TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/12 L507 2217358-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.06.2019
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Entscheidungsdatum

12.06.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

L507 2217358-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Habersack über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.03.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Türkei, kurdischer Abstammung und moslemischer Religionszugehörigkeit, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 13.12.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der niederschriftlichen Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 13.12.2018 und bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 26.02.2019 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass er Staatsangehöriger der Türkei und Angehöriger der kurdischen Volksgruppe sei. Der Beschwerdeführer sei im Dorf XXXX in der Nähe von Cihanbeyli aufgewachsen und habe zuletzt gemeinsam mit seinen Eltern, seinem Bruder und einer Schwester in Selcuklu bei Konya gelebt. In XXXX hätten die Eltern des Beschwerdeführers einen Greißlerladen besessen, wo auch der Beschwerdeführer gearbeitet habe. Nach der Übersiedlung nach Selcuklu habe der Beschwerdeführer als Schweißer und zuletzt bei einer Sicherheitsfirma als Wachmann gearbeitet.

Der Beschwerdeführer sei Kurde und sei Mitglied der Partei HDP gewesen. Aus diesem Grund habe der Beschwerdeführer immer wieder Probleme gehabt. Bei den Newroz Festen seien immer wieder Anhänger der AKP oder der MHP gekommen und hätten die Veranstaltung gestört und die Festbesucher provoziert. Immer wenn die Polizei eingeschritten sei, seien Festbesucher festgenommen worden; Anhänger der AKP oder der MHP seien nicht festgenommen worden. Die Festgenommenen seien von der Polizei befragt worden und es sei ihnen gesagt worden, dass sie nicht weitermachen sollen, da dies schlecht wäre und nicht gut enden würde. Die HDP sei keine Partei, sondern eine terroristische Organisation. Die Teilnehmer am Newroz Fest seien mit Schlagstöcken geschlagen worden, obwohl sie sich nicht gewehrt hätten. Diese Unterdrückung hätten die Kurden als Folter angesehen. Nachdem der Beschwerdeführer im Alter von 20 Jahren (ungefähr im Jahr 2009) gemeinsam mit seinen Eltern und Geschwistern nach Konya übersiedelt sei, seien sie in Konya aufgrund ihres kurdischen Akzentes als Menschen zweiter Klasse behandelt worden. Auch in Konya habe es Auseinandersetzungen mit MHP Anhängern gegeben, wobei der Beschwerdeführer und seine Familie als Terroristen bezeichnet und beschimpft worden seien. Am meisten seien sie von MHP Anhängern angegriffen worden. Die Kurden hätten fast keine Möglichkeit, in Ruhe zu leben, weil sie nicht akzeptiert werden würden. Wäre der Beschwerdeführer noch länger in der Türkei geblieben, wäre er getötet worden oder hätte etwas verbrochen. Der Beschwerdeführer sei im Alter von 13 bis 21 Jahren sehr oft im Zuge von Newroz Festen gemeinsam mit anderen Teilnehmern von Newroz Festen festgenommen worden. In den letzten zwei oder drei Jahren habe der Beschwerdeführer davor Ruhe gehabt, weil er als Mitarbeiter eines Wachdienstes nicht mehr an diesen Veranstaltungen teilgenommen habe. In der Türkei gebe es keine Menschenrechte und man könne sich nicht verteidigen. Man werde sofort verhaftet. Drei Cousins des Beschwerdeführers, die als Lehrer tätig gewesen seien, seien unter dem Vorwand, dass sie Anhänger von Gülen seien, verhaftet worden. Zwei davon hätten ihre Zulassung als Lehrer verloren. Ansonsten habe der Beschwerdeführer keine Probleme gehabt - auch die Familie des Beschwerdeführers habe zurzeit in der Türkei keine Probleme.

Der Beschwerdeführer besuche einen Deutschkurs, spreche ein wenig deutsch und versuche auch über Internetprogramme die deutsche Sprache zu erlernen. Zwei Cousins des Vaters des Beschwerdeführers würden in Österreich leben, ansonsten habe der Beschwerdeführer keine Verwandte in Österreich.

2. Mit Bescheid des BFA vom 12.03.2019, Zl. 1142273504 - 181201041/BMI-BFA_STM_AST_01, wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in die Türkei gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Das BFA traf im angefochtenen Bescheid folgende Feststellungen:

"- Zu Ihrer Person und zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Sie sind türkischer Staatsbürger, kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit und Muslim (Sunnit). Im Verfahren führen Sie die Daten XXXX , Türkei.

Sie sind in der Türkei in XXXX geboren und aufgewachsen. Mit Ihrer Familie sind Sie, als Sie ungefähr 20 Jahre alt waren, nach Selcuklu, ebenfalls in der Provinz Konya gezogen. Ihre Familie lebte in XXXX zunächst von der Landwirtschaft und einem Greißler-Laden. Als ein größerer Markt eröffnet wurde, ist Ihre Familie nach Selcuklu umgezogen. Dort lebt die Familie jetzt von der Rente Ihres Vaters. Ihr Bruder arbeitet in der Möbelherstellung. Ihre Mutter ist Hausfrau.

Sie selbst haben die Volksschule in XXXX besucht, danach die Hauptschule und das Gymnasium von Cihanbeyli haben Sie nach zwei Jahern abgebrochen und haben im Greißler-Laden Ihrer Familie sowie als Schweißer und als Sicherheitsmann gearbeitet.

Sie sind volljährig, grundsätzlich gesund und arbeitsfähig.

Sie sind ledig und kinderlos. In der Türkei lebten Sie zuletzt in Selcuklu, wo auch Ihre Familie lebt. Sie haben Eltern, einen Bruder und drei Schwestern, die alle in der Provinz Konya (Selcuklu, Cihanbeyli) leben. Weitere Angehörige bzw. Verwandte (fünf Tanten und vier Onkel mütterlicherseits, sieben Onkel väterlicherseits und eine Tante väterlicherseits) leben ebenfalls in der Provinz Konya. Ihre ungefähr 100 Cousins wohnen größtenteils in Konya, Istanbul und Antalya. Auch in der Schweiz, Italien und Deutschland haben Sie Cousins. Ein Cousin lebt in Graz. Derzeit leben Sie in einer Wohnung, die ein Cousin Ihres Vaters für Sie gefunden hat. Dieser kümmert sich auch um Sie.

Ihre Muttersprache ist Kurdisch. Sie sprechen aber sehr gut türkisch.

Sie sind in Österreich strafrechtlich unbescholten.

Sie sprechen noch kaum Deutsch.

2017 hatten Sie ein Visum für Österreich, das von XXXX gültig war und besuchten eine Hochzeit und Ihre Verwandten in Linz und Graz.

Spätestens im Dezember 2018 haben Sie Ihre Heimat schlepperunterstützt in Richtung Österreich verlassen und sind in der Folge illegal ins Bundesgebiet eingereist.

Seit Jänner 2019 befinden sich nicht in Grundversorgung und werden von Ihren Verwandten in Österreich unterstützt.

Die sozialen Kontakte, die Sie in Österreich zu Ihren Angehörigen pflegen, sind nach Ihrer Einreise nach Österreich entstanden.

Es konnte keine Integrationsverfestigung festgestellt werden.

- Zu den Gründen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats:

Ihr Vorbringen zu den Fluchtgründen wird den Feststellungen nicht zugrunde gelegt.

Sie haben nicht glaubhaft machen können, dass Sie zu befürchten hätten, in der Türkei aufgrund einer der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe verfolgt zu werden oder aktuell einer relevanten Bedrohungssituation für Leib und Leben ausgesetzt zu sein.

Eine darüber hinausgehende aktuelle und individuell drohende Verfolgung im zu prüfenden Herkunftsstaat konnten Sie ebenfalls nicht glaubhaft machen.

Eine gegen Sie gerichtete Bedrohung im Sinne des § 8 AsylG liegt nicht vor.

- Zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:

Eine Verfolgung in Ihrem Herkunftsstaat Türkei konnte ebenso wenig festgestellt werden, wie eine Bedrohungssituation im Falle Ihrer Rückkehr.

Zudem konnte nicht festgestellt werden, dass Ihnen bei Ihrer Rückkehr eine Gefährdung durch die Polizei, staatliche Organe oder Behörden droht.

Weiters konnte keine wie auch immer geartete, sonstige besondere Gefährdung Ihrer Person bei einer Rückkehr in die Türkei festgestellt werden. Überdies konnte weder eine wirtschaftlich noch eine finanzielle ausweglose Lage im Falle Ihrer Rückkehr in Ihr Heimatland festgestellt werden."

Das BFA traf sodann die unten unter Punkt 1.2. angeführt Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben zur allgemeinen Lage in der Türkei.

Beweiswürdigend wurde vom BFA im angefochtenen Bescheid wie folgt ausgeführt:

"[...]

- Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Person und zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Ihr Nüfus, den Sie der Behörde vorgelegt haben, befindet sich derzeit in Überprüfung. Daher konnte Ihre Identität noch nicht zweifelsfrei festgestellt werden.

Dass Sie türkischer Staatsangehöriger und Moslem sind und der Volksgruppe der Kurden angehören, ergibt sich aus den von Ihnen gemachten schlüssigen Angaben. Weiters ist Ihre kurdische Abstammung sowie die Angaben zu Ihrer Muttersprache aufgrund Ihrer Aussprache und Ihren diesbezüglich glaubhaften Angaben unzweifelhaft.

Die Feststellungen, dass Sie volljährig und unverheiratet sind und keine Kinder haben, sowie Ihre Schulausbildung und Ihre Arbeit ergeben sich glaubhaft aus Ihren widerspruchsfreien Angaben in Ihren Verfahren vor dem Bundesamt.

Ihre Angaben zur Familie und zu Ihrem Privat- und Familienleben in Österreich und der Türkei erfolgten auf Grundlage Ihrer diesbezüglich glaubhaften Angaben im Verfahren.

Die Feststellung, dass Sie grundsätzlich gesund und arbeitsfähig sind, gründet auf Ihre Angaben am Beginn der niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, bei der Sie außer einer geplatzten Ader keine gesundheitlichen Probleme anführten. Aus dem Arztbrief vom 18.12.2019 geht jedoch hervor, dass Sie Krampfadern an den Beinen haben, die in Österreich behandelt wurden, eine OP wurde empfohlen. Betreffend den nächsten Termin am 4.3.2019 haben Sie der Behörde bis dato keine medizinischen Unterlagen betreffend einer im Raum stehenden OP zukommen lassen. Wie aus dem vorgelegten Arztbrief hervorgeht, sind die von Ihnen genannten Probleme auch in der Türkei bereits lange bekannt gewesen. Da es sich um keine lebensbedrohliche Erkrankung handelt und aus den Länderfeststellungen auch hervorgeht, dass in der Türkei sämtliche Erkrankungen in staatlichen Krankenhäusern angemessen behandelt werden können, stellt Ihre Erkrankung kein Hindernis für eine Rückkehr in Ihre Heimat dar.

Ihre strafrechtliche Unbescholtenheit ergibt sich aus dem der Behörde vorliegenden Strafregisterauszug.

Eine Integrationsverfestigung in Österreich lässt sich nicht zuletzt aufgrund Ihres erst kurzen Aufenthaltes im Bundesgebiet nicht feststellen: Sie sprechen bis dato noch kein Deutsch, besuchen auch keine Deutschkurse, was aus Ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt hervorgeht. Entsprechende Deutschkenntnisse sind aber die unabdingbare Grundlage für jegliche Integration.

Besondere soziale Kontakte sind nicht zutage getreten. Sie sind auch kein Mitglied in einem Verein oder einer Organisation und bewegen sich im Milieu Ihrer türkischen Verwandten. Sie unterstützen in Österreich den HDP-Verein, für den Sie z.B. Flyer austeilen.

Sie mussten sich auch immer bewusst sein, dass Ihr Aufenthalt im Bundesgebiet unter Umständen nur ein vorübergehender sein würde, da Sie lediglich wegen des laufenden Asylverfahrens, das zu keinem Zeitpunkt berechtigt war, aufenthaltsberechtigt sind.

Die restlichen Feststellungen ergeben sich aus Ihren diesbezüglich glaubhaften Angaben und dem Inhalt Ihres Asylaktes.

- Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats:

Im Rahmen Ihrer Erstbefragung haben Sie angegeben, Sie wären Kurde und hätten keine Rechte in der Türkei. Sie würden als Mensch 2. Klasse behandelt. Türkische Nationalisten hätten Sie mehrmals geschlagen. Sie würden die kurdische Partei HDP unterstützen und würden daher Probleme mit dem türkischen Staat bekommen. Man hätte Sie festgenommen und geschlagen und Ihnen gesagt, dass man Sie dort nicht mehr sehen wolle. Sie sollten das Land verlassen. Da Ihr Leben nicht mehr sicher gewesen wäre, hätten Sie das Land verlassen. Weitere Fluchtgründe haben Sie dezidiert ausgeschlossen.

Konkrete Hinweise, wonach Ihnen bei Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohen würden, gäbe es keine.

Vor dem BFA erklärten Sie, Mitglied der HDP zu sein. Da Sie Kurde wären, wären Sie nicht in Ruhe gelassen worden. Genaue Daten, wann sich die von Ihnen besuchten Veranstaltungen, im Rahmen derer sich die von Ihnen geschilderten Ausschreitungen abgespielt hätten, stattgefunden hätten, konnten Sie nicht nennen. Die meisten Vorfälle hätten sich auf dem Nevroz-Fest oder auf dem Sommerfestival im August abgespielt. Diese Veranstaltungen wären gut besucht gewesen. Meistens wären dann Gruppen mit türkischen Fahnen gekommen und hätten Sie und die anderen Teilnehmer mit Eiern und Tomaten beworfen und Sie beschimpft. Die Veranstaltungen wären genehmigt gewesen, vor zwei Jahren allerdings verboten worden. Zwischen Ihrem dreizehnten bis zu Ihrem 21. Lebensjahr - von 2002 bis 2014 - hätten Sie diese Veranstaltungen besucht und wären danach immer von der Polizei in Haft genommen worden. Letztere hätte lediglich Sie und Ihre Freunde mitgenommen, nicht aber die in Ihren Augen Schuldigen, nämlich die Nationalisten der AKP bzw. der MHP, die Sie und die anderen Teilnehmer auf diesen Festivitäten provoziert hätten. Sie selbst hätten nach Ihren Festnahmen meistens eine Nacht auf der Polizei verbracht und wären dann wieder freigelassen worden.

Befragt, wie viele Mitglieder die HDP-Organisation bei Ihnen in Cihanbeyli hätte, konnten Sie dies nicht angeben, auch konnten Sie den Familiennamen des damaligen HDP-Vorsitzenden Ihrer Bezirksgruppe nicht nennen.

Weitere Gründe außer den genannten haben Sie auch in der Einvernahme vor dem BFA dezidiert ausgeschlossen.

Die letzten zwei oder drei Jahre hätte man Sie in Ruhe gelassen, da Sie auch auf keine dieser Veranstaltungen gegangen wären. Auch wäre Ihrer Familie nichts passiert und diese hätte auch aktuell keine Probleme. Sie selbst hätten einen Kredit für ein Haus aufnehmen wollen und hätten daher eine Arbeit gebraucht. Daher wollten Sie nicht strafrechtlich auffallen und hätten keine dieser Veranstaltungen mehr besucht.

Abgesehen davon, dass Sie bei der Erstbefragung lediglich angegeben haben, die HDP zu unterstützen, vor dem BFA jedoch erklärten, HDP-Mitglied zu sein, wobei Sie weder die Anzahl der Mitglieder Ihrer Bezirksorganisation, noch den vollen Namen des damaligen Bezirksvorsitzenden angeben oder konkrete Daten der genannten Ereignisse nennen konnten, geht aus Ihrem Vorbringen hervor, dass die von Ihnen erwähnten Sachverhalte zwei bis drei Jahre zurückliegen, nach den von Ihnen angegebenen Jahreszahlen sogar vier Jahre (bis 2014). Parteiausweis der HDP im Original haben Sie der Behörde bis dato keinen vorgelegt.

Es ist - wie Sie selbst angegeben haben - davon auszugehen, dass Sie die letzten Jahre ruhig und unbehelligt in Ihrer Heimat verbracht haben.

Die von Ihnen genannten Ereignisse sind aus mehreren Gründen nicht geeignet, Asyl zu begründen:

Erstens war Ihr Vorbringen schon alleine von seinem Inhalt her sehr vage. Insgesamt stellten Sie lediglich leere Behauptungen und Spekulationen in den Raum, ohne diese durch konkrete Schilderungen, genaue Datumsangaben oder stichhaltige Beweismittel zu belegen, weshalb es auch nicht den o.g. Glaubwürdigkeitskriterien entspricht.

Zweitens sind die von Ihnen geschilderten Sachverhalte per se nicht fähig, Asyl zu begründen. Wie der VwGH bereits festgestellt hat, gewinnen staatliche Maßnahmen nicht allein deshalb den Charakter einer politischen oder religiösen Verfolgung, weil sie die Menschenwürde des Betroffenen verletzen. Außerdem wären Sie jedes Mal nach einer Verhaftung am nächsten Tag wieder freigelassen worden. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass auch Maßnahmen des Staates, die z.B. nur der Ausforschung von gesuchten Personen dienen (Befragungen, Hausdurchsuchungen, kurzfristige Haft), ohne dass die Maßnahmen in Wahrheit auf die Verfolgung des Betroffenen aus asylrechtlich relevanten Gründen abzielen, laut VwGH ebenfalls keinen Asylgrund darstellen.

Drittens haben Sie nach Ende Ihrer Teilnahme an den Veranstaltungen, also seit mindestens zwei Jahren in Ihrer Heimat unbehelligt leben können. Es kann daher auch kein Zusammenhang zwischen den Ereignissen, die Sie als Grund für Ihre Ausreise angegeben haben, und Ihrer Ausreise selbst festgestellt werden. Fehlt es jedoch an einem zeitlichen Zusammenhang zwischen Ausreise und Ausreisegrund, so ist auch die Voraussetzung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung in der Regel nicht erfüllt. Letztere muss außerdem auch bei Bescheiderlassung bestehen, was sich aus Ihren Schilderungen ebenfalls nicht entnehmen lässt.

Viertens ist selbst unter Zugrundelegung Ihres Vorbringens anzumerken, dass Sie, selbst wenn Sie - wie viele andere auch - tatsächlich Mitglied der HDP gewesen wären oder wären, Ihren Schilderungen weder zu entnehmen ist, dass Sie führendes Parteimitglied der HDP wären, noch dass Sie sich an herausragender Position für die HDP engagiert hätten. An den von Ihnen angeführten Veranstaltungen (Nevoz-Fest und August-Festival) hat eine Vielzahl anderer Menschen ebenfalls teilgenommen. Aus Ihren Angaben lasst sich nicht entnehmen, dass Sie in Ihrer Heimat eine exponierter politische Position eingenommen hätten. Auch kann aus Ihrem Vorbringen nicht abgeleitet werden, dass Sie öffentliche Aufritte an herausragender Stelle absolviert oder relevante politische Aussagen in der Öffentlichkeit getätigt hätten. Es gibt laut Länderfeststellungen auch keine Hinweise darauf, dass sämtliche Mitglieder oder Anhänger der HDP systematisch verfolgt würden. Dies wäre auch tatsächlich in Anbetracht des großen Wählerstammes und der sehr großen Minderheit der Kurden in der Türkei ein für den türkischen Staat nicht zu bewältigender logistischer Aufwand.

Hinsichtlich Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit ist weiters auszuführen, dass sich entsprechend der herangezogenen Länderberichte die Situation für Kurden - abgesehen von den Berichten betreffend das Vorgehen des türkischen Staates gegen Anhänger und Mitglieder der als Terrororganisation eingestuften PKK und deren Nebenorganisationen - nicht derart gestaltet, dass von Amts wegen aufzugreifende Anhaltspunkte dafür existieren, dass gegenwärtig Personen kurdischer Abstammung in der Türkei generell mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit allein aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit einer asylrelevanten - sohin auch einer maßgeblichen Intensität erreichenden - Verfolgung ausgesetzt bzw. staatlichen Repressionen unterworfen sein würden.

Stichhaltige Gründe, warum die türkischen Behörden ein nachhaltiges Interesse gerade Ihrer Person haben sollten, wurden - wie oben bereits ausführlich gewürdigt - ebenfalls nicht vorgebracht.

Wenn Sie angeben, dass Sie zwar im Osten des Landes mit dem Geld, dass Ihre Familie dem Schlepper bezahlt hat, hätten Fuß fassen können, dies aber schwierig gewesen wäre, so führt die Behörde dazu an, dass eine wirtschaftlich schwierige Situation auch nicht geeignet ist, Asyl zu begründen. Außerdem waren Sie vor Ihrer Ausreise versorgt, Sie hatten eine Arbeit und auch Ihre Familie und Ihre Angehörigen können in der Türkei leben und arbeiten.

Zusammengefasst waren Ihre Angaben überaus vage, in sich nicht schlüssig, höchst spekulativ und auch nicht mit der Lage in Ihrer Heimat in Einklang zu bringen. Ihr Vorbingen entspricht weder den o.a. Glaubwürdigkeitskriterien, noch ist ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Ihrer Ausreise und den dafür genannten Gründen festzustellen.

Selbst unter Zugrundelegung Ihres Vorbringens könnte die Behörde - weder aktuell, noch pro futuro - eine Verfolgung Ihrer Person oder sonstige Bedrohung seitens des Staates oder anderer Akteure in Ihrer Heimat feststellen.

Sie sind bereits 2017 mit einem Schengenvisum nach Österreich eingereist, was aus Ihren glaubhaften Aussagen vor der Behörde sowie Ihren Visumsdaten im Akt hervorgeht. Es ist daher anzunehmen, dass Sie bereits während dieses Aufenthalts bzw. danach Ihre endgültige Ausreise aus der Türkei planten. Einen Hinweis darauf geben jedenfalls Ihre Aussagen, als Sie danach gefragt wurden, wie Sie Ihre Ausreise organisiert und finanziert hätten und weshalb Sie ausgerechnet nach Österreich gekommen wären:

"Ich habe, als ich beim Sicherheitsdienst gearbeitet habe, mich mit einem Freund unterhalten, der hat mir gesagt, dass es eine Schlepperbande gibt. Er hat mir eine Telefonnummer [eines Mannes] gegeben, der Leute nach Italien geführt hat. Ich habe daraufhin mit meinem Vater gesprochen, ihm erzählt, dass es so etwas gibt...."

"Ich war einmal vor zwei Jahren in Österreich. Der Anlass war eine Hochzeit. Ich hatte auch an Italien gedacht, aber Österreich hat mir dann doch besser gefallen. Ich denke dabei an die Menschenrechte, die hier umgesetzt werden. Außerdem leben auch viele Menschen aus meiner Umgebung hier und ich werde mich daher hier nicht sehr fremd fühlen."

Es war daher auch im Hinblick auf Ihre ausschließlich persönlichen Beweggründe, den Herkunftsstaat zu verlassen, der Schluss zu ziehen, dass die Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz nur aus dem Grund erfolgte, sich nach erfolgter Einreise unter Umgehung der den Aufenthalt regelnden Vorschriften den weiteren Aufenthalt in Österreich zu ermöglichen.

- Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:

Sie konnten weder eine individuelle Verfolgung noch eine individuelle Gefährdung glaubhaft machen.

Generell werden abgeschobene türkische Staatsangehörige von der Türkei rückübernommen. Aus den aktuellen Länderfeststellungen geht hervor, dass türkische Staatsangehörige, die im Ausland in herausgehobener oder erkennbar führender Position für eine in der Türkei verbotene Organisation tätig sind und die als Auslöser von als separatistisch oder terroristisch erachteten Aktivitäten und als Anstifter oder Aufwiegler angesehen werden, mit strafrechtlicher Verfolgung durch den Staat rechnen müssen. Öffentliche Äußerungen, auch in Zeitungsannoncen oder -artikeln, sowie Beteiligung an Demonstrationen, Kongressen, Konzerten etc. im Ausland zur Unterstützung kurdischer Belange sind nur dann strafbar, wenn sie als Anstiftung zu konkret separatistischen und terroristischen Aktionen in der Türkei oder als Unterstützung illegaler Organisationen nach dem türkischen Strafgesetzbuch gewertet werden können. Dies war bei Ihnen nicht der Fall.

Personen die für die von der EU als Terrororganisation eingestuften PKK, DHKP-C, türk. Hisbollah, al Kaida oder einer Vorfeldorganisation der PKK tätig waren, müssen in der Türkei mit langen Haftstrafen rechnen.

Da in Ihrem Fall weder eine Verfolgung konkret auf Ihre Person bezogen, noch eine allgemeine Verfolgung Ihrer Volksgruppe festgestellt werden konnte, geht die Behörde davon aus, dass Ihnen in Ihrem Heimatstaat auch keine Gefahr droht, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Denn, selbst wenn es in der Türkei zu Misshandlungen und Übergriffen gegen Kurden kommt, kann nicht festgestellt werden, dass diese systematisch und flächendeckend über das ganze Staatsgebiet stattfinden und von einer allgemeinen Kurdenverfolgung gesprochen werden kann.

Es kann letztlich nicht festgestellt werden, dass Sie mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Gefahr liefen, von derartigen Übergriffen betroffen zu sein.

Es handelt sich bei Ihnen um einen jungen, gesunden Mann, dem die Teilnahme am Arbeitsleben zuzumuten ist. Sie sind in Ihrem Heimatland, der Türkei, geboren und aufgewachsen, haben dort Ihre Sozialisierung erfahren. Aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit und Sprache sind Sie in der Kultur Ihres Heimatlandes verwurzelt. Außerdem können Sie um Rückkehrhilfe ansuchen, die Ihnen zur Überbrückung dienen kann, bis Sie wieder eine Arbeit aufgenommen hätten.

Sie haben wesentlich engere Bindungen zur Kultur Ihres Heimatlandes, als zu Österreich, einem Land, in dem Sie sich gerade ein paar Monate aufhalten. Sie haben eine Schulbildung und können nach Rückkehr in die Türkei wieder - wie vor Ihrer Ausreise - eine Arbeit aufnehmen. Außerdem haben Sie eine Familie, die Sie versorgen kann. Auch Ihre Verwandten in Österreich können Sie unterstützen.

Auch den aktuellen Länderinformationen hinsichtlich der allgemeinen Lage in der Türkei und der Behandlung von Rückkehrern ist nicht zu entnehmen, dass ein Rückkehrer in eine Situation kommen könnte, die der Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention gleichkommen würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde (vgl. auch den Abschnitt "Rechtliche Würdigung".)

Die Versorgung mit den Dingen des täglichen Bedarfs ist in der Türkei ebenfalls gegeben.

Außerdem könnten Sie auch Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen.

Ihre Erkrankung betreffend Ihrer Beinvenen hatten Sie bereits lange Zeit über in der Türkei und stellt diese keine lebensbedrohliche Erkrankung dar. Da - wie aus den Länderfeststellungen hervorgeht - in der Türkei alle Krankheiten behandelbar sind, ist davon auszugehen, dass auch die Krampfadern in der Türkei (weiter)behandelt werden können. Sonstige gefahrenerhöhende Umstände haben Sie nicht vorgebracht und waren auch keine feststellbar, sodass die Behörde davon ausgeht, dass solche auch nicht vorliegen.

Es kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass Sie nach Rückkehr in Ihre Heimat in eine ausweglose Lage geraten."

In der rechtlichen Begründung wurde vom BFA Folgendes ausgeführt:

"[...]

- Zu Spruchpunkt I.:

[...]

Die Voraussetzung wohlbegründeter Furcht wird in der Regel nur dann erfüllt, wenn zwischen den Umständen, die als Grund für die Ausreise angegeben werden, und der Ausreise selbst ein zeitlicher Zusammenhang besteht (vgl. auch: VwGH 17.03.2009, 2007/19/0459; VwGH 19.10.2000, 98.10.2000, 98/20/0430). Sie konnten vor Ihrer Ausreise unbehelligt zwei Jahre in Ihrer Heimat verbringen.

Sie haben den Herkunftsstaat letztlich aus persönlichen bzw. wirtschaftlichen Gründen verlassen. Diese Gründe stellen jedoch keine relevante Verfolgung im Sinne der GFK dar. Nachteile, die auf die allgemeinen politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Lebensbedingungen in einem Staat zurückzuführen sind, stellen keine Verfolgung im Sinne des Asylgesetzes dar (vgl. Erkenntnis d. VwGH vom 16.6.1994, Zl. 94/19/0183).

Fehlt es an einem der in der Flüchtlingskonvention genannten Gründe, so kann grundsätzlich auch dahingestellt bleiben, ob der Heimatstaat des Asylwerbers in der Lage wäre, ihm Schutz zu gewähren (VwGH 7.9.2000, 2000/01/0153).

Es konnten in Ihrem Fall keine Umstände ermittelt werden, dass Sie auf Grund persönlicher Eigenschaften oder der beruflichen und sozialen Stellung einer erhöhten Gefährdung ausgesetzt sind bzw. im Fall der Rückkehr ausgesetzt wären.

Auch aus dem sonstigen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens ergaben sich unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhaltes, welcher gem. Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK zur Gewährung von Asyl führen würde. Derartiges konnte von Ihnen nicht glaubhaft gemacht werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

- Zu Spruchpunkt II.:

[...]

Die erkennende Behörde hat sich maßgeblich durch den Umstand leiten lassen, dass Sie während des gesamten asylrechtlichen Verfahrens keinerlei glaubhafte Indizien oder Anhaltspunkte aufzuzeigen vermochten bzw. behaupteten, welche die Annahme rechtfertigen hätte können, dass Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit konkret Gefahr laufen würden, für den Fall einer Rückkehr in die Heimat einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.

[...]

Der Grundsatz der Nichtzurückweisung, auch Nichtzurückweisungsprinzip oder Non-Refoulement-Gebot oder Refoulement-Verbot genannt, ist ein völkerrechtlicher Grundsatz, der die Rückführung von Personen in Staaten untersagt, in denen ihnen Folter oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen drohen.

Es sind keine Umstände bekannt, dass in Ihrer Heimat eine solche Gefährdungslage besteht, dass gleichsam jeder, der in die Türkei zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des § 8 AsylG ausgesetzt wäre.

Sie haben schließlich auch weder eine lebensbedrohende Erkrankung noch einen sonstigen auf Ihre Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand" behauptet oder bescheinigt, der ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 8 Abs. 1 ASylG darstellen könnte. Wie bereits ausführlich dargelegt, können Ihre Krampfadern auch in der Türkei behandelt werden.

Plausibel ist, dass Sie weiterhin in Österreich in wirtschaftlicher und sozialer Sicherheit leben möchten. Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ein Fremder prinzipiell keinen Anspruch auf Verbleib in einem Vertragsstaat geltend machen kann, um weiterhin medizinische, soziale oder andere Formen von staatlicher Unterstützung in Anspruch nehmen zu können, selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist; es sei denn, es lägen derart außergewöhnliche Umstände vor, die - aufgrund zwingender humanitärer Überlegungen - eine Außerlandesschaffung des Fremden mit Art. 3 EMRK nicht vereinbar erscheinen lassen (vgl. die Zusammenfassung der jüngeren Rechtsprechung des EGMR im Erkenntnis des VfGH vom 06.03.2008, B 2400/07). Derartige außergewöhnliche Umstände haben Sie nicht geltend gemacht.

[...]

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.

Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts Ihres Herkunftsstaates (die Todesstrafe wurde abgeschafft) scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 2 EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.

Da sich Ihr Herkunftsstaat nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für den Asylwerber als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

[...]

Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.

Weitere, in der Person des Asylwerbers begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden.

In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass Sie jung, gesund und arbeitsfähig sind. Wie bereits ausführlich dargelegt, kann Sie Ihre Familie finanziell unterstützen, bis Sie wieder eine Arbeit aufgenommen hätten. Sie waren auch vor Ihrer Ausreise versorgt, hatten eine Arbeit. Die meisten Ihrer Familienangehörigen leben weiterhin in Ihrer Heimat und können ebenfalls für Ihren Unterhalt aufkommen. Daher ist es auch Ihnen zuzumuten, wieder selbst das für Ihr Leben Notwendige zu erwirtschaften.

Wie aus den Länderfeststellungen der Staatendokumentation hervorgeht, erscheint Ihre Existenzgrundlage in der Türkei auch als Rückkehrer gesichert, auch kann Sie Ihre Familie in der Anfangsphase versorgen bzw. unterbringen. Auch kann Sie Ihre Familie auch aus dem Ausland versorgen.

Das Bundesamt vertritt die Auffassung, dass sich für Sie gegenwärtig kein Abschiebungshindernis in die Türkei ergibt, weil eine landesweite allgemeine, extreme Gefährdungslage, in der jeder Antragsteller im Fall seiner Abschiebung dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert werden würde, nicht gegeben ist. (Vgl. hierzu aktuelle Erkenntnisse des BvWG wie z.B. L519 2189089-1 vom 23.7.2018, L502 1438285-1 vom 27.7.2018, L519 2202406-1 vom 13.2.2019).

[...]

- Zu Spruchpunkt III.:

Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist gem. § 57 AsylG von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen, wenn der Aufenthalt im Bundesgebiet gem. § 46a Abs. 1 Z 1 od. Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde wegen eines Verbrechens rechtskräftig verurteilt. Eine Erteilung ist weiters vorgesehen zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von mit diesen im Zusammenhang stehenden zivilrechtlichen Ansprüchen, insbesondere an Zeugen oder Opfern von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel. Die Aufenthaltsberechtigung wird auch an Opfer von Gewalt erteilt, sofern eine einstweilige Verfügung nach § 382b oder 382e EO erlassen wurde oder hätte werden können und die Erteilung zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Dies alles war bei Ihnen nicht der Fall.

Daher ist ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht zu erteilen.

- Zu Spruchpunkt IV.:

[...]

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie.

Sie befinden Sie sich erst seit Dezember 2018 in Österreich. Ein Cousin Ihres Vaters lebt in der Steiermark und hat Ihnen auch die Wohnung, in der Sie derzeit leben, vermittelt und kümmert sich um Sie. Da Sie zu diesem Cousin Ihres Vaters ebenso auch zur Zeit Ihres Aufenthalts in der Türkei kein einem Familienleben nahekommendes Naheverhältnis hatten, kann daher nicht von einer besonderen Beziehungsintensität ausgegangen werden und ist Ihr Naheverhältnis erst zu einem Zeitpunkt entstanden, als sich alle Beteiligten Ihres unsicheren Aufenthaltsstatus' bewusst sein mussten.

Das Recht auf Achtung des Privatlebens sichert dem Einzelnen zudem einen Bereich, innerhalb dessen er seine Persönlichkeit frei entfalten und erfüllen kann.

Sie halten sich seit Dezember 2018 in Österreich auf, verfügen daher über ein schützenswertes Privatleben.

[...]

Gegen eine Rückkehrentscheidung spricht:

? Sie sind strafrechtlich unbescholten.

Für eine Rückkehrentscheidung spricht:

? Dass Sie in Österreich strafrechtlich unbescholten sind, bewirkt keine relevante Erhöhung des Gewichts der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellen (VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112). Außerdem ist vorauszusetzen, dass sich jemand, der sich als Fremder in einem Gastland aufhält, sich an die in diesem Land geltenden Regeln und Gesetze hält.

? Sie sprechen noch kaum Deutsch. Jedem, der sich länger in einem Gastland aufhält, zuzumuten, dass er die Landessprache lernt.

? Sie sind illegal in das Bundesgebiet eingereist.

? Sie halten sich erst seit Dezember 2018 in Österreich auf. Eine besondere Integration ist im Hinblick auf diesen relativ kurzen Zeitraum nicht erkennbar und dieser Aufenthalt im Bundesgebiet, der sich nur auf die Stellung eines Asylantrages bezieht, begründet keine rechtlich relevante Bindung zu Österreich.

? Sie reisten spätestens im Dezember 2018 illegal in Österreich ein, stellten einen Asylantrag und halten sich zumindest seit diesem Zeitpunkt im Bundesgebiet auf. Sie verfügten zu keinem Zeitpunkt über einen nicht auf das Asylgesetz gestützten Aufenthaltstitel, welcher einer Ausweisung entgegenstehen könnte. Da Ihr Asylantrag sowohl im Hinblick auf internationalen Schutz, als auch im Hinblick auf subsidiären Schutz nunmehr abzuweisen ist, besteht im gegenständlichen Fall grundsätzlich ein rechtliches sowie ein gewichtiges öffentliches Interesse an der Einhaltung der fremdenrechtlichen Bestimmungen und damit an der Beendigung Ihres Aufenthalts im Bundesgebiet.

? Ausgehend davon, dass der Verwaltungsgerichtshof bei einem dreieinhalbjährigen Aufenthalt im Allgemeinen von einer eher kürzeren Aufenthaltsdauer ausgeht (vgl. Chvosta, ÖJZ 2007/74 unter Hinweis auf die VwGH 8.3.2005, 2004/18/0354; 27.3.2007, 2005/21/0378), und im Erkenntnis vom 26.6.2007, 2007/10/0479, feststellt, "dass der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte", ist in Ihrem Fall anzunehmen, dass der Aufenthalt im Bundesgebiet nicht nur zu kurz ist, um Ihrem Interesse an einem Weiterverbleib im Bundesgebiet ein relevantes Gewicht zu verleihen, sondern auch zu kurz ist, als dass ein Eingriff in das genannte Recht anzunehmen wäre.

? Ihr Aufenthalt richtet sich ausschließlich nach dem Asylgesetz.

? Sie sind nicht selbsterhaltungsfähig, da Ihnen nach der Abweisung des Asylantrages keine Arbeitsbewilligung zukommt.

? Allenfalls bereits geknüpfte erste Kontakte, sind nicht geeignet, die Integration maßgeblich zu verstärken. Ihr Interesse an der Aufrechterhaltung dieser privaten Kontakte ist noch zusätzlich dadurch geschwächt, dass Sie sich bei allen lntegrationsschritten Ihres unsicheren Aufenthaltsstatus' und damit auch der Vorläufigkeit Ihrer lntegrationsschritte bewusst sein mussten. Sie durften sich hier bisher nur auf Grund Ihres Antrags auf internationalen Schutz aufhalten, der zu keinem Zeitpunkt berechtigt war (vgl. zB VwGH 20.2.2004, 2003/18/0347; 26.2.2004, 2004/21/0027; 27.4.2004, 2000/18/0257; sowie EGMR 8.4.2008, Fall Nnyanzi, AppI. 21.878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen). Auch der Verfassungsgerichtshof misst in ständiger Rechtsprechung dem Umstand im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine, über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen lntegrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus' und damit auch der Vorläufigkeit seiner lntegrationsschritte bewusst sein (VfSlg 18.224/2007, 18.382/2008, 19.086/2010, 19.752/2013).

? Sie haben Ihr bisheriges Leben in der Türkei verbracht, sind in der Türkei in einem kurdischen Milieu aufgewachsen, und haben dort Ihre Sozialisation erfahren. Sie sind in die Schule gegangen und haben bereits in der Türkei gearbeitet. Sie gehören der Volksgruppe der Kurden an und beherrschen auch zwei Sprachen des Herkunftsstaates. Es ist daher nicht erkennbar, dass Sie sich im Falle Ihrer Rückkehr bei der Wiedereingliederung in die dortige Gesellschaft unüberwindbaren Hürden gegenübersehen könnten. Daher ist derzeit von einer nach wie vor starken Bindung zu Ihrem Herkunftsstaat bzw. zu Ihrem Kulturkreis auszugehen. Es ist Ihnen zuzumuten, in der Türkei wieder eine Arbeit aufzunehmen. Auch können Sie um Rückkehrhilfe ansuchen.

? Es ist auch deutlich auf die höchstgerichtliche Judikatur zu verweisen, die selbst bei weitreichenden Integrationsschritten (hervorragende Deutschkenntnisse, Hauptschulabschluss, erfolgreicher Besuch einer HTL, österreichischer Freundeskreis und österreichische Freundin) einen etwa dreijährigen Aufenthalt als nicht ausreichend erachtet um eine Ausweisung für dauerhaft unzulässig zu erklären (VfGH vom 12.06.2013, U485/2012) - eine Aufenthaltsdauer die im zeitlichen Segment deutlich über dem Ihrem liegt, bzw. integrationsstiftende Umstände, die Sie nicht einmal ansatzweise erreicht haben.

? Das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen überwiegt Ihre privaten Interessen. Dem öffentlichen Interesse, eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern, kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art 8 Abs 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl VwGH 17. 12.2007, 2006/01/0216; siehe die weitere Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum hohen Stellenwert der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften: VwGH 26. 6. 2007, 2007/01/0479; VwGH 16. 1. 2007, 2006/18/0453; jeweils VwGH 8. 11. 2006, 2006/18/0336 bzw 2006/18/0316; VwGH 22. 6.2006, 2006/21/0109; VwGH 20. 9. 2006, 2005/01/0699).

? Die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden ist nicht in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet.

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie Sie erfolgreich auf das Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen.

[...]

Ihnen musste bei Antragstellung klar sein, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle einer Abweisung nur ein vorübergehender ist. Ebenso indiziert die rechtswidrige und schlepperunterstützte Einreise den Umstand, dass Ihnen die Unmöglichkeit der legalen Einreise und dauerhaften Niederlassung bewusst war, da davon auszugehen ist, dass Sie in diesem Fall diese weitaus weniger beschwerliche und kostenintensive Art der legalen Einreise und Niederlassung gewählt hätten.

Zusammenfassend ist anzuführen, dass aufgrund der oben angeführten Punkte deutlich erkennbar ist, dass Sie weder über ein Privat- noch über ein Familienleben in Österreich verfügen, welches Ihren weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet rechtfertigen würde. Auch Ihre Bindungen zu Ihrem im Bundesgebiet weilenden Verwandten sind bei der Interessenabwägung im Sinn des Art 8 EMRK nicht ausreichend, um daraus abzuleiten, dass Ihr Interesse, in Österreich zu bleiben, dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und somit einer Rückkehrentscheidung überwiegt.

Daher ist die Rückkehrentscheidung nach § 9 Abs. 1-3 BFA-VG zulässig. Eine Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG hat zu unterbleiben, da die Rückkehrentscheidung nicht auf Dauer unzulässig ist (§ 58 Abs. 2 AsylG).

Da Ihnen ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt wird und die Rückkehrentscheidung gemäß § 9 Abs. 1-3 BFA-VG zulässig ist, ist gem. § 10 Abs. 1 AsylG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung zu erlassen.

- Zu Spruchpunkt V.:

[...]

Gegen Sie wird mit diesem Bescheid eine Rückkehrentscheidung erlassen.

Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist gem. § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für Sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Wie bereits unter den Spruchpunkt II. dargelegt, ergibt sich in Ihrem Fall keine derartige Gefährdung.

Gem. § 50 Abs. 2 FPG ist eine Abschiebung auch dann unzulässig, wenn dem Fremden die Flüchtlingseigenschaft zukommen sollte. Auch dies wurde bereits verneint.

Gem. § 50 Abs. 3 FPG ist eine Abschiebung schließlich unzulässig, wenn die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ihr entgegenstehe. Eine solche vorläufige Maßnahme wurde in Ihrem Fall nicht empfohlen.

Es ist somit auszusprechen, dass im Falle der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung sowie bei Vorliegen der in § 46 Abs. 1 Z 1 bis 4 FPG genannten Voraussetzungen Ihre Abschiebung nach Türkei zulässig ist.

- Zu Spruchpunkt VI.:

Gem. § 55 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gem. § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wird, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

In Ihrem Fall konnten solche Gründe nicht festgestellt werden.

Das bedeutet, dass Sie ab Rechtskraft dieser Rückkehrentscheidung zur freiwilligen Ausreise binnen 14 Tagen verpflichtet sind.

Unter den in § 46 Abs. 1 Z 1 bis 4 FPG genannten Voraussetzungen, z.B. wenn Sie Ihrer Verpflichtung zur freiwilligen Ausreise nicht zeitgerecht nachkommen, können Sie zur Ausreise verhalten werden (Abschiebung).

Diese Rückkehrentscheidung wird nach ungenütztem Ablauf der Beschwerdefrist oder - im Falle der rechtzeitigen Einbringung einer Beschwerde - mit Zustellung eines abweisenden Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes rechtskräftig."

3. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 13.03.2019 durch Hinterlegung im Akt zugestellt, wogegen am 09.04.2019 fristgerecht Beschwerde erhoben wurde.

Begründend wurde neben der Wiederholung der Angaben des Beschwerdeführers im Wesentlichen ausgeführt, dass im vorliegenden Fall für den Beschwerdeführer eine Gefahr von staatlicher Seite ausgehe, die sich aus der vom Beschwerdeführer glaubhaft vorgebrachten Mitgliedschaft bei einem Verein der HDP und als Folge des gescheiterten Putschversuches gegen Erdogan und der damit verbundenen restriktiven Vorgangsweise der türkischen Behörde gegen vermeintliche Regierungskritiker ergebe.

Der Beschwerdeführer sei bereits ins Visier der türkischen Behörden geraten, da er mehrmals an Veranstaltungen teilgenommen habe. Angesichts der in der Beschwerde zitierten Berichten zum politischen Konflikt der Regierung mit der HDP bzw. der insoweit dargelegten Sicherheitslage in der Türkei sowie der daraus ersichtlichen exzessiven Anwendung der Antiterrorgesetze gegen tatsächliche oder vermeintliche Regimegegner ergebe sich, dass dem Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in die Türkei asylrelevante Verfolgung, jedenfalls aber eine Verletzung seiner in Art. 2 und 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohe.

Wenngleich die Angaben des Beschwerdeführers noch keine direkte Verbindung zur Festnahme und Befragung des Beschwerdeführers herzustellen vermögen, so sei doch festzuhalten, dass die Beurteilung der dem Beschwerdeführer drohenden Verfolgung in der Türkei im Sinne einer Prognoseentscheidung angesichts der in der Beschwerde zitierten Berichte zum politischen Konflikt der Regierung mit der HDP und der dort dargestellten Vorgehensweise der türkischen Behörde doch dazu geführt hätte, dem Beschwerdeführer den Status eines Asylberichtigten, zumindest aber jenen eines subsidiär Schutzberechtigten einzuräumen.

Insgesamt gesehen könne kein Zweifel daran bestehen, dass es dem Beschwerdeführer gelungen sei, seine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung in seinem Herkunftsstaat glaubhaft zu machen. Der Beschwerdeführer habe sein Fluchtvorbringen detailreich und schlüssig geschildert, sodass sein Antrag als ausreichend substantiiert angesehen werden könne.

Es gebe keine Hinweise darauf, dass er nicht alle ihm verfügbaren Anhaltspunkte dargetan habe. Ebenso wenig würden Zweifel an der Kohärenz und Plausibilität der Angaben des Beschwerdeführers bestehen, der seinen Antrag im Übrigen im frühestmöglichen Zeitpunkt eingebracht habe.

In der Folge wurden Berichte zum politischen Konflikt der Regierung mit der HDP und zu den Haftbedingungen in der Türkei zitiert.

Abschließend werde um die Anberaumung einer mündlichen öffentlichen Verhandlung ersucht, damit der Beschwerdeführer seine Fluchtgeschichte ausführlich noch einmal vor einem unabhängigen Gericht vorbringen und glaubhaft machen könne. Es werde in diesem Zusammenhang auf Art. 47 EU-Grundrechtscharta hingewiesen, demzufolge jede Person ein Recht darauf habe, dass seine Sache vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht mündlich und öffentlich verhandelt werde.

Bei entsprechender Beweiswürdigung und entsprechender rechtlicher Beurteilung wäre die belangte Behörde zu einem für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis gelangt und hätte sie diesem den Status des Asylberichtigten gemäß § 3 AsylG, in eventu den Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 AsylG zuerkannt.

Bei Gesamtbetrachtung der detaillierten Angaben des Beschwerdeführers, sowie bei Berücksichtigung aktueller Länderinformationen, bestehe kein Anlass an der Richtigkeit der Kernaussage des Beschwerdeführers und an der ihm in der Türkei drohenden Gefahr zu zweifeln.

Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der Lebenssituation des Beschwerdeführers, sei davon auszugehen, dass er bei einer Rückkehr in die Türkei mit hoher Wahrscheinlichkeit ungerechtfertigten Eingriffen, von erfahrungsgemäß immer zunehmender Intensität, im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention aus ethnischen und politischen Gründen ausgesetzt werde. Es sei daher objektiv nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer aus Furcht vor ungerechtfertigten Eingriffen von erheblicher Intensität aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt sei, sich des Schutzes seines Herkunftsortes zu bedienen.

4. Mit Schreiben des BFA vom 06.06.2019 wurde mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer beabsichtige am 01.07.2019 eine ungarische Staatsangehörige zu heiraten.

Des weiteren wurde ein Bericht der Landespolizeidirektion Steiermark vom 05.06.2019 betreffend § 117 Abs. 1 FPG (Versuch des Eingehens und der Vermittlung von Aufenthaltsehen und Aufenthaltspartnerschaften ohne Bereicherung), eine Kopie des türkischen Reisepasses des Beschwerdeführers, der ihm am XXXX .2019 vom türkischen Konsulat in Wien mit einer Gültigkeit bis zum XXXX .2029 unter der Nr. XXXX ausgestellt wurde, sowie ein Ehefähigkeitszeugnis, ausgestellt am XXXX .2019 vom türkischen Konsulat in Wien und ein Auszug aus dem türkischen Geburtseintrag, ebenfalls ausgestellt am XXXX .2019 vom türkischen Konsulat in Wien, in Vorlage gebracht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Identität des Beschwerdeführers steht fest. Der Beschwerdeführer heißt XXXX in Cihanbeyli.

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Türkei und kurdischer Abstammung.

Der Beschwerdeführer ist illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist und zumindest seit dem 13.12.2018 in Österreich aufhältig.

Die Eltern, der Bruder und die drei Schwestern des Beschwerdeführers leben nach wie vor in der Türkei.

Dem Beschwerdeführer wurde - während des gegenständlichen offenen Beschwerdeverfahrens - vom türkischen Konsulat in Wien am XXXX .2019 ein türkischer Reisepass mit Gültigkeit bis zum XXXX .2029 mit der Nr. XXXX ausgestellt.

Der Beschwerdeführer lebt seit dem 18.04.2019 mit der ungarischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX , und deren Tochter XXXX , geboren am XXXX , in einem gemeinsamen Haushalt.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in der Türkei vor seiner Ausreise einer individuellen Verfolgung durch staatliche Organe oder durch Dritte ausgesetzt war oder er im Falle einer Rückkehr in die Türkei einer solchen ausgesetzt wäre.

Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in die Türkei mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit der Gefahr einer Verletzung seiner durch

Art. 2 und 3 EMRK geschützten Rechte ausgesetzt ist oder dass sonstige Gründe vorliegen, die einer Rückkehr oder Rückführung (Abschiebung) in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

1.2. Zur Lage in der Türkei wird - wie bereits vom BFA im angefochtenen Bescheid gleichlautend angeführt - festgestellt:

"1. Integrierte Kurzinformationen

KI vom 28.1.2019, Resolution der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE) zur Menschenrechtslage und der Situation der Opposition (relevant für die Abschnitte 4.Rechtsschutz/Justizwesen, 11.Allgemeine Menschenrechtslage und 13.1.Opposition)

Die Parlamentarische Versammlung des Europarates (PACE) hat am 24.1.2019 eine Resolution [Nr.2260] zur weiterhin besorgniserregenden Lage der Demokratie, sowie zur Verschlechterung der Situation der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte verabschiedet. Mit Sorge sieht PACE die Aufhebung der Immunität von über 154 Parlamentariern, wovon die pro-kurdische Demokratische Partei der Völker (HDP) unverhältnismäßig stark betroffen ist; die Auswirkungen der, während des Ausnahmezustandes zwischen Juli 2016 und Juli 2018 erlassenen Notstandsdekrete auf die Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, die Medien und die lokale Demokratie;

die Verfassungsreformen von 2017; die übereilte Durchführung der vorgezogenen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Juni 2018 und die, diesen unmittelbar vorausgegangene, Wahlrechtsreform. Die Meinungsfreiheit steht laut PACE vor dauerhaften Herausforderungen, insbesondere durch das Anti-Terror-Gesetz und dessen breite Auslegung sowie durch die Artikel 299 und 301 des Strafgesetzbuches.

In diesem Zusammenhang bringt die Versammlung ihre Besorgnis über die Inhaftierung von oppositionellen Parlamentariern, einschließlich des ehemaligen Co-Vorsitzenden der HDP Selahattin Demirtas, zum Ausdruck. Laut PACE diente die wiederholte Haftverlängerung für Demirtas, gerade während der entscheidenden Kampagnen zum Verfassungsreferendum und den Präsidentschaftswahlen, dem Zweck den Pluralismus zu unterdrücken und die Freiheit der politischen Debatte einzuschränken. Enttäuschend und besorgniserregend ist hierbei die Behauptung von Staatspräsident Erdogan, wonach die Türkei trotz der Verpflichtung, Gerichtsurteile gemäß Artikel 46 der Europäischen Menschenrechtskonvention umzusetzen, im Fall von Herrn Demirtas nicht an das Kammerurteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gebunden sei, das dessen sofortige Freilassung eingemahnt hat. PACE ist daher der Ansicht, dass diese Entwicklungen in Summe die Fähigkeit der Oppositionspolitiker, ihre Rechte auszuüben und ihre demokratischen Rollen innerhalb und außerhalb des Parlaments zu erfüllen, zunehmend verringern, behindern oder untergraben. Zudem sind gemäß PACE die Rechte von Oppositionspolitikern auf lokaler Ebene eingeschränkt, insbesondere im Zusammenhang mit der Kurdenfrage, nämlich infolge des Austauschs von über 90 gewählten Bürgermeistern der HDP oder ihrer Schwesterpartei durch von der Regierung ernannte Treuhänder, unter Verstoß gegen die Europäische Charta der lokalen Selbstverwaltung. Dies habe das Funktionieren der lokalen Demokratie, insbesondere im Südosten der Türkei, ernsthaft beeinträchtigt. Die Situation der Oppositionspolitiker hat sich in einem Kontext verschlechtert, der durch kontinuierliche restriktive Maßnahmen der Behörden gekennzeichnet ist, um insbesondere Journalisten, Richter, Staatsanwälte, Anwälte, Wissenschaftler und andere abweichende Stimmen zum Schweigen zu bringen (PACE 24.1.2018).

Quellen:

? PACE - Parliamentary Assembly of the Council of Europe (24.1.2019): The worsening situation of opposition politicians in Turkey: what can be done to protect their fundamental rights in a Council of Europe member State? [Resolution 2260 (2019)], http://assembly.coe.int/nw/xml/Xref/Xref-XML2HTML-EN.asp?fileid=25425&lang=en, Zugriff 28.1.2019

2. Politische Lage

Die Türkei ist eine Präsidialrepublik und laut Art. 2 ihrer Verfassung ein demokratischer, laizistischer und sozialer Rechtsstaat auf der Grundlage öffentlichen Friedens, nationaler Solidarität, Gerechtigkeit und der Menschenrechte sowie den Grundsätzen ihres Gründers Atatürk besonders verpflichtet. Staats- und Regierungschef ist seit Einführung des präsidialen Regierungssystems (9.7.2018) der Staatspräsident, der die politischen Geschäfte führt (AA 3.8.2018).

Der Präsident wird für eine Amtszeit von fünf Jahren direkt gewählt und kann bis zu zwei Amtszeiten innehaben, mit der Möglichkeit einer dritten Amtszeit, wenn während der zweiten Amtszeit vorgezogene Präsidentschaftswahlen ausgerufen werden. Erhält kein Kandidat in der ersten Runde die absolute Mehrheit der gültigen Stimmen, findet zwei Wochen später eine Stichwahl zwischen den beiden stimmenstärksten Kandidaten statt. Die 600 Mitglieder des Einkammerparlaments werden durch ein proportionales System mit geschlossenen Parteienlisten bzw. unabhängigen Kandidaten in 87 Wahlkreisen für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Wahlkoalitionen sind erlaubt. Es gilt eine 10%-Hürde für Parteien bzw. Wahlkoalitionen, die höchste unter den Staaten der OSZE und des Europarates. Die Verfassung garantiert die Rechte und Freiheiten, die den demokratischen Wahlen zugrunde liegen, nicht ausreichend, da sie sich auf Verbote zum Schutze des Staates beschränkt und der Gesetzgebung diesbezügliche unangemessene Einschränkungen erlaubt. Im Rahmen der Verfassungsänderungen 2017 wurde die Zahl der Sitze von 550 auf 600 erhöht und die Amtszeit des Parlaments von v

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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