TE Bvwg Beschluss 2019/8/23 W199 2214287-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.08.2019
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Entscheidungsdatum

23.08.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W 199 2214287-2/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Michael SCHADEN als Einzelrichter in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den am 20.8.2019 mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Zl. IFA: 1095257606, VZ: 190800912, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 AsylG 2005 iVm § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1.1.1. Der Beschwerdeführer, ein iranischer Staatsangehöriger, stellte am 18.11.2015 den Antrag, ihm internationalen Schutz zu gewähren (in der Folge auch als Asylantrag bezeichnet). Begründend gab er bei seiner Befragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Stadtpolizeikommando XXXX , Polizeiinspektion XXXX ) am selben Tag dazu an, dass seine Ideologie nicht mit dem konform gehe, was in seinem Geburtsland verlangt werde. Er wolle seine Religion, das Christentum, offen leben und konvertieren. Würde der Nachrichtendienst davon erfahren, würde er als Ungläubiger bezeichnet und mit der Hinrichtung bestraft.

1.1.2. Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt; Regionaldirektion XXXX in XXXX ) am 6.7.2018 machte der Beschwerdeführer Angaben, die im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.2.2019, W108 2214287-1/3E, wie folgt wiedergegeben werden:

"[D]er Beschwerdeführer [...] gab [...] im Wesentlichen zum Fluchtgrund an, dass er zum ersten Mal im Alter von 16 Jahren von seiner Familie aufgrund seiner Religion bestraft worden sei, weil er im Ramadan nicht gefastet habe. Auch seine Frau sei aus einer religiösen Familie gewesen und habe er wegen der Religion und der Gesetze immer mehr Druck verspürt, weshalb er den Iran verlassen habe. Er habe sich von seiner Ehefrau getrennt und würde ihn die Familie seiner Ex-Frau nunmehr wegen seines Abfalls vom islamischen Glauben bedrohen. Er habe sich schon als Kind für das Christentum interessiert, weil er als Kind Fußballer gesehen habe, die Kreuzzeichen gemacht hätten und ihm dies gefallen habe. In Österreich sei er dann mit dem Christentum in Berührung gekommen. Er habe schon bei seiner Ausreise die Absicht gehabt, zu konvertieren. Vom Islam habe er sich abgewandt, weil es ihm damit schlecht gegangen sei."

1.1.3. Mit Bescheid vom 24.7.2018 wies das Bundesamt den Asylantrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005, Art. 2 BG BGBl. I 100 (in der Folge: AsylG 2005) ab (Spruchpunkt I), gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 wies es den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran ab (Spruchpunkt II). Gemäß § 57 AsylG 2005 erteilte es dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III); gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 des BFA-Verfahrensgesetzes (in der Folge: BFA-VG; Art. 2 Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz BGBl. I 87/2012) idF des Art. 2 FNG-Anpassungsgesetz BGBl. I 68/2013 und des BG BGBl. I 144/2013 erließ es gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, Art. 3 BG BGBl. I 100/2005 (in der Folge: FPG; Spruchpunkt IV), und gemäß § 52 Abs. 9 FPG stellte es fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung erkannte es gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VI). Es hielt fest, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VII), erließ gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VIII) und hielt fest, dass der Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs 2 Z 1 AsylG 2005 sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 12.9.2017 verloren habe (Spruchpunkt IX). Der Inhalt des Bescheides wird im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.2.2019, W108 2214287-1/3E, wie folgt wiedergegeben:

"Das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen und Rückkehrbefürchtungen sei nicht glaubwürdig und es könne - selbst bei Wahrheitsunterstellung der Angaben des Beschwerdeführers - keine konkret gegen den Beschwerdeführer gerichtete (drohende) Verfolgung oder Gefährdung im Iran festgestellt werden. Er habe angegeben, wegen Ablehnung des Islam und wegen seiner Frau geflüchtet zu sein. Aus den Angaben des Beschwerdeführers ergebe sich in keiner Weise ein Interesse am Christentum oder an einer Absicht der echten Konversion. Zwar sei er getauftes Mitglied der katholischen Kirche, es werde aber von einer Scheinkonversion ausgegangen. Eine missionarische Betätigung im Fall der Rückkehr in den Iran könne ausgeschlossen werden. Er sei nicht in leitender Funktion exponiert. Ihm drohe daher wegen seiner Religion keine asylrelevante Verfolgung im Iran. Die einmalige Inhaftierung im Iran wegen Essens im Ramadan liege 10 Jahre zurück und sei nicht geeignet, eine Asylgewährung zu rechtfertigen. Es werde davon ausgegangen, dass er den Iran verlassen habe, weil er mit seiner Ehefrau unzufrieden gewesen sei, da er bemängelt habe, dass er sein Sexualleben mit ihr nicht so habe ausleben können, wie er es gewollt hätte. Es liege der Verdacht nahe, dass er das Verfahren mutwillig habe verschleppen wollen. Die Probleme mit Behörden hätten sich auf ein offenes Scheidungsverfahren beschränkt. Er habe zwar angegeben, dass der Onkel seiner Ex-Frau bei der Sicherheitspolizei wäre und dieser ein religiöser Mensch wäre, er habe jedoch diesbezüglich keine Verfolgungsszenarien vorgebracht. Auch die Tatsache, dass der Beschwerdeführer noch 10 Monate nach der Trennung von seiner Ex-Frau als Fahrer für die Müllabfuhr, im öffentlichen Dienst, tätig gewesen sei, spreche maßgeblich gegen eine Verfolgung seiner Person. Fragen nach Problemen aufgrund seines Religionsbekenntnisses habe er zwar bejaht, diesbezüglich hätten aber keine Verfolgungs- oder Bedrohungsszenarien seine Person betreffend festgestellt werden können."

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 26.7.2018 persönlich ausgefolgt und damit zugestellt und erwuchs am 24.8.2018 in Rechtskraft, da der Beschwerdeführer dagegen kein Rechtsmittel einbrachte.

1.1.4. In der Folge hielt sich der Beschwerdeführer in der Bundesrepublik Deutschland und in den Niederlanden auf. Österreich erklärte sich gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Neufassung), ABl. 2013 Nr. L 180/31 ff. (in der Folge: Dublin-III-V) bereit, den Beschwerdeführer zu übernehmen; er wurde am 11.12.2018 nach Österreich überstellt.

1.2.1. Am 11.12.2018 stellte der Beschwerdeführer einen zweiten Asylantrag. Bei seiner Befragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Polizeiinspektion XXXX Fremdenpolizei AGM) am selben Tag gab er an: "Die alten Gründe bleiben aufrecht". Sein Bruder, der im Iran im Verteidigungsministerium arbeite, habe erfahren, dass er einen Asylantrag gestellt habe, weshalb seine Situation noch schlimmer sei. Bei einer Rückkehr in den Iran habe er Angst um sein Leben. Beweismaterial habe er nicht, aber man werde umgebracht, wenn man die Religion wechsle. Seit 2017 seien ihm die Änderungen der Situation/seiner Fluchtgründe bekannt.

Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesamt (Erstaufnahmestelle XXXX in XXXX ) am 18.12.2018 machte der Beschwerdeführer Angaben, die im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.2.2019, W108 2214287-1/3E, wie folgt wiedergegeben werden:

"Er habe seit 5 oder 6 Jahren Probleme mit seiner Leber. Er habe keinerlei aktuelle Befunde. Er wisse den Namen der eingenommenen Medikamente nicht. Er sei Christ. Er sei Perser. Seine Eltern seien Türken. Er habe in Österreich im Jahr 2016 und 2017 ehrenamtlich gearbeitet. Er sei vom Staat versorgt worden. Er habe Fußball gespielt, aber in keinem Verein. Er habe einen Deutschkurs für das Niveau A1 gemacht, aber die Prüfung noch nicht abgelegt. Er spreche Farsi, Türkisch und ein wenig Deutsch. Seine gesamte Familie (Eltern, fünf Schwestern und drei Brüder) befänden sich im Iran. Des Weiteren habe er auch sieben Tanten väterlicherseits. Mütterlicherseits habe er vier Onkel und zwei Tanten. Im Iran habe er auch Bekannte/Freunde. Mit seiner Mutter verstehe er sich gut. Mit dem Rest seiner Familie verstehe er sich wegen seiner Religionszugehörigkeit nicht gut. Seinen Familienangehörigen gehe es nicht schlecht. Er habe nur mit seiner Mutter Kontakt, ca. fünf bis sechs Mal im Monat. In Österreich habe er keine Familienangehörigen, aber Freunde, zu denen keine finanzielle oder sonstige Abhängigkeit bestehe. Er lebe mit keiner Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Er habe Österreich verlassen und sei bis vor einer Woche 3,5 Monate in den Niederlanden gewesen. Er sei in Österreich mehrmals fälschlicherweise wegen Straftaten beschuldigt worden und er sei deswegen sehr enttäuscht gewesen. Er stelle neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz, weil sein Leben im Iran weiterhin in Gefahr sei. Er hätte im Iran Arbeit gehabt, könne aber dorthin nicht zurückkehren. Sein Leben sei dort in Gefahr, obwohl seine ganze Familie dort lebe und er dort auch eine Unterkunft hätte. Er sei gezwungen im Ausland zu bleiben, weil er aus dem Iran geflüchtet und nach Europa gekommen sei. Alle seine Angehörigen hätten erfahren, dass er zum Christentum konvertiert sei, und auch mit den Familienangehörigen seiner Frau hätte er Schwierigkeiten gehabt. Das sei der Grund, weshalb er damals geflüchtet sei. Seine Frau befinde sich im Iran, sie wolle sich scheiden lassen. Sie sei schon bei Gericht gewesen. Ihm sei gedroht worden, dass er getötet werde, wenn er zurückkehre. Das hätten ihm seine Familienangehörigen angedroht. Er habe dafür keine Beweise. Seine alten Fluchtgründe seien noch aufrecht. Im Vergleich zu seinem Vorverfahren habe sich etwas verändert, weil diese Drohung ausgesprochen worden sei. Seinem Vater sei mitgeteilt worden, dass er getötet werden würde. Wenn ihm vorgehalten werde, dass es sich um ein gesteigertes Vorbringen handle, da sich zum Vorverfahren nichts Wesentliches verändert habe, gebe er an, er habe Kontakt zu seiner Familie und er habe so erfahren, dass sein Leben in Gefahr sei und die Drohung bestehe. Ihm sei mitgeteilt worden, dass diese Drohungen gegen ihn ausgesprochen worden seien. Falls die Familienangehörigen seiner Frau, ihre Brüder und die anderen Angehörigen, ihn im Iran antreffen würden, würden sie ihn töten. Diese Information habe [er] vor ca. 2,5 Monaten erhalten, als er in den Niederlanden gewesen sei. Seine Eltern seien damals auf einer Hochzeitsfeier gewesen und hätten seine Schwäger angetroffen. Diese hätten dann die Drohung gegenüber seinem Vater ausgesprochen, hätten aber ihn damit gemeint. Sein Schwager Ali habe auch gesagt, dass er ihn töten werde, sobald er ihn sehe. Er selbst sei nie darauf angesprochen worden. Er habe seine Telefonnummer gewechselt. Er habe auch seine Frau diesbezüglich angerufen und deshalb gesagt, dass sie ihr eigenes Leben führen solle. Er habe alles erwähnt und auch, dass die Leute weiterhin auf der Suche nach ihm seien. Zur Lage im Iran wolle er keine Stellungnahme abgeben, aber er wolle auf keinen Fall zurück. Im Fall einer negativen Entscheidung werde er eine Beschwerde dagegen einlegen, damit er noch eine Befragung habe. Sein Leben sei im Iran in Gefahr, er könne dorthin nicht zurückkehren. Er habe alles gesagt. Sie hätten seinem Vater mitgeteilt, dass Ali und die anderen Leute in seiner Heimatstadt Geld geben würden, damit er getötet werden könne."

1.2.2. Mit Bescheid vom 23.1.2019, 1095257606/181191801, wies das Bundesamt diesen - zweiten - Asylantrag hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück, ebenso hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II). Begründend traf es Feststellungen zu den Verhältnissen im Iran und führte - wie im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.2.2019, W108 2214287-1/3E, wiedergegeben - aus, "[d]er Beschwerdeführer habe im Verfahren keine neuen Fluchtgründe geltend gemacht und sein neues Fluchtvorbringen auf jenes seines Vorverfahrens aufgebaut. Er habe angegeben, dass er wegen der Konvertierung verfolgt werden würde. Des Weiteren würde er von den Familienangehörigen seiner Frau verfolgt werden. Darüber hinaus habe er auch angegeben, dass seine Fluchtgründe aus seinem ersten Verfahren noch aufrecht seien. Von der erkennenden Behörde könne insgesamt kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden, da die Aussagen des Beschwerdeführers weiterhin keinen glaubhaften Kern aufwiesen. Er habe auch keine aussagekräftigen Dokumente oder sonstige Beweismittel vorlegen können, welche sein Vorbringen untermauern würden. Die Begründung des neuerlichen Asylantrages reiche nicht aus, einen neuen gegenüber dem früheren Asylantrag wesentlich geänderten entscheidungsrelevanten Sachverhalt entstehen zu lassen. Er habe im gegenständlichen Verfahren bereits im Erstverfahren geprüfte und als nicht asylrechtfertigend beurteilte Umstände geltend gemacht. Er habe selbst angegeben, dass seine Fluchtgründe aus dem Erstverfahren aufrecht seien. In der Erstbefragung vom 11.12.2018 habe er angegeben, dass die letzte Änderung des Sachverhaltes im Jahr 2017 gewesen sei und seine Fluchtgründe sich verschlimmert hätten, weil sein Bruder von der Asylantragstellung in Österreich erfahren hätte und er weiterhin wegen der Konvertierung und von den Familienangehörigen seiner Frau verfolgt werden würde. Insgesamt sei die extrem vage Art und Weise, wie er den behaupteten Fluchtgrund vor der Behörde geschildert habe, völlig ungeeignet, um sein Vorbringen für glaubhaft befinden zu können. Es fehle an Hinweisen, die annehmen ließen, dass er wahre Erlebnisse schildere. Weder habe er von sich aus Details vorgebracht noch seien aus seiner Schilderung Ausführungen hervorgegangen, die als eine sich auf wahre Begebenheiten beziehende Erzählung betrachtet werden könnten. Er habe auch keinerlei Beweismittel in Vorlage bringen können. Insgesamt bediene sich der Beschwerdeführer im aktuellen Verfahrensgang an Ereignissen, die bereits vor seiner Einreise in das Bundesgebiet stattgefunden hätten. Über seine Fluchtgründe sei bereits in seinem Erstverfahren rechtskräftig abgesprochen worden. Er habe das Bundesgebiet im August 2018 verlassen und sei in die Illegalität untergetaucht. Er habe somit im Vorverfahren seine Mitwirkungspflicht massiv verletzt. Über den Gesundheitszustand sei bereits im Vorverfahren abgesprochen worden. Hierzu werde angemerkt, dass er keinerlei Befunde in Vorlage habe bringen können. Sein Gesundheitszustand habe sich nicht verschlechtert. Es könne nicht von einer zugrundeliegenden Erkrankung ausgegangen werden. Im gegenständlichen Verfahren hätte sich kein Hinweis auf einen seit Rechtskraft des Vorverfahrens entscheidungsrelevant geänderten Sachverhalt ergeben, weder im Hinblick auf die persönliche Situation des Beschwerdeführers noch im Hinblick auf die allgemeine Lage im Iran. Es liege sohin entschiedene Sache im Sinne von § 68 AVG vor."

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 23.1.2019 ausgefolgt und damit zugestellt.

1.2.3. Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer am 6.2.2019 eine Beschwerde ein, in der er vorbrachte, er habe als neue Gründe im Zuge seines Folgeantrages angegeben, dass seine Familienangehörigen von seiner Konversion erfahren hätten. Im Falle der Rückkehr fürchte er strafrechtliche Verfolgung bzw. die Verhängung der Todesstrafe. Auf Grund seiner Konversion sei er der realen Gefahr seitens der iranischen Regierung und seitens seiner Familie ausgesetzt. Bei seinen Gründen handle es sich um neue Asylgründe. Soweit durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- und Familienleben eines Fremden eingegriffen werde, müsse die Behörde eine Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 MRK vornehmen, die das Bundesamt jedoch unterlassen habe. Es habe nämlich den Folgeantrag zurückgewiesen, ohne zu überprüfen, welcher Gefahr der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr ausgesetzt wäre. Der Beschwerdeführer wies auf seine Integrationsbemühungen hin. Zu seinen strafbaren Handlungen gab er an, dass er dies sehr bereue und ein anständiges Leben führen wolle.

Mit Eingabe vom 13.2.2019 übermittelte der Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht eine Abschrift seiner Scheidungsurkunde samt Übersetzung, wonach die Ehe am 2.5.2016 als geschieden eingetragen wurde, sowie eine - nach Angaben des Beschwerdeführers - Unterhaltsklage. Er gab ergänzend an, dass sich seine Frau auf Grund seiner Konversion zum Christentum habe scheiden lassen und dies der Familie des Beschwerdeführers und der Behörde mitgeteilt habe.

Das Bundesverwaltungsgericht wies diese Beschwerde mit Erkenntnis vom 20.2.2019, W108 2214287-1/3E, gemäß § 68 Abs. 1 AVG als unbegründet ab. Es führte ua. aus:

"Der Beschwerdeführer [...] ist Staatsangehöriger des Iran und gehört der Volksgruppe der Türken an. Er spricht Farsi, Türkisch und ein wenig Deutsch. Er ist arbeitsfähig und in einem erwerbsfähigen Alter. Er hat im Iran eine siebenjährige Schulbildung erfahren, verfügt über Berufserfahrungen als Dachdecker, PKW-Fahrer und Fahrer bei der Müllabfuhr.

Der Beschwerdeführer geht in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach, lebt in der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Er verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.

Er leidet seit 5 oder 6 Jahren an Leberproblemen, aber an keiner schweren psychischen oder physischen Erkrankung.

Er ist geschieden. Seine geschiedene Ehefrau und seine Herkunftsfamilie (Eltern, fünf Schwestern, drei Brüder) leben im Iran.

Mit Urteil des Landesgerichtes Wels vom 21.07.2017 wurde der Beschwerdeführer wegen § 107a Abs. 1 und 2 Z 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten, Probezeit 3 Jahre, rechtskräftig verurteilt. [...]

Damit steht insbesondere fest, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen und zu seiner Bedrohungssituation (bei Rückkehr) in seinem Verfahren über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz als unglaubwürdig und - selbst bei Wahrheitsunterstellung - rechtskräftig als nicht asylrelevant beurteilt wurde und der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren keinen im Vergleich zum ersten Verfahren wesentlich geänderten Sachverhalt vorgebracht hat und auch das im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens erstattete Vorbringen unglaubwürdig ist. [...]

Das Bundesverwaltungsgericht teilt die Ansicht der belangten Behörde, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren - wie bereits im ersten Verfahren -hinsichtlich seines Fluchtvorbringens und seiner Bedrohungssituation sowie hinsichtlich einer Sachverhaltsänderung unglaubwürdig ist und keinen ?glaubhaften Kern' aufweist. [...]

Selbst wenn das Vorbringen den Tatsachen entsprechen würde, ergibt sich kein relevanter geänderter Sachverhalt: Im Hinblick auf wiederholte Anträge auf internationalen Schutz entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes [...], dass eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten kann, der rechtlich für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen Relevanz zukommt; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Der Beschwerdeführer gab an, die Fluchtgründe aus dem Erstverfahren aufrechterhalten zu wollen [...]. Daraus ergibt sich zweifelsfrei kein neuer relevanter Sachverhalt im oben genannten Sinn. Der gegenständliche Folgeantrag des Beschwerdeführers stützt sich, wie bereits die erste Antragstellung auf das (Kern-)Vorbringen, er habe Probleme im Iran zum einen aufgrund seiner Abkehr vom islamischen Glauben und Hinwendung (Konversion) zum Christentum, wobei die Bedrohung auch von Mitgliedern seiner Familie und jenen seiner geschiedenen Frau ausginge [...], zum anderen im Zusammenhang mit seiner (geschiedenen) Ehe bzw. Ehefrau, wobei er diesbezüglich von der Familie seiner geschiedenen Ehefrau bedroht (worden) sei. Eine dem Beschwerdeführer wegen Abkehr vom Islam bzw. Konversion zum Christentum - durch staatliche und nichtstaatliche Akteure (seine eigene Familie und die Familie seiner geschiedenen Ehefrau) - drohende Verfolgung/Gefährdung und eine solche wegen seiner (geschiedenen) Ehe bzw. Ehefrau wurden bereits im ersten Verfahren umfassend behandelt und verneint sowie die diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers als unglaubwürdig befunden. Vor diesem Hintergrund wurde mit dem Vorbringen im gegenständlichen Verfahren, ?die alten Gründe' blieben aufrecht und wären dadurch, dass sein Bruder, der im Verteidigungsministerium arbeite, von seiner Asylantragstellung bzw. von seiner Konversion erfahren hätte, noch schlimmer geworden, und hätte die Familie seiner Ehefrau gegenüber seinem Vater angedroht, den Beschwerdeführer umzubringen, ein relevanter neuer geänderter Sachverhalt nicht dargetan. Aufgrund des Umstandes, dass eine Verfolgung/Bedrohung des Beschwerdeführers durch Familienangehörige bereits Gegenstand des ersten Verfahrens war, kann sich eine relevante Sachverhaltsänderung im Vergleich zum ersten Verfahren nicht aus der Anführung einer weiteren Drohung der Familie oder weiterer drohender Familienmitglieder bei gleichbleibenden Gründen ergeben. Gleiches gilt für die Angabe hinsichtlich des Bekanntwerdens der Asylantragstellung, zumal bereits im Erstverfahren eine allfällige Verfolgung/Bedrohung des Beschwerdeführers im Iran wegen Asylantragstellung geprüft und verneint wurde [...]. Soweit der Beschwerdeführer meinen dürfte, die Konversion sei der Behörde (über seinen Bruder) mittlerweile bekannt, wird dadurch ebenfalls keine relevante Sachverhaltsänderung dargetan: Die belangte Behörde hielt es im ersten Verfahren aufgrund der Scheinkonversion des Beschwerdeführers und der nicht zu erwartenden missionarischen Betätigung des Beschwerdeführers im Fall seiner Rückkehr nicht für ausreichend wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer im Iran wegen seiner Konversion einer staatlichen (behördlichen) Verfolgung oder Bedrohung durch Familienangehörige unterliegt, sodass der Umstand, dass der Behörde die Konversion mitgeteilt worden wäre, bloß einen irrelevanten Nebenaspekt einer bereits im ersten Verfahren umfassend geprüften Fluchtgeschichte darstellte. Die Frage der (behördlichen) Verfolgung wegen Konversion des Beschwerdeführers war ebenso wie die behauptete Verfolgung durch Familienangehörige seiner geschiedenen Frau bereits im ersten Verfahren als Sachverhalt gegeben und wurde von der belangten Behörde im ersten - in Rechtskraft erwachsenen - Bescheid vom 24.07.2018 gewürdigt.

Zusammengefasst weicht das Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen seines zweiten Antrages auf internationalen Schutz lediglich in nebensächlichen Details von jenem ab, welches der Abweisung seines ersten Antrages auf internationalen Schutz zugrunde lag, und ist daher nicht geeignet, eine geänderte Sachlage herbeizuführen, zumal auch bereits dem Vorbringen des Beschwerdeführers im ersten Verfahren seitens der belangten Behörde die Glaubwürdigkeit abgesprochen wurde. Einen entscheidungswesentlich geänderten Sachverhalt hat der Beschwerdeführer somit auch deshalb nicht dargetan.

Auch mit den vom Beschwerdeführer nachgereichten Unterlagen bzw. Angaben vermochte der Beschwerdeführer keinen geänderten Sachverhalt glaubwürdig darzutun: Aus der vorgelegten Scheidungsurkunde ergibt sich, dass die Ehe bereits seit 2016 geschieden ist. Dieser Sachverhalt lag bereits dem ersten Verfahren zu Grunde, da die Behörde bereits im ersten Verfahren von einer Trennung der Eheleute ausgegangen ist [...]. Zur Behauptung in dieser Eingabe, die geschiedene Ehefrau habe sich aufgrund seiner Konversion zum Christentum scheiden lassen und dies der Familie des Beschwerdeführers sowie der Behörde mitgeteilt, ist auszuführen, dass, abgesehen davon, dass im vorliegenden Verfahren neu im Rechtsmittelverfahren geltend gemachte Sachverhaltsänderungen nicht zu berücksichtigen sind , den iranischen Behörden offenbar seit der Scheidung, sohin seit 2016, der Umstand der Konversion des Beschwerdeführers durch dessen Ehefrau bekannt ist, sodass sich schon daraus keine glaubwürdige maßgebliche Sachverhaltsänderung seit Erlassung des Bescheides über den ersten Antrag auf internationalen Schutz im Jahr 2018 ergibt. Überdies folgt, wie bereits oben ausgeführt wurde, aus dem Umstand, dass die Konversion bekannt wurde, im Beschwerdefall kein entscheidungswesentlich geänderter Sachverhalt.

Auch mit Blick auf die Verhältnisse im Iran oder auf allgemein bekannte Tatsachen ist nicht ersichtlich, dass sich der Sachverhalt entscheidungsrelevant geändert hätte, was vom Beschwerdeführer auch gar nicht behauptet wurde."

Dieses Erkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 26.2.2019 zu Handen seines Vertreters zugestellt.

1.2.4. In der Folge hielt sich der Beschwerdeführer in der Bundesrepublik Deutschland auf und stellte dort am 2.4.2019 einen Asylantrag. Österreich erklärte sich gemäß der Dublin-III-V bereit, den Beschwerdeführer zu übernehmen; er wurde am 6.8.2019 nach Österreich überstellt.

2.1. Am 6.8.2019 stellte der Beschwerdeführer einen dritten Asylantrag. Bei seiner Einvernahme vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Polizeiinspektion XXXX Fremdenpolizei AGM) am selben Tag gab er an, er habe Österreich vor drei Monaten und zehn Tagen (also jedenfalls nachdem über seinen zweiten Asylantrag entschieden worden war; tatsächlich hatte er bereits am 2.4.2019 in Deutschland einen Asylantrag gestellt) verlassen und sich in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten. Auf die Frage, was sich seit der Rechtskraft der Entscheidung über seinen früheren Asylantrag ("seit der Rechtskraft konkret gegenüber Ihrem bereits entschiedenen Verfahren") verändert habe, gab er an, er habe keine neuen Asylgründe, seine alten Gründe blieben natürlich aufrecht. Außerdem hätten ihn seine ehemaligen Schwiegereltern im Iran angezeigt, weil er 2015 zum Christentum konvertiert sei. Dies habe er aber dem Bundesamt schon 2018 erklärt.

2.2. Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesamt (Erstaufnahmestelle XXXX ) am 20.8.2019 gab der Beschwerdeführer an, seine ganze Familie lebe im Iran, er habe keine Angehörigen in Österreich. Auf den Vorhalt, es sei beabsichtigt, seinen Asylantrag zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz aufzuheben, gab er an, er habe neue Beweise aus dem Iran. Im Iran habe es einen Streit zwischen seiner Mutter und der Familie seiner Frau gegeben. Im Zuge dieses Streits sei eine Verwandte des Beschwerdeführers verletzt worden. Die Familie seiner Frau habe seine Familie bedroht und auch ihn selbst mit Mord bedroht. Auf die Frage nach Beweisen gab der Beschwerdeführer an, er habe einige Dokumente mit, ein Dokument sei die Scheidungsurkunde, das sei 2016 gewesen. Er habe auch Dokumente bzw. Bescheide vom Gericht. Es gebe auch Beweise über seinen Religionswechsel. Die Frage, ob es sich um neue Beweise handle, bejahte der Beschwerdeführer. Auf die weitere Frage, ob er diese Beweise in seinen Vorverfahren bereits vorgelegt habe, gab er an, er habe sie in seinem "dritten Interview" bereits vorgelegt, das sei in Wien gewesen. Weitere Beweise, die er in den Vorverfahren noch nicht vorgelegt habe, habe er nicht. Die Frage, ob die Fluchtgründe aus seinen vorangegangenen Verfahren aufrecht seien, bejahte der Beschwerdeführer; es gebe aber zusätzlich den Streit zwischen seiner Familie und jener seiner Frau, er bestehe seit etwa drei Monaten. Seit Rechtskraft der Entscheidung in seinem Vorverfahren habe sich nichts geändert, "außer diesem Streit". Zu diesem Streit gab der Beschwerdeführer an, er habe mit seinen Eltern telefoniert, sie hätten ihm erzählt, was geschehen sei. Auf einer Trauerfeier habe sein Schwager seine Mutter getroffen und angefangen, sie zu beschimpfen. Der Vetter des Beschwerdeführers habe sich eingemischt und sei dann von seinem Schwager geschlagen worden, dann sei die Polizei gekommen und habe die Parteien getrennt. Der Streit sei entstanden, weil sich der Beschwerdeführer und seine Frau getrennt hätten, die Familie seiner früheren Frau nutze es aus, dass er seine Religion gewechselt habe, und wolle Rache nehmen. Sie wisse, dass er nicht zurückkehren könne. Die Frage, ob dieser Streit in Zusammenhang mit den behaupteten Fluchtgründen stehe, bejahte der Beschwerdeführer. Zu dem Streit sei es vor etwa drei Monaten gekommen, allerdings habe es auch 2018 Streit gegeben, als die Familie seiner Frau ihre Sachen abgeholt habe. (Bei der Rückübersetzung gab der Beschwerdeführer dann an, er wisse nicht genau, wann sich dieser Vorfall zugetragen habe, da er nicht dort gewesen sei.) Auf die Frage, wann er mit seinen Eltern telefoniert und von diesem Streit erfahren habe, gab der Beschwerdeführer an, er sei damals in Deutschland gewesen; der Vorfall habe sich vor etwa drei Monaten bei der Trauerzeremonie für einen Verwandten zugetragen. Die Frage, ob es seit diesem Streit zu weiteren Zwischenfällen gekommen sei, verneinte der Beschwerdeführer, ergänzte aber, es sei (bereits) das dritte Mal gewesen, dass es Streit gegeben habe. Sein Stamm und jener seiner ehemaligen Frau hätten sich geeinigt, dass sie die Sache bezüglich dieses Problems selbst lösten; dieses Problem mit dem Beschwerdeführer würden sie selbst lösen, die Familien hätten sich so geeinigt. Auf die Frage, weshalb er diesen Streit in der Befragung am 6.8.2019 nicht angegeben habe - er habe dort angegeben, dass es nichts Neues gebe und sich nichts geändert habe - , antwortete der Beschwerdeführer, er habe gesagt, dass es Streit gegeben habe, er habe auch die Dokumente gezeigt. Man habe ihm aber gesagt, dass das nicht interessiere; man sei im Dublin-Verfahren und nicht zuständig. (Bei der Rückübersetzung gab der Beschwerdeführer dann an, er habe die Angaben bezüglich des Dublin-Verfahrens mit Deutschland verwechselt. Im Zuge der Erstbefragung sei ihm mitgeteilt worden, dass er genauere Angaben zu seinem Fluchtvorbringen während des Asylverfahrens machen könne.)

Dem Beschwerdeführer wurde vorgehalten, er sei bereits seit Juni 2016 geschieden, und er wurde gefragt, weshalb es erst jetzt, drei Jahre danach, zu Streitigkeiten kommen sollte. Er gab an, es sei normal, "sie" hätten eine Anzeige gemacht, dieses Verfahren sei noch offen. Auf die Frage, wann diese Anzeige gemacht worden sei, antwortete der Beschwerdeführer - dem zunächst nicht klar war, von welcher Anzeige die Rede war -, sie sei wegen seiner Flucht aus dem Iran erstattet worden. Auf die neuerliche Frage nach dem Zeitpunkt erklärte er, dies sei 2016 gewesen, seine Frau habe sich im Juni 2016 von ihm getrennt. Dem Beschwerdeführer wurde vorgehalten, er habe in der Befragung am 6.8.2019 angegeben, dass diese Anzeige bereits 2015 erstattet worden sei; er antwortete, sie hätten sich 2014 verlobt und 2015 geheiratet. Dem Beschwerdeführer wurde nochmals vorgehalten, er habe in der Befragung angegeben, dass die Anzeige 2015 erstattet worden sei, gebe aber nun an, es sei 2016 gewesen. Der Beschwerdeführer wiederholte, er habe 2015 geheiratet, 2016 habe seine Frau sich von ihm getrennt. Nachdem die Frage nochmals wiederholt und erläutert worden war, räumte der Beschwerdeführer ein, dass er gesagt habe, es sei 2015 gewesen. "Offiziell" sei er 2015 angezeigt worden, seine Frau habe sich 2016 von ihm getrennt, es habe mehrere Streitigkeiten gegeben, einmal 2018; es habe auch eine Gerichtsverhandlung gegeben, "sie" hätten dann seine Familie in Ruhe gelassen und wollten das Problem mit ihm lösen.

Die Frage, ob dies alle Fluchtgründe seien, bejahte der Beschwerdeführer und ergänzte, sein älterer Bruder arbeite im Verteidigungsministerium im Iran. Er habe ihm gesagt, dass die iranischen Behörden über seinen Asylantrag in Österreich Bescheid wüssten. Dort hätten ihm die Kollegen gesagt, dass es für ihn Probleme geben werde. Das sei ein Grund; dass er zum Christentum konvertiert sei, werde im Iran auch ein Problem sein.

Auf die Frage, warum er, nachdem zwei Asylanträge negativ entschieden worden seien, einen weiteren stelle, gab der Beschwerdeführer an, sein Leben sei im Iran in Gefahr.

2.3. Im Anschluss an diese Einvernahme verkündete der Organwalter des Bundesamtes den angefochtenen Bescheid gemäß § 12a Abs. 2 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 und § 62 Abs. 2 AVG. Nach der Niederschrift, in der diese Verkündung beurkundet worden ist, geht der Spruch dieses Bescheides dahin, der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG 2005 werde gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben. In der Begründung des Bescheides wird zunächst der Verfahrensgang wiedergegeben. Das Bundesamt führt aus, der Beschwerdeführer habe bei der Befragung am 6.8.2019 angegeben, dass er keine neuen Asylgründe habe; in der Einvernahme am 20.8.2019 habe er sein Vorbringen ergänzt und angegeben, es habe vor etwa drei Monaten einen Streit zwischen seiner Familie und jener seiner früheren Frau gegeben. Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt habe sich somit seit Rechtskraft des Vorverfahrens (gemeint: seit Rechtskraft der Entscheidung im Vorverfahren) nicht geändert. Sein nunmehriges Vorbringen sei nicht glaubwürdig. Der Antrag werde daher voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein. Es habe nicht festgestellt werden können, dass die Zurückweisung des Beschwerdeführers, seine Zurück- oder seine Abschiebung in den Iran die reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 MRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur MRK bedeuten würde oder dass sie für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Unter Beachtung aller bekannten Tatsachen könne kein unverhältnismäßiger Eingriff in Art. 3 und Art. 8 MRK erkannt werden. Sodann verweist das Bundesamt auf die im Akt enthaltenen Feststellungen zur Lage im Iran und fährt fort, die Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sei seit der Entscheidung über den vorherigen Asylantrag iW unverändert. Der neue Asylantrag werde voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein. Die nunmehr vorgebrachten Gründe seien ident mit denen der Vorverfahren. So beziehe sich der Beschwerdeführer auf Sachverhalte, die jedenfalls vor rechtskräftiger Entscheidung seiner früheren Asylbegehren entstanden seien. Sie seien bereits im Vorverfahren ausreichend gewürdigt und nicht für glaubhaft erachtet worden. Seine nunmehrigen ergänzenden Behauptungen, wonach es seinetwegen zu einem Streit zwischen seiner Familie und jener seiner früheren Frau gekommen sei, seien nicht glaubhaft. Zum einen sei aus den Behauptungen in den Vorverfahren zu entnehmen, dass seit längerem Unstimmigkeiten zwischen den beiden Familien bestünden. Zum anderen stünden diese Behauptungen in untrennbarem Zusammenhang mit den als nicht glaubhaft qualifizierten Fluchtgründen. Insgesamt ändere sich nichts an der Unglaubwürdigkeit des zentralen Vorbringens im Rahmen des rechtskräftig abgeschlossenen Erstverfahrens.

Es habe sich keine wesentliche Änderung im gesamten Sachverhalt ergeben, die in Zusammenschau mit den bereits bisher ins Treffen geführten Fluchtgründen zu einer positiven Entscheidung geführt hätte. Der neue Antrag stütze sich auf einen Sachverhalt, der verwirklicht worden sei, bevor das Verfahren über den zuletzt inhaltlich entschiedenen Asylantrag beendet worden sei. Mit dem neuen Antrag bezwecke der Beschwerdeführer offenbar die wiederholte Aufrollung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache.

Die Gründe, warum es ihm nun nicht mehr möglich sei, in sein Herkunftsland zurückzukehren, seien somit nicht geeignet, eine neue inhaltliche Entscheidung der Behörde zu bewirken. Darin könne kein neuer, entscheidungsrelevanter asyl- bzw. refoulementrelevanter Sachverhalt festgestellt werden.

Rechtlich führt das Bundesamt aus, nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005 könne es den faktischen Abschiebeschutz aufheben, wenn bestimmte, näher dargestellte gesetzliche Voraussetzungen vorlägen, so müsse gegen den Beschwerdeführer eine aufrechte Rückkehrentscheidung oder Ausweisung bestehen, der Antrag müsse voraussichtlich zurückzuweisen sein (weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes eingetreten sei) und die Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerdeführers dürfe nicht die reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 MRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur MRK bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen. Diese Voraussetzungen lägen vor.

Der vorliegende Antrag sei ein Folgeantrag. Die gegen den Beschwerdeführer ausgesprochene Rückkehrentscheidung sei aufrecht, zumal da der Beschwerdeführer in der Zwischenzeit zwar das Bundesgebiet verlassen habe, aber 18 Monate ab einer Ausreise noch nicht verstrichen seien. Er verfüge über kein sonstiges Aufenthaltsrecht. Sein nunmehriger Asylantrag sei voraussichtlich zurückzuweisen, da er keinen neuen Sachverhalt vorgebracht habe und sich auf die schon behandelten Fluchtgründe bezogen habe bzw. das Vorbringen jeglicher Glaubwürdigkeit entbehre. Da sich die allgemeine Lage wie auch seine persönlichen Verhältnisse und sein körperlicher Zustand seit der letzten Entscheidung des Bundesamtes nicht entscheidungswesentlich geändert hätten, könne davon ausgegangen werden, dass eine Abschiebung in seinen Herkunftsstaat für ihn zu keiner Bedrohung der angeführten Rechte führen werde. Dies gelte auch für seine persönlichen Verhältnisse.

2.4. Am 20.8.2019 legte das Bundesamt die Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht vor; am 22.8.2019 langten sie bei der zuständigen Gerichtsabteilung dieses Gerichtes ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Das Bundesverwaltungsgericht geht vom oben dargelegten Sachverhalt aus.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und der Beschwerde.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.1. Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG 2005 ist das AsylG 2005 am 1.1.2006 in Kraft getreten; es ist gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 auf alle Verfahren anzuwenden, die am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG idF des Art. 2 FNG-Anpassungsgesetz und des BG BGBl. I 144/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.

3.1.2. Das vorliegende Verfahren war am 31.12.2005 nicht anhängig; das Beschwerdeverfahren ist daher nach dem AsylG 2005 zu führen.

3.2. Gemäß § 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, Art. 1 BG BGBl. I 33/2013 (in der Folge: VwGVG), idF BG BGBl. I 122/2013 ist das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch das VwGVG geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens bereits kundgemacht waren, unberührt. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit im VwGVG nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG - wie die vorliegende - das AVG mit Ausnahme seiner §§ 1 bis 5 und seines IV. Teiles, die Bestimmungen weiterer, hier nicht relevanter Verfahrensgesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, welche die Verwaltungsbehörde in jenem Verfahren angewandt hat oder anzuwenden gehabt hätte, das dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangen ist. Dementsprechend sind im Verfahren über die vorliegende Beschwerde Vorschriften des AsylG 2005 und des BFA-VG anzuwenden.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - und somit auch das Bundesverwaltungsgericht - über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder seine Feststellung durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Verwaltungsbehörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde "unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens" widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Dies gilt gemäß § 22 Abs. 1 dritter Satz BFA-VG nicht in dem Verfahren, in dem das Bundesverwaltungsgericht eine Entscheidung des Bundesamtes überprüft, mit welcher der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben worden ist (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005).

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BGBl. I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine andere als die Zuständigkeit des Einzelrichters ist für die vorliegende Rechtssache nicht vorgesehen, daher ist der Einzelrichter zuständig.

Zu A)

1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

Abs. 10 des unter der Überschrift "Entscheidungen" stehenden § 22 AsylG 2005 lautet:

"Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden."

§ 22 BFA-VG steht unter der Überschrift "Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes" und lautet:

"(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

Die §§ 12 und 12a AsylG 2005 lauten:

"Faktischer Abschiebeschutz

§ 12. (1) Ein Fremder, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, kann, außer in den Fällen des § 12a, bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder nach einer Einstellung bis zu dem Zeitpunkt, an dem eine Fortsetzung des Verfahrens gemäß § 24 Abs. 2 nicht mehr zulässig ist, weder zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden (faktischer Abschiebeschutz); § 32 bleibt unberührt. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet ist zulässig. Ein auf Grund anderer Bundesgesetze bestehendes Aufenthaltsrecht bleibt unberührt. § 16 Abs. 4 BFA-VG gilt.

(2) Der Aufenthalt eines Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und dem kein Aufenthaltsrecht zukommt, ist für die Dauer des Zulassungsverfahrens vor dem Bundesamt lediglich im Gebiet der Bezirksverwaltungsbehörde, in dem sich sein Aufenthaltsort im Sinne des § 15 Abs. 1 Z 4 befindet, zulässig. Darüber hinaus ist sein Aufenthalt im gesamten Bundesgebiet zulässig, wenn und solange dies

1. zur Erfüllung von gesetzlichen Pflichten notwendig ist;

2. notwendig ist, um Ladungen von Gerichten, Staatsanwaltschaften und Verwaltungsbehörden Folge zu leisten oder

3. für die Inanspruchnahme einer medizinischen Versorgung und Behandlung notwendig ist.

Nach Abschluss des Zulassungsverfahrens vor dem Bundesamt ist der Aufenthalt des Fremden, solange ihm faktischer Abschiebeschutz zukommt, im gesamten Bundesgebiet zulässig.

(3) Der Aufenthalt gemäß Abs. 1 und 2 stellt kein Aufenthaltsrecht gemäß § 13 dar.

Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen

§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,

3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und

4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(3) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gemäß Abs. 2 binnen achtzehn Tagen vor einem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn zum Antragszeitpunkt

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Fremde über den Abschiebetermin zuvor nachweislich informiert worden ist und

3. darüber hinaus

a) sich der Fremde in Schub-, Straf- oder Untersuchungshaft befindet;

b) gegen den Fremden ein gelinderes Mittel (§ 77 FPG) angewandt wird, oder

c) der Fremde nach einer Festnahme gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 oder 3 BFA-VG iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG angehalten wird.

Liegt eine der Voraussetzungen der Z 1 bis 3 nicht vor, ist gemäß Abs. 2 vorzugehen. Für die Berechnung der achtzehntägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht.

(4) In den Fällen des Abs. 3 hat das Bundesamt dem Fremden den faktischen Abschiebeschutz in Ausnahmefällen zuzuerkennen, wenn der Folgeantrag nicht zur ungerechtfertigten Verhinderung oder Verzögerung der Abschiebung gestellt wurde. Dies ist dann der Fall, wenn

1. der Fremde anlässlich der Befragung oder Einvernahme (§ 19) glaubhaft macht, dass er den Folgeantrag zu keinem früheren Zeitpunkt stellen konnte oder

2. sich seit der letzten Entscheidung die objektive Situation im Herkunftsstaat entscheidungsrelevant geändert hat.

Über das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und 2 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu entscheiden. Wurde der Folgeantrag binnen zwei Tagen vor dem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, hat sich die Prüfung des faktischen Abschiebeschutzes auf das Vorliegen der Voraussetzung der Z 2 zu beschränken. Für die Berechnung der zweitägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht. Die Zuerkennung des faktischen Abschiebeschutzes steht einer weiteren Verfahrensführung gemäß Abs. 2 nicht entgegen.

(5) Abweichend von §§ 17 Abs. 4 und 29 Abs. 1 beginnt das Zulassungsverfahren in den Fällen des Abs. 1 und 3 bereits mit der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz.

(6) Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüber hinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Anordnungen zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, Ausweisungen gemäß § 66 FPG und Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht. Dies gilt nicht für Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG, die über einen darüber hinausgehenden Zeitraum festgesetzt wurden."

1.2.1. Ein Fremder, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, genießt gemäß § 12 AsylG 2005 grundsätzlich bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder nach einer Einstellung bis zu dem Zeitpunkt, an dem eine Fortsetzung des Verfahrens gemäß § 24 Abs. 2 AsylG 2005 nicht mehr zulässig ist, faktischen Abschiebeschutz; das bedeutet, dass er nicht zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden darf. Durch das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2009 BGBl. I 122 wurden für Folgeanträge im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005 Sonderregelungen geschaffen, die in bestimmten Fällen Ausnahmen vom faktischen Abschiebeschutz vorsehen (zum rechtspolitischen Hintergrund und zur verfassungs- und unionsrechtlichen Einordnung dieser Sonderregelungen VwGH 19.12.2017, Ra 2017/18/0451, 0452).

§ 12a Abs. 2 AsylG 2005 kommt nur zum Tragen, wenn kein Fall des § 12a Abs. 1 AsylG 2005 vorliegt. Das ist hier der Fall, weil der erste Asylantrag des Beschwerdeführers in der Sache rechtskräftig erledigt worden ist.

Zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 vorliegen. Danach muss gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (oder eine vergleichbare Anordnung) bestehen (§ 12a Abs. 2 Z 1 AsylG 2005), weiters muss der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen sein, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist (§ 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005), und schließlich darf die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers keine reale Gefahr einer Verletzung der in § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 genannten Grundrechte bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen.

1.2.2. Mit Bescheid vom 24.7.2018 wies das Bundesamt einen Asylantrag des Beschwerdeführers vom 18.11.2015 im Asyl- und im Punkt des subsidiären Schutzes ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen und erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung.

Gegen den Beschwerdeführer besteht somit eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG iSd § 12a Abs. 2 Z 1 AsylG 2005, da seither weniger als 18 Monate vergangen sind.

1.2.3.1. Eine weitere Voraussetzung für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005, dass "der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist". Es ist also eine Prognose darüber zu treffen, ob der Antrag voraussichtlich (wegen entschiedener Sache) zurückzuweisen sein wird.

1.2.3.2.1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.9.1994, 94/08/0183; 30.5.1995, 93/08/0207; 9.9.1999, 97/21/0913; 27.4.2000, 98/10/0318; 7.6.2000, 99/01/0321; 5.7.2000, 2000/03/0126; 14.9.2000, 2000/21/0087; 20.9.2000, 95/08/0261; 27.6.2001, 98/18/0297; 4.10.2001, 2001/08/0057; 28.1.2003, 2002/18/0295; 2.10.2003, 2000/09/0186; 28.10.2003, 2001/11/0224; 3.11.2004, 2004/18/0215; 5.7.2005, 2005/21/0093; 24.1.2006, 2003/08/0162; 2.10.2008, 2008/18/0538; 6.6.2012, 2009/08/0226).

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum VwGVG bereits ausgesprochen, dass auf dem Boden der tragenden Grundsätze des Verfahrensrechts und der Rechtssicherheit über in Rechtskraft erwachsene Entscheidungen (grundsätzlich) nicht mehr in merito entschieden werden darf. Die Beachtung rechtskräftiger Entscheidungen zählt zu den Grundsätzen eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens. Dieser Grundsatz ist daher auch dann zu beachten, wenn § 17 VwGVG eine sinngemäße Anwendung des IV. Teils des AVG und damit des § 68 Abs. 1 AVG im Rahmen des VwGVG nicht vorkehrt. Fest steht nach der Rechtsprechung weiters, dass auch die Entscheidung eines Verwaltungsgerichts mit ihrer Erlassung rechtskräftig wird, dabei haben alle Parteien eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens einen Rechtsanspruch auf Beachtung der Rechtskraft. Im Zusammenhang mit diesem Grundsatz ist die einschlägige Rechtsprechung zu § 68 AVG in sinngemäßer Weise heranziehbar. Daraus ist abzuleiten, dass über ein und dieselbe Rechtssache nur einmal rechtskräftig zu entscheiden ist (ne bis in idem). Mit der Rechtskraft ist die Wirkung verbunden, dass die mit der Entscheidung unanfechtbar und unwiderruflich erledigte Sache nicht neuerlich entschieden werden kann (Wiederholungsverbot). Einer nochmaligen Entscheidung steht das Prozesshindernis der entschiedenen Sache (res iudicata) entgegen. Zudem folgt aus dem Gedanken der materiellen Rechtskraft grundsätzlich eine Bindungswirkung an eine behördliche Entscheidung (VwGH 24.5.2016, Ra 2016/03/0050, mwN; 13.9.2016, Ro 2015/03/0045; vgl. weiters VwGH 8.8.2018, Ra 2017/04/0112; 20.9.2018, Ra 2017/09/0043).

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 9.9.1999, 97/21/0913; 27.9.2000, 98/12/0057; 25.4.2002, 2000/07/0235; 17.9.2008, 2008/23/0684; 11.11.2008, 2008/23/1251; 19.2.2009, 2008/01/0344; 6.11.2009, 2008/19/0783; 21.6.2018, Ra 2017/07/0125; 8.8.2018, Ra 2017/04/0112; 9.8.2018, Ra 2018/22/0078; 20.9.2018, Ra 2017/09/0043; ausdrücklich zum VwGVG: 24.5.2016, Ra 2016/03/0050; 8.8.2018, Ra 2017/04/0112; 20.9.2018, Ra 2017/09/0043). Werden nur Nebenumstände modifiziert, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, so ändert dies nichts an der Identität der Sache. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. zB VwSlg. 13.639 A/1992, 15.694 A/2001; VwGH 12.3.1990, 90/19/0072; 4.6.1991, 90/11/0229; VwGH 27.9.2000, 98/12/0057; 28.10.2003, 2001/11/0224; 25.4.2007, 2004/20/0100; 17.9.2008, 2008/23/0684; 19.2.2009, 2008/01/0344; 6.11.2009, 2008/19/0783; 17.12.2014, 2013/10/0246). Dabei ist die Wesentlichkeit der Sachverhaltsänderung nach der Wertung zu beurteilen, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen Entscheidung erfahren hat (VwGH 19.3.1980, 2426/79, mwN; 9.7.1990, 89/10/0225; 28.9.1992, 92/10/0055; 30.6.1994, 92/06/0270; 25.3.1997, 96/05/0182; 24.4.1997, 97/06/0039; 27.5.1999, 98/06/0052; 22.5.2001, 2001/05/0075; 4.9.2001, 2000/05/0126; 7.8.2002, 2002/08/0120; 26.9.2002, 2001/06/0039; 20.3.2003, 2001/06/0050; 25.5.2005, 2004/09/0198; 25.4.2006, 2006/06/0038; 20.11.2007, 2006/05/0278; 26.5.2009, 2009/06/0004; 23.6.2009, 2009/06/0075; 12.12.2013, 2013/06/0203; vgl. auch VwGH 13.9.2011, 2011/22/0035; 23.2.2012, 2012/22/0002; 19.9.2012, 2012/22/0114; 20.8.2013, 2012/22/0119; 9.9.2013, 2013/22/0161; 9.9.2013, 2013/22/0215; 3.10.2013, 2012/22/0068; 11.11.2013, 2013/22/0252; 22.1.2014, 2013/22/0007; 10.4.2014, 2011/22/0286; 10.4.2014, 2013/22/0198; 19.11.2014, 2012/22/0056; 19.11.2014, 2013/22/0017; 19.4.2016, Ra 2015/22/0052). Liegt keine relevante Änderung der Rechtslage oder des Begehrens vor und hat sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt nicht geändert, so steht die Rechtskraft des Vorbescheides einer inhaltlichen Erledigung des neuerlichen Antrages entgegen. Stützt sich ein Asylantrag auf einen Sachverhalt, der verwirklicht worden ist, bevor das Verfahren über einen (früheren) Antrag beendet worden ist, so steht diesem (späteren) Antrag die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.6.1998, 96/20/0266; 25.4.2007, 2004/20/0100; 17.9.2008, 2008/23/0684). Soweit nicht das Bundesasylamt, das Bundesamt oder der unabhängige Bundesasylsenat, sondern der Asylgerichtshof oder das Bundesverwaltungsgericht rechtskräftig entschieden hat, ist Maßstab nicht ein Bescheid, sondern die Entscheidung des Gerichtes.

Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes ausgeschlossen, sondern auch dann, wenn dasselbe Begehren auf Tatsachen und Beweismittel gestützt wird, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben (VwGH 30.9.1994, 94/08/0183, mwN; 24.8.2004, 2003/01/0431; 17.9.2008, 2008/23/0684; 6.11.2009, 2008/19/0783; vgl. zum VwGVG: VwGH 25.10.2018, Ra 2018/07/0353: "Die schon vor Erlassung der Entscheidung bestehende Sachlage ist von der Rechtskraft des Bescheides erfasst"; 27. 5. 2019, Ra 2018/14/0292).

Zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen iSd § 18 Abs. 1 AsylG 2005 - kann die Behörde jedoch nur durch eine solche behaupte

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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