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32/01 Finanzverfahren, allgemeines AbgabenrechtNorm
B-VG Art7Leitsatz
Verletzung im Gleichheitsrecht mangels einer den rechtsstaatliche Erfordernissen genügenden Begründung einer mündlich verkündeten Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes betreffend Abgaben nach der BAORechtssatz
Nach der Rsp des VfGH hat ein mündlich verkündetes Erkenntnis die tragenden Elemente der Begründung zu enthalten. Die schriftliche Ausfertigung der Entscheidung kann den Mangel des Fehlens der wesentlichen Entscheidungsgründe in der mündlichen Verkündung des Erkenntnisses nicht beseitigen. In der Bundesabgabenordnung ist eine Pflicht zur Begründung der mündlich verkündeten Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes (anders als in §29 Abs1 VwGVG) zwar nicht ausdrücklich vorgesehen (vgl in diesem Zusammenhang §93 iVm §93a BAO), bereits aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit sind jedoch auch mündlich verkündete Entscheidungen gemäß §277 Abs4 BAO zu begründen: Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes wird mit ihrer mündlichen Verkündung rechtlich existent und ist vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes bekämpfbar. Der Rechtsschutz durch Beschwerde nach Art144 B-VG wie auch die Revision an den VwGH liefe ins Leere, wäre nicht bereits die mündlich verkündete Entscheidung (im Wesentlichen) zu begründen und damit einer Überprüfung durch den VfGH bzw den VwGH zugänglich.
Die Ausführungen zur Begründung des mündlich verkündeten Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichtes in der Niederschrift vom 06.12.2019 erschöpfen sich in der Auflistung einiger Rechtsfragen, ohne sich mit diesen aber auch nur ansatzweise auseinanderzusetzen. Die mündlich verkündete Entscheidung ist daher inhaltlich weder für den Adressaten der Entscheidung noch für den VfGH nachvollziehbar. Es ist anhand der stichwortartigen Aufzählung auch nicht erkennbar, ob das Bundesfinanzgericht damit seine Entscheidung über die Beschwerde des Einschreiters oder die Zulässigkeit der ordentlichen Revision an den VwGH begründet. Den zitierten Ausführungen in der Niederschrift kommt nach Auffassung des VfGH keinerlei Begründungswert zu.
Die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses mit vollständiger Begründung erfolgte zwar und wurde dem Beschwerdeführer am 18.12.2019 zugestellt; dies kann aber den Mangel des Fehlens der wesentlichen Entscheidungsgründe in der mündlichen Verkündung des Erkenntnisses nicht beseitigen. Insgesamt widerspricht eine derartige Vorgangsweise den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Begründung gerichtlicher Entscheidungen.
Schlagworte
Verhandlung mündliche, Entscheidungsverkündung, EntscheidungsbegründungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2020:E370.2020Zuletzt aktualisiert am
25.08.2021