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43 WehrrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / BescheidLeitsatz
Zurückweisung von Beschwerden gegen zwei Schreiben des Verteidigungsministers hinsichtlich einer Rechtsbelehrung zu einem Einberufungsbefehl und der Aussetzung eines solchen mangels Bescheidqualität der bekämpften ErledigungenSpruch
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. a) Der Beschwerdeführer, der sowohl die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt als auch griechischer Staatsangehöriger ist, hat einen Einberufungsbefehl zum 1. April 1993 erhalten. Den ordentlichen Präsenzdienst hat er aber nicht angetreten, sondern ist noch vor dem 1. April 1993 nach Griechenland abgereist.
Mit Schreiben vom 28. Juni 1995 regte der Beschwerdeführer an, daß das Bundesministerium für Landesverteidigung (BMLV) ihn von Amts wegen von der Verpflichtung zur Leistung des Präsenzdienstes gem. §36a Abs1 Z1 Wehrgesetz (WehrG) befreien solle, da er bereits in Griechenland einen Militärdienst (13. Jänner 1992 bis 13. Jänner 1993) geleistet habe.
In Beantwortung dieses Schreibens erfolgte eine schriftliche "Rechtsbelehrung" durch das BMLV. Dagegen wurde die zu B3093/95 protokollierte Beschwerde erhoben.
b) Weiters stellte der Beschwerdeführer am 7.11.1995 den Antrag, den Einberufungsbefehl bis zum rechtskräftigen Abschluß des gerichtlichen Strafverfahrens wegen Nichtbefolgung des Einberufungsbefehles auszusetzen. Diesbezüglich teilte das BMLV mit Schreiben vom 17.11.1995 mit, daß es sich beim Einberufungsbefehl um einen Bescheid sui generis handle, der nur mit Bescheid aufgehoben werden könne. Da im Fall des Beschwerdeführers die Voraussetzungen für eine Aufhebung des Bescheides nicht vorlägen, könne das BMLV dem oben zitierten Antrag nicht "nähertreten". Die gegen dieses Schreiben - vom Beschwerdeführer als Bescheid qualifiziert - erhobene Beschwerde wurde zu B3703/95 protokolliert.
2. a) Gemäß Art144 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof - nach Erschöpfung des Instanzenzuges - über Beschwerden gegen Bescheide von Verwaltungsbehörden.
Auch wenn eine behördliche Erledigung nicht als Bescheid bezeichnet und nicht in Spruch und Begründung gegliedert ist, wird sie nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes dann als Bescheid qualifiziert, wenn die Erledigung gegenüber individuell bestimmten Personen eine Verwaltungsangelegenheit in einer der Rechtskraft fähigen Weise normativ regelt, also für den Einzelfall Rechte oder Rechtsverhältnisse bindend gestaltet oder feststellt. Aus der Erledigung muß - soll sie als Bescheid iS des Art144 Abs1 B-VG qualifiziert werden - deutlich der objektiv erkennbare Wille hervorgehen, gegenüber einer individuell bestimmten Person die normative Regelung einer konkreten Verwaltungsangelegenheit zu treffen (vgl. VfSlg 13263/1992 und VfGH 13. Juni 1994 B628/94 und die dort zitierte Vorjudikatur).
Die Schreiben des BMLV entsprechen nicht der äußeren Form eines Bescheides, da die formellen Voraussetzungen nach den §§58 ff. AVG fehlen. Auch die sprachliche Fassung und der aus ihr erkennbare Inhalt der behördlichen Erledigungen bieten keinen Anhaltspunkt für die Annahme, daß der Wille der Behörde auf Erlassung eines Bescheides gerichtet war. Die gegenständlichen Schreiben haben vielmehr nur einen informativen Charakter.
Weiters ist hinsichtlich der Beschwerde zu B3093/95 zu berücksichtigen, daß es sich beim §36a Abs1 Z1 WehrG um die Möglichkeit einer amtswegigen Behebung eines Bescheides handelt und die Behörde daher auf Antrag einer Person nicht verpflichtet ist, einen Bescheid zu erlassen.
Mangels Bescheidqualität der bekämpften Erledigungen waren die Beschwerden wegen Unzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes als unzulässig zurückzuweisen.
Wenn der Beschwerdeführer meint, er hätte einen Rechtsanspruch auf bescheidmäßige Erledigung seiner Anliegen, könnte er diesen letztlich im Weg einer Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof (Art132 B-VG) geltend machen.
b) Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.
c) Da die Anträge, die Beschwerden in eventu dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten, nur für den Fall gestellt wurden, daß deren Behandlung abgelehnt oder deren Abweisung beschlossen würde, war darauf nicht einzugehen.
Schlagworte
Bescheidbegriff, Abänderung und Behebung von amtswegen, Militärrecht, EinberufungsbefehlEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1996:B3093.1995Dokumentnummer
JFT_10039696_95B03093_00