TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/3 W112 2119688-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.02.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

03.02.2020

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §54
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §68 Abs1
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W112 2119688-1/23E

Schriftliche Ausfertigung des am 09.10.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Elke DANNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.12.2015, Zl. 831423200-2389052, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird im Hinblick auf die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Antrag auf internationalen Schutz vom 03.10.2013 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen war.

II. Die Beschwerde gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wird als unbegründet abgewiesen.

III. Der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung und die Nichterteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 AsylG 2005 wird stattgegeben und festgestellt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen XXXX auf Dauer unzulässig ist.

XXXX wird gemäß §§ 54, 55 und 58 Abs. 2 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

IV. Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wird insoweit ersatzlos behoben, als er eine Frist für die freiwillige Ausreise einräumt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 23.01.2013 ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Am selben Tag fand die Erstbefragung der Beschwerdeführerin durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt, bei der sie angab, dass ihr Vater im Jahr 2001 umgebracht worden sei, weil er unter einem Pseudonym Artikel über den Krieg geschrieben habe. Die Beschwerdeführerin habe Kontakt zu den Freunden ihres Vaters aufgenommen. Etwa zwei Wochen vor dem Zeitpunkt der Erstbefragung sei die Beschwerdeführerin vom Chef des FSB des Bezirkes XXXX angerufen worden, der ihr geraten habe die RUSSISCHE FÖDERATION zu verlassen, weil sie sie immer wieder Fragen zum Mord an ihrem Vater und dessen Buch gestellt habe. Die Beschwerdeführerin sei jedoch weder bedroht noch geschlagen worden. Der Chef des FSB sei jedoch nach dem Tod ihres Vaters von Unbekannten geschlagen worden, weshalb er der Beschwerdeführerin zur Flucht geraten habe.

Am 24.01.2013 wurde die Beschwerdeführerin von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes zur Erstbefragung weiter befragt. Sie gab an, dass ihr Vater unter dem Pseudonym " XXXX " einige Artikel über den Krieg in der Zeitschrift " XXXX " geschrieben habe. Nach dem Tod ihres Vaters habe sie Kontakt zu seinen Freunden aufgenommen. Sie sei dann aus der RUSSISCHEN FÖDERATION ausgereist, weil der Chef der FSB (früher KGB) sie gewarnt habe. Zu ihrem Cousin habe sie im Jahr 2010 ein paar Monate Kontakt über eine Internetplattform gehabt als dieser schon in Österreich gewesen sei. Danach habe sie keinen Kontakt mehr zu ihm gehabt; sie habe jedoch von Verwandten gewusst, dass er sich in Österreich aufhalte.

3. Das Bundesasylamt vernahm die Beschwerdeführerin am 04.04.2013 niederschriftlich ein. Die Beschwerdeführerin gab zu ihren Fluchtgründen befragt an, dass sie einen Artikel über ihren ermordeten Vater geschrieben habe und dessen Buch fertigstellen habe wollen, weshalb sie mehrfach Telefonkontakt zu dessen Freund, dem Leiter des FSB hergestellt habe. Dieser habe nicht am Telefon über den Mord an ihrem Vater sprechen wollen. Ihr Vater habe über den 2. WELTKRIEG geschrieben. Als er eines nachts auf dem Weg von einem Freund zu seinem Bruder gewesen sei, haben zwei unbekannte Personen auf den Vater der Beschwerdeführerin geschossen, weil er bedroht worden sei, seine Arbeit als Vorsteher der Verwaltung zu beenden; er sei auf dem Weg ins Krankenhaus am 11.08.2001 verstorben. Zirka eine Woche vor der Ausreise der Beschwerdeführerin habe ihr der Chef des FSB dann geraten, das Land zu verlassen, weil er auch geschlagen worden sei. Die Mutter der Beschwerdeführerin habe ihr erzählt, dass Leute von Kadyrov nach ihr gesucht haben. Zudem habe die Beschwerdeführerin 2011 einen Artikel über ihren Vater veröffentlicht, in dem sie die Kritik ihres Vaters am XXXX zitiert habe. Sie selbst sei zwar nicht persönlich bedroht worden, aber der Chef des FSB habe sie gewarnt und Uniformierte seien im Haus ihrer Mutter gewesen um nach ihr zu suchen. Im Falle einer Rückkehr wisse sie nicht, was sie zu befürchten habe. Ihr Mann erlaube ihr nicht ihren Sohn zu sehen, der beim Militär als Wache des Ministers arbeite.

4. Das Bundesasylamt wies den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 12.04.2013 sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat RUSSISCHE FÖDERATION (Spruchpunkt II.) ab und wies die Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet in die RUSSISCHE FÖDERATION aus (Spruchpunkt III.).

Das Bundesasylamt führte begründend aus, dass die Beschwerdeführerin keine asylrelevanten Verfolgungsgründe glaubhaft gemacht habe. Ebenso drohe der Beschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat auch keine Gefahr, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertige, da die Beschwerdeführerin gesund sei und sie erfolgreich ihren Lebensunterhalt in der Heimat bestreiten habe können. Zudem habe sie zahlreiche Familienangehörige in der RUSSISCHEN FÖDERATION, die über Eigentumshäuser besitzen würden, weshalb sie im Falle der Rückkehr Unterstützung ihrer Familie in Anspruch nehmen könne. Eine aufenthaltsbeende Maßnahme greife nicht in das Familienleben der Beschwerdeführerin ein, da die Beschwerdeführerin in Österreich nur einen Cousin habe, mit dessen Ehefrau sie seit ihrer Reise gelegentlich in Telefonkontakt stehe. Auch ein unrechtmäßiger Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführerin liege nicht vor, zumal sie sich erst seit kurzem in Österreich aufhalte und sie illegal in das Bundesgebiet eingereist sei. Sie lebe von der Grundversorgung, sei weder Mitglied in Vereinen, Kursen oder politisch oder religiösen Verbindungen. Sie sei der deutschen Sprache nicht mächtig und habe abgesehen von der Ehefrau ihres Cousins, mit der sie gelegentlich telefoniere, keine privaten Anknüpfungspunkte in Österreich. Außerdem habe sie ihr gesamtes Leben bis zur Ausreise in TSCHETSCHENIEN verbracht, habe dort zahlreiche familiäre Bezugspunkte, weshalb ihr Lebensmittelpunkt in der RUSSISCHEN FÖDERATION liege.

5. Die Beschwerdeführerin erhob, vertreten durch den Rechtsvertreter XXXX , gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde und focht den Bescheid wegen inhaltlicher falscher Entscheidung und mangelhafter Verfahrensführung im vollen Umfang an.

6. Der Asylgerichtshof wies mit Erkenntnis vom 03.09.2013 die Beschwerde als unbegründet ab. Begründend führte er aus, dass die Beschwerdeführerin keine im Zeitpunkt der Entscheidung bestehende aktuelle Bedrohung durch Verfolgungshandlungen glaubhaft machen konnte. Zudem war sie im arbeitsfähigen Alter, hatte XXXX studiert, war ausgebildete XXXX und verrichtete privat XXXX , weshalb davon auszugehen war, dass sie im Falle einer Rückkehr den Lebensunterhalt für sich bestreiten konnte. Zudem verfügte sie über familiäre Anknüpfungspunkte in ihrem Herkunftsland. Es war daher nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführerin in der RUSSISCHEN FÖDERATION mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung drohte. Darüber hinaus bestand kein Familienleben zu ihrem in Österreich lebenden Cousin. Die Ausweisung stellte sich auch nicht als unzulässiger Eingriff iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK dar, zumal die Beschwerdeführerin illegal in Österreich einreiste, einen unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz stellte und sie abgesehen vom vorläufigen Aufenthaltsrecht im Zusammenhang mit ihrem Asylantrag über keinen Aufenthaltstitel verfügte. Sie sprach nicht Deutsch, nahm keine Bildungsmaßnahmen in Anspruch und ging keiner legalen Beschäftigung nach.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen dieses Erkenntnis keinen Rechtbehelf.

7. Am 03.10.2013 stellte die Beschwerdeführerin in Österreich ihren zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Sie wurde am selben Tag von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes zum Folgeantrag erstbefragt. Die Beschwerdeführerin gab an, dass sie seit der Entscheidung des Asylgerichtshofes Österreich nicht verlassen habe. Zu den Gründen der neuerlichen Asylantragstellung gab die Beschwerdeführerin an, dass sie vor ihrem Mann geflohen sei, weil er sie ständig mit einer Pistole geschlagen habe. Danach habe sie über das Internet einen jungen Mann kennengelernt, von dem sie schwanger geworden sei; das Kind habe sie abtreiben lassen. Die Beschwerdeführerin habe ihren Ehemann verlassen, dieser habe sie jedoch ständig beschattet. Im vorherigen Verfahren habe die Beschwerdeführerin angegeben, dass Angehörige des Militärs zu ihr nachhause gekommen seien. Tatsächlich habe ihr Ehemann nach ihr gesucht und habe gegenüber ihrer Mutter gedroht, die Beschwerdeführerin nicht in Ruhe zu lassen. Er habe auch die Beschwerdeführerin angerufen und ihr mit dem Tod gedroht, weil sie Schande über ihn gebracht habe. Gegenüber einer Freundin der Beschwerdeführerin habe ihr Ehemann gesagt, dass die Beschwerdeführerin bald abgeschoben werde und er sie nach ihrer Heimkehr umbringen werde. Dies sei ein Monat vor ihrer neuerlichen Antragstellung auf internationalen Schutz gewesen.

8. Am 10.10.2013 wurde die Beschwerdeführerin wegen unbekannten Aufenthalts von ihrer Unterkunft abgemeldet.

Das Bundesasylamt erließ am 13.11.2013 gemäß § 26 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 einen Festnahmeauftrag gegen die Beschwerdeführerin und stellte das Verfahren betreffend ihren Antrag auf internationalen Schutz vom 03.10.2013 gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 ein, weil sich die Beschwerdeführerin dem Verfahren entzogen hatte.

9. Mit Schreiben vom 09.12.2013 gab die XXXX bekannt, dass die Beschwerdeführerin in XXXX aufhältig sei und eine Hauptwohnsitzbestätigung beantragt habe. Ihr wurde von der XXXX für längstens vier Wochen eine vorläufige Kontaktadresse zur Verfügung gestellt.

Mit Schreiben vom 16.07.2015 und 05.10.2015 legte die Beschwerdeführerin jeweils eine Deutschkursbesuchsbestätigung vor. Mit Schreiben vom 30.10.2015 eine Deutschkurs-bestätigung sowie ein Unterstützungsschreiben von XXXX .

10. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) vernahm die Beschwerdeführerin am 24.11.2015 zu ihrem neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz ein. Zu ihren Fluchtgründen gab die Beschwerdeführerin an, dass sie bei ihrem letzten Antrag auf internationalen Schutz nicht alle ihre Fluchtgründe genannt habe. Bei ihrem Anwalt seien die Dolmetscher TSCHETSCHENEN gewesen und nach ihrem zweiten Antrag auf internationalen Schutz sei ihr Akt aus der Mappe des Anwalts verschwunden, weshalb sie den Anwalt gewechselt habe. Sie habe die RUSSISCHE FÖDERATION wegen ihres Ehemannes verlassen. Er sei Wachbediensteter eines Ministers gewesen und habe immer eine Waffe getragen. Im Haus der Beschwerdeführerin und ihres Mannes haben sich immer seine Freunde versammelt, die Angehörige der XXXX seien, die ständigen beten. Die Beschwerdeführerin sei ständig von ihrem Mann geschlagen worden, weil sie (den Gebeten und Predigten) nicht zugehört habe. Sie sei auch als Ketzerin bezeichnet worden, weil sie nicht mitgebetet habe. Kadyrov sei auch Angehöriger der XXXX und habe ihren Ehemann und seine Freunde zu sich gerufen. Der Mann der Beschwerdeführerin habe danach behauptet, dass die Beschwerdeführerin ihn verraten habe, weil sie nicht mitgebetet habe. Ihr Mann habe ihr davor immer erzählt, wen sie umgebracht hätten und was bei den Treffen mit Kadyrov vor sich gehe. Der Ehemann und die Anhänger der XXXX haben deshalb Angst, dass die Beschwerdeführerin dies verrate. Der Ehemann der Beschwerdeführerin habe im Haus ihrer Mutter nach ihr gesucht - woraufhin diese einen Hirnschock erlitten habe -, alle Telefongespräche der Beschwerdeführerin überwacht und gedroht, ihre Brüder umzubringen. Die Beschwerdeführerin habe dann bei einem Praktikum einen jungen Mann kennengelernt, weshalb der Ehemann der Beschwerdeführerin diese nunmehr nach den muslimischen Gesetzen umbringen könne, weil sie noch verheiratet gewesen sei. Zudem habe sie eine Abtreibung durchgeführt, weshalb sie ebenfalls von ihrem Ehemann umgebracht werden könne.

Unter einem legte die Beschwerdeführerin Unterlagen betreffend ihre Integration in Österreich und ihrem Gesundheitszustand vor (Bestätigung XXXX vom 08.07.2014; Teilnahmebestätigung XXXX vom 10.06.2014; Operationsbericht der Universitäts-Augenklinik XXXX vom 26.09.2014; Entlassungsbericht Universitäts-Augenklinik XXXX vom 26.09.2014).

11. Am 21.12.2015 legte die Beschwerdeführerin drei Deutschkursbestätigungen sowie eine Bestätigung eines Abendgymnasiums vor, wonach die Beschwerdeführerin außerordentliche Schülerin war und sich auf die österreichische Matura vorbereitete.

12. Das Bundesamt wies mit Bescheid vom 30.12.2015 den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz sowohl im Hinblick auf den Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.), als auch im Hinblick auf den Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat RUSSISCHE FÖDERATION (Spruchpunkt II.) ab, erteilte ihr gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 keine Aufenthaltsberechtigung aus berücksichtigungswürdigen Gründen und erließ eine Rückkehrentscheidung gegen sie. Es stellte fest, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin in die RUSSISCHE FÖDERATION zulässig ist und räumte ihr eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ein (Spruchpunkt III).

Begründend führte das Bundesamt aus, dass die Beschwerdeführerin keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft gemacht habe. Der Beschwerdeführerin drohe im Falle ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat auch keine Gefahr, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertige, zumal sich aus ihren individuellen persönlichen Verhältnissen keine Gefährdung im Sinne des § 8 AsylG ableiten lasse. Die Beschwerdeführerin führe mit ihrem in Österreich lebenden Cousin kein schützenswertes Familienleben iSd Art. 8 EMRK. Zudem stellen die Umstände, dass die Beschwerdeführerin mehrere Deutschkurse besucht habe, sich auf die Matura vorbereite und sich um Anschluss an die österreichische Gesellschaft in Form von zeitweiser ehrenamtlicher Tätigkeit für das Rote Kreuz bemühe, keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale dar. Die Schutzwürdigkeit ihres Privatlebens sei daher nur gering.

13. Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde und focht den Bescheid vollinhaltlich wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und inhaltlicher Rechtswidrigkeit an. Die Beschwerdeführerin brachte im Wesentlichen vor, dass es das Bundesamt unterlassen habe ihr Fluchtvorbringen mit der gebotenen Tiefe zu ermitteln. Zudem seien die Länderfeststellungen unvollständig und der Entscheidung keine Berichte zur Situation westlich-orientierter Frauen in Tschetschenien zugrunde gelegt worden. Hätte das Bundesamt die entsprechenden Berichte in das Ermittlungsverfahren einfließen lassen und korrekt ausgewertet, hätte es zur Feststellung kommen müssen, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin in den Länderberichten Deckung finde. Eine Rückkehr der Beschwerdeführerin impliziere jedenfalls das reale Risiko einer Verletzung von Art. 3 EMRK. In ihrem ersten Asylverfahren in Österreich habe sich die Beschwerdeführerin nicht sicher genug gefühlt, der Wahrheit entsprechende Angaben zu machen, weil sie den Eindruck gehabt habe, dass ihre Informationen weitergegeben werden könnten, da ihr Anwalt Dolmetscher mit tschetschenischem Hintergrund herangezogen habe. Sie gehöre der sozialen Gruppe der westlich orientierten Frauen in Tschetschenien an, habe nicht den religiösen Vorgaben bzw. Aktivitäten der XXXX gefolgt und stehe seit ihrer außerehelichen Beziehung und Abtreibung unter individueller und konkreter Bedrohung durch ihren Mann bzw. durch das Schariarecht. Die Beschwerdeführerin habe von den Behörden in ihrem Heimatland keinen Schutz zu erwarten, sondern erwarte sie eine Verurteilung aufgrund des geltenden Schariarechts. Der Beschwerdeführerin sei eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht zumutbar. Eine Verletzung von Art. 3 EMRK sei aufgrund der Sicherheitslage im gesamten Staatsgebiet sowie dem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung bzw. dem realen Risiko in eine Existenz bedrohende Notlage zu geraten, bei der Rückkehr der Beschwerdeführerin überaus wahrscheinlich. Die Beschwerdeführerin halte sich seit bald drei Jahren in Österreich auf, spreche gut Deutsch, besuche vier Mal pro Woche einen Vorbereitungskurs zur Matura und strebe eine Tätigkeit beim ROTEN KREUZ an, weshalb eine Rückkehrentscheidung für dauerhaft unzulässig zu erklären sei.

14. Mit Schreiben vom 01.09.2016, 27.07.2017 und 24.08.2017 legte die Beschwerdeführerin Unterlagen betreffend ihre Integration in Österreich vor (ÖSD Zertifikat Deutsch A2 sehr gut bestanden vom 22.06.2016; Zertifikat Trainingsprogramm ECVET Agent; Bestätigung - freiwillige Mitarbeit der XXXX vom 08.05.2017; Deutschkursbestätigung vom 04.07.2017; ÖSD Zertifikat Deutsch B1 befriedigend bestanden vom 31.07.2017).

15. Das Bundesverwaltungsgericht forderte die Beschwerdeführerin mit Parteiengehör vom 09.08.2019 auf, gravierende Veränderungen an ihrem Gesundheitszustand bekanntzugeben sowie alle damit in Zusammenhang stehenden Beweismittel vollständig vorzulegen und Bescheinigungs- bzw. Beweismittel zu ihren Fluchtgründen und ihrer Identität sowie Unterlagen und Dokumente betreffend ihre aktuellen Lebensverhältnisse und familiären Beziehungen in Österreich zu übermitteln.

Mit Stellungnahme vom 21.08.2019 brachte die Beschwerdeführerin vor, dass sie sich einer Nasenoperation unterziehen habe müssen und an massiven physischen und psychishcen gesundheitlichen Problemen leide. Sie sei in die Nähe ihrer in Österreich lebenden Tante gezogen, weil sich diese um die Beschwerdeführerin kümmere. Unter einem legte die Beschwerdeführerin medizinische Unterlagen (vorläufiger Entlassungsbrief Krankenhaus Barmherzige Brüder vom 04.06.2019; Medikamentenrezept vom 05.06.2019; Medikamentenverordnungsblatt vom 05.06.2019; Ärztlicher Befundbericht des Krankhaus XXXX vom 03.08.2017; Ambulanzbericht des Krankhaus XXXX vom 16.08.2017 und 12.09.2017) sowie Unterlagen betreffend ihre Integration (Bestätigung XXXX vom 04.01.2017; Bestätigung freiwillige Mitarbeit beim Roten Kreuz vom 20.02.2018).

16. Am 25.09.2019 langte der Untersuchungsbericht betreffend den Reisepass der Beschwerdeführerin der Landespolizeidirektion XXXX vom 16.09.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Aus diesem ging hervor, dass der Formularvordruck authentisch war und sich bei der Untersuchung der eingetragenen Daten keine Hinweise auf das Vorliegen einer Verfälschung ergaben.

17. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 09.10.2019 eine mündliche Verhandlung durch, an der die Beschwerdeführerin und ihr Vertreter teilnahmen, aber kein Vertreter des Bundesamtes.

Die Beschwerdeführerin machte in der Verhandlung folgende Angaben:

"R: Verstehe ich es richtig, dass Sie 1999-2008 die Grundschule in XXXX absolviert haben?

BF: Ja (Im Zuge der Rückübersetzung: Wahrscheinlich war es ab 2001 oder 2000, weil ich vorher in XXXX war).

R: Sie gaben in der Erstbefragung am 23.01.2013 auch an, dass Sie die Schule im Dorf XXXX absolviert haben und XXXX , XXXX sind. Welche Ausbildung haben Sie dafür von wann bis wann gemacht?

BF: Ich habe als XXXX drei Jahre ein College in XXXX gemacht. Ich kann mich nicht mehr erinnern, wann ich diese Ausbildung gemacht habe.

R: Sie haben 2008 die Grundschule abgeschlossen, haben Sie diese Ausbildung im Anschluss gemacht?

R: Was haben Sie nach der Grundschulausbildung gemacht?

BF: Ich habe im Anschluss drei Jahre ein College gemacht. Ich habe das XXXX 2011 abgeschlossen.

R: Welche Schule haben Sie dann in XXXX gemacht?

BF: Ich habe dort Matura gemacht. Ich meine damit, den Abschluss der Grundschule. Ich habe die Grundschule im Dorf XXXX gemacht, das war nur der Bezirk XXXX , nicht die Stadt XXXX . Ich habe die Grundschule in XXXX absolviert.

R: Was haben Sie nach Abschluss der XXXX gemacht?

BF: Das war ein Fernlehrgang, ich habe deswegen auch eine Schule für XXXX und auch eine Schule für XXXX gemacht.

R: Von wann bis wann haben Sie diese Ausbildung gemacht?

BF: Die Berufsschule für XXXX war zweimal in der Woche das war in Rayon XXXX und die Schule für XXXX in der Stadt XXXX , auch zweimal in der Woche.

R: Von wann bis wann haben Sie diese Ausbildungen gemacht?

BF: 2011 glaube ich, aber ich kann mich nicht genau erinnern. Das alles hat nur ein Jahr gedauert.

R: 2011 sind Sie fertig geworden mit der XXXX , der XXXX und der XXXX , ist das richtig?

BF: Was die Ausbildung für XXXX betrifft, weiß ich nicht, ob das 2011 oder 2012 war. Mit der XXXX war ich sicher 2012 fertig, die XXXX war wahrscheinlich 2010 fertig oder 2009, weil ich weiß, dass ich schwanger war.

R: Was haben Sie zwischen 2012 und der Ausreise gemacht?

BF: Ein Praktikum in XXXX , das war im Sommer. Ich habe auch den Artikel in einer Jugendzeitschrift geschrieben.

R: Im Sommer 2012?

BF: Ich kann mich jetzt nicht mehr genau erinnern.

R: Wie lange war das Praktikum ca.?

BF: 3 Monate.

R: Haben Sie sonst noch Praktika absolviert?

BF: Nein.

R: Sie sprechen in dieser Einvernahme am 04.04.2013 von einem Studienaufenthalt: Wo waren Sie und was haben Sie gemacht?

BF: Ich habe nur ein College besucht und niemals eine Höhere Schule.

R: Sie wurden 2009 volljährig. Wie haben Sie bis zur Ausreise 2013 Ihren Lebensunterhalt bestritten?

BF: Ich war verheiratet, mein Ehemann hat meinen Lebensunterhalt bestritten.

R: Über welche Arbeitserfahrung verfügen Sie in der Russischen Föderation?

BF: Manchmal habe ich in einem Geschäft als Verkäuferin dazu verdient. Wir haben in der Konditorei Süßigkeiten gemacht, einmal war ich in einer Tischlerei, da habe ich Holz bemalt.

R: Welche Sprachen sprechen Sie auf welchem Niveau?

BF: Meine Muttersprache ist Tschetschenisch und auch Russisch, aber bei der tschetschenischen Sprache weiß ich die Grammatik nicht.

R: Über welche Arbeitserfahrung verfügen Sie in Österreich?

BF: Ich habe als Freiwillige gearbeitet in einem Carla-Laden und auch beim Roten Kreuz, dh Tafel, wir haben Lebensmittel entgegengenommen und habe diese entsprechend positioniert und wenn Leute gekommen sind, haben wir ihnen diese ausgehändigt.

R: Wo war das, in XXXX . oder in XXXX ?

BF: In XXXX .

R: 2017 machten Sie einen XXXX und arbeiteten bis 2018 1 Jahr und 3 Monate lang beim Roten Kreuz in XXXX . War das diese Tätigkeit?

BF: Ja.

R: Sie arbeiteten 2016-2017 2h pro Woche freiwillig in Ihrem XXXX Quartier. Arbeiten Sie auch seither ehrenamtlich?

BF: In XXXX habe ich keine Möglichkeit dazu gefunden, dh ich habe die Tafel dort nicht gefunden. Das gibt es dort in der Stadt nicht. Seit ich in XXXX bin gehe ich keiner ehrenamtlichen Tätigkeit mehr nach.

R: Haben Sie einmal bezahlte Erwerbstätigkeit in Ö gemacht, wenn nein, warum nicht?

BF: Nein. Es kam vor, dass wir nach einem Kurs, wo auch Wirtschaftsinhalte übermittelt wurden, wir zB Knoblauch gesammelt haben und Geld verdient haben, ich habe auch eine Kursbestätigung.

R. Warum haben Sie nie eine Erwerbstätigkeit ausgeübt, zB auf Basis von Dienstleistungschecks.

BF: In XXXX habe ich das mehrmals versucht, ich habe aber nur Absagen bekommen. In XXXX . habe ich mich beim XXXX eingetragen und warte, bis ein Platz in einem Altersheim frei wird.

R: Sie machten im Juli 2014 einen XXXX und eine XXXX nach reformpädagogischen Grundlagen. Üben Sie diesen Beruf aus?

BF: Damals konnte ich nicht gut Deutsch, ich übe auch diesen Beruf nicht aus.

R: Sind Sie in Österreich publizistisch tätig?

BF: Nein.

R: Welche Ausbildung haben Sie in Österreich absolviert?

BF: Ich habe in XXXX einen Vorstudienlehrgang besucht und im letzten Semester musste ich 2 oder 3 Wochen vor dem Abschluss nach XXXX wegen meiner psychischen Probleme.

R: Sie besuchten am 2015 einen Maturavorbereitungskurs. Meinen Sie das damit?

BF: Ja. Das war von der Universität aus. (Im Zuge der Rückübersetzung: das war ein Abendgymnasium).

R: Warum mussten Sie nach XXXX . wegen psychischer Probleme?

BF: Die Frau, die ich Tante nenne, die ich kennengelernt habe, hat mich dorthin gerufen. Sie sagte, ich wusste nicht, was mit mir vor sich geht, un[d] sie sagte, sie werde mir helfen.

R: Haben Sie einen Hauptschulabschlusskurs gemacht?

BF: Nein.

R: Sie haben 2014 einen XXXX auf Englisch gemacht. Üben Sie einen Beruf in der XXXX aus?

BF: Nein.

R: Haben Sie Ihre Russische Ausbildung in Österreich nostrifizieren lassen?

BF: Ich war in XXXX bei der Organisation XXXX , man wollte dort mein Diplom übersetzen lassen. Man hat mir gesagt, dass es ab einem bestimmten Jahr nicht mehr möglich ist, eine bestimmte Ausbildung, wie meine, zu nostrifizieren.

R: Sie gaben in der Erstbefragung am 23.01.2013 an, dass Sie in Österreich nur einen Cousin haben, XXXX , in der EU weiters eine Tante in XXXX , XXXX , Nachname unbekannt, lediger Name XXXX . In der Stellungnahme vom 21.08.2019 bringen Sie vor, dass sich in Österreich Ihre Tante XXXX um Sie kümmert. Ist das diese Person, von der Sie heute nur sagen, dass Sie sie Tante nennen?

BF: Ja, ich nenne sie Tante und sie macht auch alles für mich.

R: Wann und wie haben Sie Frau XXXX kennengelernt?

BF: Sie hat uns zu Silvester eingeladen, ca. ein oder zwei Jahre nach meiner Ankunft in Österreich. Dann haben wir gemeinsam gefeiert.

R: Beschreiben Sie mir Ihre Beziehung zu XXXX .

BF: Ich habe sie sehr gerne, sie ist ein sehr guter Mensch.

R: Wie geht es Ihnen gesundheitlich? Welche Medikamente und Therapien brauchen Sie?

BF: Seit ein paar Jahren leide ich unter Depressionen und unter Panikattacken. Ca. seit einem Jahr habe ich Brechreiz und erbreche, meine Tante XXXX arbeitet im Krankenhaus in der Küche bei den Barmherzigen Brüdern und sie hat dort eine Vereinbarung getroffen, damit man schnell eine Behandlung und auch eine XXXX behandlung für mich organisiert. Es ist jetzt so, dass ich seit zwei Monaten nicht mehr erbreche.

R: Der erste Befund betreffend Depression und Panikstörung datiert vom JUNI 2019. Waren Sie davor in psychologischer oder psychotherapeutischer Behandlung? Sie haben bis zu diesem Zeitpunkt kein Vorbringen dazu erstattet!

BF: Ich war in XXXX bei einem Psychotherapeuten, er hat mir zwar Tabletten verschrieben, aber ich habe sie nicht eingenommen, weil ich Angst hatte.

R: Sie gaben in der Beschwerde im zweiten Asylverfahren an, dass Sie im ersten Asylverfahren nicht die Wahrheit sagen konnten, weil Sie unter Schock standen. Warum haben Sie dann nicht während des ersten Verfahrens Behandlung gesucht, warum haben Sie die Tabletten nicht genommen und ihren Gesundheitszustand vorgebracht?

BF: Ich hatte Angst, dass ich mich von den Tabletten abhängig mache. Ich nehme jetzt XXXX und nur deswegen, weil ich weiß, dass meine Tante das genommen hat.

R: Aus dem Befund ergibt sich, dass Sie eine XXXX haben und dass 2017 eine XXXX und vor 2015 eine XXXX OP durchgeführt wurden. Sie nehmen laut der Medikamentenverschreibung im JUNI ein Breitbandantibiotikum, ein Antibiotikum, ein Makrolidantibiotikum, einen XXXX schutz, und ein Antidepressivum. Ich sehe auf Grund dieser Diagnose keinen Pflegebedarf.

BF: Als ich zu XXXX übersiedelt bin, habe ich jeden Tag erbrochen. Man hat mir gesagt, dass das aufgrund meiner nervlichen Anspannung ist und niemand hat etwas vom XXXX gesprochen.

R: Welche Unterstützung im täglichen Leben brauchen Sie aktuell?

BF: Ich habe bis jetzt noch das Gefühl, dass mein Körper brennt, ich habe nach wie vor Panikattacken. Vielleicht brauche ich noch ein Zusatzarzneimittel zu XXXX , ich weiß es nicht.

R: Haben Sie Beweismittel vorzulegen?

BFV: Es gibt diesbezüglich keine neueren Befunde.

BFV legt vor:

* Unterstützungsschreiben von XXXX in XXXX

* Unterstützungsschreiben XXXX , XXXX .

* Unterstützungsschreiben XXXX , XXXX .

* Unterstützungsschreiben XXXX , XXXX

* Deutschzertifikat B1 (2017)

* Kursbestätigung Vorstudienlehrgang Sommersemester 2018, Level 2 (genügend)

* Kursbestätigung Vorstudienlehrgang Sommersemester 2017, Level 1 (gut)

* Teilnahmebestätigung Werte- und Orientierungskurs 26.09.2019

* Einstellungszusage

R: Sie haben eine Einstellungszusage vorgelegt, dieses führt nicht an, in welchem Beschäftigungsausmaß und zu welchem Gehalt sollen Sie angestellt werden sollen. In welchem Beschäftigungsausmaß und zu welchem Gehalt sollen Sie angestellt werden?

BF: Wir haben Vollzeit ausgemacht, ich weiß nicht, zu welchem Gehalt, wir haben nur vereinbart, dass ich dort arbeiten soll, wenn ich Dokumente bekomme.

R: Sie haben gesagt, Sie sind sogar betreuungsbedürftig, sind Sie arbeitsfähig?

BF: Seit zwei Monaten erbreche ich nicht mehr und ich hoffe, dass ich das schaffe.

R: Sind Sie jetzt arbeitsfähig?

BF: Ja.

BFV: Die BF ist nicht in Spitalspflege und braucht die Unterstützung nicht 24 Stunden am Tag.

R: Welche Unterstützung brauchen Sie jetzt?

BF: Ich habe Angst, allein zu bleiben, ich schlafe immer bei der Tante. Wenn ich eine Panikattacke habe, holt sie mich ab.

R: Ihr Erscheinungsbild hat sich im Vergleich zu den Fotos im Akt ziemlich verändert, warum?

BF: Die psychischen Probleme sind mit der Seele verbunden, also habe ich begonnen, mich mit der Religion zu beschäftigen. In unserer Pension gibt es viele junge Leute, wenn man alleine ist und einen kurzen Rock trägt, dann ist es kompliziert. Dann wollen die Leute immer Bekanntschaft schließen.

R: Dh. Sie tragen den Hijab in Österreich wegen befürchteter sexueller Belästigung?

BF: Seitdem ich das trage, will mich keiner kennenlernen.

R: Sie legten in der Einvernahme am 24.11.2015 ein Unterstützungsschreiben der Freien Christengemeinde XXXX vor. Sind Sie konvertiert? Das scheint zu Ihrem Erscheinungsbild im Widerspruch zu stehen.

BF: Nein, aber XXXX ist eine Freundin von mir. Das ist eine Organisation, die Frauenfrühstück macht. Dort gibt es auch Veranstaltungen über die Religion.

R: Meinen Sie mit XXXX , Frau XXXX ?

BF: Ja.

R: Beschreiben Sie die Lebenssituation von XXXX und Ihre Beziehung zu ihm?

BF: Wir sind sehr unterschiedlich. Wir haben schon Verbindung zueinander, aber wir haben eine andere Denkweise.

R: Was meinen Sie damit?

BF: Ihm gefällt es nicht, wenn eine tschetschenische Frau Kontakt zu anderen Volksgruppen hat.

R: Was meinen Sie damit?

BF: Mit anderen muslemischen Männern. Weil es viele Probleme, zB zwischen den Tschetschenen und Afghanen gibt.

R: Was ist Ihr Familienstand?

BF: Nach dem muslemischen Ritus bin ich geschieden.

R: Leben Sie in Ö alleine oder in einer Lebenspartnerschaft?

BF: Ich lebe alleine.

R: Haben Sie Kinder in Ö?

BF: Nein.

R: Was spricht dagegen, die Beziehung zu XXXX wieder über XXXX oder einen anderen Dienst aufrecht zu erhalten, so wie Sie das 2010 gemacht haben?

BF: Ich verwende das nicht. Aber wir stehen per Telefon in Kontakt.

R: Was spricht dagegen, die Beziehung zu XXXX über Telefon aufrecht zu halten?

BF: Wir haben jetzt wenig Kontakt, weil wir jetzt anders denken und ich will nicht streiten.

R: Sie haben angegeben, dass Ihre beiden Brüder Agrarwissenschaften studiert haben, dass einer in XXXX lebt und einer ein Haus gebaut hat, in dem er mit Ihrer Mutter lebt. Wovon leben Ihre Brüder XXXX und XXXX ?

BF: Der zweite Bruder ist auch nach Hause zurückgekehrt, sie leben in einem Haus. Ein Bruder von mir ist der Direktor vom College und der zweite Bruder ist sein Stellvertreter.

R: Sie gaben mal an, dass Ihre Mutter ein Haus gebaut hat, mal, dass Ihr Bruder ein Haus gebaut hat. Wie viele Häuser hat Ihre Familie?

BF: Wir haben nur ein Haus in XXXX oder XXXX .

R: Ihre Mutter hatte einen Schlaganfall und bezieht eine Witwenpension, sagten Sie. Trifft das noch zu?

BF: Ich glaube, dass sie die Pension nur bis zu dem Zeitpunkt erhalten hat, bis wir volljährig sind, danach nicht mehr.

R: Bekommt Sie eine Invaliditätspension?

BF: Nein.

R: Wovon lebt Ihre Mutter?

BF: Meine Brüder finanzieren ihr Leben.

R: Beschreiben Sie den Kontakt zu Ihrer Mutter und Ihren Brüdern!

BF: Jetzt ist es gut, aber früher war es nicht so, weil ich mich scheiden habe lassen.

R: Was meinen Sie damit?

BF: Es kam vor, dass meinen Mutter ein paar Monate im gleichen Haus nicht mit mir gesprochen hat.

R: Wann haben Sie sich scheiden lassen?

BF: Damals bin ich einfach zu mir nach Hause übersiedelt, das waren einige Monate vor meiner Ausreise.

R: Wie ist der Kontakt zu Ihrer Mutter und Ihren Brüdern jetzt?

BF: Alles gut, sie machen sich Sorgen.

R: Wie halten Sie Kontakt?

BF: Whats App.

R: Sie gaben in der Erstbefragung am an, dass Sie geschieden seit 2012 sind, am 02.09.2015 gaben Sie an, dass Sie den Reisepass zurückbrauchen, weil Sie sich scheiden lassen wollen. Können Sie mir das erklären?

BF: In meinem russischen Inlandspass ist nach wie vor die Ehe eingetragen.

D sieht im Reisepass nach.

D: Seite 5 ist der Wohnort; Seite 19 sind die ausgestellten Pässe, das ist alles.

BF: Darf ich selber schauen?

R: Bitte.

BF sieht im Reisepass nach.

R: Der Pass ist auch vollständig, er wurde kriminaltechnisch untersucht.

BF: Ich weiß, dass, als wir geheiratet haben, eine Schwangerschaftsbestätigung bekommen haben.

R: Im Pass ist auch keine Schwangerschaftsbestätigung.

BF: Da bin ich 20 Jahre alt und schwanger war ich mit 16 oder 17.

R: Sind Kinder im Pass eingetragen?

D: Nein, die Liste ist leer.

BF: Ich kann mich nicht mehr erinnern, vielleicht hätte ich mit dem neuen Pass nochmals hingehen sollen, damit man die Vermerke aktualisiert.

R: Wie wollen Sie sich von ihm scheiden lassen?

BF: Ich dachte, dass in meinem Pass ein Stempel ist und ich wollte das löschen bzw. ungültig machen, ich wollte hier nicht als verheiratet gelten.

R: Warum wollten Sie hier nicht als verheiratet gelten?

BF: Weil ich hier ein neues Leben habe, ich bin alleine. Hier ist nur das gültig, was in den Dokumenten steht, bei uns ist nur die Ehe nach dem muslimischen Ritus gültig.

R: Wie haben Sie vor, sich scheiden zu lassen?

BF: Ich habe erfahren, dass er im Gefängnis ist. Ich habe auch in Erfahrung gebracht, dass, wenn jemand zweimal nicht zu Gericht kommt, die Ehe automatisch als geschieden gilt, also hätte ich mich treffen müssen.

R: Sie wollten sich also in Russland von ihm gerichtlich scheiden lassen?

BF: Ich wollte, dass irgendwie anfragen.

R: Warum ist Ihr Ex-Mann im Gefängnis?

BF: Ob er jetzt im Gefängnis ist oder nicht, weiß ich nicht.

R: Warum war er im Gefängnis?

BF: Man sagte mir, dass man etwas in seinem Auto gefunden hat, dass er etwas transportiert hat.

R: Wie haben Sie das erfahren?

BF: Von meiner Mutter.

R: Ihr Mann heißt XXXX , Ihr Sohn heißt XXXX , Sie heißen XXXX . Warum?

BF: Mein Vater war XXXX , er war ein Vorsitzender und das war für mich ein Stolz, seinen Namen zu tragen.

R: Sie geben an, dass Ihr Ex-Mann in XXXX lebt; dort waren Sie auch gemeldet. Sie haben aber angegeben, vor Ihrer Ausreise in XXXX gelebt zu haben. Warum waren Sie nicht dort gemeldet?

BF: Ich bin oft bei Freundinnen geblieben.

R: Von wann bis wann haben Sie in XXXX gelebt?

BF: Wahrscheinlich 2008, jedenfalls drei Jahre.

R: Dh von 2008 bis 2011, ist das richtig?

BF: Auch 2012 habe ich dort gelebt.

R: Sie haben einen XXXX geborenen Sohn, XXXX . Wo lebt der?

BF: Mit seiner Großmutter, dh mit der Familie meines Mannes.

R: Seit wann lebt der bei der Schwiegermutter?

BF: Er hat immer dort gelebt.

R: Ihren Angaben im verwaltungsbehördlichen Asylverfahren zufolge hat er bereits während ihrer XXXX -Ausbildung bei der Schwiegermutter gelebt. Wie war in der Zeit der Kontakt zu ihm?

BF: Als ich die XXXX gemacht habe, waren wir noch nicht geschieden, die Großmutter hat sich um ihn gekümmert.

R: Wie war der Kontakt zu ihm?

BF: Mit der Familie hatte ich guten Kontakt, aber mit meinem damaligen Mann hatte ich immer Streitigkeiten.

R: Wie war die Beziehung während Ihrer XXXX zu Ihrem Sohn?

BF: er war noch klein, ich fuhr zur Ausbildung und kam wieder zurück.

R: Wie ist die Beziehung jetzt?

BF: Man hat ihn gegen mich gestimmt und er erzählt in der Schule, dass ich ihn zurückgelassen habe.

R: Wie ist die Beziehung zu ihm jetzt, telefonieren Sie, skypen Sie?

BF: Meine Mutter schickt die Fotos, sie fährt zu seiner Schule.

R: Ihr Sohn ist nicht als Sohn im Inlandsreisepass eingetragen, obwohl er drei Jahre nach seiner Geburt ausgestellt wurde. Warum?

BF: Ich wusste gar nicht, dass er nicht eingetragen wurde, ich wusste auch nicht, dass meine Ehe dort nicht eingetragen wurde, sonst hätte ich den Pass nicht angefordert. Wenn ich gewusst hätte, dass dort die Ehe nicht eingetragen wurde, hätte ich den Pass nicht angefragt.

R: Warum? Fordert man einen Pass nicht einfach an, weil der alte abgelaufen ist?

BF: In Russland bekommt man zuerst einen Pass von 14. bis zum 20. Lebensjahr, dann mit 20.

R: Was meinen Sie mit Ihrer Aussage, Sie hätten den Pass nicht angefordert, wenn Sie gewusst hätten, dass Ihre Ehe dort nicht eingetragen war. So wie Sie das sagen, klingt das als hätten Sie ein fabriziertes Beweismittel beauftragt (Hinweis auf Aussagerecht).

BF: Ich meine, dass ich hier nicht um den Pass gebeten hätte, wenn ich gewusst hätte, dass dieser Vermerk nicht drinnen ist, das sind sogar gute Neuigkeiten, wenn dieser Vermerkt nicht drinnen ist.

R: Ihnen wurde 2012 ein Reisepass ausgestellt. Wo ist der? Im Verfahren legten Sie nur den Inlandsreisepass vor!

BF: Ich habe ihn vor einem halben Jahr machen lassen.

R: Was meinen Sie damit?

BF: Ich hatte einen Pass.

R: Welchen Pass?

BF: Einen russischen Auslandspass.

R: Verstehe ich Sie richtig, Sie haben sich vor einem halben Jahr einen russischen Auslandpass ausstellen lassen?

BF: Ja.

R: Wo?

BF: In XXXX .

R: Waren Sie in XXXX ?

BF: Ich habe damals dort gelebt.

R: Sie haben vor einem halben Jahr in XXXX gelebt?

BF: Nein, ich meinte, ein halbes Jahr, bevor ich ausgerast bin.

R: Wo ist dieser Auslandpass?

BF: Er ist bei den Leuten geblieben, die mich transportiert haben.

R: haben Sie sich seither nochmals einen Auslandpass ausstellen lassen?

BF: Nein ich lebe seit 7 Jahren in einer Pension.

R: Haben Sie seit der ersten Asylantragstellung Österreich einmal verlassen?

BF: Nein.

R: Beschreiben Sie genau, wie Sie aus der Russischen Föderation ausgereist und bis Österreich gereist sind!

BF: Mein Bruder hat mich mit einem Freund in die XXXX gebracht. Dann gab es ein anderes Auto und eine Familie. An alle Einzelheiten kann ich mich nicht mehr erinnern.

R: Können Sie das nicht genauer schildern?

BF: Ich merke mir nichts, auch die Straßen und Nummer nicht. Auch hier nicht.

R: Gab es Probleme bei der Ausreise aus der Russ. Föderation.

BF: Nein, wir sind in die XXXX gekommen und haben gewartet, dann bin ich mit einem anderen Auto hierhergekommen.

R: Beschreiben Sie, wie Sie die Schengen-Außengrenze passiert haben!

BF: Normal.

R: Was heißt normal?

BF: Dass ich mit niemanden gesprochen habe.

R: Die Schengen-Außengrenze passiert man nicht einfach so, wie haben Sie sie passiert?

BF: Alle haben die Grenze überschritten, man zahlt Geld und alle kommen durch die Grenze.

R: Sie saßen im Fond eines PKWs und sind ausgebildete XXXX , es ist nicht glaubhaft, dass Sie die genaue Reiseroute nicht beschreiben können, weil Sie alles - also drei Tage lang - verschlafen haben!

BF: Ich habe natürlich nicht 3 Tage lang geschlafen, aber man nickt immer wieder ein.

R: Ich halte es für nicht glaubhaft, dass man mit Ihrer Ausbildung und Ihren Sprachkenntnissen im Fonds eines PKWs nicht weiß, welche Route man nimmt.

BF: Sie meinen die XXXX ? Ich habe gesagt, dass ich zuerst in die XXXX gekommen bin und dann weitergefahren bin.

R: Das Bundesamt, dass ja viel Erfahrung mit neu angekommenen Asylwerbern hat, glaubte Ihnen auf Grund des persönlichen Erscheinungsbildes nicht, dass Sie zwei bzw. drei Tage lang im Auto saßen und gerade erst an diesem Vormittag ankamen, was sagen Sie dazu?

BF: Wir sind über XXXX gefahren und ich habe sogar bei XXXX meinen Kopf gewaschen. Ich hatte auch frisch gewaschenes Haar bei der Einvernahme und man hat mich gefragt, warum ich frisch gewaschenes Haar habe.

R: Dass Sie über XXXX gefahren sind, sagen Sie heute zum ersten Mal. Waren Sie die letzte im Auto?

BF: Ja.

R: Warum wollten Sie nach Ö und haben nicht in XXXX einen Asylantrag gestellt?

BF: Weil ich wusste, dass in Ö mein Cousin ist.

R: Ihr Vater ist 2001 verstorben, ist das korrekt?

BF: Ja, er wurde umgebracht.

R: Welcher Verfolgung waren Sie persönlich 2001 bis 2013 wegen Ihres Vaters ausgesetzt?

BF: Mich hat niemand verfolgt, aber ich habe seine Beiträge gelesen und habe über ihn einen Artikel geschrieben.

R: Sind Ihre Brüder und Ihre Mutter in der Russischen Föderation (RF) aktuell einer Gefährdung ausgesetzt?

BF: Nein.

R: Ihr Vater war XXXX in XXXX und Leiter vom BEZIRK XXXX , bis KADYROW an die Macht kam, verwaltete er einige Ortschaften. RAMZAN KADYROW wurde erst sechs Jahre nach dem Tod Ihres Vaters Präsident, dessen Vater AHMET KADYROW 2003, zwei Jahre nach dem Tod Ihres Vaters. Wie geht sich das aus?

BF: Ich war damals ein Kind und meine Mutter hat mir das erzählt. Sie erzählte mir, dass mein Vater Vorsitzender des Bezirkes XXXX war und dann kam es zum Machtwechsel, wir hatten Probleme nach dem Krieg.

R: Wie kann Ihr Vater ein Buch über Präsident AHMET KADYROW geschrieben haben, wenn er zwei Jahre vor dessen Ernennung gestorben ist?

BF: Mein Vater hat nicht über ihn, sondern über den Krieg geschrieben.

R: Ihr Vater publizierte unter dem Pseudonym XXXX über den Großen Vaterländischen Krieg = 2. Weltkrieg, 1941 bis 1944. Warum sollte man Sie 2019 aus diesem Grund verfolgen?

BF: Er hat nicht über die 40er Jahre geschrieben. Als ich 2001 von XXXX nach Tschetschenien zurückkam, gab es Probleme, es kamen immer Leute zu uns und führten Säuberungsaktionen durch. Mein Vater schrieb darüber, über die Politik und den damaligen Krieg.

R: Sie wurden in der Einvernahme nochmals darüber befragt, weil man sich nicht sicher war und Sie haben es bestätigt.

BF: Nein, er hat nicht darüber geschrieben.

R verliest AS 83 f.

BF: Ich weiß das alles. Wir haben uns damals nicht richtig verstanden, ich weiß von dem Krieg überhaupt nichts, weil es mich damals nicht gegeben hat. Das, was nach dem Krieg war, über die Politik und die Probleme, wissen alle Bescheid. Da waren russ. Soldaten und Kontrollposten, das wissen alle.

R: dies Einvernahme übersetzte XXXX , er ist einer der besten D für Russisch, die es in Ö gibt.

, ich kann mir daher keine Verständigungsschwierigkeiten vorstellen.

BF: Ich weiß, dass es ein Gespräch gegeben hat, dass er geschrieben hat, dass es zuerst in den 40er Jahren war, aber das ist lächerlich. Mein Vater wurde wegen seiner Arbeit umgebracht, er wurde bedroht.

R: Von wann bis wann haben Sie in XXXX gelebt.

BF: Damals gab es diese russ. Zeitschriften wie die " XXXX " nicht.

R: Fragewiederholung.

BF: Ich war dort im Kindergarten. Als wir zurückgekommen sind, war ich XXXX Jahre alt, also 5 oder 6 Jahre lang war ich in XXXX .

R: Mit wem haben Sie in XXXX zusammengelebt?

BF: Mit meiner Mutter und meinen 2 Brüdern.

R: Wo war Ihr Vater?

BF: In XXXX . Wir sahen ihn ein Jahr lang nicht und sind deshalb nach Tschetschenien zurückgekehrt.

R: Von wann bis wann lebte Ihr Vater in XXXX ?

BF: In XXXX war er überhaupt nicht mit uns.

R: Also hat er 5 oder 6 Jahre lang in XXXX gelebt?

BF: Er war nicht bei uns in XXXX .

R: In der Einvernahme am 04.04.2013 gaben Sie an, dass der Mörder Ihres Vaters ausgeforscht wurde und das auf XXXX verbreitet wurde, dass aber ein Freund von ihm sagt, das sei falsch. Wann wurde der Mörder Ihres Vaters ausgeforscht und verurteilt?

BF: Ich weiß nicht, wer ihn tatsächlich umgebracht hat, weil ein anderer beschuldigt wurde, aber man sagte auch, dass die Mörder nicht mehr am Leben sind und sie auch Kinder haben.

R: Wann wurde der Mörder Ihres Vaters ausgeforscht?

BF: Er wurde nicht gefunden, es wurde einfach ein Bekannter beschuldigt.

R: Wann war das?

BF: Woher soll ich das wissen, ich war noch ein Kind.

R: Sie haben angegeben, dass Sie ein Buch über Ihren Vater schreiben wollen, ich kann mir daher nicht vorstellen, dass Sie solche Sachen nicht wissen.

BF: Nein, er hat ein Buch, den er über den Krieg geschrieben hat und ich möchte dieses Buch fortsetzen. Aber seit meiner Ankunft in Ö will ich das alles nicht, ich will mich nicht mit XXXX beschäftigen. Ich möchte nicht, dass meine Mutter Probleme bekommt, sie will mir auch das Buch nicht geben.

R: Sie erzählen in der Einvernahme am 04.04.2013, dass Sie mit dem Leiter des FSB namens XXXX befreundet sind, der geschlagen wird und Probleme hat, weil er den Mörder Ihres Vaters kennt, aber FSB-Leiter bleibt. Die Geschichte klingt nicht lebensnah!

BF: Ich habe nicht gesagt, dass er weiter diesen Posten hat, ich weiß nicht einmal, ob er am Leben ist oder nicht, viele in Tschetschenien hassen ihn, deshalb weiß ich es nicht.

R: Sie gaben in der Einvernahme am 04.04.2011 an, dass Sie einen Artikel über Ihren Vater publiziert haben. Welcher Verfolgung waren Sie persönlich 2011 bis 2013 aus diesem Grund ausgesetzt?

BF: Ich meine, als ich das 2. Mal um Asyl angesucht habe.

R: Welcher persönlichen Verfolgung waren Sie zwischen 2011 und 2013 ausgesetzt, wegen des Artikels, den Sie geschrieben haben?

BF: Sie haben meinen 2. Asylantrag, dort steht, dass ich gelogen haben und Probleme mit meinem Mann habe.

R: Haben Sie den Artikel 2011 geschrieben?

BF: Ja.

R: Waren Sie aus diesem Grund einer Verfolgung ausgesetzt?

BF: Nein.

R: Das Bundesamt wies mit Bescheid vom 12.04.2013 Ihren ersten Asylantrag ab; der Asylgerichtshof wies mit Erkenntnis vom 03.09.2013 Ihre dagegen erhobene Beschwerde ab. Diese wurde Ihnen zu Handen Ihres Vertreters am 05.09.2013 zugestellt. Sind Sie der Ausreiseverpflichtung nachgekommen?

BF: Nein.

R: Warum nicht?

BF: Weil ich den 2. Asylantrag gestellt habe.

R: Warum sind Sie der Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen und haben einen 2. Asylantrag gestellt?

BF: ich werde niemals dorthin fahren, wenn, dann werde ich immer übersiedeln.

R: Was meinen Sie damit?

BF: Ich bin hier, also heißt das, dass ich hierbleiben kann.

R: Was heißt das?

BF: Warum wurde ich nicht abgeschoben. Ich lebe in einer Pension, das wissen alle, ich lebe dort offiziell.

R: Die Rückkehrberatung konnten Sie bereits nicht mehr rückkehrberaten werden, weil Sie unbekannten Aufenthalts waren. Warum?

BF: Weil man mir sagte, dass ich nach XXXX kommen soll. Oder was meinen Sie, nach dem 2. Asylantrag.

R wiederholt die Frage.

BF: Ich habe doch immer dort gelebt, ich wurde von der Pension abgemeldet. Ich wurde nirgends aufgenommen, ich bin auch nach XXXX gefahren, dann habe ich mich auch an die XXXX in XXXX gewandt, ich hatte eine grüne Karte.

R: Sie waren während Ihres ersten Asylverfahren in einem Quartier der Grundversorgung in XXXX untergebracht. Eine Befragung Ihrer Mitbewohnerin am 16.09.2013 ergab, dass Sie während des Verfahrens nur sehr selten im Quartier waren und sehr oft nach XXXX fuhren. Warum?

BF: Dort ist niemand geblieben, ich nur dorthin gekommen, um die 40 Euro zu holen. Dort war die Situation sehr schwer, wir haben dort gehungert und ich war dort traurig.

R: Sie wurden wegen unbekannten Aufenthalts am 10.10.2013 von der Grundversorgung abgemeldet, am 20.12.2013 wurde die amtliche Abmeldung im ZMR durchgeführt. Bereits am 03.10.2013, einen Monat nach Ende des ersten Asylverfahrens, stellten Sie in XXXX einen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Warum?

BF: Ich bin zur Pension gekommen, die Frau hat mich in der Nacht von dort weggejagt, sie sagte mir, dass ich dort nicht mehr lebe. Ich habe den 2. Asylantrag noch vor dem 3. negativen Bescheid gestellt. Man hat mich angerufen und mir gesagt, dass es zwar nicht wichtig ist, weil ich wieder um Asyl angesucht habe, aber ich habe den 3. negativen Bescheid bekommen.

R: wie haben Sie die Reisen XXXX retour finanziert? 40 Euro reichen für einmal hin- und retour.

BF: Ich habe 1.500 Euro Strafe, die ich immer noch ratenweise bezahle.

R: Weswegen?

BF: Wegen Schwarzfahrens.

R: Von welchem Geld haben Sie dann gelebt, wenn Sie nicht im GVS-Quartier waren?

BF: Ich blieb in XXXX bei meiner Cousine, sie hatte ein Zimmer von XXXX . 1 Jahr habe ich dort gelebt und ich ging zur XXXX .

R: Welche Cousine, bis jetzt gab es nur einen Cousin?

BF: Sie lebte damals in XXXX und man wollte sie auch deportieren. Ich lebte bei ihr.

R: Wie heißt Sie, Vorname, Nachname, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit?

BF: XXXX , sie ist XXXX geboren, StA. Russische Föderation. Ihren Aufenthaltstitel weiß ich nicht, aber sie arbeitet und man nimmt sie nur an privaten Stellen auf, bei Restaurants oder so.

Die Verhandlung wird von 13:08 bis 13:19 Uhr unterbrochen.

R: Es gibt niemanden in Österreich, auf den die von Ihnen angegebenen Namen XXXX und XXXX zutreffen, was sagen Sie dazu?

BF: Sie kommt jeden Monat zu mir, sie lernt jetzt Deutsch und hat einen Deutschkurs vom AMS in XXXX bekommen.

R beauftragt Recherchen zu alternativen Schreibweisen beim Referenten.

R: Dieses Verfahren wurde wegen Ihres unbekannten Aufenthalts am 13.11.2013 wieder eingestellt. Warum stellen Sie zuerst einen Folgeantrag und sind dann aber wieder unbekannten Aufenthaltes?

BF: Ich hatte einen Anwalt, der heißt XXXX , ich habe mich immer an ihn gewandt, weil ich seitdem ich XXXX verlassen habe, nirgendwo aufgenommen wurde.

R: Sie waren bei XXXX , warum haben Sie sich dort nicht angemeldet?

BF: Ich fuhr nach XXXX zu einer Landesbehörde, man sagte mir, dass man mich abgemeldet hat, ich wollte mich in XXXX anmelden, aber man sagte, dass ich in XXXX gemeldet bin.

R: Am 09.12.2013 meldeten Sie sich in XXXX obdachlos. Warum in XXXX ?

BF: Ich war nicht registriert, ich lebte einfach bei meiner Cousine. Man hat mir in XXXX gesagt, dass man mich abgemeldet hat und ich von dort weggehen soll, ich wollte mich bei XXXX anmelden, aber man sagte mir, dass ich schon eine Anmeldung habe. Ich war bei der XXXX in XXXX und man hat dann dort angerufen, ich wurde hier nicht aufgenommen, ich sagte, dass ich nach XXXX fahren werde und man hat mich in der XXXX registriert. Das war eine vorübergehende Lösung. Als ich nicht angemeldet war, wusste man trotzdem, wo ich mich befinde, weil die Polizei wegen Schwarzfahren zu mir gekommen ist, ich hatte ja die Grüne Karte.

R: Wo haben Sie gelebt?

BF: Ich wurde dort nur angemeldet, bis ich in ein anderes Quartier gebracht wurde.

R: Wo haben Sie in der Zwischenzeit gelebt?

BF: Man hat mich nirgends aufgenommen, man fragte mich, ob ich eine Anmeldung habe und ich hatte keine. Ich bin 1 Jahr hin- und hergefahren zwischen den Landesbehörden und ich habe bei XXXX gelebt. Ich habe nicht einmal einen Termin bei der Landesbehörde bekommen. Man hat dann in XXXX angerufen und für mich einen Termin bei der Landesbehörde erreicht. Ich wurde an dem Tag offiziell angemeldet, ich weiß nicht mehr, welcher Tag das war, das steht auf der Versicherungsbestätigung. Seitdem habe ich in einem Frauenhaus in XXXX gelebt.

R: Stimmt das, in der Zeit, als Sie in XXXX obdachlos gemeldet waren, haben sie bei Ihrer Cousine XXXX in XXXX gelebt?

BF: Ja, in der Zeit musste ich einmal in der Woche unterschreiben wegen der Anmeldung in XXXX .

R: Womit haben Sie diese Fahrten XXXX - XXXX bezahlt?

BF: Man wusste über meine Situation Bescheid und man hat vereinbart, dass ich zumindest einmal im Monat komme.

R: Ihr Folgeantragsverfahren wurde am 13.01.2014 in Österreich zugelassen. Am 15.01.2014 erteilten Sie dem XXXX in XXXX Vollmacht. Am 28.02.2014 zogen Sie zur XXXX in der XXXX , am 06.06.2014 aber nach XXXX zur XXXX in der XXXX . Warum?

BF: Man sagte mir, dass ich dort nur ein paar Tage bleiben kann, aber ich bin Monate geblieben.

R: Am 05.02.2015 teilte Ihr Vertreter die Kündigung der Vollmacht mit. Warum?

BF: Weil ich mich an die XXXX in XXXX gewandt habe, das war in der Nähe von mir.

Unter der Schreibweise XXXX findet man eine Person, wo wohnt Ihre Freundin XXXX ?

BF: In der XXXX in XXXX .

R: Sie ist noch als Asylberechtigte registriert, seit 2006 in Ö aufhältig. Wann Ihr der Titel der Asylberechtigen zuerkannt wurde kann aufgrund der Auszüge aufgrund des Alters des Verf

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten