Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
Bundesstatistik Bauunternehmen 1977;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde der M in M, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 12. August 1997, Zl. VwSen-210222/23/Lg/Bk, betreffend Übertretung des Bundesstatistikgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 31. August 1995 wurde der Beschwerdeführerin zur Last gelegt, sie habe es "als Gewerbeinhaberin der Firma P... im Zeitraum vom 21.4.1995 bis zumindest 30.6.1995 trotz mehrmaliger Mahnung (zuletzt vom 23.5.1995) unterlassen, den
1. Auftragsbestand 1995 dem Österr. Statistischen Zentralamt in Wien zu übermitteln". Sie sei somit ihrer Auskunftspflicht nach § 8 Abs. 1 Bundesstatistikgesetz im genannten Zeitraum nicht nachgekommen. Dadurch habe sie "§ 8 Abs. 1 Bundesstatistikgesetz, BGBl. Nr. 91/1965 idgF. iVm. § 4 Abs. 2 der Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik, BGBl. Nr. 117/1977", verletzt und es werde über sie wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 11 Abs. 1 Bundesstatistikgesetz eine Geldstrafe in der Höhe von
S 30.000,-- (14 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde mit dem als Ersatzbescheid für den mit dem hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1996, Zl. 96/04/0084, aufgehobenen Bescheid vom 29. Februar 1996 ergangenen Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 12. August 1997 insoweit Folge gegeben, als die Geldstrafe auf S 10.000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 4 Tage und 16 Stunden herabgesetzt wurde. Im übrigen wurde die Berufung abgewiesen, der Spruch des Straferkenntnisses jedoch dahingehend geändert, "daß an die Stelle des Begriffes "Gewerbeinhaberin" das Wort "Betriebsinhaberin" tritt" sowie insofern ergänzt, als unter den verletzten Rechtsvorschriften im Sinne des § 44a Z. 2 VStG auch § 11 Z. 1 des Bundesstatistikgesetzes BGBl. Nr. 91/1995 idgF aufscheine. Zur Begründung der Einführung des Begriffes "Betriebsinhaberin" im Spruch wird in diesem Bescheid unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z. 1 VStG ausgeführt, die Person des Auskunftspflichtigen ergebe sich erst aus der Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik BGBl. Nr. 117/1977, wonach die Auskunftspflicht die Beschwerdeführerin nicht als "Gewerbeinhaberin", sondern als "Betriebsinhaberin" treffe. Aus diesem Grund sei das erstbehördliche Straferkenntnis entsprechend zu korrigieren gewesen. Die Zulässigkeit dieser Korrektur sei umsoweniger anzuzweifeln, als die Verordnung offensichtlich von dem (tatsächlich gegebenen) engen Zusammenhang zwischen Gewerbeberechtigung und Betriebsinhaberschaft ausgehe, was schon aus dem Abstellen der Verordnung auf die Zugehörigkeit des Unternehmens (Betriebes) zur Bundesinnung der Baugewerbe nach der Fachgruppenordnung - mithin auf die gewerberechtliche Einordnung, welche sich aber nur nach der vorhandenen Gewerbeberechtigung des Einzelunternehmers richten könne - ersichtlich sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach ihrem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes rügt die Beschwerdeführerin zunächst, die belangte Behörde habe es unterlassen, eine mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen, obwohl die Beschwerdeführerin dies in ihrer Berufung gegen das erstbehördliche Straferkenntnis beantragt habe. Es sei von ihr in dieser Berufung nicht nur die unrichtige rechtliche Beurteilung bekämpft worden, sondern auch eine Tatsachenfrage, nämlich daß sie zwar Gewerbeinhaberin sei und bei Bürobelangen des Betriebes mithelfe, tatsächlicher Betriebsinhaber aber ihr Ehegatte sei. Hätte die mündliche Berufungsverhandlung stattgefunden, hätte sie ihren Ehemann stellig machen oder beantragen können, ihn zur mündlichen Berufungsverhandlung zu laden, damit dieser seine Tätigkeit im Betrieb beschreiben könne, womit klar zutage getreten wäre, daß die Beschwerdeführerin zwar Gewerbeinhaberin, keinesfalls aber Betriebsinhaberin sei. Auch hätte sie in der mündlichen Berufungsverhandlung auf die katastrophale finanzielle Situation der "Firma" aufmerksam machen können, was zu einer weiteren Strafreduzierung geführt hätte. Der in Rede stehende Betrieb weise derzeit Passiva von S 87 Mio. auf; es könnten nicht einmal mehr die Soll-Zinsen bezahlt werden. Der Vertreter der Beschwerdeführerin habe zwar in einer Eingabe an die belangte Behörde mitgeteilt, daß er auf den Besuch der mündlichen Berufungsverhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat im ersten Rechtsgang infolge der im Radio gemeldeten Eisglätte und des Schneefalls verzichte, dieser Verzicht habe sich jedoch nur auf die mündliche Berufungsverhandlung im ersten Rechtsgang beziehen können, keinesfalls auf die im zweiten Rechtsgang, zumal die Straßenverhältnisse zu diesem Zeitpunkt, da es Sommer gewesen sei, gut gewesen seien. Die Spruchänderung von Gewerbeinhaberin in Betriebsinhaberin hätte im übrigen nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist nicht vorgenommen werden dürfen, da diese ein Tatbestandsmerkmal der angewendeten Norm betreffe. Es sei daher vom Eintritt der Verfolgungsverjährung auszugehen.
Gemäß § 51e Abs. 3 VStG kann von der nach dem Abs. 1 dieser Gesetzesstelle erforderlichen mündlichen Verhandlung im Rahmen des Berufungsverfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat abgesehen werden, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der Verhandlung erfolgen.
Im vorliegenden Fall teilte die Beschwerdeführerin der belangten Behörde mit Schriftsatz vom 7. November 1995 folgendes mit:
"Die Berufungswerberin verzichtet im Sinne des § 51 e Abs. 3 VStG auf die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung.
Sollte diese dennoch durchgeführt werden, teilt die Rechtsmittelwerberin mit, daß sie und ihr Rechtsvertreter aufgrund der widrigen Straßenverhältnisse, des 120 km langen Anreiseweges im Zusammenhang mit den eben im Radio durchgegebenen Staumeldungen nicht in der Lage ist, an der Verhandlung teilzunehmen."
Entgegen dem Beschwerdevorbringen kann der erste Satz dieses Schriftsatzes - insbesondere im Hinblick auf die Zitierung des § 51e Abs. 3 VStG - nur als endgültiger Verzicht auf die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung verstanden werden. Der beigefügte zweite Satz hat lediglich die Bedeutung einer Entschuldigung für den Fall, daß die belangte Behörde dennoch die bereits anberaumte mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen gedenke.
Im Hinblick auf den im § 51e Abs. 3 VStG vorgesehenen Verzicht der Beschwerdeführerin auf die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung vermag der Verwaltungsgerichtshof keine Verletzung von Verfahrensvorschriften darin zu erblicken, daß die belangte Behörde eine mündliche Berufungsverhandlung tatsächlich nicht durchgeführt hat.
Im übrigen erweist sich die Beschwerde aber als berechtigt. Wie sich aus der schon im hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1996, Zl. 96/04/0084, das in dieser Verwaltungsstrafsache ergangen ist, dargestellten Rechtslage ergibt, trifft die in § 8 Bundesstatistikgesetz in Verbindung mit § 4 Abs. 1 der Verordnung BGBl. Nr. 117/1977 betreffend statistische Erhebungen über die der Bundesinnung der Baugewerbe angehörenden Bauunternehmungen normierte Auskunftspflicht den "Inhaber oder verantwortlichen Leiter des Unternehmens (Betriebes) oder der Arbeitsgemeinschaft", weshalb, wie die belangte Behörde zutreffend erkannte, der Spruch des erstbehördlichen Straferkenntnisses insofern gegen die Bestimmung des § 44a Z. 1 VStG verstieß, als darin die in Rede stehende Tat der Beschwerdeführerin in ihrer Eigenschaft als "Gewerbeinhaberin" zur Last gelegt wurde. Die belangte Behörde belastete aber den angefochtenen Bescheid deshalb mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weil sie in Korrektur des erstbehördlichen Straferkenntnisses diesen Umstand erstmals im angefochtenen Bescheid, also außerhalb der Verjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG, verfolgte. Bei der Frage, ob die in Rede stehende Tat der Beschwerdeführerin in ihrer Eigenschaft als "Gewerbeinhaberin" oder als "Betriebsinhaberin" zur Last gelegt wird, handelt es sich nicht um eine solche nach der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit im Sinne des § 9 VStG oder des § 370 Abs. 2 GewO 1994, sondern um ein im § 4 der Verordnung BGBl. Nr. 117/1977 normiertes Tatbestandselement, das zur Vermeidung des Eintrittes der Verfolgungsverjährung nach § 31 Abs. 1 VStG innerhalb der Verjährungsfrist des § 31 Abs. 2 leg. cit. in einer Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 leg. cit. zu verfolgen gewesen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 16. Jänner 1987, Slg. N. F. Nr. 12.375/A).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG schon aus diesem Grund wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997040178.X00Im RIS seit
12.09.2001