Entscheidungsdatum
07.06.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
L507 2200477-1/15E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Habersack über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Israel, vertreten durch, RA Mag. Alexander Fuchs, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.05.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 04.12.2018, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß den § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3 und 57 AsylG iVm
§ 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 53 Abs. 1 iVm Abs2 Z 6 FPG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt IV. folgendermaßen zu lauten hat:
"IV. Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wird gegen Sie ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen."
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger von Israel und Angehöriger der russisch -orthodoxen Religionsgemeinschaft, stellte erstmals am 22.06.2004, nachdem er zuvor im Dezember 2003 legal in das österreichische Bundesgebiet eingereist ist, einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde mit Bescheid es Bundesasylamtes (BAA) vom 09.07.2004, Zl. 04 12.861 EASt-West, abgewiesen, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Israel für zulässig erklärt und der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
2. Am 19.07.2007 reiste der Beschwerdeführer unter Gewährung von Rückkehrhilfe aus dem österreichischen Bundesgebiet aus und begab sich in die Russische Föderation, wo er sich Jänner oder Februar 2008 aufhielt.
3. Im Jänner oder Februar 2008 reiste der Beschwerdeführer erneut in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 01.09.2013 den zweiten nunmehr gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Hiezu wurde er am 02.09.2013 von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Dabei brachte er vor, dass Ende 2007 sein Onkel in St. Petersburg gestorben sei und er deshalb nach Rücksprache mit der Caritas einen "Asylstop" eingelegt habe und nach St. Petersburg gegangen sei. Im Jahr 2008 sei er aber wieder nach Österreich zurückgekommen. Sein Reisepass habe die Gültigkeit am 11.06.2013 verloren und hätten die israelischen Behörden diesen nicht verlängern wollen bzw. hätte er dafür nach Israel zurückkehren müssen. Er wisse jedoch, dass er dort gleich am Flughafen verhaftet werden würde, weshalb ihm nichts Anderes übriggeblieben sei, als erneut in Österreich um Asyl anzusuchen. Sein Fluchtgründe die er im Jahr 2003 angegeben habe, seien gleichgeblieben und halte er aufrecht. Neue Gründe seien nicht dazu gekommen.
4. Am 02.04.2014 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) niederschriftlich einvernommen und brachte zusammengefasst vor, dass er in Israel Angst gehabt habe, weil die Polizei immer etwas gegen ihn gehabt habe, zumal er kein Jude sei. Zudem sei er geschieden gewesen und habe ihn in Israel nichts mehr gehalten. In Israel würden auch immer Busse oder Restaurants in die Luft gesprengt werden, weshalb es ihm dort zu gefährlich gewesen sei. Als sein israelischer Reisepass abgelaufen sei, sei der zur Botschaft in Wien gegangen und hätte diesen verlängern lassen wollen. Der Beschwerdeführer hätte aber nach Israel fahren müssen, um den Reisepass zu verlängern. Als der Beschwerdeführer wieder einmal mit seinem Sohn in Israel telefoniert habe, habe er erfahren, dass sich die israelische Polizei nach dem Beschwerdeführer erkundigt habe, zumal sein Reisepass abgelaufen sei. Im Falle einer Rückkehr nach Israel würde der Beschwerdeführer sofort von der Polizei verhaftet und verhört werden, zumal diese wissen wolle, wo sich der Beschwerdeführer als Terrorist ausbilden habe lassen. Sie würden auch wissen wollen, wo der Beschwerdeführer gewesen sei und was er gearbeitet habe.
5. Am 29.03.2018 wurde der Beschwerdeführer erneut vor dem BFA niederschriftlich einvernommen und brachte zusammengefasst vor, dass er 2003 Israel verlassen habe, weil er zu seiner Schwester nach Österreich gewollt habe. Zudem erklärte er, dass er sich auf jene Asylgründe stütze, welche er schon im Rahmen seines ersten Asylantrages vorgebracht habe. Es herrsche in Israel eine Unruhe und gebe es ständig Überfälle und Sprengstoffanschläge. In einem öffentlichen Verkehrsmittel könne jederzeit eine Bombe explodieren. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer - außer bei der Müllabfuhr - keine Arbeit gefunden. Er habe wenig Geld gehabt, zumal er wenig Geld verdient und keinen Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung gehabt habe. Die Mieten in Tel Aviv seien hoch. Bevor er Israel verlassen habe, habe er über den Sommer mit Freunden in Zelten von Fischen, die er gefangen habe, gelebt. Der Beschwerdeführer sei verzweifelt gewesen, habe sich nicht mehr mit seiner Ehegattin verstanden und im Übermaß dem Alkohol zugesprochen. Dann habe sich der Beschwerdeführer mit Russen und Rumänen angefreundet. Als Angehöriger der Volksgruppe der Weißrussen habe er sich in Israel nicht angenommen und diskriminiert gefühlt.
6. Mit Schreiben des BFA vom 03.04.2018 wurde eine Recherche zur Frage, ob der Beschwerdeführer Staatsbürger von Weißrussland sei, in Auftrag gegeben. Am 09.05.2018 langte das Sachverständigengutachten vom 06.05.2018 beim BFA ein.
7. Mit Bescheid des BFA vom 11.05.2018, Zl. XXXX , wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß
§ 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Israel abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Israel gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß
§ 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen und einer Beschwerde gegen die Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 1 Z 4 und 6 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Beweiswürdigend wurde vom BFA ausgeführt, dass die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Fluchtgründe mit keinem der Konventionsgründe in Zusammenhang stehen würden. Weiters wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer auch keine Gefahren drohen, die eine Gewährung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würden. Die Rückkehrentscheidung verletze nicht das Recht auf ein Privat- und Familienleben im Bundesgebiet und würden auch die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG nicht vorliegen.
Das verhängte Einreiseverbot hat das BFA im Wesentlichen mit dem Umstand begründet, dass der Beschwerdeführer derzeit nicht die Mittel besitze, um sich seinen Lebensunterhalt in Österreich finanzieren zu können. Weiters wurde vom BFA argumentiert, dass der gegenständliche Fall in den Anwendungsbereich des Artikels 11 der Rückführungsrichtlinie (Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger) falle, welcher die Verbindung einer Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot vorsehe, soweit keine Frist für eine freiwillige Ausreise eingeräumt oder falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde. Im Falle des Beschwerdeführers sei die aufschiebende Wirkung aberkannt worden, weshalb das Einreiseverbot gerechtfertigt sei. Aufgrund des Verhaltens des Beschwerdeführers sei auch davon auszugehen, dass er eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Eine Gefährlichkeitsprognose gehe zu Lasten des Beschwerdeführers. Die Erlassung eines auf fünf Jahre befristeten Einreiseverbotes sei daher angemessen.
8. Mit Verfahrensanordnungen des BFA vom 24.05.2018 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt und gemäß
§ 52a Abs. 2 BFA-VG die Verpflichtung mitgeteilt, ein Rückkehrberatungsgespräch bis 01.06.2018 in Anspruch zu nehmen.
9. Der bekämpfte Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 28.05.2018 ordnungsgemäß zugestellt, wogegen mit Schriftsatz vom 18.06.2018 fristgerecht Beschwerde erhoben wurde. Eingangs wurde darauf verwiesen, dass sich der Beschwerdeführer seit rund zehn Jahren -bzw. seit der Asylantragstellung am 01.09.2013 auch rechtmäßig - in Österreich aufhalte. Zudem verfüge der Beschwerdeführer über Unterstützungsschreiben und habe er seit Dezember 2016 eine Wohnung, wobei er von seiner Schwester unterstützt worden sei. Der Beschwerdeführer habe in Österreich einen Freundeskreis und seien in Israel lediglich seine beiden Söhne aufhältig. Die Ex-Ehegattin sowie ein Bruder des Beschwerdeführers seien bereits verstorben. Die Söhne des Beschwerdeführers könnten diesen nicht aufnehmen und lebe die Schwester des Beschwerdeführers, welche österreichische Staatsbürgerin und der Kern der Familie des Beschwerdeführers sei, in Österreich. Zur Schwester des Beschwerdeführers bestehe auch ein Abhängigkeitsverhältnis. Der Beschwerdeführer habe zu seiner Schwester engen Kontakt, sei unbescholten, arbeitswillig und pflege einen europäischen Lebensstil. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers stelle auch keinen Eingriff in die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und Verhinderung strafbarer Handlungen dar.
In Österreich bestehe daher - entgegen den Ausführungen des BFA - ein schützenswertes Privat- und Familienleben iSd Art. 8 EMRK. Letztlich wurden darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erfüllt seien und daher ersucht werde, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
10. Am 10.09.2018 wurde die Schwester des Beschwerdeführers vor dem BFA zur Integration bzw. zu ihr Beziehung zu dem Beschwerdeführer befragt.
11. Am 04.12.2018 führte das Bundesverwaltungsgericht in der Sache des Beschwerdeführers eine öffentlich mündliche Verhandlung durch. In dieser wurde dem Beschwerdeführer die Gelegenheit gegeben, neuerlich seine Ausreisemotivation umfassend darzulegen.
12. Am 05.12.2018 wurde dem Vertreter des Beschwerdeführers das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Israel vom 03.12.2018 übermittelt und eine dreiwöchige Frist zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt. Mit Schriftsatz vom 10.12.2018 erstattete der Vertreter des Beschwerdeführers eine Stellungnahme dazu.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer wurde in XXXX in Weißrussland geboren und besuchte dort von 1975 bis 1983 die Grundschule sowie anschließend drei Jahre lang eine Berufsschule. Anschließend absolvierte der Beschwerdeführer den Militärdienst und war von 1988 bis 1996 als Maschinen- und Traktorführer, als Gabelstaplerfahrer und als Fahrer von Straßenkehrmaschinen tätig.
Im Jahr 1989 hat der Beschwerdeführer geheiratet und kam im Jahr 1990 der erste gemeinsame Sohn zur Welt. Der Schwiegervater des Beschwerdeführers ist Jude und war in Israel aufhältig, weshalb der Beschwerdeführer mit seiner Ehegattin und dem gemeinsamen Sohn im Jahr 1996 von Weißrussland nach Israel auswanderte. Im Zuge dessen erhielt der Beschwerdeführer die israelische Staatsbürgerschaft. Der Beschwerdeführer besitzt die Staatsangehörigkeit von Weißrussland nicht mehr.
In Israel lebte der Beschwerdeführer mit seiner Ehegattin zunächst in XXXX und später in XXXX in einer Mietwohnung und war als Hilfsarbeiter in einer Chemiefabrik und bei der Müllabfuhr tätig. Zuletzt hat der Beschwerdeführer Fernsehkabel verlegt. Im Jahr 2000 kam in Israel der zweite Sohn des Beschwerdeführers zur Welt. Kurze Zeit später ließ sich der Beschwerdeführer scheiden und verließ Israel Ende 2003.
Die Ex-Ehegattin des Beschwerdeführers ist mittlerweile verstorben. Die zwei Söhne des Beschwerdeführers leben nach wie vor in Israel. Ein Sohn arbeitet als Koch, der zweite Sohn studiert und verrichtet Gelegenheitsarbeiten.
Im Dezember 2003 reiste der Beschwerdeführer erstmals legal nach Österreich und stellte am 22.06.2004 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher am 09.07.2004 rechtskräftig abgewiesen wurde. In dieser Zeit begab sich der Beschwerdeführer unter Verwendung seines israelischen Reisepasses mehrfach nach Tschechien, Litauen, Lettland und Bulgarien, um sich mit illegaler Beschäftigung seinen Unterhalt zu verdienen.
Am 19.07.2007 reiste der Beschwerdeführer nach St. Petersburg und hielt sich dort bis Jänner oder Februar 2008 auf, ehe er erneut nach Österreich reiste. Der israelische Reisepass des Beschwerdeführers war bis 12.06.2013 gültig und ist der Beschwerdeführer bis zu diesem Zeitpunkt zwei- bis dreimal im Jahr für jeweils ein bis zwei Wochen in Tschechien, Litauen, Lettland und Bulgarien einer illegalen Beschäftigung nachgegangen.
Nach dem Ablauf der Gültigkeit des israelischen Reisepasses stellte der Beschwerdeführer am 01.09.2013 den nunmehr gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
In Österreich war der Beschwerdeführer nie legal erwerbstätig und lebt von Leistungen der Grundversorgung für Asylwerber.
Der Beschwerdeführer besucht Deutschqualifizierungsmaßnahmen, spricht aber nur wenige Worte Deutsch und ist eine Konversation in deutscher Sprache nicht möglich.
In Österreich leben eine Schwester, eine Nichte sowie der Schwager des Beschwerdeführers. Von 16.02.2007 bis 24.07.2007 und von 15.05.2008 bis 13.11.2008 war der Beschwerdeführe am selben Wohnsitz wie seine Schwester gemeldet. Seit 25.12.2016 sind der Beschwerdeführer sowie seine Schwester Mieter einer Wohnung in XXXX . Die Schwester des Beschwerdeführers hat an dieser Adresse seit 12.01.2015 einen Nebenwohnsitz gemeldet, ist dort aber nicht wohnhaft. Der Beschwerdeführer ist an dieser Adresse bereits seit 06.06.2013 gemeldet. Aktuelle besteht kein gemeinsamer Wohnsitz mit der Schwester des Beschwerdeführers. Im Jahr 2018 war der Beschwerdeführer einige Wochen vorübergehend bei seiner Schwester wohnhaft, weil er die Möglichkeit hatte, an deren Wohnort einen Deutschkurs zu besuchen. Zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Schwester sowie deren Familie besteht regelmäßiger Kontakt und wird der Beschwerdeführer von seiner Schwester auch finanziell unterstützt.
Der Beschwerdeführer ist kein Mitglied in einem Verein, hat in Österreich keine Ausbildung absolviert, ist arbeitsfähig und leidet an keinen lebensbedrohenden Krankheiten. Der Beschwerdeführer pflegt in Österreich soziale und freundschaftliche Kontakte.
Am 28.09.2014 wurde die Polizei aufgrund einer Streitigkeit zum früheren Wohnsitz des Beschwerdeführers und seiner damaligen Lebensgefährtin gerufen. Im Zuge der Amtshandlung hat sich der Beschwerdeführer gegen das Anlegen der Handfesseln massiv gewehrt, seine Arme aus den Griffen der Beamten und unter seinen Körper gerissen, vom Rücksitz nach vorne getreten sowie zu einem Polizeibeamten gesagt: "Ich machen dich tot. Du bist tot." Am 17.11.2014 wurde der Beschwerdeführer deshalb vor dem Landesgericht Linz wegen § 15 StGB, §§ 169 (1) 3. Fall, 269 (1) 4. Fall StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe im Ausmaß von sechs Monaten (3 Jahre Probezeit) verurteilt. Mit der Ex-Lebensgefährtin bestand von 12.01.2010 bis 09.12.2014 ein gemeinsamer Wohnsitz.
Am 07.10.2004 war der Beschwerdeführer stark alkoholisiert und hat in der Wohnung seiner Schwester eine Wohnzimmerkommode zerschlagen, weshalb seitens der Polizei eine Wegweisung sowie ein Betretungsverbot ausgesprochen wurde.
Am 31.03.2006 erstattete die Schwester des Beschwerdeführers eine Anzeige, zumal der Beschwerdeführer ihr Auto unbefugt in Betreib genommen hat. Als der Beschwerdeführer daraufhin von der Polizei angehalten wurde, konnte festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer über keine Lenkerberechtigung verfügte und alkoholisiert war (0,96mg/l). Hinsichtlich der unbefugten Inbetriebnahme trat Straffreiheit aufgrund der Familienangehörigkeit ein.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Israel vor seiner Ausreise einer individuellen asylrelevanten Verfolgung durch staatliche Organe oder durch Dritte ausgesetzt war oder er im Falle einer Rückkehr nach Israel einer solchen ausgesetzt wäre.
Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit der Gefahr einer Verletzung seiner durch Art. 2 und 3 EMRK geschützten Rechte ausgesetzt ist oder dass sonstige Gründe vorliegen, die einer Rückkehr oder Rückführung (Abschiebung) in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.
1.2. Zur Lage in Israel wird festgestellt:
1.2.1. Politische Lage
1.2.1.1. Definition des Staatsgebiets - israelische Eigendefinition versus internationaler Standpunkt
Die israelische Regierung unterscheidet zwischen den Gebieten, die unter israelische Hoheitsgewalt fallen (Golan und Ost-Jerusalem, die nach israelischem Recht durch Annexion integraler Bestandteil Israels sind und unter dessen volle Souveränität fallen), und den nicht-annektierten Gebieten (Westjordanland und Gaza) (AA Oktober 2018b).
Die Europäische Union und ihre Mitglieder anerkennen die Annexion von Ost-Jerusalem und den Golan-Höhen nicht: "Die EU und ihre Mitgliedsstaaten werden keine Änderungen des Grenzverlaufs von vor 1967, einschließlich Ost-Jerusalems, anerkennen, solange diese Änderungen nicht von den Konfliktparteien vereinbart werden. Das Westjordanland und Ost-Jerusalem, der Gaza-Streifen sowie die Golan-Höhen sind Gebiete, die seit 1967 von Israel besetzt gehalten werden." (ÖB o.D., vgl. z.B. AA Okt. 2018b). Des Weiteren weist das BmeiA darauf hin, "[...] dass die israelischen Siedlungen gemäß Völkerrecht auf besetztem Gebiet errichtet sind und nicht als legitime Teile des israelischen Staatsgebiets anerkannt werden. [...] Desgleichen sollte möglichen Verletzungen des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte Rechnung getragen werden." (ÖB o.D., vgl. z.B. AA Okt. 2018b)
Israel betrachtet ganz Jerusalem als seine Hauptstadt, während die Palästinenser den östlichen Teil als ihre zukünftige Hauptstadt betrachten (TDS 26.11.2018). Jerusalem hat 901.300 Einwohner, davon 546.100 Juden und 341.500 Araber. Die offiziellen Angaben des israelischen Statistikamtes schließen Bewohner im 1967 besetzten und mit Gesetz vom 30. Juli 1980 annektierten Ostteil der Stadt ein (international nicht anerkannt) (AA Okt. 2018a).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (Oktober 2018a): Israel Stand Oktober 2018, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/israel-node/israel/203560, Zugriff 16.11.2018
- AA - Auswärtiges Amt (Oktober 2018b): Wirtschaft und Umwelt, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/israel-node/-/203844#content_0, Zugriff 16.11.2018
- ÖB Tel Aviv - BmeiA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (o.D.): Wirtschaft, https://www.bmeia.gv.at/oeb-tel-aviv/oesterreich-in-israel/wirtschaft/, Zugriff 28.11.2018
- TDS - The Daily Star (26.11.2018): Israel rearrests Jerusalem governor, https://www.dailystar.com.lb/News/Middle-East/2018/Nov-26/470089-israel-rearrests-jerusalem-governor.ashx#, Zugriff 26.11.2018
1.2.1.2. Staatsaufbau
Israel versteht sich als jüdischer und demokratischer Staat. Es hat keine geschriebene Verfassung. Als vorübergehender Ersatz gelten die so genannten "Grundgesetze". Bisher hat das Parlament 14 dieser Gesetze verabschiedet (AA Okt. 2018c).
Die Unabhängigkeitserklärung vom 14. Mai 1948 definiert Israel als jüdischen Staat und legt dessen Grundwerte fest: Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden, soziale und politische Gleichheit ungeachtet von Rasse, Religion oder Geschlecht, Glaubens- und Gewissensfreiheit sowie Freiheit in Sprache, Erziehung und Kultur (AA Okt. 2018c).
Es herrscht Gewaltenteilung. Das Regierungshandeln der Exekutive wird vom Parlament (Knesset) und von einem von der Regierung unabhängigen und dem Parlament verantwortlichen Staatskontrolleur überwacht. Verwaltung und Gesetzgebung unterliegen der Judikative; der oberste Gerichtshof entscheidet, ob ein Gesetz mit den Grundgesetzen des Staates übereinstimmt. Der Staatspräsident wird von der Knesset für sieben Jahre gewählt, eine Wiederwahl ist nicht möglich. Er hat in erster Linie repräsentative Funktionen. Er begleitet die Regierungsbildung und hat hier - begrenztes - Ermessen, etwa bei der Vergabe des Auftrags zur Regierungsbildung oder bei der Gewährung von Fristverlängerungen in diesem Zusammenhang. Der Staatspräsident hat ferner Befugnisse zur Begnadigung und Strafmilderung, die vor allem bei politisch motivierten Freilassungen oder dem Austausch von Gefangenen von Bedeutung sind. Staatspräsident ist seit dem 24. Juli 2014 Reuven Rivlin (AA Okt. 2018c).
Israels Parlament, die Knesset ("Versammlung"), hat 120 Sitze. Die Abgeordneten werden in einer reinen Verhältniswahl gewählt. Die Wahlen, die turnusgemäß alle vier Jahre stattfinden, sind direkt, gleich, geheim, allgemein und landesweit. (Das gesamte Land bildet einen einzigen Wahlkreis). Wahlberechtigt sind alle israelischen Staatsangehörigen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Gewählt werden Parteilisten (AA Okt. 2018c).
In der Knesset ist traditionellerweise eine Vielzahl an Parteien vertreten, die z.T. bestimmte Bevölkerungsgruppen vertreten und nur wenige Abgeordnete stellen. Israelische Regierungen sind insofern regelmäßig Koalitionsregierungen aus mehreren Parteien (AA Okt. 2018c). Die letzte Parlamentswahl fand am 17. März 2015. statt (AA Oktober 2018a).
Die akuellen Regierungsparteien im Parlament (Knesset) sind: Likud ("Bündnis"): 30 Sitze; Kulanu ("Wir alle"): 10 Sitze; HaBayit HaYehudi ("Jüdisches Heim"): 8 Sitze; Shas (Sephardische Torah-Hüter): 7 Sitze; Yahadut HaTorah ("Torah-Judentum"): 6 Sitze (AA Oktober 2018a).
Nach dem Koalitionsaustritt der Partei Yisrael Beiteinu des zurückgetretenen Verteidigungsministers Lieberman verfügt die israelische Regierung nur noch über eine knappe Parlamentsmehrheit von 61 aus 120 Sitzen. Die nächsten regulären Parlamentswahlen sind für November 2019 geplant (BAMF 26.11.2018, vgl. BBC 14.11.2018, DS 19.11.2018).
Die Menschenrechtsorganisation Freedom House stuft die letzten Wahlen als "frei und fair" ein. Wahlen in Israel laufen demnach friedlich und geordnet ab. Die Ergebnisse werden gewöhnlich von allen Parteien anerkannt. Die politische Macht hat in Israel im Lauf seiner Geschichte wiederholt zwischen verschiedenen konkurrierenden Parteien friedlich gewechselt. Oppositionsparteien regieren in mehreren Großtädten, z.B. in Tel Aviv, oder in vielen mehrheitlich arabischen Städten (FH Jänner 2018).
Parteien, welche den jüdischen Charakter Israels leugnen, gegen Demokratie sind oder zu Rassismus aufrufen, sind verboten. Die Knesset kann Parlamentsabgeordnete mit einer Dreiviertelmehrheit entfernen, wenn diese zu Rassismus aufrufen oder den bewaffneten Kampf gegen den Staat Israel unterstützen. Letzteres zielt laut Kritikern auf arabische Politiker ab (FH Jänner 2018).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (Oktober 2018a): Israel Stand Oktober 2018, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/israel-node/israel/203560, Zugriff 16.11.2018
- AA - Auswärtiges Amt (Oktober 2018b): Wirtschaft und Umwelt, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/israel-node/-/203844#content_0, Zugriff 16.11.2018
- AA - Auswärtiges Amt (Oktober 2018c): Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/israel-node/-/203848, Zugriff 16.11.2018
- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (26.11.2018): Briefing Notes, Gruppe 62 - Informationszentrum Asyl und Migration, per E-Mail am 26.11.2018
- BBC - British Broadcasting Station (14.11.2018), Israel Defence Minister Lieberman resigns over Gaza ceasefire, https://www.bbc.com/news/world-middle-east-46207094, Zugriff 16.11.2018
- DS - Der Standard (Kaufmann, Lissy) (19.11.2018): Neuwahlen in Israel vorerst abgewendet, derstandard.at/2000091758439/Neuwahlen-in-Israel-vorerst-abgewendet-, Zugriff 23.11.2018
1.2.1.3. Der israelisch-palästinensische Konflikt als Faktor der israelischen Politik und Sicherheitslage
Seit 1967 stehen die palästinensischen Gebiete unter israelischer Besatzung. Gewalt zwischen beiden Bevölkerungsgruppen bleibt Realität. Ein Durchbruch zu einer Lösung des Konflikts unter der Formel "Zwei Staaten für zwei Völker" schien in den 1990er Jahren möglich. Zwar gibt es in Israel weiterhin eine Mehrheit, die diese Formel unterstützt. Gleichzeitig glaubt aber auch eine Mehrheit nicht mehr daran, dass die Palästinenser ein Partner im Friedensprozess sein können und spricht sich daher dafür aus, im Interesse der Sicherheit die Besatzungssituation aufrechtzuerhalten (Lintl 03.2018).
Mit scheiternden Friedensgesprächen gewannen militärische Maßnahmen die Oberhand und veränderten die israelische Politik: Das linke "Friedenslager" entfernt sich immer stärker von der Forderung nach Endstatusverhandlungen, während das rechte Lager einen palästinensischen Staat ausschließt und inzwischen zunehmend offensiv Teilannexionen des Westjordanlands fordert (Lintl März 2018).
Unilaterale Maßnahmen ohne Einbindung der palästinensischen Seite prägen die israelische Politik gegenüber den Palästinensern - vor allem der Rückzug [nur am Boden] aus dem Gaza-Streifen im Jahr 2005 sowie die Errichtung der Sperranlage um die großen Siedlungen in der Westbank. Das gab jenen Stimmen auf palästinensischer Seite Auftrieb, die meinen, dass Israel nur durch Einsatz von Gewalt die besetzten Gebiete verlassen würde. Lintl sieht eine Entwicklung in Israel wie auch in den palästinensischen Gebieten, wonach moderate Ansätze sukzessive marginalsiert werden (Lintl März 2018).
Das führt zu wachsenden israelischen Siedlungen in der Westbank - mittlerweile 700 000 SiedlerInnen. Selbst ohne offizielle Annexion schwindet damit die Aussicht auf eine Zweistaatenlösung, obwohl es auf beiden Seiten eine Mehrheit für eine Zweistaatenlösung gäbe, wenn die Gegenseite auf jeweiligen zentralen Forderungen einginge (Lintl März 2018).
Quellen
- Lintl, Peter (2.3.2018): Auswirkungen des ungelösten Konflikts auf israelische Machtkonstellationen und Akteursperspektiven. In: Lintl, Peter (Hrg.): Akteure des israelisch-palästinensischen Konflikts - Interessen, Narrative und die Wechselwirkungen der Besatzung, SWP-Studie 2018/S, S. 9-30, https://www.swp-berlin.org/publikation/akteure-des-israelischpalaestinensischen-konflikts/, Zugriff 23.11.2018
1.2.1.4. Das Nationalstaatsgesetz
Das deutsche Auswärtige Amt beschreibt Israel als Demokratie, deren Innenpolitik zu einem großen Teil von der Heterogenität ihrer Bevölkerung bestimmt ist. Religiöse und säkulare Juden, israelische Araber, Drusen, Zuwanderer aus der früheren Sowjetunion und andere Gruppen prägen das Land (AA Oktober 2018c).
Am 19. Juli 2018 wurde von der Knesset das Nationalstaatsgesetz beschlossen. Es ist innerhalb wie außerhalb des Landes umstritten, auch wenn nur ein Teil der Vorschriften neu ist. Diese werden nun jedoch de facto in den Verfassungsrang erhoben. Während die einen darin eine Darstellung der Wirklichkeit sehen, monieren Gegner, dass das Gesetz Minderheiten diskriminiere und demokratische Werte untergrabe. Es spiegelt auch derzeitige Regierungsbemühungen zur Umgestaltung des israelischen Regierungssystems, hin zu einer "majoritären Demokratie" wider, und trifft besonders den Obersten Gerichtshof als "Verteidiger liberaler Prinzipien". Der Protest dagegen erstreckte sich von Knesset-Abgeordneten bis hin ins Ausland: arabische und jüdischen Oppositionsparteien, viele NGOs sowie Staatspräsident Reuven Rivlin kritisierten das Gesetz als diskriminierend, unnötig und fehlerhaft. Aus dem Ausland kam Kritik von der Europäischen Union bis hin zum amerikanischen Reformjudentum. Israel wird in dem Gesetz in Paragraph 1 als "historisches Heimatland des jüdischen Volkes" definiert, was in einem Großteil der arabischen Bevölkerung Ablehnung hervorruft, da sie in der weiteren Verrechtlichung des jüdischen Charakters des Staates eine diskriminierende Komponente und Zementierung der Trennung zwischen arabischen und jüdischen Bürgern sehen. So wird etwa in israelischen Geburtsurkunden zwischen jüdischen und arabischen Staatsbürgern differenziert. Dadurch wird der Charakter des Staates von der nationalen Mehrheit bestimmt, was den nichtjüdischen Minderheiten automatisch einen sekundären Status gibt, zumindest in grundlegenden Identitätsfragen des Staates (SWP Sept.2018).
In Paragraf 4 wird Arabisch vom Rang einer offiziellen Sprache Israels herabgestuft. Die Folgen sind aber noch unklar. In keinem israelischen Grundgesetz wurde bisher das Gleichheitsprinzip aufgenommen. Arabische Politiker fordern eine Definition Israels als "Staat für alle Bürger", was jedoch von zahlreichen jüdischen Israelis als Negierung des Existenzrechts Israels ausgelegt wird (SWP Sept.2018).
Das Gesetz sieht zudem eine Bevorzugung der jüdischen Bevölkerung bei der Wohnraumplanung des Landes vor. Kerngedanke ist, dass es keine Region in Israel geben soll, die über eine arabische Mehrheit verfügt. Dies betrifft vor allem Gebiete mit einem niedrigeren jüdischen Bevölkerungsanteil wie Galiläa oder den Negev. Der jetzt verabschiedete Passus schließt aber auch die weitere Besiedlung des Westjordanlands nicht aus. Überhaupt fordert eine große Zahl der Parlamentarier, die das Nationalstaatsgesetz billigten, auch eine Annexion oder Teilannexion des Westjordanlands (SWP Sept.2018).
Das Nationalstaatsgesetz steht außerdem im Widerspruch zum Grundgesetz "Menschenwürde und Freiheit" von 1992. Die Stellungnahme des Obersten Gerichtshofs zu dem Gesetz erfolgt erst. Klagen gegen das Gesetz wurden bereits eingereicht. (SWP Sept.2018).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (Oktober 2018c): Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/israel-node/-/203848, Zugriff 16.11.2018
- SWP - (Lintl, Peter, Wolfrum, Stefan) (Sept.2018): Israels Nationalstaatsgesetz - Die Regierung Netanyahu schafft Grundlagen für ein majoritäres System, SWP-Aktuell Nr. 50, https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2018A50_ltl_wlf.pdf, Zugriff 22.11.2018
1.2.2. Sicherheitslage
Das Auswärtige Amt warnt bei Reisen nach Israel vor Menschenansammlungen, mahnt zu erhöhter Vorsicht bei Bushaltestellen und Bahnhöfen, weil weiterhin Terroranschläge im öffentlichen Raum im Bereich des Möglichen liegen, auch wenn deren Zahl in den letzten Jahren zurückging. Israel gilt weiterhin als Angriffsziel islamistischer Terrorgruppen (AA 16.11.2018). Ähnlich warnt auch das österreichische Außenministerium vor den Risiken von Anschlägen an Orten mit vielen Menschen wie z.B. religiöse Stätten, öffentliche Verkehrsmittel sowie Lokalen, Märkten etc. Das BmeiA geht davon, dass weiter mit "vereinzelten Anschlägen" unter Verwendung von Messern oder Autos zu rechnen ist (BMEIA 16.11.2018)
Das österreichische Außenministerium bewertet die derzeitige Sicherheitslage im Staat Israel abseits der oben erwähnten Grenzgebiete als "erhöhtes Sicherheitsrisiko (Sicherheitsstufe 2)" (BMEIA 29.11.2018).
Quellen:
- BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (29.11.2018): Israel (Staat Israel) Stand 29.11.2018 (Unverändert gültig seit: 13.11.2018), https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/israel/, Zugriff 29.11.2018
- BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (16.11.2018): Israel (Staat Israel) Stand 16.11.2018 (Unverändert gültig seit: 13.11.2018), https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/israel/, Zugriff 16.11.2018
1.2.2.1. Einzeltäterangriffe auf israelische StaatsbürgerInnen im Kontext des israelisch-palästinensischen Konflikts - teilweise auf israelischem Staatsgebiet
Im Zeitraum 1. Jänner 2017 bis 6. November 2017 töteten Palästinenser mindestens 15 Israelis im Kontext des israelisch-palästinensischen Konflikts, darunter 10 Mitarbeiter der Sicherheitsbehörden, und verletzten 129 Personen in der Westbank und in Israel (HRW 18.1.2018).
Die Tatwaffen waren Messer und Schusswaffen sowie das gezielte Niederfahren mit Autos. Es handelte sich vorwiegend um Einzeltäter, die keiner bewaffneten Gruppe angehörten. Amnesty International geht für das gesamte Jahr 2017 von 14 getöteten Israelis und einem ausländischem Staatsangehörigen aus (AI 22.2.2018).
Freedom House geht von einem anhaltenden Risiko für israelische Sicherheitskräfte und ZivilistInnen bzgl. Terrorangriffen kleinen Maßstabs aus, wie etwa Messerangriffe und Niederfahren mit einem Fahrzeug (FH Jänner 2018).
Quellen:
- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Israel and the Occupied Palestinian Territories, https://www.ecoi.net/de/dokument/1444230.html; Zugriff 22.11.2018
- FH - Freedom House (Jänner 2018): Freedom in the World 2018 - Israel, https://www.ecoi.net/de/dokument/1426305.html, Zugriff 22.11.2018
- HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Israel/Palestina, https://www.ecoi.net/de/dokument/1445145.html, Zugriff 22.11.2018
1.2.2.2. Palästinensische Tote - teilweise auf israelischem Staatsgebiets
Im Jahr 2017 töteten israelische Sicherheitskräfte 76 Palästinenser und einen ausländischen Staatsbürger. In einigen Fällen handelte es sich laut Amnesty International um rechtswidrige Tötungen, da von den Opfern keine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben anderer Personen ausging (AI 22.2.2018).
Human Rights Watch verzeichnete für den Zeitraum 1. Jänner 2017 bis 6. November 2017 62 getötete Palästinenser, darunter 14 Kinder sowie 3.494 palästinensische Verletzte in der Westbank, Gaza und Israel, darunter Demonstranten, mutmaßliche Angreifer oder Mitglieder bewaffneter Gruppen sowie Passanten (HRW 18.1.2018).
Quellen:
- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Israel and the Occupied Palestinian Territories, https://www.ecoi.net/de/dokument/1444230.html; Zugriff 22.11.2018
- HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Israel/Palestina, https://www.ecoi.net/de/dokument/1445145.html, Zugriff 22.11.2018
1.2.2.3. Grundsätzliches zur Lage in den Grenzgebieten
Das österreichische Außenministerium stuft das Sicherheitsrisiko in den Grenzgebieten zu Libanon, Syrien, Gazastreifen und Ägypten mit Sicherheitstufe 3 als hoch ein. Es wird geraten, diese Gebiete zu meiden. Die Kenntnis der Lage der Luftschutzkeller und über das Verhalten bei Raketenbeschuss wird empfohlen - ebenso wie Anweisungen der Zivilschutzbehörden nachzukommen. (BMEIA 16.11.2018, zu den Grenzgebieten vgl. auch z.B. AA 16.11.2018).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (16.11.2018): Israel: Reise- und Sicherheitshinweise (Reisewarnung für den Gaza-Streifen) (Teilreisewarnung) Stand - 16.11.2018 (Unverändert gültig seit: 13.11.2018), https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/israelsicherheit/203814#content_0, Zugriff 16.11.2018
- BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (16.11.2018): Israel (Staat Israel) Stand 16.11.2018 (Unverändert gültig seit: 13.11.2018), https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/israel/, Zugriff 16.11.2018
1.2.3. Rechtsschutz / Justizwesen
Die Menschenrechtsorganisation Freedom House beschreibt die israelische Justiz als unabhängig. Sie trifft auch Gerichtsbeschlüsse in Widerspruch gegen die Regierung. Der Oberste Gerichtshof hat über die Jahre eine zentrale Rolle beim Schutz von Minderheiten und bei der Aufhebung von Regierungs- und Parlamentsbeschlüssen eingenommen, wenn diese sich gegen Menschenrechte richteten. Eingaben können sowohl von israelischen BürgerInnen wie auch von der palästinensischen Bevölkerung der Westbank und des Gazastreifens eingebracht werden. Der Staat hält sich gewöhnlich an die Gerichtsbeschlüsse (FH Jänner 2018).
Das Nationalstaatsgesetz [siehe auch Abschnitt "Politik"] zieht auch Änderungen beim Obersten Gerichtshof nach sich. Ergänzend gingen vier von sechs in der Legislaturperiode zu besetzende Richterposten an deklariert konservative Bewerber. Die Knesset kann nun auch durch eine sogenannte "Überstimmungsklausel" Urteile des Obersten Gerichtshofs aufheben (SWP Sept. 2018).
Das Gesetz verbietet willkürliche Verhaftungen und sieht die Möglichkeit des Einspruchs gegen Festnahmen vor. Im Allgemeinen wird dies eingehalten (USDOS 20.4.2018).
Für illegal eingereiste MigrantInnen und Aslysuchende [Anm. nicht aus den besetzten Gebieten] gelten eigene gesetzliche Bestimmungen für die Haftdauer auf Basis eines Gesetzes zur Verhinderung illegaler Einreisen (Infiltration Israels) etc. (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
- FH - Freedom House (Jänner 2018): Freedom in the World 2018 - Israel, https://www.ecoi.net/de/dokument/1426305.html, Zugriff 22.11.2018
- SWP - (Lintl, Peter, Wolfrum, Stefan) (Sept.2018): Israels Nationalstaatsgesetz - Die Regierung Netanyahu schafft Grundlagen für ein majoritäres System, SWP-Aktuell Nr. 50, https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2018A50_ltl_wlf.pdf, Zugriff 22.11.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Israel and the Golan Heights, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430355.html , Zugriff
1.2.4. Sicherheitsbehörden
Die Israeli Security Agency (ISA) unter der Autorität des Premierministers ist für die Bekämpfung von Terrorismus und Spionage im Staat Israel und den besetzten Gebieten zuständig (USDOS 3.3.2017).
Die Polizei, einschließlich der Grenzpolizei und der Einwanderungspolizei, unterstehen dem Ministerium für Innere Sicherheit (USDOS 3.3.2017).
Die Israeli Defense Force (IDF) [israelische Streitkräfte] sind für die äußere Sicherheit zuständig und haben keine Jurisdiktion über israelische StaatsbürgerInnen. Bei Einsätzen in den besetzten Gebieten untersteht die ISA den Streitkräften (USDOS 3.3.2017).
In Ermittlungen zu Vorfällen, in welchen die Polizei den Streitkräften unterstand, werden die Ermittlungen zwischen Jusitzministerium und der IDF aufgeteilt (USDOS 3.3.2017).
Die zivilen Behörden üben effektive Kontrolle über die Sicherheitskräfte aus (USDOS 20.4.42018). Die Regierung verfügt über effektive Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Schikanen und Misshandlungen sowie Korruption. Von NGOs wird weiterhin die extrem niedrige Zahl von Anklagen in Relation zu der Anzahl an eröffneten Ermittlungen sowie die Zahl der durch die Militärpolizei eingestellten Verfahren kritisiert (USDOS 3.3.2017).
Die Menschenrechtsorganisation B'Tselem stellte die Einreichung von Beschwerden bei den Strafverfolgungsbehörden des Militärs ein (USDOS 3.3.2017).
Das Department for Investigation of Police Officers (DIPO) ermittelt bei Beschwerden gegen die ISA, bei Polizei- und Grenzpolizeieinsätzen auf israelischem Gebiet, in Jerusalem sowie in den besetzten Gebieten, wenn in die Vorfälle kein Waffengebrauch involviert war. Im Jahr 2015 überprüfte DIPO mehr als 3.500 Fälle. Entscheidungen fielen in 640 Fällen, von welchen 102 Fälle zu Anklagen führten. Davon endeten 87 mit Verurteilungen. 85 Fälle endeten mit Disziplinarmaßnahmen (USDOS 3.3.2017).
Das Military Police Criminal Investigations Department im Verteidigungsministerium ist für Vorwürfe gegen die IDF sowie gegen Polizeieinheiten, die unter der IDF im Einsatz in den besetzten Gebieten waren, zuständig. Im Jahr 2016 gab es insgesamt 12 Schuldsprüche, bzw. 11 Haftstrafen (USDOS 3.3.2017).
Menschenrechtsorganisationen kritisieren weiterhin, dass das Prozedere seriöse Ermittlungen durch das Militär ausschließt und strukturelle Schwächen aufweist, welche professionelle Untersuchungen verunmöglichen (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Israel and the Golan Heights, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430355.html, Zugriff 19.11.2018
- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Israel and The Occupied Territories - Israel, https://www.ecoi.net/de/dokument/1394612.html, Zugriff 29.11.2018
1.2.5. Folter und unmenschliche Behandlung
Das Gesetz nimmt nicht direkt auf Folter Bezug, sondern verbietet Angriffe und Druck durch MitarbeiterInnen des öffentlichen Dienstes (USDOS 20.4.2018). Im Jahr 1999 verbot das Oberste Gericht Folter, erlaubte jedoch physischen Zwang in Verhören der ISA (USDOS 20.4.2018) im Fall einer unmittelbaren Bedrohung (FH Jänner 2018, vgl. USDOS 20.4.2018).
Menschenrechtsorganisationen werfen den Behörden den fortgesetzten Einsatz von einigen Arten physischer Misshandlung und anderen Maßnahmen vor - darunter Isolation, Schlafentzug, psychologische Drohungen und Druck, schmerzhafte Fesselung und Erniedrigung (FH Jänner 2018).
Die Menschenrechtsorganisationen wie etwa Public Committee Against Torture in Israel (PCATI), Defense for Children International-Palestine und Military Court Watch wiesen darauf hin, dass die gesetzlich erlaubten und angewandten "physischen Verhörmethoden" auf Folter hinauslaufen können. Die Regierung entgegnete, dass die ISA-Verhörregelungen der Geheimhaltung unterlägen, aber überwacht würden. Für die Eröffnung von Ermittlungen gegen ISA-Angestellte ist die Staatsanwaltschaft zuständig. Seit 2001 wurden mehr als 1.100 Beschwerden gegen die ISA wegen Folter eingeleitet. In einigen Fällen gab die Regierung die Anwendung "außergewöhnlicher Methoden" zu. Keine Beschwerde beinhaltete laut Regierung genügend Beweise für eine Strafermittlung. Fallweise führten die vorläufigen Ermittlungen zu Disziplinarmaßnahmen, Änderungen des Prozedere oder der Verhörmethoden. Das Prozedere für Ermittlungen zur Misshandlung von Gefangenen ist komplex und fragmentiert. Beschwerden werden aufgrund mangelnder Zuständigkeit monate- oder jahrelang zwischen Behörden weitergereicht. Aufgrund eines befristeten Gesetzes sind die General Security Services [Anm.: Shin Bet, Inlandsgeheimdienst] bei "Sicherheitsdelikten" von Audio- und Videoaufzeichnungen der Verhöre ausgenommen. Es kann jedoch zu unangekündigten Kontrollen der Verhöre kommen, ohne das die Leiter der Verhöre von der gerade stattfinden Kontrolle erfahren (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
- FH - Freedom House (Jänner 2018) : Freedom in the World 2018 - Israel, https://www.ecoi.net/de/dokument/1426305.html, Zugriff 22.11.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Israel and the Golan Heights, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430355.html, Zugriff 19.11.2018
1.2.6. Korruption
Im Corruption Perceptions Index 2017 von Transparency International wird Israel mit 62 (von 100) Punkten (0=highly corrupt, 100=very clean) bewertet (TI 2.2.2018).
Korruptionsermittlungen gegen hochrangige Persönlichkeiten sind in den letzten Jahren realtiv häufig. Betroffene sind z.B. Premierminister Benjamin Natanyahu, einige seiner engsten Mitarbeiter, sowie seine Ehefrau. Im Dezember 2017 wurde ein Gesetz verabschiedet, das die Bedingungen für Anklageempfehlungen durch die Polizei bei gewählten Amtspersonen und höheren Angestellten des öffentlichen Dienstes einschränkt, was den Vorwurf der Opposition nach sich zog, dass die politische Führung dadurch geschützt würde, auch wenn bereits laufende Ermittlungen nicht rückwirkend von dem Gesetz betroffen waren (FH 1.2018, vgl. USDOS 20.4.2018).
Israels Gesetze, die politische Praxis, Gruppen der Zivilgesellschaft und unabhängige Medien sorgen für ein substantielles Ausmaß an Transparenz in der Regierung. Die aktuellen Korruptionsfälle illustrieren anhaltende Schwächen, aber zeigen auch, dass das System schlussendlich Fehlverhalten offenlegt (FH 1.2018).
Quellen:
- FH - Freedom House (Jänner 2018): Freedom in the World 2018 - Israel, https://www.ecoi.net/de/dokument/1426305.html, Zugriff 22.11.2018
- TI - Transparency International (2.2.2018): Corruption Perception Index 2017, https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2017#table, Zugriff 29.11.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Israel and the Golan Heights, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430355.html, Zugriff 19.11.2018
1.2.7. NGOs und Menschenrechtsaktivisten
Eine Bandbreite von heimischen und internationalen Menschenrechtsorganisationen kann generell ohne Einschränkungen durch die Regierung aktiv sein, Recherchen durchführen und diese veröffentlichen. Regierungsvertreter haben ein Ohr für ihre Anliegen, und sie werden regelmäßig von Parlamentsabgeordneten zu Anhörungen über Gesetze in die Knesset eingeladen. Menschenrechtsorganisationen können direkt Eingaben beim Obersten Gerichtshof zu Regierungsmaßnahmen machen und Beschwerden zu individuellen Fällen vorbringen. Israelische und palästinensische NGOs - besonders solche mit Schwerpunkt bei Menschenrechtsfragen und kritischer Haltung gegenüber der Regierung - behaupten weiterhin, dass die Regierung versucht sie einzuschüchtern und zu verunglimpfen (AI 22.2.2018). Breaking the Silence, eine NGO von ehemaligen Angehörigen des israelischen Militärs, mit dem Ziel, Transparenz über die IDF-Handlungen in der Westbank und Gaza zu schaffen, ist das Ziel "intensiver negativer Rhetorik". Im Oktober gab Premierminister Netanyahu Medienberichten zufolge den Auftrag, Organisationen, welche IDF-SoldatInnen anzuklagen versuchen, zu verbieten - besonders Breaking the Silence.
Ausländischen Mitgliedern bestimmter NGOs wird weiterhin die Einreise verweigert, wenn die Organisationen nach Regierungsansicht einen Boykott Israels, bestimmter israelischer Institutionen oder bestimmter Einrichtungen unter israelischer Kontrolle befürworteten (USDOS 20.4.2018; vgl. HRW 18.1.2018, FH Jänner 2018, AI 22.2.2018).
Israelische NGOs, besonders solche die sich für ein Ende der israelischen Militärpräsenz in der Westbank einsetzen, erhalten Todesdrohungen, besonders in Zeiten, in denen sich Regierungsvertreter gegen ihre Aktivitäten aussprechen. Ein Mann wurde unter anderem wegen eines geplanten Brandanschlags auf den Sitz von Breaking the Silence angeklagt. (USDOS 20.4.2018, vgl. AI 22.2.2018).
Amnesty International zufolge verstärkte sich der behördliche Druck auf palästinensische Menschenrechtsorganisationen wie Al-Haq, Al Mezan und Addameer (AI 22.2.2018; vgl. HRW 18.1.2018).
Die Behörden führen weiterhin belastende Prüfungen bei NGOs bzgl. deren Finanzierung durch ausländische Regierungen durch (HRW 18.1.2018). Freedom House stufte deswegen, und aufgrund gesetzlicher Schritte gegen NGOs, Israels Bewertung bei den bürgerlichen Freiheiten von 2 auf 3 herunter (FH Jänner 2018).
Khalida Jarrar, palästinensische Parlamentarierin und Vorstandsmitglied der NGO Addameer, und der Addameer-Mitarbeiter Salah Hammouri befanden sich Ende 2017 noch immer in Verwaltungshaft (AI 22.2.2018).
Quellen:
- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Israel and the Occupied Palestinian Territories, https://www.ecoi.net/de/dokument/1444230.html; Zugriff 22.11.2018
- FH - Freedom House (Jänner 2018) : Freedom in the World 2018 - Israel, https://www.ecoi.net/de/dokument/1426305.html, Zugriff 22.11.2018
- HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Israel/Palestina, https://www.ecoi.net/de/dokument/1445145.html, Zugriff 22.11.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Israel and the Golan Heights, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430355.html, Zugriff 19.11.2018
1.2.8. Allgemeine Menschenrechtslage
Auch wenn die Justiz beim Schutz von Minderheitenrechten aktiv ist, so diskriminieren die politische Führung und viele Teile der Gesellschaft arabische und andere Minderheiten, was in systematischen Disparitäten in den Bereichen politische Repräsentation, Strafjustiz und wirtschaftliche Möglichkeiten resultiert (FH Jänner 2018).
Zu den schwersten Menschenrechtsverletzungen zählen: Terroranschläge gegen Zivilisten sowie politisch und religiös motivierte Morde durch nichtstaatliche Gruppen und Einzeltäter, die oft exterritoriale Verwaltungshaft in Israel für PalästinenserInnen [siehe auch Abschnitte Justizsystem und Haftbedingungen], sowie Gesetze und offizielle Rhetorik, welche den Aktionsbereich für Menschenrechtsorganisationen negativ beeinflussen [siehe Abschnitt Menschenrechtsorganisationen]. Im Jahr 2017 starben bei Terroranschlägen in Jerusalem, Yavne, Petah Tikva, Tel Aviv, and Arad sieben Personen und 23 wurden verletzt. Die meisten Angreifer waren Palästinenser aus der Westbank, zwei jedoch waren arabische Bürger Israels (USDOS 20.4.2018).
Im April wurden zwei Personen wegen Terrorismus angeklagt. Ziel einer Reihe von Angriffen waren arabische Bürger Israels, darunter ein Angriff mit Messer. Die Angeklagten griffen Männer an, die sie für Araber hielten und wollten sie davon abschrecken, mit jüdischen Frauen auszugehen (USDOS 20.4.2018).
Das britische Außenministerium weist darauf hin, dass viele Menschenrechtsfragen im Jahr 2017 mit der Verletzung international Menschenrechte und des humanitären Rechts durch die israelische Regierung im Kontext von Israel's militärischer Besetzung der Westbank, Ost-Jerusalem und Gaza zusammenhängen (FCO 16.7.2018). Dazu nennt Amnesty International Zahlen [ohne Unterscheidung, ob die Vorfälle im Staat Israel oder den besetzten Gebieten stattfanden]: Israelische Soldaten, Polizisten und Angehörige des Sicherheitsdienstes töteten 2017 mindestens 75 Palästinenser aus den besetzten Gebieten, einschließlich Ost-Jerusalem und fünf Palästinenser mit israelischer Staatsbürgerschaft. Einige der Opfer wurden in Situationen erschossen, in denen sie Israeli angriffen oder man sie verdächtigte, einen Angriff zu beabsichtigen. In vielen Fällen handelte es sich jedoch um rechtswidrige Tötungen, da von den Betreffenden - unter ihnen auch Kinder - keine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben anderer Personen ausging. Einige der Getöteten wurden allem Anschein nach Opfer außergerichtlicher Hinrichtungen (AI 22.2.2018)
Quellen:
- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Israel and the Occupied Palestinian Territories, https://www.ecoi.net/de/dokument/1444230.html; Zugriff 22.11.2018
- FCO - UK Foreign and Commonwealth Office (16.7.2018): Human Rights and Democracy: the 2017 Foreign and Commonwealth Office report, https://www.ecoi.net/de/dokument/1444042.html, Zugriff 26.11.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Israel and the Golan Heights, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430355.html, Zugriff 19.11.2018
1.2.9. Meinungs- und Pressefreiheit
Die israelische Medienlandschaft ist lebendig und vermag frei die Regierungspolitik kritisieren.Im Mai 2017 wurde ein Dekret abgeschafft, wonach Zeitungen eine Lizenz des Innenministeriums benötigen. Lokale und ausländische Medienberichte über Sicherheitsfragen unterliegen der Militärzensur, was auch regelmäßig umgesetzt wird. Fallweise erhalten Journalisten keine Presseausweise, um sie an der Einreise zu hindern, wobei Sicherheitsbedenken als Begründung angegeben wurden (FH Jänner 2018).
Eine juristische Kontroverse zwischen der Staatsanwaltschaft und der NGO Breaking the Silence bezüglich der Quelle von Informationen über eventuelle Kriegsverbrechen im Zuge der Militäroperation "Protective Edge" im Jahr 2014, endete damit, dass die Informationen von der NGO ohne Bekanntgabe der Quelle vorgelegt werden durften (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
- FH - Freedom House (Jänner 2018) : Freedom in the World 2018 - Israel, https://www.ecoi.net/de/dokument/1426305.html, Zugriff 22.11.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Israel and the Golan Heights, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430355.html, Zugriff 19.11.2018
1.2.10. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition
Israelische und palästinensische NGOs, besonders solche mit Fokus auf Menschenrechtsprobleme und kritischer Einstellung gegenüber der Regierung, geben an, das die Regierung versucht sie einzuschüchtern und vom Erhalt von Geldern ausländischer Regierungen abzuhalten (USDOS 20.4.2018).
Ein Gesetzeszusatz vom 22. Mai 2018 verlangt von NGOs, die mehr als die Hälfte ihres Budgets von ausländischen Regierungen erhalten, zusätzliche Prüfungen bei Anträgen auf Aufnahme in den National Service. Außerdem müssen diese NGOs einem Gesetz von 2016 zufolge die Information über ihre Finanzierung bei jeglichen Korrespondenzen, Medienberichten, Anträgen zu Knesset-Anhörungen und in Publikationen erwähnen. Es droht sonst eine Geldstrafe von umgerechnet 8.180 US-Dollar. Laut Justizministerium betrifft der Gesetzeszusatz 27 NGOs, 25 davon sind Menschenrechtsorganisationen. Private Sponsoren, welche für rechtsgerichtete Organisationen die wichtigeren Geldgeber sind, sind nicht von dem Gesetz betroffen (USDOS 20.4.2018).
Medienberichten zufolge ersuchte Premierminister Netanyahu die britische Premierministerin May und den belgischen Premierminister Michel, die finanzielle Unterstützung für israelische NGOs einzustellen, welche "Israel-feindlich" seien. Ein Treffen mit dem deutschen Außenminister Gabriel sagte er ab, weil sich dieser mit den NGOs Breaking the Silence and B'Tselem traf (USDOS 20.4.2018).
Freedom House stufte Israel wegen dieses Gesetzes und weiterer Gesetzesentwürfe sowie wegen des Einreiseverbots für ausländische Befürworter von Boykotten der israelischen Siedlungen oder Israels bezüglich Rechte von Organisationen herab. Die Maßnahmen tragen zur Feindschaft gegen Gruppen beitragen, die in den letzten Jahren die Regierung kritisiert hatten. Die "NGOs sind demnach durch die Gesetze dem Risiko der Schließung ausgesetzt (FH Jänner 2018).
Quellen:
- FH - Freedom House (Jänner 2018) : Freedom in the World 2018 - Israel, https://www.ecoi.net/de/dokument/1426305.html, Zugriff 22.11.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Israel and the Golan Heights, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430355.html, Zugriff 19.11.2018
1.2.11. Haftbedingungen
Das Gesetz sieht Haftbedingungen vor, die nicht der Gesundheit und Würde der Gefangenen schaden. Die Bedingungen in permanenten Hafteinrichtungen entsprechen laut internationalem Komitee des Roten Kreuzes den internationalen Standards. "Sicherheitsgefangene" unterliegen härteren Haftbedingungen als Personen, welche als Kriminelle inhaftiert sind. Darunter fallen z.B. mehr Einzelhaft, Einschränkungen bei Besuchen durch die Familie. Die meisten von ihnen waren Palästinenser aus der Westbank, eine kleinere Zahl waren israelische Bürger oder Palästinenser aus Gaza. Die extraterritoriale Haft in Israel erschwerte aufgrund der Erfordernis einer Einreisegenehmigung manchen Gefangenen die Besuche durch Familienangehörige und Anwälte. Familien aus der Westbank erhielten beschränkt Einreisegenehmigungen, während dies für Familien aus Gaza schwieriger war (USDOS 20.4.2018).
Die israelischen Behörden inhaftierten 2017 Tausende Palästinenser aus den besetzten Gebieten oder hielten sie weiterhin in Gewahrsam. Die meisten von ihnen waren in Gefängnissen in Israel inhaftiert, was einen Verstoß gegen das Völkerrecht darstellt. Vielen Familien von Gefangenen, vor allem aus dem Gazastreifen, die ihre Verwandten im Gefängnis besuchen wollten, wurde die Einreise nach Israel verweigert (AI 22.2.2018). Ein Bericht über 62 Gefängnisse des Büros für Strafverteidigung bemängelt u.a. physische Vernachlässigung und harsche Lebensbedingungen. Besuche von Anwälten sind gewöhnlich - aber nicht in allen Fällen - erlaubt. Zwangsernährung von Hungerstreikenden ist erlaubt, wird aber von der Israel Medical Association als unethisch abgelehnt, die den Ärzten eine Verweigerung der Durchführung des diesbezüglichen Gesetzes empfahl. (USDOS 20.4.2018).
In den Zellen der palästinensischen Sicherheitsgefangenen im Gilboa-Gefängnis wurden nach Beschwerde von Adalah Heizungen installiert. 17 Gefangene starben laut Regierungsangaben im Laufe des Jahres - sieben in Gefängnissen und 10 in Spitälern (USDOS 20.4.2018).
Es gibt regelmäßig Beschwerden wegen Unrechtmäßigkeit der Inhaftierung. Verwaltungshaft kann durch die Militärgerichte verlängert werden ohne das die dafür ausschlaggebenden Beweise den Gefangenen und ihren Anwälten zugänglich gemacht werden müssen. Prozesse der Militärgerichte sind bis auf bestimmte Ausnahmen aus Sicherheitsgründen für die Öffentlichkeit zugänglich. Aufgrund der Abhaltung der Verfahren in Kasernen wird eine Zutrittsgenehmigung des Militärs benötigt. Die Beweisbestimmungen sind bei Militärprozessen für Palästinenser, die nicht Staatsbürger sind, dieselben wie bei Strafverfahren. Geständnisse allein reichen nicht für eine Verurteilung aus. Die Verfügbarkeit von Arabisch-Dolmetschern und die Qualität der Übersetzungen variiert laut NGOs. Meist handelt es sich um zweisprachige Wehrdienstleistende (USDOS 20.4.2018).
Die israelischen Behörden nutzen die Verwaltungshaft weiterhin zur strafrechtlichen Verfolgung. Hunderte Palästinenser, darunter Minderjährige, Führungspersönlichkeiten aus der Zivilgesellschaft und Mitarbeiter von NGOs, bleiben ohne Anklageerhebung oder Gerichtsverfahren in Verwaltungshaft. Grundlage hierfür sind Verwaltungshaftanordnungen, die beliebig oft verlängert werden konnten und sich auf Informationen beziehen, zu denen weder die Inhaftierten noch ihre Rechtsbeistände Zugang erhalten. Ende 2017 waren mehr als 6.100 Palästinenser in israelischen Gefängnissen inhaftiert, 441 von ihnen in Verwaltungshaft. Die israelischen Behörden nahmen außerdem sechs Palästinenser mit israelischer Staatsbürgerschaft in Verwaltungshaft (AI 22.2.2018).
Vom israelischen Militär festgenommene Kinder werden während Anhörungen und Militärgerichtsprozessen von Erwachsenen getrennt, aber nach der Verhaftung meist nicht sofort von den Erwachsenen getrennt. Mit Stand 30. Juni 2017 befanden