TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/7 I416 2213948-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.05.2020
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Entscheidungsdatum

07.05.2020

Norm

AsylG 2005 §54 Abs2
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §55 Abs2
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z2
AsylG 2005 §58 Abs11
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs7
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §55 Abs2
IntG §9
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

I416 2213948-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA. Sierra Leone, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen die Spruchpunkte III. bis VI. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.12.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. wird stattgegeben und festgestellt, dass gemäß gemäß § 52 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist.

III. XXXX wird gemäß §§ 54, 55 Abs. 2 und 58 Abs. 2 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

IV. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt V. und VI. stattgegeben und diese ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Sierra Leone, reiste zu einem unbekannten Zeitpunkt illegal in den Schengen-Raum ein und stellte am 16.03.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Griechenland sowie am 02.05.2015 einen Asylantrag in Ungarn.

2. Anschließend reiste er nach Deutschland und stellte am 17.08.2015 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge am 24.05.2017 abgewiesen wurde. Der Beschwerdeführer erhob dagegen am 30.05.2017 Klage gegen die Republik Deutschland und war im Besitz einer bis 27.07.2018 gültigen Aufenthaltsgestattung in Deutschland.

3. Am XXXX wurde der Sohn des Beschwerdeführers, XXXX geboren und wurde am 18.01.2018 ein Antrag gemäß § 34 AsylG auf Gewährung desselben Schutzes, wie ihn die Kindesmutter XXXX in Österreich genießt, gestellt. Mit Bescheid vom 24.01.2018 wurde seinem Sohn der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

4. Mit Schriftsatz vom 04.07.2018 beantragte der Beschwerdeführer das eingeleitete Klageverfahren in Deutschland auszusetzen, jedoch wurde sein Antrag auf Aussetzung mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtes München vom 28.06.2019 abgelehnt.

5. Unter Umgehung der Grenzkontrollen reiste der Beschwerdeführer sodann ins Bundesgebiet ein und stellte am 17.07.2018 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er in der am selben Tag durchgeführten Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Wesentlichen damit, sein Herkunftsland aus wirtschaftlichen Gründen verlassen zu haben. Des Weiteren verwies er auf die bereits im deutschen Asylverfahren vorgebrachten Fluchtgründe und legte der Beschwerdeführer im Zuge dessen verschiedene Unterlagen zum bereits negativ abgeschlossenen Asylverfahren in Deutschland vor. Des Weiteren führte der Beschwerdeführer an, er habe Deutschland aufgrund der schwierigen Familiensituation in Österreich verlassen, da seine Stieftochter viele Probleme verursache.

6. Mit einer Mitteilung gemäß § 28 Abs. 2 AsylG vom 17.07.2018 wurde dem Beschwerdeführer zu Kenntnis gebracht, dass die belangte Behörde nach der Dublin-Verordnung Konsultationen durchführt. Sein Asylverfahren in Österreich wurde hingegen bereits am 20.07.2018 zugelassen, da der Beschwerdeführer Familienangehöriger gemäß Art. 2g Dublin-III-Verordnung sei.

7. Mit Schreiben vom 10.08.2018 teilte die Landespolizeiinspektion XXXX der belangten Behörde mit, dass gegen den Beschwerdeführer eine Anzeige nach dem Meldegesetz erstattet worden sei.

8. Am 11.08.2018 langte bei der belangten Behörde zunächst ein Bericht sowie am 30.08.2018 der Abschlussbericht der Landespolizeidirektion XXXX ein, wonach der Verdacht auf Fortgesetzte Gewaltausübung der XXXXzum Nachteil deren Tochter XXXX sowie der Verdacht der gegenseitigen Körperverletzung gegen den Beschwerdeführer sowie XXXXbestehe.

9. Am 17.08.2018 wurde der Beschwerdeführer durch die belangte Behörde niederschriftlich einvernommen und führte im Wesentlichen seine Fluchtgründe näher aus. Zu seinem Familienleben in Österreich befragt, erklärte er zusammengefasst, dass er gerne arbeiten möchte, um sich und seine Familie zu versorgen. Derzeit würde er gemeinsam mit seiner Frau, seinem Sohn und seiner Stieftochter in einer Privatwohnung leben und würden Auseinandersetzungen existieren, welche jedoch nicht so schlimm seien. Weder er noch sein Sohn hätten gesundheitliche Probleme.

10. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 20.12.2018, Zl. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Sierra Leone zulässig ist (Spruchpunkt V.). Zugleich gewährte ihm die belangte Behörde eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

11. Mit Verfahrensanordnung vom 20.12.2018 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3, 1170 Wien, als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht amtswegig zur Seite gestellt.

12. Gegen die Spruchpunkte III. bis VI. des Bescheides der belangten Behörde erhob der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Rechtsberatung mit Schriftsatz vom 24.01.2019 rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde und monierte die inhaltliche Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie die Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung ein für den Beschwerdeführer günstigerer Bescheid erzielt worden wäre.

13. Mit Schriftsatz vom 31.01.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 01.02.2019, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

14. Am 02.07.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Nachreichung der belangten Behörde zur Beschwerdevorlage, datiert vom 27.06.2019, ein und wurde damit ein Aktenvermerk der Landespolizeidirektion XXXX hinsichtlich einer Familienstreitigkeit am 12.06.2019 vorgelegt.

15. Mit Beschwerdeergänzung, datiert vom 10.03.2020, gab die ausgewiesene Rechtsvertretung unter anderem bekannt, dass dem Beschwerdeführer mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 11.12.2019 das alleinige Sorgerecht für seinen Sohn XXXX zugesprochen worden sei und wurden ergänzende Unterlagen vorgelegt.

16. Am 06.05.2020 wurde der belangten Behörde die Beschwerdeergänzung zur Kenntnisnahme und Abgabe einer Stellungnahme übermittelt. Seitens der belangten Behörde wurde dem Bundesverwaltungsgericht mitgeteilt, dass dahingehend keine Stellungnahme übermittelt wird.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Verfahrensgang:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

1.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Sierra Leona und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Er ist kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.

Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer ist gesund und leidet an keinen psychischen und physischen Beeinträchtigungen, die einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat entgegenstehen und ist sohin arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer reiste im Jahr 2018 unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz. Er hält sich seit mindestens 17.07.2018 ununterbrochen in Österreich auf und war lediglich zwischen 21.07.2018 und 04.09.2018 ohne aufrechte Meldeadresse.

Der Beschwerdeführer führt seit März 2016 eine Beziehung mit XXXX, einer Staatsangehörigen von Sierra Leone, der der Status der Asylberechtigten zukommt. Der Beschwerdeführer und seine Lebensgefährtin sind seit etwa drei Jahren traditionell verheiratet und hat das Paar ein gemeinsames Kind, XXXX. Die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers brachte zwei Kinder, XXXX sowie XXXX, in die Beziehung mit und wurde allen drei Kindern der Status von Asylberechtigten zuerkannt.

Der Beschwerdeführer lebt seit mindestens 04.09.2018 mit seiner Lebensgefährtin, seinem Sohn XXXX und seiner Stieftochter XXXX in einem gemeinsamen Haushalt.

Mit pflegschaftsgerichtlichem Beschluss vom 13.11.2019 wurde der Kindesmutter die Obsorge für ihren Sohn XXXX vorläufig entzogen und der Beschwerdeführer mit der Obsorge betraut. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 11.12.2019 wurde der Beschwerdeführer endgültig mit der alleinigen Obsorge betraut, da seine Lebensgefährtin an einer polymorphen Störung mit Symptomen einer Schizophrenie leidet und bei einem Verbleib der Obsorge bei der Mutter das Kindeswohl gefährdet wäre. Der Beschwerdeführer kümmert sich somit eigenverantwortlich sowohl um seinen Sohn XXXX als auch um den Haushalt.

Der Beschwerdeführer führt im Bundesgebiet ein schützenswertes Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK.

Darüber hinaus verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen in Österreich.

Die weitere Familie des Beschwerdeführers, unter anderem bestehend aus seinem Vater und seinen Geschwistern, lebt nach wie vor in Sierra Leone und kann nicht festgestellt werden, ob derzeit ein aufrechter Kontakt zu seinen Familienangehörigen oder Freunden besteht.

Der Beschwerdeführer besuchte sechs Jahre lang die Grundschule sowie vier Jahre lang die Hauptschule in Sierra Leone und spielte gleichzeitig auf professioneller Basis Fußball. In Deutschland besuchte der Beschwerdeführer zwei Jahre lang die Berufsschule für Gastgewerbe und absolvierte verschiedene Praktika.

Der Beschwerdeführer ist zu keinem Zeitpunkt seines Aufenthaltes im Bundesgebiet einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Der Beschwerdeführer bezieht derzeit Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer besuchte bereits in Deutschland im Jahr 2016 verschiedene Deutschkurse und verfügt über ein Sprachzertifikat auf dem Niveau A1. Ansonsten weist er in Österreich keine maßgebenden Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Richter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

Der umseits unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang, dessen Ausführungen zu Feststellungen erhoben wurden, ergibt sich aus dem unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde sowie der eingebrachten Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 10.03.2020.

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz. Auskünfte aus dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR), dem Strafregister der Republik Österreich, dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) und dem AJ-WEB wurden ergänzend eingeholt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seiner Staatsangehörigkeit, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit sowie seiner familiären Situation und Schulbildung in Sierra Leone gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufgekommen.

Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorgelegt hat, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.

Die Feststellungen zu seiner Einreise und seinem Aufenthalt in Österreich lassen sich dem vorliegenden Verwaltungsakt sowie dem ZMR-Auszug entnehmen. Aus dem Schreiben der Landespolizeiinspektion XXXX vom 10.08.2018 ergibt sich darüber hinaus, dass der Beschwerdeführer bereits einige Zeit zuvor in die Wohnung seiner Lebensgefährtin gezogen ist, ohne sich korrekt umzumelden. Aus diesem Umstand ergibt sich die Feststellung bezüglich dem ununterbrochenen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich.

Die Feststellungen zu seinem Familienleben in Österreich, der familiären Alltagssituation sowie der Geburt seines Sohnes ergeben sich aus den glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde in Zusammenschau mit der sich im Verwaltungsakt befindlichen Geburtsurkunde seines Sohnes XXXX, ausgestellt am 10.01.2018 vom Standesamts- und Staatsbürgerschaftsverband XXXX, sowie den vorliegenden Berichten der Landespolizeidirektion XXXX vom 12.06.2019, 30.08.2018 und 11.08.2018. Die vorherrschende familiäre Situation wird überdies in der Stellungnahme zur Obsorgeübertragung des mj.XXXX an den Kindesvater XXXXder Abteilung Kinder- und Jugendhilfe der Bezirkshauptmannschaft XXXX, datiert vom 10.10.2019, augenscheinlich. Dass sowohl die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers, als auch sein Sohn sowie seine Stieftöchter über gültige Aufenthaltstitel verfügen, ergibt sich unbestritten aus dem vorliegenden Verwaltungsakt.

Durch Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister ergibt sich das offizielle Bestehen eines gemeinsamen Haushaltes seit 04.09.2018.

Die Feststellungen zur Betrauung des Beschwerdeführers mit der vorläufigen Obsorge sowie später mit der endgültigen Obsorge für seinen Sohn XXXX, ergibt sich aus der vom Beschwerdeführer vorgelegten Kopie des Beschlusses des Bezirksgerichtes XXXX vom 11.12.2019.

Dass der Beschwerdeführer über keine weiteren Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen in Österreich verfügt, ergibt sich aus den glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Entgegenstehendes Vorbringen wurde überdies in der zuletzt eingebrachten Beschwerdeergänzung nicht erstattet.

Es war eine Negativfeststellung hinsichtlich des derzeitigen Kontakts des Beschwerdeführers mit Verwandten oder Freunden in Sierra Leone zu treffen, da dem erkennenden Gericht dazu keinerlei aktuelle Informationen vorliegen.

Sein Schulbesuch in Deutschland sowie die Absolvierung verschiedener Praktika ergibt sich aus folgenden, sich im Verwaltungsakt befindlichen Unterlagen: Jahreszeugnis sowie Teilnahmebescheinigung der Städtischen Berufsschule für das XXXX, jeweils datiert vom 28.07.2017, Zwischenzeugnis der Städtischen Berufsschule für das XXXX, datiert vom 17.02.2017, Bescheinigung des Leistungsstandes sowie Bescheinigung über die Teilnahme am Fachpraktischen Unterricht in der Küche der Städtischen Berufsschule für das XXXX, jeweils datiert vom 29.07.2016, Praktikumsbestätigung des XXXX, datiert vom 10.05.2016, Bestätigung über das Betriebspraktikum ausgestellt vom XXXX, datiert vom 10.05.2016, Zertifikat über die Teilnahme am Praxisworkshop "XXXX" des XXXX, datiert vom 28.04.2016, Praktikantenvertrag der XXXX

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer während seines Aufenthaltes in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen ist und derzeit Leistungen aus der Grundversorgung bezieht, ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage aus dem AJ-WEB und dem Auszug aus dem GVS. Aus diesen Umständen ergibt sich überdies die Feststellung, dass der Beschwerdeführer nicht selbsterhaltungsfähig ist.

Hinsichtlich der Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers ist auf das vorgelegte Zertifikat von XXXX über die Absolvierung einer Prüfung auf dem Niveau A1, datiert vom 15.02.2016, die Schulbestätigung sowie die Teilnahmebestätigung eines Deutschkurses auf dem Niveau Anfänger von XXXX, jeweils datiert vom 17.12.2015, zu verweisen. Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer, wie vor der belangten Behörde angegeben, Deutschkurse auf dem Niveau A2 absolviert habe, waren dem vorliegenden Verwaltungsakt nicht zu entnehmen.

Aus dem Verwaltungsakt und den Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde ergeben sich keinerlei Hinweise darauf, dass er, abgesehen von seiner Frau und seinem Sohn, über ein maßgebliches soziales Umfeld im Bundesgebiet verfügt oder eine relevante Integration aufweisen würde. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte war daher die Feststellung zu treffen, dass der Beschwerdeführer in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht aufweist, dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass sämtliche integrativen Schritte des Beschwerdeführers, wie etwa der Besuch von Deutschkursen oder die Absolvierung von Praktika, bereits vor seiner Einreise nach Österreich stattfanden und er im Rahmen seiner Einvernahme vor der belangten Behörde auf die Hilfe eines Dolmetschers angewiesen war. In der Beschwerdeergänzung vom 10.03.2020 wurden zudem keine weiteren Integrationsbemühungen seitens des Beschwerdeführers vorgebracht.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 30.04.2020.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Rechtslage:

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) unter anderem von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht hat, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs. 1 Z 1 oder Z 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 57 AsylG abzuweisen war.

3.2. Zur Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1. Rechtslage:

Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

Gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs. 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht verfügen, unzulässig wäre.

3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundene Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (vgl. EGMR Kroon sowie VfGH vom 28.06.2003, G 78/00). Sowohl eheliche als auch uneheliche minderjährige Kinder aus einer Familienbeziehung, die unter Art. 8 EMRK fällt, sind von ihrer Geburt ipso iure Teil der Familie (vgl. u.a. EGMR 01.09.2004, Lebbink v. Netherlands, Nr. 45582/99). Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (vgl. EGMR 13. 6. 1979, Marckx, EuGRZ 1979). "Zur Beurteilung der Frage, ob ein ?Familienleben' im Sinne des Art. 8 EMRK besteht, ist im Einzelfall auf das tatsächliche Vorliegen enger persönlicher Bindungen ("close personal ties") abzustellen, wobei es insbesondere auf das nachweisliche Interesse des betreffenden Elternteiles am Kind und sein diesbezügliches Engagement ankommt (vgl. etwa das Urteil des EGMR vom 3. Dezember 2009, Zaunegger gegen Deutschland, Beschwerde Nr. 22028/04, RN. 37 und 38, mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung des EGMR)" (VwGH 28.06.2011, 2008/01/0583).

Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.06.2005, Sisojeva ua. gegen Lettland, EuGRZ 2006, 554). Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessensabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt.

Bei dieser Interessensabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007 sowie VwGH 03.04.2009, 2008/22/0592; 17.12.2007, 2006/01/0216; 26.06.2007, 2007/01/0479;26.01.2006, 2002/20/0423).

Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen sowie der in § 9 Abs. 2 BFA-VG normierten Integrationstatbestände, die bei der Beurteilung eines schützenswerten Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK zu berücksichtigen sind, ist im gegenständlichen Fall der Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers nicht durch die in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten öffentlichen Interessen gerechtfertigt. Dies aus folgenden Gründen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nehmen die persönlichen Interessen des Fremden an seinem Verbleib in Österreich grundsätzlich mit der Dauer seines bisherigen Aufenthalts zu. Die bloße Aufenthaltsdauer ist jedoch nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit dazu genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären oder sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (VwGH 12.11.2019, Ra 2019/20/0422).

Im gegenständlichen Fall lebt der Beschwerdeführer seit etwa einem Jahr und zehn Monaten ununterbrochen im Bundesgebiet und hat lediglich einen Asylantrag gestellt. Dahingehend ist zu berücksichtigen, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0289).

Der Beschwerdeführer führte jedoch seit 2016 mit der aufenthaltsberechtigten XXXX eine Lebensgemeinschaft und wurde am XXXX der gemeinsame SohnXXXX geboren. Bereits mit Bescheid vom 24.01.2018 wurde dem mj. Sohn der Status eines Asylberechtigten, abgeleitet von der Kindesmutter, zuerkannt. Der Beschwerdeführer lebt seit mindestens 04.09.2018 mit seiner Lebensgefährtin sowie deren zwei aufenthaltsberechtigten Kindern und dem gemeinsamen Sohn im gemeinsamen Haushalt. Der Beschwerdeführer kommt seiner Vaterrolle im täglichen Leben nach und kümmert sich um seinen Sohn sowie den Haushalt. Insbesondere wurde der Beschwerdeführer mit Beschluss des BG XXXX vom 11.12.2019 mit der alleinigen Obsorge für seinen Sohn betraut, da die Kindesmutter derzeit nicht in der Lage sei, ordnungsgemäß für das Wohl des Kindes zu sorgen. Der mj. XXXX ist somit auf die Versorgung des Beschwerdeführers angewiesen, da dieser nun alleine für die Obsorge verantwortlich ist und auf keine familiäre Unterstützung hoffen kann. Insbesondere in Hinblick auf die bereits seit längerer Zeit andauernden psychischen Probleme der Kindesmutter ist es dem Beschwerdeführer somit nicht anzulasten, dass er während seines bisherigen Aufenthaltes in Österreich keiner legalen Beschäftigung nachgegangen ist. Dass er sich im Zeitpunkt des Entstehens dieses Familienlebens seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste, tritt angesichts des dargelegten Ausmaßes des tatsächlichen Bestehens des Familienlebens in den Hintergrund. Eine Rückkehrentscheidung würde daher unbestritten in das gemäß Art. 8 EMRK geschützte Recht auf das Familienleben des Beschwerdeführers eingreifen.

Zudem ist darauf hinzuweisen, dass der Sohn des Beschwerdeführers "de facto" gezwungen wäre, mit ihm das Bundesgebiet zu verlassen, wenn eine Rückkehrentscheidung erlassen werden würde. Durch die Nichtgewährung eines Aufenthaltstitels des Beschwerdeführers würde der Asylstatus seines Sohnes in Österreich folglich seiner Wirksamkeit beraubt, da aufgrund der Notwendigkeit der Versorgung des Kindes für dieses ein faktischer Zwang zum Verlassen des Bundesgebietes entstehen würde (vgl. VwGH 31.08.2017, Ra 2017/21/0041 mit Verweis auf EuGH 08.03.2011, Zambrano (C-34/09) und EuGH 15.11.2011, Dereci u.a. (C-256/11)).

Dazu ist noch auszuführen, dass von der Unzulässigkeit eine Rückkehrentscheidung auf Dauer auszugehen ist, wenn familiäre Bindungen aktuell einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehen und anzunehmen ist, dass sich die Ankerperson weiterhin auf Dauer rechtmäßige Bundesgebiet aufhalten wird. Da dem Sohn des Beschwerdeführers der Status des Asylberechtigen in Bezug auf den Herkunftsstaat Sierra Leone zuerkannt wurde ist auch nicht von einer bloß vorübergehenden Unzulässigkeit auszugehen. Sohin stellen die im gegenständlichen Verfahren angeführten persönlichen Bindungen des Beschwerdeführers nach den Kriterien der Judikatur des EGMR besondere Umstände im Sinne des Art. 8 EMRK dar, die es für den Beschwerdeführer auch nicht zumutbar erscheinen lassen, auch nur für die Dauer eines ordnungsgemäß geführten Niederlassungsverfahrens in sein Heimatland zurückzukehren.

Wie zuvor unter Punkt II.1. bereits angeführt wurde, besuchte der Beschwerdeführer in Deutschland Deutschkurse um sich zumindest geringfügige sprachliche Kenntnisse der deutschen Sprache anzueignen. Darüberhinausgehende, in Österreich getätigte integrative Schritte konnten allerdings nicht festgestellt werden, jedoch ist auch in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer untertags mj. Kinder zu versorgen hat, sodass ihm das Fehlen von weitergehenden Integrationsmaßnahmen in keiner gewichtigen Form anzulasten sind (siehe dazu auch die Stellungnahme der Kinder und Jugendhilfe der Bezirkshauptmannschaft XXXX vom 10.10.2019).

Des Weiteren liegen gegen den Beschwerdeführer keine strafgerichtlichen Verurteilungen vor und kam er während seines Aufenthaltes in Österreich seiner Meldeverpflichtung lediglich in einem Fall nicht nach. Der Beschwerdeführer ist derzeit auf den Bezug der Grundversorgung angewiesen, um den Lebensunterhalt für sich und seinen Sohn zu sichern.

Es darf nicht auch nicht unberücksichtigt bleiben und ist dem Beschwerdeführer vorzuwerfen, dass ihm bekannt sein musste, dass die vorläufige Aufenthaltsberechtigung für Asylwerber ein Aufenthaltsrecht nur für die Dauer des Asylverfahrens gewährt. Außerdem stellte der Beschwerdeführer in Österreich bezogen auf den Schengen-Raum bereits seinen vierten Asylantrag. Inhaltlich trat er zuvor lediglich in Deutschland ins Asylverfahren ein und gab er bereits in seiner Erstbefragung in Österreich zu Protokoll, in Deutschland tolle Chancen gehabt zu haben, jedoch hätte er aufgrund der vorherrschenden familiären Situation nach Österreich kommen müssen. Dem zum damaligen Zeitpunkt anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer ist somit anzulasten, dass er trotz des aufrechten Verfahrens bezüglich seiner Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland sowie nach Stellung des Antrages auf Aussetzung des deutschen Klageverfahrens vor dessen rechtskräftigem Abschluss illegal ins Bundesgebiet einreiste und hier einen weiteren Asylantrag stellte.

Es wird vom erkennenden Richter auch nicht verkannt, dass dem Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, insbesondere der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften grundsätzlich ein hoher Stellenwert zukommt, doch überwiegen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes im vorliegenden Fall die familiären Interessen des Beschwerdeführers, insbesondere das vorrangig zu berücksichtigende Kindeswohl, die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung. Eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer würde sich daher zum maßgeblichen aktuellen Entscheidungszeitpunkt als unverhältnismäßig im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK erweisen.

Dies auch unter dem Gesichtspunkt, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat, in dem er geboren, aufgewachsen ist und den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, über sprachliche und kulturelle Verbindungen und auch über familiäre Anknüpfungspunkte verfügt.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher aufgrund der vorgenommenen Interessenabwägung unter Berücksichtigung der genannten besonderen Umstände dieses Beschwerdefalles zum Ergebnis, dass eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer unzulässig ist. Des Weiteren ist davon auszugehen, dass die drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend, sondern auf Dauer sind und es war daher gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG auszusprechen, dass die Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer auf Dauer unzulässig ist.

3.3. Zur Erteilung der Aufenthaltsberechtigung:

3.3.1. Rechtslage:

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist (Z 1) und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird (Z 2). Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist gemäß § 55 Abs. 2 AsylG eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung plus" die Voraussetzungen nach Z 1 und Z 2 des § 55 Abs. 1 AsylG kumulativ vorliegen müssen und ist daher nicht nur zu prüfen, ob die Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Beschwerdeführer zur Aufrechterhaltung seines Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK geboten ist, sondern auch, ob der Beschwerdeführer das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz erfüllt.

Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 9 Integrationsgesetz erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 vorlegt (Z 1), einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 11 Abs. 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt (Z 2), über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht (Z 3), einen Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt (Z 4) oder als Inhaber eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung Künstler" gemäß § 43a NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte ausübt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.

Da der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall keine derartige Integrationsprüfung abgelegt sowie keine Nachweise über derart ausreichende Deutschkenntnisse vorgelegt hat, erfüllt er das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG nicht, weshalb ihm lediglich eine "Aufenthaltsberechtigung" gemäß § 55 Abs. 1 AsylG zu erteilen ist. Der Aufenthaltstitel ist gemäß § 54 Abs. 2 Z 2 AsylG auf die Dauer von 12 Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen und ist nicht verlängerbar. Die belangte Behörde hat diesen Aufenthaltstitel gemäß § 58 AsylG auszufolgen und hat der Beschwerdeführer daran gemäß § 58 Abs. 11 AsylG mitzuwirken.

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 Abs. 2 AsylG sind im gegenständlichen Fall somit gegeben, sodass dem Beschwerdeführer eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen war.

3.4. Zur Behebung der Abschiebung und Behebung der Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkte V. und VI. des angefochtenen Bescheides):

3.4.1. Rechtlage:

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit der Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festzulegen.

3.4.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Gemäß den Ausführungen unter Punkt 3.2. wurde die Rückkehrentscheidung des Beschwerdeführers auf Dauer für unzulässig erklärt, sodass der Beschwerde gegen die Spruchpunkte V. und VI. stattgegeben und diese Punkte ersatzlos aufgehoben wurden.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Zur Frage der Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung äußerte sich der Verfassungsgerichtshof vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EGMR (zur Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung) dahingehend, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, in Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde." (vgl. VfGH vom 14.03.2012, U 466/11).

Es konnte daher gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde und der, der belangten Behörde übermittelten, Beschwerdeergänzung geklärt erscheint und die zu entscheidenden Fragen lediglich rechtliche Fragen umfassten, die keiner mündlichen Verhandlung bedurften (VwGH 16.12.2019, Ra 2018/03/0066; 17.10.2019, Ra 2016/08/0010; ua.).

Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S 389, entgegen.

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt erschien, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert - insbesondere hinsichtlich der Abwägung des Privat- und Familienlebens- auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Aufenthaltsberechtigung Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel befristete Aufenthaltsberechtigung berücksichtigungswürdige Gründe ersatzlose Behebung Integration Integrationsvereinbarung Interessenabwägung öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig Spruchpunktbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I416.2213948.1.00

Im RIS seit

13.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

13.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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