TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/5 L503 2215366-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.06.2019
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Entscheidungsdatum

05.06.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z5
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §9 Abs1 Z1
AsylG 2005 §9 Abs4
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z4
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

L503 2215366-1/6E

L503 2215367-1/3E

L503 2215364-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch den Erwachsenenvertreter XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 9 Abs 1 Z 1 und Abs 4, 57 AsylG, § 10 Abs 1 Z 5 AsylG iVm § 9 BFA-VG iVm § 52 Abs 2 Z 4 FPG, § 52 Abs 9 iVm § 46 FPG und § 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs 1 AsylG, § 8 Abs 1 AsylG, § 57 AsylG, § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG iVm § 52 Abs 2 Z 2 FPG, § 52 Abs 9 iVm § 46 FPG und § 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 55 Abs 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

3.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs 1 AsylG, § 8 Abs 1 AsylG, § 57 AsylG, § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG iVm § 52 Abs 2 Z 2 FPG, § 52 Abs 9 iVm § 46 FPG und § 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 55 Abs 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX (im Folgenden kurz: "BF1") reiste im Dezember 2013 in das Bundesgebiet ein und stellte am 30.12.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 3.5.2016 wurde der Antrag des BF1 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen und dem BF1 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Dem BF1 wurde eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 3.5.2017 erteilt. Begründend führte das BFA nach Darstellung des Verfahrensganges aus, dass der BF1 ein Staatsangehöriger Georgiens und volljährig sei. Er gehöre der Volksgruppe der Georgier an und bekenne sich zum orthodoxen Christentum. Der BF1 leide an einer chronisch wahnhaften Störung mit Stimmungsschwankungen und zumindest akustischen Halluzinationen und sei diesbezüglich in einer psychiatrischen Abteilung in Behandlung und unterziehe sich regelmäßigen Kontrollen. In Georgien könne keine wirksame Behandlung durchgeführt werden, weil die in Österreich aufhältige Familie des BF1 (seine Mutter und sein Bruder) ein wichtiger Stabilitätsfaktor sei. Der BF1 bedürfe besonders einer regelmäßigen sehr guten fachärztlichen und medikamentösen Behandlung sowie der Kontinuität der Behandlung und des Erhalts der therapeutischen Beziehung, ebenso eines stabilisierenden Umfelds, das ihm seine Mutter und sein Bruder biete. Stabile soziale Verhältnisse, ein gesicherter Aufenthalt und eine zeitgemäße psychopharmakologische, psychotherapeutische Behandlung und sozialpsychiatrische Rehabilitation würden wichtige Faktoren für die psychische Gesundheit und Stabilität des BF darstellen. Der BF habe bereits mehrfach versucht, Suizid zu begehen und befinde sich in ständiger ärztlicher Behandlung. Der BF leide weiters an Hepatitis C.

Zur Situation im Falle der Rückkehr führte das BFA aus, dass der BF1 im Herkunftsland noch einen Sohn, XXXX , (im Folgenden kurz: "BF3") und seine Gattin, XXXX , (im Folgenden kurz: "BF2") haben würde, mit welcher aber kein Kontakt mehr bestehe. Der Vater des BF1 sei bereits verstorben, seine Mutter und sein Bruder seien in Österreich niedergelassen. Es sei daher davon auszugehen, dass die Abschiebung des BF1 in sein Herkunftsland eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 3, Art 8 EMRK bedeuten würde oder für den BF1 als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge nicht adäquater ärztlicher Behandlung mit sich bringen würde.

In seiner Beweiswürdigung führte das BFA aus, dass der BF1 aufgrund seiner chronischen psychischen Erkrankung einer besonderen Schutzbedürftigkeit unterliege und in seinem Heimatland vielleicht ungenügend medizinisch versorgt würde.

Rechtlich führte das BFA aus, dass der BF1 in Georgien keine sofortige ausreichende ärztliche Behandlung erhalten werde und eine genügende medizinische Vor- und Nachversorgung nicht gewährleistet sei. Die Medikamente für eine Behandlung von Hepatitis C könne sich der BF1 nicht leisten. Wenn seine Behandlung nicht niveauvoll weitergeführt und der BF1 von seinem sehr guten familiären Umfeld getrennt werde, müsste man von einem weiteren Rückfall in seine Erkrankung ausgehen und wäre ein weiterer Suizidversuch zu befürchten. Aus diesen Gründen sei dem BF1 subsidiärer Schutz zu gewähren.

Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

3. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Hernals vom 28.9.2016 wurde Herr A.M. (der Bruder des BF1) zum Verfahrenssachwalter und einstweiligen Sachwalter des BF1 bestellt.

4. Am 3.11.2016 wurde der Bruder des BF1, Herr A.M., als dessen Sachwalter in Anwesenheit des BF1 vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Im Wesentlichen gab er dabei an, dass der BF1 an einer gemischten schizoaffektiven Störung und einer Posttraumatischen Belastungsstörung leiden würde und Medikamente einnehme. In Georgien habe der BF1 zuletzt gemeinsam mit seinem Bruder, seiner Mutter und Großmutter in Tiflis gewohnt. In Georgien habe der BF1 ab dem Jahr 1996, als er erkrankt sei, Krankenbeihilfe bekommen.

Seine Mutter lebe nun als subsidiär Schutzberechtigte in Österreich. Die Ehefrau des BF1, die BF2, und sein Sohn, der BF3, würden noch in Georgien leben. Der BF1 sei zwar noch verheiratet, es sei aber zur Trennung gekommen. Ein Konflikt mit seiner Frau sei auch der Grund gewesen, weshalb der BF1 nach Österreich gekommen sei. Der BF1 habe noch ein bisschen Kontakt zu seinem Sohn, mit seiner Ehefrau stehe er nicht in Kontakt.

Der BF1 sei grundsätzlich zu Hause und habe Angstzustände. Er besuche einen Deutschkurs. Der Bruder des BF1 sei sein Sachwalter und müsse sich um ihn kümmern und ihm seine Medikamente geben. Da der BF1 krank sei, würde ihm im Falle einer Rückkehr nach Georgien sicher etwas passieren.

5. Die BF2 und der BF3 reisten im November 2016 in den Schengenraum ein. Die BF2 stellte am 30.11.206 für sich und den BF3 als dessen gesetzliche Vertreterin in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Am selben Tag wurde sie von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einer Erstbefragung unterzogen. Zu ihren Fluchtgründen befragt führte die BF2 aus, dass ihr Ehemann in Wien lebe und besachwaltet sei. Daher habe sie mit ihrem Sohn drei Jahre lang allein in Georgien leben müssen. Sie habe als Krankenschwester gearbeitet und ihren Sohn immer wieder alleine zu Hause lassen müssen, um ihrer Arbeit nachzugehen. Die BF2 hätte keinerlei Probleme mit den Behörden; nach Österreich sei sie gekommen, weil sie als Familie zusammenleben wolle. Ihr Sohn solle bei seinem Vater sein bzw. bei einem Vater aufwachsen. Dies sei der einzige Grund, warum sie nach Österreich gekommen sei. In ihrer Heimat habe sie nichts zu befürchten, jedoch wolle sie nicht ohne ihren Mann leben müssen.

6. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Hernals vom 24.1.2017 wurde die BF2 zur Verfahrenssachwalterin und einstweiligen Sachwalterin des BF1 bestellt.

7. Mit Schreiben vom 13.3.2017 stellte der BF1 einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung für die höchstzulässige Dauer. Begründend führte der BF1 aus, es sei nicht zu erwarten, dass sich die Situation in seinem Herkunftsland in den nächsten Jahren wesentlich ändern werde.

8. Am 15.3.2017 wurde die BF2 vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Die BF2 gab an, seit vier Monaten mit dem BF1 in einem gemeinsamen Haushalt in Österreich zu leben. Die BF2 kümmere sich um den BF1 und ihre Schwiegermutter und sorge dafür, dass beide ihre Medikamente rechtzeitig einnehmen. Die BF1 sei zu Hause ständig mit deren Pflege beschäftigt. Manchmal nehme sie den BF1 zum Einkaufen mit bzw. wenn sie den BF3 von der Schule abhole. Sie begleite ihn auch zum Arzt. Der BF1 gehe jeden Dienstag zum Psychiater. Momentan gehe die BF2 keiner Beschäftigung nach und habe vor, einen Deutschkurs zu besuchen. In einem Verein oder einer sonstigen Organisation sei sie nicht Mitglied. Hinsichtlich des BF3 gab die BF2 an, dieser habe seinen Vater, den BF1 sehr vermisst. Seine Leistungen in der Schule seien schlechter geworden. Die BF2 sei gezwungen gewesen, nach Österreich zu reisen, weil der BF3 so traurig gewesen sei und auch, um sich um den BF1 zu kümmern. Der BF3 besuche die zweite Klasse einer Mittelschule.

9. Mit Bescheiden des BFA vom 20.3.2017 wurden die Anträge der BF2 und des BF3 als unzulässig zurückgewiesen. Mit Erkenntnis des BVwG vom 30.7.2018 wurden die Zurückweisungsbescheide aufgehoben und das Verfahren über die Anträge auf internationalen Schutz zugelassen.

10. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Hernals vom 15.6.2018 wurde der Bruder des BF1 erneut zu dessen Sachwalter bestellt.

11. Am 5.10.2018 wurde der Bruder des BF1, Herr A.M, als dessen Sachwalter vor dem BFA erneut in Anwesenheit des BF1 niederschriftlich Einvernommen. Dabei gab er im Wesentlichen an, dass es dem BF1 gesundheitlich sehr schlecht gehe und er unter Stress stehe, weil der Aufenthalt seiner Ehegattin und seines Sohnes nicht sicher gewesen sei und man diese hätte abschieben wollen. Sein Arzt glaube, dass der BF1 an Parkinson leiden würde; nachdem er ein Medikament bekommen habe, hätte er am ganzen Körper gezittert. Der BF1 stehe mindestens einmal in der Woche in Behandlung. Da er nicht im Spital leben wolle, würde sein Bruder ihn zum Arzt begleiten. Die Hepatitis C-Erkrankung des BF1 sei bereits behandelt worden. Diesbezüglich sei der BF1 negativ und nehme nur mehr Medikamente ein und gehe alle sechs Monate zur Kontrolle.

Die Krankheit des BF1 sei im Jahr 1996 ausgebrochen; er stehe seit Beginn seines Aufenthalts im Bundesgebiet in Österreich in Behandlung, die wahrscheinlich sein ganzes Leben lang andauern werde. Die Krankheit sei unheilbar; die Einnahme von Medikamenten dürfe während des Behandlungsprozesses nicht unterbrochen werden. Der Gesundheitszustand des BF1 habe sich anfangs gebessert, so auch, als seine Frau und sein Sohn nach Österreich gekommen seien. Als die Probleme mit deren Aufenthaltsstatus begonnen hätten, habe sich sein Gesundheitszustand wieder verschlechtert.

In Georgien habe der BF1 keine Angehörigen; die Frau seines Bruders und dessen Tochter würden in Tiflis leben. Der Bruder sei als Sachwalter für die Finanzen des BF1 zuständig. Die Ehegattin des BF1 sei Krankenschwester und helfe ihm mit den Medikamenten. Sonstige Bezugspersonen habe der BF1 in Österreich nicht.

Im Falle seiner Rückkehr in seinen Heimatstaat und einer dortigen Behandlung könne es sein, dass der Übergang nicht passt und der BF1 wieder einen Suizidversuch unternimmt. Er habe auch hier bereits Suizidversuche unternommen. Eine Rückkehr des BF1 nach Georgien sei schlecht für ihn. Die Behandlung in Österreich sei besser und dürfe nicht unterbrochen werden, da es ansonsten sicher zu einem Rückfall kommen werde.

12. Am 5.10.2018 wurde die BF2 vor dem BFA erneut niederschriftlich einvernommen. Die BF2 gab dabei im Wesentlichen an, dass beim BF1 vor ca. zehn Jahren die Diagnose gestellt worden sei. Er sei bereits in Georgien stationär und medikamentös behandelt worden und hätte auch Spritzen zur Beruhigung bekommen. Er habe mindestens einmal pro Woche den Psychiater in der Klinik aufgesucht und sei seit Jahren in stationärer Behandlung gestanden. Er hätte auch über die Telefonnummer des Psychiaters verfügt, um ihn im Notfall anrufen zu könne. In Österreich sei alles besser geregelt als in Georgien. Hier würden nicht so oft die Medikamente gewechselt, der Standard in Georgien sei ein anderer als in Österreich. Nach der Ausreise des BF1 habe die BF2 weiterhin als Krankenschwester gearbeitet. Zu ihrem Familienleben befragt gab die BF2 an, sie und der BF3 würden in einem Heim leben. Der BF1 sei in der Mietwohnung seiner Mutter gemeldet, komme aber immer zu ihnen ins Heim und halte sich dort den ganzen Tag auf. Zu ihren Familienangehörigen in Österreich bestehe ein gutes Verhältnis. Die BF2 könne die Sachwalterschaft für den BF1 übernehmen. Zum Fluchtgrund der BF2 und des BF3 gab sie an, sie sei wegen ihrem Gatten hier. Sie sei hergekommen, um sich um ihn zu kümmern. Der BF1 hätte bereits zweimal einen stationären Aufenthalt in einer psychiatrischen Anstalt gehabt. Der BF3 wolle bei seinem Vater sein. Sie würden mit dem BF1 zusammenleben wollen. Weitere Fluchtgründe wurden nicht angegeben, die BF2 und der BF3 würden sich ausschließlich auf die Fluchtgründe des BF1 bzw. das gemeinsame Leben mit dem BF1 in Österreich berufen. Die BF2 und der BF3 stellten Anträge auf ein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG. Eigene Fluchtgründe wurden nicht vorgebracht. Im Zuge der Vernehmung legte die BF2 Integrationsunterlagen vor.

13. Mit den nunmehr bekämpften Bescheiden des BFA vom 30.1.2019 wurde dem BF1 der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs 1 Z 1 AsylG von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und ihm die befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs 4 AsylG entzogen (Spruchpunkt II.). Der Antrag des BF1 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsbewilligung wurde gemäß § 8 Abs 4 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt III.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde dem BF1 nicht erteilt (Spruchpunkt IV.). Weiters wurde gegen den BF1 eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 4 FPG erlassen (Spruchpunkt V.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Georgien zulässig sei (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 55 Abs 1 bis 3 AsylG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festlegt.

Die Anträge der BF2 und des BF3 auf internationalen Schutz wurden hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Georgien gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Ziffer 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG wurde gegen die BF2 und den BF3 eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Georgien zulässig sei (Spruchpunkt V.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs 1a FPG nicht festgelegt (Spruchpunkt VI.) und der Beschwerde gemäß § 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.).

In seiner Begründung zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führte das BFA aus, dass dem BF1 mit Bescheid vom 3.5.2016 eine befristete Aufenthaltsberechtigung zuerkannt worden sei, weil er aufgrund seiner Erkrankung auf die Unterstützung und Hilfe durch andere angewiesen gewesen sei und im Falle seiner Rückkehr über keine sozialen Kontakte - so wie hier in Österreich - verfügt hätte.

Das BFA stellte fest, dass die Ehegattin des BF1 und dessen minderjähriger Sohn am 27.11.2016 in den Schengenraum eingereist seien und in der Folge am 30.11.2016 in Österreich Anträge auf internationalen Schutz gestellt hätten. Ehegattin und Sohn des BF1 seien nach Österreich gereist, um mit dem BF1 ein gemeinsames Familienleben im Bundesgebiet führen zu können und damit sich seine Ehegattin um den BF1 kümmern und ihn unterstützen könne.

Für das BFA stehe damit fest, dass eine maßgebliche Änderung der familiären Gegebenheiten bzw. der Situation des BF1 vorliege, welche im damaligen Asylverfahren noch nicht bestanden habe. Es bestehe wieder ein durchgehender Kontakt des BF1 zu seiner Gattin, die mit ihm als Familie zusammenleben und ihn unterstützen wolle.

Für den Fall einer Rückkehr des BF1 gemeinsam mit seiner Ehegattin und seinem Sohn stehe damit fest, dass er nicht mehr auf sich alleine gestellt sei, sondern wieder über enge familiäre Kontakte verfüge. Die im damaligen Asylverfahren ins Treffen geführte, nicht vorhandene Unterstützungs- und Hilfeleistung durch die Ehegattin, liege nicht mehr vor.

Weiters stellte das BFA fest, dass der BF1 an einer gemischten schizoaffektiven Störung und einer Posttraumatischen Belastungsstörung leide und bereits mehrmals versucht habe, sich das Leben zu nehmen. Der BF1 stehe in einer auf Russisch geführten psychiatrischen Behandlung in einem Ausmaß von zumindest einer Stunde pro Woche und nehme Medikamente ein. Sein Bruder sei zum Sachwalter des BF bestellt worden.

Im Falle einer Rückkehr könne die Sachwalterschaft durch die Ehegattin des BF1 wahrgenommen werden, welche ihn betreuen und vertreten könne.

Die Hepatitis C-Erkrankung des BF sei in Österreich erfolgreich behandelt worden und werde auch in seinem Herkunftsstaat kostenfrei behandelt. Die notwendige psychiatrische Behandlung sei im Herkunftsstaat des BF1 verfügbar und gewährleistet. Zur Behandlung der Erkrankungen des BF1 stünden in seiner Heimat sowohl ambulant als auch stationär Psychologen und Psychiater zur Verfügung. Es gebe auch eine Vielzahl von Anstalten, in denen er behandelt werden könne. Die medizinische Versorgung sei für alle georgischen Staatsangehörigen durch eine staatlich finanzierte Grundversorgung kostenlos gewährleistet, der BF1 sei im Falle seiner Rückkehr automatisch versichert. Die staatliche Krankenversicherung übernehme 70-80% der Kosten, im Falle nicht stationär behandelter Patienten 100% und im Falle spezialisierter Ärzte nach Überweisung durch den Hausarzt 70-100%. Der BF1 könne in seiner Heimat daher ohne Probleme stationäre oder ambulante Behandlungen in Anspruch nehmen und seine derzeitige Behandlung sowie Kontrolltermine fortsetzen. Sämtliche Inhaltsstoffe der derzeitigen Medikation des BF1 seien auch in seiner Heimat verfügbar, eine zumindest gleichzusetzende Medikation sei daher gewährleistet.

Die Möglichkeit einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes im Falle der Rückkehr sei immer gegeben, im konkreten Fall sei die aktuell notwendige und generell grundlegende psychiatrische sowie medizinisch und medikamentöse Behandlung und Versorgung des BF1 verfügbar und gewährleistet. Es sei anzunehmen, dass sich die Standards der medizinischen Versorgungslage in seinem Herkunftsstaat seit der Ausreise des BF vor ungefähr fünf Jahren verbessert hätten.

Zusammengefasst stellte das BFA weiters fest, dass die Ehegattin des BF1 dessen erneute Eingliederung im Herkunftsstaat erleichtern werde. Seine Ehegattin sei auch arbeitsfähig und arbeitswillig und verfüge über eine abgeschlossene Berufsausbildung als Krankenschwester. Vor der Ausreise des BF1 sei dessen Betreuung mit der Berufstätigkeit seiner Ehegattin jahrelang problemlos vereinbar gewesen. Der BF1 habe bis zu seiner Ausreise in Tiflis gelebt; die dortige medizinische Versorgung und die Behandlungsmöglichkeiten seien hervorzuheben. Seit dem Jahr 2001 habe der BF1 eine staatliche Invaliditätspension bezogen, die er erneut beantragen könne. Es sei auch davon auszugehen, dass der BF1 von seiner Familie unterstützt werde. Sein Bruder könne ihn finanziell unterstützen.

Die Lage in der Heimat des BF1 habe sich seit seiner Ausreise und der Bescheiderlassung maßgeblich geändert, Georgien gelte als sicherer Herkunftsstaat. Eine Abschiebung des BF1 würde gemeinsam mit seinem Familienverband erfolgen und von Ärzten begleitet werden. Der BF1 würde einen Vorrat an notwendigen Medikamenten ausgehändigt erhalten, um die Zeit bis zur Verschreibung und Beschaffung neuer Medikamente zu überbrücken.

Bis auf die Sachwalterschaft seines Bruders liege kein spezielles bzw. außerordentliches Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem BF1 und seinem Bruder oder seiner Mutter vor.

Im Strafregister würden drei Verurteilungen des BF1 aufscheinen.

Rechtlich führte das BFA aus, dass die entscheidenden Sachverhalte, die zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung die Zuerkennung von subsidiärem Schutz gerechtfertigt hätten, weggefallen seien. Es stehe fest, dass der BF1 nicht akut lebensbedrohlich erkrankt sei. Eine adäquate bzw. ausreichende medizinische und psychiatrische Versorgung sei in Georgien gewährleistet. Es würden keine Anhaltspunkte vorliegen, dass der BF1 im Falle seiner Rückkehr einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sei oder in eine aussichtslose Situation oder ausweglose Notlage geraten würde. Der BF1 sei daher im Falle der Rückkehr in sein Herkunftsland keiner existenziellen Bedrohung ausgesetzt, weshalb ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen gewesen wäre. Mit der Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten sei auch der Entzug der Aufenthaltsberechtigung zu verbinden. Der vom BF1 gestellte Verlängerungsantrag sei demgemäß abzuweisen gewesen. Anhaltspunkte für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG bestünden nicht. Zur Rückkehrentscheidung führte das BFA nach Darstellung der einschlägigen Judikatur und maßgeblichen Feststellungen zusammengefasst aus, dass der BF1 über kein schützenswertes Privat- oder Familienleben in Österreich verfüge, welches seinen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet rechtfertigen würde.

Zu den Anträgen der BF2 und des BF3 führte das BFA aus, dass es sich beim gegenständlichen Verfahren um ein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG handeln würde. Die Beschwerdeführer hätten keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht. Es hätte nicht festgestellt werden können, dass sie in Georgien einer konkreten persönlichen asylrelevanten Verfolgung oder Bedrohung ausgesetzt gewesen seien bzw. eine solche im Falle ihrer Rückkehr zu befürchten hätten. Dem BF1 sei der Status des subsidiär schutzberechtigten aberkannt worden. Eine Zuerkennung von subsidiärem Schutz komme daher nicht in Betracht. Zur Rückkehrentscheidung führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass eine solche lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in deren Familienleben eingreife, wenn von einer aufenthaltsbeenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen sei. Die Beschwerdeführer könnten ihr gemeinsames Familienleben in ihrer Heimat fortführen. Die Beschwerdeführer würden neben ihren Familienmitgliedern über keine nennenswerten sozialen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügen. Ein schützenswertes Privat- und Familienleben, welches den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet rechtfertigen würde, bestehe nicht.

14. Mit Schriftsatz vom 27.2.2019 erhoben die Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde gegen die angefochtenen Bescheide des BFA vom 30.1.2019. Die Beschwerdeführer führten darin im Wesentlichen aus, dass im Bescheid betreffend den BF1 zur tatsächlichen Verfügbarkeit medizinischer Versorgung bei psychischen Erkrankungen lediglich auf eine Übersicht des staatlichen Behandlungsprogrammes verwiesen worden sei, ohne darauf einzugehen, wie dieses in die Praxis implementiert worden sei. Das Programm selbst sei undatiert, der diesbezügliche Link lege als Datum der Quelle das Jahr 2013 nahe. Der Bericht des VB verweise auf ein Programm aus dem Jahr 1995. Aus den Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation lasse sich nichts über die Qualität und tatsächliche Verfügbarkeit einer adäquaten und lebenslangen Behandlung ableiten. Es fänden sich überdies keine ausreichenden Informationen über die Verfügbarkeit aller notwendigen Medikamente. Aus der Anfragebeantwortung gehe hervor, dass es ein Kriseninterventionszentrum gebe.

Es seien keine Erkenntnisse zu Tage getreten, die nicht schon zum Zeitpunkt der Zuerkennung des subsidiären Schutzes im Jahr 2016 bekannt gewesen seien. Es liege daher kein neuer Sachverhalt vor. Auch die persönliche Situation des BF1 habe sich nicht verändert, vielmehr befinde sich der BF1 durch die langjährige Therapie in Österreich in stabilen Lebensverhältnissen; eine Rückkehr nach Georgien würde einen massiven und gesundheitsgefährdenden Einschnitt darstellen.

Nach Darstellung der einschlägigen Judikatur monierten die Beschwerdeführer weiters, dass § 9 AsylG keine Grundlage dafür biete, einen bereits rechtskräftig entschiedenen Sachverhalt grundlos neuerlich zu untersuchen und anders zu entscheiden. Das BFA hätte vielmehr darlegen müssen, weshalb die Zuerkennungsvoraussetzungen nach § 8 AsylG nicht länger vorliegen würden, anstatt das ursprüngliche Vorbringen des BF1 neu zu bewerten.

Als drohende Verletzung des Art 8 EMRK machten die Beschwerdeführer geltend, dass durch die Rückkehr des BF1 die gerade bei einer schizoaffektiven Störung sowie einer Posttraumatischen Belastungsstörung besonders bedeutende, vertrauensvolle Beziehung zu seinem behandelnden Arzt abrupt unterbrochen würde. Dieser Eingriff in das Privatleben des BF1 durch die Zerstörung der Beziehung zu seinen Ärzten bzw. Therapeuten bedeute einen Eingriff in die mentale Stabilität des BF1 und wiege umso schwerer, als sich dieser bereits seit fünf Jahren in Österreich aufhalte. Im Sinne eines schützenswerten Privat- und Familienlebens sei auch die Integrationsleistung des BF3 zu berücksichtigen.

Sodann stellten die Beschwerdeführer einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung sowie die Anträge, das BVwG möge der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen, der Beschwerde stattgeben und die gegenständlichen Bescheide beheben sowie zur Verfahrensergänzung an das BFA zurückverweisen oder die angefochtenen Bescheide beheben und dem Antrag des BF1 auf Verlängerung seines Aufenthaltstitels stattgeben, ersatzhalber die dauerhafte Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung feststellen.

Mit der Beschwerdeschrift legten die Beschwerdeführer eine Behandlungsbestätigung vom 8.1.2019, eine Schulbesuchsbestätigung betreffend den BF3 sowie eine Bestätigung über einen Deutschkurs A1 betreffend die BF2 vom 15.5.2018 vor.

15. Am 28.2.2019 wurde der Akt dem BVwG vorgelegt.

16. Mit Beschluss des BVwG vom 7.3.2019 wurde den Beschwerden der BF2 und des BF3 die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Begründend führte das BVwG aus, dass eine Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde im gegenständlichen Fall zur Folge hätte, dass die BF2 und der BF3 von ihrem Gatten bzw. Vater getrennt würden, zumal der Beschwerde des BF1 die aufschiebende Wirkung zukomme.

17. Am 8.3.2019 gab der BF1 bekannt, dass er gemeinsam mit der BF2 und dem BF3 in einer Wohnung in Wien lebe.

18. Am 14.3.2019 legte der BF1 einen fachärztlichen psychiatrischen Befundbericht vom 20.2.2019 vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des BF1:

Der BF1 trägt den im Spruch angeführten Namen und wurde am dort angeführten Datum geboren. Seine Identität steht fest. Der BF1 wurde in Tiflis, Georgien, geboren und ist georgischer Staatsangehöriger. Er gehört der Volksgruppe der Georgier an und bekennt sich zum orthodoxen Christentum. Der BF1 spricht Georgisch und Russisch. Der BF1 ist seit dem Jahr 2003 mit der BF2 verheiratet und hat mit dieser einen gemeinsamen minderjährigen Sohn, den BF3. Vor seiner Ausreise bewohnte der BF1 gemeinsam mit seiner Familie ein seiner Mutter gehörendes Haus in Tiflis, Georgien, welches derzeit von Angehörigen bewohnt bzw. beaufsichtigt wird. Der BF1 verfügt in Tiflis auch über weitere Verwandte, wie eine Schwägerin und eine Nichte.

Der BF leidet seit dem Jahr 1996 an einer gemischten schizoaffektiven Störung und an einer Posttraumatischen Belastungsstörung. Er hat bereits mehrmals versucht, sich das Leben zu nehmen. Der BF1 stand bereits in Georgien in ununterbrochener medizinischer Behandlung und wurde stationär und medikamentös behandelt. Er suchte in Georgien mindestens einmal pro Woche den Psychiater in der Klinik auf. Die Hepatitis C-Erkrankung des BF1 ist als ausgeheilt zu betrachten, der BF1 nimmt diesbezüglich Kontrolltermine wahr. Der BF1 ging in Georgien zuletzt keiner Erwerbstätigkeit nach und bezog seit dem Jahr 2001 Invaliditätspension.

Mit Bescheid des BFA vom 3.5.2016 wurde dem BF1 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 3.5.2017 erteilt. Im Bescheid wurde unter anderem festgestellt, dass sich der Sohn und die Ehegattin des BF1 im Herkunftsland aufhalten würden, zur Ehegattin aber kein Kontakt mehr bestehe.

1.2. Zur Person der BF2:

Die BF2 trägt den im Spruch angeführten Namen und wurde am dort angeführten Datum geboren. Die BF 2 wurde in Tiflis, Georgien, geboren und ist georgische Staatsangehörige. Sie gehört der Volksgruppe der Georgier an und bekennt sich zum orthodoxen Christentum. Die BF2 spricht Georgisch, Russisch und ein wenig Deutsch. Sie ist gesund und steht nicht in medizinischer Behandlung. Die BF2 ist seit dem Jahr 2003 mit dem BF 1 verheiratet und hat mit diesem einen gemeinsamen minderjährigen Sohn, den BF3. Die BF2 ist ausgebildete Krankenschwester und hat ihren Beruf in Georgien 31 Jahre lang, bis zu ihrer Ausreise, ausgeübt. Die BF2 reiste im November 2016 gemeinsam mit dem BF3 in den Schengenraum ein und stellte am 30.11.2016 für sich selbst und den BF3 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Eigene Fluchtgründe machte die BF2 nicht geltend. Die BF2 lebte bis zur Ausreise des BF1 mit diesem und dem BF3 im Haus der Mutter des BF1 in Tiflis in einem gemeinsamen Haushalt. Die BF2 verfügt in Georgien über Familienmitglieder, darunter ihre zwei Brüder, mit denen sie auch in elektronischem Kontakt steht.

1.3. Zur Person des BF3:

Der BF3 trägt den im Spruch angeführten Namen und wurde am dort angeführten Datum geboren. Der BF3 ist minderjährig. Er wurde in Tiflis, Georgien geboren und ist georgischer Staatsangehöriger. Er gehört der Volksgruppe der Georgier an und bekennt sich zum orthodoxen Christentum. Der BF3 spricht Georgisch und verfügt über Kenntnisse der deutschen Sprache. Er ist gesund und steht nicht in medizinischer Behandlung. Der BF3 besuchte in Georgien sieben Jahre lang die Schule. Der BF3 reiste gemeinsam mit seiner Mutter, der BF2, im November 2016 in den Schengenraum ein. Die BF2 stellte am 30.11.2016 für den BF3 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Eigene Fluchtgründe des BF3 wurden nicht vorgebracht. Der BF3 verfügt über Verwandte in Georgien, darunter zwei Onkel mütterlicherseits.

1.4. Zum Fluchtgrund der BF2 und des BF3:

Es kann nicht festgestellt werden, dass die BF2 und der BF3 in ihrem Herkunftsstaat Georgien einer asylrelevanten Bedrohung oder Verfolgung ausgesetzt waren oder im Falle ihrer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt sein werden.

1.5. Zur Lage der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr:

Es kann unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände und Beweismittel nicht festgestellt werden, dass eine Abschiebung der Beschwerdeführer nach Georgien eine reale Gefahr einer Verletzung der EMRK bedeuten oder für die Beschwerdeführer als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit mit sich bringen würde. Weiters kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nach Georgien in eine existenzbedrohende Notlage geraten würden. Der BF1 verfügt bei einer gemeinsamen Rückkehr mit der BF2 und dem BF3 über ein familiäres Netz in seinem Herkunftsstaat.

1.6. Zum Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer in Österreich:

1.6.1. Zum BF1:

Der BF1 hält sich seit Dezember 2013 im Bundesgebiet auf und wohnte zunächst in einem gemeinsamen Haushalt mit seiner subsidiär schutzberechtigten Mutter und seinem Bruder. Die BF2 (die Ehegattin des BF1) und deren minderjähriger Sohn, der BF3, reisten im November 2016 in den Schengenraum ein. Die BF2 stellte am 30.11.2016 für sich selbst und den BF3 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Ab diesem Zeitpunkt lebten sie in einem Heim in Wien, wo sie regelmäßig vom BF1 besucht wurden, der sich dann den ganzen Tag bei ihnen aufhielt und in seiner eigenen Unterkunft lediglich übernachtete. Ab dem 2.11.2018 hatte der BF1 seinen Wohnsitz bei seiner Ehegattin und seinem Sohn gemeldet. Seit dem 5.3.2019 leben der BF1, die BF2 und der BF3 in einem gemeinsamen Haushalt in einer Wohnung in Wien. Der BF1 ist nicht Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation. Er hat keine Freunde oder Bekannten in Österreich. Der BF1 besuchte zunächst einen Deutschkurs, setzte den Kursbesuch aufgrund seiner Krankheit jedoch nicht fort. Der BF1 geht keiner Erwerbstätigkeit nach und bezieht Leistungen aus der Grundversorgung.

Der BF1 steht in Österreich in psychiatrischer Behandlung mit stützenden russischsprachigen Gesprächen in einem Ausmaß von mindestens einer Stunde pro Woche und nimmt Medikamente ein. Seine Ehegattin, die BF2, ist ausgebildete Krankenschwester, hilft dem BF1 mit seinen Medikamenten und kümmert sich allgemein um ihn. Sie war vorübergehend auch als dessen Sachwalterin eingesetzt. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Hernals vom 15.6.2018 wurde zuletzt der Bruder des BF1, Herr A.M., zu seinem Sachwalter bestellt. Herr A.M. unterstützt den BF1 auch in finanzieller Hinsicht.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 20.3.2015 (rechtskräftig am 24.3.2015) wurde der BF1 wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls gemäß §§ 15, 127 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von einer Woche verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 17.6.2015 (rechtskräftig am 17.6.2015) wurde der BF1 wegen der Vergehen der versuchten Nötigung gemäß §§ 15, 105 Abs 1 StGB sowie der schweren Körperverletzung gemäß §§ 83 Abs 2, 84 Abs 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 21.7.2016 (rechtskräftig am 26.7.2016) wurde der BF1 wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls gemäß §§ 15, 127 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt.

1.6.2. Zur BF2:

Die BF2 lebt mit dem BF1 und dem BF3 in einem gemeinsamen Haushalt in einer Wohnung in Wien. Die BF2 war vorübergehend als Sachwalterin des BF1 eingesetzt. Der Schwager der BF2 und ihre Schwiegermutter halten sich im Bundesgebiet auf. Die BF2 hat im Zeitraum vom 5.2.2018 bis 15.5.2018 an einem Deutschkurs A1 im Ausmaß von 195 Unterrichtseinheiten teilgenommen. Die BF2 ist kein Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation. Sie geht keiner Erwerbstätigkeiten nach und bezieht Leistungen aus der Grundversorgung. Die BF2 steht in Kontakt mit Österreichern. Die BF2 ist unbescholten.

1.6.3. Zum BF3:

Der BF3 lebt mit dem BF1 und der BF3 in einem gemeinsamen Haushalt in einer Wohnung in Wien. Eine Großmutter des BF3 sowie ein Onkel väterlicherseits halten sich im Bundesgebiet auf. Der BF3 besucht in Österreich eine Schule als außerordentlicher Schüler. Er hat im Jahr 2017 an einer gemeinnützigen Laufveranstaltung teilgenommen. Der BF3 ist kein Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation. Er steht in Kontakt mit Österreichern. Der BF3 ist unbescholten.

1.7. Länderfeststellungen:

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 11.12.2018, Präsidentschaftswahl (relevant für Abschnitt: 2. Politische Lage)

Die ehemalige Außenministerin Salome Zurabishvili wurde am 28.11.2018 zur Präsidentin des Landes gewählt. Offiziell als unabhängige Kandidatin, jedoch unterstützt von der Regierungspartei "Georgischer Traum", setzte sie sich in der Stichwahl mit fast 60% gegen ihren Konkurrenten Grigol Vashadze durch, welcher insbesondere von der oppositionellen Vereinigten Nationalen Bewegung von Ex-Präsident Saakashvili unterstützt wurde (FAZ 29.11.2018; vgl. CW 29.11.2018). Die OSZE beurteilte den Wahlgang als kompetitiv und gut administriert, wobei der Wahlkampf von einer scharfen Rhetorik und Demonstrationen begleitet war. Hauptkritikpunkte waren allerdings die einseitige Verwendung staatlicher Verwaltungsressourcen sowie die Berichterstattung des öffentlichen Rundfunks zugunsten von Zurabishvili (OSCE/ODIHR 29.11.2018). Am 1.12.2018 demonstrierten rund 25.000 Menschen in Tiflis und warfen der von der Regierungspartei unterstützten neuen Präsidentin Zurabishvili Wahlbetrug vor. Gemeinsam mit dem unterlegenen Kandidaten Vashadze und dem im Exil lebenden Ex-Präsidenten Saakashvili forderten sie vorgezogene Parlamentswahlen (Standard 2.12.2018).

Quellen:

* CW - Caucasus Watch (29.11.2018): Surabischwili gewinnt Wahl: Georgien bekommt erstmals eine Präsidentin, http://caucasuswatch.de/news/1190.html, Zugriff 11.12.2018

* FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (29.11.2018): Georgien bekommt eine Präsidentin, https://www.faz.net/aktuell/salome-surabischwili-wird-neue-praesidentin-in-georgien-15915289.html, Zugriff 11.12.2018

* OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, European Parliament, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (30.10.2016): International Election Observation Mission, Georgia - Presidential Election, Second Round, 28 November 2018 - Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions, https://www.osce.org/odihr/elections/georgia/404642?download=true, Zugriff 11.12.2018

* Der Standard (2.12.2018): 25.000 Georgier wegen angeblichen Wahlbetrugs auf den Straßen - derstandard.at/2000092965067/25-000-Georgier-wegen-angeblichen-Wahlbetrugs-auf-den-Strassen, https://derstandard.at/2000092965067/25-000-Georgier-wegen-angeblichen-Wahlbetrugs-auf-den-Strassen?ref=rec, Zugriff 11.12.2018

KI vom 25.6.2018, Regierungsumbildung (relevant für Abschnitt: 2. Politische Lage).

Am 13.6.2018 erklärte Premierminister Giorgi Kvirikashvili seinen Rücktritt. Als Grund wurden Meinungsverschiedenheiten mit dem Parteivorsitzenden Ivanishvili genannt, der am 11.5.2018 das Amt des Parteivorsitzenden des "Georgischen Traums" von Kvirikashvili übernommen hatte und damit in die Politik Georgiens zurückgekehrt war. Begleitet war Kvirikashvilis Rücktritt zudem von Massenprotesten (RFE/RL 20.1.2018, vgl. civil.ge 20.6.2018).

Das georgische Parlament hat am 20.6.2018 den bisherigen Finanzminister Mamuka Bakhtadze zum neuen Premierminister von Georgien gewählt und das von ihm vorgeschlagene Kabinett als Übergangsregierung bestätigt. Die parlamentarische Opposition blieb der Abstimmung geschlossen fern. Aus den eigenen Reihen erhielt Bakhtadze sechs Gegenstimmen, bei 99 Ja-Stimmen. Bakhtadze kündigte an, dass das neue Kabinett geschlossen an einem Neuzuschnitt einiger Ressorts und damit auch einer Verringerung der Zahl der Ministerien arbeiten werde (GA 21.6.2018, vgl. RFE/RL 20.6.2018). Überdies betonte Bakhtadze, dass er die Bestrebungen nach einer Mitgliedschaft sowohl in der NATO als auch der EU fortsetzen werde (RFE/RL 20.6.2018).

Quellen:

* Civil.ge (20.6.2018): Bakhtadze's Cabinet Wins Confidence, https://civil.ge/archives/244788, Zugriff 25.6.2018

* GA - Georgien aktuell (21.6.2018): Mamuka Bakhtadze zum Premierminister von Georgien gewählt, http://georgien-aktuell.info/de/politik/article/13762-premierminister, Zugriff 25.6.2018

* RFE/RL - Radion Free Europe/Radio Liberty (20.1.2018): Georgian Parliament Approves Bakhtadze As Prime Minister, https://www.rferl.org/a/georgia-parliament-approves-bakhtadze-as-prime-minister/29307191.html, Zugriff 25.6.2018

Politische Lage

Im Jahr 2017 begann Georgien mit einer grundlegenden Reform der Verfassung, mit welcher der Übergang von einem gemischten zu einem parlamentarischen System abgeschlossen wurde. Die Reform, die insgesamt positiv von der Venediger-Kommission des Europarates bewertet wurde, zielt darauf ab, die verfassungsmäßige Ordnung des Landes zu festigen, die auf den Grundsätzen der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und des Schutzes der Grundrechte beruht. Der vom Parlament angenommene Entwurf wurde von der Opposition nicht unterstützt, weil vor allem das rein-proportionale Wahlsystem erst bis 2024 eingeführt werden soll. NGOs und Oppositionsparteien sahen den Entscheidungsprozess als nicht inklusiv und zu voreilig (EC 9.11.2017).

Georgien hat eine doppelte Exekutive, wobei der Premierminister als Regierungschef und der Präsident als Staatsoberhaupt fungiert. Der Präsident wird durch Direktwahl für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Der Präsident ernennt den Premierminister, der vom Parlament ernannt wird. Nach den im Jahr 2017 beschlossenen Verfassungsänderungen wird der Präsident indirekt von einem Gremium, bestehend aus nationalen, regionalen und lokalen Gesetzgebern, gewählt, wobei diese Änderungen erst nach der Wahl 2018 wirksam werden (FH 1.2018). Nach der geänderten Verfassung wird Georgien ab 2024 auf ein Verhältniswahlsystem mit einer Fünf-Prozent-Hürde umstellen. Ab 2025 wird der Präsident nicht mehr vom Wahlvolk, sondern von einem speziellen Gesetzgebungsrat gewählt (RFE/RL 20.10.2017).

Bei den Präsidentschaftswahlen 2013 gewann Giorgi Margvelashvili, ein von der Partei "Georgischer Traum" unterstützter unabhängiger Kandidat, 62% der Stimmen, vor dem Kandidaten der Vereinigten Nationalen Bewegung (UNM), David Bakradze, der 22% gewann. Während Beobachter über einige Verstöße berichteten, bezeichneten sie den Wahlgang als kompetitiv und und vertrauenswürdig und lobten dabei die Zentrale Wahlkommission für ihre Professionalität. Giorgi Kvirikashvili von der Partei Georgischer Traum kehrte nach den Parlamentswahlen 2016 als Premierminister zurück; er war seit Ende 2015 in dieser Funktion tätig (FH 1.2018).

Am 8.10. und 30.10.2016 fanden Parlamentswahlen in Georgien statt. Die bislang regierende Partei "Georgischer Traum" sicherte sich die Verfassungsmehrheit, indem sie 115 der 150 Sitze gewann. Die "Vereinigte Nationale Bewegung" (UNM) des Expräsidenten Mikheil Saakashvili errang 27 und die "Allianz der Patrioten Georgiens" (APG) sechs Sitze (RFE/RL 1.11.2016). Mit der APG, die im ersten Wahlgang am 8.10.2016 knapp die Fünf-Prozent-Hürde schaffte, ist erstmals eine pro-russische Partei im Parlament vertreten. In der notwendigen Stichwahl am 30.10.2016 in 50 Wahlkreisen, die nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt werden, gewann der "Georgische Traum" 48 Wahlkreise (Standard 31.10.2016). Die übrigen zwei Sitze gingen jeweils an einen unabhängigen Kandidaten und einen Vertreter der "Partei der Industriellen" (VK 31.10.2016).

Die Wahlbeobachtungsmission der OSZE bewertete gemeinsam mit anderen internationalen Beobachtern die Stichwahl als kompetitiv und in einer Weise administriert, die die Rechte der Kandidaten und Wähler respektierte. Allerdings wurde das Prinzip der Transparenz sowie das Recht auf angemessene Rechtsmittel bei der Untersuchung und Beurteilung von Disputen durch die Wahlkommissionen und Gerichte oft nicht respektiert (OSCE/ODIHR 30.10.2016).

Am 21.10. und 12.11.2017 fanden Gemeinde- und Bürgermeisterwahlen statt. In der ersten Runde am 21.10.2017 gewann die Regierungspartei, Georgischer Traum, in allen Wahlkreisen und sicherte sich 63 von 64 Bürgermeisterämter, darunter in der Hauptstadt Tiflis (RFE/RL 12.11.2017). Bei der Bügermeisterstichwahl am 12.11.2017 gewannen in fünf der sechs ausstehenden Städte ebenfalls die Kandidaten des Georgischen Traums. Nur in Ozurgeti siegte ein unabhängiger Kandidat (Civil.ge 13.11.2017). Die Wahl verlief reibungslos und professionell, wobei die Stimmabgabe, die Auszählung und das Wahlermittlungsverfahren von Beobachtern positiv beurteilt wurden, obwohl Hinweise auf mögliche Einschüchterungen und Druck auf die Wähler Anlass zur Besorgnis gaben (OSCE 13.11.2017).

Das politische Leben in Georgien ist lebendig. Die Menschen sind in der Regel in der Lage, politische Parteien zu gründen und ihre eigenen Kandidaturen mit wenig Einmischung durch Dritte umzusetzen. Allerdings hat ein Muster der Einparteiendominanz in den letzten zehn Jahren die Entwicklung und Stabilität konkurrierender Gruppen gehemmt. Die Partei Georgischer Traum dominiert den politischen Raum. Entscheidend dafür ist die Rolle von Ivanishvili, dem Schöpfer und Finanzgaranten der Partei, der maßgeblichen Einfluss auf die politische Entscheidungsfindung in Georgien hat. Die finanziellen und geschäftlichen Interessen von Ivanishvili sind auch im politischen Bereich von großer Bedeutung (FH 1.2018).

Quellen:

* Civil.ge (13.11.2017): GDDG Wins Most Mayoral Runoff Races, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=30622, Zugriff 26.3.2018

* EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1426297.html, 26.3.2018

* OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, European Parliament, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (30.10.2016): International Election Observation Mission, Georgia - Parliamentary Elections, Second Round - Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions, http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/278146?download=true, Zugriff 26.3.2018

* OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-Operation in Europe/ Office for Democratic Institutions and Human Rights (13.11.2017): Election Observation Mission Georgia, Local Elections, Second Round, 12 November 2017, http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/356146?download=true, Zugriff 26.3.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (20.10.2017): Georgia's President Reluctantly Signs Constitutional Amendments, 26.3.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (1.11.2016): Georgia's Ruling Party Wins Constitutional Majority, http://www.rferl.org/a/georgia-elections-second-round-georgian-dream-super-majority/28085474.html, Zugriff 26.3.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (12.11.2017): Georgians In Six Municipalities Vote In Local Election Runoffs, https://www.rferl.org/a/georgia-local-elections-second-round/28849358.html, Zugriff 26.3.2018

* Der Standard (31.10.2016): Regierungspartei kann Georgien im Alleingang regieren, http://derstandard.at/2000046738001/Wahlsieg-von-Regierungspartei-in-Georgien-in-zweiter-Runde-bestaetigt, Zugriff 26.3.2018

* Vestnik Kavkaza (31.10.2016): Georgian Dream wins 48 districts out of 50, http://vestnikkavkaza.net/news/Georgian-Dream-wins-48-districts-out-of-50.html, Zugriff 26.3.2018

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Georgien hat sich seit der militärischen Auseinandersetzung zwischen georgischen und russischen Truppen vom August 2008 weitgehend normalisiert. Die Konflikte um die beiden separatistischen georgischen Regionen Abchasien und Südossetien sind indes ungelöst und verursachen Spannungen. Im Gali-Distrikt Abchasiens kommt es immer wieder zu Schusswechseln, Entführungen und anderen Verbrechen mit teilweise kriminellem Hintergrund. Trotz vordergründiger Beruhigung der Lage kann ein erneutes Aufflammen des Konfliktes zwischen Abchasien und Georgien nicht ausgeschlossen werden. Gleiches gilt im Falle Südossetiens. In den städtischen Zentren kann es gelegentlich zu Demonstrationen und Protestaktionen kommen, vor allem im Zusammenhang mit Wahlen. Straßenblockaden und Zusammenstöße mit den Sicherheitskräften sind nicht ausgeschlossen. Das Risiko von terroristischen Anschlägen kann auch in Georgien nicht ausgeschlossen werden (EDA 6.6.2018).

Die Kriminalitätsrate ist in Georgien in den letzten Jahren deutlich gesunken. Auto- und andere Diebstähle sowie Einbrüche kommen vor, und sind gelegentlich von Gewalt begleitet. Übergriffe gegen Personen, die sich in der Öffentlichkeit als homosexuell zu erkennen geben, können vorkommen (AA 6.6.2018a, vgl. EDA 6.6.2018).

Bei einem Anti-Terroreinsatz in Tiflis sind am 22.11.2017 ein Polizist und drei mutmaßliche Terroristen getötet worden. Mehrere mutmaßliche Anhänger einer terroristischen Gruppe hatten sich der Festnahme widersetzt, indem sie das Feuer mit automatischen Waffen eröffneten und Handgranaten auf die Anti-Terror-Einheit warfen (Standard 23.11.2017). Einer der getöteten Terroristen war offenbar Achmed Tschatajew, ein tschetschenischer Befehlshaber des sog. Islamischen Staates (IS), der den georgischen Behörden bekannt war. Tschatajew stand seit 2015 auf der Terroristenliste der Vereinigten Staaten von Amerika und wurde auch von Russland und der Türkei wegen der Organisation des tödlichen Bombenanschlags auf den Flughafen von Istanbul im Juli 2016 gesucht. Die Prognose, dass sich die terroristische Bedrohung in Georgien auf die einheimischen und zurückkehrenden Kämpfer verlagert hat, wurde durch die Operation in Tiflis drastisch bestätigt (Jamestown 29.11.2017, GA 1.12.2017):

Die EU unterstützt aktiv die Bemühungen um Konfliktlösung durch die Arbeit des EU-Sonderbeauftragten für den Südkaukasus und die Krise in Georgien und die EU-Beobachtermission (EUMM), die zu Stabilität und Frieden beitragen. Georgien hat sich weiterhin den internationalen Gesprächen in Genf verschrieben. Der sog. "Incident Prevention Mechanisms (IPRM)", der 2009 geschaffen wurden, um Risiko- und Sicherheitsfragen zu erörtern, die die Gemeinden in Abchasiens bzw. Südossetiens betreffen, und die EUMM-Hotline arbeiten weiterhin effizient als wesentliche Instrumente, um lokale Sicherheitsfragen anzugehen und, um die weitere Vertrauensbildung zwischen den Sicherheitsakteuren zu fördern (EC 9.11.2017).

Anfang März 2018 wiederholte Premierminister Giorgi Kvirikashvili Georgiens Interesse, bei den internationalen Gesprächen in Genf konkrete Fortschritte zu erzielen. Hierzu erklärte er sich auch bereit, in einen direkten Dialog mit Vertretern der separatistischen Regionen Abchasien und Südssetien zu treten (Jamestown 26.3.2018, vgl. Civil.ge 9.3.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (6.6.2018a): Landesspezifische Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/georgien-node/georgiensicherheit/201918#content_0, Zugriff 6.6.2018

* Civil.ge (9.3.2018): Prime Minister Appeals to Russian Authorities, Offers Direct Dialogue with Sokhumi, Tskhinvali, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=30935&search, Zugriff 12.4.2018

* EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018

* EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (6.6.2018): Reisehinweise für Georgien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/georgien/reisehinweise-georgien.html, Zugriff 6.6.2018

* GA - Georgien aktuell (1.12.2017): Anti-Terror-Einsatz: getötete Terroristen offenbar illegal ins Land gekommen, http://georgien-aktuell.info/de/politik/innenpolitik/article/13430-illegal, Zugriff 9.4.2018

* Jamestown (26.3.2018): Georgian Government Insists on Direct Talk With Moscow-Backed Separatists, https://jamestown.org/program/georgian-government-insists-direct-talk-moscow-backed-separatists/, Zugriff 12.4.2018

* Jamestown (29.11.2017): Special Operation in Tbilisi Highlights Risk of Terrorism by Returning Fighters in Georgia, https://jamestown.org/program/special-operation-tbilisi-highlights-risk-terrorism-returning-fighters-georgia/, Zugriff 9.4.2018

* Der Standard (23.11.2017): Vier Tote bei Anti-Terror-Einsatz in Tiflis, https://derstandard.at/2000068329714/Vier-Tote-bei-Anti-Terror-Einsatz-in-Tiflis, Zugriff 9.4.2018

Regionale Problemzone: Abchasien

Abchasien (ca. 200.000 Einwohner) hat sich - unterstützt von Russland - als unabhängig erklärt und sucht die weitere Annäherung an Russland. Die Regierung in Tiflis hat keine Verwaltungshoheit über das Gebiet, in denen sich ein de-facto politisches System mit Regierung, Parlament und Justiz etabliert hat. Eigene Streitkräfte, unterstützt durch russisches Militär sichern die zunehmend von ihnen befestigte Verwaltungsgrenze zu Georgien. Diese ist nur zu sehr geringem Maße für Einwohner der Gebiete durchlässig. Militärische Auseinandersetzungen gibt es seit 2008 jedoch nicht mehr. Das Recht auf Rückkehr der vertriebenen Georgier wird von den abchasischen de facto-Behörden verwehrt. Nur der Verwaltungskreis Gali im südlichen Teil Abchasiens, nahe dem georgischen Hauptterritorium, ist noch stark georgisch/megrelisch besiedelt. Es liegen Hinweise vor, dass Bewohner dieses Gebiets bzw. Angehörige der georgischen/megrelischen Bevölkerung in Abchasien staatlich benachteiligt werden (z.B. beim Erwerb von Passdokumenten und damit Freizügigkeit, Ausübung des Stimmrechts bei de facto-Präsidentschaftswahlen 2014, Besetzung öffentlicher Stellen, Zugang zu Bildung und Gesundheitsfürsorge, Ermöglichung von "Grenz"-Übertritten nach Georgien, Arbeitserlaubnis). Die Diskriminierung dieser Bevölkerungsteile kann als zielgerichtet bewertet werden, um sie zum Verlassen zu bewegen. Von Abchasien aus war es bislang gängige Praxis, dass Kinder ethnischer Georgier die Administrative Boundary Line (ABL) zum Schulbesuch auf dem georgischen Hauptterritorium regelmäßig überqueren konnten. Nach der Schließung von mittlerweile drei der fünf offiziellen Übergangsstellen verlängert sich der tägliche Schulweg aber so sehr (z.T. ca. 100 km einfach), dass diese Möglichkeit inzwischen kaum noch genutzt wird (AA 11.12.2017).

Die abchasische Regierung ist finanziell von Russland abhängig, das eine militärische Präsenz auf dem Territorium unterhält und zu den wenigen Staaten gehört, die die Unabhängigkeit Abchasiens anerkennen. Dennoch weist das politische System eine starke Opposition und zivilgesellschaftliche Aktivität auf, und die meisten Einwohner sind Berichten zufolge gegen eine formelle Annexion durch Russland. Während die lokalen Rundfunkmedien weitgehend von der Regierung kontrolliert werden, gibt es einige unabhängige Print- und Online-Medien. Die Versammlungsfreiheit wird in der Regel respektiert. Zu den anhaltenden Problemen gehören ein zutiefst mangelhaftes Strafrechtssystem und die Diskriminierung von ethnischen Georgiern (FH 1.2017).

Die abchasischen Behörden inhaftieren weiterhin Personen, die die "Grenze" illegal überquert haben sollen. Russische Grenzwächter entlang der Verwaltungsgrenze zwischen Abchasien und Georgien setzen normalerweise die Regeln der abchasischen Machthaber um, indem sie Individuen abstrafen und wieder freilassen. Es gab Berichte über willkürliche Verhaftungen von ethnischen Georgiern in den abtrünnigen Gebieten. Ihnen wurden weder die Gründe für die Haft noch für das Vorführen vor den Staatsanwalt mitgeteilt. In Abchasien verbietet das Rechtssystem Eigentumsansprüche von ethnischen Georgiern, die Abchasien vor, während oder nach dem Krieg von 1992-93 verlassen haben, wodurch Binnenvertriebenen ihre Eigentumsrechte in Abchasien entzogen werden (USDOS 20.4.2018).

Die Behörden in Abchasien lehnen weiterhin die Rückkehr von ethnischen georgischen Binnenvertriebenen an Orte ihrer Herkunft oder ihres gewöhnlichen Aufenthalts mit Ausnahme der Distrikte Gali, Ochamchira und Tkvarcheli ab. Das Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) hat die Behörden wiederholt um Zusicherungen in Bezug auf die Rechte der Rückkehrer hinsichtlich des Daueraufenthalts, Freizügigkeit, Geburtenregistrierung und Eigentumsrechte gebeten. Generell haben die Vereinten Nationen gefordert, den Zugang der Rückkehrer zu politischen Rechten, gleichen Schutz vor dem Gesetz, soziale Sicherheit, Gesundheitsversorgung, Arbeit und Beschäftigung, Bildung, Gedanken-, Gewissens- und Meinungsfreiheit und kulturelles Leben zu gewährleisten. Im Dezember 2016 wurde das "Gesetz über die Rechtsstellung von Ausländern in Abchasien" geändert, um die Einführung einer "Aufenthaltserlaubnis für Ausländer" zu ermöglichen, die den in Abchasien lebenden ethnischen Georgiern die Ausübung ihrer Rechte erleichtern würde (UN-GA 3.5.2017).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Abkhazia, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2017/abkhazia, Zugriff 13.4.2018

* UN_GA - UN General Assembly (3.5.2017): Status of internally displaced persons and refugees from Abkhazia, Georgia and the Tskhinvali region/South Ossetia, Georgia [A/71/899], https://www.ecoi.net/en/file/local/1402817/1226_1499079794_n1712489.pdf, Zugriff 13.4.2018

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practces 2017 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1430256.html, Zugriff 6.6.2018

Regionale Problemzone: Südossetien

Der Krieg im Jahr 2008 führte zum Einmarsch russischer Truppen und zur Vertreibung der zuvor noch bestehenden georgischen Regierungspräsenz sowie etlicher ethnischer Georgier. Nur Russland und eine Handvoll anderer Staaten haben seither die Unabhängigkeit Südossetiens anerkannt. Das Territorium bleibt fast vollständig von Russland abhängig (90% seines Budgets für 2016), und Moskau übt einen entscheidenden Einfluss auf die Politik und die Regierungsführung aus. Die lokalen Medien stehen weitgehend unter Kontrolle der Behörden, die auch die Aktivitäten der Zivilgesellschaft einschränken oder genau überwachen. Die Justiz unterliegt politischer Einflussnahme und Manipulation. Körperliche Übergriffe und schlechte Bedingungen sind Berichten zufolge in Gefängnissen und Haftanstalten weit verbreitet (FH 1.2017).

Russische Streitkräfte und De-facto-Behörden in Südossetien haben die Bewegungsfreiheit über die De-facto-Grenze weiter eingeschränkt und Dutzende von Menschen wegen "illegalen" Grenzübertritts kurzzeitig festgenommen und bestraft. Die zunehmende Umzäunung entlang der Verwaltungsgrenzen beeinträchtigte weiterhin die Rechte der Anwohner, einschließlich des Rechts auf Arbeit, Nahrung und einen angemessenen Lebensstandard, da der Zugang zu ihren Obstgärten, Weiden und Ackerland verloren ging (AI 22.2.2018).

In Südossetien leben kaum noch ethnische Georgier. Das Recht auf Rückkehr der Vertriebenen wird von den dortigen de facto-Behörden verwehrt. Die Diskriminierung dieser Bevölkerungsteile kann als zielgerichtet bewertet werden, um sie zum Verlassen zu bewegen. Als Ausnahme ist die Anwesenheit der im Gebiet von Akhalgori (Südossetien) lebenden Georgier gegenwärtig akzeptiert (AA 11.12.2017).

Die südossetischen Behörden haben gegenüber UN-Vertretern ihre Offenheit für die Rückkehr von Binnenvertriebenen nach Südossetien bekundet, allerdings hauptsächlich in den Bezirk Akhalgori und unter der Voraussetzung, dass sich die Personen nur dort aufhalten werden. Besuche im Bezirk Akhalgori scheinen für die Vertriebenen und ihre Angehörigen möglich zu sein. Die zuständigen südossetischen Behörden haben rund 4.300 neue Grenzübertrittsdokumente ("propusk") ausgestellt, die neben rund 1.000 südossetischen sogenannten "Pässen" auch das Überschreiten der Verwaltungsgrenze ermöglichen (UN-GA 3.5.2017).

Bei den Präsidentschaftswahlen in Südossetien am 9.4.2017 gewann der bisherige Parlamentsvorsitzende, Anatoly Bibilov mit 54,8% Prozent (PEC 12.4.2017). Der bisherige Amtsinhaber, Leonid Tibilov, der seitens Moskau unterstützt wurde, erhielt nur 30% (RFE/RL

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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