Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AWG 1990 §15 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde des WB in K, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, G-Straße 22, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 11. Juni 1997, Zl. Senat-KS-96-022, betreffend Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes (weitere Partei: Bundesministerium für Umwelt), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist abfallrechtlicher Geschäftsführer der W.B. GmbH gemäß § 15 Abs. 5 AWG. Die letztgenannte Gesellschaft verfügt über eine umfassende Sammelerlaubnis gemäß § 15 Abs. 1 AWG aufgrund mehrerer Bescheide des Landeshauptmannes von Niederösterreich. Von dieser Erlaubnis sind Schlüsselnummern umfaßt, die sich auch auf krankenhausspezifische Abfälle beziehen. Zur Sammlung von Zytostatika mit der Schlüsselnummer 53510 gemäß ÖNORM S 2101 war diese Gesellschaft jedoch nicht berechtigt.
Am 23. November 1995 und am 4. Jänner 1996 haben Mitarbeiter der vorgenannten Gesellschaft vom Krankenhaus G. Zytostatika übernommen; die dazugehörigen Begleitscheine wurden unter Angabe der betreffenden Schlüsselnummer dem Landeshauptmann von Niederösterreich übermittelt. Auf den Begleitscheinen scheint als Transporteur und Übernehmer des gefährlichen Abfalles die vorzitierte Gesellschaft mit Sitz in K auf.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt K vom 3. April 1996 wurde dem Beschwerdeführer als abfallrechtlichen Geschäftsführer der vorgenannten Gesellschaft zur Last gelegt, Abfälle der Schlüsselnummer 53510 gesammelt zu haben, ohne über die dafür erforderliche Erlaubnis nach § 15 Abs. 1 AWG zu verfügen. Er habe daher gegen § 39 Abs. 1 lit. a Z. 1 AWG in Verbindung mit § 15 Abs. 1 und 5 AWG verstoßen. Über ihn wurde eine Geldstrafe von je S 50.000,-- gemäß § 39 Abs. 1 lit. a Z. 1 leg. cit. (Ersatzfreiheitsstrafe je zwei Tage) verhängt.
In der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde dieses Straferkenntnis "in vollem Umfang angefochten" und u. a. ausgeführt, daß nicht jede Übertretung des § 15 Abs. 1 zwingend die Erfüllung des objektiven Tatbestandes des § 39 Abs. 1 lit. a Z. 1 AWG bedeute. Aufgrund der seit Jahren bestehenden Geschäftsverbindung der W.B. GmbH mit zahlreichen Spitälern im Gebiet des nördlichen und mittleren Niederösterreich hätten die Mitarbeiter dieser Gesellschaft nicht davon ausgehen müssen, daß plötzlich ohne jeden Hinweis durch einen Angestellten der Krankenhäuser Zytostatika übernommen werden sollten. Das bestehende abfallrechtliche Schlüsselnummernsystem sei sehr diffizil und teilweise kaum überschaubar, sodaß Verstöße gegen § 15 Abs. 1 AWG auch einem sorgfältigen Entsorgungsunternehmen unterlaufen könnten. Die endgültige Entsorgung der Zytostatika stimme mit jener der übrigen krankenhausspezifischen Abfälle völlig überein. In beiden Fällen werde nämlich der Abfall zu den am Markt etablierten Entsorgungsunternehmen in Wien gebracht. Dort würden Zytostatika genauso wie die übrigen krankenhausspezifischen Abfälle der Verbrennung zugeführt, und zwar gemeinsam mit den verschlossenen Behältern.
In der von der belangten Behörde durchgeführten mündlichen Verhandlung trug der Beschwerdeführer ergänzend vor, die Erstbehörde sei unzuständig gewesen. Im vorliegenden Fall handle es sich nicht um die Begehung eines verschuldensunabhängigen Erfolgsdeliktes; es sei daher zu prüfen, ob dem Beschwerdeführer Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden könne. Durch die regelmäßigen Schulungen der Lkw-Fahrer und deren Ausstattung mit einer Kopie der Sammelerlaubnis sowie durch die nachfolgende interne Kontrolle einer langjährigen und einschlägig geschulten Mitarbeiterin des Unternehmens habe der Beschwerdeführer ausreichend Vorsorge getragen, daß Übertretungen des AWG im Hinblick auf das Begleitscheinsystem nicht eintreten könnten. Der Beschwerdeführer habe nicht fahrlässig gehandelt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 11. Juni 1997 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG teilweise Folge gegeben und der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wie folgt abgeändert:
"(Beschwerdeführer) trägt als Geschäftsführer für abfallrechtliche Angelegenheiten für die W.B. GmbH (Unternehmenssitz K, ...) die Verantwortung dafür, daß diese Gesellschaft am 23.11.1995 und 4.1.1996 die gefährliche Abfallart Zytostatika (Schlüsselnummer 53510 der ÖNORM S 2101) gesammelt hat, ohne hiefür eine Erlaubnis des Landeshauptmannes von NÖ zu besitzen.
Übertretungsnorm jeweils:
§ 15 Abs. 1 und 5 i.V.m. § 39 Abs. 1 lit. a Z. 1 i.V.m. § 2 Abs. 7 AWG i.V.m. § 1 der Verordnung über die Festsetzung gefährlicher Abfälle (BGBl. Nr. 49/1991) i.V.m. ÖNORM S 2101 (Schlüsselnummer 53510).
Gemäß § 39 Abs. 1 lit. a Z. 1 AWG i.V.m. § 20 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG wird über (Beschwerdeführer) wegen jeder der beiden Verwaltungsübertretungen eine Geldstrafe von je S 25.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe je 1 Tag) verhängt.
...".
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde hiezu ausgeführt, zu den beiden angelasteten Tatzeitpunkten habe die erwähnte Gesellschaft die Befugnis zum Sammeln gefährlicher Abfälle über eine Vielzahl anderer gefährlicher Abfalltypen, darunter auch für solche, die regelmäßig in Krankenhäusern anfallen, nicht jedoch bezüglich des gefährlichen Abfalltyps Zytostatika gehabt. Zu den angelasteten Tatzeitpunkten habe schon eine jahrelange geschäftliche Beziehung zwischen dieser Gesellschaft und diversen Krankenhäusern im nördlichen und mittleren Niederösterreich hinsichtlich der Abnahme von krankenhausspezifischem Abfall bestanden. Je nach Größe des Krankenhauses sei der Abfall bis zu zwei Mal wöchentlich abgeholt worden; hiebei habe es sich regelmäßig um die gleichen Abfalltypen gehandelt. Der Abfalltyp Zytostatika sei nie gesondert übergeben und somit auch nicht auf den Begleitscheinen gesondert ausgewiesen worden. Erst ab den angelasteten Tatzeitpunkten sei eine gesonderte Übergabe und eine gesonderte Deklarierung auf den Begleitscheinen erfolgt, ohne daß von den jeweiligen Krankenhäusern als Übergeber die W.B. GmbH bzw. deren Mitarbeiter hierüber informiert worden seien. Die Entsorgung der übernommenen Zytostatika sei vorschriftsmäßig im Wege der Entsorgungsbetriebe Simmering erfolgt. Aufgrund der jahrelangen Praxis, daß regelmäßig immer die gleichen Abfallarten, für die die W.B. GmbH die Erlaubnis besessen habe, übergeben worden seien, und überdies keine Information über die nunmehr geänderte Praxis der gesonderten Deklarierung des Abfalltyps Zytostatika erfolgt sei, sei vom Mitarbeiter der Gesellschaft (Fahrer) bei der Übernahme der Abfallstoffe eine exakte und vollständige Überprüfung anhand der Liste jener Stoffe, die übernommen werden durften, unterlassen worden. Aufgrund dieser jahrelangen Praxis sei offensichtlich in weiterer Folge auch bei der betriebsinternen Überprüfung der Begleitscheine dieser Umstand nicht entdeckt worden.
Rechtlich folgerte die belangte Behörde, daß der objektive Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretungen erfüllt sei. Daran könne auch der Umstand nichts ändern, daß die W.B. GmbH die Befugnis zur Sammlung anderer krankenhausspezifischer Abfälle besessen habe. Wenngleich aufgrund der jahrelangen Praxis und der regelmäßig gleichartigen Abfalltypen nicht von vorneherein damit gerechnet werden mußte, daß ohne Vorankündigung andere Abfallarten übergeben würden, so dürfe dieser Umstand nicht dazu führen, daß bei "Routinefällen" praktisch keine (wirksame) Prüfung mehr vorgenommen werde. Gerade dies sei offenbar von der W.B. GmbH bzw. deren Mitarbeitern so gehandhabt worden, und es ergebe sich daraus, daß in zwei Fällen nicht nur der Fahrer vor Ort eine vollständige Überprüfung unterlassen habe, sondern darüber hinaus auch in weiterer Folge bei der zusätzlichen betriebsinternen Kontrolle der Begleitscheine das Fehlverhalten des Fahrers übersehen worden sei. Der einvernommene Zeuge R. V. habe ausdrücklich erklärt, daß eine genaue Kontrolle an Hand der mitgeführten Liste nur selten vorkomme. Es liege daher ein derart geringes Verschulden, das ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG rechtfertigen würde, nicht vor. Auch die Voraussetzungen für die Anwendung der außerordentlichen Milderung der Strafe seien nicht gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht bestraft zu werden, verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 39 Abs. 1 lit. a Z. 1 AWG, BGBl. Nr. 325/1990 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. Nr. 434/1996, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen mit einer Geldstrafe von S 50.000,-- bis S 500.000,--, wer die Tätigkeit eines Abfall(Altöl-)sammlers oder Abfall(Altöl-)behandlers ausübt, ohne im Besitz der gemäß § 15 Abs. 1 erforderlichen Erlaubnis zu sein, oder sie entgegen § 15 Abs. 5 und 6 oder nach einer Entziehung gemäß § 15 Abs. 8 ausübt.
Gemäß Abs. 4 dieser Gesetzesstelle ist der Inhaber der Erlaubnis gemäß § 15 Abs. 1 neben dem Geschäftsführer strafbar, wenn er die Verwaltungsübertretung wissentlich duldet oder wenn er bei der Auswahl des Geschäftsführers es an der erforderlichen Sorgfalt hat fehlen lassen.
Gemäß § 15 Abs. 1 leg. cit. bedarf, wer gefährliche Abfälle oder Altöle sammelt (abholt oder entgegennimmt) oder behandelt (verwertet, ablagert oder sonst behandelt) eine Erlaubnis des Landeshauptmannes.
Gemäß Abs. 4 dieses Paragraphen ist die Erlaubnis erforderlichenfalls nur für bestimmte Abfall- oder Altölarten oder Behandlungsweisen sowie unter Bedingungen, Befristungen oder Auflagen zu erteilen, wenn deren Erfüllung oder Einhaltung für die Ausübung der Tätigkeit oder im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) geboten ist. Sofern es im öffentlichen Interesse erforderlich ist, können auch nach Erteilung der Erlaubnis Beschränkungen oder Auflagen vorgeschrieben werden.
Gemäß Abs. 5 dieser Gesetzesstelle ist, wenn die Tätigkeit nicht von einer natürlichen Person ausgeübt werden soll oder der Erlaubniswerber die in bezug auf die ausübende Tätigkeit erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht selbst nachweist, eine hauptberuflich tätige Person als Geschäftsführer zu bestellen.
Gemäß Abs. 9 dieses Paragraphen hat der Landeshauptmann eine Liste der Abfall(Altöl-)sammler und Abfall(Altöl-)behandler zu führen, die gemäß Abs. 1 zur Ausübung dieser Tätigkeit berechtigt sind. Die Liste, in welcher Name, Standort (Betriebsstätte) und der Umfang der Berechtigung anzugeben ist, ist in gegliederter Form zu führen und hat beim Landeshauptmann zur Einsichtnahme aufzuliegen.
Die W.B. GmbH mit Sitz in K, deren Geschäftsführer im Sinne des § 15 Abs. 5 AWG der Beschwerdeführer ist, besaß im Tatzeitpunkt keine Erlaubnis des Landeshauptmannes gemäß § 15 Abs. 1 leg. cit. für die Sammlung oder Behandlung gefährlicher Abfälle der Abfallart Zytostatika mit der Schlüsselnummer 53510 der ÖNORM S 2101. Die W.B. GmbH hat somit aufgrund der insoweit unbekämpft gebliebenen Feststellungen der belangten Behörde die Tätigkeit eines Abfallsammlers ausgeübt, ohne im Besitz der gemäß § 15 Abs. 1 AWG erforderlichen Erlaubnis zu sein und damit das Tatbild des § 39 Abs. 1 lit. a Z. 1 AWG erfüllt.
Der Beschwerdeführer wiederholt sein schon in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde erstattetes Vorbringen, die Strafbehörde erster Instanz sei gemäß § 27 Abs. 1 VStG unzuständig gewesen, weil nach § 5 Abfallnachweisverordnung der Besitzer von gefährlichen Abfällen und Altöl das erste Blatt der Begleitscheine dem Landeshauptmann vorzulegen habe. Ort der Begehung im Sinne des § 27 Abs. 1 VStG sei nicht der Sitz der W.B. GmbH, sondern jener Ort, an dem der Beschwerdeführer der Pflicht zur Vorlage ordnungsgemäß ausgefüllter, vollständiger und inhaltlich richtiger Begleitscheine nicht nachgekommen sein soll. Dies sei, weil der Landeshauptmann von Niederösterreich und die nachgeordnete Dienststelle Amt der Niederösterreichischen Landesregierung im Zeitpunkt der Tatbegehung noch organisatorisch in Wien situiert gewesen sei, Wien gewesen.
Gemäß § 27 Abs. 1 VStG ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.
Für die örtliche Zuständigkeit ist grundsätzlich allein entscheidend, wo der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen. Wird ein zur Vertretung nach außen befugtes Organ zur Verantwortung gezogen, wird als Tatort im Regelfall der Sitz der Unternehmensleitung anzunehmen sein. Auf das betreffende Tatbild ist hiebei stets Bedacht zu nehmen. Nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides wurde das unter Strafe gestellte Verhalten dem Beschwerdeführer als "Geschäftsführer für abfallrechtliche Angelegenheiten" somit als Geschäftsführer im Sinne des § 15 Abs. 5 AWG zur Last gelegt.
Der Tatort liegt dort, wo die Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung der Verstöße gegen die Verwaltungsvorschriften hätten gesetzt werden müssen. Dies ist bei einem abfallrechtlichen Geschäftsführer, welchem zur Last gelegt wird, daß der von ihm repräsentierte Inhaber einer abfallrechtlichen Erlaubnis durch seine von ihm beauftragten Dienstnehmer die ihm auferlegten Erlaubnisbeschränkungen überschritten hat, grundsätzlich der Sitz des Unternehmens (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1993, Zl. 92/04/0131). Im Hinblick auf den Tatvorwurf im angefochtenen Bescheid kommt es auf die Tätigkeit der Vorlage der Begleitscheine nach § 15 Abfallnachweisverordnung nicht an.
Der Beschwerdeführer erachtet seine Bestrafung als abfallrechtlicher Geschäftsführer deshalb für unzulässig, weil mit der AWG-Novelle BGBl. Nr. 434/1996 § 39 Abs. 3 AWG ersatzlos aufgehoben und aufgrund eines "Redaktionsversehens" Abs. 4 dieses Paragraphen nicht dementsprechend angepaßt worden sei. Richtigerweise hätte nur derjenige bestraft werden können, der gemäß § 9 VStG zur Vertretung der W.B. GmbH nach außen hin vertretungsbefugt war.
§ 39 Abs. 3 AWG, welcher durch die Novelle BGBl. Nr. 434/1996 ersatzlos aufgehoben wurde, hatte folgenden Wortlaut:
"(3) Wurde einem Geschäftsführer eine Erlaubnis gemäß § 15 Abs. 5 erteilt, so sind die Geldstrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen."
Der noch in Geltung stehende Abs. 4 des § 39 AWG hat folgenden Wortlaut:
"(4) Der Inhaber der Erlaubnis gemäß § 15 Abs. 1 ist neben dem Geschäftsführer strafbar, wenn er die Verwaltungsübertretung wissentlich duldet oder wenn er bei der Auswahl des Geschäftsführers es an der erforderlichen Sorgfalt hat fehlen lassen."
Trotz der - vom Gesetzgeber nicht näher erläuterten - ersatzlosen Aufhebung des § 39 Abs. 3 AWG ist durch den verbleibenden Abs. 4 dieser Gesetzesstelle jedenfalls mit hinreichender Deutlichkeit klargestellt (arg. "... neben dem Geschäftsführer strafbar,..."), daß im Falle der Bestellung eines Geschäftsführers nach § 15 Abs. 5 AWG bei Übertretungen nach § 39 AWG jedenfalls dieser Geschäftsführer zu bestrafen ist. Der Begriff des Geschäftsführers wird im AWG immer im Sinne eines abfallrechtlichen Geschäftsführers gemäß § 15 Abs. 5 AWG verstanden. Eines ausdrücklichen Hinweises auf diese Gesetzesstelle bedarf es daher nicht. Da die belangte Behörde den Beschwerdeführer ausdrücklich als Geschäftsführer gemäß § 15 Abs. 5 AWG bestraft hat, bedurfte es auch keiner weiteren Erhebungen darüber, ob der Beschwerdeführer Organ im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG der W.B. GmbH gewesen ist, wie dies vom Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgetragen und gefordert wird.
Wird eine von einer Erlaubnis gemäß § 15 Abs. 1 und 4 AWG nicht gedeckte Tätigkeit im sachlichen Zusammenhang mit einer durch eine vorhandene Erlaubnis gedeckte Tätigkeit ausgeführt, trifft somit die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung für die unbefugte Tätigkeit den abfallrechtlichen Geschäftsführer gemäß § 15 Abs. 5 AWG, von der allenfalls auch den Inhaber der Erlaubnis gemäß § 15 Abs. 1 AWG treffenden strafrechtlichen Verantwortung abgesehen (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 30. März 1993, Zl. 92/04/0241). Nur dann, wenn ein Geschäftsführer nach § 15 Abs. 5 AWG nicht bestellt ist, ist jedenfalls das zur Vertretung nach außen berufene Organ einer im § 9 VStG genannten Person für die Einhaltung der abfallrechtlichen Vorschriften verantwortlich (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 23. November 1993, Zl. 93/04/0152).
Der Beschwerde kommt jedoch aus folgenden Gründen Berechtigung zu:
Der Beschwerdeführer hat ausdrücklich auch sein Verschulden an den ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen mit dem Hinweis bestritten, ausreichend Vorsorge getroffen zu haben, daß Übertretungen des AWG nicht eintreten könnten. In der Beschwerde wird neuerlich darauf hingewiesen, daß sämtliche Fahrer der W.B. GmbH regelmäßig geschult und weitergebildet würden und über eine Kopie der vollständigen und jeweils aktuellen Erlaubnis des Landeshauptmannes von Niederösterreich gemäß § 15 Abs. 1 AWG verfügten. Sie seien auch angehalten, bei der Übernahme von Abfällen die übernommenen Schlüsselnummern auf Übereinstimmung zu prüfen. Darüber hinaus sei betriebsintern ein Kontrollsystem errichtet, in dem eine Mitarbeiterin ausschließlich mit der administrativen Bearbeitung der einlangenden Begleitscheine beauftragt sei. Die Bediensteten der W.B. GmbH hätten bis dato fehlerlos gearbeitet.
Der Beschwerdeführer als abfallrechtlicher Geschäftsführer kann sich aufgrund der von der W.B. GmbH ausgeübten Tätigkeit (Sammeln gefährlichen Abfalls) nicht um alle Belange und Angelegenheiten dieser Gesellschaft selbst annehmen. Es muß ihm jedenfalls zugebilligt werden, die Besorgung einzelner Angelegenheiten (insbesondere Abholen des Abfalls von den Übergebern) anderen Personen (hier: Lkw-Fahrern) selbst verantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesem Belange auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Ob der Geschäftsführer von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit befreit ist, hängt im Einzelfall davon aus, ob er den Nachweis zu erbringen vermag, daß er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Die Tatsache der Bestellung einer ihm gegenüber verantwortlichen und auch geeigneten Person für sich allein ist noch nicht geeignet, seine Schuldlosigkeit zu erweisen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 4. März 1994, Zl. 93/02/0194, u.v.a.). Wenn daher der abfallrechtliche Geschäftsführer durch entsprechende Organisation im Unternehmen, Schulung der Dienstnehmer und Dienstanweisung alle nur denkbaren zweckmäßigen Vorkehrungen für die Einhaltung der mit der Erlaubnis nach § 15 Abs. 1 AWG verbundenen Rechtsvorschriften getroffen hat, haben die Strafbehörden begründet darzulegen, worin sie ein Verschulden des Geschäftsführers bei Übertretung des AWG erblicken. Dabei ist jedenfalls zu berücksichtigen, daß den Geschäftsführer, wenn er sich zur Einhaltung der ihn betreffenden Verwaltungsvorschriften anderer Personen bedient, die Verpflichtung trifft, nicht nur geeignete Personen damit zu betrauen und andererseits für die Überwachung dieser Personen alles vorzukehren, wodurch bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit der gesetzwidrige Erfolg hätte verhindert werden können; vielmehr gehört zu der letztgenannten Verpflichtung - wenn es der Betriebsumfang nicht zuläßt, persönlich sämtlichen Überwachungsaufgaben nachzukommen - nicht nur die Einrichtung eines ausreichend dichten und zulänglich organisierten Netzes von Aufsichtsorganen, sondern auch dessen Überwachung (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. November 1987, Zl. 86/09/0174).
Im gegenständlichen Fall hat der vom Beschwerdeführer eingesetzte Mitarbeiter (LKW-Fahrer) - auch nach den Feststellungen der belangten Behörde - erstmals auf den Begleitscheinen ausgewiesenen gefährlichen Abfall des Typs Zytostatika übernommen, weil er eine exakte vollständige Überprüfung der Begleitscheine anhand der Liste jener Stoffe, die übernommen werden dürfen, unterlassen hat. Worin das Fehlverhalten des Beschwerdeführers im Sinne der dargestellten Rechtslage liegen soll, insbesondere inwieweit dem Beschwerdeführer angelastet werden kann, daß er seinen oben näher umschriebenen Überwachungspflichten nicht nachgekommen ist, hat die belangte Behörde auf der Basis der zunächst als ausreichend anzusehenden Behauptungen des Beschwerdeführers nicht ausreichend begründet.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997070137.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
22.12.2009