TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/11 L504 1303595-6

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.06.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

11.06.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z5
FPG §55 Abs1a

Spruch

L504 1303595-6/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , XXXX geb., StA. Libanon, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.04.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

Die beschwerdeführende Partei [bP] stellte am 09.11.2018 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Aus dem unbestritten gebliebenen Verfahrensgang des angefochtenen Bescheides ergibt sich Folgendes:

"[...]

Sie reisten erstmals am 19.09.2005 illegal mit dem Flugzeug in Schwechat nach Österreich ein und stellten einen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei Ihrer Asylantragsstellung täuschten Sie die Behörden über Ihren wirklichen Namen. Als Grund für Ihre Flucht nannten Sie Furcht vor Blutrache, nachdem eine "Gruppe" Ihren Bruder getötet hat.

Bereits am 09.11.2005 wurden Sie erstmals wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt zur Anzeige gebracht.

Sie reisten auch während Ihres Asylverfahrens illegal in die Schweiz. Sie befanden sich in St. Gallen in Untersuchungshaft und wurden am 07.07.2006 an die österreichischen Behörden übergeben.

Ihr Asylverfahren (Gz.: AIS: 05 15.219 und II. Instanz: 303.595-C1/9E-XVIII/60/6) wurde schlussendlich am 16.03.2007 vom Unabhängigen Bundesasylsenat in zweiter Instanz rechtskräftig negativ entschieden und es wurde Ihre Ausweisung verfügt.

Sie reisten illegal über Frankreich nach England, wo Sie ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz stellten und wurden am 15.05.2007 gemäß der Dublin-Verordnung von England nach Österreich überstellt.

Ihrer Ausreiseverpflichtung kamen Sie nie nach, weshalb über Sie mehrfach die Schubhaft verhängt wurde (15.05.2007 - 29.06.2007; 02.07.2007 - 09.07.2007). Sie gingen auch mehrmals in den Hungerstreik.

Vom Landesgericht [...] wurden Sie am 13.01.2006, Zahl: [...] wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt gem. § 269 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen a ? 2,- verurteilt.

Die Bundespolizeidirektion Schwechat erließ am 15.05.2007, Zl.: 1-1021293/FR/07 gem. § 60 Abs. 1 FPG gegen Sie ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot.

Ihrer Ausreiseverpflichtung kamen Sie wiederum nie nach.

Am 12.08.2007 stellten Sie unter der Aktenzahl: AIS: 07 07.344 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz.

Als Fluchtgründe nannten Sie dieselben Gründe wie in Ihrem ersten Asylverfahren, zusätzlich führten Sie an, dass die Hisbollah Sie damals fälschlicherweise beschuldigt haben mit den Israelis zusammengearbeitet zu haben. Wahr, sei, dass Ihr Vater mit den Israelis zusammen gearbeitet hat und nicht Sie. Daher mussten Sie immer wieder vor Ihnen flüchten, bis es Ihnen gelungen ist, Ihr Heimatland zu verlassen. Sie legte eine Bestätigung des Bezirksvorstehers Ihrer Heimatstadt vor, indem er bestätigt, dass Sie wegen Verfolgung durch bewaffnete Milizen das Land im Jahr 2000 verlassen mussten. Diese Bestätigung war datiert mit 30.06.2007.

Ihr Asylantrag wurde gemäß § 58 [gemeint wohl: § 68] AVG wegen entschiedener Sache am 14.02.2008 zurückgewiesen und es wurde erneut Ihre Ausweisung verfügt. Sie haben dagegen berufen. Die Entscheidung des Bundesasylamtes wurde am 15.03.2008 unter der Aktenzahl Zl.: 303.595-2/5E-XVIII/60/08 bestätigt.

Dagegen haben Sie beim Verwaltungsgerichtshof Beschwerde erhoben, deren Behandlung unter der Aktenzahl: 2008/20/0307-9 am 09.09.2010 abgelehnt wurde.

Am 24.12.2007 wurden Sie vom Bezirksgericht [...] unter der Aktenzahl: Zahl [...] wegen Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten bedingt verurteilt.

Ihrer Ausreiseverpflichtung kamen Sie wiederum nie nach, stattdessen stellten Sie am 23.05.2011 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, diesmal mit der Begründung, dass Sie in Österreich eine außereheliche Beziehung zu einer verheirateten Frau, einer Libanesin gehabt hätten. Die Familie ist wieder in den Libanon zurückgekehrt und der Mann hat von der Beziehung erfahren und wolle Sie jetzt töten.

Unter der Aktenzahl: 11 04.920 wurde Ihr Antrag am 19.07.2011 wegen entschiedener Sache gem. § 68 AVG rechtskräftig (I. Instanz) zurückgewiesen.

Ihrer Ausreiseverpflichtung kamen Sie wiederum nicht nach.

Am 09.05.2011 wurden Sie vom Bezirksgericht [...] unter der Zahl: [...] wegen Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu Geldstrafe von 100 Tagessätzen a ? 4,- verurteilt.

Am 11.11.2011 haben Sie in XXXX die in Österreich niedergelassene tschechische Staatsbürgerin XXXX , geborene XXXX , geboren am XXXX 1990 geheiratet. Die Ehe wurde am 20.10.2014 geschieden.

Ihnen wurde am 21.05.2012 von der BH [...] eine bis zum 20.05.2017 gültige Aufenthaltskarte "Angehöriger eines EWR-Bürgers".

Am 09.01.2012 stellten Sie Ihren mittlerweile 4. Antrag auf internationalen Schutz mit der Begründung, dass Sie von einem Mann aus dem Libanon per Telefon bedroht werden. Dieser hat Sie auch bei Gericht angezeigt und es hat eine Gerichtsverhandlung stattgefunden, wo sie frei gesprochen wurden. Unter der Aktenzahl: AIS 12 00.325 wurde dieser Antrag rechtskräftig I. Instanz am 31.05.2012 wegen entschiedener Sache gem. § 68 AVG zurückgewiesen.

18.12.2014 wurde über Sie die Untersuchungshaft verhängt, da Sie im Verdacht standen, Schlepperei begangen zu haben. Sie wurden in die Justizanstalt [...] eingeliefert. Sie wollten illegale Fremde nach Deutschland bringen.

Dafür wurden Sie vom Landesgericht [...] am 11.08.2015, Zahl [...] wegen Schlepperei gem. §§ 114 Abs. 1 und 3 Z 1 und Abs. 4 1. Fall FPG zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, davon 16 Monate bedingt verurteilt.

Am 17.11.2015 reisten Sie trotz des gegen Sie bestehenden Aufenthaltsverbotes im Zuge des Flüchtlingsstromes über den Grenzübergang Spielfeld von Slowenien kommend nach Österreich ein und wurden festgenommen.

Bei Ihrer Einvernahme am 18.11.2015 geben Sie an, dass bis zum 23.09.2015 bei einem Freund in Wien aufhältig waren und dann mit dem Flugzeug in den Libanon ausreisten. Am 04.10.2015 wären Sie dann wieder in die Türkei gereist. Dort wurden Ihnen Ihre Reisedokumente gestohlen, weshalb Sie mit dem Flüchtlingsstrom illegal nach Europa und in weiterer Folge nach Österreich weiterreisten.

Ihren Lebensunterhalt würden Sie durch Unterstützung von Freunden und Verwandten bestreiten. Weiters würden Sei ein Wettbüro in [...] etabliert, betreiben. Sie hätten in Österreich keine Angehörigen. Im Libanon leben noch ihre Mutter und zwei Brüder. Sie hätten während Ihres Aufenthalts dort bei einem Bruder und Ihrer Mutter gewohnt.

Am 18.11.2015 wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 67 Absatz 1 und 2 FPG unter der Aktenzahl: 820032510/151517209 ein für die Dauer von 5 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Wiederum kamen Sie Ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nach.

Am 30.01.2017 wurden Sie von der Polizei festgenommen, da Sie im Verdacht standen, gegen das Suchtmittelgesetz verstoßen zu haben.

Sie wurden deshalb vom Landesgericht [...] am 27.09.2017 (rk 28.09.2017) wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach den §§ 28a Abs. 1 zweiter und dritter Fall, Abs. 4 Z 3, Abs. 1 fünfter Fall, Abs. 2 Z 2 und Abs. 4 Z 3 SMG sowie des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach den §§ 105 Abs. 1 und 106 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall StGB und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB unter der Aktenzahl: XXXX zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 6 Jahren und 6 Monaten verurteilt.

Im Rahmen des Parteiengehörs wurde Ihnen (über Ihrem Anwalt) am 06.08.2018 schriftlich Gelegenheit gegeben, zum Sachverhalt Stellung zu nehmen bzw. Ihre Privat- und Familienverhältnisse darzulegen und Sie wurden darüber informiert, dass gegen Sie eine Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot verhängt wird. Gleichzeitig wurden Ihnen die Länderfeststellungen zum Libanon mit dem Hinweis auf die Entscheidungsrelevanz übermittelt.

In der Stellungnahme führte Ihr Anwalt auf die Fragen an:

> Verfügen Sie über ein Reisedokument?

Ja einen libanesischen Reisepass;

> Seit wann halten Sie sich durchgehend im Bundegebiet auf?

Seit 13 Jahren. 2012 und 2013 war ich auf Besuch im Libanon;

> Sind Sie gesund oder befinden Sie sich derzeit in ärztlicher Behandlung? Wenn ja, welche Krankheit haben Sie?

gesund;

> Welche Schul- Berufsausbildung wurde absolviert? Wo wurde diese absolviert?

Ich bin im Libanon 5 Jahre die Schule besucht, keine Schulausbildung;

> Geben Sie Namen, Anschrift, Geburtsdaten, Staatsangehörigkeit und Aufenthaltsberechtigung (bei Angehörigen, die nicht Österreicher sind) der in Österreich lebenden Familienangehörigen (Gatte, Eltern, Kinder, etc.) an. Haben Sie Familienangehörige im Bundesgebiet?

Neffe [...], [...]1997 wh., in XXXX ,

Neffe [...], 1996, wh. In XXXX ,

Lebensgefährtin Frau XXXX und ihre drei Kinder;

> Haben Sie Verwandte in der Europäischen Union?

ja in Deutschland, Achweden, Italien sind Cousins, Bruder in England und Verwandte Tante: [...], wh. in Linz;

> Haben Sie eine Aufenthaltsberechtigung für einen anderen europäischen Staat?

> Haben Sie Besitz in Österreich?

nein;

> Verfügen Sie über weitere soziale Bindungen zu Österreich? (z.B.: Tätigkeit bei karitativen Organisation, Feuerwehr, Rettung, Vereinstätigkeit, Freundeskreis - wenn möglich konkrete Angaben wie Namen und Anschrift, udgl.)

Siehe Beiblatt und noch 100 mehr in ganz Österreich;

> Sprechen Sie Deutsch?

Ich spreche Deutsch;

> Verfügen Sie über persönliche Bindungen zu Ihrem Heimatland? (Familie, Freundeskreis, udgl.)

Nur meine Mutter und meine Tochter habe ich telefonischen Kontakt;

> Haben Sie eine Wohnanschrift in Ihrem Heimatland? (Wenn ja: Postleitzahl, Ort, Straße, Hausnummer)

nein;

> Über wieviel Barmittel verfügen Sie derzeit?

Nur die Rücklage der JA, 508

> Würden Sie freiwillig in Ihr Heimatland zurückkehren?

Nein ich kann nicht in den Libanon zurückkehren, da ich einen Haftbefehl habe.

Beiliegend war eine handgeschriebene Liste mit 158 Namen (Vor- und Familiennamen ohne weitere Angaben)

Da sich auf Grund Ihrer Stellungnahme weiter Fragen ergeben haben, wurde Ihrem Anwalt am 24.09.2018 folgendes ergänzendes Parteiengehör übermittelt.

..."

Diesbezüglich haben sich Fragen ergeben, zu deren Beantwortung Sie innerhalb einer Frist von 3 Wochen ab Erhalt dieses Schreibens aufgefordert werden.

1. Sie haben zur Frage der sozialen Bindungen in Österreich ein Beiblatt mit 158 Namen übermittelt. Da die Übermittlung lediglich von Namen ohne näheren Angaben, somit so nicht verifizierbarer Personen, für die Behörde zur Prüfung Ihrer sozialen Bindungen nicht möglich ist, werden Sie aufgefordert zu den Namen nähere Angaben über Alter, Wohnort und wie sie die folgenden Personen kennen lernten zu tätigen:

a) - s) [...]

2. Sie haben angegeben, dass Sie nicht in den Libanon zurückkehren könnten, da gegen Sie ein Haftbefehl besteht. In diesem Zusammenhang werden Sie aufgefordert nachstehende Fragen zu beantworten:

a) Warum besteht im Libanon ein Haftbefehl gegen Sie?

b) Seit wann besteht dieser Haftbefehl?

c) Von welcher Behörde wurde dieser Haftbefehl erlassen?

d) Wie und von wem haben Sie vom Haftbefehl Kenntnis erlangt?

e) Gibt es dafür schriftliche Beweise (Ablichtung, Kopie, Aktenzahl udgl.)?

f) Was befürchten Sie konkret im Falle einer Rückkehr?

In Ihrer ergänzenden Stellungnahme, übermittelt am 15.10.2018 über Ihren Anwalt gaben Sie an:

Dem Ersuchen bei 20 Personen von 158, die Sie in Ihrer ersten Stellungnahme als Freundeskreis benannten, nähere Angaben zu Alter, Wohnort und wie sie die folgenden Personen kennen lernten, entsprachen Sie dahingehend, dass Sie bei 9 Personen ein Fragezeichen setzten, bei 7 Personen eine Wohnort (keine Adresse) in Österreich nannten, bei 2 Personen einen Wohnort in Ungarn und lediglich bei einer Person ein Geburtsdatum nennen konnten.

Sie führten an: "Nähere Angaben zu jenen Personen kann ich nicht machen, da ich mit diesen Personen zwar befreundet war - ich jedoch weder genauere Angaben zu Wohnort noch Alter geben kann. Ich hatte lediglich über Telefon bzw. durch Besuche zu den genannten Kontakt. " ..."Ich wurde zuvor (bei Einvernahme) nie über genauere Angaben zu den oben genannten Freunden befragt. Richtige/genauere Angaben zu guten Freunden benenne ich Ihnen im Anhang folgende Personen/Familie.

[...]

Die weiteren Fragen haben Sie wie folgt beantworten:

a) Warum besteht im Libanon ein Haftbefehl gegen Sie?

Wegen Problemen mit Zollamt (Auto)

b) Seit wann besteht dieser Haftbefehl?

Seit 2016

c) Von welcher Behörde wurde dieser Haftbefehl erlassen?

Beirut

d) Wie und von wem haben Sie vom Haftbefehl Kenntnis erlangt?

Von meiner Mutter (Libanon)

e) Gibt es dafür schriftliche Beweise (Ablichtung, Kopie, Aktenzahl udgl.)?

Nicht hier (Libanon bei Mutter)

Hatte bereits 2017 die Aufforderung Österreich zu verlassen - was ich auch vorhatte, wenn ich nicht unmittelbar zuvor verhaftet geworden wäre!

Würde auch freiwillig in ein anderes nicht EU-Land ausreisen nach Verbüßung meiner Haft!

f) Was befürchten Sie konkret im Falle einer Rückkehr?

Lange Haftstrafe und Wartezeit auf Prozess!

Im schlimmsten Fall droht mir auch Folter!!!

Sie wissen bereits, dass ich vorhatte am 31.01.2017 Österreich zu verlassen um in die Türkei zu reisen! Beweis - Kopie des von mir einen Tag zuvor gekauften Flugtickets!

Türkei deshalb, weil ich nicht genau weiss was ich im Libanon für meinen Autoschmuggel zu erwarten habe!

Da sich auf Grund Ihrer Stellungnahme weiter Fragen ergeben haben, wurde Ihrem Anwalt am 15.10.2018 folgendes ergänzendes Parteiengehör übermittelt.

..."

Sie haben am 15.10.2018 bezüglich Ihres Verfahrens - Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot (§§ 52 und 53 FPG) Ihre ergänzende Stellungnahme übermittelt.

Diesbezüglich haben sich Fragen ergeben, zu deren Beantwortung Sie innerhalb einer Frist von 2 Wochen ab Erhalt dieses Schreibens aufgefordert werden.

1. Auf die Frage, ob es schriftliche Beweise für den gegen Sie bestehenden Haftbefehl gibt, haben Sie angeführt: Nicht hier (Libanon bei Mutter).

Ist Ihnen die Beibringung dieser schriftlichen Beweise unter Zuhilfenahme Ihres Anwaltes möglich, insofern ja (telefonischer) Kontakt zur Mutter besteht. Falls ja, innerhalb welcher Frist wäre eine Übermittlung einer Kopie bzw. einer Aktenzahl möglich?

2. Können Sie Ihre "Probleme mit dem Zollamt" zwecks Überprüfbarkeit näher ausführen?

Wann hat der Autoschmuggel stattgefunden (wenn möglich genaues Datum)? Welches bzw. wie viele Autos wurden geschmuggelt?

Wie hat der Autoschmuggel stattgefunden?

Über welche Grenze hat die Einfuhr stattgefunden?

Mit welchen Behörden - Organisation und Ort hatten Sie bei diesem Vorfall Kontakt?

Wurden Sie festgenommen?

3. In seinen Entscheidungen vom 31.08.2017, Ra 2016/21/0367-7, und zuletzt vom 05.10.2017, Ra 2017/21/0157 u.a., hat der VwGH jeweils ausgeführt, dass vor dem Hintergrund des § 52 Abs. 9 FPG mit Blick auf § 51 Abs. 2 FPG zu erörtern ist, ob im Vorbringen der Verfahrenspartei zu einer ihm bei einer Rückkehr drohenden individuellen Gefährdung die Intention zur Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz zu erblicken sei.

Sie haben auf die Frage: Was befürchten Sie konkret im Falle einer Rückkehr? geantwortet: Lange Haftstrafe und Wartezeit auf Prozess! Im schlimmsten Fall droht mir auch Folter!!!

Sie werden sohin aufgefordert umgehend bekannt zu geben, ob Sie beabsichtigen in Hinblick auf eine behauptete Verletzung des Art. 2 und 3 EMRK im Falle Ihrer Abschiebung in den Libanon einen, in Ihrem Fall dann den 5. Antrag auf internationalen Schutz einzubringen oder ob Sie von dieser Möglichkeit ausdrücklich Abstand nehmen.

Sollten Sie zu den Fragen nicht Stellung nehmen, wird das Verfahren ohne nochmalige Anhörung, aufgrund der Aktenlage fortgeführt werden, insbesondere geht das Bundesamt dann davon aus, dass Sie keinen Antrag auf internationalen Schutz stellen wollen.

"...

Am 23.10.2018 stellte Ihr Anwalt einen Antrag auf Fristerstreckung, die gewährt wurde. Eine Stellungnahme brachten Sie nicht ein, stattdessen haben Sie am 09.11.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Ihre Erstbefragung gestaltete sich wie folgt:

[...]

5. Sie haben in Österreich bereits unter der Zahl 820032510 einen Asylantrag gestellt, welcher

bereits entschieden wurde. Haben Sie seit dieser Entscheidung Österreich verlassen?

X ja nein

Im Jahr 2012 wurde mein AA negativ entschieden und da habe ich dann meinen Antrag zurückgezogen. Dann bekam ich einen Aufenthalt für fünf Jahre, aufgrund einer Ehe.

5.1. Wenn ja, in welchen Ländern haben Sie sich aufgehalten?

(chronologisch ab Verlassen Österreichs, inkl. durchgereiste Länder)

Nr Staat Zeitraum (MM/JJ -MM/JJ) Beweise (bspw. Ausgestellte Dokumente, behördliche Bestätigungen, etc)

1 Libanon Ca ein Monat , August 2012 Stempel in meinem RP

2 Türkei Durchreise Stempel in meinem RP

3 Bulgarien Einen Tag Stempel in meinem RP

4 Ungarn Ca 3 Tage Stempel in meinem RP

5 Österreich

Nein, das war nur die Rückkehrreise in den Libanon.

Zuletzt reiste ich im September 2012 vom Libanon nach Wien über die Türkei (Transit).

6. Ihr Verfahren wurde am bereits rechtskräftig entschieden.

Warum stellen Sie jetzt einen (neuerlichen) Asylantrag? Was hat sich seit der Rechtskraft konkret gegenüber Ihrem bereits entschiedenen Verfahren - in persönlicher Hinsicht und im Hinblick auf die Gefährdungslage im Herkunftsstaat - verändert?

Erläutern Sie umfassend und detailliert sämtliche Gründe für Ihre neuerliche Asylantragstellung und legen Sie nun alle Ihnen nunmehr zur Verfügung stehenden (neuen) Bescheinigungsmittel vor.

Ich bin mit einem alten Auto in den Libanon gefahren, habe es verkauft, laut Gesetz durfte es dort nicht bleiben.

Ein Beamter vom Zollamt im Libanon hat von mir Geld kassiert und auf meinem RP einen Stempel hergegeben, dass das Auto schon aus dem Libanon herauskam. Dieser Stempel war falsch.

Ich weiß persönlich nicht was mit dem Auto im Libanon passiert. Aufgrund dieser Sache sucht mich die Polizei im Libanon.

7. Haben Sie alle Ausreise-, Flucht, oder Verfolgungsgründe genannt?

ja

8. Was befürchten Sie bei einer Rückkehr in Ihre Heimat? (unbedingt auszufüllen)

Ich werde inhaftiert und auch geschlagen, bis das Auto auftaucht.

9. Gibt es konkrete Hinweise, dass Ihnen bei Ihrer Rückkehr unmenschliche Behandlung,

unmenschliche Strafe, die Todesstrafe droht, oder sie mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen haben? (ja, welche?/keine)

nein

10. Seit wann sind Ihnen die Änderungen der Situation/Ihrer Fluchtgründe bekannt?

(genaues Datum oder überprüfbarer Anlass)

Seit Ende 2016.

[...]

Am 13.12.2018 erfolgte die Einvernahme zu Ihrem Antrag auf internationalen Schutz in der Justizanstalt [...]. Diese gestaltete sich wie folgt.

...

[...]

F: Wie geht es Ihnen gesundheitlich?

A: Ich bin nicht ganz gesund, Krankheit habe ich keine. Die Situation, gemeint das Verfahren macht mir Angst,

F: Befinden Sie sich in ärztlicher Behandlung oder sonst in Therapie?

A: Nein

F: Nehmen Sie Medikamente?

A: Nein

F: Sind sie einvernahmefähig. Sind Sie geistig und körperlich in der Lage heute die Einvernahme durchzuführen?

A: Ja

V: Ich werde Ihnen jetzt einige Fragen zu Ihrem Aufenthalt in Österreich stellen.

F: Sie reisten erstmals am 19.09.2005 illegal mit dem Flugzeug in Schwechat nach Österreich ein und stellten einen Antrag auf internationalen Schutz. Wissen Sie noch, was Ihr Fluchtgrund war?

A: Es war so eine Geschichte mit meinem Vater und es war etwas problematisch im Dorf.

F: Sie reisten auch während Ihres Asylverfahrens illegal in die Schweiz. Sie befanden sich in St. Gallen in Untersuchungshaft und wurden am 07.07.2006 an die österreichischen Behörden übergeben. Was war der Grund für Ihre Inhaftierung in der Schweiz?

A: Ich wurde wegen Drogen verhaftet. Ein Freund hat mir eine Schachtel mit Zigaretten gegeben. Ich sollte diese wohin bringen. Ich wusste nicht, dass das Drogen waren.

Ihr Asylverfahren wurde schlussendlich am 16.03.2007 vom Unabhängigen Bundesasylsenat in zweiter Instanz rechtskräftig negativ entschieden und es wurde Ihre Ausweisung verfügt.

Sie reisten illegal über Frankreich nach England, wo Sie ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz stellten und wurden am 15.05.2007 gemäß der Dublin-Verordnung von England nach Österreich überstellt. Was haben Sie in England als Fluchtgrund genannt?

A: Ich habe dort keine Gründe genannt. Nach Antragsstellung haben Sie mir die Fingerabdrücke genommen und mich dann nach Österreich abgeschoben,.

F: Am 12.08.2007 stellten Sie einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Wissen Sie noch was Sie in diesem Verfahren als Fluchtgründe nannten?

F: Das waren die gleichen Gründe wie 2005.

F: Am 23.05.2011 stellten Sie einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Wissen Sie noch was Sie in diesem Verfahren als Fluchtgründe nannten?

F: Das waren die gleichen Gründe wie 2005.

F: Am 09.01.2012 stellten Sie einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Wissen Sie noch was Sie in diesem Verfahren als Fluchtgründe nannten?

F: Das waren die gleichen Gründe wie 2005. Diesen Antrag habe ich zurückgezogen.

F: Wann waren Sie das letzte Mal im Libanon?

A: 2015, nachgefragt gebe ich an, dass es im September war.

F.: Und davor?

A: Das erste mal bin ich mit diesem Auto, wo die Probleme jetzt bestehen, 2012 eingereist. Ich war 2012 zweimal im Libanon,

V: im Zuge ihres Verfahrens zur Erlassung eines Einreiseverbotes haben Sie im August 2018 folgende Stellungnahmen an das Bundesamt übermittelt. Der Dolmetscher wird Ihnen Ihre Stellungnahme noch einmal zur Kenntnis bringen:

F: Verfügen Sie über ein Reisedokument?

A: Ja einen libanesischen Reisepass, nachgefragt über den Verbleib des Reisepasses gebe ich an, dass ich diesen vor ca 4 Monaten zu meiner Familie in den Libanon geschickt habe.

F: Seit wann halten Sie sich durchgehend im Bundegebiet auf?

A: Seit 13 Jahren. 2012 und 2013 war ich auf Besuche im Libanon;

F: Sind Sie gesund oder befinden Sie sich derzeit in ärztlicher Behandlung? Wenn ja, welche Krankheit haben Sie?

A: gesund;

F: Welche Schul- Berufsausbildung wurde absolviert? Wo wurde diese absolviert?

A: Ich bin im Libanon 5 Jahre die Schule besucht, keine Schulausbildung;

Herr XXXX gibt an, dass er nicht zur Schule ging, sondern privat unterrichtet wurde.

Nachgefragt gibt er an, dass er keine Berufsausbildung hat.

F: Geben Sie Namen, Anschrift, Geburtsdaten, Staatsangehörigkeit und Aufenthaltsberechtigung (bei Angehörigen, die nicht Österreicher sind) der in Österreich lebenden Familienangehörigen (Gatte, Eltern, Kinder, etc.) an. Haben Sie Familienangehörige im Bundesgebiet?

A: Neffe [...], [...].1997 wh., in [...],

Neffe [...], 1996, wh. In [...],

Lebensgefährtin Frau [...] und ihre drei Kinder;

Die Verfahrenspartei gibt an, dass die Beziehung nicht mehr besteht, es gibt zwar Kontakt noch, aber sie hat jetzt einen neuen Freund.

F: Haben Sie Verwandte in der Europäischen Union?

A: ja in Deutschland, Schweden, Italien sind Cousins, Bruder in England und Verwandte Tante: [...], wh. in Linz;

Die Verfahrenspartei gibt an, dass Sie in Linz keine Tante hat, dafür aber in Amerika.

F: Haben Sie eine Aufenthaltsberechtigung für einen anderen europäischen Staat?

Darauf haben Sie nicht geantwortet.

F: Haben Sie Besitz in Österreich?

A: nein;

F: Verfügen Sie über weitere soziale Bindungen zu Österreich? (z.B.: Tätigkeit bei karitativen Organisation, Feuerwehr, Rettung, Vereinstätigkeit, Freundeskreis - wenn möglich konkrete Angaben wie Namen und Anschrift, udgl.)

A: Siehe Beiblatt und noch 100 mehr in ganz Österreich;

F: Sprechen Sie Deutsch?

A: Ich spreche Deutsch;

F: Verfügen Sie über persönliche Bindungen zu Ihrem Heimatland? (Familie, Freundeskreis, udgl.)

A: Nur meine Mutter und meine Tochter habe ich telefonischen Kontakt;

Nachgefragt gebe ich an, dass dort auch noch meine Bruder und 2 Schwestern wohnen. Meine Tochter lebt bei ihrer Mutter, sie ist 13 Jahre alt.

F: Haben Sie eine Wohnanschrift in Ihrem Heimatland? (Wenn ja: Postleitzahl, Ort, Straße, Hausnummer)

A; nein;

F: Über wieviel Barmittel verfügen Sie derzeit?

A: Nur die Rücklage der JA, 508

Die Verfahrenspartei gibt an, dass Sie ca. ? 1.200,-- hat. Im Monat bekomme ich ca. 200 - ? 250 dazu. Ich arbeite hier.

F: Würden Sie freiwillig in Ihr Heimatland zurückkehren?

A: Nein ich kann nicht in den Libanon zurückkehren, da ich einen Haftbefehl habe.

Da sich auf Grund Ihrer Stellungnahme weiter Fragen ergeben haben, wurde Ihrem Anwalt am 24.09.2018 folgendes ergänzendes Parteiengehör übermittelt.

Sie haben zur Frage der sozialen Bindungen in Österreich ein Beiblatt mit 158 Namen übermittelt. Da die Übermittlung lediglich von Namen ohne näheren Angaben, somit so nicht verifizierbarer Personen, für die Behörde zur Prüfung Ihrer sozialen Bindungen nicht möglich ist, werden Sie aufgefordert zu den Namen nähere Angaben über Alter, Wohnort und wie sie die folgenden Personen kennen lernten zu tätigen:

Aus dieser Liste wurden Ihnen 20 Namen mitgeteilt. Dem Ersuchen bei 20 Personen von 158, die Sie in Ihrer ersten Stellungnahme als Freundeskreis benannten, nähere Angaben zu Alter, Wohnort und wie sie die folgenden Personen kennen lernten, entsprachen Sei dahingehend, dass Sie bei 9 Personen ein Fragezeichen setzten, bei 7 Personen eine Wohnort (keine Adresse) in Österreich nannten, bei 2 Personen einen Wohnort in Ungarn und lediglich bei einer Person ein Geburtsdatum nennen konnten.

Sie führten an: "Nähere Angaben zu jenen Personen kann ich nicht machen, da ich mit diesen Personen zwar befreundet war - ich jedoch weder genauere Angaben zu Wohnort noch Alter geben kann. Ich hatte lediglich über Telefon bzw. durch Besuche zu den genannten Kontakt. " ..."Ich wurde zuvor (bei Einvernahme) nie über genauere Angaben zu den oben genannten Freunden befragt. Richtige/genauere Angaben zu guten Freunden benenne ich Ihnen im Anhang folgende Personen/Familie.

Wollen Sie hier etwas ergänzen oder berichtigen?

A: das stimmt so

F: Sind Sie Mitglied in Vereinen oder karitativen Organisationen

A: nein

F: Wovon haben Sie in Österreich zuletzt Ihren Lebensunterhalt bestritten?

A: Anfangs habe ich schwarz gearbeitet, ich habe Autos gekauft und verkauft und ich habe Autos nach Afrika geschickt. Ich habe das 8 Jahre gemacht und gut davon gelebt. Nachgefragt gebe ich an, dass dies alles inoffiziell war.

2014 hatte ein Wettbüro in Linz, das war offiziell.

F: Sie sind im Libanon, in Beirut geboren, gehören der arabischen Volksgruppe an und haben den muslimischen Glauben. Ist das richtig?

A: Ja

F: Wie ist der Kontakt?

A: Ich habe ab und zu telefonischen Kontakt zur Familie. Zuletzt vor 2 Monaten.

F: Waren Sie im Libanon erwerbstätig?

A: vor meiner Ausreise habe ich als Fliesenleger im Libanon gearbeitet.

Wo befindet sich Ihr Reisepass?

A: Dieser ist bei der Mutter meiner ehemaligen Lebensgefährtin. Nachgefragt gebe ich an, dass sie [...] heißt, sie wohnt in Wien.

F: Wo wurden Ihre Reisepässe ausgestellt?

A: Der Reisepass wurde 2013 im Konsulat in Wien ausgestellt.

Bitte beantworten Sie die nachfolgenden Fragen kurz mit ja oder nein. Sie können dann später die genauen Details nennen.

F: Sind Sie in Ihrer Heimat vorbestraft?

A: Nein

F: Standen Sie je vor Gericht?

A: Nein

F: Waren Sie in Ihrem Heimatland inhaftiert?

A: Ja

F: Hatten Sie Probleme mit den Behörden in der Heimat?

A: Nein

F: Bestehen gegen Sie aktuelle staatliche Fahndungsmaßnahmen wie Aufenthaltsermittlung, Haftbefehl, Strafanzeige, Steckbrief, etc.?

A: Ja

F: Sind oder waren Sie politisch tätig?

A: Nein

F: Sind oder waren Sie Mitglied einer politischen Partei?

A: Nein

F: Sind Sie Mitglied einer Organisation?

A: Nein

F: Haben oder hatten Sie sonstige Probleme aufgrund eines Naheverhältnisses zu einer Organisation, das heißt einem Club oder Verein?

A: Nein

F: Hatten Sie in ihrem Herkunftsstaat aufgrund Ihres Religionsbekenntnisses Probleme?

A: Nein

F: Hatten Sie in Ihrem Heimatland Probleme aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit?

A: Nein

F: Hatten Sie gröbere Probleme mit Privatpersonen (Blutfehden, Racheakte etc.)?

A: Ja, die Sachen sind schon älter, das waren meine früheren Asylgründe.

F: Nahmen Sie in ihrem Heimatland an bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen teil?

A: Nein. Aber ich war beim Militär.

F: Warum waren Sie im Libanon inhaftiert

A: das war glaube ich 1993 oder 1994. In die Wohnung meines Nachbarn wurde eingebrochen. Die Polizei glaubte das ich das war, ich wurde eingesperrt und geschlagen. Ich wurde verletzt und musste dann ins Krankenhaus.

F: Schildern Sie mir, wie die Sache mit dem Auto begann.

A: im August 2012, glaublich 12.08. habe ich Österreich verlassen. Mit einem PKW, ein BMW 3er, Baujahr 1998, Kz.: LL XXXX . Der Pkw gehörte mir.

Die Reise ging über Ungarn, Rumänien und Bulgarien. In Bulgarien hatte ich dann Probleme mit dem Fahrzeug, es ging nicht mehr. Das Fahrzeug wurde dann nach Istanbul abgeschleppt und ich wollte es dort reparieren. Das gelang vorerst nicht. Als es gelang bin ich mit dem Auto auf die Fähre und mit der Fähre von der Türkei nach Trepolis, das ist nördlich von Beirut.

Bei der Einreise wurde in meinen Pass ein Einreisestempel (Datum: XXXX .2012) gestempelt, es wurde handschriftlich der touristische Eintritt - Zoll - in den Libanon vermerkt.

Der Ausreisestempel ist nicht mehr lesbar.

Angemerkt wird, dass die Reisepassseite in Kopie vorliegt und die lesbaren Teile von der Dolmetscherin übersetzt wurden.

Ich war genau 1 Monat dort.

Ich wollte zurückfliegen nach Österreich, weil das Auto nicht mehr für die lange Heimreise nicht mehr geeignet war.

Darum wollte ich das Auto verkaufen. Dann habe ich mit meinem Schwager gesprochen, ob er jemanden vom Zoll kennt, der bestätigen könnte, dass das Auto schon immer im Libanon war. Er kannte da jemanden an der syrischen Grenze. Ich bin dann zu diesem Zöller, habe ihm meinen Reisepass und die Papier für das Auto gegeben, die ich bei der Einreise erhalten habe. Er hat dann in meinem Pass eine Einreise am 23.09.2012 und eine Ausreise am 23.09.2012 bestätigt. Ich habe ihm dafür $ 1.500,-- bezahlt.

Ich bin dann wieder nach Hause gefahren.

Ich bin dann wieder am 01.10.2012 aus dem Libanon ausgereist.

Zuvor habe ich das Auto in einem Nachbardorf verkauft.

F: Wieviel haben Sie für das Auto bezahlt, als Sie es in Österreich kauften.

A.: Ca. ? 2.500,-- Nachgefragt gebe ich an, dass ich es um $ 4.000,-- Wo sich das Auto jetzt befindet, weiß ich nicht.

F: Wie haben Sie jetzt vom Haftbefehl erfahren.

A: Die Polizei kam Ende 2016 zu meiner Mutter und fragte nach mir. Sie hat gesagt, dass ich im Ausland bin. Die Polizei hat gesagt, dass ich zu Ihnen kommen soll, da ein Haftbefehl vom Zoll besteht. Dann ist meine Mutter nach Beirut zum Zoll gefahren und hat sich erkundigt. Dort wurde ihr nur die Auskunft erteilt, dass ich und das Auto benötigt werde und ich große Probleme habe. Der Zoll sagte meiner Mutter, ich müsste Dollar 10.000,-- Strafe zahlen.

F: Was wäre wenn Sie die Strafe bezahlen.

A: Das weiß ich nicht. Meine Mutter hat darüber keine Information erhalten. Der Zoll hat mein Grundstück im Südlibanon, in XXXX beschlagnahmt.

F: Gibt es dafür eine Bestätigung.

A: Ich habe meinen Neffen bereits damit beauftragt, dass er dies besorgt und mir übermittelt.

Nachgefragt geben ich an, dass dies zwei bis drei Monate dauert.

Es wird eine Frist von 4 Monaten zur Übermittlung eingeräumt. Die Verfahrenspartei ist einverstanden.

F: Warum glauben Sie dass Ihr Problem erst 2016 aktuell wurde, das Auto befindet sich seit 2012 im Libanon.

A: Das weiß ich nicht. Ich hatte auch 2015 keine Probleme bei der Ein- und Ausreise.

Ich kann es mir nicht erklären, vielleicht ist es explodiert bei einem Anschlag. Ich kann der Polizei im Libanon nicht vertrauen.

F: Haben Sie sämtliche Gründe, warum Sie glauben in Ihrer Heimat verfolgt zu werden geschildert?

A: Ja. Ich wollte 2017 in die Türkei ausreisen, da ich nicht in den Libanon einreisen kann.

F: Was würde Sie konkret erwarten, wenn Sie jetzt in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten?

A: Ich würde von der Polizei festgenommen und misshandelt werden.

F.: Was müsste passieren, damit Sie wieder in Ihr Heimatland zurückkehren können?

A.: Nichts, ich vertraue nicht unserer Polizei. Nachgefragt gebe ich an, dass die Probleme auch nicht erledigt sind, wenn ich die Strafe bezahle.

F: Wollen Sie noch etwas angeben, was ihnen besonders wichtig erscheint?

A: Ich habe einen Fernsehbericht in AL Jazeera gesehen, das war am 02.11.2018, wo ein General und Parlamentsmitglied, sein Name war Jorg Ghali gesagt hat, dass Personen wenn Sie verhaftet werden, gefoltert werden, bis sie sterben. Es gibt keine Verfolgung der Täter.

Ich hatte hier in der Justizanstalt im April 2018 einen Unfall, ich bin von einem Gerüst gefallen und habe mir 6 Rippen gebrochen und die Schulter ausgerenkt. Mein Körper wurde Schläge nicht mehr aushalten.

F: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, Ihre Probleme vollständig und so ausführlich, wie Sie es wollten, zu schildern?

A: Ja

Von der Verfahrenspartei wird ein Sprachzertifikat im Original des österreichischen Intergrationsfonds vom 24.03.2012 vorgelegt, Niveau A2.

Im Zuge des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme wurden Ihnen im August 2018 Länderfeststellungen des BFA zu Ihrem Heimatland samt den darin enthaltenen Quellen übermittelt. Diese Quellen berufen sich vorwiegend unter anderem auf Berichte von EU-Behörden von Behörde von EU-Ländern aber auch Behörden anderer Länder, aber auch Quellen aus Ihrer Heimat wie auch zahlreichen NGOs und auch Botschaftsberichten, die im Einzelnen auch eingesehen werden können.

Sie wurden ersucht schriftlich Stellung zu nehmen. Sie haben dies nicht getan. Wollen Sie jetzt zu den Länderfeststellungen etwas anführen.

A: Nein

...

Derzeit verbüßen Sie Haftstrafe in der Justizanstalt [...], Ihre Entlassung ist für den 29.07.2023 errechnet.

Mit Verfahrensanordnung vom heutigen Tag wurde Ihnen ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

A) Beweismittel

Die Behörde zog die folgenden Beweismittel heran:

- Von Ihnen vorgelegte Beweismittel:

- Ihre Stellungnahme vom 12.09.2018 und 15.10.2018 sowie Ihre Erstbefragung durch die Polizei am 09.11.2018 und Ihre Einvernahme vom 13.12.2018.

- Einen Beweis für die Beschlagnahme des Grundstücks legten Sie trotz Zusage und langer Fristgewährung nicht vor.

- Weitere von der Behörde herangezogene Beweismittel:

- Akteninhalt des vorliegenden Fremdenaktes

- Auszüge aus ZMR und EKIS und Sozialversicherung

- Länderfeststellungen zu Ihrem Herkunftsland

- Libanesische Zollbestimmungen

- die oa. Einvernahmen und Stellungnahmen

- (Bericht des BPK Leibnitz vom 17.11.2015, Zl.: E1/11456/2015-Tr.

- Schriftliche Urteilsausfertigung des LG Steyr vom 27.09.2017, Zahl XXXX

[...]"

Das Bundesamt hat nach Durchführung dieses Ermittlungsverfahrens folglich entschieden:

"I. Ihr Antrag auf internationalen Schutz vom 09.11.2018 wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen.

II. Gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG wird Ihr Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Ihren Herkunftsstaat Libanon abgewiesen.

III. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr.100/2005 (AsylG) idgF, nicht erteilt.

IV. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen.

V. Es wird gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Libanon zulässig ist.

VI. Gemäß § 55 Absatz 1a FPG wird eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt.

VII. Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 5 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wird gegen Sie ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen.

VIII. Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wird gemäß § 18 Absatz 1 Ziffer 2 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt. "

Das Bundesamt gelangte im Wesentlichen zur Erkenntnis, dass hinsichtlich der Gründe für die Zuerkennung des Status eines asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten eine aktuelle und entscheidungsrelevante Bedrohungssituation nicht dargelegt worden sei. Ebenso ergebe sich aus allgemeinen Lage im Herkunftsstaat keine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende bzw. reale Gefährdung der bP. Abschiebungshindernisse lägen demnach nicht vor. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen seien nicht gegeben. Ein die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung übersteigendes Privat- und Familienleben würde nicht vorliegen und wurde daher eine Rückkehrentscheidung verfügt. Auf Grund ihres Verhaltens im Bundesgebiet sei den Verhängung des Einreiseverbotes in der genannten Höhe erforderlich und die aufschiebende Wirkung abzuerkennen.

Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb offener Frist durch die dafür bevollmächtigte ARGE Beschwerde erhoben. Das bis dahin bestehende Vertretungsverhältnis zum Rechtsfreund wurde am 27.05.2019 aufgelöst.

In der Beschwerde wird im Wesentlichen moniert, dass

* sich die Länderfeststellung "nur am Rande" mit dem konkreten Fluchtvorbringen befasse;

* die Berichte katastrophale Haftbedingungen darlegen.

Der Beweiswürdigung wird damit entgegen getreten, dass

* ein Haftbefehl existiere und ihr mangels Zahlungsfähigkeit eine Ersatzarreststrafe drohe;

* die Behörde außer Acht gelassen habe, dass die bP einen Zollbeamten bestochen habe und es "möglich" wäre, dass sie auch ein Strafverfahren zu erwarten hätte;

* die Befürchtung festgenommen und geschlagen zu werden somit "alles andere als spekulativ" sei;

* die Behörde zum Ergebnis hätte kommen müssen, dass ihr auf Grund drohender Haftstrafe unmenschliche oder erniedrigende Strafe, wenn nicht sogar Folter drohen würde.

Auf Basis obiger Ausführungen wird weiters unrichtige rechtliche Beurteilung moniert.

Die Beschwerde langte samt Verwaltungsakt am 22.05.2019 beim BVwG in Wien ein, am 23.05.2019 bei der zuständigen Geschäftsabteilung in der Außenstelle Linz.

Die bP befindet sich zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Justizanstalt zur Haftverbüßung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Das BVwG hat durch den Inhalt des übermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, einschließlich der Beschwerde Beweis erhoben.

Seit der Einbringung der Beschwerde erging keine Äußerung mehr seitens der bP im gegenständlichen Beschwerdeverfahren.

1. Feststellungen (Sachverhalt)

Das Bundesamt traf nachfolgende Feststellungen, denen sich das BVwG anschließt:

"[...]

Zu Ihrer Person:

Sie heißen XXXX , sind XXXX 1979 geboren und libanesischer Staatsangehöriger.

Ihre Identität steht fest. Sie sind ledig und tragen in Österreich keine Sorgepflichten.

Sie sind gesund. Gesundheitliche Beeinträchtigungen können aus der Aktenlage nicht entnommen werden und wurden von Ihnen auch nicht behauptet.

Zu den Gründen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats:

Sie haben angegeben, dass Sie mit einem alten Auto von Österreich in den Libanon gefahren sind und es dort verkauft haben, laut Gesetz durfte es dort nicht bleiben, bzw. haben Sie es nicht verzollt.

Ein Beamter vom Zollamt im Libanon hat von Ihnen Geld kassiert und auf Ihren RP einen Stempel hergegeben, dass das Auto schon aus dem Libanon herauskam. Dieser Stempel war falsch.

Sie wissen persönlich nicht was mit dem Auto im Libanon passiert ist. Aufgrund dieser Sache sucht Sie die Polizei im Libanon.

Sie werden [ihrer Behauptung nach deshalb] inhaftiert und auch geschlagen, bis das Auto auftaucht. Der Zoll hat Ihr Grundstück beschlagnahmt. Sie sollen als Strafe für das Zollvergehen $ 10.000,-- zahlen.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass Sie wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Überzeugung verfolgt werden oder Verfolgung befürchten müssen.

Sie haben auf Grund eines Zollvergehens eine Verwaltungsstrafe zu zahlen.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass Sie in Ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt gewesen wären, bzw. durch Privatpersonen bedroht sind.

Zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:

Sie sind im Falle einer Rückkehr keiner Gefährdung durch den Staat Libanon ausgesetzt, auch wenn gegen Sie ein Verfahren der Finanzbehörden anhängig ist.

Es kann nicht festgestellt werden, dass Sie bei einer Rückkehr einer Bedrohung durch private Personen ausgesetzt wären.

Sie sind im Libanon aufgewachsen und wurden dort sozialisiert.

Sie sprechen die Landessprache und waren in den Jahren 2012, 2013 und 2015 in Ihrem Heimatland auf Besuch.

Sie haben im Libanon noch familiäre Anknüpfungspunkte.

Es leben dort Ihre Mutter, ihr Kind und Ihr Bruder, bei dem Sie 2015 während Ihres Aufenthalts wohnten.

Sie verfügen auch über Besitz in Form eines Grundstücks im Libanon.

Auch wenn es derzeit laut Ihren Angaben vom Zoll beschlagnahmt ist, sind keine Gründe ersichtlich, warum Sie nach Bezahlung der Strafe nicht wieder darüber verfügen könnten.

Eine Rückkehr in den Libanon ist Ihnen zumutbar und möglich.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass Ihnen in Ihrem Heimatland die Lebensgrundlage gänzlich entzogen war oder dass Sie bei einer Rückkehr in eine die Existenz bedrohende Notlage gedrängt werden.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass Sie von allfälligen negativen Lebensumständen im Libanon in höherem Maße betroffen sind als jeder andere Staatsbürger in einer vergleichbaren Lage.

Zu Ihrem Aufenthalt in Österreich:

Sie sind Drittstaatsangehöriger

? Sie leben seit 2005 mit kurzen Unterbrechungen durchgehend in Österreich.

? Zumeist war Ihr Aufenthalt illegal, bzw. wurde durch die Stellung von insgesamt 4 unberechtigten Asylanträgen ermöglicht.

? Sie gehen bzw. gingen in Österreich zumeist keiner legalen Beschäftigung nach

? Sie missachteten die österreichische Rechtsordnung, indem Sie vorsätzlich gerichtlich strafbare Handlungen begingen und in weiterer Folge dafür mehrmals gerichtlich verurteilt wurden.

? Gegen Sie besteht ein Aufenthaltsverbot.

Zu Ihrem Privat- und Familienleben:

? Sie sind ledig und haben keine in Österreich oder Europäischen Union wohnhaften Kinder.

? Sie hatten eine Lebensgefährtin, XXXX , geboren am XXXX .1988, mit der Sie zuletzt einen gemeinsamen Wohnsitz hatten. Bei Ihr handelt es sich um Ihre Komplizin, die zu drei Jahren und 6 Monate Haft verurteilt wurde und sich noch in Haft befindet. Die Beziehung ist jetzt beendet.

? Weitere Verwandte, Neffen, Cousins leben in Österreich. Einer davon, XXXX ist ebenfalls Mittäter und wurde zu drei Jahren Haft verurteilt.

? Ebenfalls leben Verwandte in der Europäischen Union.

? Zuletzt gingen Sie keiner legalen Beschäftigung nach.

? Sie verfügen über einen oberflächlichen Bekanntenkreis.

? Sie sprechen Deutsch.

? Sie sind nicht Mitglied in Vereinen oder Organisationen.

? Ihre Mutter, Ihre Tochter, sowie ein Bruder leben im Libanon, Sie haben telefonischen Kontakt;

? Es sind keine Merkmale einer besonderen Integration erkennbar.

? Derzeit befinden Sie sich in Haft.

Zur Lage in Ihrem Herkunftsstaat / im Zielstaat:

Länderinformationsblatt der Staatendokumentation

Libanon, Gesamtaktualisierung am 12.9.2018

Politische Lage

Libanon ist eine parlamentarische Demokratie nach konfessionellem Proporzsystem. Politische Parteien sind zugelassen; sie sind jedoch in der Praxis meist Zweckbündnisse, die vor allem auf der Zugehörigkeit zu einer religiösen Gruppe basieren. Die Verfassung des Landes schreibt eine Trennung der Gewalten vor. Parlamentswahlen sollen alle vier Jahre abgehalten werden; der Staatspräsident wird von den Abgeordneten für sechs Jahre gewählt. Das libanesische System wird von der Zusammenarbeit der verschiedenen religiösen Gruppen getragen; daneben spielen Familien- und regionale Interessen eine große Rolle (AA 1.3.2018).

Das politische System basiert auf der Verfassung von 1926, dem ungeschriebenen Nationalpakt von 1943 und dem im Gefolge der Taif-Verhandlungen am 30. September 1989 verabschiedeten "Dokument der Nationalen Versöhnung" (AA 1.3.2018). In diesem sogenannten Taif-Abkommen wurde festgelegt, dass die drei wichtigsten Ämter im Land auf die drei größten Konfessionen verteilt werden:

? Das Staatsoberhaupt muss maronitischer Christ sein

? Der Parlamentspräsident muss schiitischer Muslim sein

? Der Regierungschef muss sunnitischer Muslim sein

Dieser Proporz bestimmt die gesamte Verwaltung und macht auch vor der Legislative nicht halt. Das Parlament mit seinen 128 Mitgliedern setzt sich nach dem Grundsatz der konfessionellen Parität wie folgt zusammen:

34 Maroniten, 27 Schiiten, 27 Sunniten, 14 griechisch-orthodoxe Christen, 8 Drusen, 8 melikitische/griechisch-katholische Christen, 5orthodoxe Armeniern, 2 Alewiten, 1 armenischer Katholik, 1 Protestant und 1 weitere Minderheit (GIZ 6/2018, vgl. USDOS 20.4.2018).

Bei der im Abkommen von Taif vorgesehenen allmählichen Entkonfessionalisierung des politischen Systems gibt es bisher keine Fortschritte (AA 1.3.2018).

Das Parlament des Libanon ist konfessionsübergreifend in zwei politische Blöcke gespalten, die einander im Libanon unversöhnlich gegenüberstehen:

? die von der schiitisch geprägten und vom Iran beeinflussten Hisbollah angeführte 8.März-Koalition und

? die eher westlich orientierte, sunnitisch geprägte und von Saad Hariri (Future Movement; arab.: (al-)Mustaqbal) angeführte 14. März-Bewegung (BBC 4.11.2014; vgl. GIZ 6/2018).

Die traditionelle Feindschaft zwischen diesen beiden Blöcken wurde durch den Konflikt im benachbarten Syrien zusätzlich vertieft, als schiitische Hisbollah-Kämpfer sich auf die Seite der syrischen Regierung stellten, während die 14. März-Bewegung die syrischen Rebellen unterstützte (BBC 4.11.2014; vgl. GIZ 6/2018).

Diese Polarisierung lähmt das Land politisch und ökonomisch, verstärkt konfessionelle Spannungen zwischen Schiiten und Sunniten und erschwert bzw. verhindert außerdem die Erarbeitung notwendiger Lösungen für die ökonomischen, sozialen und politischen Herausforderungen (GIZ 6/2018).

Aufgrund schwer erzielbarer Mehrheiten war es auch jahrelang nicht möglich, ein Wahlgesetz zu verabschieden. Dies führte dazu, dass die Parlamentswahl 2013 ausgesetzt und das Mandat der Abgeordneten mehrfach verlängert wurde (GIZ 6/2018, vgl. USDOS 20.4.2018).

Am 31. Oktober 2016 wurde nach zweieinhalb Jahren und 45 gescheiterten Versuchen ein neuer Präsident gewählt. Mit der Wahl des maronitischen Christen Michel Aoun kam Bewegung in die stark polarisierte libanesische Politik. Da Aoun als Kandidat der schiitischen Hisbollah für das Amt des Präsidenten galt, wurde er zunächst von Premierminister Saad Hariri abgelehnt. Seine Wahl wurde schließlich erst durch eine überraschende Kehrtwende Hariris ermöglicht. Im Gegenzug beauftragte Aoun Hariri, eine neue Regierung der nationalen Einheit zu bilden. Zwei Monate nach der Präsidentschaftswahl wurde am 19. Dezember 2016 eine neue Regierung vereidigt (GIZ 6/2018).

Im Juni 2017 konnte sich das politische Establishment schließlich auf ein neues Wahlrecht einigen. Dieses sieht unter anderem vor, das Mehrheitswahlrecht durch das Verhältniswahlrecht abzulösen. Hierdurch sollten kleinere Parteien und Wählergruppen gestärkt werden, doch das von den Regierungsparteien außerhalb des Parlaments verhandelte Wahlgesetz enthält zahlreiche Einschränkungen der Verhältniswahl wie beispielsweise eine sehr hohe Einzugshürde bei zehn Prozent.

Positiv ist jedoch, dass die Parteien faktisch gezwungen werden, konfessionsübergreifende Listen zu bilden. Wenn es in einem Wahlkreis die Festlegung gibt, dass hier zwei Sitze für Christen und drei Sitze für Muslime vergeben werden, müssen hier die Parteien eine gemeinsame Liste bilden, um antreten zu dürfen.

Im neuen Wahlgesetz werden Jugendliche unter 21 ausgeschlossen. Auch wurde keine Quote für weibliche Parlamentsabgeordnete eingeführt, obwohl der Libanon eines der Länder mit der niedrigsten Zahl an weiblichen Abgeordneten ist. Der christlich-muslimische Proporz des Parlaments wird durch das Gesetz nicht berührt (GIZ 6/2018).

Am 6. Mai 2018 fanden nach jahrelanger Pattstellung schließlich erstmals seit 2009 erneut Parlamentswahlen statt.

77 Listen mit insgesamt 597 Kandidaten waren für die Wahl um 128 Parlamentssitze in 26 Distrikten registriert. Die Anzahl der weiblichen Kandidaten nahm gegenüber der letzten Wahl auf 86 zu und betrug somit nun 14,4 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag insgesamt bei 49,2 Prozent, nach 53,37 Prozent im Jahr 2009. Die offiziellen Ergebnisse weisen die Sitze wie folgt zu: Future Movement [Anm.: arab. - (al-)Mustaqbal], 21; Free Patriotic Movement, 20; Amal, 17; Libanese Forces, 15; Hisbollah, 12; Progressive Socialist Party, 8; die "Determination (Azem)" Bewegung des ehemaligen Premierministers Mikati, 4; Marada, die Syrian Social Nationalist Party, Kataeb und Tashnaq, jeweils 3 Sitze. Zum ersten Mal gewann ein Kandidat der Zivilgesellschaft einen Sitz durch die Wahlliste "Koulouna Watani" in Beirut. Die Zahl der gewählten Frauen im Parlament stieg von vier auf sechs (UN 13.7.2018; vgl. USDOS 29.5.2018).

Die Hisbollah und ihre politischen Verbündeten (darunter auch da

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten