TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/11 W268 2224060-1

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Veröffentlicht am 11.10.2019
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Entscheidungsdatum

11.10.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W268 2224059-1/2E

W268 2224060-1/2E

TEILERKENNTNIS:

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Iris GACHOWETZ über die Beschwerden der 1.) XXXX , geboren am XXXX , und 2 XXXX , geboren am XXXX , beide StA. Mongolei, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen Spruchpunkte VII. der Bescheide des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 16.08.2019, Zl. XXXX und XXXX , zu Recht:

A)

Den Beschwerden wird Folge gegeben und Spruchpunkte VII. der angefochtenen Bescheide ersatzlos behoben. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 56/2018, wird den Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Erstbeschwerdeführerin (in weiterer Folge "BF1" genannt) reiste gemeinsam mit ihrer knapp zweijährigen Tochter, der Zweitbeschwerdeführerin (in weiterer Folge "BF2" genannt) im März 2019 in Österreich ein und stellte für sich und ihre Tochter am 26.03.2019 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.1. In der polizeilichen Erstbefragung am selben Tag brachte die BF1 vor, dass sie von 2008 bis zum gestrigen Tag (25.03.2019) in Tschechien gelebt habe. Ihre Eltern seien bis 2014 gemeinsam in Tschechien gewesen, danach habe der Vater der BF1 Tschechien verlassen, da sein Visum abgelaufen sei. Ihre Mutter würde noch in Tschechien leben. Die BF1 habe selbst bis 2016 ein gültiges Visum für Tschechien gehabt, aber übersehen, dieses rechtzeitig zu verlängern. Sie sei von Tschechien nach Österreich gekommen, da sie ansonsten ihr Kind zur Adoption hätte freigeben müssen. In der Mongolei habe sie niemanden mehr.

1.2. In der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 14.06.2019 gab die BF1 im Wesentlichen an, dass sie in Tschechien in der Schule Violoncello gelernt habe. Die österreichische Familie, bei welcher sie zuletzt gewohnt habe, habe sie spielen gesehen und ihr gesagt, dass es schon wäre, wenn sie in Österreich weiterstudieren könnte. Ihr größter Wunsch sei, in Österreich weiter zu studieren und ihr Kind versorgen zu können. Nach dem Studium könne sie dann überall hingehen. In der Mongolei habe sie weder wegen ihrer Religion, ihrer Volksgruppe oder ihrer politischen Meinung jemals ein Problem gehabt. Sie habe auch keine Probleme mit den mongolischen Behörden gehabt und es bestehe kein Strafverfahren gegen sie. Sie habe keinen Kontakt mehr mit der Mongolei, seit sie in Tschechien angekommen sei. Damals sei sie etwa zehn Jahre alt gewesen. Weiters brachte die BF1 vor, dass sie die mongolische Sprache auch nicht so gut verstehe, da sie schon als Kind nach Europa gekommen sei. Sie verstehe zwar sehr gut mongolisch, könne aber nur schlecht sprechen. Mongolisch schreiben und lesen gehe auch schlecht. Englisch spreche sie jedoch sehr gut und sie habe auch begonnen, Deutschkurse zu besuchen.

Ein mit Tschechien eingeleitetes Dublin-Konsultationsverfahren endete mit einer Zuständigkeit Österreichs.

Am 05.08.2019 erfolgte eine neuerliche Einvernahme der BF1 vor dem BFA, in welcher die BF1 zu ihrem Aufenthalt in Tschechien befragt wurde.

2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies mit Bescheiden vom 16.08.2019 die Anträge auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018 (im Folgenden: AsylG 2005), (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab, erkannte den BF einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht zu (Spruchpunkt III.), erließ im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 3 leg.cit. iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 56/2018 (im Folgenden: BFA-VG), eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018 (im Folgenden: FPG), (Spruchpunkt IV.) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Mongolei zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß §55 Abs. 1 a FPG wurde keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.) und gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.). Gemäß §53 Abs. 1 iVm 2 FPG wurde gegen die BF ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt VIII.).

Den Spruchpunkt VII. begründete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl damit, dass die BF aus einem sicheren Herkunftsstaat stammen und keine reale Gefahr bestehe, dass ihnen bei einer Rückkehr in die Mongolei eine schwere Menschenrechtsverletzung drohe. Ihr Interesse an einem Verbleib in Österreich für die gesamte Dauer des Asylverfahrens trete hinter das öffentliche Interesse an einer raschen und effektiven Durchsetzung der Rückkehrentscheidung zurück.

3. Die BF erhoben gegen diese Bescheide vollinhaltlich das Rechtsmittel der Beschwerde und bekämpften damit auch den die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung aussprechenden Spruchpunkt des angefochtenen Bescheids. Der Beschwerde beigelegt wurden die Geburtsurkunde der BF2 sowie diverse Schulzeugnisse der BF1.

4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 26.09.2019 wies die belangte Behörde die Beschwerden gemäß § 14 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 33/2013 (VwGVG), als unbegründet ab, wobei es im Spruch die Spruchpunkte der angefochtenen Bescheide abermals wiedergab.

5. In der Folge brachten die BF fristgerecht einen Vorlageantrag ein, woraufhin die belangte Behörde mit einem am 04.10.2019 eingelangten Schreiben den Vorlageantrag, die Beschwerde sowie den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorlegte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

2.1. Die BF1 stammt aus der Mongolei, verließ diese jedoch schon im Alter von etwa neun Jahren und zog zur ihren damals schon in Tschechien aufhältigen Eltern mittels eines Familienvisums. In der Mongolei lebte die BF1 bis zu ihrer Ausreise mit ihrem Großvater, welcher mittlerweile verstorben ist. Die BF1 lebte bis zu ihrer Einreise in Österreich in Tschechien, besuchte dort die Schule und studierte in Folge am XXXX . Mangels rechtzeitiger Verlängerung des Visums war die BF1 zuletzt ohne Aufenthaltstitel in Tschechien aufhältig. Auch der Vater der BF verlor sein Visum in Tschechien aufgrund von Arbeitslosigkeit und befindet sich nunmehr nicht in Tschechien. Sein Aufenthaltsort ist unbekannt. Die Mutter der BF1 hält sich weiterhin in Tschechien auf, hat jedoch keinen Aufenthaltstitel dort. Während ihres Studiums wurde die BF1 schwanger und am XXXX wurde die BF2 geboren. Zum Vater des Kindes besteht derzeit kein Kontakt. Im März 2019 reiste die BF1 gemeinsam mit der BF2 in Österreich ein und sie stellten einen Antrag auf internationalen Schutz.

Die BF1 war seit ihrer Ausreise aus der Mongolei im Jahr 2008 nicht mehr dort und hat gemäß ihren eigenen Angaben auch keinen Bezug zu ihrem Herkunftsland. Gemäß ihren Angaben spricht sie nur unzureichend mongolisch, versteht jedoch die Sprache. Die BF2 wurde in Österreich geboren und war noch nie in der Mongolei.

2.2. In der Mongolei ist das Risiko, als alleinerziehende Mutter ein Leben in extremer Armut zu führen, generell sehr hoch. Weiters ist Gewalt gegen Frauen in der Mongolei im Zunehmen begriffen. Landesweit gibt es 17 Notunterkünfte von NGOs und in lokalen Krankenhäusern, wo Opfer häuslicher Gewalt bis zu 72 Stunden Unterkunft nehmen können. Das einzige Frauenhaus des Landes in Ulan Baator wird von einer NGO geführt und erhält keine öffentliche Unterstützung. Insbesondere im ländlichen Raum stellt die geringe Anzahl von Schutzeinrichtungen für Schutzsuchende eine Herausforderung dar. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist kaum davon auszugehen, dass vor familiärer Gewalt flüchtende Frauen in der Mongolei Schutzmöglichkeiten zur Verfügung stehen.

2.3. Die festgestellte Staatsangehörigkeit der BF, ihre Herkunft und das Vorbringen der BF1 ergeben sich aus ihren Angaben im Verwaltungsverfahren. Die unter Pkt. II.2.2. getroffenen Feststellungen sind dem der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegten und in dieser auch zitierten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl zu entnehmen; in der Beschwerde wurden diese im angefochtenen Bescheid gleichlautend getroffenen Feststellungen auszugsweise wörtlich zitiert.

3. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 56/2018 (im Folgenden: BFA-VG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 57/2018 (im Folgenden: VwGVG), bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen (BFA-VG, AsylG 2005) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss (§ 31 Abs. 1 VwGVG).

Zu A)

3.1. Gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG kann einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,

2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3. der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,

4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen (§ 18 Abs. 6 BFA-VG).

3.2. Der Gesetzgeber novellierte § 18 BFA-VG zuletzt mit BGBl. I Nr. 145/2017 entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die zum Regelungsregime der aufschiebenden Wirkung in Asylrechtssachen gemäß dieser Bestimmung (in der vorangehenden Fassung) erging: In seinem Erkenntnis vom 20.09.2017, Ra 2017/19/0284 mwN, hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 18 Abs. 5 erster Satz BFA-VG der Beschwerde die aufschiebende Wirkung unter den dort genannten Voraussetzungen zuzuerkennen habe. Ein gesonderter Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sei in § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht vorgesehen. Im Rahmen des § 18 BFA-VG könne sich ein Beschwerdeführer in seiner Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen den Ausspruch des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG wenden. § 18 Abs. 5 BFA-VG sei - als lex specialis zu § 13 Abs. 5 VwGVG - nur so zu lesen, dass das Bundesverwaltungsgericht über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 1 BFA-VG (bzw. gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheids des Bundesamts) gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde zu entscheiden habe. Neben diesem Rechtsschutz im Beschwerdeverfahren sei ein eigenes Provisorialverfahren betreffend eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG allerdings gesetzlich nicht vorgesehen und es könne dem Gesetzgeber auch nicht unterstellt werden, er habe im Hinblick auf die Frage der aufschiebenden Wirkung einen doppelgleisigen Rechtsschutz schaffen wollen. Ein (zusätzlicher) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG sei somit unzulässig. Eine Entscheidung über den die aufschiebende Wirkung aberkennenden Spruchpunkt des angefochtenen Bescheids habe in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu erfolgen (vgl. auch VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014). Nunmehr hat der Gesetzgeber entsprechend festgelegt, dass die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung unter den Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 BFA-VG binnen einer Woche von Amts wegen zu erfolgen hat; die Verfahrensparteien können eine Entscheidung aber nach Ablauf dieser Frist mittels eines Fristsetzungsantrags herbeiführen (vgl. § 18 Abs. 5 letzter Satz BFA-VG).

3.3. Für die vorliegende Beschwerdesache bedeutet dies Folgendes:

3.3.1. Die BF stellten in ihrer Beschwerde unter anderem den Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Aus ihren Ausführungen und dem Aufbau des Beschwerdeschriftsatzes geht aber klar hervor, dass es sich dabei nicht bloß um einen gesonderten Antrag handelt, der nach der dargestellten Rechtsprechungslinie des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen wäre; vielmehr wenden sich die BF - mit der wesentlichen Begründung, dass diese in der Mongolei kaum eine Möglichkeit hätten, ihre existentiellen Grundbedürfnisse zu befriedigen, zumal es sich bei der BF1 um eine alleinerziehende Frau handelte, die über keine Kontakte in der Mongolei verfüge und auch die mongolische Sprache nur unzureichend beherrsche, was letztendlich eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung darstellen würde - gegen die "Spruchpunkte[] I. bis VII. wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts[] sowie Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften". Damit bekämpft sie auch den die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung verfügenden Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheids unter Hinweis auf eine ihr in der Mongolei drohende Verletzung ihrer Rechte nach Art. 3 EMRK im Falle ihrer Rückführung dorthin. Mit vorliegendem Teilerkenntnis wird über die Beschwerde gegen diesen Spruchpunkt abgesprochen.

3.3.2. Soweit die BF1 behauptet, in der Mongolei über keine Kontakte zu verfügen und dort gänzlich auf sich allein gestellt zu sein mit ihrer zweijährigen Tochter, zeigt sie mit dem Verweis in ihrer Beschwerde auf die angeführten Feststellungen sowie darauf, dass sie befürchte, nach dem mongolischen Familiengesetz ihre Tochter zur Adoption freigeben zu müssen, Umstände auf, die vorderhand für ein maßgebliches Risiko einer Verletzung ihrer Rechte nach Art. 3 EMRK bzw. auch Art. 8 EMRK im Falle ihrer Rückführung in die Mongolei nahelegen.

Ob eine entsprechende reale Gefahr vorliegt, wird erst durch eine Überprüfung der Glaubhaftigkeit der Aussagen der BF1 unter Berücksichtigung des Berichtsmaterials zur Lage in der Mongolei nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu beurteilen sein. In diesem Sinne hat der Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde die aufschiebende Wirkung zuzukommen.

3.4. Der die aufschiebende Wirkung der Beschwerde aberkennende Spruchpunkt VII. des Bescheids vom 16.08.2019 ist aus diesem Grund mittels vorliegendem Teilerkenntnis ersatzlos aufzuheben und der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG vom Bundesverwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Soweit sich die Beschwerde gegen die übrigen Spruchpunkte des angefochtenen Bescheids richtet, wird darüber nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden.

4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte zur Beurteilung der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Regelungsregime der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 BFA-VG wurde durch den Verwaltungsgerichtshof in seiner angeführten Judikatur erläutert; die zuletzt erfolgte Novellierung dieser Bestimmung sieht eine Entsprechung dieser Judikatur im Gesetzeswortlaut vor (vgl. Erläut. 2285/A BlgNR 25. GP, 85).

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W268.2224060.1.00

Im RIS seit

12.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

12.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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