TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/17 W176 2198365-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.03.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

17.03.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W176 2198365-1/19E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. NEWALD als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX .1986 (alias XXXX .1986), StA. Iran, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.05.2018, Zl. 1121056403-160914835/BMI-BFA_NOE_SP, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 33/2013 (VwGVG), als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der illegal ins Bundegebiet gereiste Beschwerdeführer brachte am XXXX .2016 einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

Bei der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab er an, Kurde schiitischen Glaubens zu sein. Er sei aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit schlecht behandelt worden und habe daher im Iran kein gutes Leben führen können. Er befürchte auch bei Rückkehr in den Iran eine "schlechte Behandlung".

2. Am 29.06.2017 wurde der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde einvernommen, wobei er eingangs seine Geburtsurkunde, eine Wehrdienstkarte sowie diverse Bestätigungen hinsichtlich seiner Teilnahme am Katechumenat und ein Empfehlungsschreiben vorlegte. Zum Fluchtgrund führte er aus, an sich keine Probleme im Iran gehabt zu haben. Er habe christlich-armenische Freunde gehabt. Zuvor sei er schiitischer Moslem gewesen, nun besuche er die Kirche, jedoch sehe er sich noch nicht als Christ, weil er noch nicht getauft worden sei. Im Herbst sei die Taufe, er besuche derzeit einen Kurs. Er wolle "diesen Weg" in Österreich fortsetzen und nicht in den Iran zurückkehren. Sein Vater wisse nichts über seine Konversion zum Christentum. Der Beschwerdeführer habe zwar keine Angst vor einer Rückkehr in den Iran, er wolle es aber nicht.

3. Der Beschwerdeführer wurde am 25.11.2017 in der röm.-kath. Pfarre Waidhofen an der Thaya getauft.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 200/2005 (AsylG), (Spruchpunkt I.), sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt II.) ab, erteilte gemäß § 57 AsylG keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) gegen den Beschwerdeführer (Spruchpunkt IV.) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) sowie dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für seine freiwillige Ausreise 14 Tage ("2 Wochen") ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Begründend stützte sich die Behörde im Wesentlichen darauf, dass der Beschwerdeführer nur zum Schein zum Christentum konvertiert sei und ihm keine Verfolgung im Iran drohe.

5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, in der er ausführte, er sei bereits im Iran dem Christentum nähergekommen und sei daher sein Entschluss gereift, einen christlichen Lebensweg einzuschlagen. Er habe sich gezwungen gesehen auszureisen, damit er seine Religion "näher kennenlernen" bzw. praktizieren könne. Die Ermittlungen der Behörde seien mangelhaft, weil eine Auseinandersetzung mit der Lage der Kurden im Bescheid fehle. Es werde auch auf die Lage von Konvertiten im Iran verwiesen.

6. Am 08.07.2019 fand am Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerdeverhandlung statt; in dieser wurde der Beschwerdeführer zu seinen Lebensverhältnissen im Iran befragt und P. XXXX , der den Beschwerdeführer getauft hat, als Zeuge einvernommen.

7. Am 25.02.2020 fand eine weitere Beschwerdeverhandlung statt, in der der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen sowie zu Aspekten seiner Integration in Österreich befragt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist iranischer Staatsangehörigkeit, in Teheran geboren und gehört der Volksgruppe der Kurden an. Er ist schiitischer Religionszugehörigkeit. Er besuchte im Iran neun Jahre lang die Grundschule in Teheran. Seine Muttersprache ist Kurdisch, allerdings spricht er auch exzellent Farsi. Den Iran verließ er im Besitz eines in Teheran ausgestellten Reisepasses. Im Iran leben sein Vater, seine drei Brüder und eine Schwester. Sein Vater sowie seine Brüder gehen einer Erwerbstätigkeit nach, seine Schwester ist Hausfrau und verheiratet. Er steht mit ihnen, vor allem seiner Schwester, in sehr gutem Einvernehmen und regelmäßigem Kontakt. Der Beschwerdeführer lebte im Iran die letzten 18 Jahre mit seinem Vater und den Brüdern gemeinsam in einer Eigentumswohnung. Er war als Verkäufer von Elektrogeräten tätig und ist (auch weiterhin) erwerbsfähig.

Der - strafgerichtlich unbescholtene - Beschwerdeführer bezieht Grundversorgung. Er befindet sich derzeit in psychologischer Behandlung. In Österreich lebt ein entfernter Verwandter des Beschwerdeführers als anerkannter Flüchtling. Zu diesem hat der Beschwerdeführer nur telefonischen Kontakt. Der Beschwerdeführer spricht kaum Deutsch. Auch in sonstiger Hinsicht ist merkliche Integration des Beschwerdeführers in Österreich nicht feststellbar.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Festgestellt wird, dass der als schiitischer Moslem geborene und aufgewachsene Beschwerdeführer nicht aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert ist.

Weiters wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Gefahr läuft, im Iran wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Kurden hier interessierenden Übergriffen ausgesetzt zu sein.

Es wird daher festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in den Iran nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung zu befürchten hätte.

1.3. Zur hier relevanten Situation im Iran:

Allgemeine Lage:

Iran ist eine islamische Republik mit etwa 80 Millionen Einwohnern. Staatsoberhaupt und Revolutionsführer ist Ayatollah Seyed Als Khamene-i, Präsident seit 2013 Hassan Rohani. Dem Staatsoberhaupt unterstehen u.a. die Revolutionsgarden (Pasdaran) und die mehrere Millionen Mitglieder umfassenden Basij-Milizen. Islamische und demokratische Elemente bestehen nebeneinander. Eine demokratische Verfassung im europäischen Sinn besteht nicht. Die allgemeine Sicherheitslage ist mit Ausnahme der Provinzen Sistan-Belutschistan, Kurdistan und West-Aserbaidschan, in denen es immer wieder zu Konflikten zwischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppen und Anschlägen gegen die Sicherheitskräfte kommt, ruhig, wobei latente Spannungen bestehen. Die verfassungsrechtlich festgeschriebene Unabhängigkeit der Justiz unterliegt Begrenzungen. Vor allem der Sicherheitsapparat nimmt in Einzelfällen massiven Einfluss auf die Urteilsfindung. Allgemein erfüllen Gerichtsverfahren internationale Standards nicht. Obwohl nach der Verfassung primär kodifiziertes Recht anzuwenden ist, kann im Zweifelsfall nach der iranischen Verfassung die Scharia vorrangig angewandt werden. Nach wie vor werden Körperstrafen und Todesstrafe angewandt. Es kommt immer wieder zu willkürlichen Verhaftungen, insbesondere im Zusammenhang mit politischer Überzeugung. Basij-Kräfte sind eine freiwillige paramilitärische Gruppierung, die oft bei der Unterdrückung von Oppositionellen oder der Einschüchterung von Zivilisten, die den strikten Moralkodex nicht befolgen, involviert sind. Die Revolutionsgarden (Sepah-e Pasadaran-e Enghelab-e Islami - IRGC) sind herausragend im Sicherheitsapparat, sie sind eine Parallelarmee und haben Wirtschaft, Politik und Verwaltung durchsetzt. Sie verfügen über eigene Gefängnisse. Mit willkürlichen Verhaftungen muss im Iran gerechnet werden. Auffälliges Hören von (westlicher) Musik, die Äußerung einer eigenen Meinung zum Islam, gemeinsame Autofahrten junger nicht verheirateter Männer und Frauen, gemischtgeschlechtliche Partys oder das Verstoßen gegen Bekleidungsvorschriften kann den Unmut zufällig anwesender Basijs bzw. mit diesen sympathisierenden Personen hervorrufen. Es kann auch zum Verprügeln durch Basij kommen. Die genaue Überwachungskapazität der iranischen Behörden ist unbekannt.

Auch 2017 wurden grausame und unmenschliche Strafen (zB. Peitschenhiebe, Amputationen) vollstreckt. Die Todesstrafe steht auf Mord, Sexualdelikte, gemeinschaftlichen Raub, wiederholten schweren Diebstahl, Drogenschmuggel, schwerwiegende Verbrechen gegen die Staatssicherheit, Abfall vom islamischen Glauben und homosexuelle Handlungen. Der Häufigkeit nach wird sie primär bei Drogendelikten, dann Mord und Sexualdelikten angewandt. Laut AI wurden 2017 mindestens 507 Personen hingerichtet. Auch 2016 war Iran mit hoher Wahrscheinlichkeit das Land mit der weltweit höchsten Hinrichtungszahl im Verhältnis zur Bevölkerung.

Religionsfreiheit, Situation von Christen und Konversion:

99% der Bevölkerung gehören dem Islam (Staatsreligion) an. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% Sunniten, der Rest Christen, Juden, Zorostrier, Baha-i, Sufis und kleinere religiöse Gruppen. Die in Art. 13 der iranischen Verfassung anerkannten "Buchreligionen" (Christen, Juden, Zoroastrier) dürfen ihren Glauben relativ frei ausüben. In Fragen des Ehe-und Familienrechts genießen sie verfassungsrechtlich Autonomie. Etwa 100.000 bis 300.000 - vornehmlich armenische - Christen leben im Iran, hauptsächlich in Teheran und Isfahan. Ihnen stehen zwei der 290 Parlamentssitze zu. Die Mehrheit der iranischen Christen ist den ethnischen Christen zuzuordnen (armenische, assyrische und chaldäische). Die nicht-ethnischen Christen gehören hauptsächlich der katholischen und protestantischen Kirche an und haben ihren Ursprung in der Zeit des Schah-Regimes. Jegliche Missionstätigkeit kann als "mohareb" (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden. Ihre Vertreter unterliegen Beschränkungen beim Zugang von höheren Staatsämtern. Anerkannte religiöse Minderheiten - Zoroastrier, Juden, armenische und assyrische Christen - werden diskriminiert, nicht anerkannte nicht-schiitische Gruppen (Bahá'í, konvertierte evangelikale Christen, Sufi, Atheisten) in unterschiedlichem Grad verfolgt. Sunniten werden v.a. beim beruflichen Aufstieg diskriminiert. Anerkannte religiöse Minderheiten sind in ihrer Glaubensausübung nur geringen Einschränkungen unterworfen (religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt, christliche Gottesdienste in Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind verboten).

Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wird weiterhin verletzt. Personen, die zum Christentum übergetreten waren, erhielten hohe Gefängnisstrafen (10 bis 15 Jahre). Es gab weiterhin Razzien in Hauskirchen. Personen, die sich zum Atheismus bekannten, konnten jederzeit willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und misshandelt werden. Sie liefen Gefahr, wegen "Apostasie" (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden. Unter besonderer Beobachtung stehen hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden. Muslimische Konvertiten und Mitglieder protestantischer Freikirchen sind willkürlichen Verhaftungen und Schikanen ausgesetzt. 2016 sollen 198 Gefangene wegen "Feindschaft gegen Gott", 31 wegen "Beleidigung des Islam" und 12 wegen "Korruption auf Erden" inhaftiert gewesen sein. Laut der Gefangenenliste von Open Doors mit Stand September 2017 befanden sich 56 Christen in Haft, 5 wurden freigelassen, 13 wurden auf Kaution freigelassen und 10 mit dem Verbot das Land zu verlassen freigelassen.

Apostasie (Abtrünnigkeit vom Islam) ist verboten und mit langen Haftstrafen bis zur Todesstrafe bedroht. Im iranischen Strafgesetzbuch ist der Tatbestand zwar nicht definiert, die Verfassung sieht aber vor, dass die Gerichte in Abwesenheit einer definitiven Regelung entsprechend der islamischen Jurisprudenz zu entscheiden haben. Dabei folgen die Richter im Regelfall einer sehr strengen Auslegung auf Basis der Ansicht von konservativen Geistlichen wie Staatsgründer Ayatollah Khomenei, der für die Abkehr vom Islam die Todesstrafe verlangte. Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel "moharebeh" ("Waffenaufnahme gegen Gott"), Verdorbenheit auf Erden, oder "Handlungen gegen die nationale Sicherheit". Bei keiner der Hinrichtungen in den letzten Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie einer bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war. Hingegen wurden im Jahr 2016 25 Sunniten (davon 22 Kurden) u.a. wegen "moharebeh" exekutiert (ÖB Teheran 9.2017). Christliche Konvertiten werden normalerweise nicht wegen Apostasie bestraft, sondern solche Fälle als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit angesehen und vor den Revolutionsgerichten verhandelt. Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Für Konversion wurde in den letzten zehn Jahren keine Todesstrafe ausgesprochen. Allein wegen Konversion werden keine Gerichtsverfahren geführt. Missionstätigkeit unter Muslimen kann eine Anklage wegen Apostasie und Sanktionen bis zur Todesstrafe nach sich ziehen. Im Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß Abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf.

Es kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass auch ein im Ausland Konvertierter im Iran wegen Apostasie verfolgt wird. Die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und in den Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab. Es wird diesbezüglich von familiärer Ausgrenzung berichtet sowie von Problemen, sich in der islamischen Struktur des Staates zurechtzufinden. In Familien eines öffentlich Bediensteten oder eines Polizisten wird die Konversion als Familienmitglied als heikel eingeschätzt, wobei es sein kann, dass der Konvertit aus der Familie verbannt oder den Behörden gemeldet wird, um die Arbeit des Amtsträgers nicht zu beeinträchtigen. Die Schließungen der "Assembly of God" Kirchen im Jahr 2013 führten zu einer Ausbreitung der Hauskirchen. Deren Anzahl steigt. Es ist schwierig diese zu kontrollieren, da sie verstreut, unstrukturiert und ihre Örtlichkeiten meist nicht bekannt sind. Sie werden teils überwacht. Die Behörden nutzen Informanten, die die Hauskirchen infiltrieren. Diese organisieren sich daher in kleinen und mobilen Gruppen. Wenn Behörden Informationen bezüglich einer Hauskirche bekommen, wird ein Überwachungsprozess in Gang gesetzt. Ob die Behörden eingreifen, hängt von den Aktivitäten und der Größe der Hauskirche ab. Die Überwachung von Telekommunikation, Social Media und Online-Aktivitäten ist weitverbreitet. In den letzten Jahren gab es mehrere Razzien in Hauskirchen und Anführer und Mitglieder wurden verhaftet. Eine Hauskirche kann beispielsweise durch Nachbarn aufgedeckt werden, die abnormale Aktivitäten um ein Haus bemerken. Ansonsten haben die Behörden kaum Möglichkeiten, eine Hauskirche zu entdecken, da die Mitglieder in der Regel sehr diskret sind. Organisatoren von Hauskirchen können sich dem Risiko ausgesetzt sehen, wegen "Verbrechen gegen Gott" angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Es ist aber kein Fall bekannt, bei dem diese Beschuldigung auch tatsächlich zu einer Exekution geführt hätte. Nicht verlässlich bekannt ist, ob nur Anführer oder auch einfache Mitglieder verfolgt werden. Primär zielen die Behörden auf Anführer der Hauskirchen ab. Ein Hauskirchenmitglied, das zum ersten Mal festgenommen wird, wird normalerweise nach 24 Stunden wieder freigelassen. Die typische Vorgehensweise gegen eine Hauskirche ist, dass der Anführer der Hauskirche verhaftet und wieder freigelassen wird, um die Gemeinschaft anzugreifen und zu schwächen. Ob ein Mitglied einer Hauskirche im Visier der Behörden ist, hängt auch von seinen durchgeführten Aktivitäten und ob er/sie auch im Ausland bekannt ist, ab. Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung. Wenn der Konversion andere Aktivitäten nachfolgen, wie zum Beispiel Missionierung oder Unterricht anderer Personen im Glauben, kann dies zu einem Problem werden. Wenn ein Konvertit nicht missioniert oder eine Hauskirche bewirbt, werden die Behörden i.d.R. nicht über ihn Bescheid wissen.

Konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, sind für die Behörden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht von Interesse. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, könnte dies anders sein. Wenn er den Behörden nicht bekannt war, ist eine Rückkehr in den Iran kein Problem. Wenn ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social Media-Kanälen, einschließlich Facebook berichtet, können die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Wenn der Konvertit kein "high-profile"-Fall ist und nicht missionarisch tätig ist bzw. keine anderen Aktivitäten setzt, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, ist nicht von einer harschen Bestrafung auszugehen. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein wird nicht zu einer Verfolgung führen. Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, steht nicht fest.

Iran gehört mit etwa 80 Millionen Einwohnern zu den 20 bevölkerungsreichsten Ländern der Erde . Das Bevölkerungswachstum beträgt etwa 1,3%. Dabei ist die iranische Gesellschaft weit heterogener als die offizielle Staatsdoktrin glauben machen will. Nur etwa 51% der Iraner sind Perser. Dazu kommt die Volksgruppe der Aseris mit 24% der Gesamtbevölkerung, etwa 8% Gilakis und Mazanderanis, 7% Kurden, 3% Araber und je etwa 2% Turkmenen, Luren und Balutschen. Die diesbezüglich genannten Zahlen variieren teils beträchtlich. Zudem leben viele Flüchtlinge im Land, von denen die afghanischen mit etwa zwei Millionen weiterhin die größte Gruppe stellen, gefolgt von irakischen. Insgesamt ist Iran im Moment das viertgrößte Aufnahmeland für Flüchtlinge weltweit. Die ethnischen Minderheiten des Iran leben eher in den Grenzregionen des Landes zu seinen Nachbarn, die Kurden etwa im Nordwesten, die Araber in der Region um den Persischen Golf. Dennoch sind Entwicklungen wie etwa im Irak oder Afghanistan in Iran nicht zu erwarten. Abseits eines gern gepflegten Patriotismus zur eigenen Ethnie sind separatistische Bewegungen ethnischer Minderheiten kein vielen Nachbarstaaten vergleichbares Problem. Sie beschränken sich auf einige Gruppierungen in Balutschistan und Kurdistan, wobei gerade hier die Regierung immer wieder gern selbst Separatismus unterstellt, um diesem mit Gewalt zuvorzukommen (GIZ 3.2018c).

Situation von Angehörigen ethnischer Minderheiten im Allgemeinen und der kurdischen Volksgruppe im Speziellen:

Es sind keine Rechtsverletzungen gegen Mitglieder ethnischer Minderheiten aus rein ethnischen Gesichtspunkten bekannt. Von Diskriminierungen im Alltag (rechtlich, wirtschaftlich und/oder kulturell, z.B. Zugang zu Wohnraum, Wasser und Bildung) wurde jedoch betreffend u.a. Angehöriger der arabischen Gemeinschaft der Ahwazi, Aseris, Belutschen, Kurden und Turkmenen berichtet. Der Gebrauch ihrer jeweiligen Muttersprache in Behörden und Schulen ist weiterhin verboten, trotz entsprechender Zusagen von Präsident Rohani während seines Wahlkampfes im Jahr 2013. Menschen, die sich für Minderheitenrechte einsetzten, wurden bedroht, festgenommen und bestraft (ÖB Teheran 9.2017).

Der Vielvölkerstaat Iran verfolgt gegenüber ethnischen Minderheiten grundsätzlich eine auf Ausgleich bedachte Politik, v.a. die Aseri sind in Staat und Wirtschaft sehr gut integriert (AA 2.3.2018). Die Infrastruktur von Regionen, wo Minderheiten wohnen, sind allerdings zum Teil stark vernachlässigt (BMI 2015). Angehörigen ethnischer Minderheiten, die die Verletzung ihrer Rechte kritisieren, drohen willkürliche Inhaftierung, Folter und andere Misshandlungen, grob unfaire Gerichtsverfahren, Gefängnisstrafen und die Todesstrafe. Geheimdienste und Sicherheitsorgane beschuldigten Aktivisten, die sich für die Rechte von Minderheiten einsetzten, sie würden "separatistische Strömungen" unterstützen, die Irans territoriale Integrität bedrohten (AI 22.2.2018).

Die Kurden (überwiegend Sunniten) sind hinsichtlich ihrer kulturellen Eigenständigkeit staatlicher Diskriminierung ausgesetzt. Dennoch werden sie in größerer Zahl in hohe Ämter der Provinzverwaltungen und zunehmend auch in der Ministerialbürokratie berufen (so wurde 2018 erstmals eine kurdischstämmige Frau Vize-Innenministerin). In der Verfassung vorgesehener Schulunterricht sowie Studiengänge in kurdischer Sprache sind seit dem Erlass von Rohani im Jahr 2016 rechtlich möglich. Es ist jedoch nicht nachprüfbar, in welchem Umfang Unterricht an Schulen und Universitäten tatsächlich angeboten wird, da er nicht aktiv vom iranischen Staat gefördert wird. Der iranische Staatsrundfunk sendet stundenweise kurdischsprachige Sendungen auf dem Regionalsender IRIB Kurdistan (AA 2.3.2018). Die Regierung schränkte kulturelle und politische Aktivitäten der Kurden ein (HRW 18.1.2018). Problematisch sind vor allem kulturelle Aktivitäten, die politisch werden (DIS/DRC 23.2.2018).

Seit dem Unabhängigkeitsreferendum der irakischen Kurden im September 2017 wurde die Präsenz von Militär und Revolutionsgarden deutlich erhöht (AA 2.3.2018, vgl. DIS/DRC 23.2.2018). Das Erdbeben von Kermanshah im November 2017, dessen Auswirkungen fast ausschließlich in den von Kurden bewohnten Gebieten zu spüren sind, hat die Präsenz der Sicherheitskräfte noch verfestigt, ca. 5.800 Freiwillige der Revolutionsgarden sollen bis zum Ende der Aufräumarbeiten vor Ort bleiben (AA 2.3.2018). Im September 2017 war die Polizei in der gesamten Provinz Kurdistan sehr stark präsent, als Angehörige der kurdischen Minderheit Kundgebungen abhielten, um das Unabhängigkeitsreferendum der Kurden im Nordirak zu unterstützen. Dabei wurden Berichten zufolge über ein Dutzend Personen festgenommen (AI 22.2.2018). In der iranischen Provinz Kurdistan gibt es auch militärische und geheimdienstliche Präsenz, die nicht immer sichtbar ist. Die Überwachung in diesem Gebiet ist nicht systematisch, aber strukturiert und auch nicht zufällig, sondern gezielt (DIS/DRC 23.2.2018).

Kurdischen Aktivisten werden in vielen Fällen von der Zentralregierung separatistische Tendenzen vorgeworfen und diese entsprechend geahndet (AA 2.3.2018). Unter den politisch Verfolgten sind daher verhältnismäßig viele Kurden. Auffallend sind die häufigen Verurteilungen im Zusammenhang mit Terrorvorwürfen - insbesondere die Unterstützung der als Terrororganisation geltenden PJAK (partiya jiyana azad a kurdistane, "Partei für ein freies Leben in Kurdistan", Schwesterorganisation der PKK in Iran) - und die oftmals unverhältnismäßig hohen Strafausmaße. Zusammenstöße zwischen Kurden und iranischen Sicherheitskräften, welche insbesondere im zweiten Quartal 2016 zunahmen und, neben hunderten Festnahmen, auch zu Toten und Verletzten führten, nähren Befürchtungen, dass Kurden zukünftig vermehrt Repressalien ausgesetzt sein könnten, nicht zuletzt um Sympathiebekundungen mit den Unabhängigkeitsbestrebungen der irakischen Kurden hinten anzuhalten. Hier gilt es jedoch anzumerken, dass von kurdischer Seite Gewalttätigkeiten gegen iranische Sicherheitskräfte zunehmen. So bestätigte etwa die Demokratische Partei Kurdistans in Iran [KDPI] im September 2016, dass die Peschmerga, Streitkräfte der Autonomen Region Kurdistan, einen bewaffneten Konflikt mit iranischen Regierungstruppen in den kurdischen Gebieten Irans begonnen hätten (ÖB Teheran 9.2017, vgl. DIS/DRC 23.2.2018). KDPI, Komala und PJAK sind im Untergrund aktiv. Dies sind politische Gruppierungen, aber vor allem PJAK und Komala erscheinen momentan weniger aktiv (DIS/DRC 23.2.2018).

Rückkehr:

Allein der Umstand, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, löst bei der Rückkehr keine staatlichen Repressionen aus. In der Regel dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden gar nicht bekannt werden. Trotzdem kann es in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen. Bisher wurde kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden. Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, können von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und in den Iran zurückkehren. In Einzelfällen konnte im Falle von Rückkehrern aus Deutschland festgestellt werden, dass diese bei niederschwelligem Verhalten und Abstandnahme von politischen Aktivitäten, mit Ausnahme von Einvernahmen durch die iranischen Behörden unmittelbar nach der Einreise, keine Repressalien zu gewärtigen hatten. Für die Rückkehr in den Iran braucht man eine offizielle Erlaubnis des iranischen Staates. Die Rückkehr wird mit den Behörden von Fall zu Fall verhandelt. Iraner, die im Ausland leben, sich dort öffentlich regimekritisch äußern und dann in den Iran zurückkehren, können von Repressionen bedroht sein.

Iraner, die im Ausland leben, sich dort öffentlich regimekritisch äußern und dann nach Iran zurückkehren, können von Repressionen bedroht sein (AA 2.3.2018). Wenn Kurden im Ausland politisch aktiv sind, beispielsweise durch Kritik an der politischen Freiheit in Iran in einem Blog oder anderen Online Medien, oder wenn eine Person Informationen an die ausländische Presse weitergibt, kann das bei einer Rückreise eine gewisse Bedeutung haben. Die Schwere des Problems für solche Personen hängt aber vom Inhalt und Ausmaß der Aktivitäten im Ausland und auch vom persönlichen Aktivismus in Iran ab (DIS/DRC 23.2.2018).

Sozialbeihilfen:

Dem Gesundheitsministerium ist auch die Verantwortung für Sozialhilfe und Versicherungswesen übertragen. Es gibt verschiedene Versicherungsträger, welche alle dem im Sozialministerium angesiedelten "Hohen Versicherungsrat" (HIC) unterstehen, der die Versicherungspolitik plant, koordiniert, durchführt und überwacht. Ein Hauptversicherer ist die "Organisation für Sozialversicherung" (SSIO). Alle Arbeitgeber und -nehmer zahlen in dessen System ein und erhalten dafür gewisse Unterstützungsleistungen (ÖB Teheran 12.2018). Alle angestellten Arbeitnehmer unterliegen einer Sozialversicherungspflicht, die die Bereiche Rente, Unfall und

Krankheit umfasst. Der Rentenanspruch entsteht in voller Höhe nach 30 Einzahlungsjahren. Nachdem in die Sozialversicherungskasse zwei Jahre eingezahlt wurde, entsteht für Angestellte ein monatlicher Kindergeldanspruch in der Höhe von 1.111.269 IRR (ca. 7,70 Euro) pro Kind. Ebenfalls besteht ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Arbeitslosengeld in der Höhe von 70-80% des Gehaltes, das für mindestens ein Jahr gezahlt wird. Schließlich erhält ein geringer Teil der nicht oder gering verdienenden iranischen Bevölkerung zur Sicherung der Grundversorgung monatlich 450.000 IRR (ca. 3.10 Euro, sog. Yarane). Dabei handelt es sich jedoch um ein auslaufendes System, das keine Neuaufnahmen zulässt. Angesichts drängender Wirtschaftsnöte wurde im September 2018 zusätzlich die Ausgabe von 10 Millionen elektronischen Lebensmittelkarten beschlossen, ergänzt durch Nahrungsmittelpakete für die am meisten von Armut betroffenen Familien (AA 12.1.2019).

Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer und ihre Familien sind nicht bekannt. Im Übrigen gibt es soziale Absicherungsmechanismen, wie z.B. Armenstiftungen, Kinder-, Alten-, Frauen- und Behindertenheime. Hilfe an Bedürftige wird durch den Staat, die Moscheen, religiöse Stiftungen, Armenstiftungen und oft auch durch NGOs oder privat organisiert (z.B. Frauengruppen) (AA 12.1.2019).

Kostenfreie Bildung und Gesundheitsversorgung sind als Teil des Sozialwesens für alle iranischen Bürger gewährleistet. Weitere Leistungen können vom Arbeitgeber angeboten werden (IOM 2018).

Eine staatliche Arbeitslosenhilfe gibt es nicht, es sei denn der Rückkehrer oder dessen Arbeitgeber haben monatliche Beiträge an eine entsprechende Versicherungsfirma gezahlt. Die Mitgliedschaft in der Sozialversicherung ist für alle Arbeitnehmer verpflichtend. Die Sozialsicherung schützt im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Berufsunfällen und auch bei altersbedingtem Ausscheiden. Seit 2003 wurden die zuständigen Institutionen überholt und zusammengelegt, um Ineffektivität und Redundanzen zu vermeiden. Das System deckt alle Angestellten und FreiberuflerInnen ab, wobei letztere zwischen verschiedenen Sfufen wählen können. Freiwillige Abdeckung ist für vorher versicherte Personen bis 55 Jahre verfügbar (mindestens 30 Tage) sowie für die Gruppe der Berufskraftfahrer. Spezielle Systeme gibt es darüber hinaus für Staatsangestellte und Militärangehörige. Solange Rückkehrende für eine iranische Organisation/Firma arbeiten, übernehmen die Arbeitgeber den Großteil der Beiträge. Ansonsten muss (je nach gewähltem Angebot) selbst eingezahlt werden. Für Angestellte müssen 7% des monatlichen Gehalts abgegeben werden, während Selbstständige und Private einen individuell abgestimmten Beitrag in Gänze bezahlen (IOM 2018).

Für schutzbedürftige Gruppen im Iran gibt es zwei Arten von Zentren: Öffentliche und private. Die öffentlichen Einrichtungen sind in der Regel überlaufen und es gibt lange Wartezeiten, weshalb Personen, die über die nötigen Mittel verfügen sich oft an kleinere spezialisierte private Zentren wenden. Die populärste Organisation ist BEHZISTI, welche Projekte zu Genderfragen, alten Menschen, Behinderten (inklusive psychischer Probleme) ethnischer und religiöser Minderheiten, etc. anbietet. Außerdem werden Drogensüchtige, alleinerziehende Mütter, Personen mit Einschränkungen etc. unterstützt. Zu den Dienstleistungen zählen unter anderem Sozio- psychologische Betreuung, Beratungsgespräche, Unterkünfte, Rehabilitationsleistungen etc. Es gibt einige Zentren unter Aufsicht der BEHZISTI Organisation, welche Personen in Not Hilfe gewähren. Solche Leistungen sind kostenfrei. Aufgrund der hohen Nachfrage und einiger Beschränkungen bevorzugen viele zahlungspflichtige private Zentren (IOM 2018).

Der Kampf gegen die Armut wird vor allem unter religiösen Vorzeichen geführt. Die großen religiösen Stiftungen haben hier theoretisch ihren Hauptaufgabenbereich. Außerdem liegt die Versorgung der Armen in der Verantwortung der Gesellschaft, das Almosengeben ist eine der Säulen des Islam. Die blauen Spendenbehälter, vom Staat aufgestellt um die sadeqe, die Almosen, zu sammeln, finden sich in jeder Straße. Ein Ansatz, gerade der Armut auf dem Land entgegenzuwirken, ist Bildung. Der Staat schickt beispielsweise Studenten, die als Pflichtteil des Studiums in Dörfern abgelegener Regionen unterrichten müssen. Viele weitere staatliche Anstrengungen zur Bekämpfung der Armut werden jedoch dadurch behindert, das der Staat selbst aufgrund des Verfalls des Ölpreises in finanziellen Schwierigkeiten steckt (GIZ 3.2019b).

Medizinische Versorgung:

Im Gesundheitswesen zeigt sich ein Stadt-Land-Gefälle. Zwar ist es fast flächendeckend - laut WHO haben 98% aller Iraner Zugang zu ärztlicher Versorgung (100% in Städten, 95% auf dem Land), aber die Qualität schwankt. Die Kosten für Krankenhäuser werden unter anderem dadurch gesenkt, indem die Versorgung des Kranken mit Dingen des täglichen Bedarfs, etwa Essen, immer noch weitestgehend seiner Familie zufällt (GIZ 3.2017a). Die medizinische Versorgung ist in Teheran und anderen großen Städten ausreichend bis gut. In den zahlreichen Apotheken [Persisch: daru-khane] sind die meisten auch in Europa gebräuchlichen Medikamente zu kaufen und nicht sehr teuer (GIZ 3.2017b).

Die spezialisierte, medizinische Versorgung ist in weiten Landesteilen medizinisch, hygienisch, technisch und organisatorisch nicht auf der Höhe der Hauptstadt und nicht vergleichbar mit europäischem Standard. In Teheran ist die medizinische Versorgung in allen Fachdisziplinen meist auf einem recht hohen Niveau möglich (AA 15.3.2017). Grundsätzlich entspricht die medizinische Versorgung nicht (west-) europäischen Standards. Gegen Zahlung hoher Summen ist jedoch in den Großstädten eine medizinische Behandlung nach erstklassigem Standard erhältlich. Die Versorgung mit Medikamenten ist weitgehend gewährleistet. Behandlungsmöglichkeiten auch für schwerste Erkrankungen sind zumindest in Teheran und ggf. gegen Zahlung entsprechender Kosten grundsätzlich gegeben. Iran verfügt über ein staatliches Versicherungswesen, welches prinzipiell auch die Deckung von Krankheitskosten umfasst. Allerdings müssen Patienten hohe Eigenleistungen teils in Form von Vorauszahlungen erbringen und regelmäßig lange Wartezeiten in Kauf nehmen (AA 8.12.2016).

Die Regierung versucht kostenfreie medizinische Behandlung und Medikamentenversorgung für alle Iraner zu gewährleisten. Es gibt zwei verschiedene Krankenversicherungen: entweder durch die Arbeit oder privat. Beide gehören zur staatlichen iranischen Krankenversicherung TAMIN EJTEMAEI genannt: www.tamin.ir/. Kinder sind zumeist durch die Krankenversicherung der Eltern gedeckt (IOM 2016).

Versicherung durch Arbeit: Regierungsangestellte profitieren vom kostenfreien Zugang zur staatlichen Krankenversicherung. Private Firmen decken die Unfallversicherung für ihre eigenen Mitarbeiter.

Private Versicherung: Mit Ausnahme von Regierungsangestellte müssen sich alle iranischen Bürger selbst privat versichern, wenn deren Arbeitgeber dies nicht bereits erledigen. Um die Versicherung zu erhalten sind eine Kopie der iranischen Geburtsurkunde, ein Passfoto und eine komplette medizinische Untersuchung notwendig.

Salamat Versicherung: Diese neue Versicherung wird vom Ministerium für Gesundheit angeboten und deckt bis zu 90% der Behandlungskosten. Die Registrierung erfolgt online unter: http://www.bimesalamat.ir/isc/ISC.html (IOM 2016).

Zugang speziell für Rückkehrer:

Anmeldeverfahren: Alle iranischen Bürger einschließlich Rückkehrer können beim Tamin Ejtemaei eine Krankenversicherung beantragen.

Notwendige Dokumente: Eine Kopie des iranischen Geburtszertifikats, ein Passfoto, und ein vollständiges medizinisches Check-up sind notwendig. Weitere Dokumente können jedoch noch verlangt werden.

Zuschüsse: Zuschüsse hängen von der gewählten Versicherung des Klienten ab, über die er/sie während der Registrierung ausführlich informiert wird.

Kosten: Jegliche Kosten werden vom Arbeitgeber getragen sobald die Person eine Arbeit im Iran aufnimmt. Andernfalls müssen die Kosten selber getragen werden (IOM 2016).

Mehr als 85% der Bevölkerung in ländlichen als auch ärmeren Regionen hat Zugang zu essentiellen Gesundheitsdienstleistungen. In den letzten drei Jahrzehnten wurden im Iran diverse Reformen zur Verbesserung der Lebensverhältnisse der Bevölkerung vorgenommen, nach deren Implementierungen wesentliche Fortschritte im sozialen sowie wirtschaftlichen Sektor verzeichnet werden konnten. In ländlichen Regionen verfügt jedes Dorf über ein sogenanntes Gesundheitshaus, in dem ausgebildete "Behvarz" und Gesundheitsarbeiter zur medizinischen Behandlung bereitstehen. In städtischen Regionen stehen, ebenfalls ähnlich verteilt, eine Vielzahl an Gesundheitszentren zur Verfügung. Das gesamte Gesundheitssystem wird vom Ministerium für Gesundheit und Medizinische Bildung verwaltet. Die Universitätskliniken, von denen in jeder Provinz eine vorhanden ist, spielen ebenfalls eine wichtige Rolle hinsichtlich der medizinischen Versorgung. Der Universitätsleiter fungiert hier als Oberhaupt aller medizinischen Dienstleistungen und ist verantwortlich für alle Gesundheitshäuser und Kliniken in der jeweiligen Region. Trotz kürzlicher Sanktionen gegen den Iran die zu einer vorläufigen Knappheit bestimmter Medikamentengruppen geführt haben, gibt es generell keinen Mangel an Medikamenten, Spezialisten sowie Behandlungsmöglichkeiten. Pharmazeutische Produkte werden unter der Aufsicht des Gesundheitsministeriums ausreichend importiert. Darüber hinaus gibt es vor allem in größeren Städten mehrere private Kliniken die für Privatpatienten Gesundheitsdienste anbieten (IOM 2016).

Einweisung: In jedem Bezirk gibt es Ärzte sowie Kliniken, die dazu verpflichtet sind Notfälle zu jeder Zeit aufzunehmen. In weniger dringenden Fällen sollte der Patient zunächst sein Gesundheitscenter kontaktieren und einen Termin vereinbaren.

Verfügbarkeit von Medikamenten: "The Red Crescent" ist die zentrale Stelle bezüglich des Imports von speziellen Medikamenten, die für Patienten in bestimmten Apotheken erhältlich sind. Generell sind alle Medikamentengruppen im Iran erhältlich, welche üblicherweise in kleinen Mengen ausgeteilt werden um den Weiterverkauf auf dem Schwarzmarkt zu unterbinden (IOM 2016).

2. Beweiswürdigung:

2.1. Wie vorweg festzuhalten ist, geht das Bundesverwaltungsgericht von der Einvernahmefähigkeit des Beschwerdeführers aus: Bereits in der ersten Beschwerdeverhandlung, in der er angab, er könne der Verhandlung nicht folgen, weil es ihm nicht gut gehe, war er - wie sich aus der betreffenden Verhandlungsschrift klar ergibt - durchaus in der Lage, die ihm gestellten Fragen in adäquater Weise zu beantworten. In der zweiten Beschwerdeverhandlung gab er dann an, der Verhandlung folgen zu können, und auch sein Rechtsvertreter brachte nicht vor, dass der Beschwerdeführer nicht einvernahmefähig sei.

2.2.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und seinem Leben im Iran und in Österreich (einschließlich jener zu seiner Familienangehörigen) basieren auf seinen diesbezüglichen Angaben vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht. Diesbezüglich sind seine Angaben während des gesamten Verfahrens gleichgeblieben, weshalb sie als glaubwürdig zugrunde zu legen waren.

Die mangelnden Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers waren festzustellen, da dieser in der (zweiten) Beschwerdeverhandlung nicht in der Lage war, die Frage, was er am letzten Wochenende gemacht habe, zu beantworten, sondern auf Farsi angab, er könne auf Deutsch nicht antworten.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer, der im Iran als Verkäufer gearbeitet hat, - auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass er derzeit in psychologischer Behandlung ist - weiterhin erwerbsfähig ist, stützt sich auf seine Aussage in der (zweiten) Beschwerdeverhandlung, dass er im Falle, dass er keine Grundversorgung mehr bekommen würde, arbeiten könnte.

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers basiert auf einer aktenkundigen Strafregisterauskunft, jene zum Bezug von Grundversorgung auf einem ebenso aktuellen Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem. Die Feststellung zur geringen Integration des Beschwerdeführers stützt sich - abgesehen von den mangelhaften Deutschkenntnissen - insbesondere auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer nur über wenige soziale Bindungen in Österreich verfügt.

2.2.2. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer nicht aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert ist, basiert auf folgenden Erwägungen:

Zunächst ist - in Hinblick auf den Stellenwert, welchen die Konversion des Beschwerdeführers in dessen nunmehrigem Fluchtvorbringen hat - der belangten Behörde darin Recht zu geben, dass der Beschwerdeführer die Gründe, auf die er den Antrag auf internationalen Schutz stützt, im Lauf des Verfahren zur Gänze ausgetauscht hat: Hatte er seinen Asylantrag bei der Erstbefragung noch mit seiner Volksgruppenzugehörigkeit begründet, deretwegen er im Iran schlecht behandelt worden sei, erwähnte er bei seiner Einvernahme vor der belangten Behörde eine derartige Problematik nicht mehr, sondern brachte vor, er habe über christlich-armenische Freunde im Iran das Christentum kennengelernt und sei nach Österreich gekommen, um diesen Weg fortzusetzen. Auf Vorhalt, weshalb er diese religiösen Aspekte nicht bereits zuvor erwähnt habe, gab er (aktenwidrig) an, nie gesagt zu haben, dass er Kurde sei und deshalb Probleme gehabt habe. In der zweiten Beschwerdeverhandlung brachte er (in Widerspruch dazu) dann vor, er habe nicht gewusst, dass es sich bei der Erstbefragung "um ein formelles Interview" gehandelt habe.

Überdies sind Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Kontakt zum Christentum bereits im Iran auch in Hinblick auf Widersprüche innerhalb seines diesbezüglichen Vorbringens unglaubwürdig: Hatte vor der belangten Behörde in diesem Zusammenhang noch zwei Männer namens XXXX und XXXX genannt, gab er vor Gericht dazu an, die beiden Freunde hätten XXXX und XXXX geheißen.

Weiters ist das vom Beschwerdeführer zur Frage, weshalb er seinen Weg zum Christentum nicht weiter verfolgen habe können, erstattete Vorbringen, dass ua. seine (einzige) Schwester darauf kommen hätte können, aufgrund der Aussage des Beschwerdeführers, er habe ein sehr gutes Verhältnis zu ihr und sie wisse auch von seiner Konversion Bescheid, wenig plausibel.

Überdies konnte der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar darlegen, weshalb er sich gerade der von ihm ausgewählten christlichen Konfession zugewandt habe. So gab er dazu vor der belangten Behörde an, die protestantische Kirche in XXXX sei "immer zu" gewesen sei und der katholische Pfarrer habe ihm "vorgeschlagen" habe, er könne doch den katholischen Glauben annehmen, weil dieser "mehr üblich und in der Gesellschaft mehr verbreitet" sei bzw. vor Gericht, dass in der Stadt, in die er gekommen sei, alle Katholiken gewesen seien und er deshalb dann die katholische Kirche besucht habe. Diese Aussagen legen nach Ansicht des Gerichtes keine tiefgreifende Auseinandersetzung des Beschwerdeführers mit den wesentlichen Glaubensfragen nahe, zumal dieser im Iran eine protestantische Hauskirche besucht haben will.

Des Weiteren kann nicht nachvollzogen werden, dass die bei der ersten Beschwerdeverhandlung vorgelegten, im Rahmen der Taufvorbereitung erstellten "Hausaufgaben" (die auch Fragen zu Eucharistie und Wandlung beinhalteten) tatsächlich wie vom Beschwerdeführer angegeben von ihm selbst verfasst wurden (dies mit einer Skizze, wonach Brot und Wein zu Leib und Blut Christi würden), und zwar - abgesehen von seinen schlechten Deutschkenntnissen - wegen des Umstandes, dass er in der zweiten Beschwerdeverhandlung auf die Frage, was bei der Kommunion passiere, angab, dies nicht zu wissen.

Überdies lassen sich die Aussagen des in der (ersten) Beschwerdeverhandlung als Zeuge einvernommenen Pfarrers der röm.-kath. Pfarre XXXX nicht als Argument für die Annahme ins Treffen führen, der Beschwerdeführer sei aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert. So gab der Zeuge an, dass sich die Abklärung der Frage, ob der Beschwerdeführer reif für die Taufe sei, aufgrund der mangelnden Deutschkenntnisse schwierig gestaltet habe, und auf die Frage, was ausschlaggebend für seine Entscheidung, gewesen sei, den Beschwerdeführer zu taufen, dass er nur sagen könne, dass der Beschwerdeführer größtenteils an den Treffen teilgenommen habe.

In das sich ergebende Bild passt weiters der Umstand, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage war, den Tag anzugeben, an dem er getauft wurde, obwohl er vorbrachte, dass er sich seit der Taufe als Christ fühle.

Der Vollständigkeit halber sei noch festgehalten, dass der Beschwerdeführer in der (ersten) Beschwerdeverhandlung auf die Frage nach seiner Konfession angab, er sei "hier katholischer Christ" (Hervorhebung nicht im Original).

Die Feststellung, dass dem Beschwerdeführer im Iran nicht in Hinblick auf seine kurdische Volksgruppenzugehörigkeit hier relevante Verfolgung droht, ergibt sich aus den betreffenden Länderfeststellungen, wonach Rechtsverletzungen gegen Mitglieder ethnischer Minderheiten aus rein ethnischen Gesichtspunkten im Iran, der als Vielvölkerstaat gegenüber ethnischen Minderheiten grundsätzlich eine auf Ausgleich bedachte Politik betreibt, nicht bekannt sind. Überdies hat der Beschwerdeführer dieses Vorbringen nach der Erstbefragung nie wieder aufgegriffen.

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen war - bei Fehlen von Hinweisen auf andere Bedrohungsszenarien - festzustellen, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in den Iran nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung zu befürchten hätte.

2.3. Die Feststellungen zur Lage im Iran gründen sich auf das Länderinformationsblatt (LIB) der Staatendokumentation zum Iran vom 14.06.2019, welches im Rahmen der Ladungen zur zweiten Beschwerdeverhandlung in das Verfahren eingeführt wurde. Da das LIB auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruht und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche bietet, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln, zumal der Beschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung die Richtigkeit des LIB nicht in Frage stellte.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels einfachgesetzlicher materienspezifischer Sonderregelung liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. 51/1991 (AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu Spruchpunkt A):

3.2.1. Zur Abweisung der Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht. Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG) gesetzt hat.

Flüchtling i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (vgl. VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

Gemäß § 3 Abs. 3 Z 1 und § 11 Abs. 1 AsylG ist der Asylantrag abzuweisen, wenn dem Asylwerber in einem Teil seines Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann ("innerstaatliche Fluchtalternative"). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK vorliegen kann (vgl. zur Rechtslage vor dem AsylG z.B. VwGH 15.3.2001, 99/20/0036; 15.3.2001, 99/20/0134, wonach Asylsuchende nicht des Schutzes durch Asyl bedürfen, wenn sie in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen). Damit ist - wie der Verwaltungsgerichtshof zur GFK judiziert, deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG unberührt bleiben - nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "inländischen Flucht- oder Schutzalternative" (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal da auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 8.9.1999, 98/01/0614, 29.3.2001, 2000/-20/0539).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.3.1995, 95/19/0041; 27.6.1995, 94/20/0836; 23.7.1999, 99/20/0208; 21.9.2000, 99/20/0373; 26.2.2002, 99/20/0509 mwN; 12.9.2002, 99/20/0505; 17.9.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 mwN.).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichem Schutz einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law2 [1996] 73; weiters VwGH 26.2.2002, 99/20/0509 mwN; 20.9.2004, 2001/20/0430; 17.10.2006, 2006/20/0120; 13.11.2008, 2006/01/0191). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.2.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 22.3.2000, 99/01/0256; 13.11.2008, 2006/01/0191).

3.2.2. Es ist dem Beschwerdeführer nicht gelungen, eine drohende Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK glaubhaft zu machen:

Wie sich aus den Feststellungen ergibt, kann nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Iran mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevanten Verfolgungshandlungen von hinreichender Intensität ausgesetzt wäre.

Dem Beschwerdeführer war daher der Status eines Asylberechtigten nicht zuzuerkennen und die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

3.2.3. Zur Abweisung der Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten:

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, (1.) der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder (2.) dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 Europäische Menschenrechtskonvention, BGBl. Nr. 210/1958 (EMRK), Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative offensteht, gemäß § 8 Abs. 3a hat eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 vorliegt. Gemäß § 8 Abs. 6 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten darüber hinaus abzuweisen, wenn der Herkunftsstaat des Asylwerbers nicht festgestellt werden kann. Diesfalls ist eine Rückkehrentscheidung zu verfügen, wenn diese gemäß § 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) nicht unzulässig ist.

Nach § 11 Abs. 1 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz von Asylwerbern, denen in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden kann und denen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann, abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1 AsylG) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.

In seinem Erkenntnis vom 21.05.2019, Ro 2019/19/0006 hat der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, dass er seine Rechtsprechung aufrechterhält, wonach, auch wenn eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 und 3 EMRK nicht durch das Verhalten eines Akteurs bzw. die Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt ausgelöst wird, die Zuerkennung von subsidiärem Schutz - beim Vorliegen außergewöhnlicher Umstände - möglich bzw. geboten ist.

Daher ist in der Folge in einem ersten Schritt zu prüfen, ob eine reale Gefahr der Verletzung der Rechte des Beschwerdeführers nach Art 2 oder 3 EMRK im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat gegeben ist. Bejahendenfalls wäre in weiterer Folge zu prüfen, ob sich eine solche Verletzung als ernsthafter Schaden unter einen der Tatbestände des Art 15 Status-Richtlinie subsumieren ließe und somit zu einer Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führte und bei einer Verneinung, ob allenfalls außergewöhn

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten