TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/24 W147 2191305-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.04.2020
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Entscheidungsdatum

24.04.2020

Norm

AsylG 2005 §54 Abs1 Z1
AsylG 2005 §55 Abs1 Z2
AsylG 2005 §58 Abs2
BFA-VG §9 Abs2
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §52

Spruch

W147 1427773-3/48E

W147 1427775-2/49E

W147 1427777-2/48E

W147 1427783-2/47E

W147 1427778-2/45E

W147 1427779-2/45E

W147 1427781-2/45E

W147 2191305-1/45E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Kanhäuser als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX , geboren am XXXX , 2.) XXXX , geboren am XXXX , 3.) XXXX , geboren am XXXX , 4.) mj. XXXX , geboren am XXXX , 5.) mj. XXXX , geboren am XXXX , 6.) mj. XXXX , geboren am XXXX , 7.) mj. XXXX , geboren am XXXX , und 8.) XXXX , geboren am XXXX , alle StA. Russische Föderation, alle vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3, 1170 Wien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.02.2018, Zl. 1.) IFA: 574470303-14574112, 2.) IFA: 574470510-14574125, 3.) IFA: 574470706-14574139, 4.) Zl. IFA: 565728607-14574201, 5.) IFA: 574470401-14574265, 6.) IFA: 574470608-14574325, 7.) IFA: 575944207-14574368 und 8.) IFA: 1001210902-14066265, betreffend die Rückkehrentscheidung zu Recht erkannt:

A)

I. Den Beschwerden gegen die jeweiligen Spruchpunkte IV. wird stattgegeben und festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG iVm § 9 Abs. 2 und 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig ist.

II. XXXX , wird eine "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten gemäß § 54 Abs. 1 Z 1 und § 58 Abs. 2 iVm § 55 Abs. 1 Z 2 AsylG erteilt.

III. XXXX , wird gemäß § 54 Abs. 1 Z 2 und § 58 Abs. 2 iVm § 55 Abs. 1 Z 1 AsylG der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Erstes Verfahren (in Rechtskraft erwachsen):

1. Der Erstbeschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation und der tschetschenischen Volksgruppe zugehörig, reiste gemeinsam mit seiner Ehefrau XXXX (Zweitbeschwerdeführerin W147 14277775), geboren am XXXX , sowie den minderjährigen Kindern XXXX (Drittbeschwerdeführerin W147 1427777), geboren am XXXX , XXXX (Viertbeschwerdeführer W147 1427783), geboren am XXXX , XXXX (Fünftbeschwerdeführer W147 1427778), geboren am XXXX , und XXXX (Sechstbeschwerdeführer W147 1427779), geboren am XXXX , illegal in das Bundesgebiet ein und stellten sie alle am 04.12.2011 Anträge auf internationalen Schutz.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind ein Ehepaar und die Eltern der zum Zeitpunkt der Antragstellung noch minderjährigen, zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt volljährigen Drittbeschwerdeführerin, sowie der minderjährigen Viert-, Fünft- und Sechstbeschwerdeführer.

Der minderjährige Viertbeschwerdeführer war bereits am 14.09.2011 mit seinem Onkel unrechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist, am selben Tag wurde für diesen ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Alle sechs Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Russischen Föderation und Zugehörige der tschetschenischen Volksgruppe. Nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet stellten der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin für sich und als gesetzliche Vertreter der zum damaligen Zeitpunkt minderjährigen Drittbeschwerdeführerin und für den Fünft- und Sechstbeschwerdeführer am 04.12.2011 ihre jeweils ersten Anträge auf internationalen Schutz.

Für den am XXXX im Bundesgebiet geborenen Siebentbeschwerdeführer wurde sein erster Antrag auf internationalen Schutz am 29.12.2011 durch seine Mutter als gesetzliche Vertreterin gestellt. Die gesetzliche Vertreterin begehrte dabei für ihr Kind die Gewährung desselben Schutzes wie für sich und brachte eine Geburtsurkunde in Vorlage. Eigene Fluchtgründe wurden für den minderjährigen Siebentbeschwerdeführer nicht geltend gemacht.

Im Rahmen seiner Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 06.12.2011 gab der Erstbeschwerdeführer an, mit einem Schlepper aus dem Herkunftsstaat ausgereist zu sein. Er habe den Herkunftsstaat mit seinem Sohn XXXX verlassen, in Polen habe er den Sohn zu einem in Wien lebenden Bruder geschickt. Die Frau und die restlichen Kinder seien dann nach Polen nachgekommen, mit einem Kleinbus seien sie nach Österreich gelangt.

Zu seinem Fluchtgrund befragt, schilderte der Beschwerdeführer, dass der in Österreich lebende Bruder früher an Kampfhandlungen teilgenommen habe. Sie hätten die tschetschenischen Kämpfer mit Lebensmitteln und Medikamenten versorgt. Am 29.05.2011 seien uniformierte und maskierte Männer in ihr Haus eingedrungen, sie hätten den Aufenthaltsort des Bruders wissen wollen. Am 16.06.2011 sei er von seiner Familie freigekauft worden.

In ihrer niederschriftlichen Einvernahme am 06.12.2011 führte die Zweitbeschwerdeführerin im Wesentlichen aus, dass der Erstbeschwerdeführer in das Blickfeld der staatlichen Behörden gerückt sei. Die Kinder und sie hätten keine eigenen Fluchtgründe. Die Zweitbeschwerdeführerin erklärte zu ihren Kindern befragt, dass alle gesund seien.

Am 19.12.2011 wurde eine medizinische Untersuchung durchgeführt. Der Erstbeschwerdeführer schilderte seine Festnahme im Mai 2011. Am schlimmsten sei für ihn gewesen, dass seine Mutter in der Bundesrepublik Deutschland an Krebs verstorben sei. Er habe ihre Überstellung in die Heimat organisieren müssen.

Im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt, EAST West, am 04.01.2012 bestätigte der Ersteschwerdeführer eingangs, sich psychisch und physisch in der Lage zu fühlen, Angaben in seinem Asylverfahren zu machen. Dem Beschwerdeführer wurden in dieser Einvernahme die Regelungen des polnischen Asylverfahrens zur Kenntnis gebracht.

Am 13.03.2012 erfolgte eine weitere Einvernahme, diesmal durchgeführt durch die Außenstelle Wien, wobei der Erstbeschwerdeführer - zu seinen Fluchtgründen befragt - wie folgt angab:

Der Erstbeschwerdeführer schilderte, dass er bereits in seinem Heimatland wegen Problemen mit dem Magen und der Leber behandelt worden sei, dies in den Jahren 2003 und 2008, nämlich in XXXX und in XXXX . Er sei aus seinem Herkunftsstaat mit seinem Auslandspass ausgereist, dieser würde sich nunmehr in Polen befinden.

Der Erstbeschwerdeführer schilderte Beteiligungen an Kriegshandlungen im Jahre 1995. Im Jahre 1996 sei er aus den Wäldern nach Ende des Krieges zurückgekehrt. Danach habe er bei einer Abteilung als Wächter von Ölquellen gearbeitet, dies bis zum Jahre 1999, dem Beginn des zweiten Krieges.

Bis zum Jahr 2004 sei er zu Hause im Dorf XXXX , im Haus der Eltern aufhältig gewesen. Im Oktober 2004 sei er in der Nacht vom Militär verschleppt und für zwei Wochen angehalten worden. Um ihn freizukaufen, hätten die Verwandten US Dollar 1000 und fünf automatische Gewehre zahlen müssen. Danach habe er sich bis 2007 in die Wälder begeben und habe an der Grenze zwischen Inguschetien und Tschetschenien bei Bekannten im Dorf XXXX auf der inguschetischen Seite gelebt.

Seine Mutter sei im Jahr 2007 in Dresden, somit in Deutschland, verstorben, worauf er in sein Heimatdorf zurückgekehrt sei und dort gelebt und gearbeitet habe, nämlich bis zum Jahr 2010. In dieser Zeit von 2007 bis 2010 habe er verschiedene Bauarbeiten in XXXX ausgeübt, er habe auch im Dorf und im Bezirk XXXX gearbeitet.

Der Erstbeschwerdeführer gab weiters an, dass sein Vater sich am ersten Krieg nicht direkt beteiligt habe, er habe nur Hilfe geleistet. Der in Österreich aufhältige Bruder habe in der Einheit des XXXX im ersten Krieg gedient.

Der Erstbeschwerdeführer antwortete auf konkrete Befragung, dass er ebenso wie sein Bruder und sein Vater im Dorf XXXX gelebt habe, er habe im selben Haus wie der Vater gewohnt, der Bruder habe in einem anderen Haus gelebt, nur einige Häuser vom eigenen Haus entfernt.

Weder sein Bruder noch er hätten an Kampfhandlungen des zweiten Krieges teilgenommen, sie hätten nur mit Medikamenten und Lebensmitteln geholfen. Der Grund für die Festnahme im Jahr 2004 sei gewesen, dass er im Zuge des Rückzugs der Widerstandskämpfer aus XXXX im Jahre 1999 geholfen habe, auch im Jahr 2000. Der Bruder sei vor dessen Ausreise niemals mitgenommen worden, er selbst sei im Jahr 2004 von seinem Vater freigekauft worden. Der Vater sei einmal mitgenommen worden und nach zwei Tagen wieder freigelassen worden, das sei nach seiner Anhaltung gewesen. Nach seiner Freilassung im Jahr 2004 sei er dann in die Berge gegangen und habe sich dann im kleinen Dorf XXXX auf der inguschetischen Seite aufgehalten. Seine Frau sei im Dorf XXXX geblieben, er selbst sei im Jahr 2007 nach dem Tod der Mutter wieder in sein Heimatdorf zurückgekehrt.

Dort habe seine Frau im Jahr 2011 eine Schneiderei eröffnet und auch Arbeiter angestellt, auch der Erstbeschwerdeführer habe der Frau dabei geholfen. Der Erstbeschwerdeführer schilderte eine weitere Festnahme im Jahr 2011, erneut sei er gegen Bezahlung des Lösegeldes freigelassen worden, am 16.06.2011 habe man ihn in sein Heimatdorf XXXX zurück gebracht, von dort sei er nach Inguschetien gefahren und von dort ausgereist.

In weiterer Folge gab die belangte Behörde ein psychiatrisch - neurologisches Gutachten in Auftrag, welches am 16.04.2012 durch XXXX erstellt wurde. Im Zuge der Begutachtung behauptete der Erstbeschwerdeführer im Inhalt des Gutachtens eine 14-tägige Festhaltung im Mai 2011 und seine anschließende Ausreise nach Inguschetien und weiter nach Polen. Der Erstbeschwerdeführer habe von 1999 bis 2004 in der eigenen Landwirtschaft gearbeitet und von 2007 bis 2010 als Bauarbeiter an verschiedenen Baustellen in verschiedenen Städten.

Der medizinische Sachverständige kam im Ergebnis zu einem unauffälligen psychopathologischen Querschnittsbefund. Eine posttraumatische Belastungsstörung wurde nicht festgestellt.

In weiterer Folge wurde dem Erstbeschwerdeführer schriftliches Parteiengehör zur allgemeinen Lage in der Russischen Föderation/Tschetschenien eingeräumt, wozu am 30.05.2012 eine umfangreiche Stellungnahme erstattet wurde.

2. Mit Bescheiden vom 21.06.2012, Zl. 11 14.611-BAW, Zl. 11 14.612-BAW, Zl. 11 14.613-BAW, Zl 11 10.597-BAW, Zl. 11 14.614-BAW, FZ. 11 14.615-BAW, FZ. 11 15.727-BAW, wies das Bundesasylamt die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ab und erkannte diesen den Status der Asylberechtigten nicht zu (Spruchpunkt I). Weiters wurde der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 nicht zuerkannt (Spruchpunkt II) und wurden die Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt III).

Da auch den übrigen Familienmitgliedern weder Asyl noch subsidiärer Schutz gewährt worden sei, komme eine Zuerkennung auch im Rahmen des Familienverfahrens nicht in Frage.

Den Bescheiden wurden Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat der Beschwerdeführer zu Grunde gelegt. Das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers erachtete das Bundesasylamt als unglaubwürdig, da dieses die Grundanforderungen für die Glaubhaftmachung eines Vorbringens (substantiiert, schlüssig, plausibel, persönliche Glaubwürdigkeit) nicht erfüllt habe. Das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers sei - im Vergleich mit den Aussagen der bereits früher nach Österreich eingereisten Angehörigen (Vater und Bruder) - aus näher dargestellten Gründen unglaubwürdig.

3. Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer am 04.07.2012 fristgerecht Beschwerden, in welcher diese wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Rechtswidrigkeit des Inhalts bekämpft wurde.

4. Mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 18. 10. 2012, D14 427773-1/2012/2E, D14 427775-1/2012/2E, D14 427777-1/2012/2E, D14 427783-1/2012/2E, D14 427778-1/2012/2E, D14 427779-1/2012/2E und D14 427781-1/2012/2E wurden die Beschwerden gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 Z 1 und 10 Abs. 1 Z 2 Asylgesetz 2005 - im Hinblick auf das Fluchtvorbringen des Erstbeschwerdeführers - als unbegründet abgewiesen.

Folgender Sachverhalt wurde seitens des Senates festgestellt:

"Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe und führt den im Spruch genannten Namen. An seiner Identität hat sich infolge der Vorlage unbedenklicher Dokumente kein Zweifel ergeben.

Mit dem Beschwerdeführer halten sich gemeinsam im Bundesgebiet seine Ehefrau und seine fünf minderjährigen Kinder auf. Deren Beschwerden gegen die Bescheide des Bundesasylamtes wurden mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom heutigen Tag sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Weiters wurde ausgesprochen, dass deren Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation zulässig ist.

Der Beschwerdeführer hatte in seinem Herkunftsstaat keinerlei politische oder sonstige Probleme. Der Beschwerdeführer wird in seinem Herkunftsstaat weder aus religiösen, politischen, ethnischen oder sonstigen Gründen verfolgt. Im Entscheidungszeitpunkt konnte keine aktuelle asylrelevante Gefährdung des Beschwerdeführers in der Russischen Föderation festgestellt werden.

Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation in seinem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würde oder von der Todesstrafe bedroht wäre.

Nicht festgestellt werden kann darüber hinaus, dass der Beschwerdeführer an dermaßen schweren physischen oder psychischen, akut lebensbedrohlichen und zudem im Herkunftsstaat nicht behandelbaren Erkrankungen leiden würde, welche eine Rückkehr in die Russische Föderation iSd Art. 3 EMRK unzulässig machen würden.

Nicht festgestellt werden kann, dass eine ausreichend ausgeprägte und verfestigte entscheidungserhebliche individuelle Integration des Beschwerdeführers in Österreich vorliegt."

Die getroffenen Feststellungen zur Person des Erstbeschwerdeführers und zu den von ihm behaupteten Fluchtgründen wurden auf folgende Beweiswürdigung gestützt:

"Die Feststellungen zur Person (Identität) des Beschwerdeführers, seiner familiären bzw. privaten Situation und seiner Staatsangehörigkeit ergeben sich aus dem diesbezüglich glaubwürdigen Vorbringen des Beschwerdeführers sowie aus der Vorlage der im Akt einliegenden russischen Urkunden. Im vorliegenden Verfahren sind auch keine Gründe für Zweifel an diesen Angaben hervorgekommen.

Vorauszuschicken ist, dass sich weder beim Beschwerdeführer noch bei seiner Ehefrau Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten in den Erstbefragungen und den weiteren Einvernahmen vor der belangten Behörde ergeben haben. Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau haben nach Rückübersetzung das jeweilige Verhandlungsprotokoll vorbehaltslos unterfertigt.

Wie die belangte Behörde völlig zu Recht ausführt, konnte aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht glaubhaft entnommen werden, dass er aus den von ihm genannten Gründen seine Heimat verlassen hat. Der Asylgerichtshof folgt der belangten Behörde darin, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers infolge der entstandenen Ungereimtheiten, der mangelnden Nachvollziehbarkeit bzw. der mangelnden Plausibilität nicht gefolgt werden konnte. Insbesonders haben sich massive Widersprüche bei Vergleich des Vorbringens des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau ergeben, weitere Widersprüche sind aus den Angaben des Vaters (Zl. 07 09.996-BAI) und des Bruders (Zl. 05 11.637-BAT) ableitbar."

Das vom Erstbeschwerdeführer vorgetragene Fluchtvorbringen - das durch die Zweitbeschwerdeführerin ergänzt wurde - stellt sich wie folgt dar:

"Der Beschwerdeführer habe bis zum Jahre 1995 im Heimatort XXXX eine Landwirtschaft betrieben, von 1995 bis 1996 habe er sich an Kriegshandlungen beteiligt und sei im Wald gewesen. Dann habe er bei einer Abteilung als Wächter von Ölquellen gearbeitet, dies bis zum Jahre 1999. Von 1999 bis 2004 sei er im Dorf XXXX gewesen, im Haus der Eltern, bis er im Oktober 2004 vom Militär verschleppt und für zwei Wochen festgehalten worden sei. Danach habe er sich bis zum Jahr 2007 in Inguschetien aufgehalten, nach dem Tod der Mutter im fernen Deutschland habe er deren Rückführung organisiert und seit 2007 wieder im Heimatdorf XXXX gelebt und gearbeitet. Im Mai 2011 sei er erneut für einige Zeit verschleppt und festgenommen worden, danach sei er über Inguschetien aus der Russischen Föderation ausgereist.

Wie bereits das Bundesasylamt als belangte Behörde festgestellt hat, ist dieses Vorbringen des Beschwerdeführers über die zeitlichen Zusammenhänge und die Geschehnisabläufe in weiten Bereichen mit dem Vorbringen seines Vaters und seines genannten Bruders, die bereits vor Jahren in Österreich Asyl beantragt haben, überhaupt nicht in Einklang zu bringen. So fällt auf, dass der Vater des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt im eigenen Asylverfahren eindeutig ausgeführt hat, dass einer seiner beiden Söhne in Österreich als anerkannter Flüchtling lebe, der andere Sohn - ganz offensichtlich gemeint der Beschwerdeführer - sei seit dem Jahr 2002 spurlos verschwunden, er würde nicht wissen, wo sich dieser zurzeit aufhalte.

Da der Vater des Beschwerdeführers in dieser Einvernahme vor der Außenstelle Innsbruck am 10.03.2008 dezitiert ausgeführt hat, zwei Söhne zu haben, wovon einer der beiden Söhne als anerkannter Flüchtling in Österreich aufhältig sei und weiters nur eine Tochter, ist evident, dass er mit diesem seit dem Jahr 2002 spurlos verschwunden Sohn den konkreten Beschwerdeführer gemeint haben muss. Wie es vor diesem Hintergrund jedoch möglich ist, dass der Beschwerdeführer selbst in seiner Einvernahme mehrfach schildert, vom Jahre 1999 bis zum Jahr 2004 im Dorf XXXX , noch dazu im selben Haus wie der eigene Vater gelebt zu haben, ist überhaupt nicht plausibel nachvollziehbar.

Genauso unerklärlich ist, dass der Vater des Beschwerdeführers bezogen auf die Ausreisegründe des anderen Sohnes XXXX beispielsweise eine Festnahme desselben im Jahre 2000 für zwei Wochen und dessen Freilassung nach Lösegeldzahlung erwähnt, wohingegen der genannte Bruder des Beschwerdeführers namens XXXX in seinen eigenen Einvernahmen eine solche Festnahme im Jahr 2000, insbesonders auch eine Freilassung nach zwei Wochen durch Lösegeldzahlung überhaupt nicht erwähnt hat.

Von der belangten Behörde richtig ausgeführt wurde weiters, dass der Beschwerdeführer eine eigene Festnahme im Jahr 2004 schildert, in diesem Jahr sei er durch den eigenen Vater freigekauft worden, wobei dieses Vorbringen auch durch die Gattin des Beschwerdeführers in vergleichbarer Form erstattet wird. Eine solche Festnahme des konkreten Beschwerdeführers im Jahr 2004 sowie seine Freilassung nach Lösegeldzahlung durch den Vater XXXX hat der genannte Vater in seinem eigenen Asylverfahren jedoch wie dargestellt niemals behauptet sondern vielmehr ausgeführt, dass der konkrete Beschwerdeführer bereits Jahre zuvor spurlos verschwunden sei und niemand mehr von ihm gehört habe.

Völlig unbegreiflich sind die Gesamtangaben der Familienmitglieder, wenn in weiterer Folge der Vater XXXX den eigenen Ausreisegrund und die Flucht mit der in Deutschland verstorbenen Ehegattin dahingehend schildert, dass im Mai 2007 er um 3 Uhr nachts abgeholt worden sei, er sei verhört und immer wieder nach dem Aufenthaltsort seiner beiden Söhne gefragt worden. Die einvernehmenden Personen hätten Bescheid gewusst, dass der Vater XXXX , der konkrete Beschwerdeführer und dessen Bruder XXXX aktive Kämpfer während des ersten Krieges gewesen seien, deshalb sei der Vater von maskierten Männern in Militäruniformen festgenommen und in einem Keller gefoltert worden, durch diese Misshandlungen hätte man von ihm den Aufenthaltsort der beiden Söhne herausfinden wollen.

Wenn aber im Mai 2007 offensichtlich unbekannte maskierte russische Soldaten den Vater massiv unter Druck setzen, einzig und von diesem den Aufenthaltsort vom Beschwerdeführer und seinem Bruder XXXX in Erfahrung zu bringen, dann ist aus Sicht des Asylgerichtshofes völlig unerklärlich, warum der konkrete Beschwerdeführer nach dem Tod seiner Mutter in Deutschland im Jahr 2007 nach eigenen Angaben in das Heimatland zurückgekehrt sein sollte, dort die Rückführung der verstorbenen Mutter organisiert in weiterer Folge von 2007 weg über mehrere Jahre unbehelligt im Heimatdorf gelebt haben soll. Vor dem Hintergrund der eingestandenen Tätigkeit des Beschwerdeführers, dass dieser die Rückführung der verstorbenen Mutter organisiert hat, ist nämlich einerseits davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer mit Behörden in Tschetschenien Kontakt aufgenommen haben muss, zudem hat der Beschwerdeführer gerade für diese Zeit, nämlich das Jahr 2007 überhaupt keine Probleme ausgeführt, sondern ein unbehelligtes Leben bis zum Jahr 2011 geschildert, was wie dargestellt im völligen Gegensatz zu den Angaben des eigenen Vaters steht, der gerade im Jahr 2007 wenige Woche zuvor wegen der intensiven Nachfrage maskierter russischer Soldaten nach dem Beschwerdeführer die Heimat verlassen haben will.

Warum somit der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der größten Suche nach seiner Person im Mai 2007 nach der Flucht der Eltern nach Deutschland den dortigen Tod der Mutter zum Anlass genommen hat, wieder in das Haus im Heimatdorf zurückzukehren, obwohl gerade dort nach ihm intensiv gesucht wird, ist überhaupt nicht nachvollziehbar, weshalb auch die lapidaren Ausführungen in der Beschwerde, das "grundsätzlich die Angaben meines Vaters über seine Fluchtgründe nicht relevant für meine Fluchtgründe sind" die zutreffende Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht in Zweifel ziehen können.

Zutreffend ist auch, dass beispielsweise der Bruder des Beschwerdeführers, XXXX , eine ganz konkrete hervorgehobene Bedrohung der eigenen Person geschildert hat, dass er nämlich den Rebellenführer XXXX bei einem Autounfall geholfen haben soll, deshalb sei sehr intensiv nach seiner eigenen Person gesucht worden. Eine solche massive Bedrohung des Bruders XXXX ist jedoch wie dargestellt dem konkreten Beschwerdeführer und auch dem gemeinsamen Vater XXXX erkennbar überhaupt nicht bekannt gewesen, da diese konkrete Bedrohung des Bruders XXXX weder vom Beschwerdeführer noch vom Vater erwähnt wird.

Auch die Angaben der eigenen Ehegattin haben den Eindruck verstärkt, dass die Beschwerdeführer aus ganz anderen, nämlich asylfremden Motiven die Russische Föderation verlassen haben, da sich auch in den Angaben der Ehegattin des Beschwerdeführers zahlreiche Widersprüche finden. So schildert diese auf die konkrete Frage nach der Festnahme des Beschwerdeführers im Jahr 2004, dass dieser verschleppt und "zwei bis drei Monate lang festgehalten" worden sei, danach sei er von seinem eigenen Vater freigekauft worden. Es wurde bereits ausgeführt, dass dieses "Freikaufen" des eigenen Sohnes durch den Vater des Beschwerdeführers im eigenen Asylverfahren niemals erwähnt wurde, der konkrete Beschwerdeführer gab zu den Anhaltungen im Jahr 2004 zudem nur die Dauer von zwei Wochen an.

Auch die Zeitangaben zur zweiten Festnahme im Jahr 2011 sind höchstunterschiedlich geschildert, da der Beschwerdeführer einerseits eine Verschleppung im Mai 2011 schildert, am 16.06.2011 sei er dann nach Bezahlung des Lösegeldes in das Heimatdorf XXXX zurück gebracht worden. Im Zuge der medizinischen Untersuchungen in der gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren schildert der Beschwerdeführer eine Festnahme im Mai 2011, auch vor dem medizinischen Sachverständigen XXXX schildert der Beschwerdeführer, dass er im Mai 2011 verschleppt und nach 14 Tagen freigelassen worden sei (AS 281). Angesichts einer 14-tägigen Anhaltung kann der Beschwerdeführer dann jedoch nicht wie von ihm behauptet im Mai 2011 festgenommen und am 16.06.2011 wieder freigelassen worden sein.

Im übrigen sind die Beschwerdeausführungen, dass die unterschiedlichen Zeitangaben daraus resultieren würden, dass die Ehegattin auch die zweite Mitnahme im Jahre 2011 "mitgerechnet" hätte, wenig hilfreich, da eine zweiwöchige Festnahme im Jahre 2011 sowie eine zweiwöchige Anhaltung im Jahr 2004 in Summe maximal den Zeitraum von einem Monat ergeben, aber keinesfalls die von der Ehegattin für das Jahr 2004 angegebene Anhaltung in der Dauer von zwei bis drei Monaten.

Wenn zuletzt in der Beschwerde ausgeführt wird, dass der Vater sich möglicherweise missverständlich ausgedrückt habe, denn er habe wahrscheinlich einen Gefängnisaufenthalt des Beschwerdeführers im Oktober 2004 erwähnt, ist diesem Vorbringen entgegen zu setzen, dass der Vater des konkreten Beschwerdeführers im eigenen Asylverfahren einzig die Angabe tätigt, dass der Beschwerdeführer seit dem Jahr 2002 nach unbekannt verschwunden sei und niemand wisse, wo sich der Beschwerdeführer überhaupt aufhalte. Vor diesem Hintergrund kann somit der Vater sich nicht missverständlich ausgedrückt haben und möglicherweise einen Gefängnisaufenthalt im Oktober im Jahr 2004 geschildert haben, will doch der Vater vom konkreten Beschwerdeführer überhaupt keine Ahnung mehr besessen haben.

Wenn angesichts der massiven Probleme des Beschwerdeführers im Jahr 2011 - zweiwöchiger Anhaltung unter Folter - die eigene Ehegattin auf die logische Frage der belangten Behörde, warum sie nicht zeitgleich mit dem Beschwerdeführer Tschetschenien verlassen hat, in ihrem eigenen Verfahren einzig lapidar schildert, dass sie "noch nicht ausreisen konnte, da sie noch einige Bestellungen (angemerkt: in der Schneiderei) fertig machen wollte und noch einige Sachen verkaufen wollte", dann wird evident, dass die Ausreise des Beschwerdeführers im Jahr 2011 keinesfalls eine überstürzte gewesen sein kann, die auf einer wenige Wochen zuvor beruhenden Verhaftung und Folterung gründet, sondern eine organisierte Ausreise wegen wirtschaftlichen Gründen anzunehmen ist. Eine andere Erklärung ist angesichts der dargestellten zahlreichen Widersprüche für den erkennenden Senat des Asylgerichthofes nicht greifbar, sodass die zahllosen dargestellten Widersprüche einzig den Schluss zulassen, dass die vom Beschwerdeführer geschilderten Ereignisse - ebenso wie die vom eigenen Vater und vom Bruder XXXX geschilderten Erlebnisse - in dieser Form niemals stattgefunden haben können.

Der Asylgerichtshof kommt sohin wie die belangte Behörde zum Schluss, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat evidentermaßen keiner zielgerichteten, intensiven Verfolgung ausgesetzt gewesen ist und auch in Zukunft dahingehend keine Gefährdung besteht.

Die ausführlichen Länderfeststellungen zur Russischen Föderation respektive Tschetschenien finden ihren Niederschlag im angefochtenen Bescheid. Da die vom Bundesasylamt herangezogenen aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen des Bundesasylamtes zu zweifeln. Aus dem Akteninhalt ist ersichtlich, dass dem Beschwerdeführer die im angefochtenen Bescheid herangezogenen aktuellen Länderinformationen vorgehalten worden sind und er hierzu eine Stellungnahme abgeben konnte.

Aus den angeführten aktuellen Erkenntnisquellen ergibt sich, dass in Tschetschenien - wie auch im restlichen Nordkaukasus - keinesfalls eine Situation herrscht, in der jeder Rückkehrer einer existenzbedrohenden Situation ausgesetzt wäre. Trotz der weiterhin bestehenden, zum Teil schweren Menschenrechtsdefizite und der angespannten Lage in Zusammenhang mit Attentaten durch Aufständische lässt sich auch derzeit nicht der Schluss ziehen, dass eine Zivilperson in der Russischen Föderation bzw. im Nordkaukasus ohne zusätzliche Risikofaktoren Gefahr liefe, Opfer von Menschenrechtsverletzungen seitens der staatlichen Behörden zu werden.

Der Beschwerdeführer hat "besondere Risikofaktoren" nicht glaubhaft darlegen können. Er hat insbesondere nicht glaubhaft darlegen können, in das Blickfeld der staatlichen Behörden geraten zu sein.

Letztendlich lässt sich aus allgemeinen Berichten zur Russischen Föderation respektive Tschetschenien für den Beschwerdeführer keine sonstige Gefährdungslage im Fall der Rückkehr feststellen.

Es herrscht im Herkunftsstaat auch keinesfalls eine Situation, in der jeder Rückkehrer einer existenzbedrohenden Situation ausgesetzt wäre.

Die wirtschaftliche Lage stellt sich für den Beschwerdeführer und seine Familienangehörigen bei einer Rückkehr offensichtlich ebenfalls ausreichend gesichert dar. Neben zahlreichen familiären Anknüpfungspunkten und der aufgrund des Familienzusammenhaltes und des Kontaktes mit den Verwandten - auch der Ehegattin - evidentermaßen bestehenden Unterstützungsmöglichkeit durch diese, ist es dem Beschwerdeführer als jungem, gesundem Mann im arbeitsfähigen Alter auch zumutbar, einer Arbeit nachzugehen, wie dies auch in den Jahren der Ausreise möglich war.

Zumal der Beschwerdeführer keine lebensbedrohliche oder nur exklusive im Bundesgebiet behandelbare Krankheit geltend gemacht hat, waren keine anderen Abschiebehindernisse feststellbar."

5. Die Erkenntnisse des Asylgerichtshofes wurden am 24. Oktober 2012 zugestellt. Die Behandlung einer dagegen erhobenen Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 13.12.2012, Zl. U 2572/12-3, abgelehnt.

6. Der Erstbeschwerdeführer meldete sich ebenso wie die Zweitbeschwerdeführerin und seine minderjährigen Kinder, Dritt- bis Siebentbeschwerdeführer, am 28.12.2012 zur freiwilligen Rückkehr in den Herkunftsstaat an (Freiwillige Rückkehr - Verständigungsformular vom 28.12.2012). Die Beschwerdeführer verblieben in weiterer Folge im Bundesgebiet.

Zweites Verfahren (in Rechtskraft erwachsen):

7. Mit Faxeingabe vom 29.01.2013 begehrte der Erstbeschwerdeführer die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG.

Dieser Antrag wurde damit begründet, dass der Antragsteller anlässlich der Entscheidung des Asylgerichtshofes zunächst eine freiwillige Heimreise geplant habe. Im Jänner habe er jedoch Kontakt mit seinem Cousin XXXX aufgenommen, um herauszufinden, ob für ihn, seine Frau und seine Kinder eine Heimreise gefahrlos möglich sei.

Sein Cousin habe ihm am Telefon mitgeteilt, dass mittlerweile wieder nach ihm gesucht werden würde. Es seien zunächst Ladungen gekommen, danach seien auch Leute in Militäruniformen dagewesen, die nach ihm gefragt hätten. Der Antragsteller habe daraufhin seinen Cousin gebeten, die Ladungen in eingescannter Form nach Österreich zu übermitteln, was dieser am 25.01.2013 auch getan habe.

Die nunmehr vorgelegten Ladungen würden eindeutig beweisen, dass der Erstbeschwerdeführer im Zusammenhang mit den im Jahre 2011 gegen ihn erhobenen Vorwürfen auch aktuell von den Behörden gesucht werde.

Bei den nunmehr vorgelegten Ladungen handle es sich um "Beweismittel" im Sinne von § 69 Abs. 1 Z 2 AVG, die ohne Verschulden des Antragstellers im bisherigen Verfahren nicht geltend gemacht werden hätten können und durch deren Berücksichtigung voraussichtlich ein positiver Asylbescheid gefällt worden wäre.

Dem Antrag wurde ein E-Mail-Verkehr vom 25.01.2013 samt zwei Ladungen (in Kopie) beigelegt.

8. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 07.03.2013, D14 427773-2/2013/8E, wurde der Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 18.10.2012 zu Zl. D14 427773-1/2012/2E rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG abgewiesen.

Begründend hielt der erkennende Senat nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung fest:

"In der im Verfahrensgang wiedergegebenen Begründung der rechtskräftig negativen Entscheidung des AsylGH betreffend den Antragsteller vom 18.10.2012 wurde umfassend dargelegt, dass der Antragsteller im Herkunftsstaat evidentermaßen keiner zielgerichteten, intensiven Verfolgung ausgesetzt gewesen ist und auch in Zukunft dahingehend keine Gefährdung besteht. Das vom Antragsteller getätigte Vorbringen betreffend eine Verfolgung durch die staatlichen Behörden im Zusammenhang mit der Widerstandsbewegung wurde als vollkommen unglaubwürdig bewertet.

Bereits aus dem Umstand, dass der ursprüngliche Grund für die Verfolgung nicht glaubwürdig ist, konnte dem auf dieser Verfolgung aufbauenden Vorbringen, wonach der Antragsteller unvermindert im Herkunftsstaat von den staatlichen Behörden gesucht werde, nicht gefolgt werden.

Es haben sich im Übrigen - wie bereits quer durch das erste abgeschlossene Asylverfahren - Widersprüche und Ungereimtheiten betreffend das neue Vorbringen des Antragstellers ergeben, die einzig den Schluss zulassen, dass dieses nicht den Tatsachen entspricht und der Wiederaufnahmeantrag bloß gestellt wurde, um eine drohende Abschiebung in den Herkunftsstaat zu verhindern.

Der Antragsteller stützt sich im Wesentlichen auf zwei eingescannte, per E-Mail übermittelte, handschriftlich ausgefüllte Ladungsvordrucke. Diese Ladungen würden eindeutig beweisen, dass der Antragsteller im Zusammenhang mit den im Jahr 2011 gegen ihn erhobenen Vorwürfen auch aktuell von den Behörden gesucht werde.

Widersprüchlich gestaltet sich bereits, wie der Antragsteller von den Ladungen erfahren haben will. So wird im Antrag unmissverständlich dargelegt, dass der Antragsteller im Jänner mit seinem Cousin XXXX Kontakt aufgenommen habe, um herauszufinden, ob eine Heimreise für ihn, seine Frau und seine Kinder gefahrlos möglich sei. Sein Cousin habe ihm dabei am Telefon mitgeteilt, dass der Antragsteller mittlerweile wieder gesucht werden würde. Es seien zunächst Ladungen gekommen, danach seien auch Leute in Militäruniformen da gewesen, die nach ihm gefragt hätten. Der Antragsteller habe daraufhin seinen Cousin gebeten, die Ladungen in eingescannter Form nach Österreich zu übermitteln, was dieser am 25.01.2013 auch getan habe. In der Beschwerdeverhandlung am 19.02.2013 erklärte er im krassen Gegensatz zum eindeutigen Wortlaut im Antrag, dass er von der unverminderten Verfolgung im Herkunftsstaat über Skype vom Bruder seiner Frau erfahren habe. Dass er davon von XXXX per Telefon erfahren habe, hat der Antragsteller in der Beschwerdeverhandlung geradezu ausgeschlossen. Die Rechtfertigungsversuche des Antragstellers, wonach er dies bei der Besprechung des Antrages bei der CARITAS wahrscheinlich verwechselt habe bzw. sich ein Mensch in seiner Lage irren könne (S. 5, Verhandlung 19.02.2013), müssen als bloße Schutzbehauptungen gewertet werden. Der Antragsteller hat seinen Antrag mit Hilfe einer Mitarbeiterin der CARITAS in Anwesenheit eines Dolmetschers verfasst. Zumal es einen gravierenden Unterschied darstellt, eine Information per Skype von Person A oder per Telefon von Person B zu erhalten, bleibt für Irrtümer bzw. Verwechslungen kein Raum.

Besagter XXXX soll die Ladungen seinerzeit in Empfang genommen haben. Die Ladungen sollen im März und April 2012 XXXX übergeben worden sein. Für den erkennenden Senat stellt sich in diesem Zusammenhang die berechtigte Frage, weshalb der Antragsteller von besagten Ladungen erst im Jänner 2013 erfahren haben will, insbesondere wenn berücksichtigt wird, dass der Vater des Antragstellers vor dem Asylgerichtshof am 29.01.2013 erklärte, dass er mit XXXX seit seiner Einreise nach Österreich regelmäßig etwa einmal im Monat telefoniere. Der Vater gab weiter an, auch im Jahr 2012 regelmäßig - etwa einmal im Monat - telefoniert zu haben, da er ihn doch fragen müsse, wie es zuhause sei, ob alles in Ordnung sei. (S. 7, Verhandlung 29.01.2013 im Akt des Vaters, Zl. D14 318934-1/2008/7Z)

Unabhängig davon, wer letztlich die beiden Ladungen übermittelt hat, ist nicht nachvollziehbar, weshalb XXXX , bei tatsächlicher Existenz von zwei Ladungen und der Suche nach dem Antragsteller durch bewaffnete Militärs, den Vater bzw. den Antragsteller selbst nicht sofort über diesen Umstand informiert hat, zumal diese Informationen wohl wesentlich für das Verfahren des Antragstellers und seines Vaters gewesen wären.

Stattdessen hat sich der Antragsteller nach Zustellung der negativen Entscheidung des Asylgerichtshofes am 24.10.2012 sowie nach Ablehnung der Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde am 28.12.2012 zur freiwilligen Rückkehr in den Herkunftsstaat mit seiner Ehefrau und seinen Kindern entschlossen, was er wohl nicht getan hätte, wenn er im Herkunftsstaat Verfolgung im asylrelevantem Ausmaß befürchten würde. Der Antragsteller hat nämlich noch im Herbst in seinem Asylverfahren behauptet, dass das Schrecklichste passieren würde und er nach einer Rückkehr sofort wieder verfolgt werden würde. Lässt dieses Vorgehen einmal mehr erkennen, dass das Vorbringen des Antragsteller nicht den Tatsachen entspricht, erscheint in diesem Zusammenhang im Übrigen geradezu absurd, dass der Antragsteller sich im Dezember 2012 zur freiwilligen Rückkehr in den Herkunftsstaat entschließt und erst danach damit beginnt, seine Angehörigen im Herkunftsstaat zu fragen, ob eine derartige Rückkehr sicher ist, zumal der Antragsteller und sein Vater zu jeder Zeit während ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet in regelmäßigem Kontakt mit den Angehörigen im Herkunftsstaat gestanden sind (S. 3, Verhandlung 19.02.2013).

Der Antragsteller stützte sich in der mündlichen Verhandlung auf den Umstand, dass besagter XXXX nichts von den Ladungen erzählt habe, da dieser Angst vor einem solchen Vorgehen gehabt hätte, da die Telefone abgehört werden würden (S. 3, Verhandlung 19.02.2013). Bei der behaupteten Angst von XXXX ist aber überhaupt nicht nachvollziehbar, weshalb sich dieser bereit erklärt haben soll, auf den Besitz des Antragstellers und seines Vaters zu achten und sich dort aufzuhalten. Bei der dargelegten Angst von XXXX ist auch nicht nachvollziehbar, warum dieser jahrelang mit dem Antragsteller und seinem Vater telefoniert, obwohl beide in Tschetschenien gesucht werden sollen. Wenn XXXX nämlich mit gesuchten Rebellen monatlich telefoniert, steht er doch ebenfalls in Verdacht, ein Rebell zu sein.

Der Antragsteller meinte auf diesen Vorhalt, dass er gehört habe, dass die Telefone abgehört werden würden (S. 3, Verhandlung 19.02.2013).

Umso erstaunlicher erscheint es, dass der Antragsteller in der Folge mit dem Bruder seiner Frau über Skype über die konkrete Lage des Antragstellers im Herkunftsstaat gesprochen haben soll. So soll ihm dieser über Skype von den Ladungen und der Suche nach dem Antragsteller durch bewaffnete Militaristen erzählt haben.

Auf Nachfrage erklärte der Antragsteller, dass er seit etwa zwei Monaten Kontakt per Skype habe. Seine Verwandten hätten ihm von der Existenz der Ladungen und den Hausdurchsuchungen nicht schon früher erzählt, da sie den Antragsteller nicht beunruhigen hätten wollen. Über Telefon hätten sie nicht darüber sprechen wollen. (S. 4, Verhandlung 19.02.2013) Auch betreffend die weiteren Verwandten war es demnach als vollkommen unplausibel zu werten, dass diese es einerseits in Kauf nehmen, mit einem gesuchten Rebellen zu telefonieren und in der Folge sogar mit diesem zu skypen, sich jedoch nicht sagen trauen, dass Ladungen für den Antragsteller vorliegen.

Hätte demnach tatsächlich eine Gefährdung des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat bestanden, wäre der Beschwerdeführer wohl durch seine Verwandten umgehend darüber informiert worden.

Der Antragsteller hat im Übrigen am 28.12.2012 seine Absicht bekundet, freiwillig in den Herkunftsstaat zurückzukehren. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits per Skype mit seinen Verwandten im Herkunftsstaat in Kontakt. Es wäre doch nur logisch nachvollziehbar gewesen, dass der Antragsteller im Vorfeld eines derart schwerwiegenden Schrittes die Verwandten im Herkunftsstaat gefragt hätte, ob eine gefahrlose Rückkehr für ihn möglich sei bzw. ihm die Verwandten davon abgeraten hätten. Die Ende Dezember 2012 geäußerte Absicht des Antragstellers, freiwillig in den Herkunftsstaat zurückzukehren, muss demnach als Indiz gegen die Glaubwürdigkeit der nunmehr behaupteten Verfolgung gewertet werden.

Besondere Berücksichtigung muss schließlich dem Umstand beigemessen werden, dass sich der Antragsteller mit den von ihm vorgelegten Ladungen in keiner Weise auseinandergesetzt hat und in der mündlichen Verhandlung über deren Inhalt nicht Bescheid gewusst hat.

So wurde der Antragsteller in der Beschwerdeverhandlung zu den Ladungen näher gefragt, wo und zu welchem Zweck er sich nach dem Inhalt der Ladungen einfinden solle, woraufhin er unbestimmt meinte, dass es sich vermutlich um den XXXX in XXXX handle, wobei er es nicht genau wisse. Befragt, wann und aus welchem Grund er dort hinkommen solle, erklärte er, dass die Ladungen im Zusammenhang mit seiner zweiten Anhaltung im Jahr 2011 stehe würden. Auf der Ladung stehe nur, dass er kommen solle. Dort stehe geschrieben, dass er geladen werde, andernfalls werde er verfolgt. Er wisse nicht genau, in welcher Eigenschaft er geladen worden sei. Er glaube, er sei als Zeuge geladen worden - irgendwas mit Verhör. Er wisse es nicht genau. (S. 2, Verhandlung 19.02.2012)

Der Antragsteller will mit den beiden vorgelegten Ladungen beweisen, dass er tatsächlich im Herkunftsstaat verfolgt wird. Umso erstaunlicher erscheint, dass er sich mit den von ihm vorgelegten zentralen Beweismitteln offensichtlich in keiner Weise auseinandergesetzt hat und an deren Inhalt keinerlei Interesse zeigt.

Der Antragsteller gestand auch ein, dass er die Ladungen gar nicht so genau durchgelesen habe. (S. 5, Verhandlung 19.02.2012)

So hätte der Antragsteller laut vorgelegten Ladungen nicht wie von ihm behauptet beim XXXX sondern beim XXXX vorsprechen müssen.

Seltsam ist auch, dass der Antragsteller laut den vorgelegten Ladungen, die zeitlich nur wenige Wochen auseinanderliegen, einmal als Zeuge geladen wird, bei der zweiten Ladung ist diese Rubrik gar nicht ausgefüllt.

Bei den Ladungen handelt es sich also um schlecht gescannte, händisch ausgefüllte Vordrucke, die dem Antragsteller per E-Mail von Verwandten im Herkunftsstaat übermittelt worden sind. Eine Überprüfung der Ladungen auf ihre Echtheit und Richtigkeit war demnach nicht möglich, wobei die bereits aufgezeigten Indizien, die gegen die Glaubwürdigkeit des Vorbringens sprechen, den Schluss zulassen, dass es sich bei den vorgelegten Ladungen um Fälschungen bzw. Gefälligkeitsleistungen handelt.

Weshalb der Antragsteller nunmehr im Jahr 2012 vor die staatlichen Behörden geladen worden sein will bzw. weshalb die staatlichen Behörden den Antragsteller aufgrund Jahre zurückliegender Ereignisse nunmehr im Jahr 2012 offiziell laden hätten sollen, erscheint auch insofern wenig nachvollziehbar, als der Antragsteller sowohl im Jahr 2004 als auch im Jahr 2011 ohne Vorwarnung verschleppt worden sein will.

Der Antragsteller will ebenso wie sein Bruder und sein Vater aufgrund der Involvierung in die Widerstandsbewegung seit Jahren von den staatlichen Behörden gesucht worden sein. Der Asylgerichtshof hat im rechtskräftigen Erkenntnis vom 18.10.2012 die Ausführungen des Antragstellers sowie seines Vaters und seines weiteren im Bundesgebiet aufhältigen Bruders einer umfassenden Beurteilung unterzogen, wobei zu den massiven Widersprüchen im Vorbringen auf die im Verfahrensgang zitierten beweiswürdigenden Überlegungen im rechtskräftigen Erkenntnis vom 18.10.2012 verwiesen wird.

Für den erkennenden Senat hat sich infolge der im gegenständlichen Verfahren zusätzlich entstandenen Ungereimtheiten und Widersprüche sowie insbesondere aufgrund des persönlichen Eindrucks, den der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vermittelt hat, der Eindruck verstärkt, dass der Antragsteller von Beginn seines Asylverfahrens an nicht den Tatsachen entsprechende Ausführungen getätigt hat und die neuerliche Antragstellung lediglich den Zweck verfolgt, eine Abschiebung in den Herkunftsstaat zu verhindern.

Insgesamt betrachtet hat der Antragsteller im abgeschlossenen Asylverfahren ausreichend Gelegenheit gehabt, alle für sein Asylverfahren relevanten Umstände darzulegen. Seinem Vorbringen, wonach ihm bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat Verfolgung drohe, wurde die Glaubwürdigkeit versagt. Die entsprechenden Ausführungen im rechtskräftigen Erkenntnis vom 18.10.2012 wurden schlüssig und nachvollziehbar dargelegt. Auch die relevante Lage im Herkunftsstaat zum Entscheidungszeitpunkt ist hinreichend in die Beurteilung eingeflossen. Der Antragsteller konnte zum Entscheidungszeitpunkt am 18.10.2012 somit eine drohende aktuelle Gefährdung im Heimatland weder zum Zeitpunkt der Ausreise noch aktuell glaubhaft machen, woran die mit gegenständlichem Wiederaufnahmeantrag vorgelegten Beweismittel nichts ändern konnten. Diese waren nämlich - wie dargelegt - nicht geeignet, eine Wiederaufnahme des mit Erkenntnis vom 18.10.2012 rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens zu begründen, weshalb der Antrag auf Wiederaufnahme daher jedenfalls spruchgemäß abzuweisen war."

9. Auch dieses Erkenntnis erwuchs in Rechtskraft und verblieben die Beschwerdeführer nach wie vor im Bundesgebiet.

Drittes verfahrensgegenständliches Verfahren

10. Am XXXX kam eine weitere Tochter des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin, die Achtbeschwerdeführerin, in Österreich zur Welt. Für diese wurde mit Schriftsatz vom 16.01.2014 schriftlich ein Antrag auf internationalen Schutz eingebracht.

11. Am 30.04.2014 brachten der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin für sich und ihre gemeinsamen Kinder gegenständlichen Folgeantrag ein, wobei anlässlich der niederschriftlichen Erstbefragung im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass die "alten" Asylgründe nach wie vor aufrecht und auch sehr aktuell seien.

Die Zweitbeschwerdeführerin selbst und die gemeinsamen Kinder hätten keine eigenen Fluchtgründe.

Es bestehe für den Erstbeschwerdeführer und seine Familie nach wie vor Lebensgefahr in Tschetschenien. Dezidiert befragt, ob er neue Gründe vorzubringen habe, verneinte der Erstbeschwerdeführer. Er habe die Ladung, welche ihm nach seiner Ausreise aus Tschetschenien nachgeschickt worden sei bei den österreichischen Behörden vorgelegt. Danach habe er einen negativen Asylbescheid bekommen. Ein Rechtsanwalt der Caritas Wien habe ihm geraten, dass er einen neuerlichen Asylantrag stellen sollte, um seine Fluchtgründe neuerlich prüfen zu lassen - es bestehe Lebensgefahr für ihn und seine Familie - sie könnten auf keinen Fall nach Tschetschenien zurück.

12. Nach Zulassung des Verfahrens wurde der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin am 22.09.2015 und am 15.11.2017 von dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, im Beisein eines Dolmetschers der Sprache Russisch niederschriftlich einvernommen, wobei die Zweitbeschwerdeführerin bestätigte, dass für ihre Person und die Kinder keine Fluchtgründe vorlägen und der Erstbeschwerdeführer folgende, entscheidungswesentliche Angaben machte:

(...)

LA: Sie haben einen Asylantrag gestellt und zu diesem Zweck werden Sie einvernommen.

LA: Liegen Befangenheitsgründe oder sonstigen Einwände gegen die anwesenden Personen vor?

VP: Nein.

LA: Wie verstehen Sie die anwesende Dolmetscherin?

VP: Ja gut.

LA: Werden Sie im Verfahren von jemanden vertreten oder besteht für jemand eine Zustellvollmacht?

VP: Nein, ich habe eine Beraterin Frau XXXX .

LA: Sie werden ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Sie im Fall von Verständigungsschwierigkeiten jederzeit rückfragen können. Ich möchte sicher sein können, das alles, was Sie gesagt haben, auch so gemeint wurde.

VP: Ja.

LA: Fühlen Sie sich psychisch und physisch in der Lage, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten?

VP: Ja.

LA: Wie geht es Ihnen gesundheitlich? Sind Sie in ärztlicher Behandlung, nehmen Sie irgendwelche Medikamente?

VP: Gut. Ich habe Medikamente genommen, momentan nehme ich keine. Ein Psychologe

hat sie mir verschrieben. Den Namen weiß ich nicht mehr, es war eine Sonnenblume auf der

Packung. Nachgefragt gebe ich an, dass ich diese 1 Jahr genommen habe und zwar von

2012 bis 2014. Jetzt nehme ich keine Medikamente mehr.

LA: Haben Sie einen aktuellen Befund, den Sie mir vorlegen können.

VP: Nein.

LA: Nennen Sie mir bitte Ihren Namen sowie Geburtsdatum und Geburtsort.

VP: Ich heiße XXXX .

LA: Wann sind Sie erstmalig in Österreich eingereist?

VP: Das war am 4.12.2011.

LA: Haben Sie seit Ihrer Einreise Österreich verlassen?

VP: Nein.

LA: Wo genau haben Sie zuletzt in Tschetschenien gewohnt? Geben Sie Ihre letzte Wohnadresse bekannt!

VP: Ich habe im Dorf XXXX im Bezirk XXXX gewohnt.

LA: Wer hat noch dort gewohnt?

VP: Meine Eltern, meine Familie und ich bis zur Ausreise. Nachgefragt gebe ich an, dass

keiner von meiner Familie dort wohnt.

LA: Welcher Volksgruppe gehören Sie an?

VP: Ich bin Tschetschene.

LA: Welche Religion haben Sie?

VP: Ich bin Moslem.

LA: Welche Ausbildungen haben Sie, insbesondere in Ihrem Herkunftsland absolviert?

VP: Ich habe die Mittelschule absolviert, Höhere Schule habe ich nicht abgeschlossen. Ich habe auf der Uni Islamwissenschaften inskribiert.

LA: Haben Sie auch bei der MA 35 einen Antrag auf Erteilung eines AT gestellt?

VP: Nein außer einem Asylantrag habe ich keine Anträge gestellt.

LA: Welchen Beruf haben Sie in Ihrem Herkunftsland ausgeübt?

VP: Ich habe verschiedene Bauarbeiten gemacht. Ich habe auch für staatliche Stellen von

1996-1999 gearbeitet.

LA: Sie haben bereits einmal einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich gestellt. Dieser Antrag wurde negativ beschieden und Sie wurden aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Sie hätten eine Ausreiseverpflichtung gehabt und wollten freiwillig zurückkehren. Was hat sich seit damals an Ihren persönlichen Fluchtgründen geändert? Warum stellten Sie erneut einen Antrag auf internationalen Schutz?

VP: Ich nahm die Rückkehrberatung in Anspruch genommen, weil ich nicht mehr in

Österreich bleiben durfte. Danach habe ich an die Adresse im Dorf XXXX 2 Ladungen

erhalten. Da ich diese bekommen habe, wusste ich dass ich nicht zurückgehen konnte.

Daher habe ich einen Asylantrag gestellt.

LP: Über diese Gründe wurde bereits entschieden.

Sie haben bei der Erstbefragung am 30.04.2014 u.a. angegeben, dass Sie keine neuen

Gründe haben. Sie haben die Frage 7 mit Nein angegeben. Ist das richtig?

VP: Ich habe die gleichen Gründe wie früher und ich habe Angst zurückzukehren. Alleine

auch weil ich schon so lange nicht zu Hause war, ist ein Grund.

LA: Wollen Sie noch etwas sagen?

VP: Ich habe Angst zurückzukehren. Es gibt Fälle, die am Flughafen abgeholt wurden bei

ihrer Rückkehr.

LA: Haben Sie nun all Ihre Fluchtgründe genannt?

VP: Ja, sonst nichts.

LA: Wie schätzen Sie Ihre Deutschkenntnisse ein?

VP: Ich verstehe viel, aber beim Reden tue ich mich schwer. Ich lerne Deutsch. Nachgefragt gebe ich an, dass ich seit 2013 Deutsch lerne.

LA: Können wir uns auf Deutsch unterhalten?

VP: Die Dolmetscherin übersetzt: Ich habe nicht alles verstanden, besonders wenn man

schnell spricht.

LA: Wie bestreiten Sie nun Ihren Lebensunterhalt in Österreich? Sind Sie in Österreich

jemals einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen?

VP: Ich arbeite nicht.

LA: Beziehen Sie in Österreich finanzielle Unterstützungen von staatlicher Stelle?

VP: Ja, ich bekomme Essensgeld und Taschengeld.

LA: Welche Familienangehörigen Ihrer Ehefrau leben noch in Tschetschenien?

VP: Mutter und Bruder meiner Ehefrau, der Vater ist verstorben. Eine Schwester lebt noch dort.

LA: Wollen Sie irgendetwas abgeben was mit Ihrem Asylantrag in Verbindung steht,

Unterlagen, Dokumente oder so was.

VP: Nein.

LA: Wo ist der Reisepass?

VP: Meinen russischen Reisepass ist in XXXX abgenommen worden, als ich einen Asylantrag gestellt habe. Der Auslandsreisepass ist in Polen.

LA: Wie geht es Ihren Kindern?

VP: Heute geht es den Kindern gut, davor waren sie krank, sie hatten Erbrechen, Fieber.

Nachgefragt gebe ich an, dass sie eine Infektion bekamen. Ich habe damit begonnen.

LA: Sind Sie bei einem Verein, haben Sie Freunde, unterstützen sie eine Organisation?

VP: Ich bin in keinem Verein, Freunde habe ich schon.

LA: Welche Nationalitäten haben Ihre Freunde?

VP: Aus Tschetschenien.

Anmerkung: Ihnen wird nun die Möglichkeit eingeräumt, in das vom BFA zur Beurteilung Ihres Falles herangezogene Länderinformationsblatt zu Ihrem Heimatland samt den darin enthaltenen Quellen Einsicht und gegebenenfalls schriftlich Stellung zu nehmen. Diese Quellen berufen sich vorwiegend unter anderem auf Berichte von EU-Behörden von Behörde von EU-Ländern aber auch Behörden anderer Länder, aber auch Quellen aus Ihrer Heimat wie auch zahlreichen NGOs und auch Botschaftsberichten, die im Einzelnen auch eingesehen werden können. Der AW ersucht um Frist für eine Stellungnahme bis. 06.10.2015.

LA: Was machen Sie in Ihrer Freizeit? Ich nehme an, dass sich Ihre Ehefrau um die Kinder kümmert.

VP: Ich lerne Deutsch. Ich treffe mich mit Freunden, manchmal arbeite ich in der Pension, wenn es Arbeit gibt.

LA: Können Sie sonstige Gründe namhaft machen, die für Ihre Integration in Österreich sprechen?

VP: Ich besuche Deutschkurse, meine Kinder finde ich, haben sich integriert.

LA: Möchten Sie sonst noch etwas angeben?

VP: Nein.

LA: Haben Sie die Dolmetscherin verstanden?

VP: Ja.

Anmerkung: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt. Im Zuge dieser Rückübersetzung besteht die Möglichkeit Korrekturen, Ergänzungen oder Richtigstellungen vorzunehmen, Einwendungen anzubringen oder gegebenenfalls rückzufragen. Mit seiner Unterschrift bestätigt der Asylwerber, dass die Angaben vollständig, verständlich und richtig wiedergegeben wurden. Der ASt. bestätigt auch, dass die Befragung in einer respektvollen und angenehmen Atmosphäre stattfand.

(...)

- Niederschrift vom 15.11.2017

(...)

F: Kann ich mich mit Ihnen bereits auf Deutsch unterhalten?

A: Ein bisschen.

Ich möchte mich mit Ihnen auf Deutsch in einfachen Sätzen unterhalten, um Ihre Deutschkenntnisse zu prüfen.

F: Können Sie auf Deutsch schreiben?

A: Bisschen.

F: Können Sie mir bitte Ihre komplette Adresse (Wohnanschrift) in Deutsch aufschreiben?

A: siehe Beilage 1

AW denkt nach.

Leiterin der Amtshandlung: Wenn Sie fertig sind, sagen Sie es mir.

AW: Fertig, legt Beilage 1 vor.

F: Wie unterhalten Sie sich mit Ihrer Familie?

AW denkt nach.

F: In welcher Sprache unterhalten Sie sich mit Ihrer Familie?

AW schaut zum Dolmetscher.

F: Haben Sie ausländische Sender zu Hause? Haben Sie ausländische Fernsehsender oder Fernsehkanäle zu Hause?

A: keine Antwort.

F: Haben Sie mich vorher verstanden? (Übersetzung durch den Dolmetscher)

A: Ich habe verstanden, aber ich kann nicht so.

F: Was macht Ihre Frau den ganzen Tag? (es erfolgt keine Übersetzung durch den Dolmetscher)

A: Meine Frau meine Kinder Kindergarten Deutsch lernen. Räumen zu Hause im Zimmer.

Fortsetzung der asylrechtlichen Einvernahme auf Russisch:

LA: Sie haben einen neuerlichen Asylantrag gestellt und zu diesem Zweck werden Sie

einvernommen.

Ermittlungsverfahren:

Ihr erster Asylantrag vom 2011 wurde mittels Erkenntnis vom 18.10.2012 des Asylgerichtshofes u.a. wegen Unglaubwürdigkeit der vorgebrachten Fluchtgründe abgewiesen. Ihr Antrag auf Wiederaufnahme Ihres rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens wurde mittels Erkenntnis des Asylgerichtshofes gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG am 07.03.2013 abgewiesen.

Anschließend stellten Sie Ende 2012 einen Antrag auf freiwillige Rückkehr. Ihnen wurden Ihre Reisepässe und die Geburtsurkunden Ihrer damaligen 5 Kinder am 09.01.2013 ausgefolgt. Sie sind dann nicht freiwillig ausgereist und sind zum Termin mittels Ladungsbescheides vor dem damaligen Bundesasylamt unentschuldigt am 14.05.2014 nicht erschienen. Sie haben dann gemeinsam mit Ihrer Ehefrau XXXX für sich und Ihre minderjährigen Kinder am 30.04.2014 einen neuerlichen Asylantrag in der PI XXXX gestellt.

Am 22.09.2015 wurden Sie vor dem BFA neuerlich zu Ihren Asylgründen befragt.

Heute am 15.11.2017 findet eine weitere asylrechtliche Einvernahme statt.

LA: Liegen Befangenheitsgründe oder sonstigen Einwände gegen die anwesenden Personen vor? Gegen mich und gegen den Dolmetscher?

VP: Nein.

LA: Wie verstehen Sie den Dolmetscher? Übersetzt er gut für Sie?

VP: Ja.

LA: Fühlen Sie sich psychisch und physisch in der Lage, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten?

VP: Ich habe Kopfschmerzen, aber sonst geht es mir gut.

F: Nennen Sie mir bitte Ihren Namen sowie Geburtsdatum und Geburtsort.

A: XXXX Russische Föderation.

F: Wie lautet Ihre letzte Wohnadresse in Tschetschenien?

A: XXXX

F: Wer von Ihrer Verwandten und Familienangehörigen lebt noch in Tschetschenien?

A: Meine Schwester XXXX , ist verheiratet. Mein Bruder ist hier in Österreich.

Auf Nachfrage gebe ich an, dass mein Onkel in Tschetschenien ist und seine Kinder. Die

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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