Index
24/01 Strafgesetzbuch;Norm
KFG 1967 §66 Abs1 litb;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Dr. Wolfgang Stolz, Rechtsanwalt in Radstadt, Prehauserplatz 5, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 28. August 1997, Zl. 5/04-13/283/11-1997, betreffend Versagung einer Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hallein vom 30. März 1994 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen B, C, E, F und G gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 ausgesprochen, daß ihm für die Dauer von zwei Jahren von der Zustellung dieses Bescheides (erfolgt am 6. April 1994) an keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden darf. Der Grund für diese Entziehungsmaßnahme war, daß der Beschwerdeführer am 20. Dezember 1993 eine strafbare Handlung nach § 208 StGB (sittliche Gefährdung von Personen unter 16 Jahren) durch Selbstbefriedigung vor zwei 14-jährigen Mädchen in einem Pkw sitzend begangen hat; in der Begründung wurde auch auf eine vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 wegen eines gleichartigen Vorfalles vom 25. Jänner 1993 (die in der Folge von der belangten Behörde als Berufungsbehörde mit Bescheid vom 13. Jänner 1994 aufgehoben wurde) und auf zwei einschlägige Verurteilungen des Beschwerdeführers wegen § 208 StGB durch das Landesgericht Salzburg verwiesen.
Mit Antrag vom 21. März 1996 begehrte der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau die Erteilung einer Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen C und E. Mit Bescheid dieser Behörde vom 8. Oktober 1996 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe B gemäß § 64 Abs. 2 KFG 1967 abgewiesen. Der Grund hiefür war die Verurteilung des Beschwerdeführers mit Urteil des Bezirksgerichtes Schladming vom 16. November 1995 wegen § 208 StGB und ein neuerlicher gleichartiger Vorfall vom 15. Februar 1996 sowie die darauf gestützte Annahme seiner Verkehrsunzuverlässigkeit. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde diese Berufung abgewiesen und der Erstbescheid mit der Maßgabe bestätigt, daß der im Spruch des Erstbescheides enthaltene Satz, daß "die Stellung eines neuerlichen Antrages vor Ablauf eines Jahres ab Zustellung des Bescheides ... als nicht zielführend" erscheine, aufgehoben wird.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorauszuschicken ist, daß der Beschwerdeführer - wie sich aus dem geschilderten Sachverhalt ergibt - in seinem Antrag vom 21. März 1996 nicht ausdrücklich auf die Kraftfahrzeuggruppe B Bezug nahm. Im Hinblick darauf, daß eine Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe C gemäß § 65 Abs. 1 KFG 1967 auch die Berechtigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe B umfaßt, haben die Behörden mit ihrer die Kraftfahrzeugruppe B erfassenden Entscheidung nicht über einen vom Beschwerdeführer nicht gestellten Antrag abgesprochen. Es kann ferner im gegenständlichen Zusammenhang dahinstehen, ob der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren konkludent auf die von ihm ausdrücklich begehrte Erteilung einer Lenkerberechtigung für die Kraftfahrzeuggruppen C und E verzichtet hat (indem in seinen Eingaben nur mehr von der Kraftfahreuggruppe B die Rede war) oder ob sein Antrag in Ansehung dieser Kraftfahrzeuggruppen noch unerledigt ist. Normativer Gehalt des angefochtenen Bescheides ist jedenfalls nur die Verweigerung einer Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe B.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird - abgesehen von dem unzutreffenden Hinweis auf eine Entziehung der Lenkerberechtigung des Beschwerdeführers durch Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hallein vom 26. November 1993 - die geschilderte Vorgeschichte wiedergegeben, die durch den Hinweis ergänzt wird, daß der Beschwerdeführer auch im Zusammenhang mit dem Vorfall vom 15. Februar 1996 vom Bezirksgericht Salzburg einer strafbaren Handlung nach § 208 StGB für schuldig erkannt wurde (Urteil vom 13. November 1996). Des weiteren habe er laut Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 17. Februar 1997 vier weitere strafbare Handlungen nach § 208 StGB (begangen zwischen dem 3. Oktober 1996 und dem 13. November 1996) begangen; er wurde hiefür zu einer Haftstrafe von acht Monaten verurteilt; diese strafbaren Handlungen habe er nach der bedingten Erlassung der wegen zwei früherer strafbarer Handlungen verhängten Freiheitsstrafe begangen. Das "Delikt" des "§ 208 StGB" scheine zwar in der Aufzählung der bestimmten Tatsachen des § 66 Abs. 2 KFG 1967 nicht auf. Die Begehung dieser Delikte werde aber durch die Verwendung eines Kraftfahrzeuges wesentlich erleichtert. Im Zusammenhang mit diesen Delikten sei er "jedenfalls durch eine längere Zeit" verkehrsunzuverlässig.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Annahme seiner Verkehrsunzuverlässigkeit. Strafbare Handlungen nach § 208 StGB seien den im § 66 Abs. 2 lit. b KFG 1967 aufgezählten Sittlichkeitsdelikten an Schwere und Verwerflichkeit nicht gleichzuhalten. Er verweist dabei insbesondere auf die wesentlich niederigeren Höchststrafen (ein Jahr gegenüber mindestens drei Jahren). Er bestreitet auch, daß die Begehung von strafbaren Handlungen nach § 208 StGB durch die Verwendung eines Kraftfahrzeuges wesentlich erleichtert werde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in Ansehung der Vergleichbarkeit von strafbaren Handlungen, die in § 66 Abs. 2 KFG 1967 nicht aufgezählt sind, mit den als bestimmten Tatsachen ausdrücklich genannten auch zum Ausdruck gebracht, daß dann, wenn eine einzelne strafbare Handlung in ihrer Schwere und Verwerflichkeit hinter den auf eine ähnliche Sinnesart im Sinne des § 66 Abs. 1 lit. b KFG 1967 hindeutenden ausdrücklich aufgezählten auch erheblich zurückbleibt, eine Vielzahl solcher strafbaren Handlungen sehr wohl den Schluß auf die Verkehrsunzuverlässigkeit der betreffenden Person zuläßt (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Oktober 1985, Zl. 85/11/0106, und vom 20. November 1985, Zl. 85/11/0020, beide betreffend eine Vielzahl von - im § 66 Abs. 2 KFG 1967 nicht genannten - Diebstählen). Daß die Begehung der in Rede stehenden strafbaren Handlungen typischerweise durch die Verwendung von Kraftfahrzeugen erleichtert wird, erweist nicht nur der Umstand, daß der Beschwerdeführer eine Reihe dieser Delikte unter Zuhilfenahme seines Pkws begangen hat, sondern ganz allgemein die Überlegung, daß der Täter mit einem Kraftfahrzeug im Aufsuchen der Auswahl seiner Opfer wesentlich mobiler ist, er im Falle, daß er unerwünschtes Aufsehen erregt, den jeweiligen Tatort schneller verlassen kann sowie daß der beabsichtigte Überraschungseffekt von einem Kraftfahrzeug, in dem er sich zunächst aufhält, aus besser gestaltet werden kann, weil die Vorbereitung der strafbaren Handlung der Allgemeinheit gegenüber verborgen bleibt. Neben der Vielzahl der einschlägigen strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers fällt für ihn auch nachteilig ins Gewicht, daß eine einmal erfolgte Entziehung der Lenkerberechtigung - deren Rechtmäßigkeit im gegebenen Zusammenhang nicht zu beurteilen ist - keine Änderung der Sinnesart des Beschwerdeführers zu bewirken vermochte und ihn von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen nicht abhalten konnte.
Mit dem vom Beschwerdeführer genannten Beispiel des Menschenhandels gemäß § 217 StGB (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Oktober 1988, Zl. 88/11/0082, betreffend das Abholen von Frauen, die von einem anderen der Prostitution zugeführt werden sollten, vom Flughafen) sind die strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers schon im Hinblick auf ihre geradezu gewohnheitsmäßige Begehung nicht vergleichbar.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997110302.X00Im RIS seit
19.03.2001