TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/11 W112 1437232-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.02.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

11.02.2020

Norm

AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W112 1437232-2/32E

Schriftliche Ausfertigung des am 11.11.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Elke DANNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.08.2015, Zl.83064209-1654700, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG stattgegeben und festgestellt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen XXXX vorübergehend sieben Monate lang unzulässig ist.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Russischen Föderation und Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe, stellte am 21.05.2013 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. In der Erstbefragung am 21.05.2013 brachte sie zu den Fluchtgründen befragt vor, dass ihr Vater vor ungefähr sieben Jahren von Unbekannten mitgenommen worden sei und seitdem jede Spur von ihm fehle. Danach haben unbekannte uniformierten Männer die Familie aufgesucht und nach ihrem Vater befragt sowie bedroht. Einige Tage vor der Ausreise der Beschwerdeführerin seien die unbekannten Männer erneut gekommen als die Beschwerdeführerin nicht zuhause gewesen sei und haben ihre Schwester mitgenommen und vergewaltigt. Die Mutter der Beschwerdeführerin habe Angst gehabt, dass der Beschwerdeführerin dasselbe widerfahren könnte, und habe die Beschwerdeführerin daher am 10.05.2013 von zu Hause weggeschickt. Die Männer haben ihr bereits in der Vergangenheit mit Vergewaltigung gedroht, wenn sie den Aufenthaltsort ihres Vaters nicht bekannt gebe. Zum Nachweis ihrer Identität legte die Beschwerdeführerin einen russischen Inlandsreisepass vor.

3. Am 24.07.2013 wurde die Beschwerdeführerin beim Bundesasylamt einvernommen und führte zu ihrem Gesundheitszustand aus, gesund zu sein und keine Medikamente einzunehmen. In ihrer Heimat leben ihre Mutter, ein Bruder sowie zwei Schwestern der Beschwerdeführerin sowie mehrere Onkel väterlicherseits und Verwandte mütterlicherseits. Eine Schwester ihres Vaters befinde sich in Österreich; zu dieser habe sie keinen Kontakt und könne auch nicht angeben, wo sie sich aufhalte. Sie persönlich habe keine Probleme mit den Behörden gehabt, jedoch habe man sie nicht in Ruhe gelassen, weil uniformierte Leute ständig zu ihnen gekommen seien und nach ihrem Vater gefragt haben. Eines Tages, als die Beschwerdeführerin nicht zu Hause gewesen sei, seien sie erneut gekommen und haben ihre Schwester vergewaltigt. Ihre Mutter habe ihr dann erzählt, dass sie gedroht haben, auch die Beschwerdeführerin mitzunehmen, wenn sie den Aufenthaltsort ihres Vaters nicht bekanntgebe. In Österreich lebe die Beschwerdeführerin mit ihrem Lebensgefährten, einem russischen Staatsangehörigen, dem in Österreich die Flüchtlingseigenschaft zukomme, zusammen und sei mit diesem nach islamischem Ritus verheiratet. Die Hochzeit habe im XXXX in der Wohnung eines Mullahs in XXXX stattgefunden. Die Beschwerdeführerin halte sich in Österreich nur zu Hause auf, sei weder Mitglied in Vereinen oder Organisationen und besuche auch keine Kurse oder eine Ausbildung. Sie sei auch nicht berufstätig. Ihr Mann absolviere derzeit eine Ausbildung zum XXXX .

Am selben Tag wurde der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin als Zeuge einvernommen und gab an, die Beschwerdeführerin in Österreich geheiratet zu haben. Er habe die Beschwerdeführerin schon länger über ihre Mütter gekannt. Als die Beschwerdeführerin dann nach Österreich gekommen sei, hätten sie geheiratet.

4. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.07.2013 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 16.05.2013 bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), dieser der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf die RUSSISCHE FÖDERATION gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

Begründend wurde kurz zusammengefasst ausgeführt, dass das Fluchtvorbingen der Beschwerdeführerin unglaubwürdig sei. Es sei vage, allgemein gehalten und in keiner Weise schlüssig, sodass dieses hinsichtlich der behaupteten Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspreche. Ebenso drohe der Beschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat auch keine Gefahr, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertige, da die Beschwerdeführerin eine junge, gesunde und arbeitsfähige Frau sei und darüber hinaus über Angehörige im Herkunftsstaat verfüge. Die Rückkehrentscheidung greife nicht in das Familienleben der Beschwerdeführerin mit ihrem Lebensgefährten ein, zumal sie diesen erst in Österreich kennengelernt habe und erst seit kurzem mit ihm zusammenlebe. Die Beschwerdeführerin sei zudem nicht berufstätig, spreche nicht Deutsch und werde von ihrem Lebensgefährten versorgt, wobei sei nebenbei auch Leistungen der Grundversorgung in Anspruch nehme.

5. In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde wurde der Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens angefochten.

6. Das Bundesverwaltungsgericht wies mit Erkenntnis vom 15.06.2015 die Beschwerde gemäß §§ 3, 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet ab. Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 verwies es das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden Bundesamt) zurück.

Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, dass die Beschwerdeführerin ihren in Österreich asylberechtigten Lebensgefährten im XXXX 2003 nach islamischen Ritus geheiratet habe und seit JUNI 2003 mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebe. Sie spreche nicht Deutsch, habe in Österreich weder Kurse noch Ausbildungen absolviert und sei auch kein Mitglied in einem Verein oder einer Organisation. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin ihr Privat- und Familienleben zu einem Zeitpunkt begründet habe, als ihr Aufenthalt in Österreich ungewiss und nicht dauerhaft, sondern auf die Dauer des Asylverfahrens beschränkt gewesen sei. Die Beschwerdeführerin sowie ihr Lebensgefährte haben sich des ungewissen Aufenthaltes bewusst sein müssen. Die bisherige Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführerin von knapp 25 Monaten sei auch zu kurz um von einer außergewöhnlichen schützenswerten und dauernden Integration zu sprechen. Da somit nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts eine Rückkehrentscheidung betreffend die Beschwerdeführerin in die Russische Föderation zulässig sei, sei das Verfahren diesbezüglich an das Bundesamt zurückzuverweisen gewesen.

Gegen das Erkenntnis erhob die Beschwerdeführerin keinen Rechtsbehelf.

7. Das Bundesamt vernahm die Beschwerdeführerin am 11.08.2015 neuerlich ein. Sie gab an, dass ihre Mutter und ihr Bruder und ihre zwei Schwestern in XXXX im Ort XXXX leben und ihre Mutter in der Küche in einem Kaffee arbeite. Ihre Geschwister gehen keiner Arbeit nach. Die Beschwerdeführerin halte ein- bis zweimal wöchentlich telefonisch Kontakt zu ihrer Familie im Herkunftsstaat. Sie habe keine Befürchtungen betreffend eine Rückkehr in ihr Herkunftsstaat, sondern wolle einfach nicht zurück, weil sie sich an das Leben in Österreich gewöhnt habe. Die Beschwerdeführerin sei schwanger von ihrem Lebensgefährten. Sie sei mit ihrem Lebensgefährten nicht standesamtlich verheiratet; dieser komme für ihren Lebensunterhalt auf. Sie habe sich bei mehreren Betrieben beworben, habe jedoch keine Arbeit bekommen. Eine Tante der Beschwerdeführerin lebe in Österreich; sie habe jedoch kaum Kontakt zu dieser und stehe in keinem Abhängigkeitsverhältnis zu ihr. Die Beschwerdeführerin verbringe ihren Alltag vorwiegend zuhause und esse manchmal mit ihrer Schwiegermutter. Sie habe Freunde und Bekannte, die als Asylwerber auch nicht "angenommen" worden seien.

8. Das Bundesamt erteilte der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 14.08.2015 keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 und erließ eine Rückkehrentscheidung gegen die Beschwerdeführerin (Spruchpunkt I.). Das Bundesamt räumte der Beschwerdeführerin eine Frist für die freiwillige Ausreise von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung ein (Spruchpunkt II.).

Festgestellt wurde, dass die Beschwerdeführerin mit ihrem Lebensgefährten zusammenlebe und ein Kind erwarte. Sie sei in Österreich nicht berufstätig und habe um keine Arbeitsbewilligung angesucht. Sie verfüge über gute Deutschkenntnisse, sei jedoch weder Mitglied in einem Verein noch in einer sonstigen Organisation und betätige sich auch nicht ehrenamtlich. Sie sei strafrechtlich unbescholten. Begründend führte das Bundesamt aus, dass die Rückkehrentscheidung nicht in das Familienleben der Beschwerdeführerin mit ihrem Lebensgefährten eingreife. So sei die Beschwerdeführerin illegal in das Bundesgebiet eingereist und ihr Aufenthalt nur aufgrund ihres Asylantrages und lediglich für diese Dauer berechtigt gewesen. Es seien keine besonderen Integrationstatbestände hervorgekommen. Ihre sozialen Kontakte in Österreich beschränken sich - abgesehen von ihrem Lebensgefährten - auf andere Asylwerber. Mit ihrer in Österreich lebenden Tante bestehe keine intensive Beziehung oder Abhängigkeitsverhältnis. Kinder seien erst vom Moment ihrer Geburt an rechtlich Teil der Familie, weshalb zum ungeborenen Kind noch kein schützenswertes Familienleben vorliege. Es stehe der Beschwerdeführerin zudem frei, den Kontakt zu ihrem Lebensgefährten durch briefliche, telefonische oder elektronische Kontakte aufrecht zu erhalten und sich nach ihrer Ausreise um eine legale Einreise und Aufenthalt zu bemühen. Angesichts der öffentlichen, fremdenrechtlichen Interessen an einer Ausweisung liege somit keine Verletzung des Privat- oder Familienlebens vor. Das Führen eines Familien- und Privatlebens in der Russischen Föderation sei der Beschwerdeführerin möglich, weil sie dort über familiäre und private Anknüpfungspunkte verfüge.

9. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin durch ihren Rechtsvertreter fristgerecht Beschwerde und focht den Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften in vollem Umfang an.

Die Beschwerdeführerin beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen und die Beschwerdeführerin laden, den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass ausgesprochen werde, dass die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei, in eventu, den angefochtenen Bescheid aufheben und zur neuerlichen Entscheidung nach vorangegangener Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückverweisen.

Begründend führte die Beschwerde aus, dass eine unangemessen lange Verfahrensdauer vorliege, welche ausschließlich im Versäumnis der zuständigen staatlichen Organe und von diesen zu verantworten sei. Das Bundesamt habe dem Bescheid somit eine aktenwidrige Feststellung der Interessensabwägung zugrunde gelegt. Das Bundesamt habe die faktische Familienbindung sowie die bereits eingetretene Schwangerschaft der Beschwerdeführerin nur unzureichend gewürdigt und keine auf den jeweiligen Einzelfall bezogene Interessensabwägung durchgeführt. Zudem habe das Bundesamt dem Nichtvorliegen von abgelegten Deutschkursen und Prüfungen entgegen den festgestellten guten Deutschkenntnissen der Beschwerdeführerin unverhältnismäßige Gewichtung eingeräumt. Auch der unbestritten zum Entscheidungszeitpunkt nicht bestehenden Berufstätigkeit und Selbsterhaltungsfähigkeit, wobei das Bundesamt diesbezüglich verkannt habe, dass die Beschwerdeführerin von ihrem Lebensgefährten abhängig sei und dieser für sie und das noch ungeborene Kind sorgen werde, habe das Bundesamt einer rechtlich unverhältnismäßig hohen Gewichtung beigemessen. Das Bundesamt habe keinerlei Ermittlungstätigkeiten zur Frage, in wie weit eine allfällige Abschiebung der Beschwerdeführerin in ihren Herkunftsstaat als alleinerziehende Frau eines Neugeborenen zulässig sei, durchgeführt. Das Bundesamt wäre vor dem Hintergrund einzuholender Länderberichte und den persönlichen Umständen der Beschwerdeführerin zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Überleben von alleinerziehenden Frauen von Neugeborenen in Tschetschenien unter Bedachtnahme der familiären Situation der Beschwerdeführerin im Herkunftsstaat nicht möglich sei. Darüber hinaus habe das Bundesamt der Beschwerdeführerin weder die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb angemessener Frist durch Vorlage ärztlicher Befunde die behauptete Schwangerschaft zu dokumentieren, noch die Möglichkeit des Parteiengehörs geboten.

Unter einem legte die Beschwerdeführerin einen Nutzungsvertrag ihres Lebensgefährten, die Bestätigung ihrer Vormerkung zur Arbeitssuche, eine Terminbestätigung beim Arbeitsmarktservice, eine Bestätigung der Mitversicherung der Beschwerdeführerin bei ihrem Lebensgefährten der XXXX Gebietskrankenkasse, jeweils eine Meldebestätigung der Beschwerdeführerin und ihres Lebensgefährten sowie eine Bestätigung, dass die Beschwerdeführer aus der Grundversorgung seit Oktober 2013 kein Geld bekommt, vor.

10. Mit ergänzender Urkundenvorlage vom 14.09.2015 legte die Beschwerdeführerin eine Terminbestätigung zur Bildungsplanerhebung "Deutsch mit System", eine Betreuungsvereinbarung mit dem AMS XXXX sowie eine Schwangerschaftsbestätigung vom 09.09.2015 vor.

11. Mit Beschwerdeergänzung vom 06.05.2016 brachte die Beschwerdeführerin vor, dass zwischenzeitig der gemeinsame Sohn von ihrem Lebensgefährten in Österreich zur Welt gekommen sei und die Beschwerdeführerin beabsichtige nunmehr ihren Lebensgefährten standesamtlich zu heiraten. Es liege daher eine solche Vertiefung des Privat- und Familienlebens der Beschwerdeführerin in Österreich vor, welche nach einer einzelfallbezogenen Interessensabwägung unter Würdigung des Gesamtverhaltens eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig mache. Unter einem wurde die Geburtsurkunde ihres Sohnes sowie die Bestätigung der Meldung ihres Sohnes vorgelegt.

Mit ergänzender Urkundenvorlage vom 19.05.2016 wurde die Erklärung der gemeinsamen Obsorge der Beschwerdeführerin und ihres Lebensgefährten betreffend ihren Sohn vorgelegt.

Mit weiterer Beschwerdeergänzung vom 19.07.2016 brachte die Beschwerdeführerin vor, dass ihrem Sohn mit Bescheid des Bundesamtes vom 14.07.2016 gemäß § 3 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden sei. Der Beschwerdeführerin sei nunmehr gemäß § 34 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 der Status einer Asylberechtigten zuzuerkennen. Darüber hinaus pflege die Beschwerdeführerin seit geraumer Zeit sowohl mit ihrem Lebensgefährten als auch mit ihrem leiblichen Sohn ein Familienleben iSd Art. 8 EMRK. Die Fortsetzung des bestehenden Familienlebens in einem anderen Staat sei nicht möglich. Sie stellte daher den Antrag ihr gemäß § 34 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 zur Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens iSd Art. 8 EMRK den Status einer Asylberechtigten zuzuerkennen. Unter einem legte die Beschwerdeführerin den Bescheid des Bundesamtes vom 14.07.2016 betreffend ihren Sohn vor.

12. Mit Schreiben vom 01.08.2018 gab die Landespolizeidirektion XXXX bekannt, dass die Beschwerdeführerin beabsichtige am 24.08.2018 die Ehe mit ihrem Lebensgefährten zu schließen und legte diesbezüglich einen Auszug betreffend die Ermittlung der Ehefähigkeit vor.

13. Der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin legte mit Schreiben vom 24.08.2018 ihre Heiratsurkunde vom 24.08.2018 des Standesamtes XXXX vor.

14. Der bisherige Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin gab mit Schreiben vom 31.08.2018 die Auflösung der Vollmacht bekannt.

Mit Schreiben vom 08.05.2019 gab die Beschwerdeführerin bekannt, ihre Rechtsberaterin mit der weiteren Vertretung im Verfahren bevollmächtigt zu haben.

15. Das Bundesverwaltungsgericht forderte die Beschwerdeführerin mit Parteiengehör vom 26.08.2019 auf, gravierende Veränderungen an ihrem Gesundheitszustand bekanntzugeben sowie alle damit in Zusammenhang stehenden Beweismittel vollständig vorzulegen und Bescheinigungs- bzw. Beweismittel zu den Umständen in ihrem Herkunftsstaat sowie Unterlagen und Dokumente betreffen ihre aktuellen Lebensverhältnisse und familiären Beziehungen in Österreich zu übermitteln.

Mit Stellungnahme vom 30.08.2019 brachte die Beschwerdeführerin vor, dass sie nunmehr standesamtlich verheiratet sei, mit ihrem Ehemann sowie ihrem gemeinsamen Sohn in einem Haushalt lebe und neuerlich schwanger sei. Ihr Ehemann sorge finanziell für die Beschwerdeführerin und habe die österreichische Staatsbürgerschaft beantragt. Die Integrationsmöglichkeiten der Beschwerdeführerin seien aufgrund der Betreuungspflichten gegenüber ihrem Sohn begrenzt gewesen. Sie bemühe sich seit der Aufnahme ihres Kindes im Kindergarten um eine Arbeitsstelle und Deutschkurse. Sie pflege Kontakt zu österreichischen Damen und baue immer mehr Kontakt zu ihrer in Österreich lebenden Tante auf. Das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin habe sich seit Bescheiderlassung erheblich intensiviert, weshalb die Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK darstelle. Zudem sei die Beschwerdeführerin hochschwanger und eine Abschiebung daher schädlich für die Gesundheit der Mutter und/oder des ungeborenen Kindes. Unter einem wurden Kopien der Heiratsurkunde, der Geburtsurkunde ihres Sohnes, eines Teils des Mutter-Kind-Passes sowie den Antrag ihres Ehemannes auf Verleihung der Staatsbürgerschaft vorgelegt.

16. Das XXXX übermittelte aufgrund der Dokumentenanforderung durch das Gericht Kopien des russischen Reisepasses der Beschwerdeführerin, der Bestätigung über das Nichtbestehen einer staatlichen Eintragung der Eheschließung samt deutscher Übersetzung und der russischen Geburtsurkunde der Beschwerdeführerin samt deutscher Übersetzung.

17. Am 11.11.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Russisch statt, an der die Beschwerdeführerin und ihre gewillkürte Vertreterin sowie ihr Ehemann XXXX und ihre Tante XXXX als Zeugen teilnahmen. Das Bundesamt nahm an der Verhandlung nicht teil.

Die Befragung der Beschwerdeführerin gestaltete sich wie folgt:

"R: Welche Sprachen sprechen Sie?

BF: Russisch, Tschetschenisch und ein bisschen Deutsch.

R: Was ist Ihr Sprachniveau auf Deutsch? Was ist das höchste Niveau, auf dem Sie Deutschprüfungen abgelegt haben?

BF: Ein bisschen, ich lerne zu Hause Deutsch. Ich habe keine Kurse bekommen, deswegen lerne ich zu Hause und spreche mit den Nachbarn und so verstehe ich ein bisschen Deutsch und kann ein bisschen sprechen. Ich habe noch keinen Deutschkurs gemacht.

R unterhält sich mit der BF in Deutsch und stellt fest, dass die BF über keine Deutschkenntnisse verfügt die Verdolmetschung der Verhandlung nötig ist.

[...]

R: Sie stellten am 21.05.2013 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Wie viel davor sind Sie in Österreich eingereist.

BF: Das war 2013, im XXXX .

R: Sind Sie in diesem Tag schon ein gereist, eine Woche, einen Monat davor?

BF: Ich habe im Jahr 2013 den Asylantrag gestellt.

R wiederholt die Frage.

BF: Am 16. war ich da, am 10. bin ich ausgereist.

R: Haben Sie Österreich seither einmal verlassen?

BF: Nein.

R: Dh Sie sind mit XXXX Jahren nach Österreich eingereist. Im Asylverfahren wurde festgestellt, dass Ihre Angaben nicht glaubhaft waren. Schildern Sie also Ihren Lebenslauf bis zur Ausreise. Wo haben Sie mit wem von wann bis wann gelebt, welche Ausbildung haben Sie gemacht und wie haben Sie Ihren Lebensunterhalt bestritten?

BF: Nach meinem Vater hat man gesucht.

R wiederholt die Frage.

BF: Ich habe die Grundschule abgeschlossen. Ich habe mit meiner Mutter und meinen Geschwistern gelebt, bis zu meiner Ausreise, ich meine die Ausreise nach Österreich.

(mit Anleitung): Das war nicht so, dass wir an einer Stelle gelebt haben. Ich kann mich nicht jetzt an alles erinnern. Ich könnte jetzt selber durcheinanderkommen, wo ich gelebt habe. Die Situation war so, dass wir nicht in einer Ortschaft leben konnten.

R: Wo haben Sie die Schule besucht?

BF: Ich habe in XXXX in der Ortschaft XXXX die Schule besucht und in XXXX und in XXXX , das ist schon in XXXX .

R: Welche Klassen haben Sie wo besucht?

BF: Die erste Klasse habe ich in XXXX besucht. Ich weiß nicht, in welcher Klasse ich war, als ich in den Schulbesucht in XXXX fortgesetzt habe, dann war ich auch in XXXX .

R: In welcher Klasse haben Sie in XXXX angefangen?

BF: Ich kann mich nicht mehr erinnern. Ich war in der fünften oder sechsten Klasse, glaube ich.

R: In welchem Alter haben Sie die Schule abgeschlossen?

BF: Ich kann mich nicht mehr erinnern.

R: Man erinnert sich schon, in welchem Alter man die Schule abgeschlossen hat, das ist ein entscheidender Einschnitt im Leben.

BF: Ich glaube ich war XXXX .

R: Was haben Sie dann gemacht, im Alter von XXXX bis zur Ausreise mit XXXX ?

BF: Ich war zu Hause.

R: Was haben Sie zu Hause gemacht?

BF: Ich interessiere mich für nähen. Ich habe zu Hause genäht, jetzt mache ich das auch.

R: Wovon haben Sie Ihren Lebensunterhalt bestritten?

BF: Meine Verwandten haben mich unterstützt.

R: Wem meinen Sie mit "meinen Verwandte"?

BF: Tanten, Onkel mütterlicherseits (ms.) und väterlicherseits (vs.).

R: Verstehe ich Sie richtig, dass Sie während der Schulzeit in XXXX , XXXX und XXXX gelebt haben?

BF: Ja.

R: Wo haben Sie im Alter zwischen dem Alter von XXXX bis XXXX gelebt?

BF: Bei Tanten, beim Onkel. Wir haben an verschiedenen Stellen befunden.

R: We[n] meinen Sie mit "wir"?

BF: Meine Geschwister und meine Mutter.

R: Wo waren diese verschiedenen Stelle, wo Sie sich befunden haben, in welchen Städten haben Sie gelebt?

BF: In XXXX , in XXXX , in XXXX . Wir waren auch in XXXX , in XXXX .

R: Von wann bis wann waren Sie in XXXX ?

BF: Ich kann mich jetzt nicht mehr erinnern, von wann bis wann ich dort gelebt habe.

R: Ungefähr?

BF: Vor XXXX noch.

R: D. h., als Sie noch in die Schule gingen?

BF: Es war nicht so, dass ich nur eine Schule besucht habe.

R: Sagen Sie mir noch einmal chronologisch, von wann bis wann Sie wo gelebt haben. Wenn es Ihnen leichter fällt, schreiben Sie es bitte auf.

BF: Ich bin jetzt selbst durcheinandergekommen. Es war ja nicht so, dass wir nur einen Wohnsitz hatten. Bevor ich nach Österreich kam, lebte ich in XXXX . Vorher war ich in XXXX . Vorher lebten wir - glaube ich - in XXXX . Wir haben auch in XXXX bei einem Onkel gelebt. Das waren verschiedene Ortschaften und ich weiß jetzt, wo sich welche Ortschaften gelegen waren. Ich kann mich nicht an die einzelnen Tage erinnern.

R: Wie alt waren Sie, als Sie in XXXX waren?

BF: XXXX , ungefähr. Wir haben nirgends lange gelebt.

R: Haben Sie in der Russischen Föderation je medizinische Behandlung benötigt?

BF: Nein.

R: Welche Verwandte haben Sie noch in der Russischen Föderation?

BF: Meine Schwestern leben zu Hause, sie sind schon verheiratet.

R: Sonst keine Verwandten mehr, was ist mit den ganzen Onkel[n] und Tanten?

BF: Die sind schon zu Hause.

R: Wo und von was leben diese?

BF: Ich habe z. B. eine Tante und einen Onkel ms., sie arbeiten auf Baustellen. Vs. habe ich Onkel, ich weiß aber nicht, wo diese Onkel arbeiten, ich weiß nur, dass sie arbeiten.

R: Wo leben diese? In XXXX , XXXX ...

BF: In XXXX leben die Tanten. Ein Onkel vs. lebt in XXXX . Es lebt ein Onkel vs. im Rayon XXXX .

R: Von und von was lebt Ihre Mutter?

BF: Nachdem meine Schwestern geheiratet haben, ist sie nach XXXX ausgereist. Sie ist mit meinem Bruder ausgereist.

R: Was machen sie in XXXX ?

BF: Sie leben dort, dort hilft ihnen den der Staat, ich meine finanziell. Meine Mutter ist nämlich krank, sie hat große XXXX .

R: Seit wann leben Ihre Mutter und Ihr Bruder in XXXX ?

BF: Seit ca. zwei Jahren.

R: Wo und wovon leben Ihre beiden Schwestern?

BF: Die Schwestern sind verheiratet. Die jüngste hat vor ca. zwei Jahren geheiratet. Es hat auch die Schwester geheiratet, die jünger als ich ist. Die hat in XXXX , in XXXX geheiratet.

R: Wovon leben sie?

BF: Ihre Männer arbeiten.

R: Wann und wie haben Sie Ihren nunmehrigen Mann kennengelernt?

BF: Nachdem ich hierhergekommen bin.

R: Wann und wie, beschreiben Sie mir das genau.

BF: Nachdem ich gekommen bin... Meine Mutter hat meine Schwiegermutter gekannt. Als ich nach Österreich kam, sind sie zu mir nach XXXX gekommen, das war als ich den Antrag gestellt habe. Er ist dorthin mit seiner Mutter gekommen und ich habe ihn dann kennengelernt, vorher haben sich nur unsere Eltern gekannt. Ich wusste, dass es ihn gibt, aber ich war mit ihm nicht bekannt.

R: Was meinen Sie mit "ich war mit ihm nicht bekannt"?

BF: Meine Mutter kannte seine Mutter. Es war nicht so, dass ich ihn gut gekannt habe, dass ich ihn gleich heiraten konnte. Er ist dorthin gekommen und wir haben uns dann kennengelernt.

R: Haben sie sich in der Russischen Föderation gekannt?

BF: Nein.

R: Waren Sie mit ihm über diese Internetportale bekannt?

BF: Nein.

R: Beschreiben Sie mir dieses erste Treffen genau.

BF: Sie sind zu mir gekommen. Er ist mit den Eltern, ich meine mit der Mutter gekommen, so war das Treffen.

R: Können Sie das genauer schildern?

BF: Ich weiß nicht, wie ich das beschreiben sollte.

R: Beschreiben Sie, was Ihnen durch den Kopf gegangen ist?

BF: Ich habe nichts gedacht. Das war das erste Treffen, was hätte ich denken sollen.

R: Warum sind Sie nach Österreich eingereist?

BF: Ich hatte Probleme.

R: Was meinen Sie damit?

BF: Man hat nach meinem Vater gesucht.

R: Warum sollten nur Sie Probleme haben und nicht Ihre Mutter, Bruder und Schwestern?

BF: Ich habe nicht gesagt, dass sie keine Probleme hatten, aber ich war die älteste, deshalb hat meine Mutter hierhergeschickt.

R: War das Ihre erste Reise alleine?

BF: Ja.

R: Was passierte nach diesem ersten Treffen?

BF: Nichts, er ist dann gekommen. Wir haben dann miteinander geredet, ich weiß nicht. Es kommt vor. Wir standen einfach in Kontakt.

R: Wie?

BF: Hallo, bis bald.

R: Wie?

BF: Er ist zu mir gekommen, nach XXXX . Ich war zuerst dort und er ist zu mir gekommen.

R: Wie haben sie sich das ausgemacht?

BF: Er ist einfach gekommen.

R: Ich sehe bei der Ersteinvernahme kein Mobiltelefon verzeichnet, wie haben Sie das ausgemacht?

BF: Wir haben uns das nicht ausgemacht, er ist einfach gekommen.

R: Was ist dann passiert?

BF: Nichts. Wir haben miteinander geredet, er ist gekommen, so haben wir uns kennengelernt.

R: Was ging dabei in Ihrem Kopf, was waren Ihre Gedanken?

BF: Ich weiß nicht. Ich dachte, dass ich hier leben will und arbeiten gehe[n].

R: Wie ging es weiter?

BF: Er ist zu mir gekommen und wir haben geredet, wir haben uns kennengelernt, dann haben wir geheiratet.

R: Das alles innerhalb von 14 Tagen?

BF: Ich verstehe schon. Ich weiß es nicht. Wir haben uns einfach kennengelernt und wir haben uns gegenseitig gefallen. Ich habe hier niemand, ich hatte damals schon eine Tante, aber ich habe damals nicht gewusst, wo sie ist, deswegen. Er sagte, dass wir uns gefunden. Wissen, bei uns Moslems ist das nicht so, dass man jahrelang miteinander spricht. Wir sind zusammengekommen, sind nach dem muslimischen Ritus eine Beziehung eingegangen und 2016 habe ich das erste Kind geboren.

R: Sie sagen Sie kommen aus Angst vor Verfolgung nach Österreich. Es kommt ein Ihnen unbekannter XXXX ins Lager und Sie heiraten ihn so, einfach so, binnen 14 Tagen, das ist für mich nicht plausibel.

BF: Ich verstehe Ihre Bedenken.

R: Erklären Sie das bitte.

BF: Wissen Sie, ich weiß wie ich das erklären soll, das hat sich einfach schnell ergeben, ich weiß nicht. Ich kann die Situation nicht wirklich erklären.

R: Woher wussten Sie, dass sich die Mütter kennen, Sie hatten kein Mobiltelefon und ihn haben Sie noch nie gesehen, woher wussten Sie das, wie Sie ihn kennengelernt hatten.

BF versteht die Frage nicht, diese wird erklärt.

BF: Meine Mutter hat das meiner Schwiegermutter gesagt. Sie haben sich schon früher gekannt, sie hat früher meine Mutter gekannt.

R: Woher wussten Sie von dem Ganzen?

BF: Ich habe bei meiner Mutter gelebt.

R wiederholt die Frage.

BF: Ich sagte, dass ich meinen Mann nicht kannte, ich wusste, dass diese Frau Kinder hatte. Ich wusste, dass sie dorthin kommen wird. Meine Mutter hat das nämlich meiner Schwiegermutter gesagt.

R: Woher wissen Sie das?

BF: Meine Mutter hat mir das gesagt.

R: Wie, Sie hatten doch kein Telefon mit.

BF: Als sie mich hierher schickte sagte sie mir, dass sie kommen wird.

R: Auf Grund dessen, was Sie mir hier sagen, gehe ich von einer bereits im Herkunftsstaat arrangierten Ehe aus, trifft das zu?

BF: Nein, davon weiß ich nichts.

R: Beschreiben Sie mir die muslimische Eheschließung wie in einer Filmszene.

BF: Es ist ein Imam gekommen, aber ich kann mich nicht mehr an ihn erinnern. Die Eltern meines Mannes waren da und es hat Zeugen gegeben, aber ich kenne die Zeugen nicht. Wir haben uns nach dem muslimischen Ritus getraut.

R: Beschreiben Sie mir das als Laien, wie hat das funktioniert?

BF: Wie soll ich das noch genauer beschreiben?

R: Wohin [kam der Imam]?

BF: Nach XXXX ins Haus von meinem Mann.

R: Wie ist die Eheschließung verlaufen, was ist dann passiert?

BF: Es sind Leute gekommen und der Imam ist gekommen. Bei uns macht man das in Anwesenheit von Zeugen, bei Ihnen macht man das beim Standesamt, da sind auch Zeugen.

R: Erzählen Sie mir, wie die Hochzeit abgelaufen ist. Ich habe noch keine Ehefrau getroffen, [die sich nicht erinnert,] wie ihre Hochzeit abgelaufen ist.

BF: Es waren wenige Leute. Es ist ein Imam gekommen. Er hat mich gefragt, ob ich einverstanden bin ihn (Z1) zu heiraten, er wurde auch gefragt. So wurde die Ehe geschlossen. Es kommt manchmal vor, dass die Nachbarn oder Angehörigen kommen, um zu gratulieren.

R: Was passierte nach der Zeremonie, nach der Frage?

BF: Ich war einverstanden und er war einverstanden.

R: Sie waren einverstanden, was passierte danach?

BF: Wir waren verheiratet, es war eine Hochzeit, es war keine große Hochzeit.

R: Was war danach?

BF: Dann haben wir gegessen und getrunken. Die Leute haben uns gratuliert und dann sind sie gegangen.

R: Was passierte dann?

BF: Mein Mann hatte schon eine eigene Wohnung und wir sind in die Wohnung gefahren. Ich war auch dort. Wie heißt das, ich kann mich nicht mehr erinnern, wie das heißt. Wir haben dann begonnen zusammenzuleben. Wir haben eine Wohnung gemietet, dann wurde mein Sohn geboren.

R: Wie halten Sie mit Ihren Verwandten in der Russischen Föderation und in XXXX Kontakt?

BF: Normal, wir haben Telefone und Internet. Jetzt ist es schon normal.

R: Was war davor nicht normal?

BF: Ich habe das nur allgemein gemeint.

R: Wie haben Sie mit Ihrer Tante XXXX von der Russischen Föderation aus Kontakt gehalten - sie lebt seit 2004 in Österreich!

BF: Überhaupt nicht. Ich wusste nicht einmal, dass sie in Österreich lebt.

R: Haben Sie in der Russischen Föderation jemals mit Ihrer Tante XXXX zusammengelebt?

BF: Sie ist zu Besuch gekommen, war aber schon verheiratet.

R: Im Asylverfahren hatten Sie keinen Kontakt zu Ihrer Tante und wussten Ihren Wohnort nicht, obwohl sie seit 2010 in XXXX lebt, wo Sie gemeldet sind. Wie ist der Kontakt zu Ihr aktuell?

BF: Jetzt telefonieren [wir] miteinander und besuchen uns gegenseitig.

R: Wie oft sehen sie sich?

BF: Einmal im Monat, ungefähr.

R: Besteht irgendeine Abhängig[keit] von Ihrer Tante?

BF: Nein.

R: Haben Sie sonst noch Verwandte in Österreich?

BF: Nein.

R: Beschreiben Sie Ihre Beziehung zu den Verwandten Ihres Mannes!

BF: Wie meinen Sie das, welche Beziehung?

R wiederholt die Frage.

BF: Gutes Verhältnis.

R: Beschreiben Sie dies?

BF: Gute Beziehung, ich liebe meine Schwiegermutter, wie meine Mutter. Ich gehe ständig zu ihnen, wir sind ständig in Kontakt.

R: Gibt es da Abhängigkeiten?

BF: Nein, ich habe ja einen Mann, mein Mann arbeitet.

R: Sie haben am 24.08.2018 in Österreich standesamtlich geheiratet, die Eheschließung aber schon in der Beschwerde im Asylverfahren am 12.08.2013 angekündigt. Wodurch ergibt sich diese zeitliche Verzögerung von fünf Jahren?

BF: Wir konnten vorher nicht heiraten, man hat dort eine Geburtsurkunde gebraucht, es hat dort Probleme gegeben.

R: Sie legten dem Standesamt Geburtsurkunde mit Apostille und Ehefähigkeitsbestätigung mit Apostille, alle datierend aus XXXX 2018, vor. Sind diese Dokumente echt? Sie müssen sich nicht selbst belasten.

BF: Ja, diese sind echte Dokumente.

R: Sie wurden in der Russischen Föderation, Teilrepublik XXXX , ausgestellt. Wie kamen Sie in Ihren Besitz?

BF: Mein Onkel zu Hause hat mir geholfen.

R: Wie?

BF: Ich habe ihm eine Vollmacht geschickt, dass er statt mir eine Apostille macht, damit wir hier standesamtlich heiraten können.

R: Wie kamen die Dokumente in Ihrem Besitz?

BF: Man hat mir diese geschickt.

R: Ihr Inlandsreisepass ist bereits 2016 abgelaufen. Haben Sie einen gültigen Inlandsreisepass?

BF: Nein.

R: Haben Sie einen Auslandsreisepass?

BF: Nein.

R: Haben Sie einen Führerschein?

BF: Nein.

R: Verfügen Sie über ein Aufenthaltsrecht für Österreich außerhalb des Asylverfahrens?

BF: Nein, ich nicht.

R: Haben Sie identitätsbezeugende Dokumente?

BF: Geburtsurkunde. Wir haben mit der Geburtsurkunde geheiratet.

R: Wovon bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt, seit Sie nach Österreich eingereist sind?

BF: Mein Mann bezahlt alles.

R: Sie lebten 16.05.2013-13.06.2013 in XXXX , 17.06.2013-24.06.2013 im Grundversorgungsquartier in XXXX . Danach zogen Sie zu Ihrem nunmehrigen Mann nach XXXX ; bis AUGUST 2013 bezogen Sie danach noch Krankenversicherung und Verpflegung, danach bis APRIL 2014 nur noch Krankenversicherung. Wodurch haben Sie seit APRIL 2014 Ihren Lebensunterhalt bestritten?

BF: Mit den Zahlen komme ich durcheinander.

R wiederholt die Frage.

BF: Nachdem ich zu ihm gezogen bin, bezahlt mein Mann alles.

R: Ihr nunmehriger Mann arbeitete AUGUST - NOVEMBER 2013, dann mehrere Wochen zwischen 25.02.2014 und 02.09.2014, danach aber - abgesehen von 6 Wochen 2016 - erst seit JÄNNER 2018 wieder Vollzeit. Wovon haben Sie davor Ihren Lebensunterhalt als dreiköpfige [Familie] bestritten?

BF: Er hat ja - wie heißt das - er hatte Geld. Er hat ein Einkommen gehabt. Ich habe immer von seinem Einkommen gelebt.

R: Sie haben keine Grundversorgung bekommen, wie Ihr Mann nicht gearbeitet hat. JÄNNER/FEBRUAR 2018 bezogen Sie wieder Verpflegungsleistungen aus der Grundversorgung. Warum?

BF: Als er kein Einkommen hatte, haben wir um Geld angesucht, vorher hat er alles bezahlt. Er hat ein Einkommen gehabt.

BFV legt zwei Bestätigungsschreiben der XXXX betreffend Grundversorgungsbezug [vor].

R: Sie gaben im Asylverfahren an, dass Ihr Mann die Lehre mache und danach, dass er XXXX sei, laut GVS-Auszug ist er Hilfsarbeiter. Was stimmt?

BF: Er arbeitet jetzt in seinem Beruf. Er hat eine XXXX ehre abgeschlossen.

R: Wann?

BF: Ich glaube, dass er dort das zweite Jahr dort arbeitet, fragen Sie meinen Mann danach.

R: Ihr Mann ist jetzt Lehrling?

BF: Er hat die Lehre abgeschlossen und arbeitet in seinem Beruf.

R: 2018/2019 hat Ihr Mann in XXXX gearbeitet, zumindest war er dort versichert; das war im Übrigen kein XXXX , sondern ein XXXX . Haben Sie alleine in XXXX gelebt oder sind Sie mit Ihrem Mann nach XXXX gezogen?

BF: Bei seinen Eltern.

R: Sie haben bei seinen Eltern gelebt? Von wann bis wann?

BF: Ich kann mich nicht erinnern.

R: Warum sind Sie nicht mit Ihrem Mann nach XXXX gegangen?

BF: Er hat XXXX in XXXX gearbeitet, ich bin durcheinandergekommen.

R wiederholt die Frage.

BF: Können Sie mir sagen, bis wann er in XXXX gearbeitet hat

R: Das müssen Sie selbst wissen

BF: Ich kann mich erinnern, dass er manchmal auf Reisen war, er war samstags und sonntags zu Hause.

R: Wie haben Sie in der Zeit, in der Ihr Mann nicht mit Ihnen gelebt hat, Ihr Familienleben gelebt?

BF: Als er gearbeitet hat?

R wiederholt die Frage.

BF: Wir hatten eine eigene Wohnung, ich war bei der Schwiegermutter und bei uns zu Hause.

R: Haben Sie mit Ihrem Mann telefoniert, kam er am Wochenende zu Hause, sind Sie zu ihm nach XXXX gekommen?

BF: Er kam am Wochenende und wir haben telefoniert.

R: Sie haben gesagt, Ihr Mann war öfter auf Reisen, wie lange und wo war er?

BF: Bitte warten Sie kurz. Er war nicht ständig weg und hat auch nicht ständig dort gelebt, er ist wegen der Arbeit gereist.

R: Wohin?

BF: Er wurde von der Arbeit dorthin geschickt. Er hat in XXXX gearbeitet, dass haben Sie selbst gesagt.

R: Wohin ist er gereist?

BF: Zur Arbeit.

R wiederholt die Frage.

BF: Ich verstehe es schon. Sie haben zuerst gesagt, dass er gearbeitet, dann fragen Sie wie das Familienleben in seiner Abwesenheit war, das habe ich auch erzählt. Ich habe nicht gesagt, dass er oft weggefahren ist, er ist zur Arbeit gefahren. Ich war ein - bis drei Tage bei meiner Schwiegermutter.

R an D: Sind im Russischen die Wörter von "reisen" und "pendeln" dieselben?

D: Nein.

R: Was sagte die BF?

D: "Gefahren", aber nicht im Sinne von "pendeln", sondern von Sinne "eine Fahrt machen".

R: Ist Ihr Mann pflegebedürftig?

BF: Wie meinen Sie das?

R wiederholt die Frage.

BF: Ich bin seine Frau, ich habe ihn zu pflegen. BF lacht. Ich glaube nicht, dass er aktuell pflegebedürftig ist, ich mache das [aus] Achtung.

R: Ist Ihr Mann krank?

BF: Nein.

R: Ist Ihr Mann in sonstiger Weise von Ihnen abhängig?

BF: Nein. Wahrscheinlich bin ich von ihm abhängig.

R: Wie?

BF: Ich habe keine Arbeit, bekomme keine Kurse und habe kein eigenes Einkommen.

R: Wie ist die Aufgabenteilung im Haushalt organisiert?

BF lacht: Ich putze, ich kümmere mich um den Sohn. Ich kann auch nähen, das ist mein Beruf bzw. eher ein Hobby, ich habe das selbst erlernt. Ich kann für selbst die Sachen nähen, ich habe mir das selbst beigebracht. Das ist mein Hobby, das Nähen. Er geht in der Früh arbeiten und kommt am Abend zurück.

R: Was ist seine Beteiligung am Haushalt?

BF: Er hilft.

R: Was hilft Ihr Mann?

BF: Wenn wir z. B. was Großes kaufen, große Sachen macht er, er hilft.

R: Ihr Sohn XXXX ist im XXXX geboren. Ist er gesund?

BF lacht: Ja.

R: Laut Ihrer Stellungnahme geht er seit SEPTEMBER 2019, also seit zwei Monaten, in den Kindergarten. Von wem wurde er bisher betreut?

BF: Ich.

R: Wie ist die Kinderbetreuung nunmehr organisiert?

BF: In der Früh bringe ich ihn hin und komme nach Hause und mache alles zu Hause. Dann hole ich ihn ab und besuche mit ihm die Schwiegermutter. Die Tage sind kurz. Ich lasse ihn auch draußen mit den Kinder[n] spielen und dann kommen wir nach Hause und dann kommt mein Mann von der Arbeit.

R: Sie erwarten XXXX ihr zweites Kind. Sind beim Nasciturus Krankheiten bekannt?

BF: Nein, Gott sei Dank nicht.

R: Sie haben gesagt, dass Sie in Österreich keine Deutschkurse gemacht [haben]? Haben Sie sonst Kurse gemacht?

BF: Man hat mir das nicht gewährt, man hat meinen Sohn nicht gleich in den Kindergarten genommen.

R: Waren Sie in Österreich jemals legal erwerbstätig?

BF: Nein.

R: Sie hatten einen AMS-Termin am 23.09.2015 und eine Betreuungsvereinbarung mit dem AMS vom 04.09.2015, alle offenbar nach dem Erhalt der Ladung über Ihren Anwalt ausgemacht. Was war das Ergebnis dieses Termins und der Betreuungsvereinbarung?

BF: Ich wusste gar nicht, dass dieser Termin stattfindet. Ich wollte nämlich meinen Sohn in den Kindergarten geben, weil er schon ein Jahr und sechs Monate war. Man hat ihn nicht in den Kindergarten genommen und mir keine Kurs[e] gewährt.

R: Sie haben sich in der Betreuungseinrichtung verpflichtet [...] zu arbeiten.

BF: Ich wollte schon arbeiten, ich kann die Sprache nicht.

R: Sie sind seit sechs Jahre in Österreich und [können] die Sprache nicht?

BF: Eine Deutsche kam zu mir und hat mir geholfen, ich bin jetzt sehr aufgeregt. Sie hat mir auch geholfen. Ich spreche auch jetzt mit den Nachbarn, ich habe ja Nachbarn. Ich versuche es irgendwie, ohne Kurse ist es schwer.

R: Wie stellen Sie sich ein weiteres Leben in Österreich vor, wenn Sie die Landessprache überhaupt nicht können?

BF: Ich möchte lernen.

R: Was hat Sie die letzten sechs Jahre abgehalten?

BF: Ich habe versucht Kurse zu bekommen.

R: Was sollte jetzt anders werden?

BF: Ich möchte lernen, nach der Geburt meines Kindes. Ich möchte auch arbeiten, ich möchte einen Beruf erlernen, aber wegen meines Sohnes konnte ich in den letzten drei Jahren nirgends gehen.

R: Warum sollen es mit zwei Kinder klappen, wenn es mit einem oder keinem Kind nicht geklappt hat?

BF: Ich habe schon zuerst einen Kurs bekommen. Ich habe mich damals auch beim AMS registriert. Ich kann mich jetzt nicht mehr erinnern, ich glaube, dass ich erst im XXXX Schwangerschaftsmonat den Kurs bekommen [habe]. Ich will Deutsch lerne[n], ich will nähen lernen und arbeiten.

R: Sie haben in den letzten sechs Jahren nichts diesbezüglich gemacht, erklären Sie mir, warum ich Ihnen nun glauben soll, dass Sie es nun tun.

BF: Sechs Jahre. Drei Jahre war ich automatisch zu Hause mit meinem Sohn. Ich wollte schon Kurse machen, ich bin dann schwanger geworden und war zu Hause. Ich dachte, dass ich Kurse machen werde, wenn er in den Kindergarten besucht. Ich wollte einen Kurs machen, etwas lernen oder zumindest meinen Mann helfen. Ich möchte nicht ständig von meinem Mann erhalten werden und selbstständig sein.

R: Warum bekommen Sie dann ein zweites Kind, wenn Sie sagen, dass Sie arbeiten wollten, wenn Ihr Kind den Kindergarten angefangen hat?

BF: Ich weiß es nicht. Es hat sich so ergeben.

R: In welchen Vereinen sind Sie aktiv?

BF: Nein.

R: Und was haben Sie gemacht, Vereine, Sport, als Sie noch kein Kind hatten?

BF: Ich war beim AMS, ich sagte dort, dass ich einen A1-Kurs brauchte. Eine Österreicherin ist dann zu mir gekommen, als mein Sohn auf der Welt war, ich habe mit ihr gelernt und mit ihr gesprochen. Sie hat die deutsche Sprache unterrichtet.

R: Sie zogen im DEZEMBER 2014 innerhalb von XXXX um, im OKTOBER 2016 nach XXXX , seit APRIL 2017 leben Sie wieder in XXXX . Warum ziehen Sie so oft um?

BF: Die erste Wohnung war nicht gut, deshalb mussten wir die Wohnung umtauschen, die zweite war zu klein, als mein Sohn geboren wurde, dann sind wir nach XXXX übersiedelt In XXXX habe ich diese Österreicherin kennengelernt, sie ist zweimal in der Woche zu mir gekommen, dann sind wir nach XXXX übersiedelt. Dort stehe ich nur mit den Nachbarn in Kontakt.

R: An Ihrer Meldeadresse in XXXX konnten Sie im AUGUST 2015 nicht geladen werden, die Ladung kam mit dem Vermerk "unbekannt" zurück. Können Sie mir das erklären?

BF: Vielleicht war das zu dem Zeitpunkt, als wir die Wohnung getauscht haben.

R: Nein, das war im Dezember, vier Monat[e] später.

BF: Das habe ich schon verstanden, ich weiß es nicht.

R: Warum sind Sie an Ihrer Meldeadresse "unbekannt"?

BF: Dort stand nur der Familienname meines Mannes, wir waren dort nicht standesamtlich verheiratet, ich weiß nicht warum, ich weiß nicht warum die Ladung nicht zu mir kam.

R: Kommt es bei Ihnen daheim zu häuslicher Gewalt (Hinweis auf Aussageverweigerungsrecht, falls häusliche Gewalt von Ihnen ausgeht)?

BF lacht: Nein.

R: Wurde gegen Sie jemals eine Wegeweisung oder ein Betretungsverbot erlassen?

BF: Nein.

R: Ihr äußeres Erscheinungsbild hat sich seit dem Asylverfahren stark verändert, machen Sie das freiwillig?

BF: Ja, ich mache das freiwillig, Sie haben das erste Foto, dass man von mir haben. Das hat man mir gesagt, dass ich nicht mit Hijab fotografiert werden kann.

R: Wurden Sie jemals aus irgendeinem Grund angezeigt? Gab es ein Strafverfahren?

BF: Nein.

R: Sind Sie sonst bisher jemals mit der österreichischen Rechtsordnung in Konflikt gekommen?

BF: Nein.

R: Gibt es Beweismittel oder sonstige Unterlagen, zu Ihrem Privat- und Familienleben oder Ihrer Identität, Ihren Lebensumständen sowie Ihrem Gesundheitszustand, die Sie bislang im Verfahren nicht vorgelegt haben und heute vorlegen möchten?

BF: Nein, ich habe nichts.

R: Wie ist Ihr Gesundheitszustand? Benötigen Sie aktuell Medikamente oder Therapien?

BF: Nein.

R: Wer hat Ihre Ausreise organisiert? Wie wurde die Ausreise organisiert?

BF: Von zu Hause hierher?

R: Ja.

BF: Meine Mutter hat das organisiert.

R: Mit wem sind Sie nach Österreich gereist?

BF: Dort waren mit mir Leute, solche Leute, wie ich, die illegal hiergekommen sind, aber wer sie waren, weiß ich nicht, ich kann mich nicht erinnern.

R: Waren das Verwandten von Ihnen?

BF: Nein.

R: Auf S. 13 Ihre[r] Beschwerde schreiben Sie, dass es einer Frau aus dem Nordkaukasus verboten ist, alleine zu reisen, warum sollte Ihre Mutter Ihre Ausreise alleine organisieren?

BF: Zu Hause war es gefährlich. Es waren auch andere Frauen mit mir, die auch hierherfuhren, ohne diese Frauen hätte sie mich hiergeschickt. Bei uns im Islam ist das so. Eine Frau kann nur mit anderen reisen.

R: D. h., Sie hatten eine Fahrerin und eine Schlepperin?

BF: Nein.

R: Warum durften Sie mit einem Schlepper reisen?

BF: Weil auch Frauen im Fahrzeug waren.

R an D: Ist XXXX ein Vatersname?

D: Ja.

R: Ihr Name wird in zwei verschiedenen Schreibweisen geschrieben, " XXXX " oder " XXXX ", was ist richtig?

BF: Nach der standesamtlichen Eheschließung hat man es mit " XXXX " geschrieben.

R: Wie schreiben Sie sich jetzt richtig?

BF: " XXXX ".

R: Wieviel haben Sie für die Eheschließung bezahlt?

BF: Ich weiß es nicht.

R: Bevor eine Ehe nach islamischen Recht vollzogen werden kann, muss in Österreich eine standesamtliche Ehe bereits vorliegen. Standesamtlich haben Sie erst 2018, 5 Jahre später geheiratet. Erklären Sie mir das!

BF: Bei uns ist es umgekehrt. Im Islam wird zuerst nach dem islamischen Ritus geheiratet, dann standesamtlich.

R: Was ich Ihnen gesagt habe, sind die Regeln der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, warum sollte Sie ein österreichischer Imam, entgegen der Regelungen seiner Glaubensgemeinschaft verheiraten?

BF: Ich weiß es nicht. Das war ein Tschetschene, der islamische Imam.

R: Wie heißt der?

BF: Ich weiß nicht.

R: Wer waren die zwei Zeugen.

BF: Ich kann mich an ihre Namen nicht mehr erinnern.

R: Haben sie sie danach nie wiedergesehen?

BF: Nein, ich kann mich erinnern, dass die Nachbarn dort waren, die leben dort nach wie vor.

R: Zur Eheschließung müssen Lichtbildausweis, standesamtliche Heiratsurkunde. Geburtsurkunde und Meldezettel mitgebracht werden. Die Geburtsurkunde hatten Sie vor 2018 nicht in Österreich, einen Auslandsreisepass und Führerschein hatten Sie nicht, ihr Inlandsreisepass war beim Bundesamt. Erklären Sie mir, wie Sie Ihren Angaben zufolge geheiratet haben können sollen!

BF: Um nach dem islamischen Ritus zu heiraten, braucht man keinen Pass und keine Geburtsurkunde.

R: In Österreich schon.

BF: Ich weiß, dass man das in Österreich braucht, weil wir auch standesamtlich geheiratet haben.

R: Gibt es Beweise für die Eheschließung?

BF: Es gibt keine schriftliche Bestätigung.

R: Die Ehe verlangt nach dem Koran zu Ihrer Gültigkeit einen Ehevertrag, Sie gaben an, dass es keinen Beweis für die Eheschließung in Österreich gibt. Erklären Sie mir das!

BF: Ich habe das nicht gehört, dass so etwas im Koran steht, aber Zeugen braucht man schon.

R: Im Koran steht, dass man eine Brautgabe braucht, was war die Brautgabe?

BF: Ich kann mich nicht erinnern, wie viel das war.

R: Ich habe Sie ausführlich nach Ihrer Eheschließung gefragt, eine Brautgabe kam dabei nicht vor.

BF: Die Brautgabe braucht man, aber ich weiß nicht, wie viel es war.

R: Auf Grund der unglaubhaften Schilderung der Eheschließung geht das Gericht davon aus, dass Sie und Ihr Mann bereits in der Russischen Föderation nach muslimischem Ritus geheiratet haben. Was sagen Sie dazu?

BF: Weil wir kein Papier haben?

R: Weil Ihre Schilderung Ihre Eheschließung weder mit dem Koran noch mit der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich übereinstimmt und ich davon ausgehe[...], dass ein Imam das kann, was sagen Sie?

BF: Ich kann es nicht beweisen, dass wir hier nach dem muslimischen Ritus geheiratet [haben], wir haben keine Bestätigung bekommen. Ich habe auch kein Foto, um es zu beweisen.

R: Haben Sie jemals versucht, legal nach Österreich einzuwandern?

BF: Nein, ich bin das erste Mal hierhergekommen.

R: Warum nicht?

BF: Weil ich es eilig hatte. Meine Mutter hat mich gleich weggeschickt.

R: Was würde Ihnen passieren, wenn Sie Ihr Leben in der Russischen Föderation fortsetzen?

BF: Jetzt weiß ich nicht, in den sechs Jahren hat sich viel geändert.

R: Was hat sich geändert?

BF: Jetzt ist es nicht so, so wies früher war. Wie soll ich das erklären? Früher wurde mein Vater gesucht und deshalb hat man mich nach mir gesucht und deshalb wurde ich damals hierhergeschickt. Ich war seit sechs Jahren nicht mehr dort. Ich weiß nicht, wie es jetzt dort ist. Ich weiß nicht, was sich dort verändert hat und was mit mir dort sein wird. Ich habe hier Kinder, ich will hier mein Leben führen. Ich weiß nicht, wie ich das erklären soll.

R: Was würde passieren, wenn Sie dort die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Russischen Föderation abwarten?

BF: Ich weiß nicht.

R: Was würde passieren, wenn Sie XXXX nach Russland mitnehmen würden?

BF: Mit XXXX wir nichts passieren, aber ich weiß nicht, wie es sein wird.

R: Was würde passieren, wenn Ihr Mann Sie dort besuchen würde?

BF: Nichts, wahrscheinlich nichts, ich weiß es nicht. Ich habe keine Ahnung.

R: Wie hat sich Ihre persönliche Situation seit der Abweisung Ihres Antrages auf internationalen Schutz am 15.06.2015 verändert?

BF: Hier meinen Sie?

R: Hier und in der Russischen Föderation.

BF: Bitte um Entschuldigung können Sie es wiederholen.

R wiederholt die Frage.

BF: Mein Leben ist jetzt anders, ich habe [eine] eigene Familie, ich habe eigene Pläne. Auch was sich dort verändert hat, weiß ich nichts, dazu kann ich nichts sagen.

R Wie hat sich Ihre Sicht die Lage in der Russischen Föderation verändert, Sie haben doch Verwandte dort!

BF: Dort wird jetzt viel gebaut. Dort leben die Leute jetzt nach den islamischen Regeln, aber ich kann nichts Konkretes sagen, was sich inzwischen geändert hat. Ich weiß, dass dort Städte gebaut werden. Dass dort alles nach Islam geht, dort leben die Leute wie nach wie vor.

R: Wäre es gut oder schlecht für Sie, dass die dort nach dem Islam leben?

BF: Gut, dass sie nach dem islamischen Regeln leben, es wäre besser, [sie] hätten [...] vollständig den Islam angenommen [...].

R: Was heißt das?

BF: Das dort Islam herrscht, wi[r] sind ein islamisches Land.

R: Wie heißt das, ich verstehe das nicht!

BF: Dort leben Tschetschene[n, Tschetschenen] sind Moslems.

R: Warum wollen Sie dann in Österreich leben?

BF: Weil meine Familie hier lebt und ich mein Leben hier führe.

R: Ich habe noch immer nicht verstanden, was Sie damit, dass es besser wäre, wenn sie den Islam "vollständig" angenommen hätten, meinen!

BF: Dass sich die Leute, vollständig an den islamischen Regeln halten würden.

R Was fehlt, woran halten sie sich nicht?

BF: Sie halten sich nicht an die Regeln.

R: Ich verstehe Sie nicht.

BF: Als ich weggefahren bin, war die Situation anders und jetzt ist die Situation anders, das möchte ich zum Ausdruck bringen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten