TE Vwgh Erkenntnis 1998/1/15 97/07/0164

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Veröffentlicht am 15.01.1998
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Index

80/04 Wettbewerbsrecht;

Norm

DMG 1994 §19 Abs1 Z1 lita;
DMG 1994 §5 Abs2 Z3;
DüngemittelV 1994 §26;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde des F R in S, vertreten durch Dr. J P, Rechtsanwalt in M, S-Platz 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 22. Juli 1997, VwSen-200184/14/Kl/Rd, betreffend Übertretung des Düngemittelgesetzes 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft B. erließ gegen den Beschwerdeführer ein mit 8. Mai 1996 datiertes Straferkenntnis, dessen Spruch folgenden Wortlaut hat:

"Am 1.2.1995 wurde im R.-Lagerhaus V. eine amtliche Düngemittelkontrolle vorgenommen und dabei festgestellt, daß das von Ihnen am 15.12.1994 an den zuvor genannten Betrieb gelieferte Düngemittel mit der Handelsbezeichnung NPK 13-13-21 den Kennzeichnungsvorschriften nach § 8 Düngemittelgesetz nicht entsprach, zumal der angegebene Gehalt an Kaliumoxid wasserlöslich im Widerspruch zum tatsächlichen Gehalt stand. Das Düngemittel sollte laut Kennzeichnung 21 % Kaliumoxid wasserlöslich enthalten. Laut Untersuchungsanstalt (richtig wohl: Untersuchungsergebnis) der Bundesanstalt für Agrarbiologie erreichte das Produkt 18,2 % Kaliumoxid wasserlöslich, sodaß der in der Anlage 2, Teil B, Z. II der Düngemittelverordnung 1994 vorgeschriebene Mindestgehalt von 19,9 % um 1,7 % unterschritten wurde. Folglich haben Sie dieses Düngemittel entgegen der Bestimmung des § 5 Düngemittelgesetz in Verkehr gebracht, indem Sie das den Kennzeichnungsvorschriften nicht entsprechende Produkt am 15.12.1994 an das R.-Lagerhaus V. ausgeliefert haben.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 5 Abs. 2 Z. 3 iVm § 19 Abs. 1 Z. 1 lit. a Düngemittelgesetz 1994, BGBl. Nr. 513/1994 idgF iVm § 26 und Anlage 2, Teil B, Z. II Düngemittelverordnung 1994, BGBl. Nr. 1007/1994."

Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe in Höhe von S 8.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 8 Tage) verhängt und er wurde zur Entrichtung von Barauslagen (Untersuchungskosten) in Höhe von S 1.170,-- verhalten.

Der Beschwerdeführer berief. Er brachte vor, nicht er habe das Düngemittel in Verkehr gebracht. Außerdem sei auch die subjektive Tatseite nicht erfüllt, weil er alles ihm Zumutbare getan habe. Er habe schon im Verfahren erster Instanz darauf hingewiesen, daß das Düngemittel untersucht und ein diesbezügliches Zertifikat ausgestellt worden sei, wonach das importierte Düngemittel den gesetzlichen Vorschriften entspreche.

In der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde brachte der Beschwerdeführer vor, er fühle sich nicht schuldig, weil durch die Lieferfirma selbst eine Beprobung stattfinde und das Analyseergebnis bzw. die Inhaltsstoffe auch in einem Zeugnis bestätigt würden. Der Beschwerdeführer habe diesbezüglich noch nie Probleme gehabt. Die Lieferfirma verfüge über ein nach dem Stand der Technik ausgerüstetes Labor und habe ausgebildetes Personal. Der Beschwerdeführer habe dasselbe Produkt auch an die Firma F. in A. geliefert. Dort habe ebenfalls eine Kontrolle stattgefunden, wobei die Gehalte desselben Produktes NPK 13-13-21 als richtig befunden worden seien. Diese Kontrolle habe am 9. März 1995 stattgefunden. Der Beschwerdeführer habe im Warenbegleitschein zur Lagerung trockene Lagerung angegeben und es falle nunmehr auf, daß das in Rede stehende Düngemittel im Lagerhaus V. unverpackt offen und in einer unbeheizten Lagerhalle gelagert worden sei. Daraus könne sich aufgrund der Luftfeuchtigkeit eine Herabsetzung des Kaliumoxidgehaltes ergeben. Dieser Schluß werde auch deshalb gezogen und sei zulässig, weil dasselbe Produkt bei der Firma F. beprobt und nicht beanstandet worden sei. Es werde daher die Einholung des Gutachtens eines Amtssachverständigen für Chemie zur Bestätigung der Richtigkeit der Angaben des Beschwerdeführers beantragt.

Dieser Beweisantrag wurde von der belangten Behörde, wie sich aus der Verhandlungsschrift ergibt, abgelehnt, weil er für die Entscheidung nicht relevant sei.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 22. Juli 1997 gab die belangte Behörde der Berufung hinsichtlich der Schuld keine Folge und bestätigte das erstinstanzliche Straferkenntnis. Sie verfügte jedoch den Entfall der Ersatzfreiheitsstrafe und ordnete an, daß in der zitierten Strafnorm der Ausdruck "lit. a" zu entfallen habe. Weiters setzte sie die vom Beschwerdeführer zu zahlenden Untersuchungskosten im Sinne des § 18 Abs. 3 des Düngemittelgesetzes 1994 mit S 1.008,-- fest.

In der Begründung heißt es, die belangte Behörde habe Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt sowie durch die Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16. Juni 1997, an der die Verfahrensparteien teilgenommen hätten.

Aufgrund des durchgeführten Verfahrens stehe als erwiesen fest, daß das Düngemittel NPK 13-13-21 in der Menge von ca. 175 t (7 Waggonladungen a 25 t) vom R.-Lagerhaus V. beim Beschwerdeführer und von diesem bei der Firma I. in B. (Slowakei) laut den vorgelegten Frachtbriefen bestellt und auch von der Firma I. aufgrund der Bestellung des Beschwerdeführers dem R.-Lagerhaus V. geliefert worden sei. Die Ladung sei am Bahnhof am 13. Dezember 1994 eingetroffen und sei am 15. Dezember 1994 an das Lagerhaus V. geliefert worden. Sowohl nach den Aussagen des Beschwerdeführers selbst als auch nach den von ihm vorgelegten Frachtbriefen sei Käufer und Empfänger der Düngemittelladung der Beschwerdeführer selbst, die Ladung sei aber direkt an das Lagerhaus geliefert worden. Es sei also die Lieferung auf Rechnung und Gefahr des Beschwerdeführers erfolgt und es habe auch der Beschwerdeführer die Ware verzollt bzw. die angefallenen Zollgebühren bezahlt. Da die Ware lose geliefert worden sei, weise der dazugehörige Warenbegleitschein den Beschwerdeführer als Lieferanten bzw. Verkäufer aus. Die unbestritten gebliebenen Aussagen des Lagerhausdirektors sowie des Magazineurs ergäben weiters, daß das gegenständliche Düngemittel, nämlich die ganze Ladung, in einer großen Box gelagert und in dem Zeitraum von sechs Wochen bis zu seiner Kontrollbeprobung nicht verkauft worden sei. Eine Vermischung mit einem anderen Düngelmittel sei ausgeschlossen worden. Die am 1. Februar 1995 im Lagerhaus gezogene Probe und Untersuchung dieser Probe habe dann ergeben, daß der angegebene Wert von Kaliumoxid von 21 % um 2,8 % unterschritten worden sei, indem ein Wert von 18,2 % festgestellt worden sei, obwohl nur eine Toleranz von 1,1 % zulässig sei.

Im Akt erster Instanz lägen für das Material NPK 13-13-21 Analysen-Zertifikate vom 6. Dezember 1994 der Firma I. in B. vor, welche einen Kaliumoxidgehalt von 20,2 % auswiesen. Aus diesen Zertifikaten könne allerdings nicht entnommen werden, daß es sich um jenes Düngemittel handle, welches dann beim Lagerhaus beprobt worden sei, weil aus den Zertifikaten kein Lieferungsempfänger hervorgehe und auch keine Mengenbezeichnung des beprobten Gutes.

Das vom Beschwerdeführer vorgelegte Schreiben des Bundesamtes für Agrarbiologie vom 30. Juni 1995 lasse lediglich auf eine Düngemittelkontrolle bei der Firma F. rückschließen. Eine Beprobung des Düngemittels und das diesbezügliche Ergebnis gingen hingegen daraus nicht hervor.

Der in der Verhandlung gestellte Beweisantrag auf Einholung eines Gutachtens eines chemischen Amtssachverständigen darüber, daß das Düngemittel im Lagerhaus V. unverpackt in einem ungeheizten Lagerhaus bei Luftfeuchtigkeit gelagert worden sei und daher der Kaliumoxidgehalt herabgesetzt habe werden können, sei nicht erforderlich gewesen, weil schon aus dem Allgemeinwissen einer allgemeinbildenden höheren Schule amtsbekannt sei, daß sich Kaliumoxid mit Luftfeuchtigkeit (Wasser) "höchstens zu einer Säure sauren Lösung bindet", daß aber Kaliumoxid bzw. Kalium an sich "nicht entfleucht".

Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer, welcher das Düngemittel aufgrund seiner Bestellung eingeführt und an das Lagerhaus V. geliefert habe, habe das Düngemittel durch das Liefern im geschäftlichen Verkehr überlassen und daher in Verkehr gebracht, obwohl entgegen den Eintragungen im Warenbegleitschein eine Beprobung der Ware ergeben habe, daß der Kaliumgehalt des Düngemittels um mehr als die Toleranz von 1,1 %, nämlich konkret um 2,8 %, unterschritten worden sei. Der Beschwerdeführer habe daher den objektiven Tatbestand einwandfrei erfüllt. Das Beweisverfahren habe ergeben, daß der Beschwerdeführer durch seine gewerbliche Tätigkeit, nämlich durch den Düngemittelimport und Verkauf an das Lagerhaus das Düngemittel in Verkehr gesetzt habe. Die Beprobung habe eine Unterschreitung des Kaliumgehaltes einwandfrei ergeben; es sei auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten worden. Hingegen habe den Ausführungen des Beschwerdeführers nicht gefolgt werden können, daß das Düngemittel im Lagerhaus mit einem anderen Düngemittel vermischt worden sei, sodaß eine Wertminderung eintrete bzw. daß durch eine falsche Lagerung der Kaliumgehalt herabgesetzt werde. Dieses Vorbringen sei nicht geeignet, den Beschwerdeführer zu entlasten. Wenn der Beschwerdeführer weiters Analyse-Zertifikate über das angeblich von ihm an das Lagerhaus gelieferte Düngemittel vorlege, so sei dem entgegenzuhalten, daß daraus nicht einwandfrei vollzogen werden könne, ob es sich genau um jenes Düngemittel handle, welches am 15. Dezember 1994 beprobt worden sei. Ein Empfänger gehe nämlich aus den Analyse-Zertifikaten nicht hervor. Auch könne aus ihnen keine Warenmenge entnommen werden. Auch sei Verschulden anzunehmen, weil es sich bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamsdelikt handle. Ein Entlastungsnachweis sei dem Beschwerdeführer nicht gelungen. Wenn er zu seinem mangelnden Verschulden ausführe, daß ihm weitergehende Maßnahmen nicht zumutbar gewesen seien, so sei dem entgegenzuhalten, daß eine Beprobung unmittelbar vor Lieferung und zwar von einer unabhängigen Stelle, durchaus zumutbar sei. Die Zertifizierung durch den Düngemittelerzeuger solle zwar diesen schützen und könne für den Beschwerdeführer allenfalls Gewährleistungsansprüche auslösen, jedoch könne hiedurch ein Beweis, daß ein gehörig gekennzeichnetes Düngemittel geliefert worden sei bzw. daß den Beschwerdeführer im Vertrauen darauf kein Verschulden treffe, nicht abgeleitet werden. Der Beschwerdeführer hätte eine Überprüfung der gelieferten Düngemittelladung bei Eintreffen durchführen müssen.

Die Ersatzfreiheitsstrafe sei aufzuheben gewesen, weil § 19 Abs. 4 des Düngemittelgesetzes 1994 die Umwandlung der Geldstrafe auch im Fall der Uneinbringlichkeit ausschließe.

Hinsichtlich der Untersuchungskosten, die anläßlich der Beprobung angefallen seien, bestimme § 18 Abs. 3 des Düngemittelgesetzes 1994, daß diese im Straferkenntnis vorzuschreiben seien. Nach § 1 Abs. 2 des Düngemittel-Gebührentarifs, BGBl. Nr. 1009/1994, werde neben den in der Anlage angeführten Gebühren eine Probenahmegebühr von acht Punkten je bemusterter Partie und eine Reiseaufwandspauschale von 24 Punkten je Betriebsbesuch festgesetzt. Nach § 2 Abs. 1 des Düngemittel-Gebührentarifs entspreche (1 Punkt) einem Betrag von S 12,60. Nach der Anlage zum Düngemittel-Gebührentarif, Zl. 00041 seien für die Probenvorbereitung mechanisch 10 Punkte und nach Zl. 02450 für die Kaliumuntersuchung gesamt oder wasserlöslich (graphimetrisch) 38 Punkte zu verrechnen. Daraus ergäben sich daher 80 Punkte und ein Betrag von S 1.008,--.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde habe zu Unrecht die Einholung des von ihm beantragten Gutachtens eines Amtssachverständigen für Chemie zur Frage der Auswirkungen der Lagerung des Düngemittels in einer feuchten Lagerhalle abgelehnt. Wäre ein Amtssachverständiger beigezogen worden, hätte dieser bestätigt, daß durch die sechswöchige offene Lagerung der Kaliumoxidgehalt verringert werde.

Der Beschwerdeführer habe eine Untersuchung des Düngemittels bei der Lieferfirma vornehmen lassen, welche über ein äußerst modernes Labor und ausgebildetes Personal verfüge. Er habe daher davon ausgehen können, daß die dort vorgenommene Analyse auch einer Überprüfung durch österreichische Behörden standhielte. Es habe für den Beschwerdeführer nicht den geringsten Grund gegeben, hinsichtlich der Analyseergebnisse mißtrauisch zu sein, zumal es trotz jahrelanger Geschäftsbeziehungen zur Firma I. und oftmaliger Beprobung von Waren durch die Bundesanstalt für Agrarbiologie noch nie zu derartigen Beanstandungen gekommen sei.

Aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Zertifikaten ergebe sich sogar die Waggonnummer der ÖBB. Diese sieben Waggoninhalte seien beprobt und analysiert worden und zwar mit den aktenkundigen unbedenklichen Ergebnissen betreffend Kaliumoxid. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde sei sehr genau erörtert worden, daß es sich beim gegenständlichen Import im Ausmaß von 175 t um diese sieben Waggoninhalte a 25 t handle, die am 15. Dezember 1994 durch die ÖBB an das Lagerhaus V. geliefert worden seien. Die belangte Behörde sei daher nicht im Recht, wenn sie in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausführe, den Zertifikaten könne nicht entnommen werden, daß es sich um das fragliche Düngemittel handle. Es seien auch die Zollpapiere vorgelegt worden, aus welchen sich die Firma I. als Absender ergebe, ebenso der Bestimmungsbahnhof V. und wiederum die Waggonnummern, welche mit den Zertifikaten in Einklang stünden. Die belangte Behörde hätte daher aufgrund dieser unbedenklichen Urkunden feststellen müssen, daß die Zertifikate die Düngemittel auf jenen sieben Waggons beträfen, mit welchem der Dünger von den ÖBB an das Lagerhaus V. geliefert worden sei.

Der angefochtene Bescheid sei auch deswegen rechtswidrig, weil die belangte Behörde die Ersatzfreiheitsstrafe aufgehoben habe.

Das Bundesamt und Forschungszentrum für Landwirtschaft spreche in der Anzeige an die Bezirkshauptmannschaft B. an Probenahmegebühr lediglich S 104,-- an (8 Punkte x S 13,--), weswegen die belangte Behörde neben der Untersuchungsgebühr und der Reiseaufwandpauschale an Barauslagen nicht einen höheren Betrag hätte vorschreiben dürfen als vom Bundesamt angesprochen. Weiters sei zweifelhaft, ob der beantragte Zuspruch der Probenahmegebühr die von der belangten Behörde zugesprochenen Kosten für die Probenvorbereitung betreffe.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 19 Abs. 4 des Düngemittelgesetzes 1994, BGBl. Nr. 513 (DMG 1994) findet eine Umwandlung der Geldstrafe in eine Freiheitsstrafe auch im Falle der Uneinbringlichkeit nicht statt.

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum DMG 1994 (1463 Blg. XVIII. GP, 14) heißt es dazu, eine Ersatzfreiheitsstrafe sei im Hinblick auf Art. 5 MRK nicht vorgesehen. § 19 Abs. 4 stellt daher eine vom Gebot des § 16 VStG, der die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall der Uneinbringlichkeit einer Geldstrafe vorsieht, abweichende Bestimmung dar. Zu Recht hat die belangte Behörde die von der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz vorgesehene Ersatzfreiheitsstrafe aufgehoben.

Nach § 18 Abs. 3 DMG 1994 ist im Verwaltungsstrafverfahren im Straferkenntnis dem Beschuldigten der Ersatz der Kosten der Nachschau, Probenahme und Untersuchung sowie der Verwertung oder Vernichtung verfallener Ware vorzuschreiben. Die Kosten der Untersuchung sind unmittelbar an die jeweilige Untersuchungsanstalt zu entrichten.

In welcher Höhe der Kostenersatz im Sinne des § 18 Abs. 3 DMG 1994 vorzuschreiben ist, ergibt sich aus dem Düngemittel-Gebührentarif, BGBl. Nr. 1009/1994. An einen Antrag der untersuchenden Anstalt ist die Verwaltungsstrafbehörde nicht gebunden. Die belangte Behörde hat dargelegt, wie sich der von ihr vorgeschriebene Kostenersatzbetrag errechnet. Daß die diesbezüglichen Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid unrichtig seien, ist nicht erkennbar. Die nicht näher konkretisierten Zweifel des Beschwerdeführers vermögen keine solche Unrichtigkeit aufzuzeigen.

Dem Beschwerdeführer wird eine Übertretung des § 19 Abs. 1 Z. 1 lit. a DMG 1994 vorgeworfen. Nach dieser Bestimmung begeht eine Verwaltungsübertretung, wer Düngemittel entgegen § 5 in Verkehr bringt.

Nach § 5 Abs. 2 Z. 3 DMG 1994 ist es verboten, Düngemittel in Verkehr zu bringen, die falsch bezeichnet sind oder sonst den Kennzeichnungs- und Verpackungsvorschriften nach § 8 nicht entsprechen.

§ 26 der Düngemittel-Verordnung, BGBl. Nr. 1007/1994, gestattet in Verbindung mit Anlage 2, Teil B, Z. II dieser Verordnung für Düngemittel der in Rede stehenden Art eine Toleranz von 1/5 des angegebenen Mehrstoffgehaltes, wobei jedoch für die einzelnen Mehrstoffe Höchstgrenzen festgelegt sind. Diese betragen für Kaliumoxid 1,1 Gewichtsprozent.

Unbestritten ist, daß das Düngemittel bei seiner Beprobung einen Kaliumoxidgehalt aufwies, der vom angegebenen um mehr als die zulässige Toleranz abwich.

Dem Beschwerdeführer wird das Inverkehrbringen eines den Kennzeichnungsvorschriften nicht entsprechenden Düngemittels am 15. Dezember 1994 zur Last gelegt. Das bedeutet zwar nicht, daß der Beschwerdeführer verwaltungsstrafrechtlich nur zur Verantwortung gezogen werden kann, wenn an diesem Tag ein Unterschreiten des Kaliumoxidgehaltes festgestellt wurde. Seine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit ist aber dann nicht gegeben, wenn das Düngemittel am 15. Dezember 1994 den erforderlichen Kaliumoxidgehalt aufwies, sich dieser Gehalt aber in der Folge aus nicht vom Beschwerdeführer zu vertretenden Gründen verringerte. Genau das aber hat der Beschwerdeführer im Verfahren vor den Verwaltungsstrafbehörden behauptet. Er hat geltend gemacht, durch die - entgegen dem Warenbegleitschein - erfolgte Lagerung habe sich infolge der Luftfeuchtigkeit und der langen Dauer der Lagerung der Kaliumoxidgehalt vermindert. Zum Beweis dafür hat er die Einholung eines Amtssachverständigengutachtens beantragt. Diesen Beweisantrag hat die belangte Behörde in der mündlichen Verhandlung als entscheidungsunerheblich abgelehnt. Dies war unrichtig, denn entscheidungsunerheblich war der Beweisantrag jedenfalls nicht. Erstmals in der Begründung des angefochtenen Bescheides setzt sich die belangte Behörde inhaltlich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinander und meint, die Einholung des Sachverständigengutachtens sei deswegen nicht erforderlich gewesen, weil bereits aus dem Allgemeinwissen einer allgemeinbildenden höheren Schule amtsbekannt sei, daß sich Kaliumoxid mit Luftfeuchtigkeit (Wasser) "höchstens zu einer Säure sauren Lösung bindet", daß aber Kaliumoxid bzw. Kalium an sich nicht entfleuche.

Diese Vorgangsweise entsprach nicht dem Gesetz. Es war zwar nicht unzulässig, daß sich die belangte Behörde zur Beantwortung einer Sachfrage zunächst nicht eines Amtssachverständigen bediente, wenn ihr für die Behandlung des vorliegenden Falles zuständiges Mitglied über die erforderlichen Kenntnisse auf dem Gebiet der Chemie verfügte. Wohl aber wäre es erforderlich gewesen, daß dem Beschwerdeführer zu jenen Annahmen über den Zusammenhang zwischen der Lagerung des Düngemittels und der Verminderung des Kaliumoxidgehaltes, zu denen die belangte Behörde aufgrund ihrer eigenen Fachkenntnis gelangte, Parteiengehör gewährt wurde. Dies ist nicht geschehen. Die belangte Behörde hat dadurch Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können. Insbesondere hätte sich auch ergeben können, daß doch die Beiziehung eines Amtssachverständigen erforderlich wäre.

Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsstrafverfahren auch vorgebracht, er habe alles Zumutbare getan, indem er das Düngemittel durch die Lieferfirma habe beproben lassen.

Ob ein von der Herstellerfirma durchgeführter Test samt Bestätigung, daß das Produkt bestimmte gesetzlich geforderte Eigenschaften aufweist, ausreicht, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Die Begründung der belangten Behörde, diese Beprobung diene Gewährleistungszwecken, reicht nicht aus, um darzutun, daß es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Die belangte Behörde verwirft die Zertifikate der Herstellerfirma aber auch mit dem Argument, aus diesen Zertifikaten könne kein Bezug zum inkriminierten Düngemittel hergestellt werden. Bei dieser Annahme handelt es sich um ein Sachverhaltselement, zu welchem dem Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren nach Ausweis der Akten keine Gelegenheit gegeben wurde, Stellung zu nehmen. Auch in diesem Punkt ist daher der belangten Behörde eine relevante Verletzung von Verfahrensvorschriften unterlaufen.

Erstmals in der Gegenschrift bringt die belangte Behörde vor, die Probenmethoden und die Unanfechtbarkeit der Zertifikate der Lieferfirma seien der belangten Behörde nicht bekannt und nicht nachweisbar. Es wäre Sache des Beschwerdeführers gewesen, von sich aus der Behörde Art und Funktionsweise der in Rede stehenden Tests bekanntzugeben und darzulegen, daß er sich durch eine entspechende Kontrolle vergewissert habe, daß diese Tests Gewähr für Mängelfreiheit böten. Die belangte Behörde weist dazu auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. August 1995, 95/10/0056 bis 0059, hin.

Diesem Vorbringen in der Gegenschrift ist zunächst zu erwidern, daß im Verwaltungsstrafverfahren die Frage der Qualität der Beprobung durch die Herstellerfirma von der belangten Behörde nie angesprochen wurde und daß sich auch in der Begründung des angefochtenen Bescheides diesbezüglich keine Ausführungen finden. Mit dem Argument des mangelnden Nachweises der Qualität dieser Beprobung bringt die belangte Behörde ein neues sachverhaltsbezogenes Begründungselement ins Spiel, welches im Verwaltungsstrafverfahren von ihr nicht erörtert wurde. Dies erweist sich als unzulässig. Der Vollständigkeit halber sei aber darauf hingewiesen, daß der vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 3. August 1995, 95/10/0056 bis 0059, entschiedene Fall völlig anders gelagert war als der Beschwerdefall. In dem mit dem zitierten Erkenntnis entschiedenen Fall hatte der damalige Beschwerdeführer das Ablaufdatum für Lebensmittel aufgrund von Empfehlungen der Herstellerfirma festgesetzt, ohne daß ihm auch nur annähernd bekannt war, welche Tests die Herstellerfirma ihren Empfehlungen zugrundelegte, wobei es sich überdies nur um allgemeine Tests handelte, die nicht auf die an den damaligen Beschwerdeführer gelieferten Waren bezogen waren. Im vorliegenden Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer vorgebracht, das Düngemittel sei in einem Labor der Herstellerfirma nach dem Stand der Technik beprobt worden. Wenn die belangte Behörde Zweifel an der Qualität dieser Tests hatte, dann war es ihre Sache, den Beschwerdeführer zum Nachweis der Funktionsfähigkeit dieser Beprobung aufzufordern. Vom Beschwerdeführer zu verlangen, daß er nicht nur auf die Beprobung in einem modernen Labor nach dem Stand der Technik hinweist, sondern gleichzeitig auch alle technischen Details dieser Beprobung unaufgefordert der Behörde bekannt gibt, geht entschieden zu weit.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997070164.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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