TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/20 I403 2228718-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.02.2020
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Entscheidungsdatum

20.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z5
AsylG 2005 §58 Abs2
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2
FPG §55 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

I403 2228718-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Ägypten, vertreten durch RA Dr. Gerfried HÖFFERER, Praterstern 2, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.01.2020, Zl. 1257964501/200066815, zu Recht:

A)

I. Spruchpunkt I., mit dem kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 vergeben wird, wird ersatzlos behoben.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass es in Spruchpunkt III. zu lauten hat: „Es wird gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Ägypten zulässig ist.“ und dass in Spruchpunkt VI. die Wortfolge „Ziffer 7“ gestrichen wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein ägyptischer Staatsangehöriger, wurde am 16.01.2019 beim Verkauf von Maroni kontrolliert. Es wurde festgestellt, dass er über einen italienischen Aufenthaltstitel, aber über kein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet verfügte. Nach Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA / belangte Behörde) am 17.01.2029 wurde mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid des BFA vom 21.01.2020 dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt II.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach (Hier wurde von der belangten Behörde offenbar vergessen, den Zielstaat der Abschiebung einzufügen) zulässig ist (Spruchpunkt III.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Absatz 4 FPG nicht gewährt (Spruchpunkt IV.). Zudem wurde einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Absatz 2 Ziffer 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 7 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 14.02.2020 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Ägyptens und bis zum 15.10.2020 in Italien aufenthaltsberechtigt.

Der Beschwerdeführer wurde am 16.01.2020 beim Verkauf von Maroni an einem von ihm für 500 Euro monatlich angemieteten Stand angetroffen. Er verdient seinen Angaben nach etwa 850 bis 900 Euro monatlich und bezahlt eine Miete von 150 Euro. Am 17.01.2020 war er in Besitz von 140 Euro.

Der Beschwerdeführer war von 07.09.2015 bis 01.10.2015, von 26.07.2018 bis 11.03.2019 und ab dem 13.01.2020 in Österreich gemeldet. Am 04.07.2019 reiste er zuletzt von Ägypten in das österreichische Bundesgebiet ein. Der Beschwerdeführer war sich seines unrechtmäßigen Aufenthaltes bewusst. In Ägypten leben die Ehefrau und das Kind des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer verfügt über geringe Deutschkenntnisse und hat in Österreich keine familiären Anknüpfungspunkte. Er ist gesund und erwerbsfähig.

Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.

Der Beschwerdeführer reiste am 03.02.2020 aus dem österreichischen Bundesgebiet mit dem Zug nach Italien aus.

Für den Beschwerdeführer besteht im Falle einer Rückkehr nach Ägypten keine Bedrohung oder Gefährdung.

1.2. Zu den Gründen für die Erlassung eines Einreiseverbots:

Der Beschwerdeführer hielt sich ab Juli 2018 – mit einer mehrmonatigen Unterbrechung aufgrund eines Aufenthaltes in Ägypten bis Juli 2019 – in Österreich auf, obwohl ihm aufgrund seines italienischen Aufenthaltstitels nur eine Aufenthaltsdauer von 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen erlaubt war. Zudem reiste der Beschwerdeführer nach Österreich ein, um zu arbeiten, ohne über eine entsprechende Bewilligung zu verfügen. Ihm war bewusst, dass er sich unrechtmäßig in Österreich aufhielt und führte er eine selbständige Tätigkeit aus, ohne über die entsprechende Gewerbe- und Aufenthaltsberechtigung zu verfügen.

Der Beschwerdeführer war in Besitz von 140 Euro und verfügte damit nicht über ausreichende Barmittel.

2. Beweiswürdigung:

Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister und dem Zentralen Melderegister (ZMR) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinem ägyptischen Reisepass, gültig bis 12.06.2026 und seinem italienischen Aufenthaltstitel, gültig von 23.07.2018 bis 15.10.2020. Dass der Beschwerdeführer im Juli 2019 von Ägypten in das Bundesgebiet einreiste, ergibt sich aus dem Einreisestempel der im Akt einliegenden Passkopie und seiner Aussage in der Einvernahme durch das BFA am 17.01.2020, dass er im Juli 2019 wieder in die Wohnung seines Freundes zurückgekehrt sei, in der er vor seiner Ausreise nach Ägypten gelebt habe – und in der er laut ZMR bis 11.03.2019 gemeldet war.

Die Feststellungen zu seinem Verdienst und seinen Kosten in Österreich ergeben sich, ebenso wie die Angaben zu seiner Familie in Ägypten, aus seinen Aussagen in der Einvernahme durch das BFA am 17.01.2020. Im Rahmen dieser Einvernahme erklärte er auch: „Ich bin mir bewusst, dass ich illegal hier bin.“ Der Beschwerdeführer meinte zudem, er sei nach Österreich gekommen, um hier zu arbeiten. Im Widerspruch dazu ist in der Beschwerde davon die Rede, dass es dem Beschwerdeführer nicht bewusst gewesen sei, dass er unrechtmäßig in Österreich war. Abgesehen davon, dass dies im Gegensatz zu seiner Aussage gegenüber dem BFA steht, wäre es aber jedenfalls die Pflicht des Beschwerdeführers gewesen, sich nach den rechtlichen Gegebenheiten zu erkundigen, wenn er in einem anderen Land einen Wohnsitz begründet und eine Arbeit aufnimmt.

Dass der Beschwerdeführer erwerbsfähig und gesund ist, ergibt sich daraus, dass keine gesundheitlichen Einschränkungen geltend gemacht wurden und er am 17.01.2020 auch angab, keine Medikamente zu nehmen. In dieser Einvernahme erklärte der Beschwerdeführer auch, dass er keinen Deutschkurs besucht habe und nur über geringe Deutschkenntnisse verfüge.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage im Strafregister der Republik Österreich vom 20.02.2020.

Die Ausreise des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet mit dem Zug nach Italien ergibt sich aus der im Akt liegenden Ausreisebestätigung.

Der Beschwerdeführer hatte zu keinem Zeitpunkt im Verfahren, auch nicht in der Beschwerde, behauptet, in Ägypten bedroht oder gefährdet zu sein. Vielmehr leben dort seine Frau und sein Kind und hielt er sich 2019 für einen längeren Zeitraum in seinem Herkunftsstaat auf.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zur Nichtzuerkennung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Der Ausspruch in Bezug auf § 57 AsylG 2005 hatte seine Grundlage in § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005, wonach das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen hat, wenn sich ein Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des sechsten Hauptstückes des FPG fällt. Zum jetzigen Zeitpunkt, in dem über die gegen den Bescheid des BFA erhobene Beschwerde zu entscheiden ist, befindet sich der Beschwerdeführer allerdings nicht mehr im Bundesgebiet. Damit war die Voraussetzung für die amtswegige Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 weggefallen, weshalb der erste Spruchteil des Spruchpunktes I. ersatzlos zu beheben ist.

3.2. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist.

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG lautet wie folgt:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Im gegenständlichen Fall verfügt der Beschwerdeführer über kein Familienleben in Österreich und hat ein solches auch nicht behauptet. Vielmehr hält sich seine Kernfamilie, insbesondere seine Ehefrau und sein Kind, nach wie vor in Ägypten auf.

Zu prüfen wäre daher ein etwaiger Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers. Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554).

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann ein über zehnjähriger inländischer Aufenthalt den persönlichen Interessen eines Fremden am Verbleib im Bundesgebiet – unter Bedachtnahme auf die jeweils im Einzelfall zu beurteilenden Umstände – ein großes Gewicht verleihen (vgl. VwGH 10.05.2011, Zl. 2011/18/0100, mwN). Von der in diesem Zusammenhang vom Verwaltungsgerichtshofs entwickelten Judikatur, die bei einem über zehnjährigen Aufenthalt (sofern diese Dauer nicht durch gewisse Umstände relativiert wird) regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen am Verbleib in Österreich ausgeht, ist die Länge des Aufenthalts des Beschwerdeführers jedoch eine erhebliche Zeitspanne entfernt. Sohin ist seine weniger als eineinhalbjährige Aufenthaltsdauer nicht als so lange zu bewerten, dass diese das Interesse des Verbleibs des Beschwerdeführers in Österreich zum Überwiegen bringen würde oder die Aufenthaltsdauer in ihrer Gesamtheit nicht hinreichende Privatinteressen am Verbleib maßgeblich aufwerten könnte.

Eine nähere Beurteilung der sonstigen Umstände ergibt darüber hinaus, dass der Beschwerdeführer keine besondere Verfestigung im Bundesgebiet aufweist. In diesem Zusammenhang ist zudem zu berücksichtigen, dass laut aktueller Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Aufenthaltsbeendigung nach einem Aufenthalt von sechs Jahren im Bundesgebiet trotz vorhandener Integrationsschritte (Deutschkenntnisse, Selbsterhaltungsfähigkeit) im öffentlichen Interesse liegen kann und dass Schwierigkeiten beim Wiederaufbau einer Existenz im Heimatland die Interessen an einem Verbleib in Österreich nicht in entscheidender Weise zu stärken vermögen, sondern dass diese – letztlich auch als Folge des seinerzeitigen, ohne ausreichenden Grund für eine Flucht nach Österreich vorgenommenen Verlassens des Heimatlandes – im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen hinzunehmen sind (VwGH, 30.06.2016, Ra 2016/21/0122 bis 0125-7; VwGH, 30.06.2016, Ra 2016/21/0076-10).

Zudem ist nicht davon auszugehen, dass den Beschwerdeführer besondere Schwierigkeiten in Ägypten erwarten würden. Er beherrscht die Landessprache und verfügt über familiären Anschluss.

Vor diesem Hintergrund überwiegen die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet, sodass der damit verbundene Eingriff in sein Privatleben nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes als verhältnismäßig qualifiziert werden kann. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Herkunftsstaat Ägypten keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt.

Im Übrigen wird auch in der Beschwerde darauf hingewiesen, dass die Rückkehrentscheidung zu Recht erlassen worden sei.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. war daher abzuweisen.

3.3. Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers zulässig ist, allerdings wurde im Spruch vergessen, die Zulässigkeit der Abschiebung „nach Ägypten“ festzustellen. Dabei handelt es sich um eine offenkundige und auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit, da bei der rechtlichen Würdigung von einer Abschiebung nach Ägypten die Rede ist und dies unbestritten der Herkunftsstaat des Beschwerdeführers ist.

Der Beschwerdeführer hatte zu keinem Zeitpunkt im Verfahren, auch nicht in der Beschwerde, behauptet, in Ägypten bedroht oder gefährdet zu sein. Vielmehr leben dort seine Frau und sein Kind und hielt er sich 2019 für einen längeren Zeitraum in seinem Herkunftsstaat auf.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. war somit mit der Maßgabe abzuweisen, dass die Zulässigkeit der Abschiebung „nach Ägypten“ festzustellen war.

3.4. Zur Frist für die freiwillige Ausreise sowie Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkte IV. und V. des angefochtenen Bescheides):

Im angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 55 Abs. 4 FPG festgelegt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht. Gemäß § 55 Abs. 4 FPG hat das BFA von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 BFA-VG aberkannt wurde. Dies ist gegenständlich der Fall.

Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt, weil "die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist".

Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz sind im vorliegenden Beschwerdefall erfüllt, sodass das Bundesamt der vorliegenden Beschwerde zu Recht die aufschiebende Wirkung aberkannte. Es lag für das Bundesamt auch kein Grund vor, im Rahmen der Ermessensübung von der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung Abstand zu nehmen.

Aus dem Gesagten war auch die Beschwerde gegen die Spruchpunkte IV. und V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

3.5. Zur Erlassung eines auf die Dauer von drei Jahren befristeten Einreiseverbotes (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):

Die belangte Behörde erließ gemäß § 53 Abs. 1 iVm 2 FPG ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot.

Der Verwaltungsgerichtshof verweist in seiner Rechtsprechung darauf, dass der bloße unrechtmäßige Aufenthalt eines Fremden nach dem System der Rückführungsrichtlinie noch keine derartige Störung der öffentlichen Ordnung darstellt, dass dies immer die Erlassung eines Einreiseverbotes gebieten würde, dieses jedoch bei Hinzutreten weiterer Faktoren wie dem Nichtnachkommen einer Ausreiseverpflichtung oder Mittellosigkeit des Fremden durchaus geboten sein kann (VwGH Erkenntnis vom 24.05.2018, Ra 2018/19/0125).

Im vorliegenden Fall ist die Verhängung eines Einreiseverbots gegen den Beschwerdeführer als angemessen zu erachten. Beizupflichten ist zunächst der behördlichen Feststellung des Umstandes der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers iSd § 53 Abs. 2 Z 6 FPG. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 21. Juni 2012, Zl. 2011/23/0305, mwN). Der Beschwerdeführer hat in keiner Weise dargelegt, dass er irgendwelche Mittel zur Sicherung seines Lebensbedarfes hat. Er verfügte bei seiner Einvernahme über 140 Euro Barmittel und ging einer unerlaubten Tätigkeit nach.

Die belangte Behörde hatte das Einreiseverbot im angefochtenen Bescheid auf § 53 Abs. 2 Z 7 FPG gestützt und damit auf das Ausüben einer Beschäftigung, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen. Dem Beschwerdevorbringen ist dahingehend Recht zu geben, dass eine selbständige Tätigkeit, wie vom Beschwerdeführer ausgeübt, nicht als Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG anzusehen ist. Aus der Formulierung des § 53 Abs. 2 FPG ergibt sich allerdings, dass die dortige Aufzählung nicht als taxativ, sondern als demonstrativ bzw. enumerativ zu sehen ist ("Dies ist insbesondere dann anzunehmen, ..."), weshalb die belangte Behörde in mit den in Z 1 - 9 leg. cit expressis verbis nicht genannten Fällen, welche jedoch in ihrer Interessenslage mit diesen vergleichbar sind, ebenso ein Einreiseverbot erlassen kann. Die belangte Behörde hat jedenfalls zu Recht darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer ohne entsprechende Berechtigung tätig war. Drittstaatsangehörige, die in Österreich einer selbständigen Erwerbstätigkeit länger als sechs Monate nachgehen wollen, benötigen dafür einen entsprechenden Aufenthaltstitel nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG). Wer weniger als sechs Monate in Österreich bleiben und arbeiten will, fällt unter die einschlägigen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes. In diesem Fall muss ein Visum zu Erwerbszecken im Sinne des § 24 FPG beantragt werden. Dies gilt auch für den Fall, dass jemand einer gewerblichen Tätigkeit für weniger als sechs Monate nachgehen will.

Auch wenn der Beschwerdeführer daher keine Beschäftigung, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, hatte, steht dennoch fest, dass er ohne entsprechende Gewerbe- und Aufenthaltsberechtigung selbständig tätig war, so dass darin ein dem § 53 Abs. 2 Z 7 FPG vergleichbarer Unrechtsgehalt zu sehen ist.

In der Beschwerde wurde darüber hinaus darauf verwiesen, dass der Beschwerdeführer ab dem 13.01.2020 in Österreich gemeldet war. Daraus geht aber zugleich hervor, dass er von Juli 2019 bis zum 13.01.2020 in Österreich aufhältig war, ohne seinen Verpflichtungen nach dem MeldeG nachzukommen.

Aufgrund des Fehlens eines zu berücksichtigenden Privat- und Familienlebens in Österreich besteht keine Notwendigkeit einer Reduzierung der Dauer des Einreiseverbotes. Ein Familienleben in Italien wurde nicht behauptet, vielmehr vom Beschwerdeführer darauf verwiesen, dass seine Ehefrau und sein Kind in Ägypten leben. Weiters hielt sich der Beschwerdeführer in den letzten eineinhalb Jahren in Österreich bzw. Ägypten auf, was auch gegen enge Bindungen in Italien spricht. Zudem behält der von Italien bis Oktober 2020 befristet ausgestellte Aufenthaltstitel seine Wirksamkeit, auch wenn der Beschwerdeführer auf Grund einer in Österreich getroffenen Entscheidung im Schengener Informationssystem zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben wird.

Das SDÜ sieht für diesen Fall in seinem Art. 25 Abs. 2 zwar die Möglichkeit der „Einziehung“ eines Aufenthaltstitels durch die ausstellende Vertragspartei vor, unter welchen Voraussetzungen eine solche „Einziehung“ erfolgen kann, ist in diesem Übereinkommen jedoch nicht geregelt. Insbesondere findet sich darin keine Bestimmung, wonach die Ausschreibung eines Drittausländers zur Einreiseverweigerung per se einen Grund für die „Einziehung“ eines Aufenthaltstitels darstellt. Unter welchen Voraussetzungen ein Aufenthaltstitel entzogen werden kann, richtet sich vielmehr weiterhin - ebenso wie vor der Ausschreibung des Drittausländers zur Einreiseverweigerung - ausschließlich nach der jeweiligen nationalen (hier: italienischen) Rechtsordnung.

Im konkreten Fall wird die Gültigkeit des befristetet erteilten italienischen Aufenthaltstitels des Beschwerdeführers von einer allfälligen Ausschreibung des Beschwerdeführers zur Einreiseverweigerung auf Grund des vorliegenden Einreiseverbots nicht berührt. Damit wäre mit dieser Maßnahme ein Eingriff in das in Italien geführte Privat- und Familienleben ohnehin nicht verbunden.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. war daher mit der Maßgabe abzuweisen, dass der Verweis auf die Ziffer 7 des § 53 Abs. 2 FPG zu entfallen hatte.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist - aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Bundesverwaltungsgericht nur etwa ein Monat liegt - die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Es lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und es waren auch keine Beweise aufzunehmen. Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Abschiebung aufenthaltsbeendende Maßnahme Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel aufschiebende Wirkung - Entfall berücksichtigungswürdige Gründe Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig ersatzlose Teilbehebung freiwillige Ausreise Frist Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose illegale Beschäftigung Interessenabwägung Kassation Mittellosigkeit öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Rückkehrentscheidung Spruchpunktbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I403.2228718.1.00

Im RIS seit

13.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

13.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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