

Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesamt (Erstaufnahmestelle XXXX in XXXX ) am 7.9.2018, die von einer weiblichen Bediensteten des Bundesamtes durchgeführt wurde, gab der Beschwerdeführer - wie es im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts wiedergegeben wird - an [BFA = Bundesamt],

"er habe 2009 im Iran an einer Demonstration teilgenommen und sei in Untersuchungshaft in XXXX gewesen. Er habe das im Vorverfahren nicht erzählen wollen, da er nicht noch mehr Probleme bekommen wollte und weil er Angst davor gehabt habe, von der österreichischen Polizei an die iranische Polizei ausgeliefert zu werden. Er sei im Jahr 2015 in Untersuchungshaft gewesen. Seine Gründe, die er im Vorverfahren genannt habe, seien noch aufrecht. Er habe jedoch noch weitere, der Dolmetscher habe ihn nicht sprechen lassen. Er habe im Iran religiöse Probleme gehabt, er sei im Gefängnis XXXX vergewaltigt worden und hasse seitdem den Islam. Er habe von diesen Problemen im Vorverfahren nichts erzählt, da er sich nicht wohlgefühlt habe. Er sei schon im Iran konvertiert, dass sei nicht sein Fluchtgrund. Er habe im Iran keine religiösen Probleme, er habe sich nicht wohlgefühlt und fühle sich auch jetzt nicht wohl, da er Angst habe, dass Informationen in sein Heimatland gelangen. Er habe seinen Grund in der Erstbefragung nicht genannt, da er habe vermeiden wollen, dass das Problem noch größer werde. Als er diese Probleme bekommen habe, sei die Polizei bei ihnen zu Hause gewesen und diese habe Sachen des Beschwerdeführers genommen, darunter eine CD und ein Buch über das Christentum, daraufhin sei er zum Tod verurteilt worden und die Bescheinigung sei von seinen Eltern unterschrieben worden, diese sei bei Gericht [...].

Der Beschwerdeführer verlangte in der Folge in jener Einvernahme, dass die Rechtsberaterin den Raum verlasse, erklärte sich aber ausdrücklich damit einverstanden, dass die einvernehmende Referentin des BFA die Einvernahme fortführe. Anschließend brachte er vor, homosexuell zu sein und auch im Iran einen Freund gehabt zu haben. Als die Polizei zu Hause gewesen sei, habe diese auch Nacktfotos des Beschwerdeführers und seines Freundes gefunden. Dies sei ungefähr zwei bis drei Monate vor der Einreise des Beschwerdeführers in Österreich gewesen, da sei er bereits auf der Flucht gewesen. Davor habe er eine Ermahnung durch die Polizei erhalten, danach die Ladung die er im Verfahren bereits vorgelegt habe, und danach habe er das Todesurteil erhalten [...].

Der Beschwerdeführer erwähnte schließlich in der Einvernahme noch, dass er einen österreichischen Freund namens XXXX habe, der in XXXX in der XXXX wohne und den er seit ungefähr ein bis eineinhalb Jahren kenne [...]."

Bei dieser Einvernahme legte der Beschwerdeführer eine Reihe von Integrationsunterlagen, eine Bescheinigung der Bezirkshauptmannschaft XXXX über seinen Austritt aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft am 30.8.2018 und ein Schriftstück in persischer Sprache samt beglaubigter Übersetzung ins Deutsche vor; es handelt sich um eine Ladung vom 18.12.2015, wonach der Beschwerdeführer spätestens in drei Tagen in einem Polizeikommissariat zu erscheinen habe.

2.1.2. Mit Bescheid vom 2.1.2019, 1101862005/180727134 XXXX , wies das Bundesamt diesen - zweiten - Asylantrag hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I) und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Gemäß § 57 AsylG 2005 erteilte es dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III); gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG erließ es gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV), und gemäß § 52 Abs. 9 FPG stellte es fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V). Es hielt fest, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI).

Beweiswürdigend hielt es fest [BF = Beschwerdeführer; Bundesasylamt = Bundesamt]:

"Eine, von Ihnen behauptete, Verfolgung aus Gründen Ihrer Religionszugehörigkeit bzw. Ihrer angeblichen Homosexualität stellt sich für die Behörde als völlig unglaubhaft dar. So hatten Sie noch während der Erstbefragung im Vorverfahren im Jänner 2016 erklärt, dass Sie Anhänger des Islam, schiitische Glaubensrichtung wären, womit Ihr behaupteter Glaubenswechsel, der angeblich schon vor vier Jahren im Iran stattgefunden hätte, also im Jahr 2014, nicht nachvollziehbar ist. Darüber hinaus haben Sie während der Einvernahme im Vorverfahren, am 05.10.2017, dezidiert angegeben, dass Sie im Iran nie aus religiösen Gründen verfolgt worden wären. Auch wären Sie, wie nun im gegenständlichen Verfahren plötzlich behauptet, nie in Haft gewesen und Sie hätten auch niemals Probleme mit der Polizei oder einem Gericht gehabt. Selbst in der Einvernahme vom September 2018 änderten Sie innerhalb weniger Fragen Ihre Antworten diametral. Hatten Sie noch, befragt nach dem neuen Asylgrund, religiöse Probleme im Iran behauptet, antworteten Sie, befragt nach dem Übertritt zum Christentum, im Iran keine religiösen Probleme gehabt zu haben. Bezüglich Ihres vorgelegten Beweismittels ist anzumerken, dass Sie dieses bereits im Vorverfahren ( XXXX hätte Sie angezeigt, Sie müssten innerhalb von drei Tagen erscheinen, sonst wäre eine Vorführung vor Gericht) vorgelegt hatten, um eine Verfolgung im Zusammenhang mit Ihrer sexuellen Beziehung zur Frau eines Mullahs zu beweisen. Nun haben Sie im gegenständlichen Verfahren selbiges Beweismittel vorgelegt, um eine Verfolgung aus religiösen Gründen bzw. aus Gründen Ihrer behaupteten Homosexualität, die Ihren Angaben zufolge bereits seit 2009 bestehen würde, zu bekräftigen. Obwohl Sie, wie in der Einvernahme vom September 2018 behauptet, keinerlei Kontakt zu Ihren Angehörigen im Heimatland hätten, hätte Ihnen Ihr Bruder vor ca. einem Jahr dieses Beweismittel zukommen lassen.

Gegen Ihre Glaubwürdigkeit spricht, dass Sie Ihr nunmehriges Fluchtvorbringen im Vorverfahren mit keinem Wort erwähnt hatten und die Fluchtgründe sogar von Ihrer Erstbefragung im August 2018 bis zur Einvernahme im September 2018 (bzgl. Homosexualität) gesteigert hatten. Bezeichnend für Ihre Unglaubwürdigkeit bezüglich einer angeblichen Konversion spricht auch, dass Sie sich die Bestätigung über den Austritt vom Islam noch eilig zwischen der Asylantragstellung und der Einvernahme ausstellen hatten lassen. Bezüglich Ihres Interesses für das Christentum konnten Sie die Behörde wenig überzeugen, zumal es nicht nachvollziehbar ist, dass Sie sich, obwohl Sie sich schon seit drei Jahren in Österreich aufhalten und sich davor schon im Heimatland für das Christentum interessiert hätten, erst jetzt die Kirche besuchen würden. Es wäre Ihnen mitgeteilt worden, dass Sie in 2-3 Monaten getauft werden würden, es wäre Ihnen gesagt worden man wolle noch 4-5 Monate schauen, ob Sie wirklich ein Christ wären. Wäre dem tatsächlich so, hätten Sie mit Sicherheit Details bezüglich Ihres Kirchenbesuches oder einer allfälligen Taufvorbereitung bekanntgeben wollen, jedoch gestalteten sich Ihre Antworten sehr kurz und wenig aussagekräftig. Sie konnten zwar einige Fragen bezüglich Religion beantworten, konnten jedoch in keinster Weise ein wirkliches Interesse, das angeblich bereits seit Jahren bestünde, oder eine intensive Beschäftigung mit der christlichen Religion vermitteln. So hätten Sie sich beispielsweise in Ihrem Heimatland in einem Buch informiert, dessen Namen Sie nicht einmal sicher nennen konnten (Antwort in der EV: Ich glaube es heißt Altes Testament), Sie konnten die Namen der Evangelisten nicht nennen und bezeichneten Maria Magdalena sogar als Apostel.

Sie haben seit Ihrer Antragstellung und auch im Verlauf Ihrer Einvernahme Ihr Vorbringen gesteigert und gleich mehrere Fluchtgründe geschildert, offensichtlich in der Hoffnung, dass einer der Gründe dann schon passen würde. Die Behörde geht von einer Rahmengeschichte aus, die den Anschein erwecken sollte, dass Sie nun aufgrund Ihrer angeblichen Konversion nicht mehr in Ihr Heimatland zurückkehren können, nachdem Ihr letztes Vorbringen ins Leere geflossen ist. Eine Rückkehrbefürchtung bezüglich Ihrer angeblichen Homosexualität (Sie erwähnten einen österreichischen Freund, XXXX , dessen Nachnamen Sie nicht sicher nennen konnten) äußerten Sie nicht. In der Einvernahme änderten Sie zudem Ihre Rückkehrbefürchtung aus der Erstbefragung (Todesstrafe wegen Religionswechsel) dahingehend, dass Ihre Eltern Ihr Todesurteil bereits unterschrieben hätten, wovon Sie schon seit drei Jahren wissen würden.

Sie haben von sich aus sehr wenig dazu beigetragen Ihr Vorbringen glaubwürdig erscheinen zu lassen.

Es widerspricht jeder Lebenserfahrung, dass ein durchschnittlich sorgfältiger Asylwerber tatsächlich bestehende Verfolgung wider besseren Wissens verschweigt, da man von einer Person, welche tatsächlich im Herkunftsstaat Verfolgung erfahren hätte bzw. solche befürchten würde, erwarten müsste, dass sie ein derartig wichtiges Faktum nicht dermaßen leichtfertig in jenem Staat verschweigt, von dem sie sich Schutz erwartet und obendrein noch bewusst falsche Angaben machen würde, indem sie wissentlich fälschlich eine diesbezügliche Frage seitens des befragenden Organs wahrheitswidrig verneint. Sie erwähnten weder bei Ihrer Asylantragstellung am 13.01.2016 noch bei Ihrer Einvernahme am 05.10.2017, dass Sie aufgrund Ihrer Religion oder Homosexualität verfolgt wären. Ganz im Gegenteil hatten Sie damals noch Ihr Verhältnis zur Frau eines Mullah und den illegalen Besitz einer Waffe (erst in der Einvernahme im Oktober 2017 erwähnt) als Fluchtgrund angegeben. Ihre angebliche Konversion oder Homosexualität wurden mit keinem Wort erwähnt.

Gerade von einem juristischen Laien muss vor dem Hintergrund der Tatsache, dass eine solche Person über das Asylrecht in allen Einzelheiten nicht im Vorhinein informiert ist, davon ausgegangen werden, dass ein solcher Mensch im Bestreben, seine Position im Asylverfahren nicht zu gefährden, auf eine Frage seitens der Asylbehörde nach dem Bestehen eines nicht unwesentlichen Sachverhaltselements spontan und freiwillig wahrheitsgemäß beantwortet, anstatt diesen besseren Wissens zu verschweigen, weil es auch einem juristischen Laien aus seiner Wissenssphäre notorisch erkennbar ist, dass wahrheitswidrige Angaben die Glaubwürdigkeit im Asylverfahren und somit seine Position im Asylverfahren beeinträchtigen. Es ist daher gerade von einer solchen Person zu erwarten, dass sie von sich heraus auch aus der Laiensphäre betrachtet am Verfahren mitwirkt und wahrheitsgemäß über tatsächlich Geschehenes bereitwillig Auskünfte erteilt. (vgl. auch UBAS 300.443-2/3E-XVIII/58/08)

Die nun im gegenständlichen Verfahren dargestellten Angaben waren zu keinem Zeitpunkt genügend substantiiert oder nachvollziehbar, um diese als glaubhaft zu bezeichnen, oder um darin einen neuen Sachverhalt zu erkennen.

Zusammenfassend erkennt die Behörde lediglich den Versuch durch Vorbringen diverser Fluchtgründe doch noch eine asylrelevante Verfolgung behaupten zu können.

Zusammengefasst ist festzuhalten, dass Sie im gegenständlichen Verfahren keinen nach Rechtskraft des Erstverfahrens neu entstandenen Sachverhalt vorgebracht haben und Ihr nunmehr erstattetes Vorbringen unglaubhaft ist, nachdem sich dieses als lediglich auf Behauptungen gestützt darstellt. Ihrem Vorbringen kommt im gegenständlichen Verfahren hinsichtlich der aktuell vorgebrachten Rückkehrbefürchtungen auch kein glaubhafter Kern zu.

Des Weiteren liegt eine Steigerung des Fluchtvorbringens vor.

Der BF wurde seitens des Bundesasylamtes aufgefordert, die Wahrheit zu sagen, nichts zu verschweigen und alle zur Begründung des Antrages erforderlichen Anhaltspunkte selbständig und über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen. Das Bundesasylamt stellte die für den Gang der Fluchtgeschichte erforderlichen Fragen, die vom BF in knapper Weise beantwortet wurden. Es ist davon auszugehen, dass ein Asylwerber, der bemüht ist, in einem Land Aufnahme und Schutz zu finden, in der Regel bestrebt ist, alles diesem Wunsch Dienliche vorzubringen und zumindest die Kernfluchtgeschichte möglichst umfassend schildert, sodass der Behörde erkennbar ist, welchen massiven Bedrohungen er im Herkunftsland ausgesetzt sei. Die knappen und unstimmigen Angaben des BF waren jedoch nicht geeignet, eine derart schwere Verfolgung glaubhaft zu machen, die ihn dazu getrieben habe, sein Heimatland zu verlassen."

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 3.1.2019 durch Hinterlegung ohne vorherigen Zustellversuch zugestellt.

2.1.3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 15.1.2019 eine Beschwerde, in deren Erledigung das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 23.1.2019, L516 2180734-2/2E, jenen Bescheid behob und die Angelegenheit gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt zurückverwies. Begründend führte es ua. aus [BFA = Bundesamt; EuGH = Europäischer Gerichtshof]:

"Das BFA traf im angefochtenen Bescheid zunächst keine Sachverhaltsfeststellungen dazu, ob es die vorgebrachte Homosexualität für glaubhaft hält oder nicht, sondern stellte ausschließlich fest, dass der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag damit begründete, bereits seit über 4 Jahren Christ zu sein und bereits im Iran zum Christentum übergetreten zu sein [...].

Erst den beweiswürdigenden Ausführungen des BFA ist zu entnehmen, dass es die vorgebrachte Homosexualität für ?völlig unglaubhaft' halte [...].

3.4.4. Im Rahmen der Beweiswürdigung traf das BFA dann zunächst umfangreichere Ausführungen dazu, weshalb es die vom Beschwerdeführer vorgebrachte religiöse Verfolgung für nicht glaubhaft erachtete, die sich nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis insgesamt auch als schlüssig erweisen. [...]

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er homosexuell sei, erachtete das BFA, wie zuvor dargelegt, im Rahmen der Beweiswürdigung als unglaubhaft, allerdings ohne sich mit diesem Vorbringen ausreichend auseinanderzusetzen. Der Beweiswürdigung ist dazu im Wesentlichen der Vorwurf des BFA zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer die nun vorgebrachte Homosexualität nicht bereits im Vorverfahren und auch nicht bei der Erstbefragung zum gegenständlichen Antrag, sondern erst bei der Einvernahme im September 2018 geltend gemacht habe und diese daher nicht glaubhaft sei. Der EuGH hat jedoch bereits ausgesprochen, dass angesichts des sensiblen Charakters der Informationen, die die persönliche Sphäre einer Person, insbesondere ihre Sexualität, betreffen, allein daraus, dass diese Person, weil sie zögert, intime Aspekte ihres Lebens zu offenbaren, ihre Homosexualität nicht sofort angegeben hat, nicht geschlossen werden kann, dass sie unglaubwürdig ist (EuGH 02.12.2014, A u. a., C-148/13 bis C-150/13, EU:C:2014:2406, Rn 69). Die vom BFA zur vorgebrachten Homosexualität nicht getroffenen Sachverhaltsfeststellungen und die beweiswürdigenden Ausführungen des BFA im angefochtenen Bescheid erweisen sich daher als nicht ausreichend tragfähig, dieses neue Vorbringen des Beschwerdeführers schon allein damit schlüssig als unglaubhaft zu erachten.

Das BFA hat es zudem bisher unterlassen, den Beschwerdeführer näher zu der von ihm vorgebrachten Homosexualität zu befragen. In der Einvernahme am 07.09.2018 wurde dazu lediglich die Frage gestellt, ?seit wann' der Beschwerdeführer homosexuell sei [...]. Der Beschwerdeführer erwähnte in der Einvernahme noch, dass er einen österreichischen Freund namens XXXX habe, der in XXXX wohne und den er seit ungefähr ein bis eineinhalb Jahren kenne [...]. Auch zu jener Freundschaft wurde der Beschwerdeführer nicht befragt, sodass nicht einmal erkennbar, ist ob dieser im vorliegenden Fall zur Frage der Homosexualität des Beschwerdeführers Relevanz zukommt oder jener Freund als Zeuge zur Frage der sexuellen Orientierung des Beschwerdeführers aussagen könnte. Ob der Beschwerdeführer tatsächlich homosexuell ist oder nicht und er im Falle einer Rückkehr in den Iran einer relevanten Gefährdung ausgesetzt ist, lässt sich somit gegenwärtig nicht beurteilen.

Vor dem Hintergrund der bisherigen Angaben des Beschwerdeführers und der vom BFA im getroffenen Länderfeststellungen über die Situation von Homosexuellen im Iran [...], wären daher diesbezügliche geeignete sowie angemessenen Ermittlungen insbesondere in Form der Befragung des Beschwerdeführers zu seiner Homosexualität unter Beachtung der Judikatur des EuGH (EuGH 02.12.2014, A u. a., C-148/13 bis C-150/13, EU:C:2014:2406, und 25.01.2018, F, C-473/16, ECLI:EU:C:2018:36) und einer allfälligen Zeugenbefragung des genannten Freundes sowie darauf aufbauende Sachverhaltsfeststellungen und beweiswürdigende Ausführungen jedoch unerlässlich gewesen, weshalb nicht von einem geklärten Sachverhalt ausgegangen werden kann. Dies wird vom BFA daher nun im fortgesetzten Verfahren nachzuholen sein, wobei bei einer neuerlichen Entscheidung auch etwaige zwischenzeitliche Sachverhaltsänderungen in Bezug auf die Religionsbetätigung des Beschwerdeführers in Österreich zu berücksichtigen sein werden."

Dieser Beschluss wurde dem Beschwerdeführer am 23.1.2019 zu Handen seines Vertreters zugestellt.

2.1.4. Im fortgesetzten Verfahren wurde der Beschwerdeführer am 20.2.2019 einvernommen, wieder von einer weiblichen Bediensteten des Bundesamtes (und zwar derselben wie am 7.9.2018), erklärte aber, er fühle sich aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, die Einvernahme durchzuführen. Er habe kein Problem damit, detaillierte Angaben vor einer weiblichen Referentin zu machen. Sodann wurde die Einvernahme beendet und eine neuerliche Ladung in Aussicht gestellt.

Im Akt findet sich eine Bestätigung des Pfarrers der Evangelischen Pfarrgemeinde XXXX vom 10.1.2019, wonach der Beschwerdeführer seit August 2018 regelmäßig die Sonntagsgottesdienste besuche und an einem Taufkurs in der Pfarrgemeinde teilnehme.

Die nächste Einvernahme fand am 5.3.2019 statt, und zwar wieder vor derselben Bediensteten des Bundesamtes. Dabei gab der Beschwerdeführer an, er habe bis jetzt zu seiner Person und zu seinen Fluchtgründen die Wahrheit gesagt. Er habe kein Problem damit, detaillierte Angaben vor einer weiblichen Referentin zu machen. Auf das Ersuchen, sein neues Vorbringen, wonach er homosexuell sei, zu erläutern, gab er an, er sei bereits als 19jähriger schwul gewesen. Auf die Frage, warum er das in seinem ersten Verfahren nicht vorgebracht habe, meinte er, da er sein erstes Problem vorgebracht habe und ihm nicht geglaubt worden sei, habe er das später sagen müssen; er habe damals Angst gehabt, alles zu erwähnen. Angst habe er gehabt, weil er in ein neues Land gekommen sei und sich mit den Gesetzen nicht ausgekannt habe. Auf den Vorhalt, er hätte sein Problem spätestens in seiner Beschwerde thematisieren können, gab er an, er sei "so abgelehnt" worden, dass er sich für 2600 Euro eine private Anwältin genommen habe, an deren Namen er sich nicht erinnern könne. Er habe auch damals Angst gehabt und sich nicht so wohl gefühlt, dass er wirklich die Wahrheit hätte sagen können. Dass er homosexuell sei, wisse er, seit er 19 Jahre alt sei. Die Frage, ob er in seiner Heimat auch sexuelle Beziehungen zu Frauen gehabt habe, beantwortete der Beschwerdeführer mit dem Wort "selten". Zu Frauen fühle er sich nicht mehr hingezogen. Auf die Frage nach sexuellen Beziehungen zu Männern in seinem Heimatland gab er an, er habe eine Beziehung zu einem Nachbarn gehabt, den er mit 19 Jahren kennen gelernt habe. Mit 24, 25 oder 26 Jahren habe er das Land verlassen. Die Beziehung habe etwa vier bis fünf Jahre gedauert, bis er "die Gerichtsladung" bekommen habe. Diese Ladung habe er bekommen, weil er mit der Frau des Mullah, der sein Nachbar gewesen sei, eine Beziehung gehabt habe. Die Ladung habe er im Iran über den Freund seines Bruders erhalten. Er habe sich damals in einer anderen Stadt aufgehalten, in XXXX . Auf die Frage, ab wann und wie lange er sich in XXXX aufgehalten habe, gab er an, die Familie habe in XXXX gelebt, er aber in einem anderen Stadtteil von XXXX ; er habe alleine gelebt, weil er eine Ladung bekommen habe. Auf den Vorhalt, er habe zuvor gesagt, dass er von der Ladung erst erfahren habe, als er schon alleine gelebt habe, erklärte er, er sei eines Tages nicht zu Hause gewesen, da hätten Polizisten das Haus durchsucht und ihn nicht gefunden. Drei Tage später hätten sie die Ladung geschickt, da sei er nicht mehr zu Hause gewesen. Der Freund des Bruders habe ihm die Ladung gebracht, da er selbst nicht zu Hause gewesen sei. Der Bruder sei zur Polizei gegangen und habe erklärt, dass der Beschwerdeführer nicht da sei; darauf hätte er sich innerhalb dreier Tage melden sollen. Auf die Frage nach dem Inhalt dieser Ladung gab der Beschwerdeführer an, es habe sich nur um eine Ladung gehandelt; als er sich in der Türkei aufgehalten habe, habe er - wieder über den Freund des Bruders - einen Haftbefehl erhalten. Seit 2010 sei er kein gläubiger Muslim mehr; die Polizisten hätten die Wohnung durchstöbert, um etwas gegen ihn zu finden, weil er auch eine unerlaubte Beziehung zur Frau des Mullah gehabt habe. Davor hätten sie nichts davon gewusst, dass er nicht mehr gläubig sei. Erst nachdem sie seinen Schrank durchsucht hätten, hätten sie Bücher über Christus und CDs und Fotos mit seinem Partner gefunden. Der Freund des Bruders und auch der Nachbar hätten das gesehen, auch sein Bruder, der zu Hause gewesen sei, habe ihm alles geschildert.

Auf die Frage nach der Dauer der Beziehung zur Frau des Mullah antwortete der Beschwerdeführer, sie hätten einander zwar geschrieben, aber nur einmal Geschlechtsverkehr gehabt. Dies sei seine einzige Beziehung zu einer Frau gewesen. Von seiner Beziehung zu seinem Freund habe niemand aus seiner Familie gewusst. Er habe die Beziehung geheim halten können, indem er nichts gesagt habe; wenn er nach Hause gekommen und niemand da gewesen sei, habe er seinen Freund zu sich geholt, das sei etwa zweimal wöchentlich gewesen. Er sei aber auch zu seinem Freund gegangen.

Er habe auch in Österreich eine sexuelle Beziehung, aber seit er in XXXX sei, telefoniere er nur (mit dem Partner). Zu einer Frau in Österreich habe er keine Beziehung. Der Beschwerdeführer nannte den Namen seines Partners, er sei etwa 30 Jahre alt, sei Ungar und arbeite in XXXX in einem "Burger King". Er wohne in XXXX ; der Beschwerdeführer nannte den Namen der Straße. Er habe ihn kennengelernt, als er in XXXX gewohnt habe; als er - vor etwa sechs bis sieben Monaten - nach XXXX geschickt worden sei, habe sein Partner noch dort gearbeitet. Was er jetzt arbeite, wisse der Beschwerdeführer nicht. Er habe versucht, ihn telefonisch zu erreichen, der Partner habe aber seit etwa zwei Monaten nicht geantwortet. Der Beschwerdeführer gab die Mobilelefonnummer des Partners bekannt; auf das Ersuchen, ihn anzurufen, erklärte er, er habe kein Guthaben (auf dem Telefon). Die Niederschrift über die Einvernahme vermerkt, dass ein Anruf über das Diensttelefon versucht worden, dass aber nicht abgehoben worden sei. - Der Beschwerdeführer gab an, er habe zuletzt vor etwa zweieinhalb Monaten Kontakt gehabt. Er habe zwar SMS geschrieben, der Partner habe aber nicht reagiert. Persönlich gesehen habe er ihn zuletzt vor etwa sechs Monaten in XXXX , da hätten sie sich nur unterhalten. Der Partner habe ihn nicht besucht, den Grund dafür kenne er nicht. Bei ihrem letzten Kontakt habe er den Partner im Geschäft besucht und "ganz normal gegrüßt", der Partner habe weitergearbeitet und der Beschwerdeführer sei wieder gegangen. Kennengelernt habe er ihn im Deutschkurs, er habe ihn angesprochen, beim "Burger King" etwas gekauft und mit ihm gesprochen und langsam festgestellt, dass er homosexuell sei. Der Beschwerdeführer habe damals in einem Zimmer gewohnt, das die Caritas ihm und einem zweiten Asylwerber zur Verfügung gestellt habe. In dessen Abwesenheit habe sich der Beschwerdeführer mit seinem Partner getroffen, manchmal habe jener ihn mit dem Auto abgeholt und zu sich mitgenommen. Wenn sie einander getroffen hätten, dann hätten sie Geschlechtsverkehr gehabt. Er habe ihn 2018 kennengelernt; wann, wisse er nicht. Insgesamt hätten sie ein Jahr lang eine Beziehung gehabt und einander ein- bis zweimal je Woche getroffen. Sie hätten jedes Mal nur Geschlechtsverkehr gehabt und sonst nichts unternommen, weil sie in der Wohnung von der Diakonie kontrolliert worden seien. Warum sein Partner keinen Kontakt mehr wolle, wisse er nicht. Sie hätten eine Diskussion gehabt; möglicherweise sei der Partner beleidigt, denn er habe gemeint, dass der Beschwerdeführer keinen Anwalt brauche und das Geld nicht hinauswerfen solle. Vielleicht sei diese Beziehung zu Ende; vielleicht könne er sie aber auch wieder aufnehmen, wenn er nach XXXX zurückkomme. Auf die Frage nach der Bedeutung der Beziehung für ihn gab der Beschwerdeführer an, jeder habe Lust auf Geschlechtsverkehr, dieses Bedürfnis habe er gestillt. Auf die Frage, wie er "verhütet" habe, gab er an, er habe Kondome benützt. An Frauen habe er überhaupt kein Interesse. Geschlechtsverkehr mit der Frau des Mullah habe er gehabt, weil sie das gewollt habe, er selbst nicht. Auf die Frage, was er an Männern liebe, gab der Beschwerdeführer an, das sei Lust; er habe nur Lust auf Männer. An seinem Partner habe ihm sein Körper gefallen, das sei sein Genuss gewesen.

Auf die Frage nach seiner Religion gab der Beschwerdeführer an, er sei evangelischer Christ, in dieser Richtung (gemeint Glaubensrichtung) würden Schwule akzeptiert. Er habe dies 2016 nicht angegeben, weil er Angst gehabt habe. Jetzt habe er keine Angst, weil er wisse, dass Homosexuelle hier sicher seien. Im Iran habe das Wort eines Muslim Gewicht, von Christen dürfe man nicht sprechen. Auf den Vorhalt, nach seinen Angaben habe er sich schon im Iran dem Christentum zugewandt, und die Frage, wie er dort seinen Glauben gelebt habe, gab der Beschwerdeführer an, er sei vor 2010 gläubiger Muslim gewesen, bis er Probleme bekommen habe. Über einen Kollegen habe er sich informiert und sei einmal je Woche in den Gottesdienst gegangen. Auf die Frage nach dem konkreten Anlass für seinen Glaubenswechsel gab er an, 2010 habe es schreckliche Ereignisse für ihn gegeben. Er habe an einer Demonstration gegen den Präsidenten teilgenommen, sei 13 Tage in Untersuchungshaft und danach 14 Tage als politischer Gefangener in Haft gewesen. Seine Nase sei gebrochen worden, er habe eine Platzwunde am Kopf erlitten und habe nicht "um Gottes willen" sagen dürfen. Auf die Frage nach seinem derzeitigen religiösen Leben gab er an, er sei zufrieden und ruhig. Auf eine weitere Frage bestätigte er, dass er Gottesdienste besuche, und zwar in der evangelischen Kirche neben der Polizeistation (in XXXX ). Den Pfarrer kenne er, nicht aber seinen Namen. Seit er in XXXX sei, besuche er zweimal je Woche einen Taufkurs. In etwa vier bis fünf Monaten werde er getauft werden. Nach Lernunterlagen gefragt, gab er an, er lerne aus dem Neuen Testament, es gebe keine eigenen Unterlagen für den Taufkurs. Zuletzt habe er am letzten Sonntag die Messe besucht. Auf die Frage, worüber gesprochen worden sei, antwortete er, es sei über Jesus Christus und das Abendmahl gesprochen worden. Auf die Frage, worüber er zuletzt in der Bibel gelesen habe, gab er an, über Jesu Wunder; auf die weitere Frage, über welches Wunder, gab er an, wie Jesus geboren und aufgewachsen sei. Das seien 1500 Seiten, er lese jeden Tag davon. Auf die Frage nach seiner Lieblingsstelle gab der Beschwerdeführer an, es sei interessant, dass Jesus von einer Jungfrau geboren worden sei.

Am Ende der Niederschrift ist vermerkt, dass sich von der Nummer, die der Beschwerdeführer als jene seines Partners angegeben hatte, ein Mitarbeiter der Sozialberatung telefonisch gemeldet habe; sein Name wurde festgehalten, es ist nicht jener, den der Beschwerdeführer als den seines Partners angegeben hatte.

2.1.5. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesamt diesen - zweiten - Asylantrag hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I) und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Gemäß § 57 AsylG 2005 erteilte es dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III); gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG erließ es gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV), und gemäß § 52 Abs. 9 FPG stellte es fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V). Es hielt fest, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI).

Begründend führt es aus, das frühere Asylverfahren sei am 17.4.2018 rechtskräftig abgeschlossen worden; im Vorverfahren seien alle bis zur Entscheidung entstandenen Sachverhalte berücksichtigt worden. Sodann trifft das Bundesamt Feststellungen zur Situation im Iran. Beweiswürdigend führt es aus, der Beschwerdeführer habe noch während der Befragung im Jänner 2016 (gemeint ist die Befragung am 13.1.2016) erklärt, dass er Anhänger des Islam sei, obwohl er angeblich schon 2014 im Iran seinen Glauben gewechselt habe. Am 5.3.2019 habe er sogar gemeint, dass er seit 2010 kein gläubiger Muslim mehr gewesen sei und im Iran einmal je Woche Gottesdienste besucht habe. Offensichtlich habe es auf Grund dieser Gottesdienstbesuche keine Probleme im Heimatland gegeben, da er auch am 5.10.2017 angegeben habe, dass er im Iran nie aus religiösen Gründen verfolgt worden sei. Im März 2019 (gemeint ist die Einvernahme am 5.3.2019) habe er im Widerspruch dazu angegeben, dass er im Iran religiöse Probleme gehabt habe, er habe sich nicht für den Islam interessiert. Nach seinen Angaben im Vorverfahren sei er nie in Haft gewesen, wie er nun aber plötzlich behaupte. Im September 2018 (gemeint ist die Einvernahme am 7.9.2018) habe er noch behauptet, dass er 2015 in Untersuchungshaft gewesen sei, im März 2019, dass er bereits 2010 in Haft gewesen sei, dabei sei ihm die Nase gebrochen worden und er habe nicht "um Gottes willen" sagen dürfen und habe deshalb seinen Glauben gewechselt. Im September 2018 habe er noch behauptet, dass er seit einer Vergewaltigung im Gefängnis den Islam hasse; selbst in dieser Einvernahme habe er seine Antworten innerhalb weniger Fragen geändert. Habe er zunächst noch angegeben, im Iran religiöse Probleme gehabt zu haben, so habe er dann das Gegenteil gesagt. Das vorgelegte Beweismittel (Anzeige; er müsse innerhalb von drei Tagen erscheinen) habe er bereits im Vorverfahren vorgelegt; nun solle es eine Verfolgung aus religiösen Gründen bzw. aus Gründen seiner behaupteten Homosexualität bekräftigen. Obwohl er, wie er in der Einvernahme vom September 2018 angegeben habe, keinen Kontakt zu seinen Angehörigen im Heimatland habe, habe ihm sein Bruder vor etwa einem Jahr dieses Beweismittel zukommen lassen.

Der Beschwerdeführer habe sein nunmehriges Fluchtvorbringen im Vorverfahren mit keinem Wort erwähnt und die Fluchtgründe von seiner Befragung im August 2018 bis zur Einvernahme im September 2018 - bezüglich der Homosexualität - gesteigert. Die Bestätigung über den Austritt vom Islam habe er noch "eilig" zwischen der Asylantragstellung und der Einvernahme ausstellen lassen. Von seinem Interesse für das Christentum habe er die Behörde nicht überzeugen können; es sei nicht nachvollziehbar, dass er, obwohl er sich schon seit vier Jahren in Österreich aufhalte und schon davor für das Christentum interessiert und auch Gottesdienste besucht habe, erst seit August 2018 die Kirche besuche. Bei seiner Einvernahme im September 2018 habe er angegeben, es sei ihm mitgeteilt worden, dass er in zwei bis drei Monaten getauft werde; es sei ihm gesagt worden, man wolle noch vier bis fünf Monate schauen, ob er wirklich Christ sei. Bei der Einvernahme im März 2019, ein halbes Jahr später, habe er wieder angegeben, dass die Taufe in vier bis fünf Monaten stattfinden würde. Es sei verwunderlich, dass er eine nunmehr vorgelegte Bestätigung, wonach er seit August 2018 Gottesdienste in XXXX besuche, nicht schon bei seiner Einvernahme im September 2018 vorgelegt habe. (Die Bestätigung ist freilich, wie das Bundesverwaltungsgericht anmerkt, mit 10.1.2019 datiert.) Dass er sich schon seit 2010 oder 2014 im Heimatland für das Christentum interessiert und sogar Gottesdienste besucht habe, erscheine nicht glaubhaft, da es ihm dann doch sicherlich ein Bedürfnis gewesen wäre, gleich nach seiner Einreise nach Österreich 2016 sein Interesse weiter zu festigen und Gottesdienstbesuche zu intensivieren. Im Gegenteil habe er erst nach der negativen Entscheidung im Erstverfahren religiöses Interesse am Christentum bekundet. Wäre sein Interesse tatsächlich so groß und bestünde es schon jahrelang, so hätte er doch sicher Einzelheiten bezüglich seines Kirchenbesuchs oder einer allfälligen Taufvorbereitung bekannt geben wollen; seine Antworten seien jedoch sehr kurz und wenig aussagekräftig gewesen. Er habe zwar einige Fragen bezüglich der Religion beantworten können, jedoch kein wirkliches, jahrelang bestehendes Interesse oder eine intensive Beschäftigung mit der christlichen Religion vermitteln können. So habe er sich zB in seinem Heimatland in einem Buch informiert, dessen Namen er nicht einmal sicher habe nennen können, er habe die Namen der Evangelisten nicht nennen können und sogar Maria Magdalena als Apostel bezeichnet. Fragen zur Religion habe er nur ganz kurz und ohne Details beantwortet.

Der Beschwerdeführer habe seit seiner Antragstellung und auch im Verlauf seiner Einvernahme sein Vorbringen gesteigert und gleich mehrere Fluchtgründe geschildert. Die Behörde gehe von einer Rahmengeschichte aus, die den Anschein erwecken solle, dass er nun auf Grund seiner behaupteten Konversion nicht mehr ins Heimatland zurückkehren könne, nachdem sein letztes Vorbringen "ins Leere geflossen" sei. Eine Rückkehrbefürchtung wegen seiner angeblichen Homosexualität habe er nicht geäußert. In der Einvernahme habe er zudem seine Rückkehrbefürchtung aus der Befragung (Todesstrafe wegen Religionswechsels) dahingehend geändert, dass seine Eltern sein Todesurteil bereits unterschrieben hätten, wovon er schon seit drei Jahren wisse. Zu seiner behaupteten Homosexualität habe er in der Einvernahme vom März 2019 angegeben, dass er seit seinem 19. Lebensjahr homosexuell sei und im Iran etwa vier bis fünf Jahre eine Beziehung mit seinem Nachbarn geführt habe. Befragt nach Beziehungen zu Frauen habe er gemeint, dass er nur "selten" welche gehabt habe, während er im weiteren Verlauf von nur einem einzigen sexuellen Kontakt zu einer Frau gesprochen habe. Eine Adresse des Partners des Beschwerdeführers in Österreich habe nicht festgestellt werden können; eine Nachschau im Zentralen Melderegister sei erfolglos gewesen. Das Bundesamt gibt die Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Beziehung wieder und meint, gemeinsamen Unternehmungen, wie in jeder Beziehung üblich, wäre bestimmt nichts entgegengestanden. Hätte er eine einjährige Beziehung geführt, dann hätte diese spätestens im August 2017 begonnen haben müssen, da er seit August 2018 nur noch telefonischen Kontakt zu seinem Partner angegeben habe. Diese Beziehung habe er aber in der Einvernahme vom Oktober 2017 nicht erwähnt. Der Partner habe über die vom Beschwerdeführer angegebene Nummer über das Diensttelefon nicht erreicht werden können; am Ende der Einvernahme habe sich jedoch ein Mitarbeiter der Sozialberatung mit jener Telefonnummer gemeldet, die der Beschwerdeführer als jene seines Partners angegeben hatte. Dies unterstreiche, dass er nicht gewillt sei, wahrheitsgemäße Aussagen zu machen; eine Beziehung zu dem von ihm genannten Partner oder dessen Existenz seien in Frage zu stellen.

Obwohl der Beschwerdeführer bei seiner neuerlichen Antragstellung im August 2018 nur religiöse Gründe angegeben und versichert habe, dass er keine weiteren Asylgründe habe, habe er nur einen Monat später behauptet, dass er homosexuell sei. Es widerspreche jeder Lebenserfahrung, dass ein durchschnittlich sorgfältiger Asylwerber tatsächlich bestehende Verfolgung wider besseres Wissen verschweige. Der Beschwerdeführer habe weder am 13.1.2016 noch am 5.10.2017 angegeben, dass er auf Grund seiner Religion oder seiner Homosexualität verfolgt sei. Er sei in beiden Asylverfahren mehrfach darauf hingewiesen worden, dass er die Wahrheit sagen und nichts verschweigen solle. Seine Bemerkungen, dass er Angst gehabt und sich nicht wohl gefühlt habe und dass der Dolmetscher ihn nicht habe reden lassen, liefen ins Leere, sei er doch bei jeder Befragung und Einvernahme nach möglichen Ergänzungen befragt und aufgefordert worden, die Richtigkeit der Niederschriften zu bestätigen.

Das Bundesamt hält fest, der Beschwerdeführer habe nur versucht, durch Vorbringen verschiedenster Fluchtgründe doch noch eine asylrelevante Verfolgung behaupten zu können. Er habe nicht glaubhaft machen können, dass er im Iran tatsächlich persönlich staatlicher Verfolgung ausgesetzt sei. Es sei somit festzuhalten, dass sich auch hinsichtlich der im Erstverfahren getroffenen Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Iran keine Änderung ergeben habe und sie nach wie vor für zulässig erachtet werde.

Es liege sohin weiterhin entschiedene Sache vor.

Abschließend begründet das Bundesamt seine weiteren Aussprüche (Rückkehrentscheidung, Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung, Ausspruch über den Ausschluss einer Frist für die freiwillige Ausreise).

2.1.6. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 8.8.2019 persönlich ausgefolgt und damit zugestellt.

2.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, fristgerechte Beschwerde vom 21.8.2019, in welcher der Beschwerdeführer auf "seine bisherigen im Verfahren getätigten Aussagen und sein gesamtes Vorbringen" verweist und dieses aufrecht hält. Aus seiner Sicht habe er alle flucht- und asylrelevanten Gründe detailliert vorgebracht. Verspätet seien Teile dieses Vorbringens nur deshalb, weil er Angst gehabt und nicht gewusst habe, dass etwa Homosexualität in Österreich nicht strafbar sei. Im Übrigen habe er immer am Verfahren mitgewirkt. Er bemühe sich, die christlichen Glaubensgrundsätze zu erlernen, und besuche dafür regelmäßig die Kirche. Eine eingehende Befragung zu dieser Thematik habe das Bundesamt jedoch unterlassen. Ebenso halte er sein Vorbringen aufrecht, homosexuell zu sein und eine Beziehung mit der in der Einvernahme genannten Person geführt zu haben. Abschließend legte er Befundberichte vor, wonach er im Juni 2019 wegen Herpes zoster in Behandlung gestanden sei.

2.3. Am 12.9.2019 - im Vorfeld der Verhandlung vom 17.9.2019 - legte der Beschwerdeführer medizinische Unterlagen und ein nicht datiertes Schreiben des Diakonie-Flüchtlingsdienstes vor, in welchem ihm für sein Engagement gedankt wird; im Rahmen seiner freiwilligen Tätigkeit schenke er geflüchteten Menschen seine Zeit, sein Know-how und seine Aufmerksamkeit. Weiters legte er ein Schreiben des Pfarrers der Evangelischen Pfarrgemeinde XXXX vom 18.8.2019 vor, das an das "Bundesasylamt für Fremdenwesen und Asyl" gerichtet ist und in welchem der Pfarrer bestätigt, dass er den Beschwerdeführer im Sommer 2018 im Rahmen eines Sonntagsgottesdienstes in seiner Pfarrgemeinde kennengelernt habe. Einige Zeit später habe sich der Beschwerdeführer beim Pfarrer nach der Möglichkeit der Taufe erkundigt. Der Pfarrer habe ihm erklärt, dass er zunächst regelmäßig zu den Gottesdiensten kommen solle, dann könnte die Taufe bzw. der Weg dorthin gemeinsam besprochen werden. In den Folgemonaten habe der Beschwerdeführer viele Gottesdienste besucht, sodass im November 2018 mit dem Taufkurs begonnen worden sei, dem eine zweisprachige Handreichung der Evangelischen Kirche in Österreich zugrundeliege. Seither treffe der Pfarrer den Beschwerdeführer monatlich zum Kurs. Der Beschwerdeführer bereite für jedes Treffen ein Kapitel vor, das besprochen bzw. vom Pfarrer näher erläutert werde. Zusätzlich lese der Beschwerdeführer eigenständig Teile des Neuen Testaments, die er in den Sitzungen nacherzähle. Die Sonntagsgottesdienste besuche er äußerst regelmäßig. Der in der evangelischen Kirche vorgesehene einjährige Taufkurs neige sich dem Ende zu. Für den Herbst 2019 sei die Taufe des Beschwerdeführers vorgesehen. Auf Grund der regelmäßigen Gottesdienstbesuche des Beschwerdeführers und der daraus entstandenen Kontakte zu den anderen Mitgliedern der Pfarrgemeinde (zB im Rahmen des wöchentlichen Kirchencafés) könne der Pfarrer sagen, dass der Beschwerdeführer Teil seiner ("unserer") christlichen Gemeinschaft geworden sei. Er ersuche, dies im Asylverfahren des Beschwerdeführers zu berücksichtigen.

2.4. Am 17.9.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der nur der Beschwerdeführer als Partei teilnahm und der ein Dolmetscher für die Sprache Farsi beigezogen wurde.

Zu dieser Verhandlung sah sich das Bundesverwaltungsgericht nicht dadurch veranlasst, dass die Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides ihm mangelhaft erschienen wäre, sondern deshalb, weil der Beschwerdeführer mit seinem Antrag ua. Verfolgung wegen seiner behaupteten Homosexualität geltend gemacht hat und sich - jedenfalls vor dem Hintergrund der weiten Auslegung des Begriffs des "Eingriffs in die sexuelle Selbstbestimmung", den die Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts pflegt (vgl. zB VwGH 30.6.2011, 2011/23/0089) - die Ansicht vertreten lässt, er habe damit einen Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung behauptet (die Rsp. des VwGH lässt dies offen: VwGH 26.4.2017, Ra 2016/19/0221; 10.8.2018, Ra 2018/20/0314; 6.11.2018, Ra 2017/01/0363). Gemäß § 20 Abs. 1 AsylG 2005 wäre er daher vor dem Bundesamt durch einen männlichen Organwalter einzuvernehmen gewesen, es sei denn, er hätte anderes verlangt. Ein solches Verlangen ist aber nicht protokolliert worden. Der Beschwerdeführer hat zwar dreimal die Frage einer weiblichen Organwalterin verneint, ob er ein Problem damit habe, detaillierte Angaben vor einer weiblichen Referentin (also vor ihr selbst) zu machen. Dies kann jedoch mit einem "Verlangen" iSd § 20 Abs. 1 AsylG 2005 nicht gleichgesetzt werden (unklar vom Sachverhalt her VwGH 31.1.2018, Ra 2017/01/0390). Um diesen Mangel - so einer vorliegt - zu sanieren, hat das Bundesverwaltungsgericht trotz an sich vorliegender Entscheidungsreife eine Verhandlung - und zwar durch einen männlichen Richter - durchgeführt, obwohl der Beschwerdeführer ganz offenkundig kein Vorbringen im Hinblick auf das Geschlecht der Bediensteten des Bundesamtes zurückgehalten hat und sich die Bedeutung des § 20 Abs. 1 AsylG 2005 (und im Beschwerdeverfahren des § 20 Abs. 2 zweiter Satz AsylG 2005) daher fallbezogen auf die einer bloßen Ordnungsvorschrift reduziert.

Das Bundesverwaltungsgericht erhob Beweis, indem es den Beschwerdeführer in der Verhandlung vernahm.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.4.2018 wurde dem Beschwerdeführer am 17.4.2018 zu Handen seines damaligen Vertreters zugestellt. Dieses Erkenntnis wurde mit der Zustellung rechtskräftig.

2.1.1. Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG 2005 ist das AsylG 2005 am 1.1.2006 in Kraft getreten; es ist gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 auf alle Verfahren anzuwenden, die am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren.

Gemäß § 73 Abs. 11 und 12 AsylG 2005 idF des FNG und des FNG-Anpassungsgesetzes ist § 10 AsylG 2005 idF des FNG und des FNG-Anpassungsgesetzes mit 1.1.2014 in Kraft getreten. Gemäß § 73 Abs. 18 AsylG 2005 idF des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2017 BGBl. 145 (in der Folge: FrÄG 2017) ist § 10 Abs. 1 AsylG 2005 idF des FrÄG 2017 am 1.11.2017 in Kraft getreten.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG) idF des Art. 2 FNG-Anpassungsgesetz und des BG BGBl. I 144/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.

2.1.2. Das vorliegende Verfahren war am 31.12.2005 nicht anhängig; das Beschwerdeverfahren ist daher nach dem AsylG 2005 zu führen.

2.2. Gemäß § 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, Art. 1 BG BGBl. I 33/2013 (in der Folge: VwGVG), idF BG BGBl. I 122/2013 ist das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch das VwGVG geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens bereits kundgemacht waren, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit im VwGVG nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG - wie die vorliegende - das AVG mit Ausnahme seiner §§ 1 bis 5 und seines IV. Teiles, die Bestimmungen weiterer, hier nicht relevanter Verfahrensgesetze und im Übrigen jene

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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