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L55004 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz OberösterreichNorm
AVG §13 Abs3Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bleiweiss, über die Revision des T G in R, vertreten durch die Niederhuber & Partner Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Wilhelm-Spazier-Straße 2a, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 10. Juli 2019, Zl. LVwG-551404/20/FP/BeH, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf naturschutzbehördliche Feststellung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen, im Beschwerdeverfahren ergangenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 10. Juli 2019 wurde unter anderem - in Stattgebung der Beschwerde der Oberösterreichischen Umweltanwaltschaft gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 5. November 2018 - der Antrag des Revisionswerbers vom 11. Jänner 2018 auf naturschutzrechtliche Feststellung, dass durch das eingereichte Projekt betreffend die Errichtung einer Wehranlage in der Teichl samt einem Einlaufbauwerk und einer Druckrohrleitung in der Gemeinde Roßleithen auf näher genannten Grundstücken im 50-Meter-Uferschutzbereich der Teichl und der Pießling solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwögen, nicht verletzt würden, gemäß § 68 Abs. 1 AVG sowie § 13 Abs. 3 AVG iVm § 38 Abs. 2 Oberösterreichisches Naturschutzgesetz 2001 (Oö. NSchG 2001) zurückgewiesen (Spruchpunkt A. I. 1.). Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt A. III.).
2 Begründend ging das Verwaltungsgericht nach Einholung eines naturschutzfachlichen Amtssachverständigengutachtens und Durchführung einer Beschwerdeverhandlung mit näheren Darlegungen im Kern davon aus, dass dem gegenständlichen Antrag die Rechtskraft des Berufungsbescheides der Oberösterreichischen Landesregierung vom 9. Dezember 2013 (vgl. dazu VwGH 21.12.2016, Ro 2014/10/0046), mit dem ein mit dem verfahrensgegenständlichen Vorhaben im Wesentlichen gleiches Projekt abgewiesen worden sei, entgegenstehe. Mit den beiden Verfahren habe der Revisionswerber eine an gleicher Stelle situierte Wehranlage in der Teichl mit kurzem Stauraum nahe des Mündungsbereiches der Pießling in die Teichl sowie ein linksufriges Einlaufbauwerk mit zugehörigen anlagetechnischen Ausstattungen und einer Druckrohrleitung, die zu einem Krafthaus führe, in dem das gemeinsam mit dem aus einer weiteren Wehranlage an der Pießing kommende Wasser zur Energieerzeugung verwendet werden solle, errichten wollen. Die Leistung der beiden Projekte sei im Wesentlichen gleich, es könne kein Unterschied in der Wirkung auf die wesentlichen naturschutzfachlichen Schutzgüter festgestellt werden. Im Ergebnis beträfen die Änderungen im Wesentlichen „kosmetische“ Adaptionen; es seien nur die für die fachliche Beurteilung in Bezug auf die Schutzgüter keine maßgebliche Rolle spielenden Aspekte einzelner untergeordneter Anlagenteile verändert worden. Angesichts dessen sei eine andere rechtliche Beurteilung von vornherein ausgeschlossen. Eine Änderung der tatsächlichen Umstände sei daher nicht eingetreten, da zwischen den beiden Vorhaben in Bezug auf die gemäß § 10 Abs. 2 Oö. NSchG 2001 zu berücksichtigenden Schutzgüter und Interessen kein wesentlicher Unterschied bestehe.
3 Zudem sei der Antrag auch deshalb zurückzuweisen gewesen, da der Revisionswerber (hinsichtlich näher genannter Grundstücke) mit seinem Antrag keinen liquiden Zustimmungsnachweis des Grundeigentümers vorgelegt habe und einem vom Verwaltungsgericht gemäß § 13 Abs. 3 AVG erteilten Auftrag nicht nachgekommen sei, da eine vorgelegte Erklärung des Grundeigentümers aus näher dargelegten Gründen keinen solchen Nachweis darstelle.
4 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss sich die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, aus der gesonderten Darstellung der Zulässigkeitsgründe ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (vgl. VwGH 27.2.2020, Ra 2019/10/0121, mwN). Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage „abhängt“. Dies ist dann der Fall, wenn das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. In der Revision muss daher gemäß § 28 Abs. 3 VwGG konkret dargetan werden, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. nochmals VwGH 27.2.2020, Ra 2019/10/0121, mwN).
8 Die vorliegende außerordentliche Revision macht in ihrer Zulässigkeitsbegründung geltend, das Verwaltungsgericht habe die - näher dargestellte - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur „Identität der Sache“ verkannt. Bei der Beurteilung, ob Identität der Sache vorliege, komme es nicht darauf an, ob die Behörde bei der Beurteilung der Sache zu einem gleichen oder anderen Ergebnis gelangen würde, sondern vielmehr darauf, ob die Änderung des Sachverhaltes den Schluss zulasse, dass nunmehr eine andere rechtliche Beurteilung nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten könne. In der Zulässigkeitsbegründung wird sodann in Bezug auf „Technische Anlagenteile“, „Landschaftsbild in der ‚Restwasserstrecke‘“ und „Aufstau und Auswirkungen auf den Fischlebensraum/Naturhaushalt“ ausgeführt, welche Sachverhaltselemente nach Ansicht des Revisionswerbers im Berufungsbescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 9. Dezember 2013 welche Wertungen erfahren hätten und wie diese Sachverhaltselemente geändert worden seien. Der Revisionswerber nimmt dazu im Wesentlichen den Standpunkt ein, dass die Veränderung von Projektbestandteilen, die als natur- und landschaftsschutzverträglicher als die korrespondierenden Projektteile des Vorprojekts anzusehen seien, „zwingend dazu [führe], dass sich das nunmehrige Projekt in wesentlichen bzw. entscheidungsrelevanten Gesichtspunkten gegenüber dem Vorgängerprojekt geändert“ habe.
9 Zu diesem Vorbringen ist zunächst darauf hinzuweisen, dass einRevisionswerber, der eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet, konkret darzulegen hat, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist, wobei die bloße Wiedergabe von Rechtssätzen zu verschiedenen hg. Erkenntnissen nicht ausreicht (vgl. VwGH 4.5.2020, Ra 2019/10/0200, mwN). Das angesprochene Zulässigkeitsvorbringen wird diesen Anforderungen nicht gerecht.
10 Davon abgesehen wird mit diesem Vorbringen aber (lediglich) die im Einzelfall vom Verwaltungsgericht auf sachverständiger Grundlage gewonnene Beurteilung, dass keine wesentliche Sachverhaltsänderung vorliegt, als unrichtig bekämpft. Eine derartige einzelfallbezogene Beurteilung ist im Allgemeinen nicht revisibel, wenn sie - wie hier - auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde (vgl. etwa VwGH 25.3.2020, Ra 2020/10/0027, mwN; siehe in Bezug auf die einzelfallbezogene Beurteilung des Vorliegens maßgeblicher Sachverhaltsänderungen etwa VwGH 22.8.2019, Ra 2019/21/0182). Dass die Beurteilung des Verwaltungsgerichtes unvertretbar wäre, wird in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden außerordentlichen Revision nicht aufgezeigt.
11 Im Übrigen übergeht der Revisionswerber aber etwa in Bezug auf die Ausführungen zu „Technischen Anlagenteilen“ zur Gänze den Umstand, dass das Verwaltungsgericht im unmittelbaren Anschluss an den vom Revisionswerber wörtlich wiedergegebenen Begründungsteil, wonach „einzelne der veränderten Projektsteile ... auch als natur- und landschaftsschutzverträglicher als die korrespondierenden Projektsteile des Vorprojekts einzustufen“ seien, mit ausführlicher Begründung darlegt, warum diese Änderungen keine wesentliche Änderung des Sachverhaltes unter dem Blickwinkel des Landschaftsbildes darstellten. Dabei wird etwa unter anderem darauf Bezug genommen, dass die Errichtung des Querbauwerks in der Teichl samt den damit verbundenen Auswirkungen auf den Flusslebensraum und sein Erscheinungsbild als wesentliches, landschaftsprägendes Strukturelement im gegenständlichen Landschaftsbereich die aus natur- und landschaftsschutzfachlicher Sicht wesentliche Maßnahme darstelle, deren Auswirkungen maßgeblich zur negativen fachlichen Beurteilung führe; dieser Projektsteil sei aber unverändert geblieben. Warum diese Beurteilung aber unvertretbar sein sollte, wird mit dem vorliegenden Zulässigkeitsvorbringen - das darauf in keiner Weise eingeht - nicht dargelegt.
12 Die vorliegende Revision macht in ihrer Zulässigkeitsbegründung auch geltend, das Verwaltungsgericht sei auch in Bezug auf seine Annahme, der Antrag sei auch deshalb zurückzuweisen gewesen, weil der Revisionswerber mit seinem Antrag keinen liquiden Zustimmungsnachweis des Grundeigentümers vorgelegt habe und einem vom Verwaltungsgericht gemäß § 13 Abs. 3 AVG erteilten Auftrag nicht nachgekommen sei, da eine von diesem vorgelegte Erklärung des Grundeigentümers aus näher dargelegten Gründen keinen solchen Nachweis darstelle, von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.
13 Zu diesem Vorbringen genügt es darauf hinzuweisen, dass das Verwaltungsgericht seine Entscheidung - wie ausgeführt - auch damit begründet hat, dass der Antrag wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen sei. Beruht ein Erkenntnis aber auf einer tragfähigen Alternativbegründung und wird im Zusammenhang damit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt, so erweist sich die Revision als unzulässig. Dies gilt selbst dann, wenn davon auszugehen wäre, dass die anderen Begründungsalternativen rechtlich unzutreffend sind (vgl. VwGH 7.5.2020, Ra 2019/10/0122, mwN).
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 20. Juli 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019100153.L00Im RIS seit
23.09.2020Zuletzt aktualisiert am
23.09.2020