Entscheidungsdatum
20.11.2019Norm
BFA-VG §9Spruch
W119 1255269-2/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Eigelsberger als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX geb. XXXX , StA: Mongolei, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 2.11.2016, Zl. 244530209/150070605, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 9 BFA-VG und §§ 52, 53, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.
II. Der Antrag des Bundesamtes auf Ersatz des Vorlageaufwandes wird als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte am 27.4.2004 einen Asylantrag.
Diesem Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 3.11.2004, Zl. 04 09.157-BAG, gemäß § 7 AsylG 1997 [idF BGBl. I Nr. 126/2002] keine Folge gegeben (Spruchpunkt I.) und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Mongolei gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 zulässig ist (Spruchpunkt II.). Unter Spruchpunkt III. dieses Bescheides wurde der Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 [BGBl. I Nr. 101/2003] aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung (nunmehr Beschwerde).
Am XXXX wurde ein Sohn des Beschwerdeführers und einer - ebenfalls als Asylwerberin in Österreich aufhältigen - mongolischen Staatsangehörigen im Bundesgebiet geboren.
Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 16.9.2011, Zl.C17 255.269-0/2008/21E, wurde die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 3.11.2004 hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 und hinsichtlich Spruchpunkt II. gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003, als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.). Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des genannten Bescheides wurde stattgegeben und festgestellt, dass die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Mongolei gemäß § 10 Abs. 5 AsylG 2005 auf Dauer unzulässig ist (Spruchpunkt II.).
Am 28.11.2011 wurde dem Beschwerdeführer vom zuständigen Magistrat eine Niederlassungsbewilligung erteilt.
Am 28.11.2013 erhielt der Beschwerdeführer von der zuständigen Bezirkshauptmannschaft den Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot Karte plus" gemäß § 41a Abs. 9 mit einer Gültigkeitsdauer bis 27.11.2016.
Nachdem der Beschwerdeführer am 4.3.2016 vom Landesgericht XXXX rechtskräftig gemäß § 15 StGB, §§ 127, 130 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, davon fünf unbedingt, verurteilt worden war, verständigte ihn das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) mit Schriftsatz vom 23.9.2016 vom Ergebnis der Beweisaufnahme und führte aus, es sei strafverschärfend, dass der Beschwerdeführer nicht zum ersten Mal strafrechtlich in Erscheinung getreten sei. Durch dieses Verhalten stehe für das Bundesamt fest, dass ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde bzw. anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderlaufe. Das Bundesamt beabsichtige, ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG zu erlassen und den Beschwerdeführer in sein Heimatland abzuschieben. Der Beschwerdeführer wurde zur Beantwortung konkreter Fragen und Vorlage entsprechender Belege binnen zwei Wochen ab Zustellung aufgefordert. Dem Beschwerdeführer wurde ebenso mitgeteilt, dass, falls er zur beabsichtigten Vorgangsweise der Behörde keine Stellung nehme, dieses Verfahren ohne nochmalige Anhörung aufgrund der Aktenlage fortgeführt und entschieden werde.
Eine Stellungnahme des Beschwerdeführers ist ausgeblieben.
Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid des Bundesamtes vom 2.11.2016, Zl 244530209/150070605, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 5 FPG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz erlassen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG die Mongolei zulässig sei (Spruchpunkt II.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 und 4 FPG gegen ihn ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen (Spruchpunkt IV.).
Begründend stellte das Bundesamt zur Person des Beschwerdeführers im Wesentlichen fest, dass dieser über einen mongolischen Reisepass verfüge und er als erwachsener und gesunder Mann zu qualifizieren sei. Sein Antrag auf internationalen Schutz sei am 16.9.2011 von der zweiten Instanz negativ entschieden worden. Der Beschwerdeführer sei in Österreich aufrecht gemeldet und zum Zeitpunkt der Straftaten im Bundesgebiet aufhältig gewesen. Er habe einen gültigen Aufenthaltstitel, welcher am 27.11.2016 ablaufe. Der Beschwerdeführer habe die österreichische Rechtsordnung missachtet, indem er Straftaten begangen habe und deshalb in weiterer Folge mehrfach gerichtlich verurteilt worden sei. Der Beschwerdeführer habe dem Bundesamt weder soziale noch familiäre Bindungen mitgeteilt, ein besonderes Nahe- oder Abhängigkeitsverhältnis zu in Österreich legal aufhältigen Personen habe nicht ausgemittelt werden können. Die öffentlichen Interessen der Republik Österreich würden allenfalls bestehende private Interessen der Person des Beschwerdeführers überwiegen.
Es wirke erschwerend, dass der Beschwerdeführer immer wieder straffällig geworden sei und die Straftaten tendenziell schwerwiegender geworden seien. Der Beschwerdeführer habe durch die Begehung gerichtlich strafbarer Tatbestände klar zum Ausdruck gebracht, dass er nicht gewillt sei, sich der österreichischen Rechts- und Werteordnung zu unterwerfen. Seit dem Jahr 2006 sei er kontinuierlich straffällig geworden und sein Unrechtsbewusstsein schwinde mit jeder Straftat mehr, was sich erschwerend auswirke. Das Bundesamt müsse wegen des bislang gezeigten Verhaltens davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer auch weiterhin Delikte gegen fremdes Vermögen setzen werde. Bereits im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit des gewerbsmäßigen Diebstahls und des Diebstahls im Rahmen einer kriminellen Vereinigung sei die Erlassung eines Einreiseverbotes auch bei ansonsten völliger sozialer Integration dringend geboten, weil das maßgebliche öffentliche Interesse in diesen Fällen unverhältnismäßig schwerere wiege als das gegenläufige private Interesse des Fremden. Der Beschwerdeführer habe durch sein Verhalten gezeigt, dass er kein Interesse habe, die Gesetze Österreichs zu respektieren. Das vom Beschwerdeführer gezeigte Verhalten folge dem Muster einer kriminellen Laufbahn und es sei aufgrund der wirtschaftlichen Situation des Beschwerdeführers mit einer Fortsetzung zu rechnen. Es müsse daher von einer aktuellen, nachhaltigen und maßgeblichen Gefahr gesprochen werden. Die Gesamtbeurteilung des Verhaltens des Beschwerdeführers, seine Lebensumstände sowie seine familiären und privaten Anknüpfungspunkte hätten im Zuge der Abwägungsentscheidung ergeben, dass die Erlassung des Einreiseverbotes in der angegebenen Dauer gerechtfertigt und notwendig sei, um die von ihm ausgehende schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 21. 11. 2016 Beschwerde. Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Beschwerdeführer in Österreich die Volks- und Hauptschule nachgeholt und auf B1 Niveau Deutsch gelernt habe. Seit dem Jahr 2007 arbeite er mit saisonbedingten Unterbrechungen in der Gastronomie. Von 2007 bis Ende des Jahres 2011 habe er sich auch in einer Lebensgemeinschaft befunden, der ein im Jahr 2008 geborener Sohn entstamme. Mittlerweile lebe der Beschwerdeführer von der Mutter seines Sohnes getrennt. Diese sei zwischenzeitlich verheiratet und lebe mit seinem Sohn in einem anderen Bundesland. Seit dem Jahr 2013 habe der Beschwerdeführer eine mongolische Freundin, die seit etwa zehn Jahren in Österreich lebe und über die Rot-Weiß-Rot Karte plus verfüge. Die beiden würden eine Lebensgemeinschaft führen und seit 2014 einen gemeinsamen Haushalt bewohnen. Die inzwischen 53-jährige Mutter des Beschwerdeführers verfüge ebenfalls über die Rot-Weiß-Rot Karte plus, leide seit einigen Jahren an Tumorerkrankungen im Kopf und werde regelmäßig vom Beschwerdeführer besucht. Keinerlei Kontakt habe er hingegen zu seinen Verwandten in der Mongolei. Nachdem er im Alter von 13 Jahren die Mongolei verlassen habe, verfüge er kaum über Kenntnisse von Land und Sprache. Dafür, dass der Beschwerdeführer in den vergangenen zehn Jahren wiederholt straffällig geworden sei, schäme er sich und begründe dies damit, aufgrund seiner Unterhaltspflichten keinen anderen Ausweg gesehen zu haben.
Der Beschwerde beigelegt wurden folgende Unterlagen: Eine Zahlungsaufforderung der zuständigen Bezirkshauptmannschaft bezüglich des Unterhaltsrückstandes des Beschwerdeführers vom 2.11.2016; ein Dienstvertrag des Beschwerdeführers vom 21.9.2016 samt Abrechnungsbeleg vom Oktober 2016; ein Versicherungsdatenauszug vom 16.9.2016, Lohn und Gehaltsabrechnung vom August 2016; eine Wohnungsbestätigung eines Magistrats vom 30.8.2016.
Im Rahmen ihrer Beschwerdevorlage vom 22.11.2016 beantragte das Bundesamt, das Bundesverwaltungsgericht möge die Beschwerde als unbegründet abweisen bzw. unzulässig zurückweisen und den Beschwerdeführer zum Ersatz für den Vorlageaufwand der belangten Behörde i.H.v. ? 57,40 verpflichten.
Am 21.8.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an der das Bundesamt als Verfahrenspartei entschuldigt nicht teilnahm. Dabei legte der Beschwerdeführer zunächst folgende Unterlagen vor:
Versicherungsdatenauszug
Lohn und Gehaltsabrechnung vom Oktober 2018 bis Juli 2019
Mehrere Arbeitsverträge
Mahnklage
Unterhaltszahlungen an den Sohn des Beschwerdeführers, beginnend mit 7.12.2017.
Der Beschwerdeführer führte aus, im Bundesgebiet eine Partnerin zu haben, welche über die Rot-Weiß-Rot Karte plus verfüge. Ihre Beziehung bestehe seit fünf Jahren. 2012 oder 2013 hätte diese begonnen, ungefähr im Mai oder April, genau wisse er es nicht. Er selbst habe das Sprachzertifikat B1 erworben, und das Original dem Bundesamt vorgelegt. Seitens der erkennenden Richterin wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer über sehr gute Deutschkenntnisse verfügt. Weiters gab der Beschwerdeführer an, dass der Kontakt zu seinem Kind seit 5 bzw 6 Jahren abgebrochen sei, seine Ex-Partnerin wolle nicht, dass er eine Beziehung zu seinem Kind habe. Er hätte versucht, dies auf gerichtlichem Wege zu erreichen, aber die Bezirkshauptmannschaft verlange, dass er zunächst die Alimente vollständig zahle, danach könne er eine Klage einbringen. Es würden noch ungefähr ? 1500,- fehlen. Sein Kind sei jetzt elf Jahre alt, bis zu seinem fünften Lebensjahr habe er Kontakt zu seinem Sohn gehabt. Die Urkunden habe alle seine Ex-Partnerin, zu der er nicht in Kontakt stehe, auch habe er weder deren Nummer noch die Adresse, er kenne nur ihren Wohnbezirk. Außer seinem Kind würde noch seine Mutter in Österreich leben. Der Beschwerdeführer habe regelmäßig Kontakt zu ihr, sie wohne in Kärnten, er selbst in Salzburg. Zweimal monatlich besuche er sie, sie sei körperlich in keiner allzu guten Verfassung, sie leide jedoch an keinem Tumor. Sie habe Schmerzen und Gleichgewichtsprobleme gehabt und sei dann am Ohr operiert worden. Mit seiner Partnerin unterhalte er sich auf Mongolisch und Deutsch.
Seit April 2019 sei er bei einer Personalmanagementfirma beschäftigt und davor drei Monate bei einer anderen Dienstleistungsfirma tätig gewesen. Bevor der Winter angefangen habe, hätten sie ihn genommen, dann hätten sie ihn entlassen, bis sie wieder Aufträge bekämen. Nunmehr sei er bei einem Leasingunternehmen beschäftigt. Durchgehend beschäftigt sei er von Ende 2016 bis jetzt. Seitens der erkennenden Richterin wurde dazu nach Durchsicht des Versicherungsdatenauszuges festgestellt, dass der Beschwerdeführer seit 2008 immer wieder beschäftigt gewesen sei, verbunden mit Arbeitslosenversicherungszeiten.
Bei den ersten fünf strafrechtlichen Verurteilungen sei er Asylwerber gewesen, bei den letzten drei Straftaten, wegen denen er in Haft gewesen sei, sei er arbeitslos gewesen. Er habe die Alimente zahlen und seiner Mutter helfen wollen. Damals habe er keine Arbeit gefunden und vom AMS nur ? 800 bis ? 900 erhalten. Es täte ihm leid, er sei auf einem guten Weg.
Er habe sowohl in Kärnten als auch in Salzburg Freunde, aus Österreich und aus anderen verschiedenen Ländern. In der Mongolei habe er keine Arbeit und kenne dort niemanden, auch habe er dort die Schule nicht beendet.
Seitens der erkennenden Richterin wurde festgehalten, dass die Befragung des Beschwerdeführers überwiegend in deutscher Sprache geführt worden sei.
Im Rahmen der Verhandlung wurde die Partnerin des Beschwerdeführers als Zeugin einvernommen. Diese gab an, ihn seit fünf Jahren, seit dem Sommer 2014 zu kennen. Sie würden gemeinsam in einer Wohnung leben. Sie würden seit März 2015 in einem gemeinsamen Haushalt leben. Regelmäßig telefonierte sie mit der Mutter des Beschwerdeführers und besuche sie zu den Feiertagen in Kärnten. Sie sei in der Mongolei Schneiderin gewesen und arbeite jetzt teilzeitbeschäftigt bei einer Reinigungsfirma. Meistens kaufe der Beschwerdeführer die Lebensmittel. Sie habe ihn im Gefängnis besucht und auch Geld überwiesen. Die beiden würden sich sehr gut verstehen und auf dem richtigen Weg sein. Sie habe hier eine 24-jährige Tochter, ansonsten keine Verwandten. Ihre Tochter würde mit dem Beschwerdeführer gut auskommen und mit ihm Arbeiten im Haushalt durchführen. Es gebe keine finanzielle Abhängigkeit, weil beide berufstätig seien. Der Beschwerdeführer zahle die Miete, es sei ein gemeinsamer Finanzhaushalt. Momentan lebe auch ihre Tochter bei Ihnen, ab Oktober werde sie in ein Studentenheim ziehen.
Die Länderfeststellungen zur Situation in der Mongolei wurden in das Verfahren eingeführt und dem Rechtsberater eine zweiwöchige Frist zur Abgabe einer Stellungnahme gewährt. Eine solche ist bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht eingelangt.
Am 22.10.2019 langte ein Protokollvermerk samt gekürzter Urteilsausfertigung des Bezirksgerichts XXXX vom 14.10.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Mongolei.
Er reiste illegal nach Österreich ein und stellte am 27.4.2004 einen Asylantrag, der mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 16.9.2011, Zl.C17 255.269-0/2008/21E, gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 sowie gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003, rechtskräftig als unbegründet abgewiesen wurde. Es wurde festgestellt, dass die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Mongolei gemäß § 10 Abs. 5 AsylG 2005 auf Dauer unzulässig ist.
Am 28.11.2011 wurde dem Beschwerdeführer vom zuständigen Magistrat eine Niederlassungsbewilligung erteilt. Am 28.11.2013 erhielt der Beschwerdeführer von der zuständigen Bezirkshauptmannschaft den Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot Karte plus" gemäß § 41a Abs. 9 mit einer Gültigkeitsdauer bis 27.11.2016.
Der Beschwerdeführer verfügt über sehr gute Deutschkenntnisse und über ein Deutschzertifikat auf dem Niveau B1. Seit 2008 war er immer wieder berufstätig, verbunden mit Arbeitslosenversicherungszeiten.
Der Beschwerdeführer hat mit einer ehemaligen Lebensgefährtin einen gemeinsamen, mittlerweile knapp elfjährigen, Sohn, von dem er mittlerweile getrennt lebt und zu dem er seit fünf oder sechs Jahren keinen Kontakt hat. Über längere Zeit war der Beschwerdeführer mit der Zahlung der Alimente säumig, sodass er seitens der zuständigen Bezirkshauptmannschaft wegen des Unterhaltsrückstandes zur Zahlung aufgefordert werden musste. Auch zur Kindsmutter steht er nicht in Kontakt und kennt weder ihre Nummer noch ihre genaue Wohnadresse.
Seine jetzige Partnerin lernte der Beschwerdeführer im Sommer 2014 kennen, sie ist Staatsangehörige der Mongolei, hat im Bundesgebiet eine volljährige Tochter und verfügt über eine Rot-Weiß-Rot Karte plus. Seit März 2015 leben sie in einer gemeinsamen Wohnung. Beide sind berufstätig, der Beschwerdeführer bezahlt die Miete und führt Arbeiten im Haushalt durch. Finanzielle Abhängigkeit gibt es jedoch keine.
Zu seiner in einem anderen Bundesland lebenden Mutter hat der Beschwerdeführer regelmäßigen Kontakt und besuchte sie zweimal monatlich.
Der Beschwerdeführer verfügt nach eigenen Angaben über diverse soziale Kontakte im Bundesgebiet.
Gegen den Beschwerdeführer wurden folgende rechtskräftige Urteile von österreichischen Strafgerichten erlassen:
* Bezirksgericht XXXX vom 3.8.2006, rechtskräftig seit 8.8.2005, wegen §§ 231 Abs. 1 (Gebrauch fremder Ausweise), 141 Abs. 1 (Entwendung), 15 StGB als junger Erwachsener zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen (? 180,00), im Nichteinbringungsfall 30 Tage Ersatzfreiheitsstrafe;
* Bezirksgericht XXXX vom 1.3.2007, rechtskräftig seit 6.3.2007, wegen §§ 15, 127 StGB (versuchter Diebstahl) als junger Erwachsener zu einer Geldstrafe von 100 Tagsätzen (? 300,00), im Nichteinbringungsfall 50 Tage Ersatzfreiheitsstrafe;
* Bezirksgericht XXXX vom 18.5.2007, rechtskräftig seit 9.11.2007, wegen §127 StGB (Diebstahl) zu einer Geldstrafe von 150 Tagsätzen (? 300,00), im Nichteinbringungsfall 75 Tage Ersatzfreiheitsstrafe;
* Bezirksgericht XXXX vom 15.3.2010, rechtskräftig seit 19.3.2010, wegen §§ 15, 127 StGB (versuchter Diebstahl) zu einer Geldstrafe von 180 Tagsätzen (? 720,00), im Nichteinbringungsfall 90 Tage Ersatzfreiheitsstrafe;
* Landesgericht XXXX vom 10.5.2011, rechtskräftig seit 14.5.2011, wegen § 288 Abs. 1 StGB (falsche Beweisaussage) zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, bedingt, Probezeit drei Jahre
* Landesgericht XXXX vom 13.3.2015, rechtskräftig seit 13.3.2015, wegen §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, 130 erster Fall StGB (schwerere Diebstahl) zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon zwölf Monate bedingt, Probezeit drei Jahre
* Landesgericht XXXX vom 4.3.2016, rechtskräftig seit 4.3.2016, wegen § 15 StGB, §§ 127, 130 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, davon zehn Monate bedingt, Probezeit drei Jahre
* Landesgericht XXXX vom 13.12.2016, rechtskräftig seit 17.12.2016, wegen § 15 StGB §§ 127, 130 Abs. 1 erster Fall StGB (gewerbsmäßiger Diebstahl) zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, davon zehn Monate bedingt, Probezeit drei Jahre
* Bezirksgericht XXXX vom 14.10.2019, rechtskräftig am 18.10.2019, wegen § 88 Abs. 1 StGB (fahrlässige Körperverletzung) zu einer unbedingten Geldstrafe von 100 Tagsätzen zu je sechs Euro, im Nichteinbringungsfall 50 Tage Ersatzfreiheitsstrafe
Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen arbeitsfähigen jungen und gesunden Mann, der ungefähr bis zum 15. Lebensjahr in der Mongolei aufgewachsen ist und dort sozialisiert wurde. Da es sich sowohl bei seiner jetzigen, als auch bei seiner Ex-Partnerin und Mutter seines Kindes um Mongolinnen handelt und der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung mit seiner Lebensgefährtin sowohl Deutsch als auch Mongolisch spricht, hat er diese Sprache im Gegensatz zum Beschwerdevorbringen nicht verlernt.
Feststellungen zur Situation in der Mongolei:
Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom September 2018:
Politische Lage:
Die Mongolei ist ein Binnenstaat zwischen der Russischen Föderation und der Volksrepublik China. Mit einer Bevölkerung von knapp über drei Millionen Menschen auf einer Fläche von knapp über 1,5 Millionen Quadratkilometern ist sie einer der am dünnsten besiedelten Staaten der Welt. In der Hauptstadt Ulaanbaatar leben (2018) ca. 1,5 Millionen Menschen (CIA 28.8.2018). Die Mongolei ist eine parlamentarische Demokratie mit einem Mehrparteiensystem (ÖB Peking 12.2017; vgl. USDOS 20.4.2018). Die Verfassung von 1992 basiert auf den Grundprinzipien Demokratie, Gerechtigkeit, Freiheit, Gleichheit, nationale Einheit, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung (ÖB Peking 12.2018; vgl. AA 3.2018a). In den vergangenen 20 Jahren wurden in der Mongolei 13 erfolgreiche Präsidentschafts-, und Parlamentswahlen abgehalten (USDOS 19.7.2018). Das Parlament (Großer Staats-Chural) ist ein Einkammernparlament mit 76 Sitzen (ÖB Peking 12.2017). Die 76 Abgeordneten werden in allgemeiner, freier, unmittelbarer und geheimer Wahl im Wege des Mehrheitswahlrechts für vier Jahre gewählt. Bei der letzten Parlamentswahl am 29.6.2016 löste die Mongolische Volkspartei (MVP) die Demokratische Partei (DP) in der Regierung ab. (AA 3.2018a). Die MVP erhielt 65 Mandate, die bisher regierende DP neun, die Mongolische Revolutionäre Volkspartei (MRVP) und der unabhängige Musiker S. Javkhlan erhielten je ein Mandat. Die Wahlbeteiligung lag bei 72,1% (Mongolei Online 10.7.2016; vgl. KAS 1.7.2016). Die Einführung des Mehrheitswahlrechtes nur fünf Wochen vor dem Wahltermin hat auf das Ergebnis Einfluss genommen (Sarantuya/Batmunkh 2017; vgl. ÖB Peking 12.2017). Unter dieser Entscheidung litten vor allem die Chancen von kleinen Parteien und Frauen. So wurde zum Beispiel die Frauenquote von bisher 30% auf 20% gesenkt (KAS 1.7.2016). Die OSZE war mit etwa 300 Wahlbeobachtern in der Mongolei vertreten und attestierte, dass die Wahl, nach hartem, die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit respektierendem Wahlkampf, geordnet ablief (OSZE 4.10.2016; vgl. AA 3.2018a). Die 2016 gebildete Regierung unter Ministerpräsident Erdenebat bestehend aus 16 Ministern (davon zwei Frauen), einer Reduktion um drei Ämter im Vergleich zur vorherigen Regierung (ÖB Peking 12.2017), wurde bereits im Sommer 2017 aufgrund parteiinterner Machtkämpfe durch eine Regierung unter Ministerpräsident Khurelsukh abgelöst (AA 3.2018a). Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der in einer Direktwahl für vier Jahre gewählt wird und der selbst den Premierminister nominieren kann. Das Präsidentenamt kann für maximal zwei Amtsperioden bekleidet werden (ÖB Peking 12.2017). Am 10. Juli legte Kh. Battulga im Großen Saal der Staatsversammlung den Amtseid als 5. Präsident der Mongolei ab (LIP 9.2018). Er setzte sich in einer Stichwahl mit 50,6% gegen den Gegenkandidat M. Enkhbold der regierenden Mongolischen Volkspartei (MVP), der 41,2 % der Stimmen erhielt, durch (Reuters 8.7.2017; vgl. AA 3.2018a). Der Staatspräsident ist Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrates (weitere Mitglieder: Premierminister und Parlamentspräsident) und Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Er setzt die vom Parlament verabschiedeten Gesetze in Kraft. Er kann Gesetze initiieren und mit seinem Veto verhindern, das nur mit der Zwei-Drittel-Mehrheit des Parlaments überstimmt werden kann (AA 3.2018a).
Quellen: - AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (3.2018a): Mongolei - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mongolei-node/-/222882, Zugriff 13.9.2018 - CIA - Central Intelligence Agency (28.8.2018): The World Factbook - Mongolia, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/mg.html, Zugriff 14.9.2018 - LIP - LIPortal, Das Länderinformationsportal (9.2018): Mongolei, Geschichte und Staat, https:// www.liportal.de/mongolei/geschichte-staat/, Zugriff 20.9.2018 - KAS - Konrad-Adenauer-Stiftung (1.7.2016): Erdrutschsieg der Mongolischen Volkspartei, Parlamentswahlen in der Mongolei, http://www.kas.de/mongolei/de/publications/45759/, Zugriff 13.9.2018 - Mongolei Online, Bormann (10.7.2016): Wahlergebnisse - Wahlen 2016, http://www.mongolei.de/news/Ergebnisse2016.htm, Zugriff 13.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei. - OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (4.10.2016): Mongolia, Parliamentary Elections, 29 June 2016: Final Report, http://www.osce.org/odihr/elections/mongolia/237626, Zugriff 13.9.2018 - Reuters (8.7.2017): Former martial arts star Battulga wins Mongolian presidential election, https://www.reuters.com/article/us-mongolia-election/former-martial-arts-star-battulga-winsmongolian-presidential-election-idUSKBN19T05Z, Zugriff 13.9.2018 - Tserenbaltavyn, Sarantuya / Tsevelmaa Batmunkh (2017): Wahlrechtsreform und Wirtschaftskrise - die Mongolei nach den Parlamentswahlen; in: Argumente und Materialien der Entwicklungszusammenarbeit 19, S 24-32, https://www.hss.de/download/publications/AMEZ_19_Demokratie_im_Aufbruch_05.pdf, Zugriff 13.9.2018 - USDOS - U.S. Department of State (19.7.2018): Investment Climate Statements for 2018, https://www.state.gov/e/eb/rls/othr/ics/investmentclimatestatements/index.htm? year=2018&dlid=281519#wrapper, Zugriff 13.9.2018 - USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Mongolia, https://www.ecoi.net/en/document/1430186.html, Zugriff 13.9.2018
Sicherheitslage
Im regionalen Vergleich hat die Mongolei nach dem Zerfall des Ostblocks einen vorbildlichen Weg in Richtung Demokratie und Marktwirtschaft eingeschlagen. Seit 1990 finden regelmäßig allgemeine, freie und faire Wahlen statt, die Regierungswechsel verlaufen friedlich. Die Menschenrechte sind in der Mongolei in der Verfassung festgeschrieben und werden allgemein geachtet. Das Land verfügt über eine aktive Zivilgesellschaft mit einer Vielzahl von Bürgerbewegungen und Selbsthilfegruppen (BMZ o.D.). Der Staat hat im gesamten Staatsgebiet das unangefochtene Gewaltmonopol. Die gesamte Bevölkerung der Mongolei akzeptiert den Nationalstaat als legitim. Es gibt keine organisierten Gruppen, die stark genug wären, das staatliche Gewaltmonopol herauszufordern. Alle bedeutenden politischen Akteure bekennen sich zur Demokratie. Eine geringe Zahl antidemokratischer Akteure wie hypernationalistische Parteien oder Banden haben keinen Einfluss auf die Öffentlichkeit oder die Regierung und werden ausgegrenzt. Die Armee hatte in der Vergangenheit kein Interesse, politische Kontrolle zu übernehmen und es gibt keine Hinweise, dass sie es derzeit hätte (Bertelsmann 2018). Es gibt keine Berichte über terroristische Angriffe oder aktive terroristische Gruppen in der Mongolei (USDOS 10.7.2018). Es kommt selten zu Unruhen oder politischer Gewalt. In Folge umstrittener Parlamentswahlen im Juli 2008 wurden Proteste, bei denen fünf Personen ums Leben kamen, rasch unter Kontrolle gebracht und die Ordnung wieder hergestellt. Seither kam es zu keinen Vorfällen ähnlichen Ausmaßes mehr (USDOS 19.7.2018). Sozioökonomische Konflikte - primär zwischen der städtischen und ländlichen Bevölkerung - eskalieren nicht, sind jedoch aufgrund einer instabilen politischen Umgebung, angeheizt durch Populismus und Kampagnen in den sozialen Medien, im Ansteigen begriffen (Bertelsmann 2018). In den vergangenen drei Jahren kam es zu vermehrten Anfeindungen chinesischer, koreanischer und vietnamesischer Staatsbürger, die in der Mongolei leben (USDOS 19.7.2018) und es kam zu einzelnen gewalttätigen Übergriffen durch Ultranationalisten gegen diese Personen (USDOS 19.7.2018; vgl. ÖB Peking 12.2017) sowie gegen LGBTI-Personen (ÖB Peking 12.2017). Die Binnenlage des Flächenstaates zwischen Russland und China bestimmt die mongolische Außenpolitik, die sich daher um ein gutes, ausgewogenes Verhältnis zu diesen beiden Nachbarn bemüht. So verfolgt die Mongolei eine Politik der Bündnisfreiheit und hat sich 1992 zur kernwaffenfreien Zone erklärt. Gleichzeitig sucht das Land internationale Absicherung, die es in einer immer aktiveren Mitarbeit in internationalen Organisationen, vor allem den Vereinten Nationen, sowie in einer stärkeren Zusammenarbeit mit den USA, Japan und der Europäischen Union (insbesondere Deutschland) zu finden hofft ("Politik des Dritten Nachbarn") (AA 3.2018c).
Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (3.2018c): Mongolei, Außenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/ aussenpolitik/laender/mongolei-node/-/222880, Zugriff 18.9.2018 - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2016, Mongolia Country Report; https://www.ecoi.net/en/file/local/1427464/488348_en.pdf, Zugriff 13.9.2018 BMZ - Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, http://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/zusammenarbeit/index.html, Zugriff 13.9.2018 - USDOS - U.S. Department of State (19.7.2018): Investment Climate Statements for 2018, https://www.state.gov/e/eb/rls/othr/ics/investmentclimatestatements/index.htm? year=2018&dlid=281519#wrapper, Zugriff 13.9.2018 - USDOS - U.S. Department of State, Bureau of Diplomatic Security (10.7.2018): Mongolia 2018 Crime & Safety Report, https://www.osac.gov/pages/ContentReportDetails.aspx?cid=24452, Zugriff 18.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei.
Rechtsschutz / Justizwesen
Das mongolische Rechtssystem orientiert sich am römisch-germanischen System und kennt eine Unterscheidung zwischen Verwaltungs- und Zivilrecht (ÖB Peking 12.2017). Die Verfassung der Mongolei sieht eine Gewaltenteilung vor, die Justiz ist formell unabhängig. Diese Unabhängigkeit wird jedoch durch systemimmanente Korruption geschwächt (ÖB Peking 12.2017; vgl. FH 2018, USDOS 20.4.2018). Soum-, Intersoum- und Bezirksgerichte sind Gerichte 1. Instanz und für kleinere Verbrechen sowie für Zivilverfahren unter einem Streitwert von zehn Millionen Tögrök (MNT) zuständig. AimagGerichte sind die Erstinstanz für schwerwiegendere Verbrechen und Zivilverfahren mit einem Streitwert von über zehn Millionen MNT, sowie die Berufungsgerichte für die unteren Gerichte. Der Oberste Gerichtshof ist für alle anderen Verfahren zuständig. Der Verfassungsgerichtshof (Tsets) kann vom Parlament, dem Staatspräsidenten, dem Premier, dem Obersten Staatsanwalt, auf Eigentinitative oder durch Petitionen durch Bürger befasst werden. Die neun Richter werden durch das Parlament für sechs Jahre ernannt. (ÖB Peking 12.2017). Der Präsident ernennt die Richter des Obersten Gerichtshofes. Der Judicial General Council (JGC) ist für die Nominierung sowie die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit von Richtern verantwortlich. Er ist jedoch politisch abhängig und hat nicht die Befugnis, bei Vorwürfen von richterlichem Fehlverhalten zu ermitteln (Bertelsmann 2018). Die unabhängige Gerichtsbarkeit sowie das Recht auf ein faires, öffentliches Verfahren ohne Verzögerungen wird in der Regel durchgesetzt. Für Angeklagte gilt die Unschuldsvermutung und sie haben das Recht, über die Vorwürfe gegen sie in Kenntnis gesetzt zu werden. Angeklagte können einen Rechtsbeistand selbst auswählen oder erhalten auf Staatskosten einen solchen gestellt (USDOS 20.4.2018). NGOs und Privatunternehmen berichten, dass Korruption und Einflussnahme im Justizsystem stattfindet (USDOS 20.4.2018; vgl. Bertelsmann 2018). Die Rechte von Angeklagten wie die Befragung und Einberufung von Zeugen würden in manchen Fällen missachtet. NGOs berichten weiters über Einschüchterung von Zeugen und mangelnde Transparenz bei der Urteilsfindung (USDOS 20.4.2018). Jedoch wurde in der Justice Integrity Study 2016 der Mongolei deutliche Fortschritte bei der Verbesserung der Transparenz der Urteilsfindung attestiert (Bertelsmann 2018). Gerichte verhängen nur selten Freisprüche oder stellen das Verfahren ein, auch wenn es keine substanziellen Beweise für einen Schuldspruch gibt. Gerichte spielen Fälle häufig an die Staatsanwaltschaft zurück, obwohl ein Freispruch angemessen erscheint. Dadurch wechseln auch einzelne prominente Kriminalfälle jahrelang zwischen Staatsanwaltschaft und Gericht hin und her, ohne dass diese abgeschlossen werden (USDOS 20.4.2018). Haftstrafen sind in der Mongolei schon für kleine Delikte aus generalpräventiven Gründen sehr hoch. Sie reichen für Gewalt-, Raub- und Sexualdelikte deutlich über Strafmaße europäischer Rechtsordnungen hinaus. Die Möglichkeit der vorzeitigen Entlassungen oder der Strafaussetzungen zur Bewährung ist formal vorhanden, aber es wird davon wenig Gebrauch gemacht (ÖB Peking 12.2017).
Quellen: - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018, Mongolia Country Report; https://www.ecoi.net/en/file/local/1427464/488348_en.pdf, Zugriff 13.9.2018 - FH - Freedom House (2018): Freedom in the world 2018, Mongolia, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/mongolia, Zugriff 13.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei - USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Mongolia, https://www.ecoi.net/en/document/1430186.html, Zugriff 13.9.2018
Sicherheitsbehörden
Dem Ministerium für öffentliche Sicherheit unterstehen das Milizbüro (Polizei) und ein diesem unterstelltes Netz von Polizeiämtern, die Staatssicherheitsverwaltung, das Brandschutzamt, die Fremdenpolizei und die Grenztruppen sowie der Justizvollzugswachkörper (ÖB Peking 12.2017). Die zivilen Behörden üben größtenteils Kontrolle über die internen und externen Sicherheitskräfte aus, jedoch bleiben die Mechanismen zur Untersuchung von Polizeiübergriffen inadäquat. So gibt es Fälle von ungestraftem Missbrauch Verdächtiger durch Sicherheitskräfte. Aufsichtsorgan über nationale und lokale Polizeiaktionen ist die National Police Agency (NPA) (USDOS 20.4.2018). Sicherheitskräften wird vorgeworfen, willkürliche Verhaftungen und Verkehrsanhaltungen durchzuführen, angehaltene Personen für längere Zeit festzuhalten und Häftlinge zu schlagen (HRW 2018). Obwohl Sicherheitsbeamte für absichtliche Körperverletzung zur Verantwortung gezogen werden, waren Verfolgungen dieser Vergehen selten. Der NPA wurden bis August 2016 insgesamt 24 Beschwerden wegen körperlicher Übergriffe durch die Polizei gemeldet, von denen sechs zu strafrechtlichen Ermittlungen führten (USDOS 20.4.2018).
Die nationale Polizei, die Miliz, welche auch als Kriminalpolizei fungiert, unterhält in jeder Provinz ein Referat und in jedem Bezirk ein Büro. Sie hat alle notwendigen Maßnahmen (Ermittlungen, Zwangsmaßnahmen und Beschlagnahme sowie den Gebrauch von Waffen) einzuleiten, um den Schutz der öffentlichen Ordnung zu gewährleisten. Die Fahndung nach vermissten Personen, die Verkehrssicherheit (durch Verkehrsinspektorate in jedem Milizbüro) und die Brandbekämpfung fallen ebenfalls in die Zuständigkeit der Miliz. Zusammen mit der Lokalverwaltung beaufsichtigen die lokalen Sicherheitsbüros außerdem die Vollstreckung der Zwangsarbeitsstrafen. Das Ministerium für öffentliche Sicherheit ist schließlich auch für die Staatssicherheit (Spionageabwehr, Staatsschutz und Sabotageabwehr) zuständig. Der Fremdenpolizei und den Grenztruppen unterstehen ca. 15.000 Beamte. Sie sind für die Einhaltung der Ein- und Ausreisevorschriften sowie des Fremdenrechts zuständig (ÖB Peking 12.2017).
Quellen: - FH - Freedom House (2018): Freedom in the world 2018, Mongolia, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/mongolia, Zugriff 13.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei - USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Mongolia, https://www.ecoi.net/en/document/1430186.html, Zugriff 13.9.2018
Folter und unmenschliche Behandlung
Artikel 251 des Strafgesetzbuchs definiert den Straftatbestand der Folter und legt eine Höchststrafe von fünf Jahren Haft und ein Berufsverbot von bis zu drei Jahren fest. In besonders schlimmen Fällen kann die Strafe sogar auf bis zu zehn Jahren ausgeweitet werden. Gemäß Kapitel 11, §44 wird die Entschädigung in Fällen von Folter von der Strafprozessordnung festgelegt. Der Höchste Gerichtshof zitiert in seiner Interpretation dieses Artikels ausdrücklich die Definition der UN-Konvention gegen Folter (ÖB Peking 12.2017). Dennoch sind Folter und andere Misshandlungen verbreitet (USDOS 20.4.2018; vgl. AI 22.2.2018), insbesondere zum Erzwingen von Geständnissen (USDOS 20.4.2018) in Haftanstalten, wo auch Personen mit Behinderungen oder ausländische Staatsbürger betroffen sind. Seit Juli 2017, mit Inkrafttreten der neuen Strafprozessordnung, fehlen unabhängige Ermittlungsmechanismen, was zu einer unvollständigen Erfassung und einer Straflosigkeit von Folter führt (AI 22.2.2018). Rechtliche Rahmenbedingungen und Maßnahmen zur Verhinderung von Folter sind unzureichend (Bertelsmann 2018). Auch wird von Drohungen gegen Familienmitglieder berichtet, um Geständnisse zu erzwingen (USDOS 20.4.2018). Im Februar 2015 ratifizierte die Mongolei das Zusatzprotokoll zur UNAntifolterkonvention (OPCAT). Das UN-Antifolterkomitee (CAT) überprüfte die Mongolei im August 2016 und drückte unter anderem Sorgen über vorherrschende Straflosigkeit in Fällen von Folter aus (ÖB Peking 12.2017).
Quellen: - AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Mongolia, https://www.ecoi.net/en/document/1425540.html, Zugriff 13.9.2018 - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2016, Mongolia Country Report; https://www.ecoi.net/en/file/local/1427464/488348_en.pdf, Zugriff 13.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei - USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Mongolia, https://www.ecoi.net/en/document/1430186.html, Zugriff 13.9.2018
Korruption
Korruption ist in der gesamten öffentlichen Verwaltung und in der Industrie (Bergbau) weit verbreitet (ÖB 12.2017; vgl. TI 9.7.2018). Die kleine Korruption ist jedoch rückläufig (TI 9.7.2018). Die Nichtregierungsorganisation Transparency International listet die Mongolei in ihrem Korruptionswahrnehmungsindex 2017 auf Platz 103 von 180 analysierten Ländern (TI 21.2.2018); 2016 lag die Mongolei auf Platz 87 von 176 untersuchten Staaten (TI 25.1.2017). Der Großteil der Bevölkerung ist mit den Anti-Korruptionsmaßnahmen der Regierung unzufrieden (TI 9.7.2018). Auch in der Politik setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass Korruption die Entwicklung der Mongolei stark behindert. Es wurden Antikorruptionsgesetze verabschiedet und entsprechende Kontrolleinrichtungen geschaffen. Weitere Reformen und eine konsequente strafrechtliche Verfolgung von Korruption sind jedoch erforderlich (BMZ o.D.). Das am 1. Juli 2017 in Kraft getretene Strafgesetz führte höhere Strafen für Korruptionsvergehen von öffentlich Bediensteten und Regierungsvertretern sowie deren nächster Verwandtschaft ein. Das Gesetz erfordert von Regierungsvertretern auch die Offenlegung ihrer Vermögen an die Independent Authority Against Corruption (IAAC). Im März 2017 wurde ein staatliches Korruptionsbekämpfungsprogramm mit einer Laufzeit von drei Jahren implementiert (USDOS 19.7.2018). Seit 2006 wurde das Anti-Korruptionsgesetz mehrfach erweitert, jedoch gibt es noch kein Gesetz zum Schutz von NGOs und anderen Institutionen, die Korruptionsfälle öffentlich machen (USDOS 19.7.2018; vgl. ÖB 12.2017). Eine gesetzliche Schutzvorschrift liegt seit Ende 2016 jedoch im Entwurf vor. Journalisten, die Korruptionsfälle aufdecken, werden mitunter von einflussreichen Betroffenen mittels Diffamierungs-Klagen in den Ruin getrieben (ÖB Peking 12.2017). Es gibt eine weitreichende Immunität von Amtsträgern gegenüber strafrechtlicher Verfolgung (TI 9.7.2018) und es gibt Bedenken, dass Teile der Justiz und der IAAC weitgehend von politischen Kreisen kontrolliert werden, welche verhindern möchten, durch eine tatsächlich unabhängige Behörde selbst der Korruption bezichtigt zu werden (Bertelsmann 2018).
Quellen: - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2016, Mongolia Country Report; https://www.ecoi.net/en/file/local/1427464/488348_en.pdf, Zugriff 13.9.2018 - BMZ - Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, http://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/zusammenarbeit/index.html, Zugriff 13.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei - TI - Transparency International (21.2.2018): Corruption Perceptions Index 2017, https://www.transparency.org/country/MNG, Zugriff 13.9.2018 - TI - Transparency International (25.1.2017): Corruption Perceptions Index 2016, https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2016, Zugriff 24.9.2018 - TI - Transparency International (9.7.2018): Mongolia: Overview of Corruption and AntiCorruption, https://knowledgehub.transparency.org/helpdesk/mongolia-overview-of-corruptionand-anti-corruption, Zugriff 13.9.2018 - USDOS - U.S. Department of State (19.7.2018): Investment Climate Statements for 2018, https://www.state.gov/e/eb/rls/othr/ics/investmentclimatestatements/index.htm? year=2018&dlid=281519#wrapper, Zugriff 13.9.2018
Allgemeine Menschenrechtslage
Die schwerwiegendsten Menschenrechtsprobleme stellen die Misshandlung von Häftlingen, Korruption, Gewalt gegen LGBTI-Personen und harte Arbeitsbedingungen für Fremdarbeiter, insbesondere aus Nordkorea, dar. Maßnahmen der Regierung zur Bestrafung von Missbrauch oder Korruption im öffentlichen Dienst waren inkonsequent (USDOS 20.4.2018). Mit 17 der 18 internationalen Menschenrechtsverträge und deren Zusatzprotokolle hat die Mongolei mehr einschlägige Verträge ratifiziert als jedes andere asiatische Land, und um zwei Verträge mehr als Österreich (ÖB Peking 12.2017). Als neuntes Land in Asien hat die Mongolei im Jahr 2000 eine nationale Menschenrechtskommission eingerichtet. Nach den gesetzlichen Vorgaben besteht diese aus drei für sechs Jahre berufenen Mitgliedern, die vom Obersten Gerichtshof, dem Staatspräsidenten und dem Parlament nominiert werden. Vorsitzender des Gremiums ist ein bisheriger Richter am Obersten Gerichtshof. Die Befugnisse dieser Kommission beziehen sich v.a. auf die Ausarbeitung von Bildungs-, Rechtsverbreitungs- und Forschungsmaßnahmen, aber auch auf die Behandlung von Bürgerbeschwerden. Die Mongolei orientierte sich dabei eng an den Vorschlägen des UNHochkommissariats für Menschenrechte, welches die Anstrengungen der Mongolei auf diesem Gebiet als vorbildlich bezeichnet (ÖB Peking 12.2017).
Quellen: - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei - USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Mongolia, https://www.ecoi.net/en/document/1430186.html, Zugriff 13.9.2018
Religionsfreiheit
Religionsfreiheit ist durch die Verfassung garantiert (FH 2018; vgl. USDOS 29.5.2018). Die Verfassung verbietet Diskriminierung aufgrund von Religion und verbietet dem Staat eine Ausübung religiöser Aktivitäten wie auch religiösen Institutionen die Durchführung von politischen Aktivitäten (USDOS 29.5.2018). Religiöse Dogmen haben keinen nennenswerten Einfluss auf die Rechtsordnung oder auf politische Institutionen, auch wenn von manchen hohen Regierungsvertretern bekannt ist, dass sie religiös sind (Bertelsmann 2018). Die Mongolei erlebte seit der demokratischen Revolution 1990 ein Wiederaufleben der Religiosität, insbesondere des Buddhismus und des traditionellen Schamanismus (Bertelsmann 2018). Vorherrschende Religion in der Mongolei ist der tibetische Buddhismus, dem 53% der Bevölkerung anhängen. 3,9% sind Muslime, 2,9% Anhänger des Schamanismus und 2,1% Christen; 38,6% der Bevölkerung sind konfessionslos (Bertelsmann 2018). Die Mehrheit der Buddhisten gehört dem Mahayana-Zweig an. Viele Menschen praktizieren Elemente des Schamanismus in Kombination mit Buddhismus. Der größte Teil der Christen gehört den Protestanten an, wobei auch andere christliche Denominationen wie Mormonen, Katholiken, Zeugen Jehowas und der Russischen Orthodoxie in der Mongolei vertreten sind. Die ethnische Gruppe der Kasachen im Nordwesten des Landes ist vorwiegend muslimisch (USDOS 29.5.2018).
Religiöse Institutionen sind per Gesetz dazu verpflichtet, sich zu registrieren. Die Registrierung ist in den meisten Fällen auf ein Jahr beschränkt und muss dann erneuert werden. Die Umsetzung der umfangreichen Bestimmungen zur Registrierung liegt im Ermessen der örtlichen Behörden, sodass sich die Vorgangsweise regional unterscheidet. Einige religiöse Gruppen meldeten daher Schwierigkeiten, sich in manchen Regionen zu registrieren oder ihre Registrierung zu erneuern.
Der Registrierungsprozess kann laut Berichten zwischen zwei Wochen bis zu drei Jahren dauern. Nichtregistrierte religiöse Gruppen werden durch wiederholte Besuche von Finanzbeamten, der Polizei oder anderen Beamten schikaniert (USDOS 29.5.2018). Das Religionsgesetz verbietet die Verbreitung religiöser Ansichten mittels Gewalt, Druck, durch materielle Anreize, Täuschung oder Mittel, die Gesundheit oder Moral schaden oder psychische Schäden hervorrufen können. In manchen Regionen wird Kindern und Minderjährigen aus Angst vor "Gehirnwäsche" die Teilnahme an religiösen Aktivitäten verboten (USDOS 29.5.2018). Es gibt keine institutionalisierte Diskriminierung aufgrund von Religion. Die verschiedenen religiösen Gruppen haben nahezu gleichberechtigten Zugang zu Bildung, Beschäftigung und öffentlichen Dienstleistungen. Die religiöse Toleranz ist stark ausgeprägt. Einzelne Fälle von Diskriminierung von Christen am Arbeitsplatz oder in Schulen werden berichtet, doch ist dieses Phänomen nicht weit verbreitet. Es wurden keine gewalttätigen Übergriffe aus religiösen Gründen gemeldet (Bertelsmann 2018).
Quellen: - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2016, Mongolia Country Report; https://www.ecoi.net/en/file/local/1427464/488348_en.pdf, Zugriff 13.9.2018 - FH - Freedom House (2018): Freedom in the world 2018, Mongolia, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/mongolia, Zugriff 13.9.2018 - USDOS - U.S. Department of State (29.5.2018): 2017 Report on International Religious Freedom - Mongolia, https://www.ecoi.net/en/document/1436918.html, Zugriff 14.9.2018
Ethnische Minderheiten
Die Mehrheit der gut drei Millionen Einwohner der Mongolei (Stand Juli 2017) bilden Angehörige der Khalkh mit 81,9%. Daneben gibt es Minderheiten wie die Kasachen mit 3,8%, Durbet mit 2,7%, Bayad mit 2,1%, Burjaten mit 1,7%, Zakhchin mit 1,2%, Dariganga mit 1%, Uriankhai mit 1% und 4,6% sonstige Minderheiten (2010, geschätzt) (CIA 28.8.2018). Die Mongolei ist ein ethnisch homogenes Land, demzufolge fehlt der Nährboden sowohl für ethnische als auch für religiöse Konflikte. Die Mehrheit der Bevölkerung bekennt sich zum tibetischen Buddhismus (LIP 9.2018). Keinen ethischen Gruppen wird die Staatsbürgerschaft vorenthalten. Die Staatsangehörigkeit von Kasachen, die in den 1990er Jahren nach Kasachstan ausgewandert und später in großer Zahl wieder in die Mongolei zurückkehrten, ist unklar. Im Jahr 2016 wurde vom Präsidenten ein Gesetzesentwurf für eine Doppelstaatsbürgerschaft vorgelegt, jedoch gibt es bisher keinen Regierungsbeschluss dazu (Bertelsmann 2018).
Die Verfassung anerkennt die Rechte von nationalen ethnischen Minderheiten (v.a. turksprachige Kasachen) auf Gebrauch der eigenen Sprache, jedoch werden diese Rechte von Seiten der Behörden kaum umgesetzt. Es bestehen kasachische Medien, die allerdings über mangelnde staatliche Unterstützung klagen (ÖB Peking 12.2017). Es gibt keine institutionalisierte Diskriminierung aufgrund von ethnischer Zugehörigkeit und die verschiedenen ethnischen Gruppen haben nahezu gleichberechtigten Zugang zu Bildung, Beschäftigung und öffentlichen Dienstleistungen. Es wurden keine gewalttätigen Übergriffe aus ethnischen Gründen gemeldet (Bertelsmann 2018). Mitunter kommt es zu Übergriffen von Ultranationalisten gegen koreanische und chinesische Staatsbürger (ÖB Peking 12.2017).
Quellen: - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2016, Mongolia Country Report; https://www.ecoi.net/en/file/ local/1427464/488348_en.pdf, Zugriff 13.9.2018 - CIA - Central Intelligence Agency (28.8.2018): The World Factbook - Mongolia, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/mg.html, Zugriff 14.9.2018 - LIP - LIPortal, Das Länderinformationsportal (9.2018): Mongolei, Ethnizität und Soziales, https://www.liportal.de/mongolei/gesellschaft/, Zugriff 24.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei
Bewegungsfreiheit
Mongolischen Staatsbürgern ist das Reisen innerhalb des Landes und auch ins Ausland gestattet (FH 2018). Bei Reisen in die Grenzregionen sind besondere Genehmigungen der Grenzorgane erforderlich (BMEIA 17.4.2018). Der Zuzug aus den Provinzen nach Ulaanbaatar ist seit Jänner 2017 untersagt. Eine Wohnsitznahme in der Hauptstadt ist nur mehr unter bestimmten Voraussetzungen möglich (u.A. medizinische Langzeitbehandlung oder Besitz von Wohneigentum) (GoGo 10.1.2017; vgl. Montsame 28.12.2017); diese Regelung wird vorläufig bis 1.1.2020 in Kraft bleiben (Montsame 28.12.2017). Mongolische Staatsangehörige dürfen ohne Genehmigung das Land verlassen, benötigen jedoch einen Reisepass. An den Grenzkontrollstellen findet eine genaue Überprüfung statt, wobei bei mongolischen Staatsangehörigen auch der Personalausweis als weitere Überprüfungsgrundlage herangezogen werden kann (ÖB Peking 12.2017). Einige hundert Personen, darunter auch ausländische Staatsbürger, sind in Folge laufender Ermittlungen oder Verfahren vom Staatsanwalt mit einem Ausreiseverbot belegt. Gemäß des neuen Strafgesetzes, welches im Juli 2017 in Kraft getreten ist, bedarf die Verhängung eines Ausreiseverbotes nun einer richterlichen Genehmigung, um Willkür zu vermeiden (FH 2018). Das Straßennetz in der Mongolei ist mangelhaft ausgebaut. Obwohl das Land äußerst dünn besiedelt ist, fehlen vielerorts Verkehrswege (GIZ 3.2016; vgl. BMEIA 17.4.2018).
Quellen: - BMEIA - Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres (17.4.2018): Reiseinformation Mongolei, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/mongolei/, Zugriff 18.9.2018
FH - Freedom House (2018): Freedom in the world 2018, Mongolia, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/mongolia, Zugriff 13.9.2018 - GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2016): Neue Märkte - Neue Chancen | Ein Wegweiser für deutsche Unternehmer - Mongolei, https://www.giz.de/de/downloads/2016-de-neue-maerkte-neue-chancen-mongolei.pdf, Zugriff 17.9.2018 - GoGo Mongolia (10.1.2017): Migration to Ulaanbaatar city stops until 2018, http://mongolia.gogo.mn/r/156735, Zugriff 18.9.2018 - Montsame (21.12.2017): Migration from provinces to be halted until 2020, http://montsame.mn/ en/read/12912, Zugriff 18.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei
Grundversorgung
Die Mongolei entwickelt sich seit ihrer politischen Wende Anfang der 1990er-Jahre kontinuierlich von einem Agrar- zu einem Rohstoffexportland und die Umstellung der ehemaligen sozialistischen Planwirtschaft auf eine Marktwirtschaft ist inzwischen sehr weit vorangeschritten. Das Steuerrecht entspricht inzwischen internationalen Maßstäben. Seit 2003 ist auch privater Erwerb von Grund und Boden durch mongolische Staatsbürger möglich, nicht aber durch Ausländer (AA 3.2018b). Die mongolische Wirtschaft bleibt weiterhin stark vom Bergbau abhängig. Auch im Jahr 2017 war der Bergbausektor mit einem Anteil von rund 23% des Bruttoinlandsprodukts die treibende Kraft, obwohl dieser mit einem Minus von 9% gegenüber dem Vorjahr kein Wachstum zu verzeichnen hatte (ÖB Peking 12.2017). Die Mongolei verfügt über einige der weltweit größten Kupfer-, Kohle- und Goldvorkommen sowie von Zink, Uran, Erdöl, seltenen Metallen und Erden, was die Entwicklung von einem Agrar- zu einem Rohstoffexportland förderte (AA 3.2018b). Das Wachstum der mongolischen Wirtschaft entwickelt sich solide. Nachdem 2015 die niedrigen Rohstoffpreise und die sinkende Nachfrage des größten Handelspartners China zu rückläufigen Exporten führten, erholten sich 2017 die Weltrohstoffpreise und die ausländischen Direktinvestitionen in die Mongolei. Außerdem stieg der private Konsum wieder an, was 2017 zusammen mit Investitionen zu einem deutlich stärkeren Wirtschaftswachstum führte. Nach dem schwachen Jahr 2016 mit einem Wachstum von lediglich 1,2%, betrug dieses 2017 5,1%. 2016 drohte der Mongolei beinahe der Staatsbankrott. Durch Beistandskredite des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Weltbank, der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB), Japans und Südkoreas für die nächsten drei Jahre konnte eine weitere Verschlechterung der Situation aber verhindert werden (ÖB Peking 12.2017). Die Staatsverschuldung ist massiv angestiegen. Lag sie 2011 noch bei rund 32% im Verhältnis zum BIP, ist sie bis September 2016 auf 90% gestiegen und hat sich Stand November 2017 auf 73,8 % des BIP verringert. Seit Mitte 2013 hat sich der Kurs der mongolischen Landeswährung gegenüber US-Dollar und Euro erheblich verschlechtert (AA 3.2018b). Die Inflationsrate wurde 2016 auf 0,6 % und 2017 auf 4,6 % geschätzt (CIA 28.8.2018). Die Arbeitslosenrate lag 2017 bei 8 %, war jedoch erheblich höher unter Jugendlichen (fast 20 %). Der Mindestlohn liegt bei umgerechnet 90 USD im Monat. Es gibt eine gesetzliche 40Stundenwoche, jedoch arbeiten geschätzte 60 % der mongolischen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in der Schattenwirtschaft (v.a. Landwirtschaft, Bergbau). Die Regierung gewährt aber auch diesen ArbeitnehmerInnen Zugang zu grundlegenden Sozial- und Gesundheitsleistungen (ÖB Peking 12.2017). Laut ADB 2014 lebten 21,6% der Bevölkerung unter der Armutsgrenze. Viele der Nomaden fliehen angesichts klimatischer Bedingungen in die Hauptstadt, wo sie ein Leben in extremer Armut in Slum-Vierteln am Stadtrand (Gher-Viertel) fristen und viele von ihnen arbeitslos sind (ÖB Peking 12.2017). Das Welternährungsprogramm der UN (WFP) schätzte im Jahr 2015, dass mehr als 20 Prozent der Bevölkerung unterernährt sind (ÖB Peking 12.2017). Die Hauptstadt Ulaanbaatar zählt 1,2 Mio. Einwohner, von denen 60 % in Gher-Bezirken wohnen, in denen es sanitäre Mängel gibt (ÖB Peking 12.2017; vgl. Bertelsmann 2018). Die Luftverschmutzung in Folge der Verwendung minderwertiger Kohle zum Heizen führt vor allem bei Kindern zu Atemwegserkrankungen (ÖB Peking 12.2017). Die öffentliche Verwaltung stellt die meisten grundlegenden Dienstleistungen im gesamten Land zur Verfügung. Deren Qualität und der Zugang dazu wurden in den frühen 2010er-Jahren deutlich verbessert. Die geringe Bevölkerungsdichte stellt jedoch den Staat vor große Schwierigkeiten beim Erhalt von Infrastruktur und der Verfügbarmachung von Dienstleistungen wie Gesundheit, Sicherheit und Justiz, insbesondere für die etwa ein Viertel der Bevölkerung umfassenden nomadischen Viehhalter (Bertelsmann 2018). Es besteht ein sozialpartnerschaftliches trilaterales Komitee für Arbeit und soziale Abkommen. Alle zwei Jahre wird der Mindestlohn vom Arbeitsministerium, in Konsultation mit den Sozialpartnern, angepasst. Zuletzt wurde der Mindestlohn am 1. Jänner 2017 um 25 % auf 240.000 Tögrög (MNT), ca. 93 Euro, angehoben. Die Wirtschaftskrise 2016 führte dazu, dass auch gut qualifizierte Personen nur mehr schwer Arbeit finden. Arbeitsrechtliche Vorschriften werden generell eingehalten, jedoch gibt es Berichte über unerlaubt lange Arbeitszeiten im Baugewerbe und dort kommt es aufgrund mangelnder Einhaltung von Sicherheitsvorschriften immer wieder zu tödlichen Unfällen (ÖB 12.2017).
Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (3.2018b): Mongolei, Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mongolei-node/-/222844, Zugriff 17.9.2018 - CIA - Central Intelligence Agency (28.8.2018): The World Factbook - Mongolia, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/mg.html, Zugriff 14.9.2018 - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018, Mongolia Country Report; https://www.ecoi.net/en/file/ local/1427464/488348_en.pdf, Zugriff 13.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei
Sozialbeihilfen
1995 verabschiedete die Große Staatsversammlung das Gesetz über das Sozialversicherungssystem. Dazu gehören die Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherungen sowie Sozialhilfeleistungen für Behinderte, Waisen und Halbwaisen. Außerdem wurde im Zuge der steigenden Gewinne aus dem Bergbau ein nationaler Bevölkerungsentwicklungsfonds eingerichtet, aus dem u. a. Beihilfen für Studenten bezahlt werden. 2013 wurde das Sozialversicherungsgesetz ergänzt, damit die noch etwa 44 Tsaatan-Familien (Rentierleute), die fernab fester Siedlungen und ohne geregeltes Einkommen leben, von den Leistungen der Sozialversicherung profitieren können (Renten, finanzielle Unterstützung und Sozialhilfebeiträge für Schwangere, Hochbetagte, Menschen mit Behinderungen, vorübergehend Arbeitsunfähige und für Sonderaufgaben) (LIP 7.2018). Gemäß Asian Development Bank (ADB) umfasst das für Sozialleistungen vorgesehene Budget 2,7% des BIP, was deutlich höher ist als in anderen Schwellenländern (durchschnittlich 1,6 % des BIP) (Bertelsmann 2018).
Eine Sozialversicherung, die auch eine Krankenversicherung umfasst, ist für mongolische Bürger verpflichtend und wird von Dienstgebern und Dienstnehmern durch einen Anteil vom Gehalt finanziert. Die Sozialversicherung wird vom Staat für bestimmte Gruppen kostenlos zur Verfügung gestellt, darunter Kinder unter 18; Personen, die kein Einkommen haben; Personen, die Sozialleistungen beziehen; alleinerziehende Eltern, bis das Kind zwei Jahre alt ist; Menschen mit Behinderungen (BIO 16.4.2018). Verschiedene verfügbare staatlichen Unterstützungsleistungen für Personen mit Behinderungen sind abhängig von der Bestätigung durch medizinische Fachpersonen. Wenn eine Behinderung von mehr als 50 Prozent vorliegt, hat die Familie Anrecht auf eine staatliche Unterstützung von 155.000 MNT monatlich pro Kind mit Behinderung (SFH 1.2.2018). Das Social Welfare Law, zuletzt am 30. Juni 2017 angepasst, sieht Unterstützungsleistungen für alleinerziehende Eltern und deren Kinder vor. Allerdings erfüllen laut Artikel 12.1.5 nur alleinerziehende Mütter über 45 Jahre respektive alleinerziehende Väter über 50 Jahre mit vier oder noch mehr Kindern die Kriterien, um Sozialhilfe für Alleinerziehende (Social Welfare Allowance) zu erhalten. Vulnerable Personen, die unterhalb eines durch die Behörden definierten und überprüften Standards leben, erhalten im Rahmen des Food Stamp Programme eine Minimalunterstützung in Form von monatlichen Essensgutscheinen im Wert von 6.500 MNT für Kinder und 13.000 MNT für Erwachsene (SFH 1.2.2018). Der Zugang zu staatlichen Sozialleistungen - obwohl auf dem Papier vorhanden - ist in der Praxis oft sehr schwierig (ÖB Peking 12.2017; vgl. KAS 7.2017). Das Ministerium für Bevölkerungsentwicklung und Sozialfürsorge ist mit der Verwaltung von 71 Sozialfürsorgeprogrammen betraut. Daraus ergibt sich eine Fragmentierung dieser Programme, Duplizierungen von Sozialleistungen, sowie hohe Verwaltungs- und Umsetzungskosten. Manche Sozialleistungen werden durch verschiedene Ministerien und Institutionen verwaltet, was eine Fokussierung auf die Hilfsbedürftigen der Gesellschaft erschwert (KAS 7.2017). Im Kampf gegen die Armut zählt trotz staatlicher Maßnahmen weiterhin die familiäre Solidarität (ÖB Peking 11.2016). Die unbedingte Unterstützung für enge und fernere Verwandte können und wollen auch die erfolgreicheren Familienmitglieder nicht mehr in jedem Fall leisten (LIP 7.2018).
Quellen: - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018, Mongolia Country R