TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/13 G306 2219718-1

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Veröffentlicht am 13.05.2020
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Entscheidungsdatum

13.05.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §59
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G306 2219718-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA. Bosnien und Herzegowina, vertreten durch Kocher & Bucher Rae OG, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.04.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass in Spruchpunkt V. die Dauer des Einreiseverbotes auf zwei (2) Jahre herabgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) wurde der Antrag der Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) auf Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" - Verlängerungsantrag vom 12.04.2018 gemäß § 57 AsylG iVm § 59 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der BF gemäß § 46 FPG nach Bosnien - Herzegowina zulässig ist (Spruchpunkt III.), ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 - 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise der BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z. 1 FPG gegen die BF ein auf die Dauer von fünf Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.).

Dieser Bescheid wurde der BF am 30.04.2019 zugestellt.

2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Es wurde beantragt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben und dem Antrag der BF vom 12.04.2018 auf Verlängerung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" Folge zu geben, in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückzuverweisen, allenfalls die gegen die BF ausgesprochene Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot aufzuheben und die Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig zu erklären, in eventu festzustellen, dass die Abschiebung der BF nach Bosnien und Herzegowina nicht zulässig ist, in eventu die Dauer des auf fünf Jahre befristeten Einreiseverbotes angemessen herabzusetzen, und eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen.

3. Am 05.06.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die BF ist Staatsangehörige von Bosnien und Herzegowina.

1.2. Sie war verheiratet, ist nunmehr jedoch geschieden. Die BF hat regelmäßigen Kontakt zu ihrer in Österreich lebenden Cousine und hält auch den Kontakt zu Freunden aufrecht. In Bosnien und Herzegowina hat die BF ihre Mutter und Großfamilie, mit denen sie regelmäßigen (Telefon-)kontakt hat und sie auch von Zeit zu Zeit in Bosnien besuchen kommt.

1.3. Mit Bescheid der zuständigen NAG-Behörde vom April 2014, rechtskräftig seit Juni 2016, wurde der BF mit sofortiger Wirkung der Besitz von Waffen und Munition verboten.

Begründend dafür wurde angeführt, dass laut einem polizeilichen Abschlussbericht die BF beschuldigt werde, am XXXX.2013 ihren Ehemann im Zuge einer verbalen und tätlichen Auseinandersetzung mit 2 Küchenmessern bedroht zu haben.

Aufgrund dieses Sachverhaltes sei mit Schreiben vom XXXX.2013 ein Waffenverbotsverfahren eingeleitet worden, sei doch aufgrund ihres Verhaltens die Annahme gerechtfertigt, dass die BF Waffen missbräuchlich verwenden könnten.

1.4. Die BF hat am 27.12.2013 erstmals in Österreich einen Aufenthaltstitel als Familienangehörige beantragt. Dieser Antrag wurde am 15.12.2014 abgewiesen.

Begründend wurde im Bescheid ausgeführt, dass die BF im Zeitraum vom 24.11.2013 bis 19.05.2014 die ihr (als bosnischen Staatsangehörigen zugekommene, sichtvermerkbefreite) erlaubte Aufenthaltsdauer überschritten habe, obwohl sie von der zuständigen NAG-Behörde auf die erlaubte Aufenthaltsdauer mündlich hingewiesen worden sei, und die BF vom 26.11.2013 bis 04.12.2013 illegal in Österreich beschäftigt gewesen sei.

1.5. Sie war in Österreich erstmals ab 25.05.2012 gemeldet und ab diesem Zeitpunkt immer wieder, bis 08.04.2016 jedoch nie durchgehend. Von XXXX.2016 bis XXXX.2017 war die BF in Haft gemeldet.

1.6. Die BF wurde in Österreich strafrechtlich verurteilt, und zwar

* im Dezember 2016, rechtskräftig mit August 2017, wegen versuchten Beitrags zu Suchtgifthandel zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten, wobei am XXXX.2019 gerichtlich beschlossen wurde, die BF am XXXX.2019 bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren aus der Strafhaft zu entlassen.

1.6.1. Dieser strafrechtlichen Verurteilung der BF lagen folgende strafbare Handlungen zugrunde:

Die BF hat mit vier weiteren Personen an verschiedenen Orten im Bundesgebiet

* vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge des § 28b SMG übersteigenden Menge anderen zu überlassen versucht, und zwar am XXXX 2016 Suchtgift bzw. 999,56 Gramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt von 76,88 % (686 Gramm Cocain-Base in Reinsubstanz) an einen verdeckten Ermittler des Bundeskriminalamtes zu einem Kaufpreis von EUR 55.000,00, dabei

- die BF als Beitragstäterin, indem sie zunächst den Kontakt zwischen dem verdeckten Ermittler und ihrem Auftraggeber herstellte und sodann die Treffen mit den möglichen Suchtgiftlieferanten vereinbarte, hiebei Übersetzungsleistungen erbrachte, mit dem tatsächlichen Auftraggeber, der die Lieferung eines Kilogramm Kokains zusicherte und in weiterer Folge auch organisierte, in Kontakt blieb, entsprechende weitere Informationen sodann an den verdeckten Ermittler weitergab und sich für die Anwesenheit und Dolmetscherdienste von ihrem Auftraggeber einen finanziellen Beitrag für den Fall der positiven Abwicklung des Suchtgiftgeschäftes versprechen ließ;

(die BF wurde mit zwei weiteren Tätern kurz vor dem XXXX 2016 von ihrem Arbeitgeber dazu bestimmt, vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge des § 28b SMG übersteigenden Menge anderen zu überlassen, indem sie mit den weiteren Tätern von ihm angewiesen wurde, 999,56 Gramm Kokain an einen ihrem Auftraggeber vornamentlich bekannten verdeckten Ermittler zu übergeben, wobei kurz vor der Übergabe die Polizei einschreiten konnte; von ihrem Arbeitgeber wurde der BF dabei auch ein finanzieller Vorteil nach Abwicklung des Suchtgiftgeschäftes versprochen und wurden bei der Abhandlung des Suchtgiftgeschäftes weitere Anweisungen erteilt).

Die Tatbeteiligung der BF betrifft eine Vermittlung eines Drogengeschäftes bei mehreren Treffen, offensichtlich zahlreichen Telefonaten, über einen Zeitraum von zumindest XXXX.2016 bis XXXX.2016.

Bei der Strafbemessung des Strafgerichtes wurde die bisherige Unbescholtenheit, das umfassende und reumütige Geständnis, die untergeordnete Täterrolle, die Sicherstellung des Suchtgiftes und der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, als mildernd, und kein Umstand als erschwerend gewertet.

Im Berufungsurteil des zuständigen Oberlandesgerichts wurde festgehalten, dass der geständigen Verantwortung der BF, weil es sich dabei aufgrund der verdeckten Ermittlung entgegen des Berufungsvorbringens nicht um ein "unnötiges", sondern um ein "Muss-Geständnis" handelt, nur eingeschränktes Gewicht zukommt.

1.7. Die BF hat ab Februar 2017 dem Bundeskriminalamt (BK) als Vertrauensperson unter anderem dabei geholfen, internationale Drogenhändler strafrechtlich zu verfolgen und zur strafrechtlichen Verurteilung zu führen.

In einem Bericht des BK vom XXXX.2018 wurde Folgendes festgehalten (Name der BF durch "BF" ersetzt):

"Die BF ist als Vertrauensperson beim Bundeskriminalamt registriert. Durch ihre Tätigkeit gelang es bereits mehrmals, international agierende Täter (vorwiegend Drogenhändler) auszuforschen und der Festnahme zuzuführen.

Zurzeit ist die BF als Vertrauensperson in der Akte (...) eingesetzt. Der angeführte Einsatz ist nicht abgeschlossen und wird noch längere Zeit andauernd. Aufgrund der notwendigen laufenden Informationsgewinnung ist die Anwesenheit der BF in Österreich unumgänglich.

Es wird daher ersucht, für die weiteren Ermittlungen und zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen der BF den besonderen Schutz gemäß § 57 AsylG zukommen zu lassen."

Mit Schreiben der Einsatz-, Grenz- und Fremdenpolizeilichen Abteilung (EGFA) der Landespolizeidirektion (LPD) vom XXXX.2018 wurde folgende "Stellungnahme gem. §5 7 Abs. 2 AsylG" abgegeben:

"(...) Gem. § 57 Abs. 1 Z. 2 AsylG ist im konkreten Fall als einzige (formelle) Erteilungsvoraussetzung zu prüfen, ob bereits ein begonnenes (gerichtliches) Strafverfahren vorliegt.

Erst bei Vorliegen dieser Voraussetzung kann seitens der LPD (...) im Sinne des § 57 Abs. 2 AsylG eine begründete Stellungnahme dahingehend abgegeben werden, ob durch die Erteilung der begehrten Aufenthaltsberechtigung zu erwarten ist, dass die Strafverfolgung von (nach ha. Ansicht: konkreten) gerichtlichen strafbaren Handlungen gewährleistet ist. (...)

Gem. § 1 Abs. 2 StPO beginnt ein Strafverfahren, sobald Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft zur Aufklärung des Verdachtes einer Straftat gegen eine bekannte oder unbekannte Person ermittelt oder Zwang gegen eine verdächtigte Person ausübt.

Wie sich aus dem Schreiben des BKA vom XXXX.2018, (...) ersehen lässt, ist die Antragstellerin zur Zeit als Vertrauensperson in der Akte (...) in einem offensichtlich von der Kriminalpolizei (nämlich dem BKA) begonnenen Strafverfahren eingesetzt.

Durch ihre Tätigkeit gelang es bereits mehrmals, international agierende Täter (vorwiegend Drogenhändler) auszuforschen und der Festnahme zuzuführen.

Der angeführte Einsatz sei noch nicht abgeschlossen und werde noch längere Zeit andauern. Auf Grund der notwendigen laufenden Informationsgewinnung sei die Anwesenheit der BF in Österreich unumgänglich.

Auf Grund dieser der Behörde zur Verfügung stehenden Angaben des Bundeskriminalamtes, welche von der Behörde in keinster Weise zu bezweifeln sind, kann die Stellungnahme der LPD (...) nur dahingehend lauten, dass das Vorliegen der Voraussetzung nach § 57 Abs. 1 Z. 2 AsylG eindeutig zu bejahen ist, nämlich, dass die beantragte "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" im konkreten Fall der Gewährleistung der Strafverfolgung von konkreten gerichtlich strafbaren Handlungen dient."

1.8. Der BF wurde daraufhin erstmals für den Zeitraum vom 27.04.2017 bis 26.04.2018 eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" erteilt.

1.9. Am 12.04.2018 brachte die BF beim BFA einen Verlängerungsantrag auf Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" ein.

1.10. Mit Schreiben vom 26.04.2018 und damit mit Ablauf der bis 26.04.2018 gültigen Aufenthaltsberechtigung wurde von der Generaldirektion des BK für die öffentliche Sicherheit, Büro für verdeckte Ermittlungen, bekanntgegeben, dass die BF nicht mehr als Vertrauensperson zum Einsatz kommen und der gegenständliche Antrag nicht unterstützt werde.

1.11. Am XXXX.2018 erfolgte der Strafantritt der BF im elektronisch überwachten Hausarrest, und am XXXX.2019 wurde die BF bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren aus der Strafhaft entlassen.

1.12. Mit Schreiben des BFA vom 15.10.2018, zugestellt der BF am 19.10.2018, wurde die BF zur Einvernahme vor dem BFA am 08.11.2018 geladen.

Dieser Ladung ist die BF nicht gefolgt.

Mit Schreiben des BFA vom 06.02.2019 wurde der BF das Ergebnis der Beweisaufnahme bzw. die Beabsichtigung, gegen sie eine Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot zu erlassen, zur Stellungnahme vorgehalten.

Mit Schreiben vom 22.02.2019 und 06.03.2019 nahm die BF dazu Stellung.

1.13. Die BF war im Bundesgebiet vom 01.07.2017 bis 22.11.2017 und ab 01.08.2018 arbeitend und versichert gemeldet.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

2.2. Zur Person des BF und seinen individuellen Verhältnissen

2.2.1. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit der BF getroffen wurden, beruhen diese auf dem diesbezüglich glaubhaften Akteninhalt.

2.2.2. Die Feststellungen zum Familienstand bzw. den familiären Verhältnissen der BF beruhen ebenso auf dem diesbezüglich glaubhaften Akteninhalt

2.2.3. Dass die BF am 27.12.2013 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als Familienangehörige gestellt hat und dieser Antrag am 15.12.2014 abgewiesen wurde, war aus dem Akteninhalt bzw. einem Auszug aus dem "Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister" ersichtlich.

2.2.4. Die Feststellung zur rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilung der BF beruht auf einem Strafregisterauszug. Die dieser strafrechtlichen Verurteilung zugrundeliegenden strafbaren Handlungen beruhen auf dem Strafrechtsurteil im Akt (AS 84ff). Seitens des zuständigen Oberlandesgerichts wurde von der vom Erstgericht gegen die BF teilweise bedingt verhängten Freiheitsstrafe abgesehen und im Berufungsurteil unter anderem angeführt, dass die BF als Initiatorin und in der Folge Koordinatorin des Deals aufgetreten sei und auch die Stellung einer Vertrauensperson des Auftraggebers innegehabt habe. Auch wenn sie, wie ihr Auftraggeber, den unmittelbaren Kontakt mit dem Suchtgift (wohlweislich) vermieden habe, werde ihre höhere Stellung in der Gruppe durch das in Aussicht stehende beträchtliche Entgelt mit dokumentiert (AS 127).

Der unter den Feststellungen festgehaltene Waffenverbotsbescheid der BF vom XXXX.2014 liegt dem Verwaltungsakt ein (AS 135).

2.2.5. Dass die BF ab Februar 2017 dem BK als Vertrauensperson unter anderem bei der strafrechtlichen Verfolgung von internationalen Drogenhändlern geholfen hat, ergab sich aus dem Akteninhalt.

Der unter den Feststellungen wörtlich wiedergegebene Bericht des Bundeskriminalamtes vom XXXX.2018 mit angeführtem "Bezug: Ersuchen um Unterstützung bei Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 57 AsylG", worin festgehalten wurde, dass die BF als Vertrauensperson beim BKA registriert und in einem bestimmten Fall eingesetzt sei, dieser Einsatz noch längere Zeit andauern werde, und es durch ihre Tätigkeit bereits mehrmals gelungen sei, international agierende Täter (vorwiegend Drogenhändler) auszuforschen und der Festnahme zuzuführen, liegt dem Verwaltungsakt ein (AS 35).

Die unter den Feststellungen wörtlich wiedergegebene Stellungnahme der LPD vom XXXX.2018 dazu findet sich im Verwaltungsakt hinter dem Bericht des BKA (AS 37f).

2.2.6. Dass die BF im Juli 2017 und ab August 2018 im Bundesgebiet als arbeitend und versichert gemeldet war, beruht auf dem diesbezüglich Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A) I.:

3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Der mit "Verlängerungsverfahren des Aufenthaltstitels "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" betitelte § 59 AsylG lautet in seinem Absatz 1 wie folgt:

"§ 59. (1) Anträge auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels, frühestens jedoch drei Monate vor diesem Zeitpunkt, beim Bundesamt einzubringen. Danach gelten Anträge als Erstanträge. Nach Stellung eines Verlängerungsantrages ist der Antragsteller, unbeschadet der Bestimmung nach dem FPG, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Über die rechtzeitige Antragstellung kann dem Drittstaatsangehörigen auf begründeten Antrag eine einmalige Bestätigung im Reisedokument angebracht werden, die keine längere Gültigkeitsdauer als drei Monate aufweisen darf. Diese Bestimmung berechtigt zur visumfreien Einreise in das Bundesgebiet. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, Form und Inhalt der Bestätigung durch Verordnung zu regeln.

(...)."

Der mit "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" betitelte § 57 AsylG 2005 lautet wie folgt:

"§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

(...)."

Im gegenständlichen Fall wurde die BF beim BK als Vertrauensperson registriert und ab Februar 2017 in bestimmten Fällen unter anderem zur strafrechtlichen Verfolgung von internationalen Drogenhändlern eingesetzt. Das BK berichtete im April 2018 davon, ihr Einsatz dauere noch länger.

Am 26.04.2018, mit Ablauf der vom 27.04.2017 bis 26.04.2018 gültigen "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" teilte die Generaldirektion des BK für die öffentliche Sicherheit, Büro verdeckte Ermittler mit, dass die BF nicht mehr als Vertrauensperson zum Einsatz kommen und der gegenständliche Antrag nicht unterstützt wird.

Da die BF vom BK somit nicht mehr bei der strafrechtlichen Verfolgung bestimmter Personen unterstützend herangezogen wird, ist der Tatbestand des § 57 Abs. 1 Z. 2 AsylG, worauf sich ihre einjährige "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gestützt hat, nicht mehr erfüllt.

Die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages der BF vom 12.04.2018 auf Verlängerung ihrer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird daher abgewiesen. Mit Erlassung dieser Entscheidung liegt daher eine rechtskräftige abweisende Entscheidung über den Verlängerungsantrag der BF vor, ab welcher die BF nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig ist.

3.2. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

Der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:

"§ 52. (1) (...)

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(...)

(9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

(...)."

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG, BGBl. I 87/2012 idgF lautet wie folgt:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(...)."

Die BF hat in Österreich regelmäßigen Kontakt zu ihrer im Bundesgebiet lebenden Cousine. Bezüglich dieses Kontakthaltens kann nicht von einer Beziehungsintensität iSv Art. 8 EMRK und damit nicht von einem Familienleben ausgegangen werden.

Fest steht, dass die BF, die den Großteil ihres Lebens in ihrem Herkunftsstaat verbracht hat und sich bis zu ihrer Inhaftnahme am XXXX.2016 nie länger durchgehend in Österreich aufgehalten hat, in Bosnien und Herzegowina ihre Mutter und Großfamilie und mit ihnen regelmäßigen (Telefon-)kontakt pflegt und diese von Zeit zu Zeit in Bosnien auch besuchen kommt. Es ist demnach von vorhandenen familiären und privaten Bindungen der BF in ihrem Herkunftsstaat auszugehen.

Im gegenständlichen Fall war die BF im Bundesgebiet erstmals ab Mai 2012 gemeldet, dies bis zu ihrer Inhaftnahme am XXXX.2016 jedoch nicht durchgehend, sondern nur 83 Tage im Jahr 2012, 163 Tage im Jahr 2013, 174 Tage im Jahr 2014 und 57 Tage im Jahr 2015, und abgesehen von der ihr als bosnischen Staatsangehörigen jeweils drei Monate innerhalb von sechs Monaten zugestandenen sichtvermerkbefreiten Aufenthaltsdauer und der ihr vom 27.04.2017 bis 26.04.2018 bzw. bis zur rechtskräftigen Entscheidung über ihren Verlängerungsantrag zugekommenen "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" auch nicht rechtmäßig aufhältig, zumal auch ihr Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als Familienangehörige vom 27.12.2013 am 15.12.2014 abgewiesen wurde.

Ihrer Inhaftnahme am XXXX.2016 sind besonders verwerfliche strafbare Handlungen der BF vorangegangen.

Die BF hat sich des Verbrechens des versuchten Suchtgifthandels in der Form der Beitragstäterschaft schuldig gemacht und wurde deswegen im Dezember 2016, rechtskräftig mit August 2017, strafrechtlich verurteilt.

Die Tatbeteiligung der BF betrifft eine Vermittlung eines Drogengeschäftes bei mehreren Treffen und offensichtlich zahlreichen Telefonaten über den Zeitraum von zumindest XXXX.2016 bis XXXX.2016, wobei einem verdeckten Ermittler des Bundeskriminalamtes vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge des § 28b SMG übersteigenden Menge bzw. 999,56 Gramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt von 76,88 % (686 Gramm Cocain-Base in Reinsubstanz) zu einem Kaufpreis von EUR 55.000,00 zu überlassen versucht wurde.

Die BF hat sich für ihre Anwesenheit und Dolmetscherdienste von ihrem Auftraggeber einen finanziellen Beitrag für den Fall der positiven Abwicklung des Suchtgiftgeschäftes versprechen lassen, und es wurden ihr bei der Abhandlung des Suchtgiftgeschäftes weitere Anweisungen erteilt.

Aus diesen strafbaren Handlungen geht hervor, dass die BF grundsätzlich jederzeit bereit dazu ist, sich auf illegale Weise - auch über den für die Gesundheit der Menschen besonders gefährlichen Suchtgifthandel - finanziell zu bereichern.

Die BF hat bereits davor ihre Gefährlichkeit unter Beweis gestellt, indem sie am XXXX.2013 ihren ehemaligen Ehemann im Zuge einer verbalen und tätlichen Auseinandersetzung mit 2 Küchenmessern bedroht hat, woraufhin gegen die BF mit Schreiben vom XXXX.2013 ein Waffenverbotsverfahren eingeleitet und mit im Juni 2016 rechtskräftig gewordenem Bescheid der zuständigen NAG-Behörde vom April 2014 ein Waffenverbot verhängt wurde.

Dass ihr Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als Familienangehörige vom 27.12.2013, zu welchem Zeitpunkt bereits das Waffenverbotsverfahren gegen die BF anhängig war, am 15.12.2014 abgewiesen wurde, beruht auf der Nichtbereitschaft der BF, sich an in Österreich geltende Rechtsvorschriften zu halten, bzw., wie aus der Begründung der abweisenden NAG-Entscheidung vom 15.12.2014 hervorgehend, darauf, dass die BF im Zeitraum vom 24.11.2013 bis 19.05.2014 die ihr (als bosnischen Staatsangehörigen zugekommene, sichtvermerkbefreite) erlaubte Aufenthaltsdauer überschritten hat, obwohl sie von der zuständigen NAG-Behörde auf die erlaubte Aufenthaltsdauer mündlich hingewiesen worden war, und die BF vom 26.11.2013 bis 04.12.2013 einer illegalen Beschäftigung in Österreich nachgegangen ist.

Besonders schwer zuungunsten der BF wiegt jedenfalls das im Versuchsstadium gebliebene Verbrechen des Suchtgifthandels, an welchem die BF im Zeitraum von XXXX.2016 bis XXXX.2016 als Beitragstäterin tätig war, und weswegen sie im August 2017 rechtskräftig strafrechtlich verurteilt wurde.

Fest steht, dass aufgrund der mehrmaligen Verstöße der BF gegen österreichische Rechtsvorschriften (Überschreitung der sichtvermerkfreien Aufenthaltsdauer, illegale Beschäftigung im Jahr 2013, Bedrohung ihres ehemaligen Ehegatten mit Küchenmessern, was im Juni 2016 zu einem rechtskräftigen Waffenverbot führte, Beitragshandlungen am im Versuchsstadium gebliebenen Suchtgifthandel, welche im Dezember 2016, bzw. rechtskräftig im August 2017 zu einer strafrechtlichen Verurteilung führten) ein besonders starkes öffentliches Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung, vor allem zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, vorliegt, welches die privaten Interessen der BF (Kontakthalten mit ihrer Cousine, legale Beschäftigungen der BF von Juli bis November 2017 und dann ab August 2018, auch in der Zeit ihres elektronisch überwachten Hausarrestes, mit welcher Beschäftigung die BF in ihrer Beschwerde ihre Selbsterhaltungsfähigkeit begründete) eindeutig in den Hintergrund treten lassen.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung ist im gegenständlichen Fall somit jedenfalls gerechtfertigt.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides war daher abzuweisen.

3.1.3. Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung durchsetzbar ist, sind gemäß § 46 Abs. 1 FPG von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn die Überwachung der Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint, sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind oder dies aufgrund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist oder Fremde einem Einreise- oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Im gegenständlichen Fall war eine der BF in Bosnien drohende Konventionsverletzung nicht feststellbar, handelt es sich doch beim Herkunftsstaat der BF um einen sicheren Drittstaat, wurde mit vorliegender Beschwerde kein konkretes Abschiebungshindernis bekannt gegeben und geht ein solches auch weder aus dem Akteninhalt noch aus den aktuellen amtsbekannten Länderberichten hervor. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides war daher ebenso abzuweisen.

3.1.4. Zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides:

Mit Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Der mit "Frist für die freiwillige Ausreise" betitelte § 55 FPG lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. (...)

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.

(...)."

Dass besondere von der BF bei der Regelung ihrer persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigende Umstände die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen, konnte nicht festgestellt werden, weshalb auszusprechen war, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Die Beschwerde war somit auch gegen diesen Spruchpunkt als unbegründet abzuweisen.

3.1.5. Zu Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides:

Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:

"§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(...)

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

(...)."

3.1.5.1. Mit Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides wurde gegen die BF gemäß § 53 Abs. 1 iVm § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

§ 53 Abs. 1 FPG besagt, dass mit einer Rückkehrentscheidung vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden kann.

Die belangte Behörde stützte das von ihr erlassene Einreiseverbot vor allem auf die strafrechtliche Verurteilung der BF von Dezember 2016 bzw. den dieser Verurteilung zugrundeliegenden strafbaren Handlungen der BF.

Die BF hat sich des Verbrechens des versuchten Suchtgifthandels in Form der Beitragstäterschaft schuldig gemacht und wurde deswegen im Dezember 2016, rechtskräftig mit August 2017, strafrechtlich verurteilt, und zwar zu 30 Monaten Freiheitsstrafe, wobei mit Berufungsurteil von der vom Erstgericht gegen die BF verhängten bedingten Freiheitsstrafe wieder abgesehen wurde.

Der Einreiseverbotstatbestand nach § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG ist erfüllt, weil die gegen die BF mit rechtskräftiger strafrechtlicher Verurteilung von August 2017 verhängte unbedingte Freiheitsstrafe von 30 Monaten die in § 53 Abs. 1 Z. 1 FPG geforderte Mindesthöhe von drei Monaten bei Weitem überschreitet.

Die Erfüllung des Einreiseverbotstatbestandes nach § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG ist jedoch nur Indiz für eine vom BF im Bundesgebiet ausgehende schwerwiegende Gefahr. Ob eine solche Gefahr tatsächlich vorliegt, muss unter Berücksichtigung des gesamten (Fehl-) Verhaltens und aller individuellen Umstände beurteilt werden.

Bei der Bemessung der Einreiseverbotsdauer ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und aufgrund konkreter Feststellungen eine Beurteilung der Gefährlichkeitsprognose vorzunehmen. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung oder des Vorliegens der sonstigen genannten Tatbestandsvoraussetzungen an, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild (vgl. VwGH 19.02.2013, Zl. 2012/18/0230).

Die Straftatbeteiligungshandlungen der BF betreffen die Vermittlung eines Drogengeschäftes bei mehreren Treffen und offensichtlich zahlreichen Telefonaten über einen Zeitraum von zumindest 11.03.2016 bis 06.04.2016, wobei versucht wurde, einem verdeckten Ermittler des Bundeskriminalamtes vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge des § 28b SMG übersteigenden Menge bzw. 999,56 Gramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt von 76,88 % (686 Gramm Cocain-Base in Reinsubstanz) zu einem Kaufpreis von EUR 55.000,00 zu überlassen.

Die BF hat sich für ihre Anwesenheit und Dolmetscherdienste von ihrem Auftraggeber einen finanziellen Beitrag für den Fall der positiven Abwicklung des Suchtgiftgeschäftes versprechen lassen, und es wurden ihr bei der Abhandlung des Suchtgiftgeschäftes weitere Anweisungen erteilt.

Aus diesen strafbaren Handlungen geht hervor, dass die BF grundsätzlich jederzeit bereit dazu ist, sich auf illegale Weise - auch über den für die Gesundheit der Menschen besonders gefährlichen Suchtgifthandel - finanziell zu bereichern.

Die BF hat bereits vor diesen strafrechtlich verurteilten Straftaten ihre Gefährlichkeit dadurch unter Beweis gestellt, dass sie am XXXX.2013 ihren ehemaligen Ehemann im Zuge einer verbalen und tätlichen Auseinandersetzung mit 2 Küchenmessern bedroht hat, woraufhin gegen die BF mit Schreiben vom XXXX.2013 ein Waffenverbotsverfahren eingeleitet und mit im Juni 2016 rechtskräftig gewordenem Bescheid der zuständigen NAG-Behörde vom April 2014 ein Waffenverbot verhängt wurde.

Auch davor hat sie gegen in Österreich geltende Rechtsvorschriften verstoßen, indem sie ihre zulässige sichtvermerkfreie Aufenthaltsdauer überschritten hat und im November, Dezember 2013 illegal beschäftigt war.

Bezüglich der Beitragshandlungen der BF in Zusammenhang mit Suchtgifthandel ist jedenfalls die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität hervorzuheben, weshalb das maßgebliche öffentliche Interesse in diesen Fällen unverhältnismäßig schwerer wiegt, als das gegenläufige private Interesse des Fremden (vgl. VwGH 14.01.1993, 92/18/0475).

In seiner Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof regelmäßig betont, dass ein Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen ist, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (siehe zuletzt VwGH 25.1.2018, Ra 2018/21/0004, Rn. 8); für die Annahme eines Wegfalls der aus dem bisherigen Fehlverhalten ableitbaren Gefährlichkeit eines Fremden ist in erster Linie das Verhalten in Freiheit maßgeblich (vgl. nur VwGH 17.11.2016, Ra 2016/21/0193, Rn. 12).

Die "Wohlverhaltensdauer" seit bedingter Strafhaftentlassung der BF am XXXX.2019 ist im Hinblick auf ihre besonders verwerflichen strafbaren Handlungen nicht nur kurz, sondern auch dadurch relativiert, dass die BF weiß, dass sie am XXXX.2019 nicht endgültig, sondern nur bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren aus der Strafhaft entlassen wurde, und ihr durch Vorhalt der behördlichen Beabsichtigung, gegen sie eine Rückkehrentscheidung und ein befristetes Einreiseverbot zu erlassen, mit Schreiben vom 06.02.2019 auch ihr unsicherer Aufenthaltsstatus bewusst gemacht worden ist.

Auch wenn die BF ab Februar 2017 das BK bei der strafrechtlichen Verfolgung bestimmter Straftäter als Vertrauensperson unterstützt hat, von Juli bis November 2017 und dann ab August 2018, auch in elektronisch überwachtem Hausarrest, in dem sie sich ab XXXX.2018 befunden hat, legalen Beschäftigungen nachgegangen ist, und sich nach Vorhalt des Ergebnisses der Beweisaufnahme in ihrer Stellungnahme vom 06.03.2019 und nach Erlassung des angefochtenen Bescheides in ihrer Beschwerde vom 24.05.2019 reuig gezeigt hat, kann dies alles nicht ihre mit Suchtgifthandel zusammenhängenden besonders verwerflichen strafbaren Beitragshandlungen von XXXX.2016 bis XXXX.2016 in den Hintergrund treten lassen, zumal die BF bereits davor ihre Gefährlichkeit unter Beweis gestellt hat, wurde doch nach Bedrohung ihres ehemaligen Ehegattin im Jahr 2013 im Juni 2016 ein rechtskräftiges Waffenverbot gegen sie verhängt, und sie mit ihrem Verhalten auch zeigte, nicht zu rechtskonformem Verhalten bereit zu sein, hat sie doch trotz Hinweises der NAG-Behörde auf die erlaubte Aufenthaltsdauer die zulässige sichtvermerkbefreite Aufenthaltsdauer überschritten und ist sie im November, Dezember 2013 einer illegalen Beschäftigung nachgegangen.

Zum gegenständlichen Entscheidungszeitpunkt kann daher nicht von einer positiven Zukunftsprognose ausgegangen werden.

Es liegt daher im gegenständlichen Fall eine vom BF im Bundesgebiet ausgehende schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit iSv § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG vor. Das vom BFA erlassene Einreiseverbot besteht somit dem Grunde nach zu Recht.

3.1.5.2. Darauf folgt folgende Bemessung des Einreiseverbotes:

Bei der Bemessung des Einreiseverbotes kann sich die Behörde nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen zurückziehen, sondern ist insbesondere auch die Intensität der privaten und familiären Bindungen zu Österreich einzubeziehen (VwGH 07.11.2012, Zl. 2012/18/0057).

Den schwer zuungunsten der BF wiegenden Beitragshandlungen in Zusammenhang mit Suchtgifthandel und dem sonstigen Fehlverhalten der BF, das etwa im Juni 2016 zu einem rechtskräftigen Waffenverbot gegen die BF geführt hat, stehen nicht besonders berücksichtigungswürdige private Interessen der BF gegenüber, führt die BF doch keine über ein bloßes Kontakthalten hinausgehende nähere Beziehung mit ihrer Cousine oder einer sonstigen Bezugsperson in Österreich, und ist sie erst nach vor rechtskräftigem Berufungsurteil von August 2017 vormaliger Haftentlassung im Februar 2017 von Juli bis November 2017 und dann ab August 2018 - auch über die Zeit ihres elektronisch überwachten Hausarrests hindurch - legaler Erwerbstätigkeit nachgegangen.

Aufgrund der, wenn auch nicht stark, so doch vorhandenen, privaten Anknüpfungspunkte der BF in Österreich und ihrer ab 2012 nur sporadischen, ab Inhaftnahme am XXXX.2016 jedoch ununterbrochenen Aufenthaltsdauer wird die vom BFA auf die Dauer von fünf Jahre verhängte Einreiseverbotsdauer auf die Dauer von zwei Jahre herabgesetzt.

Der Beschwerde war daher spruchgemäß teilweise stattzugeben.

3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Einreiseverbot Herabsetzung Interessenabwägung Milderungsgründe öffentliche Interessen Resozialisierung Rückkehrentscheidung Zukunftsprognose

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G306.2219718.1.00

Im RIS seit

12.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

12.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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