Entscheidungsdatum
28.10.2019Norm
AsylG 2005 §12a Abs2Spruch
W215 2118118-5/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. STARK über die, durch mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.10.2019, Zahl 1019587005-191078365, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Republik Usbekistan:
A)
Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG), in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, § 22 Abs. 10 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, und § 22 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, rechtmäßig.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl Nr. 1/1930 (B-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Asylverfahren
Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Republik Usbekistan, deren Identität nicht feststeht, reiste zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt mit ihrem Ehegatten illegal in das Bundesgebiet und entzogen sich danach durch "untertauchen" bewusst den österreichischen Behörden.
Erst nachdem die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte, nach Überprüfung von Identitäten und Aufenthaltsberechtigungen, im Bundesgebiet festgenommen wurden, stellten sie am 23.05.2014 ihre ersten Anträge auf internationalen Schutz in Österreich.
Der erste Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin wurde wegen Verletzung der Entscheidungsfrist des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.03.2016, Zahl W159 2118118-1/6E, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß
§ 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 FPG nach Usbekistan zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrug die Frist zur freiwilligen Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. Die Revision war gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Im Verfahren des Ehegatten wurde mit Erkenntnis vom selben Tag, Zahl W159 118116-1/7E, zeit- und inhaltsgleich entschieden. Der Ehegatte behauptete Probleme mit einem Imam gehabt zu haben. Die Beschwerdeführerin behauptete, wegen ihrer Weigerung ein Kopftuch zu tragen und weil sie die Moschee nicht besuchte geflohen zu sein. Zudem habe ihr Ehegatte nicht gewollt, dass die Beschwerdeführerin einer Beschäftigung nachgehe. Dieses Vorbringen war jedoch nicht glaubhaft. Die Beschwerdeführerin gab auch noch an, schon in der Republik Usbekistan XXXX zu haben.
Die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts wurden der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten am 17.03.2016 zugestellt und erwuchsen damit in Rechtkraft.
Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 14.09.2016, Ra 2016/18/0081 bis 0082-5, wurde gegen dies Erkenntnisse vom 17.03.2016, Zahlen W159 2118118-1/6E und
W159 118116-1/7E, erhobene außerordentliche Revisionen zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin blieb nach rechtkräftigem Abschluss ihres ersten Asylverfahrens ihrer illegal im Bundesgebiet und lebte von der Grundversorgung.
2. Asylverfahren
Die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte stellten während ihres illegalen Aufenthaltes am 16.11.2016 ihre zweiten Anträge auf internationalen Schutz. In, am selben Tag erfolgten, niederschriftlichen Befragungen gab der Ehegatte an, dass er im Fall seiner Rückkehr verhaftet und gefoltert würde, die Beschwerdeführerin gab an, dass "neu ist, dass Menschen, die aus Russland oder anderen Ländern nach Usbekistan zurückkommen, verhaftet und gefoltert werden."
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl übermittelte in Folge insgesamt vier Ladungen für vier Termine jeweils zwecks niederschriftlichen Befragungen an die Beschwerdeführerin, ihren Ehegatten und deren Rechtsvertretung. Für zwei Termine wurden Krankmeldungen übermittelt. Zu den anderen beiden Terminen erschienen die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatten, ohne Angabe von Gründen, nicht; sie waren somit unentschuldigt den Ladungen nicht nachgekommen. Deshalb übermittelte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Rechtsanwalt Parteiengehör zur Situation im Herkunftsstaat und räumte eine Frist zur Abgabe von Stellungnahmen bis 01.08.2017 ein.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.09.2017, Zahl 1019587005-161550895, wurde der zweite Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin vom 16.11.2016 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. In Spruchpunkt II. wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm 9 BFA-VG wurde erneut gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß
§ 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Usbekistan zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt. Im Verfahren des Ehegatten wurde mit Bescheid vom selben Tag, Zahl 1019587103-161550734, zeit- und inhaltsgleich entschieden.
Fristgerecht gegen diese Bescheide erhobene Beschwerden wurden mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.10.2017, Zahl 2118118-2/3E (und W226 2172401-1/3-E im Verfahren des Ehegatten), gemäß § 28 Abs. 2 Z. 1 VwGVG iVm § 68 Abs. 1 AVG, § 57 AsylG, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 FPG, § 52 Abs. 9 FPG, § 46 FPG,
§ 55 Abs. 1a FPG als unbegründet abgewiesen und Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.
Diese Erkenntnisse wurden dem Vertreter der Beschwerdeführerin und ihres Ehegatten am 25.10.2017 zugestellt und erwuchsen damit in Rechtskraft.
Die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte kamen ihrer Ausreiseverpflichtung jedoch wieder nicht nach, sondern blieben illegal im Bundesgebiet.
Exkurs
Der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten wurde mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2018 mitgeteilt, dass, weil sie illegal im Bundesgebiet verblieben waren, beabsichtig sei, gegen sie Rückkehrentscheidungen in Verbindung mit einem auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot zu erlassen.
Mit Bescheid vom 09.02.2018, Zahl 10109587005-180102606, erteilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Beschwerdeführerin keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Usbekistan zulässig ist, erließ gegen sie ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot und gewährte für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgerichtshof erhoben. Zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde für den 21.02.2019 eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anberaumt. Es erschienen die Beschwerdeführerin (ihr Ehegatte hatte davor die Republik Österreich verlassen) und ihr Vertreter. Das ordnungsgemäß geladene Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hatte sich für die Verhandlung entschuldigt. Am Ende der Verhandlung verkündete der Richter des Bundesverwaltungsgerichts gemäß
§ 29 Abs. 2 VwGVG, dass der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.02.2018, Zahl 10109587005-180102606, stattgegeben, dieser ersatzlos behoben und gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG einer Revision für nicht zulässig erklärt wird. Die schriftliche Ausfertigung des am 21.02.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses erfolgte am 28.02.2019, Zahl W233 2118118-3/14E, bzw. wurde dieses dem Vertreter der Beschwerdeführerin am 04.03.2019 zugestellt.
3. Asylverfahren
Der Ehegatte der Beschwerdeführerin verließ am 16.06.2018 freiwillig Österreich, die Beschwerdeführerin hingegen blieb weiterhin illegal im Bundesgebiet und stellte am 30.10.2018 ihren dritten Antrag auf internationalen Schutz. Sie begründet diesen im Wesentlichen damit, dass sie nicht mehr in ihren Herkunftsstaat zurückkehren könne, da sie ihr Ehegatte in Österreich nicht gut behandelt und in Österreich mit einem anderen Mann gesehen habe. Nach seiner Rückkehr in die Republik Usbekistan hätte ihr Ehegatte ihrer Familie erzählt, dass die Beschwerdeführerin eine schlechte Frau wäre, weshalb nun auch der Vater und die Brüder der Beschwerdeführerin verärgert wären. Im Falle ihrer Rückkehr in die Republik Usbekistan fürchte die Beschwerdeführerin, dass sie von ihrem Ehegatten umgebracht werde.
In ihrer Befragung im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 09.11.2018 gab die Beschwerdeführerin zu ihrem Gesundheitszustand an, dass sie an XXXX und seit vierzehn Jahren an XXXX leide und deswegen XXXX . Nach Angehörigen in der Republik Usbekistan gefragt, gab die Beschwerdeführerin zu Protokoll, dass ihre drei minderjährigen Kinder, ihr Ehegatte, ihre Eltern und ihre drei Brüder, in XXXX leben. Zu ihren Fluchtgründen befragt, führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, dass sie ihr Ehegatte im Juni 2018 bei einer Unterhaltung mit einem anderen Mann gesehen und sie daraufhin beschuldigt hätte, mit diesem ein Verhältnis zu haben. Deswegen hätte er die Beschwerdeführerin mit einem Messer bedroht. Von ihrer Mutter hätte sie am Telefon erfahren, dass ihr Ehegatte in die Republik Usbekistan gereist wäre und ihrer Familie erzählt hätte, dass die Beschwerdeführerin verdorben wäre und sich mit anderen Männern treffen würde. Ihre Brüder und ihr Vater wären deshalb zornig geworden und hätten gedroht die Beschwerdeführerin umzubringen, falls sie zurückkehre.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.01.2019, Zahl 1019587005-181032126, wurde der dritte Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 30.10.2018 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Usbekistan gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 18 Abs. 1 Z 6 BFA-VG wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Entscheidung aberkannt und festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt IV.). Festgestellt wurde weiters, dass der Beschwerdeführerin gemäß
§ 15b Abs. 1 AsylG aufgetragen wurde, ab 09.11.2018 in einem im Spruch näher bezeichneten Quartier Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt V.). Schließlich wurde gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).
Einer fristgerecht gegen den Bescheid vom 10.01.2019, Zahl 1019587005-181032126, eingebrachten Beschwerde wurde mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.01.2019, Zahl W233 2118118-4/3Z, gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG aufschiebende Wirkung zuerkannt und die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.
Zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde für den 21.02.2019 eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anberaumt. Es erschienen die Beschwerdeführerin und ihr Vertreter. Das ordnungsgemäß geladene Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hatte sich für die Verhandlung entschuldigt. Am Ende der Verhandlung verkündete der Richter des Bundesverwaltungsgerichts gemäß
§ 29 Abs. 2 VwGVG, dass die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.01.2019, Zahl 1019587005-181032126, als unbegründet abgewiesen und gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision für nicht zulässig erklärt wird. Die schriftliche Ausfertigung des am 21.02.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses erfolgte am 28.02.2019, Zahl W233 2118118-4/9E, bzw. wurde diese dem Vertreter der Beschwerdeführerin am 04.03.2019 zugestellt. Die Beschwerdeführerin blieb illegal im Bundesgebiet.
4. gegenständliches Verfahren
Über die illegal in Österreich lebende Beschwerdeführerin wurde Schubhaft verhängt und sie stellt im Stande der Schubhaft am 18.07.2019 einen vierten Antrag auf internationalen Schutz. Die Beschwerdeführerin wurde am 18.07.2019 erstbefragt, am 23.10.2019 erfolgte eine ausführliche Befragung zu den Gründen für die vierte Asylantragstellung in Österreich und gegenüber der Beschwerdeführerin wurde gegenständlicher Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Zahl 1019587005-191078365, mündlich verkündet.
Der erstinstanzliche Verwaltungsakt samt Beschwerdevorlage vom 23.10.2019 langte am 25.10.2019 in der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichts ein, was dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl noch am selben Tag mitgeteilt wurde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1. Die Identität der Beschwerdeführerin steht nicht fest. Sie ist Staatangehörige der Republik Usbekistan und moslemischen Glaubens. Ihre drei minderjährigen Kinder leben nach wie vor in XXXX .
2. Der erste Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin vom 23.05.2014 wurde wegen Verletzung der Entscheidungsfrist des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.03.2016, Zahl
W159 2118118-1/6E, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß
§§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 FPG nach Usbekistan zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrug die Frist zur freiwilligen Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. Die Revision war gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 14.09.2016, Ra 2016/18/0081 bis 0082-5, wurde eine, gegen dieses Erkenntnis erhobene, außerordentliche Revision zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin kam nach rechtskräftigem Abschluss ihres ersten Asylverfahrens am 17.03.2016 ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nach, blieb illegal im Bundesgebiet in Grundversorgung und stellte am 16.11.2016 einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zahl 1019587005-161550895, gemäß § 68 Abs. 1 AVG in Spruchpunkt I. wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde. In Spruchpunkt II. wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß
§ 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm 9 BFA-VG wurde erneut gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Usbekistan zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt. Eine fristgerecht gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerden wurden mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.10.2017, Zahl 2118118-2/3E gemäß § 28 Abs. 2 Z. 1 VwGVG iVm § 68 Abs. 1 AVG, § 57 AsylG,
§ 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 FPG, § 52 Abs. 9 FPG, § 46 FPG,
§ 55 Abs. 1a FPG als unbegründet abgewiesen und eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.
Die Beschwerdeführerin kam nach rechtskräftigem Abschluss ihres zweiten Asylverfahrens ihrer Ausreiseverpflichtung wieder nicht nach, blieb illegal im Bundesgebiet in Grundversorgung und stellte am 30.10.2018 einen dritten Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.01.2019, Zahl 1019587005-181032126, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Usbekistan gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 18 Abs. 1 Z 6 BFA-VG wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Entscheidung aberkannt und festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt IV.). Festgestellt wurde weiters, dass der Beschwerdeführerin gemäß § 15b Abs. 1 AsylG aufgetragen wurde, ab 09.11.2018 in einem im Spruch näher bezeichneten Quartier Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt V.). Schließlich wurde gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.). Aufgrund einer fristgerecht gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde wurde für den 21.02.2019 eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anberaumt, in welcher der Richter des Bundesverwaltungsgerichts gemäß § 29 Abs. 2 VwGVG verkündete, dass die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision für nicht zulässig erklärt wird. Die schriftliche Ausfertigung des am 21.02.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses erfolgte am 28.02.2019, Zahl W233 2118118-4/9E, bzw. wurde dieses dem Vertreter der Beschwerdeführerin am 04.03.2019 zugestellt.
Die Beschwerdeführerin stellt im Stande der Schubhaft am 18.07.2019 ihren vierten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
3. Es kann weder festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin im gegenständlichen vierten Asylverfahren - im Vergleich zum vor acht Monaten rechtskräftig abgeschlossenen dritten Asylverfahren - neue Fluchtgründe vorgebracht hat noch, dass sich die allgemeine Lage in der Republik Usbekistan in den vergangenen acht Monaten wesentlich verändert hat. Die Beschwerdeführerin leidet immer noch an dem, auch schon im Herkunftsstaat behandelten und im dritten Asylverfahren festgestellten, Problem mit XXXX und es kann nicht festgestellt werden, dass sich ihr Gesundheitszustand in den vergangenen acht Monaten dramatisch verschlechtert hat. Ihre drei minderjährigen Kinder und alle anderen Familienmitglieder leben derzeit in der Republik Usbekistan. Die illegal eingereiste Beschwerdeführerin hatte außerhalb ihrer Asylverfahren keine Aufenthaltstitel für Österreich und ist am XXXX bei einem Mann eingezogen, der derzeit den Lebensunterhalt der arbeitslosen Beschwerdeführerin finanziert.
4. In Übereinstimmung mit den Feststellungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl im gegenständlichen Bescheid wird zur aktuellen Lage in der Republik Usbekistan festgestellt:
Politische Lage
Usbekistan ist ein Binnenstaat, der zwischen Kasachstan im Norden und Nordwesten, Kirgisistan und Tadschikistan im Nordosten und Osten, Afghanistan und Turkmenistan im Süden und Südwesten liegt. Die Fläche des Landes beträgt 448 900 km², die Einwohnerzahl wird mit Stand 2016 auf 31,5 Millionen geschätzt. Hauptstadt ist Taschkent (GIZ 09.2018a). Das Staatsgebiet ist in die zwölf Provinzen (Viloyatlar), Andischan, Buchara, Choresm, Dschisak, Fergana, Kaschkadaria, Namangan, Navoi, Samarkand, Syrdarja, Surchandarja und Taschkent sowie die Stadtregion Taschkent und die autonome Republik Karakalpakstan gegliedert. Die Provinzen gliedern sich wiederum in Bezirke (Tuman/Rayon) (AA 03.2018; vgl. GIZ 09.2018a).
Die Republik Usbekistan erlangte 1991 ihre Unabhängigkeit und erhielt 1992 eine demokratische Verfassung (GIZ 09.2018b). Usbekistan ist eine autoritäre Präsidialrepublik mit einer dominanten Position des Präsidenten innerhalb des Machtapparates. Gewaltenteilung, Institutionen und Regeln existieren nur formal. Der Präsident gilt als Vater der Nation sowie als Garant für die Stabilität und Sicherheit des Landes und regiert dieses durch Dekrete. Er ist zugleich Vorsitzender des Ministerkabinetts, welches aus dem Ministerpräsidenten, den stellvertretenden Ministerpräsidenten, den Ministern, den Vorsitzenden der staatlichen Komitees und anderer staatlicher Organe, sowie dem Vorsitzenden des Ministerrates der Autonomen Republik Karakalpakstan, besteht. Der Präsident ernennt und entlässt den Ministerpräsidenten, die stellvertretenden Minister, die Richter des Verfassungs- und des Obersten Gerichts, den Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Zentralbank sowie die Gouverneure der Gebietsverwaltungen. Er ist Oberster Befehlshaber der Streitkräfte (GIZ 09.2018b).
Am 14.12.2016 übernahm der langjährige Ministerpräsident Shavkat Mirziyoyev offiziell das Amt des Präsidenten der Republik Usbekistan. Mirziyoyev gewann die Präsidentschaftswahlen vom 04.12.2016 mit 88,61 Prozent der Stimmen. Die vorgezogenen Präsidentschaftswahlen wurden angesetzt, nachdem der ehemalige Präsident Islam Karimov am 2.9.2016 gestorben war. Mirziyoyev hatte seit Anfang September 2016 das Land bereits als Interimspräsident geführt (AA 04.2018a; vgl. GIZ 09.2018b).
Seit den Parlamentswahlen im Dezember 2004 hat das Land ein Zweikammer-Parlament, bestehend aus dem Unterhaus, Olij Maschlis (Oberste Versammlung) und dem Senat. Das Unterhaus umfasst 150 Abgeordnete, von denen laut Verfassung 135 Vertreter von der wahlberechtigten Bevölkerung gewählt und 15 von der Ökologischen Bewegung Usbekistans ernannt werden. Der Senat umfasst 100 Sitze, von denen 84 aus den Provinzen sowie der Republik Karakalpakstan und der Stadt Taschkent gewählt werden, während die restlichen 16 Senatoren vom Staatspräsidenten ernannt werden (AA 03.2018; vgl. AA 04.2018a).
Die letzten Parlamentswahlen fanden am 21.12.2014 (Stichwahl 05.01.2015) statt. Alle vier im Unterhaus vertretenen Parteien stehen der Regierung nahe, andere Parteien durften nicht antreten (AA 04.2018a; vgl. GIZ 09.2018b). Das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE/ODIHR) stellte in seinem abschließenden Wahlbeobachtungsbericht fest, dass es bei den Wahlen an Wettbewerbsfähigkeit mangelte und den Wählern keine echte Auswahl an politischen Alternativen angeboten wurden. Wahlbeobachter führten schwerwiegende Unregelmäßigkeiten auf, welche mit den nationalen Rechtsvorschriften und den OSZE-Verpflichtungen unvereinbar sind, darunter stellvertretende Stimmabgaben und Wahlfälschung durch das Auffüllen der Wahlurnen mit Stimmzetteln (USDOS 20.04.2018).
Die aus der kommunistischen Partei hervorgegangene Xalq Demokratik Partiyasi (Demokratische Volkspartei) hat die Mehrheit der Parlamentssitze inne. Die anderen Parteien im Parlament sind Adolat (Gerechtigkeit), Milliy Tiklanish (Nationale Wiedergeburt), und Fidokorlar (Die sich Aufopfernden), welche alle regierungsnah sind. Im April 2000 fusionierte die Partei Vatan Taraqiyoti (Fortschritt des Vaterlandes) mit Fidokorlar. Die jüngste Neugründung ist die Liberaldemokratische Partei Usbekistans. Die Gründung regierungsnaher Parteien soll die Fassade eines Mehrparteiensystems aufrechterhalten (GIZ 09.2018b).
Mahallas (Nachbarschaftsgemeinden) haben Funktionen der lokalen Selbstverwaltung übernommen. In Usbekistan sind sie seit 1992 als gesetzliche Organe der lokalen Selbstverwaltung in den Staatsapparat eingegliedert. Die Mahalla-Kommissionen unterliegen staatlicher Kontrolle, ihre Sekretäre und Vorsitzenden werden vom Staat bezahlt und vom jeweiligen Provinzgouverneur (Hokim) ernannt (GIZ 09.2018b).
(AA - Auswärtiges Amt (03.2018): Usbekistan, Überblick, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/usbekistan/206788, Zugriff 15.10.2018
AA - Auswärtiges Amt (04.2018a): Usbekistan, Staatsaufbau und Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/-/206826, Zugriff 15.10.2018
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (09.2018a): Usbekistan, Überblick, https://www.liportal.de/usbekistan/ueberblick/, Zugriff 22.10.2018
USDOS - US Department of State (20.04.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018)
Sicherheitslage
Es ist in Usbekistan von einer latenten Gefährdung durch radikale Gruppen auszugehen, die in Teilen Zentralasiens operieren (GIZ 08.2018b). Radikaler politischer Islamismus scheint sich vor allem im Ferganatal zu konzentrieren (GIZ 09.2018c). Landesweit herrscht die Gefahr von Terroranschlägen durch islamistische Gruppen (BMEIA 13.11.2018). Die seit den neunziger Jahren aktive "Islamische Bewegung Usbekistans" (IBU) ist eine der aktivsten Extremisten-Gruppen in Zentralasien. Die IBU unterstützte lange die Taliban im Nachbarland Afghanistan und war auch in Usbekistan aktiv. 2015 legte sie den Treueeid auf den Islamischen Staat (IS) ab (SD 08.04.2017).
Usbekistan und Kirgisistan haben sich 2017 darauf geeinigt, einen jahrzehntelangen Grenzstreit über Enklaven im Ferganatal lösen zu wollen, welcher in vorangegangenen Jahren zu Schusswechseln und anderen Formen der Gewalt geführt hat. Insbesondere in der 350 km² großen Enklave Sokh, in der über 50.000 Usbeken leben, sind mehrfach Konflikte zwischen Grenzschutzbeamten und Einheimischen aufgeflammt. Dies führt oft zu Grenz- und Straßensperren durch kirgisische Beamte, was einen Gütermangel zur Folge hatte, der wiederum oft zu neuerlichen Aufständen und Gewalt führte. Neben dem usbekischen Sokh geht es auch um die kirgisische Enklave Barak und die usbekischen Enklaven Shohimardan, Jani-Ayil und Chon Qora/Qalacha (RFE/RL 14.12.2017). Im August 2018 haben sich beide Länder im Fall der Enklave Barak auf einen Gebietstausch gegen Ländereien im Gebiet um das usbekische Grenzdorf Birleshken geeinigt, welcher bis zu zwei Jahre dauern könnte (RFE/RL 15.08.2018).
(GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (09.2018c): Usbekistan, Gesellschaft, https://www.liportal.de/usbekistan/gesellschaft/, Zugriff 22.10.2018
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (08.2018b): Usbekistan, Alltag, https://www.liportal.de/usbekistan/alltag/, Zugriff 22.10.2018
BMEIA - Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (13.11.2018): Reiseinformation Usbekistan - Sicherheit & Kriminalität, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/usbekistan/, Zugriff 13.11.2018
Novastan (09.04.2018): Usbekistans innere und äußere Bedohungen, https://www.novastan.org/de/usbekistan/innere-und-ausere-bedrohungen-usbekistans/, Zugriff 12.11.2018
RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (14.12.2017): Tug-Of-War: Uzbekistan, Kyrgyzstan Look To Finally Settle Decades-Old Border Dispute, https://www.rferl.org/a/uzbekistan-kyrgyzstan-resolving-decades-old-border-dispute/28918059.html, Zugriff 12.11.2018
RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (15.08.2018): Kyrgyzstan, Uzbekistan Agree To Work On Land Swap Near Border, https://www.rferl.org/a/kyrgyzstan-uzbekistan-agree-to-work-on-land-swap-near-border/29435146.html, Zugriff 12.11.2018
SD - Süddeutsche Zeitung (08.04.2017): Islamische Bewegung Usbekistans rekrutiert in Deutschland, https://www.sueddeutsche.de/politik/anschlag-in-stockholm-usbekistan-rueckt-ins-zentrum-des-terrors-1.3457183-2, Zugriff 12.11.2018)
Rechtsschutz/Justizwesen
Obwohl die Verfassung eine unabhängige Justiz vorsieht, gibt es einige Fälle in denen die Justiz nicht mit völliger Unabhängigkeit und Unparteilichkeit gearbeitet hat (USDOS 20.04.2018).
Alle Richter werden vom Präsidenten für eine verlängerbare Amtszeit von fünf Jahren ernannt. Die Absetzung von Richtern des Obersten Gerichtshofs muss vom Parlament bestätigt werden, welches im Allgemeinen den Wünschen des Präsidenten nachkommt (USDOS 20.04.2018). Die Rechtsanwaltskammer, eine Aufsichtsbehörde mit Pflichtmitgliedschaft, dient als Instrument der staatlichen Kontrolle über den Rechtsberuf (FH 01.2018).
Die Garantien für ein ordnungsgemäßes Verfahren sind nach wie vor äußerst schwach. Die Strafverfolgungsbehörden haben die Verhaftung von Personen, welche des religiösen Extremismus verdächtigt werden, routinemäßig gerechtfertigt, indem sie Konterbande platzierten, zweifelhafte Anklagen wegen finanzieller Verfehlungen erhoben oder Zeugenaussagen erfanden (FH 01.2018). Obwohl laut dem usbekischen Strafgesetzbuch die Unschuldsvermutung gilt, haben sich die Empfehlungen eines Staatsanwalts im Allgemeinen durchgesetzt. Beklagte haben das Recht, an Gerichtsverfahren teilzunehmen, Zeugen zu befragen und Beweise vorzulegen. Richter lehnten Anträge der Verteidigung jedoch ab, zusätzliche Zeugen vorzuladen oder Beweise, die den Beklagten unterstützen, in die Akte aufzunehmen. Angeklagte haben das Recht auf Vertretung durch einen Anwalt. Bei Bedarf wird ein Rechtsbeistand, und wenn nötig auch ein Dolmetscher, kostenlos zur Verfügung gestellt. Glaubwürdigen Berichten zufolge handelten staatlich bestellte Verteidiger jedoch routinemäßig im Interesse der Regierung und nicht ihrer Mandanten (USDOS 20.04.2018).
Die überwiegende Mehrheit der Strafverfahren endeten mit einem Schulspruch. Mitglieder der Justiz sollen Entscheidungen auf Wunsch der Exekutive, der Generalstaatsanwaltschaft oder anderer Strafverfolgungsbehörden, gefällt haben. Gerichte stützen ihre Urteile oft ausschließlich auf Geständnissen oder Zeugenaussagen, die durch Misshandlung, Bedrohung von Familienangehörigen oder anderer Formen von Gewaltanwendung gewonnen wurden. Verteidiger haben Richter gelegentlich aufgefordert Geständnisse abzulehnen und Folterbehauptungen zu untersuchen. Solche Forderungen wurden häufig aber als unbegründet abgelehnt. Foltervorwürfe wurden nicht richtig untersucht und in Gerichtsurteilen wird oft festgehalten, dass Foltervorwürfe dazu dienen würden, sich der strafrechtlichen Verantwortung zu entziehen. Es gibt ein Recht auf Berufung, wobei diese selten zu einer Aufhebung der Verurteilung führt, in einigen Fällen jedoch zu einer Verringerung oder Aussetzung von Strafen (USDOS 20.04.2018).
Bürger können bei Zivilgerichten wegen angeblicher Menschenrechtsverletzungen durch Beamte, mit Ausnahme von Ermittlern, Staatsanwälten und Richtern, Klage erheben. Es wird berichtet, dass Bestechungsgelder für Richter Entscheidungen von Zivilgerichten beeinflussen (USDOS 20.04.2018).
Im Februar 2017 verabschiedete Usbekistan eine Handlungsstrategie für die Jahre 2017 bis 2021, die Reformen im Justizbereich vorsieht. Dazu gehören neben der Verbesserung der Verwaltungs-, Straf-, Zivil- und Handelsgerichtsbarkeit auch präventive Maßnahmen zur Bekämpfung von Kriminalität und eine verbesserte juristische Ausbildung (AA 04.2018a).
Usbekistan hat die Kompetenz zum Ausstellen von Haftbefehlen von der Staatsanwaltschaft auf die Gerichte übertragen ("Habeas-Corpus-Prinzip"). Die Umsetzung dieser Maßnahme ist aber nach wie vor nicht abgeschlossen (AA 04.2018a).
(AA - Auswärtiges Amt (04.2018a): Usbekistan, Staatsaufbau und Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/-/206826, Zugriff 15.10.2018
FH - Freedom House (01.2018): Freedom in the World 2018 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/en/document/1442529.html, Zugriff 22.10.2018
USDOS - US Department of State (20.04.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018)
Sicherheitsbehörden
Die zivilen Behörden behielten im Allgemeinen eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte bei, jedoch sind die zivilen Strukturen von den Sicherheitsdiensten durchdrungen (USDOS 20.04.2018).
Usbekistan verfügt über drei Institutionen zur Bekämpfung krimineller Aktivitäten. Für Strafverfolgung, die Aufrechterhaltung der Ordnung und die Untersuchung allgemeiner Verbrechen ist die dem Innenministerium unterstellte Polizei zuständig. Die Generalstaatsanwaltschaft untersucht Gewalttaten wie Mord, außerdem Korruption und Machtmissbrauch durch Beamte. Der Nationale Sicherheitsdienst (SNB), welches über seinen Vorsitzenden direkt dem Präsidenten unterstellt ist, befasst sich mit Fragen der nationalen Sicherheit und der Spionage, welche auch die Bereiche Terrorismus, Korruption, organisierte Kriminalität, Grenzkontrolle und Drogen umfassen (USDOS 20.04.2018).
Der Nationale Sicherheitsdienst (SNB) wird für die Verhaftung und Folterung von Hunderten von Bürgern sowie Aktivisten und religiösen Persönlichkeiten verantwortlich gemacht (IWPR 04.04.2018). Es gibt mehrere Berichte, dass die Regierung oder deren Agenten, willkürliche oder rechtswidrige Tötungen - auch durch Folter - begangen haben. Straffreiheit ist ein allgegenwärtiges Problem. Offiziell wird das Innenministerium mit der Untersuchung und Disziplinierung von Beamten beauftragt, die wegen Menschenrechtsverletzungen angeklagt sind. Es gibt keine Fälle in denen es zur Bestrafung kam. Auch das dem Parlament angegliederte Büro des Bürgerbeauftragten für Menschenrechte hat - obwohl seine Entscheidungen nicht verbindlich sind - eine Befugnis zur Untersuchung von Fällen (USDOS 20.04.2018).
Ende März verabschiedete das usbekische Oberhaus das Gesetz "Über den Staatlichen Sicherheitsdienst" und formuliert damit erstmals seit der Unabhängigkeit des Landes einen rechtlichen Rahmen für die Arbeit des Sicherheitsdienstes. Nach dem neuen Gesetz gehört zu den Aufgaben des Sicherheitsdienstes der Schutz der Verfassung, der Souveränität und der territorialen Integrität vor äußeren wie inneren Gefahren. Er ist direkt Präsident Mirziyoyev rechenschaftspflichtig (Novastan 09.04.2018). Am 01.04.2018 hat Präsident Mirziyoyev per Dekret eine umfassende Reorganisation des Nationale Sicherheitsdienstes (SNB) eingeleitet, mit der die bisherige, umfassende Autorität des SNB, beendet wird. Einige Aufgabenbereiche, wie die Sicherung staatlicher Institutionen werden dem Innenministerium unterstellt, andere, wie der Bau und die Instandhaltung von Sicherheitseinrichtungen wurden dem Verteidigungsministerium übertragen. Der SNB wurde im Zuge dessen in Staatssicherheitsdienst (GSB) umbenannt (IWPR 04.04.2018).
Der OSZE-Projektkoordinator in Usbekistan unterstützt die usbekische Polizeiakademie bei ihrem Aus- und Weiterbildungsprogramm durch internationale Austauschbesuche und das Einbringen von internationalem Fachwissen in den Ausbildungsplan. Für Mitarbeiter der Abteilung für Menschenrechte und Rechtsschutz des Innenministeriums werden auch Kurse zur Menschenrechtslehre, den Rechten von Jugendlichen und zu Korruption organisiert (OSZE 2018).
Im Oktober 2018 fand in Taschkent eine vom OSZE-Projektkoordinator organisierte Schulung für Polizeibeamte statt. Der Fokus der Schulung lag auf der Einhaltung der nationalen und internationalen Menschenrechtsstandards im Polizeidienst, wie die Wahrung der Unschuldsvermutung, das Verbot von Folter und repressiven Praktiken und den Schutz von Würde und Achtung von Zeugen und Verdächtigen in allen Phasen des Ermittlungsprozesses (OSZE 06.11.2018). Im Mai 2018 fand der erste Teil einer Reihe von Kursen zur Erkennung und Untersuchung von Fällen von Menschenhandel statt. Die Schulung ist Teil eines langjährigen Engagements des OSZE-Projektkoordinators in Usbekistan zur Unterstützung des Landes bei der Bekämpfung des Menschenhandels (OSZE 21.05.2018).
Geschätzt 12.000 Nachbarschaftskomitees (Mahalla) dienen als Informationsquelle über potenzielle "Extremisten". Diese Ausschüsse bieten verschiedene soziale Unterstützungsfunktionen an, fungieren aber auch als Informanten in der lokalen Gesellschaft für die Regierung und Strafverfolgung. Mahallas in ländlichen Gebieten waren in der Regel einflussreicher als in Städten (USDOS 20.04.2018).
(IWPR - Institute for War and Peace Reporting (04.04.2018): Uzbek President Reigns In Security Service, https://www.ecoi.net/en/document/1429539.html, Zugriff 29.10.2018
Novastan (09.04.2018): Usbekistans innere und äußere Bedohungen, https://www.novastan.org/de/usbekistan/innere-und-ausere-bedrohungen-usbekistans/, Zugriff 12.11.2018
OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (2018): OSCE Project Co-ordinator in Uzbekistan - Policing, https://www.osce.org/uzbekistan/106127, Zugriff 13.11.2018
OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (21.05.2018): Specialized anti-trafficking training course for regional branches of police in Uzbekistan held in Urgench with OSCE support, https://www.osce.org/project-coordinator-in-uzbekistan/382117, Zugriff 13.11.2018
OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (06.11.2018): Project Co-ordinator in Uzbekistan conducts training course for police investigators on protecting rights of alleged victims and accused persons during preliminary investigations, https://polis.osce.org/project-coordinator-uzbekistan-conducts-training-course-police-investigators-protecting-rights, Zugriff 13.11.2018
USDOS - US Department of State (20.04.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018)
Folter und unmenschliche Behandlung
Während die Verfassung und Gesetze solche Praktiken verbieten, haben Polizei- und Sicherheitsbeamte regelmäßig Häftlinge geschlagen und misshandelt, um Geständnisse oder belastende Informationen zu erhalten (USDOS 20.04.2018; vgl. AI 22.02.2018; FH 01.2018). Quellen berichteten, dass Folter, grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung in Gefängnissen, Untersuchungseinrichtungen und örtlichen Polizei- und Sicherheitsdienststellen für Personen üblich seien, die wegen religiöser oder extremistischer Anschuldigungen verhaftet oder festgehalten werden. Foltermethoden umfassen harte Schläge, die Verweigerung von Nahrung und Toilettenbenutzung, das Fesseln der Hände und eine Ausübung von psychologischem Druck, einschließlich von Drohungen gegen Familienangehörige (USDOS 20.04.2018).
Ein Polizeigesetz aus dem Jahr 2016 verbietet Folter, und ein Präsidialdekret vom November 2017 verbietet es Gerichten Beweise zu verwenden, die durch Folter gewonnen wurden (FH 01.2018).
Am 01.06.2018 endete in Taschkent die erste internationale Diskussionsrunde über die Einrichtung eines Nationalen Präventionsmechanismus (NPM) Usbekistans gegen Folter. Bei der vom OSZE-Projektkoordinator in Usbekistan und vom Ombudsmann organisierten Veranstaltung nahmen hochrangige Regierungsvertreter, Parlamentarier, Vertreter nationaler Menschenrechtsinstitutionen, ein Mitglied des UN-Unterausschusses zur Verhütung von Folter sowie lokale und internationale Rechtsexperten teil und besprachen die Entwicklung eines Rechtsrahmens gemäß internationaler Normen (OSZE 01.06.2018).
(AI - Amnesty International (22.02.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Uzbekistan, https://www.amnesty.org/en/countries/europe-and-central-asia/uzbekistan/report-uzbekistan/, Zugriff 29.10.2018
FH - Freedom House (01.2018): Freedom in the World 2018 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/en/document/1442529.html, Zugriff 22.10.2018
OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (01.06.2018): OSCE supports establishment of National Preventive Mechanism against Torture in Uzbekistan, https://www.osce.org/project-coordinator-in-uzbekistan/383226, Zugriff 13.11.2018
USDOS - US Department of State (20.04.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018)
NGOs und Menschenrechtaktivisten
Nicht registrierte Nichtregierungsorganisationen (NGOs) sind mit extremen Schwierigkeiten und Belästigungen konfrontiert (FH 01.2018). In Usbekistan sind mehrere Menschenrechtsgruppen aktiv. Die Regierung versucht, die Aktivitäten von NGOs zu kontrollieren. Die Rahmenbedingungen für eine unabhängige Zivilgesellschaft, insbesondere für Menschenrechtsverteidiger, sind weiterhin restriktiv. Die meisten lokalen NGOs sind gezwungen sich einer staatlich kontrollierten NGO-Vereinigung anzuschließen, die der Regierung eine weitreichende Aufsicht über deren Finanzierung und Aktivitäten erlaubt. Für Regelverstöße werden hohe Bußgelder verhängt. Auch für internationale NGOs, sind Sanktionen vorgesehen, wenn sie Aktivitäten setzen, welche die Regierung nicht im Vorfeld genehmigt hat (USDOS 20.04.2018).
Die Regierung hat zwei einheimische Menschenrechts-NGOs, Ezgulik und die unabhängige Menschenrechtsorganisation Usbekistans, offiziell anerkannt. Vertreter von Ezgulik berichten, dass ihre Arbeit durch Schikanen, Einschüchterungen und Androhungen von Gerichtsverfahren gegen Mitarbeiter weiterhin behindert wird. Andere Menschenrechtsorganisationen, wie Human Rights Alliance, Najot, das Humanitarian Legal Center, die Human Rights Society of Usbekistan, die Expert Working Group und Mazlum (Unterdrückte), konnten sich nicht registrieren, sind aber nach wie vor aktiv. Aktivisten berichten von anhaltender staatlicher Kontrolle und Belästigung. Es gibt Berichte, dass die Polizei und andere Sicherheitskräfte ohne Haftbefehle in die Häuser von Menschenrechtsaktivisten und Mitgliedern religiöser Gruppen eingedrungen sind (USDOS 20.04.2018).
1999 wurde in Usbekistan ein Gesetz zur Arbeit von NGOs verabschiedet. Von den etwa 500 (Stand 2004) registrierten Organisationen im Land, sind etwa zehn Prozent tatsächlich aktiv. Sie sind in hohem Maße von ausländischer Finanzierung abhängig (GIZ 09.2018b). Nach der gewaltsamen Niederschlagung einer Erhebung der Bevölkerung von Andischan im Ferganatal am 12./13.05.2005, bei der je nach Angaben 169 oder 500 bis 1000 Menschen ums Leben kamen, setzte eine Welle von "freiwilligen" Schließungen von NGOs ein. Zahlreiche ausländische NGOs mussten das Land verlassen. Nun kehren erste ausländische Organisationen zurück (GIZ 09.2018b). Erstmals seit sieben Jahren durfte im September 2017 eine offizielle Delegation von Human Rights Watch ihre erste Feldarbeitsbewertung in Usbekistan durchführen. Eine Reihe von internationalen Menschenrechtsbeauftragten, darunter der VN-Hochkommissar für Menschenrechte, durften ebenfalls das Land und die im Lauf des Jahres freigelassenen politischen Gefangenen besuchen (FH 01.2018).
Der Grad, in dem NGOs in der Lage sind, zu arbeiten, ist je nach Region unterschiedlich und abhängig von der Toleranz lokaler Beamter gegenüber den Aktivitäten der NGOs (USDOS 20.04.2018).
(FH - Freedom House (01.2018): Freedom in the World 2018 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/en/document/1442529.html, Zugriff 22.10.2018
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (09.2018b): Usbekistan, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/usbekistan/geschichte-staat/, Zugriff 22.10.2018
USDOS - US Department of State (20.04.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018)
Allgemeine Menschenrechtslage
Usbekistan hat wichtige Menschenrechtskonventionen der Vereinten Nationen ratifiziert, darunter den Internationalen Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte und das Übereinkommen gegen Folter. Dem stehen aber in der Praxis Menschenrechtsverletzungen gegenüber. Es wird weiterhin von Verhaftungen unter dem Vorwurf des Terrorismus oder der Mitgliedschaft in islamistischen Organisationen bzw. Unterstützung islamischer Fundamentalisten berichtet (AA 04.2018a).
Zu den gravierendsten Menschenrechtsfragen in Usbekistan gehörten Folter und Misshandlung von Gefangenen durch Sicherheitskräfte, willkürliche Verhaftung, Isolationshaft, ausgeweitete Haft und manchmal lebensbedrohliche Haftbedingungen, Einschränkungen der Meinungs-, Presse-, Versammlungs-, Vereinigungs- und Religionsfreiheit sowie der Zivilgesellschaft, die Unmöglichkeit, die Regierung in freien, fairen und regelmäßigen Wahlen zu wählen, endemische Korruption, Menschenhandel, einschließlich staatlich veranlasster Zwangsarbeit, und die Inhaftierung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen/Transgender und Intersexuellen (LGBTI-Personen) auf der Grundlage von Gesetzen, welche gleichgeschlechtliches Sexualverhalten kriminalisieren. Es gab keine Berichte über politisch motiviertes langfristiges Verschwinden von Personen durch oder im Auftrag von Regierungsbehörden. In ihrem Jahresbericht von 2017 stellt die in Genf ansässige Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen zu erzwungenem oder unfreiwilligem Verschwinden fest, dass es sieben Fälle aus den Vorjahren gibt. Nach Angaben der Arbeitsgruppe hat die Regierung nicht auf Anfragen der Gruppe, das Land besuchen zu dürfen reagiert (USDOS 20.04.2018).
Präsident Mirziyoyev hat einige Schritte unternommen, um Usbekistans "katastrophale" Menschenrechtsbilanz zu verbessern, wie z.B. die Freilassung einiger politischer Gefangener, die Lockerung bestimmter Einschränkungen der Meinungsfreiheit, die Streichung von Bürgern von der berüchtigten "schwarzen Liste" der Sicherheitsdienste und eine stärkere Rechenschaftspflicht staatlicher Institutionen gegenüber der Bürger (HRW 18.01.2018; vgl. AI 22.02.2018).
Die Regierung arbeitet mit Vertretern der Vereinten Nationen (VN) sowie mit VN-Sonderorganisationen wie der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und weiteren internationalen Organisationen, welche die Menschenrechte überwachen, zusammen und erlaubt Besuche (USDOS 20.04.2018).
Das nationale Zentrum für Menschenrechte (National Human Rights Center - NHRC), eine Regierungsbehörde, ist für die Aufklärung von Öffentlichkeit und Beamtenschaft über die Grundsätze von Menschenrechten und Demokratie zuständig und soll sicherstellen, dass die Regierung ihren internationalen Verpflichtungen zur Bereitstellung von Menschenrechtsinformationen nachkommt. Das NHRC arbeitete mit der OSZE bei der Entwicklung eines nationalen Aktionsplans für Menschenrechte zusammen. (USDOS 20.04.2018).
Im Mai 2017 besuchte Zeid Ra'ad Al Hussein, Hoher Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, die Republik Usbekistan. Dies war der erste Besuch eines Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte, seit dessen Etablierung im Jahr 1993. Erstmals nach sieben Jahren war es auch der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch Anfang September 2017 möglich die Republik Usbekistan zu besuchen. 2017 und auch bereits 2018 wurde eine Reihe langjähriger politischer Gefangener freigelassen. Eine zunehmende Anzahl von Strafurteilen wurde in den vergangenen Monaten überprüft und aufgehoben (AA 04.2018a).
(AA - Auswärtiges Amt (04.2018a): Usbekistan, Staatsaufbau und Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/-/206826, Zugriff 15.10.2018
AI - Amnesty International (22.02.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Uzbekistan, https://www.amnesty.org/en/countries/europe-and-central-asia/uzbekistan/report-uzbekistan/, Zugriff 29.10.2018
HRW - Human Rights Watch (18.01.2018): World report 2018 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/en/document/1422503.html, Zugriff 25.10.2018
USDOS - US Department of State (20.04.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018)
Menschenhandel
Die Regierung Usbekistans erfüllt die Mindeststandards für die Bekämpfung des Menschenhandels nicht vollständig, unternimmt diesbezüglich jedoch erhebliche Anstrengungen und hat 2017 wichtige Erfolge erzielt (USDOS 28.06.2018).
Usbekistan ist Herkunfts- und Zielland für Männer, Frauen und Kinder, welche Zwangsarbeit ausgesetzt sind. Frauen und Kinder sind darüber hinaus Opfer von Sexhandel. Die systemische Mobilisierung von Kinderarbeit wurde zwar beseitigt, es gibt jedoch noch anekdotische Berichte über den Einsatz von Kinderarbeit. Die von der Regierung veranlasste Zwangsarbeit von Erwachsenen, einschließlich Mitarbeitern von Schulen und medizinischen Einrichtungen, während der Baumwollernte im Herbst sowie beim Pflanzen und Jäten im Frühjahr, wie auch in anderen Sektoren, bleibt bestehen. 2017 waren von schätzungsweise 2,6 Millionen Beschäftigten Pflückern 336.000 Zwangsarbeiter (USDOS 28.06.2018; vgl. HRW 18.01.2018).
Artikel 135 des Strafgesetzbuches straft den Arbeits- und Sexhandel und verordnet Freiheitsstrafen in der Höhe von drei bis fünf Jahren. Im vierten Jahr in Folge gingen die Ermittlungen, Strafverfolgungsmaßnahmen und Verurteilungen zurück. Die Regierung führte 609 Ermittlungen durch. Darunter waren 204 Fälle von sexueller Ausbeutung und 32 Fälle von Arbeitsausbeutung enthalten. Es wurden 314 Fälle wegen Verbrechen im Zusammenhang mit Menschenhandel abgestraft. Das Innenministerium (MOI) unterhält eine Ermittlungseinheit, die sich mit dem Thema Menschenhandel befasst. Regierungsbeamte, Polizei, Richter und Mitglieder anderer Behörden nahmen an internen Schulungen und - in Zusammenarbeit mit NGOs internationalen Organisationen und ausländischen Regierungen - an Seminaren und Konferenzen zum Thema Menschenhandel teil (USDOS 28.06.2018).
Es existiert in Taschkent ein von der Regierung finanziertes Rehabilitationszentrum für Männer, Frauen und Kinder mit offiziellem Opferstatus. Dieses Zentrum bietet Unterkunft, medizinische, psychologische und rechtliche Unterstützung, sowie Hilfe bei der Arbeitsvermittlung an. 2016 wurde dort 460 Opfer unterstützt. Für das Jahr 2017 gibt es keine endgültigen Daten. Die Regierung stellt lokalen NGOs auch Mittel zur Verfügung, um Berufsausbildungen durchzuführen und Gesundheitsdienste für die Opfer zu erbringen, gewährt Steuervergünstigungen und die Nutzung von staatlichem Land (USDOS 28.06.2018).
Die usbekische NGO "Istiqbolli Avlod" unterstützt in Zusammenarbeit mit United States Agency for International Development (USAID), der Behörde der Vereinigten Staaten für internationale Entwicklung, Opfer von Menschenhandel bei der Reintegration (U.S. Embassy 19.12.2017). Auch IOM Usbekistan arbeitet mit der NGO "Istiqbolli Avlod" an der Umsetzung des von USAID finanzierten Programms zur Bekämpfung des Menschenhandels in Zentralasien (IOM 02.2016).
Das Programm bietet Opfern von Menschenhandel direkte Hilfe und schafft einen wirksamen Rahmen für die Unterstützung von Opfer von Menschenhandel durch ein Netzwerk von kooperativen Nichtregierungsorganisationen, wie auch internationalen und staatlichen Stellen (IOM 02.2016). Das Hilfsangebot umfasst psychologische Hilfe, medizinische Unterstützung, Rechtshilfe und Berufsausbildung für Überlebende und Frauen, welche vom Menschenhandel gefährdet sind (U.S. Embassy 19.12.2017). Weiters existiert eine Hotline für hilfsbedürftige Menschen (U.S. Embassy 19.12.2017; vgl. IOM 02.2016). Im Jahr 2015 eröffnete Istiqbolli Avlod ein Trainingszentrum für sozial schwache Frauen, welches Kurse in den Bereichen Kochen, Computerkenntnisse, Nähen und Kosmetik anbietet, um das Risiko der Exposition von Frauen gegenüber dem Menschenhandel zu verringern. Auch gibt es ein Schulungsangebot für Strafverfolgungsbehörden zur Identifizierung von Opfer von Menschenhandel (U.S. Embassy 19.12.2017).
(HRW - Human Rights Watch (18.01.2018): World report 2018 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/en/document/1422503.html, Zugriff 25.10.2018
IOM - International Organization for Migration (02.2016): Uzbekistan, https://www.iom.int/countries/uzbekistan, Zugriff 15.11.2018
U.S. Embassy - U.S. Embassy in Uzbekistan (19.12.2017): USAID's Reintegration for Trafficking Survivors Project Successfully Closes Out with a Conference on Human Trafficking in Tashkent, https://uz.usembassy.gov/usaids-reintegration-trafficking-survivors-project-successfully-closes-conference-human-trafficking-tashkent/, Zugriff 15.11.2018
USDOS - US Department of State (28.06.2018): Trafficking in Persons Report 2018 - Country Narratives - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1437440.html, Zugriff 15.11.2018)
Haftbedingungen
Die Haftbedingungen in usbekischen Gefängnissen stellen sich aufgrund von Nahrungsmangel, schwerer Überbelegung, körperlichem Missbrauch und unzureichenden hygienischen und medizinischen Bedingungen, unter Umständen hart und lebensbedrohlich dar (USDOS 20.04.2018; vgl. FH 01.2018).
Inhaftierte Verdächtige und verurteile Gefängnisinsassen, insbesondere solche, die wegen ihres Glaubens verurteilt wurden, sind oft Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt (FH 01.2018). Häftlinge, die wegen des versuchten Umsturzes der verfassungsmäßigen Ordnung verurteilt worden sind, werden von den übrigen Häftlingen getrennt eingesperrt. Politische Gefangene werden in Zellen ohne ausreichender Belüftung festgehalten und sind im Winter Temperaturen unter dem Gefrierpunkt und im Sommer um die 50°C ausgesetzt. Freigelassene politische Gefangene berichten von Folter. Internationale und nationale Menschenrechtsorganisationen schätzten, dass mehrere hundert bis zu tausend Personen aus politischen Gründen inhaftiert sind. Diese, von der Regierung geleugneten Angaben, sind nicht unabhängig überprüfbar. Politischen Häftlingen wird der Zugang von Menschenrechts- oder humanitären Organisationen, wie der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften, verweigert (USDOS 20.04.2018).
Das Besuchsrecht ist häufig von der Zahlung eines Bestechungsgeldes an Beamte abhängig. Angehörige von Gefangenen, die wegen religiöser oder extremistischer Anschuldigungen festgehalten werden, berichten von willkürlicher Verweigerung, Verzögerung und Verkürzung des Besuchsrechts. Ebenso werden Informationen über die Gesundheits- und Disziplinarunterlagen von Familienmitgliedern vorenthalten. Im Unterschied zu vorangegangenen Jahren wurden keine Fälle sexuellen Missbrauchs von Häftlingen gemeldet. Häftlinge sind nicht in der Lage ihr Recht auf freie Religionsausübung zu praktizieren (USDOS 20.04.2018).
Familienangehörige und NGOs berichten, dass manchmal Gefangene, insbesondere solche, die wegen religiösem Extremismus verurteilt wurden, nach Ablauf ihrer Haftstrafe nicht enthaftet werden. Haftzeiten werden wegen Vorwürfen zusätzlicher Verbrechen, vagen Verstößen gegen Gefängnisregeln oder die Behauptung, dass die Häftlinge eine Gefahr für die Gesellschaft darstellen würden, verlängert (USDOS 20.04.2018). Die Strafvollzugsbehörden setzten auch 2017 Artikel 221 des usbekischen Strafgesetzbuches über "Verstöße gegen die Strafvollzugsordnung" ein, um Strafen für politische Gefangene willkürlich zu verlängern (HRW 18.01.2018).
Beamte der Gefängnisverwaltung berichten, dass es in den Gefängnissen ein Tuberkuloseprogramm (TB), ein HIV/AIDS-Behandlungs- und Präventionsprogramm und die Behandlungsmöglichkeit für Hepatitispatienten gibt. Die TB-Infektionsrate ist weiterhin hoch, Hepatitis ist nicht in hoher Zahl vorhanden. Berichte über solche Behandlungen kann nicht unabhängig verifiziert werden, da der Zugang zu solchen Einrichtungen häufig verweigert wird (USDOS 20.04.2018).
Unabhängigen Beobachtern wird von den Behörden der Zugang nur zu bestimmten Strafvollzugsanstalten, wie Untersuchungshaftanstalten, Jugend- und Frauengefängnisse sowie Gefängnisansiedlungen, gestattet. Vom 15. bis 19. September besuchte UNICEF gemeinsam mit der Generalstaatsanwaltschaft das Gefängnis für jugendliche Straftäter (Jugendkolonie) und zwei Justizvollzugsanstalten. Das Internationale Komitee für das Rote Kreuz hat seit 2013 keine Gefangenen mehr besucht. Im Oktober besuchte der UN-Sonderberichterstatter für Religions- und Glaubensfreiheit, Ahmed Ahmed Shaheed, das Hochsicherheitsgefängnis Jaslyk (USDOS 20.04.2018).
(FH - Freedom House (01.2018): Freedom in the World 2018 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/en/document/1442529.html, Zugriff 22.10.2018
HRW - Human Rights Watch (18.01.2018): World report 2018 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/en/document/1422503.html, Zugriff 25.10.2018
USDOS - US Department of State (20.04.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018)
Todesstrafe
Usbekistan hat mit Wirkung vom 1.1.2008 die Todesstrafe gesetzlich für alle Verbrechen abgeschafft (AA 04.2018a; vgl. AI 12.04.2018).
(AA - Auswärtiges Amt (04.2018a): Usbekistan, Staatsaufbau und Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/-/206826, Zugriff 15.10.2018
AI - Amnesty International (12.04.2018): Death Sentences and Executions 2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1429291/90_1523523827_act5079552018english.pdf, Zugriff 15.11.2018)
Relevante Bevölkerungsgruppen
Frauen
Gesetze und Verordnungen verbieten die Diskriminierung in Bezug auf Beschäftigung und Beruf aufgrund von ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion und Sprache (USDOS 20.04.2018; vgl. BTI 2018). Chancengleichheit wird weitgehend erreicht. Frauen und Angehörige ethnischer oder religiöser Gruppen haben nahezu gleichen Zugang zu Bildung, öffentlichem Amt und Beschäftigung (BTI 2018). Frauen genießen formal gleiche politische Rechte, sind aber nicht in der Lage, sich selbstständig zu organisieren, um ihre politischen Interessen zu vertreten. Frauen sind in Führungspositionen weiterhin unterrepräsentiert (FH 01.2018).
Obwohl Frauen rechtlich den Männern gleichgestellt sind, gibt es viele Branchen, die Männern vorbehalten sind (USDOS 20.04.2018). Bestimmte Berufszweige, besonders im Gesundheits- und Bildungswesen wurden hingegen "feminisiert" und werden geringer entlohnt (GIZ 09.2018c).
Entsprechend den ideologischen Vorgaben wird die T