TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/18 L519 1430330-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.06.2019
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Entscheidungsdatum

18.06.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

L519 1430330-3/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Isabella ZOPF als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Bangladesch, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.01.2019, XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz als "BF" bezeichnet), ein Staatsangehöriger der Volksrepublik Bangladesch, brachte nach illegaler Einreise bei der belangten Behörde (Bundesasylamt, nunmehr Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) am 05.10.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.10.2012, FZ. 12 14.090-BAT wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gem. §§ 3 Abs. 1 iVm 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen und ihm der Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie gemäß §§ 8 Abs. 1 Z 1 iVm 2 Abs. 1 Z 13 leg. cit. der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Bangladesch nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.), wobei gleichzeitig seine Ausweisung in sein Heimatland gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 leg. cit. ausgesprochen wurde (Spruchpunkt III.).

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

3. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 18.11.2013, Zl. C11 430.330-1/2012/6E, wurde die Beschwerde gemäß §§ 3, 8 und 10 Abs. 1 Z 2 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF. BGBl. I Nr. 38/2011, als unbegründet abgewiesen.

Der Asylgerichtshof stellte fest, dass der BF aus Bangladesch stammt, sich zum Mehrheitsglauben des sunnitischen Islam bekennt und seine Identität mangels vorgelegter glaubhafter Dokumente hierzu nicht festgestellt werden konnte. Das Vorbringen des Beschwerdeführers wurde als nicht glaubhaft bzw. selbst bei Wahrunterstellung als nicht asylrelevant beurteilt.

4. Dem BF wurde am 19.10.2015 eine Karte für Geduldete, gültig bis 18.10.2016 ausgestellt.

Von 09.11.2015 bis 01.08.2016 war der BF nicht im Bundesgebiet gemeldet.

5. Am 12.09.2016 brachte der BF den ersten Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG (Duldung iS des § 46 a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 3 FPG) ein. Vorgelegt wurden diverse Unterlagen zur Integration und Diabetes-Erkrankung des BF.

6. Mit Schreiben vom 14.10.2016 wurde von der örtlich zuständigen LPD gemäß § 60 AsylG mitgeteilt, dass in staatspolizeilicher Hinsicht keine nachteiligen Erkenntnisse zur Person des BF vorliegen.

7. Das vom BFA mit Schreiben vom 07.10.2016 eingeräumte Parteiengehör konnte dem BF nicht zugestellt werden, sondern wurde mit dem Vermerk "Verzogen" retourniert.

8. Mit Bescheid des BFA vom 07.11.2016 wurde der Antrag vom 12.09.2016 gemäß § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG 2005 zurückgewiesen.

Ausgeführt wurde, dass dem BF mit Schreiben vom 07.10.2016 Parteiengehör eingeräumt werden hätte sollen. Trotz aktuell aufrechter Meldung (lediglich zwischen 09.11.2015 und 01.08.2016 keine Meldung des BF im Bundesgebiet) hätte dem BF das Schreiben nicht zugestellt werden können, weshalb keine Entscheidung in der Sache möglich gewesen sei. Über die Hauptfrage hätte mangels Mitwirkung des BF an der Klärung des Sachverhalts nicht abgesprochen werden können.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Schreiben vom 21.11.2016 zurückgezogen und wurde ein Rechtsmittelverzicht abgegeben.

9. Am 21.11.2016 brachte der BF gemäß ausgefülltem Formularvordruck einen Verlängerungsantrag "besonderer Schutz gemäß § 59 AsylG" ein und wurde in der Folge ein Antrag auf Heilung gemäß § 4 AsylG-DV vom 23.11.2016 eingebracht. Angegeben wurde darin unter anderem, dass sich Ehegattin und Kinder in Bangladesch befinden sowie, dass Dokumente aus dem Heimatstaat nicht erhältlich wären.

10. Mit Schreiben vom 01.12.2016 wurde dem BF Parteiengehör gewährt.

11. Der BF gab mit Schreiben vom 16.12.2016 eine ausführliche Stellungnahme zum Fragenkatalog der belangten Behörde ab. Weiter stellte er nochmals mit 16.12.2016 einen Heilungsantrag gemäß § 4 AsylG - DV. Beigelegt wurde unter anderem eine Bestätigung der bengalischen Botschaft, dass der BF am XXXX dort anwesend war und eine Einstellungszusage vom 12.12.2016.

12. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.12.2016 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf "Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" vom 21.11.2016 gemäß § 57 AsylG abgewiesen. Unter anderem wurde ausgeführt, dass trotz Abmeldung von der Wohnadresse ein Aufenthalt im Bundesgebiet wahrscheinlich sei.

13. In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde über wurde gegen den durch Hinterlegung am 21.12.2016 zugestellten Bescheid zusammengefasst ausgeführt, der Beschwerdeführer habe einen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG gestellt, welcher nunmehr mit der Begründung, dass der BF keinerlei Nachweis zu seiner Identität vorgelegt habe, abgewiesen worden sei. Der BF sei immer bemüht gewesen, einen Nachweis für die Identität zu erbringen. Er habe bei der Botschaft in Wien sein Anliegen vorgebracht. Dort sei ihm jedoch weder ein Identitätsdokument ausgestellt, noch ein Schreiben betreffend der Nichtausstellung von Dokumenten ausgehändigt worden. Auch der Verein Menschenrechte habe sich telefonisch in der Sache des BF an die Botschaft gewandt, dennoch sei dem BF lediglich eine Bestätigung darüber, dass er bei der Botschaft gewesen ist, ausgestellt worden. Der BF habe auch versucht, ein Identitätsdokument direkt im Heimatland zu erhalten. Sein Bruder habe dort bei der Behörde um ein Identitätsdokument gebeten, jedoch habe die zuständige Behörde die Ausstellung verweigert. Dies mit der Begründung, dass der BF persönlich anwesend sein müsse. Da der BF alles in seiner Macht Stehende getan habe, um Papiere zu seiner Identität vorzulegen, lägen die Gründe, dass er kein Dokument vorlegen kann, nicht in seiner Sphäre. Die Voraussetzungen, die im Jahr 2015 zur Ausstellung der Karte für Geduldete geführt hätten, seien nach wie vor gegeben, der BF stelle keine Gefahr dar und sei nicht in Österreich verurteilt worden. Der Heilungsantrag sei gestellt worden und sei der BF der Meinung, dass die Voraussetzungen zur Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz erfüllt sind.

14. In der Beschwerdevorlage der belangten Behörde vom 02.01.2017 wurde ausgeführt, dass der BF durch den Heilungsantrag (nach der AsylG-DV) nicht befreit werde, der Behörde den Nachweis seiner Identität in einer freien Beweiswürdigung darzulegen. Der BF habe trotz Aufforderung keine Beweismittel vorlegen können und sei dies vor dem Hintergrund von Kontaktpersonen des BF im Heimatland nicht nachvollziehbar.

15. Am 14.07.2017 wurde die Meldung vom 01.05.2017 nachgereicht, wonach dem BF an diesem Tag im Rahmen einer Personenkontrolle die Karte für Geduldete abgenommen wurde.

16. Mit Erkenntnis des BVwG vom 08.08.2017 wurde der Bescheid des BFA vom 19.12.2016 behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwiesen. Die Revision wurde gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

17. In der Folge wurde ein Deutschzertifikat am 19.12.2017 vorgelegt.

18. Am 23.07.2018 langte ein Befundbericht vom 27.06.2018 betreffend den BF ein.

19. Mit Schreiben vom 25.07.2018 wurde der BF vom BFA zur Stellungnahme im Verfahren aufgefordert, es wurde ihm ein Fragenkatalog übermittelt und wurden die entsprechenden Bestimmungen insbesondere betreffend Identitätsnachweis angeführt.

20. Mit 01.08.2018 langte eine Stellungnahme ein. Es wurden zwei Auszahlungsbestätigungen der Caritas, ein Deutschzertifikat A2, eine Bestätigung über eine ehrenamtliche Tätigkeit des BF durch Besuche eines Schlaganfallpatienten 2016, eine Bestätigung über die ehrenamtliche Tätigkeit des BF durch das Magistrat, eine Wohnbestätigung, ein ZMR Auszug, eine Mietvereinbarung, eine Bestätigung über die Krankenversicherung einer grundversorgten Person aus dem Jahr 2012 und ein Befundbericht vom 27.06.2018 vorgelegt.

21. Am 12.09.2018 wurde mit dem BF ein Rückkehrberatungsgespräch durch den VMÖ geführt, in dem er angab, nicht rückkehrwillig zu sein.

22. Mit Mitwirkungsbescheid vom 14.11.2018 wurde der BF zu einem Interviewtermin bei der Botschaft der Volksrepublik Bangladesch am XXXX geladen, wo er auch erschien.

Am XXXX wurde der BF bei der Delegation der Vertretungsbehörde für Bangladesch in der Konsularabteilung der Botschaft zur Identitätsfeststellung vorstellig. Mit dem BF wurde gemäß Bericht vom XXXX ein ausführliches Gespräch geführt. Festgehalten wurde, dass der BF angegeben hat, dass seine Dokumente bei seiner Familie in Bangladesch wären. Ihm wurde demnach von der Botschaft nahe gelegt, sich die Dokumente von der Familie zusenden zu lassen und wurde er über die Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr informiert.

Aufgrund der Angaben bei der Delegation wurde erneut ein Rückkehrberatungsgespräch durch den VMÖ geführt, bei dem der BF angab, dass ein Missverständnis vorläge und er nicht freiwillig ausreisen würde.

Seitens der Delegation der Vertretungsbehörde von Bangladesch wurden die Daten zur Überprüfung nach Bangladesch übermittelt.

23. Am XXXX langte bei der belangten Behörde eine Verständigung von der vorläufigen Zurücklegung des Ermittlungsverfahrens gemäß § 27 Abs. 1 und 2 SMG nach § 35 Abs. 9 SMG ein.

24. Mit Bescheid vom 18.12.2018 wies die belangte Behörde den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG ab (Spruchpunkt I.) erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Bangladesch zulässig ist (Spruchpunkt III.). Für die freiwillige Ausreise besteht eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

25. Dagegen wurde durch die Rechtsvertretung rechtzeitig und zulässig Beschwerde erhoben. Moniert wurden Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltliche Rechtswidrigkeit. Im Wesentlichen ist das Beschwerdevorbringen auf die Integration des Beschwerdeführers gestützt, die eine Rückkehrentscheidung unzulässig mache. Der Beschwerdeführer sei äußerst integrationswillig, habe eine mündliche Jobzusage, die Sprachprüfung Deutsch auf Niveau A2 bestanden und habe ehrenamtlich gearbeitet. Unrichtig festgestellt sei, dass der BF seiner Wahrheits- und Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei. Der BF habe auch alles in seiner Macht stehende versucht, ein Identitätsdokument zu erlangen und sei im Heilungsantrag dargestellt worden, weshalb es dem BF nicht möglich ist, Identitätsdokumente zu erlangen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Bangladesch. Er wurde von der bengalischen Delegation aufgefordert, seine im Heimatland befindlichen Identitätsdokumente zu übermitteln. Der Beschwerdeführer besitzt keinen Reisepass und hat sich nicht um die Ausstellung eines solchen bemüht.

Der Beschwerdeführer reiste nach rechtskräftiger Entscheidung über seinen Asylantrag am 18.11.2013 nicht fristgerecht aus dem Bundesgebiet aus. Ihm wurde für die Zeit von 19.10.2015 bis 18.10.2016 eine Duldungskarte ausgestellt, welche ihm zwischenzeitlich abgenommen wurde.

Am 21.11.2016 stellte er gegenständlichen zweiten Antrag gemäß § 57 AsylG.

Ein Heimreisezertifikat konnte zwar noch nicht erwirkt werden, jedoch wurde dem BF bei der Botschaft nahegelegt, sich seine Dokumente übermitteln zu lassen und wäre im Falle der Vorlage derselben von der Ausstellung eines Heimreisezertifikates auszugehen.

Der BF versäumte es damit, die Ausstellung eines Reisepasses bei der Botschaft unter Vorlage von Identitätsdokumenten aus der Heimat zu beantragen.

Der Beschwerdeführer ist volljährig und arbeitsfähig. Er leidet an einer insulinpflichtigen Diabetes Mellitus Typ II und werden regelmäßige Kontrollen in der Stoffwechselambulanz durchgeführt. Er leidet zudem an chronischer Diarrhoe (Darmerkrankung), Gastritis und Laktose-Intoleranz.

Ein Verfahren gemäß § 27 Abs. 1 und 2 SMG wurde zurückgelegt. Er wurde wegen Fahren ohne Führerschein sowie Abgabe eines falschen Führerscheins bestraft.

Der BF hat die Prüfung Deutsch A2 und Deutschkurse absolviert und ehrenamtlich gearbeitet. Er betreut in einem Freiwilligen-Netzwerk seit 2016 einen Schlaganfallpatienten und hat über das Magistrat die Genehmigung erhalten, im Jahr 2013 ehrenamtlich tätig zu sein.

Er verfügt über keine maßgeblichen familiären oder privaten Beziehungen in Österreich. In Bangladesch leben seine Eltern, Ehefrau und Kinder sowie Geschwister zu denen er gelegentlich telefonischen Kontakt pflegt.

Zum Herkunftsstaat:

Zu den Feststellungen zur Lage in Bangladesch:

KI vom 3.1.2018, Parlamentswahlen vom 30.12.2018 (relevant für Abschnitt 2. Politische Lage)

Bei den elften bangladeschischen Parlamentswahlen vom 30.12.2018 erzielte die "Große Allianz" um die Awami League (AL) von Premierministerin Sheikh Hasina einen Erdrutschsieg mit 96 Prozent der Stimmen und 288 der 300 zur Wahl stehenden Parlamentssitze (Guardian 30.12.2018; vgl. BN24 31.12.2018). Die Awami League gewann davon 259 Sitze, die Jatiya Party 20 und die Workers' Party of Bangladesh drei Sitze. Je zwei Sitze gingen an die Bikalpa Dhara Bangladesh und die Jatiya Samajtantrik Dal-Inu (JSD-Inu/JASAD) und je einer an die Bangladesh Tarikat Federation und die Jatiya Party-JP (Manju) (BN24 31.12.2018; BI 31.12.2018). Alle 18 der von der Awami League aufgestellten Minderheitenkandidaten wurden ins Parlament gewählt (DT 2.1.2019). Die Oppositionskoalition Jatiya Oikya Front (Front der Nationalen Einheit), der die Bangladesh Nationalist Party (BNP) angehört, erhielt sieben Sitze (Guardian 30.12.2018; vgl. BN24 31.12.2018; NM 30.12.2018). Fünf Mandate gingen an die BNP, zwei an das Gono Forum (BI 31.12.2018). Drei Mandate gingen an andere Oppositionskandidaten (Guardian 30.12.2018; vgl. BN24 31.12.2018; NM 30.12.2018). Für zwei Sitze wird es in den kommenden Tagen, einerseits wegen der Beeinträchtigung des Wahlgangs durch Gewalt, andererseits wegen des Ablebens eines Kandidaten kurz vor der Abstimmung, Nachwahlen geben (Reuters 30.12.2018). Das Parlament von Bangladesch hat insgesamt 350 Sitze, von denen 50 für Frauen reserviert sind und proportional zur Gesamtabstimmung vergeben werden (BBC 31.12.2018).

Die "Große Allianz" ist ein Parteienbündnis unter der Führung der Awami League (AL), dem unter anderem die Jatiya Party, die Workers' Party of Bangladesh, die Jatiya Samajtantrik Dal - Inu (JSD-Inu/JASAD), die Bikalpa Dhara Bangladesh, die Tarikat Federation, die Jatiya Party-JP (Manju), die Jatiya Samajtantrik Dal - Ambia (JSD-Ambia), die Ganotrantri Party, die National Awami Party und die Samyabadi Dal angehören (AJ 29.12.2018; vgl. DS 25.11.2018; BI 31.12.2018).

Die Jatiya Oikya Front ist eine Parteienplattform, die am 13.10.2018 gegründete wurde. Sie umfasst die Bangladesh Nationalist Party (BNP), das Gono Forum, die Jatiya Oikya Prokriya, die Jatiya Samajtantrik Dal (JSD-Rab) unter ASM Abdur Rab, die Nagorik Oikya unter Mahmudur Rahman Manna, die Krishak Sramik Janata League unter Abdul Kader Siddique und eine von der BNP geführte Allianz von 20 Parteien (DT 17.12.2018; vgl. AJ 29.12.2018). Dr. Hossain, ein früherer Minister der Awami League und Verbündeter von Premierminister Hasina und Präsident des Gono Forum, führt das Bündnis in Abwesenheit der BNP-Führerin Khaleda Zia, welche Anfang des Jahres zu einer Haftstrafe wegen Korruption verurteilt wurde und daher von der Wahl ausgeschlossen war (BBC 31.12.2018; vgl. DT 17.12.2018).

Es gibt Berichte über Wahlmanipulation (BBC 31.12.2018; vgl. Guardian 30.12.2018). Ein Sprecher der BNP behauptet, dass es bei 221 der 300 Sitze Unregelmäßigkeiten gebe (BBC 31.12.2018). Die Vorwürfe umfassen das Auffüllen von Wahlurnen (Reuters 30.12.2018; BBC News 31.12.2018, Guardian 30.12.2018), Stimmraub (BBC 31.12.2018) und das Abweisen von Wählern (Guardian 30.12.2018). In mehreren Wahlzentren waren nur Wahlhelfer der Regierungspartei anwesend (BBC 31.12.2018). Wahlhelfer der Opposition wurden, laut Oppositionsführer Kamal Hossain, aus einigen Wahllokalen ausgeschlossen (Reuters 30.12.2018). Mehr als 100 Kandidaten der Jatiya Oikya Front boykottierten wegen der wahrgenommenen Manipulationen die Wahl und zogen im Laufe des Tages ihre Kandidatur zurück (DT 30.12.2018; vgl. NM 30.12.2018).

Die Opposition verurteilt die Wahl als "Farce" und fordert die Annullierung des Ergebnisses und Neuwahlen. Die Regierungspartei weist die Manipulationsvorwürfe und Neuwahlforderungen zurück und nennt die Wahl "völlig frei und unabhängig" (BBC 31.12.2018; vgl. Guardian 30.12.2018; Reuters 30.12.2018).

Die Wahlkommission Bangladeschs teilte mit, Manipulationsvorwürfe, die aus dem ganzen Land kommen würden, zu untersuchen (BBC 31.12.2018; Guardian 30.12.2018; Reuters 30.12.2018). Der Hauptwahlbeauftragte KM Nurul Huda erklärte jedoch, dass es keine Berichte über große Unregelmäßigkeiten gäbe und damit keinen Spielraum für eine Wahlwiederholung (Guardian 30.12.2018; vgl. Reuters 30.12.2018). Im Vergleich zur Wahlbeteiligung von 51 Prozent im Jahr 2014 lag die Wahlbeteiligung nun bei etwa 66 Prozent (Hindu 1.1.2019), bzw. bei 80 Prozent (Guardian 30.12.2018).

In einer vorläufigen Bewertung erklärten Wahlbeobachter der SAARC (South Asian Association for Regional Cooperation), dass die Wahl "viel freier und fairer" ablief als die vorherigen (Hindu 1.1.2019). Eine Wahlbeobachtungsgruppe sagte, sie hätten bei der Abstimmung in der Hauptstadt Dhaka keine Missstände vorgefunden (Reuters 30.12.2018).

Bereits im Vorfeld der Wahl kam es zu Gewalt zwischen rivalisierenden Anhängern und zu harten Vorgehen der Regierung (BBC 31.12.2018; vgl. Hindu 1.1.2019). Von Oktober bis Anfang Dezember 2018 fanden wiederholt Fälle willkürlicher Verhaftungen und Inhaftierungen von Demonstranten und politischen Oppositionellen sowie von Gewalttaten und Einschüchterungen durch Mitglieder der Studenten- und Jugendabteilung der Regierungspartei statt. Nach Angaben der oppositionellen BNP haben die Behörden über 300.000 politisch motivierte Strafverfahren gegen Parteimitglieder und Anhänger der Oppositionskoalition Oikya Front eingeleitet und Tausende wurden verhaftet (HRW 13.12.2018). Die BNP behauptet, dass die Hälfte der 300 Oppositionskandidaten während des Wahlkampfs angegriffen wurde, und mehr als 11.500 ihrer Mitglieder, darunter über ein Dutzend Kandidaten, im vergangenen Monat inhaftiert wurden (AJ 29.12.2018). Auch Mitglieder der von der Wahl ausgeschlossenen Jamaat-e-Islami Partei wurden verhaftet. Nach Angaben eines Jamaat-Sprechers wurden zwischen 1. November und 13. Dezember 1.858 Mitglieder festgenommen (HRW 13.12.2018).

Am Wahltag waren rund 600.000 Sicherheitskräfte, darunter Armee und paramilitärische Truppen, im Einsatz, um die Gewalt einzudämmen (Guardian 30.12.2018; vgl. NM 30.12.2018). Mindestens 19 Menschen wurden bei Zusammenstößen zwischen Anhängern der regierenden Partei und der Opposition getötet (DS 1.1.2019; vgl. Reuters 30.12.2018).

Quellen:

- AJ - Al Jazeera (29.12.2018): Bangladesh elections 2018: What you need to know, https://www.aljazeera.com/news/2018/12/explainer-bangladesh-general-election-181226193113181.html, Zugriff 2.1.2019

- BI - Bangla Insider (31.12.2018): final results of 11th parliamentary elction of Bangladesh 2018, https://en.banglainsider.com/bangladesh/4469/FINAL-RESULTS-OF-11th-PARLIAMENTARY-ELECTION-OF-BANGLADESH-2018, Zugriff 3.1.2019

- BN24 - Bangla News 24 (31.12.2018): Grand alliance wins 288 seats, https://www.banglanews24.com/english/national/article/73191/Grand-alliance-wins-288-seats, Zugriff 2.1.2019

- BBC - BBC News (31.12.2018): Bangladesh election: PM Sheikh Hasina wins landslide in disputed vote, https://www.bbc.com/news/world-asia-46718393, Zugriff 2.1.2019

- DS - Daily Star, The (25.11.2018): Seat-Sharing With Jatiya Party: AL suddenly in a fix, https://www.thedailystar.net/js-polls-2018/alliance-partners-get-70-bangladesh-national-election-seats-quater-1664551, Zugriff 2.1.2019

- DS - Daily Star, The (1.1.2019): JP dissatisfied over election result, https://www.thedailystar.net/bangladesh-national-election-2018/jatiya-party-dissatisfied-over-bangladesh-election-result-2018-1681531, Zugriff 2.1.2019

- DT - Dhaka Tribune (17.12.2018): Oikya Front unveils manifesto promising balance of power, https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2018/12/17/oikya-front-declares-election-manifesto, Zugriff 2.1.2019

- DT - Dhaka Tribune (30.12.2018): Oikya Front calls election a 'farce,' demands fresh polls, https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2018/12/30/oikya-front-terms-election-a-farce-demands-fresh-polls, Zugriff 2.1.2019

- DT - Dhaka Tribune (2.1.2019): 11th parliament: Number of minority candidates remains same, https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2019/01/02/11th-parliament-number-of-minority-candidates-remains-same, Zugriff 2.1.2019

- EG - Election Guide (30.12.2018): People's Republic of Bangladesh, Election for Jatiya Sangsad (Bangladeshi National Parliament), http://www.electionguide.org/elections/id/2484/, Zugriff 2.1.2019

- Guardian, The (30.12.2018): Bangladesh PM Hasina wins thumping victory in elections opposition reject as 'farcical', https://www.theguardian.com/world/2018/dec/30/bangladesh-election-polls-open-after-campaign-marred-by-violence, Zugriff 2.1.2019

- Hindu, The (1.1.2019): Hasina's triumph: on Bangladesh election results, https://www.thehindu.com/opinion/editorial/hasinas-triumph/article25874907.ece, Zugriff 2.1.2019

- HRW - Human Rights Watch (13.12.2018): Bangladesh: Crackdown as Elections Loom, https://www.ecoi.net/de/dokument/1454483.html, Zugriff 2.1.2019

- NM - News Max (30.12.2018): Election Official Says Bangladesh's Ruling Alliance Won Vote, https://www.newsmax.com/t/world/article/896341?section=globaltalk&keywords=as-bangladesh-elections&year=2018&month=12&date=30&id=896341&oref=www.newsmax.com, Zugriff 2.1.2019

- Reuters (30.12.2018): Bangladesh PM Hasina rejects complaints of rigging after landslide win, https://www.reuters.com/article/us-bangladesh-election/hasina-set-for-landslide-victory-in-bangladesh-as-opposition-calls-for-fresh-election-idUSKCN1OT0L8, Zugriff 2.1.2019

- NYTimes - The New York Times (31.12.2018): Bangladesh's Leader Wins a Third Term but Opposition Contests Results, https://www.nytimes.com/2018/12/31/world/asia/bangladesh-election-sheikh-hasina-contested.html, Zugriff 2.1.2019

KI vom 23.3.2018, Oppositionsführerin Khaleda Zia zu fünf Jahren Haft verurteilt (relevant für Abschnitt 2. Politische Lage)

Am 8. Februar 2018 wurde Begum Khaleda Zia, die frühere Premierministerin von Bangladesch und Vorsitzende der oppositionellen Bangladesh Nationalist Party (BNP) durch ein Gericht in Dhaka für schuldig befunden, während ihrer ersten Amtszeit von 1991 bis 1996 Spendengelder in Höhe von 21 Millionen Taka (etwa 200.000 Euro) veruntreut zu haben, die für die wohltätige Organisation Zia Orphanage Trust bestimmt waren. Das Gericht verurteilte Khaleda Zia zu fünf Jahren Haft, vier Berater und ihren Sohn Tarique Rahman zu je zehnjährigen Haftstrafen (DW 8.2.2018; vgl. The Guardian 8.2.2018). Der in London im Exil lebende Tarique Rahman ist von der Parteiführung im Zuge des Urteils zum Leiter der BNP erkoren worden (Indianexpress 12.2.2018).

Die Anklage gegen Khaleda Zia und ihren ältere Sohn erfolgte bereits 2008 durch die damalige militärische Übergangsregierung (Indianexpress 12.2.2018).

BNP Generalsekretär Mirza Fakrul Islam Alamgir kritisierte das Urteil scharf als einen Versuch Khaleda Zia zu verunglimpfen und sie von der Teilnahme an den nächsten Wahlen auszuschließen und kündigte an, das Urteil anzufechten (DW 8.2.2018; vgl. The Guardian 8.2.2018).

Im Vorfeld der Urteilsverkündung gegen Khaleda Zia haben die Behörden am 30. Jänner damit begonnen landesweit Unterstützer der oppositionellen BNP zu verhaften (OMCT 22.3.2018). Die in Dhaka ansässigen Menschenrechtsorganisation Ain O Salish Kendra berichtet, dass in den acht Tagen vor der Urteilsverkündigung insgesamt 1.786 Personen, Mitglieder der BNP, der islamistischen politischen Partei Jamaat-e-Islami und parteilose, festgenommen wurden (HRW 8.2.2018). BNP-Sprecher Rizvi Ahmed spricht von der Verhaftung von ungefähr 3.500 Aktivisten und Funktionären (The Guardian 8.2.2018).

Noch vor der Urteilsverkündung kam es in Dhaka zu Zusammenstößen zwischen Gefolgsleuten der BNP und der Polizei. Im Fernsehen waren brennende Motorräder zu sehen. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein, um die Demonstranten, die ein behördliches Versammlungsverbot missachtet hatten, zu zerstreuen (DW 8.2.2018).

Auch nach der Urteilsverkündung kam es in Bangladeschs Großstädten zu Zwischenfällen bei denen Polizeibeamte und Anhänger der BNP verletzt wurden. In der nordöstlichen Stadt Sylhet feuerten Polizisten mit Gummigeschossen auf Demonstranten, wobei vier Personen verletzt wurden. In der Hafenstadt Chittagong wurden mindestens sieben BNP-Funktionäre, darunter der lokale Parteivorsitzenden verhaftet, nachdem es zu einem Handgemenge zwischen Anhänger der Opposition und der Polizei gekommen war (The Guardian 8.2.2018; vgl. BBC News 8.2.2018).

Etwa 5.000 Unterstützer der Opposition wurden bisher landesweit inhaftiert (OMCT 22.3.2018). Die Parteiführung der BNP fordert deren bedingungslose Freilassung (Dhaka Tribune 10.2.2018).

Seit der Inhaftierung von Khaleda Zia hat die BNP bei verschiedenen, friedlichen Aktionen, wie eine landesweite Flugblattaktion am 1. März, die Bildung einer Menschenkette in Dhaka am 6. März, sowie Sit-ins, symbolische Hungerstreiks und Protestzüge, ihre Freilassung gefordert (Dhaka Tribune 6.3.2018; vgl. Gulf Times 4.3.2018).

Am 19. März hat das Höchstgericht von Bangladesch den Beschluss des Obersten Gerichtshofs von Dhaka, der ehemaligen Premierministerin Khaleda Zia Kaution zu gewähren, bis zum 8. Mai ausgesetzt (ANI 19.3.2018).

Quellen:

- ANI - Asian News International (19.3.2018): B'desh SC stays Khaleda Zia's bail in orphanage graft case, https://www.aninews.in/news/world/asia/bdesh-sc-stays-khaleda-zias-bail-inorphanage-graft-case201803191613580001/, Zugriff 22.3.2018

- BBC News (8.2.2018): Bangladesh ex-PM Khaleda Zia jailed amid clashes, http://www.bbc.com/news/world-asia-42987765, Zugriff 22.3.2018

- Deutsche Welle (8.2.2018): Ex-Premierministerin Khaleda Zia zu fünf Jahren Haft verurteilt, http://www.dw.com/de/ex-premierministerin-khaleda-zia-zu-f%C3%Bcnf-jahren-haftverurteilt/a-42499619, Zugriff 22.3.2018

- Dhaka Tribune (10.2.2018): BNP announces more protest plans over Khaleda conviction, http://www.dhakatribune.com/bangladesh/politics/2018/02/10/bnp-announces-protest-planskhaleda-conviction/, Zugriff 22.3.2018

- Dhaka Tribune (6.3.2018): BNP forms human chain demanding Khaleda's release, http://www.dhakatribune.com/bangladesh/politics/2018/03/06/bnp-forms-human-chaindemanding-khaledas-release/, Zugriff 22.3.2018

- Gulf Times (4.3.2018): BNP announces fresh protest to demand release of Zia, http://www.gulf-times.com/story/583845/BNP-announces-fresh-protest-to-demand-release-of-Z, Zugriff 22.3.2018

- HRW - Human Rights Watch (8.2.2018): Bangladesh: End Crackdown on Opposition Supporters, https://www.ecoi.net/de/dokument/1423887.html, Zugriff 22.3.2018

- Indianexpress (12.2.2018): The solitary prisoner, http://indianexpress.com/article/opinion/columns/khaleda-zia-bangladesh-politics-bnp-thesolitary-prisoner-5060031/, Zugriff 22.3.2018

- OMCT -World Organisation Against Torture (22.3.2018): Bangladesh: Bangladesh: Civil society decries mass arrests amid worsening human rights situation, http://www.omct.org/monitoring-protectionmechanisms/statements/bangladesh/2018/03/d24780/, Zugriff 22.3.2018

- The Daily Star (25.2.2018): ASK blasts cop action on BNP programme, http://www.thedailystar.net/country/ain-o-salish-kendra-ask-blasts-police-action-bnpprogramme-153989, Zugriff 22.3.2018

- The Guardian (8.2.2018): Violent protests as opposition leader is jailed in Bangladesh, https://www.theguardian.com/world/2018/feb/08/violent-protests-opposition-leader-jailedbangladesh-khaleda-zia, Zugriff 22.3.2018

1.

Politische Lage

Bangladesch ist eine Volksrepublik (People' s Republic of Bangladesh) mit einer seit 1991 wieder geltenden parlamentarischen Demokratie als Regierungsform (GIZ 5.2017).

Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird, eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt Großteils zeremonielle Funktionen aus, die Macht liegt in den Händen des Premierministers als Regierungschef, der von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt wird. Der Premierminister, ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden. Nach Ende der 5-jährigen Legislaturperiode bildet der Präsident unter seiner Führung eine unabhängige "Caretaker"-Regierung, deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, innerhalb von 90 Tagen die Voraussetzungen für Neuwahlen zu schaffen (ÖB New Delhi 12.2016; vgl. GIZ 5.2017). Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 5.2017). Aktuell hat Sheikh Hasina von der Awami League (AL) das Amt der Premierministerin inne (ÖB New Delhi 12.2016)

Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300 in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten Abgeordneten (ÖB New Delhi 12.2016) mit zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (AA 14.1.2016). Das Parlament tagt nicht während der Amtszeit der "Caretaker"-Regierung. Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesch Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB New Delhi 12.2016).

Das politische Leben wird seit 1991 durch die beiden größten Parteien, die "Awami League" (AL) und "Bangladesh Nationalist Party" (BNP) bestimmt. Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind stark politisiert und parteipolitisch durchdrungen (AA 3.2017a). AL und BNP werden quasi-dynastisch von Sheikh Hasina und Begum Khaleda Zia geführt, die das politische Vermächtnis ihrer ermordeten Männer fortführen und eine unangefochtene Machtstellung in ihrer jeweiligen Partei genießen. Sie beeinflussen den Kandidatenauswahlprozess für Partei- und Staatsämter und geben den Takt für die politischen Auseinandersetzungen vor. Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potential, durch Generalstreiks (Hartals) großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 5.2017). Nennenswerte parlamentarische Stärke haben in der Vergangenheit sonst nur die Jatiya Party (JP) und die JI erzielt (GIZ 5.2017).

Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteiischen Demokratie hat de facto jedoch die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei nach ihrem Wahlboykott am 5.1.2014 überhaupt nicht mehr im Parlament vertreten ist. Wie schon die Vorgängerregierungen, so baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in der Verwaltung, im Rechtswesen und im Militär aus. Auch im Regierungskabinett folgen Ernennungen und Umbesetzungen meist dem Prinzip der Patronage (GIZ 5.2017).

Bereits am 30.7.2011 hat das Parlament bei nur einer Gegenstimme, die BNP und ihre Verbündeten haben der Parlamentssitzung nicht beigewohnt, in der 15. Verfassungsänderung den Islam als Staatsreligion bestätigt, jedoch den Zusatz "Absolutes Vertrauen und der Glauben an den Allmächtigen Allah soll die Basis allen Handelns sein" aus der Verfassung gestrichen. Ungeachtet der ausgeprägten Leistungsdefizite staatlicher Institutionen, der undemokratischen innerparteilichen? Entscheidungsstrukturen und der in der letzten Dekade verstärkt gewalttätig ausgetragenen Parteienrivalität ist der Glauben an die Demokratie innerhalb der Bevölkerung ungebrochen (GIZ 5.2017; vgl. AA 3.2017a).

Am 5.1.2014 boykottierte die BNP die 10. Parlamentswahlen wodurch die AL eine verfassungsändernde Mehrheit erreichen konnte. Weitere Sitze gingen an Koalitionspartner der AL. Die sehr geringe Wahlbeteiligung von nur ca. 30% bei den Parlamentswahlen 2014 ist auf den Wahlboykott der Opposition zurückzuführen. Es gab Berichte über massive Einschüchterungsversuche wahlbereiter Bürger seitens oppositioneller Gruppen (GIZ 5.2017; vgl. AA 3.2017a). Am Wahltag wurden mindestens 21 Menschen getötet und über 130 Wahllokale in Brand gesetzt. Die Opposition reagierte bereits einen Tag nach den Wahlen mit Generalstreiks und in vielen Distrikten wurde über Attacken gegen ethnische und religiöse Minderheiten, v.a. Hindus, berichtet. Die AL versuchte mit gezielten Verhaftungen von Oppositionspolitikern den Druck auf das Regime zu schwächen (GIZ 5.2017).

Die verfassungsändernde Mehrheit im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration in den Händen der AL respektive der Regierung. Mit neuen Gesetzen zu Medien, Äußerungen im Internet, Absetzung von obersten Richtern und Förderung von NGOs aus dem Ausland wird diese Konzentration noch weiter verstärkt. Die derzeitige Regierung hat es sich zum Ziel gemacht, Verbrechen des Unabhängigkeitskrieges von 1971 juristisch aufzuarbeiten. Angeklagt sind damalige Kollaborateure der pakistanischen Streitkräfte, von denen viele bis zur letzten innerparteilichen Wahl in führenden Positionen der islamistischen JI waren (AA 3.2017a). Auch die BNP ist dadurch in der Defensive (GIZ 5.2017). Die Prozesse und (häufig Todes-) Urteile öffnen alte Wunden und führen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen säkularen und islamistischen Kräften (AA 3.2017a). Mittlerweile wurden acht Todesurteile und mehrere lebenslange Haftstrafen ausgesprochen, sechs Hinrichtungen wurden vollstreckt. Dabei hat sich innerhalb der säkularen Zivilgesellschaft mit Blick auf das Kriegsverbrechertribunal ein grundlegender Dissens entwickelt: Während die einen auf rechtstaatliche Standards pochen und die Todesstrafe ablehnen, ist für andere, v.a. aus der urbanen Protestbewegung Shabagh, jedes Urteil unterhalb der Todesstrafe inakzeptabel (GIZ 5.2017).

Bei den am 30.12.2015 in 234 Stadtbezirken durchgeführten Kommunalwahlen in Bangladesch ist die regierende AL als Siegerin hervorgegangen (NETZ 2.1.2016).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch

- AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): Bangladesch, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Bangladesch/Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.6.2017

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (5.2017): Bangladesch, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/#c14332, Zugriff 9.6.2017

- HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/334685/476437_de.html, Zugriff 9.6.2017

- NETZ - Partnerschaft für Entwicklung und Gerechtigkeit e.V. (2.1.2016): Bangladesch Aktuell, http://bangladesch.org/bangladesch/aktuell/detailansicht/news/detail/News/kommunalwahlen/cHash/781fa29261a9302cfb84107680f22794.html, Zugriff 9.6.2017

- ÖB New Delhi (12.2016): Asylländerbericht

2. Sicherheitslage

Es gibt in Bangladesch keine Bürgerkriegsgebiete (AA 3.2017a).

Die Opposition organisierte Proteste und Straßenblockaden, unter denen die Wirtschaft leidet. Die Regierung reagiert mit Verhaftungen und mit Einschränkungen von Grundrechten. Sie will die öffentliche Ruhe mit allen Mitteln wiederherstellen. Die internationale Gemeinschaft verurteilte die Gewalt scharf und hat die Beteiligten zum Dialog aufgerufen (GIZ 5.2017).

Extremistische Gruppen, wie Jamaat-ul-Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansar al-Islam, die ihre Zugehörigkeit zu Daesh und Al Qaida auf dem indischen Subkontinent (AQIS) erklärten, haben Angriffe auf Angehörige religiöser Minderheiten, Akademiker, Ausländer, Menschenrechtsaktivisten und LGBTI-Personen, sowie weitere Gruppen durchgeführt (USDOS 3.3.2017; vgl. AI 22.2.2017). Medienberichten zufolge hat die Terrororganisation IS 2016 für 39 Morde die Verantwortung übernommen, der bengalische Al-Kaida-Ableger soll sich zu acht Taten bekannt haben (GIZ 5.2017). Die Sicherheitsbehörden waren zunächst nicht bereit, angemessene Schutzmaßnahmen zu veranlassen, gewährt aber in vielen Fällen inzwischen Personenschutz (AA 14.1.2016). Darüber hinaus kommt es regelmäßig zu intra- und interreligiöser Gewalt (AA 3.2017a; vgl. AI 22.2.2017). die Polizei tötete laut eigenen Angaben mindestens 45 mutmaßliche Terroristen in Schießereien (AI 22.2.2017).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch

- AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): Bangladesch, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Bangladesch/Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.6.2017

- AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/336450/479091_de.html, Zugriff 28.6.2017

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (5.2017): Bangladesch, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/#c14332, Zugriff 9.6.2017

- USDOS (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 12.6.2017

3. Rechtsschutz/Justizwesen

Das Gerichtssystem besteht aus zwei Instanzen, den untergeordneten Gerichten (Magistrates, Session- und District Judges) und dem Obersten Gerichtshof. Beide verhandeln Zivil- und Strafrechtssachen. Das Rechtssystem beruht weitgehend auf dem englischen Common Law. Der Oberste Gerichtshof besteht aus zwei Abteilungen, dem High Court, der Verfassungsfragen verhandelt und als Berufungsinstanz zu den erstinstanzlichen Gerichten fungiert, sowie dem Appellate Court, dessen Entscheidungen für alle übrigen Gerichte bindend sind. Die Richter beider Abteilungen werden gemäß der Verfassung vom Präsidenten ernannt (ÖB New Delhi 12.2016).

Die Gerichtsbarkeit ist überlastet und sieht sich von vielen Seiten Versuchen der Einflussnahme ausgesetzt. (AA 3.2017a). Zusätzlich behindern Korruption und ein erheblicher Verfahrensrückstand das Gerichtssystem. Gerichtsverfahren sind durch eine überlange Verfahrensdauer geprägt, was viele Angeklagten bei der Inanspruchnahme ihres Rechts auf ein faires Verfahren hindert. Weiters kommt es zu Zeugenbeeinflussung und Einschüchterung von Opfern (USDOS 3.3.2017; vgl. FH 1.2017). Straffälle gegen Mitglieder der regierenden Partei werden regelmäßig zurückgezogen (FH 1.2017). Richter des Obersten Gerichtshofs haben des Öfteren ihre Unabhängigkeit demonstriert und gegen die Regierung entschieden (ÖB New Delhi 12.2016). Durch eine kürzlich erfolgte Verfassungsänderung hat nunmehr das Parlament das Recht, oberste Richter abzusetzen (AA 3.2017a).

Auf Grundlage mehrerer Gesetze ("Public Safety Act", "Law and Order Disruption Crimes Speedy Trial Act", "Women and Children Repression Prevention Act", "Special Powers Act") wurden Sondertribunale errichtet, die Fälle innerhalb eines festgesetzten Zeitrahmens erledigen müssen. Es fehlen allerdings Vorschriften für den Fall, dass sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Diese "Speedy Trial" Tribunale haben Medienberichten zufolge in den vergangenen Jahren ca. 200 Personen zum Tode verurteilt (ÖB New Delhi 12.2016).

Die islamische Scharia ist zwar nicht formell als Gesetz eingeführt, spielt aber insbesondere in den Bereichen des Zivilrechts (Erbschaft, Grunderwerb, Heirat und Scheidung etc.) eine große Rolle (ÖB New Delhi 12.2016).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): Bangladesch, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Bangladesch/Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.6.2017

- FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/341770/485095_de.html, Zugriff 28.6.2017

- ÖB New Delhi (12.2016): Asylländerbericht

- USDOS (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 12.6.2017

4. Sicherheitsbehörden

Die Polizei ist beim Ministerium für Inneres angesiedelt und hat das Mandat die innere Sicherheit und Recht und Ordnung aufrecht zu erhalten. Die Armee, die dem Büro des Ministerpräsidenten untersteht, ist für die äußere Sicherheit zuständig, kann aber auch für innerstaatliche Sicherheitsaufgaben herangezogen werden. Zivile Stellen hatten weiterhin effektive Kontrolle über die Streitkräfte und die Regierung verfügt über Mechanismen, Missbrauch und Korruption zu untersuchen und zu bestrafen. Diese Mechanismen werden aber nicht immer angewandt (USDOS 3.3.2017). Das Wirken der Polizei ist gekennzeichnet durch einen Mangel an Ressourcen inklusive mangelhafter Infrastruktur, Mangel an Personal, Ausbildung und Arbeitsmaterialien, Ineffizienz und Korruption (AA 14.1.2016). Die Regierung unternahm Schritte, um in der Polizei Professionalität, Disziplin, Ausbildung und Reaktionsfähigkeit zu verbessern und die Korruption zu verringern. Die Polizei hat Regeln für angemessene Gewaltausübung in ihre Grundausbildung einbezogen, um bürgernahe Polizeiarbeit umsetzen zu können (USDOS 3.3.2017).

Bangladeschs Sicherheitskräfte haben eine lange Geschichte von willkürlichen Verhaftungen, erzwungenem Verschwinden Lassen und außergerichtlichen Tötungen (HRW 12.1.2017). Obwohl gesetzlich verboten, gibt es Hinweise auf willkürliche Festnahmen, sowie auf die willkürliche Anwendung der gesetzlich erlaubten präventiven Festnahmen gemäß den Spezialgesetzen "Special Powers Act" und "Public Safety Act". Diese erlauben die 30-tägige Inhaftierung ohne Angabe von Gründen, um Taten zu verhindern, welche die nationale Sicherheit, Verteidigung, Souveränität, öffentliche Ordnung oder auch wirtschaftliche Interessen des Landes gefährden. Nach 30 Tagen sind dem Angehaltenen die Haftgründe zu nennen, oder er muss entlassen werden. Die Praxis weicht davon ab. Die Arretierten haben keinen Anspruch auf einen Rechtsbeistand. Die davon hauptsächlich betroffenen sind Aktivisten der politischen Parteien und NGO-Vertreter, die Kritik an der Regierung üben (ÖB New Delhi 12.2016). Des Weiteren gibt es Berichte von Folter und anderen Missbräuchlichen Handlungen in Polizeigewahrsam. Der "Torture and Custodial Death (Prevention) Act" von 2013 wird nur schleppend umgesetzt (AI 22.2.2017). Betroffene sehen aus Angst vor Vergeltung in der Regel davon ab, Mitglieder der Sicherheitsbehörden wegen Menschenrechtsvergehen anzuzeigen, so dass diese straflos bleiben (AA 14.1.2016).

Die Sicherheitsbehörden bestehen zum Hauptteil aus der dem Innenministerium unterstellten "Bangladesch Police", die ca. 116.000 Mann zählt. Zur Unterstützung der Polizei stehen weitere Einheiten zur Verfügung:

Rapid Action Bataillons (RABs): Das Rapid Action Bataillon (RAB), gegründet 2004, untersteht dem Innenministerium. Es unterhält 14 Standorte in Bangladesch (RAB-1 bis RAB-14) (AA 14.1.2016) mit insgesamt ca. 8.500 Mann. Ihre Aufgabe ist der Kampf gegen bewaffnete kriminelle Organisationen und die Terrorabwehr (ÖB New Delhi 12.2016; vgl. AA 14.1.2016). Die gut ausgebildeten und modern ausgerüsteten RABs sind hauptsächlich in den urbanen Zentren des Landes stationiert und verfolgen eine aggressive Strategie gegen bewaffnete "Gang"-Mitglieder, was zu zahlreichen Tötungen während Schusswechseln führt. Auch im Zuge von Demonstrationen setzten die RABs neben Gummigeschossen scharfe Munition ein, was auch hier zu Todesopfern führte. Insgesamt starben seit der Gründung 2004 laut Schätzungen über 800 Personen entweder durch Schusswechsel oder in RAB-Gewahrsam, es kam jedoch bisher zu keinen Verurteilungen (ÖB New Delhi 12.2016).

Bangladesch Ansar: Gegründet im Jahr 1948 und ebenfalls dem Innenministerium unterstellt, gibt es aktuell ca. 23.000 leichtbewaffnete Ansars, die zur Unterstützung der Polizei im ländlichen Raum eingesetzt werden und auch Zivilschutz-Aufgaben übernehmen (ÖB New Delhi 12.2016).

Bangladesch Rifles (BDRs): Diese ca. 40.000 Mann starke paramilitärische Truppe untersteht dem Innenministerium, wird aber hauptsächlich von Armee-Offizieren geführt und dient in erster Linie dem Grenzschutz. Die BDRs sind auch für die Verhinderung von Schmuggel und Menschenhandel zuständig (ÖB New Delhi 12.2016).

Village Defence Parties (VDP): Gegründet 1976, sollte es in jedem Dorf des Landes je ein männliches und weibliches "Platoon" (32 Personen) geben, die der Unterstützung der Polizei bei der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung sowie der Unterstützung der zivilen Behörden bei sozialen und wirtschaftlichen Wiederaufbauprogrammen und bei Naturkatastrophen dienen sollen. In Städten gibt es analog dazu sogenannte "Town Defence Parties" (ÖB New Delhi 12.2016).

Special Branch of Police (SB) ist beauftragt, die nationale Sicherheit zu gewährleisten, erfüllt die Funktion, nachrichtendienstliche Informationen zu sammeln und ist mit der Spionageabwehr betraut. Die SB ist überall in Bangladesch vertreten und besitzt die Fähigkeit, innerhalb und außerhalb des Landes zu agieren (AA 14.1.2016).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch

- AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/336450/479091_de.html, Zugriff

- HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/334685/476437_de.html, Zugriff 12.6.2017

- ÖB New Delhi (12.2016): Asylländerbericht

- USDOS (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 12.6.2017

5. Folter und unmenschliche Behandlung

Obwohl Folter und grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung, durch die Verfassung und Gesetze wie der "Torture and Custodial Death (Prevention) Act" von 2013, verboten sind, gibt es weiterhin Vorwürfe von Misshandlungen durch Sicherheitskräfte und Geheimdienste. Menschrechtsorganisationen berichten, dass in den ersten neun Monaten des Jahres 2016 acht Personen zu Tode gefoltert wurden (USDOS 3.3.2017; vgl. AI 22.2.2017). Zusätzlich gab es 2016 laut Bericht von Odhikar 178 Fälle von außergerichtlichen Tötungen und 90 Fälle von erzwungenem Verschwinden Lassen (FH 1.2017).

Per Gesetz ist es Richtern möglich, über Verdächtige Untersuchungshaft zu verhängen, während Befragungen ohne Beisein eines Anwalts erfolgen können. Laut Menschrechtsorganisationen fanden viele Fälle von Folter in dieser Phase statt. Aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen kommt es selten zu Anzeigen, und folglich Bestrafungen oder Verurteilungen der verantwortlichen Sicherheitskräfte (USDOS 3.3.2017). 2013 hat sich mit der Praxis des "kneecapping" eine neue Art der Folter entwickelt. Dabei wird den Gefangenen in die Knie geschossen. Bei den Opfern, von denen einige invalide wurden, handelt es sich um Politiker, Journalisten und einfache Verdächtige. Diese Praxis hat auch 2016 angehalten (Odhikar 2017). Seit 2013 bis 2016 gab es 25 derartige Fälle (USDOS 3.3.2017)

Um Folter in Verwahrung zu reduzieren zu bekämpfen, hat der Oberste Gerichtshof Richtlinien für Strafverfolgungspersonal und Gerichte, bzgl. medizinischer Kontrollen und Ermittlungen zu Foltervorwürfen erlassen. Der Oberste Gerichtshof forderte außerdem die Regierung auf, einige Abschnitte des Strafprozessgesetzes zu ändern, um polizeilichen Missbrauch von Bürgern zu verringern (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

- AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/336450/479091_de.html, Zugriff 28.6.2017

- FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/341770/485095_de.html, Zugriff 28.6.2017

- Odhikar (2017): BANGLADESH - Annual Human Rights Report 2016, http://1dgy051vgyxh41o8cj16kk7s19f2.wpengine.netdna-cdn.com/wp-content/uploads/2017/01/AHRR-2016_Eng.pdf, Zugriff 12.6.2017

- USDOS (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 12.6.2017

6. Korruption

Korruption ist in Bangladesch weit verbreitet und hat alle Teile der Gesellschaft durchdrungen (AA 14.1.2016). Auf dem Korruptionsindex von Transparency International belegte Bangladesch im Jahr 2016 den 145. von 176 Plätzen (TI 25.1.2017). Vor allem im Bereich der erstinstanzlichen Gerichte, der Gerichtsbediensteten, der öffentlichen Ankläger, der Magistrate und der Anwälte wird Korruption als ein weit verbreitetes Problem angesehen (ÖB New Delhi 12.2016). Laut einem Bericht von Transparency International Bangladesh (TIB) vom Juni 2016 haben 58 % der befragten Haushalte 2015 Bestechungsgeld gezahlt (USDOS 3.3.2017). Als korrupteste Behörden werden die Migrationsbehörden sowie die Rechtspflege genannt. Versicherungen, Banken und NRO genießen den besten Ruf (AA 14.1.2016).

Eine im Jahr 2013 erlassene Gesetzesänderung führte dazu, dass die Anti-Korruptions-Kommission (ACC) der Korruption verdächtigte Behördenbeschäftigte nur noch mit Zustimmung der Regierung anklagen darf. Faktisch hat die ACC in den vergangenen Jahren lediglich eine Handvoll von Regierungsvertretern angeklagt (AA 14.1.2016). Im Gegenzug wird der Regierung vorgeworfen den ACC für politisch motivierte Strafverfolgung zu nutzen (USDOS 3.3.2017). So nutzte die Regierung die ACC um gegen die oppositionelle BNP vorzugehen. Beispielsweise liefen 2016 gegen BNP Führerin Khaleda Zia Korruptionsermittlungen (FH 1.2017). Die Regierung setze auch Schritte um die weitverbreitete Polizeikorruption zu bekämpfen (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch

- FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/341770/485095_de.html, Zugriff 28.6.2017

- ÖB New Delhi (12.2016): Asylländerbericht

- TI - Transparency Index (25.1.2017): Corruption Perceptions Index 2016, https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2016, Zugriff 26.6.2017

- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 28.6.2017

7. Allgemeine Menschenrechtslage

Bangladesch hat bisher zahlreiche UN Menschenrechtskonventionen ratifiziert, ist diesen beigetreten oder hat sie akzeptiert, u.a.:

* CAT - Convention against Torture and Other Cruel Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (ratifiziert 5.10.1998)

* CCPR - International Covenant on Civil and Political Rights (ratifiziert 6.9.2000)

* CEDAW - Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Women (ratifiziert 6.11.1984)

* CERD - International Convention on the Elimination of All Forms of Racial Discrimination (ratifiziert 11.6.1979)

* CESCR - International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights (ratifiziert 5.10.1998)

* CMW - International Convention on the Protection of the Rights of All Migrant Workers and Members of Their Families (unterzeichnet 7.10.1998, beigetreten 24.8.2011)

* CRC - Convention on the Rights of the Child (unterzeichnet 26.1.1990, ratifiziert 3.8.1990)

* CRC-OP-AC - Optional Protocol to the Convention on the Rights of the Child on the involvement of children in armed conflict (unterzeichnet 6.9.2000, ratifiziert 6.9.2000)

* CRC-OP-SC - Optional Protocol to the Convention on the Rights of the Child on the sale of children child prostitution and child pornography (unterzeichnet 6.9.2000, ratifiziert 6.9.2000)

* CRPD - Convention on the Rights of Persons with Disabilities (unterzeichnet 9.5.2007, ratifiziert 30.11.2007)

* CRPD-OP - Optional protocol to the Convention on the Rights of Persons with Disabilities (akzeptiert 12.5.2008)

* CAT, Art.20 - Inquiry procedure under the Convention against Torture (akzeptiert 5.10.1998)

* CRPD-OP, Art.6-7 - Inquiry procedure under the Convention on the Rights of Persons with Disabilities (akzeptiert 12.5.2008) (UNHROHC 2017).

Die Verfassung von Bangladesch in der seit 17. Mai 2004 geltenden Fassung listet in ihrem Teil III, Artikel 26 bis 47A, einen umfassenden Katalog an Grundrechten auf. Artikel 102 aus Teil VI, Kapitel 1 der Verfassung regelt die Durchsetzung der Grundrechte durch die High Court Abteilung des Obersten Gerichtshofes. Jeder Person, die sich in ihren verfassungsmäßigen Grundrechten verletzt fühlt, steht der direkte Weg zum High Court offen. Die "National Human Rights Commission" wurde im Dezember 2007 unter dem "National Human Rights Commission Ordinance" von 2007 eingerichtet, hat aber noch keine nennenswerte Aktivität entfaltet (ÖB New Delhi 12.2016).

Zu den bedeutendsten Menschenrechtsproblemen zählen Einschränkungen der Meinungsfreiheit im Internet und in der Presse, weitverbreitete Korruption, geringe justizielle Kapazitäten, geringe Unabhängigkeit der Justiz sowie langwierige Untersuchungshaft. Behörden haben wiederholt Persönlichkeitsrechte der Bürger verletzt (USDOS 3.3.2017).

Menschenrechtsverletzungen finden auch unter Duldung und aktiver Mitwirkung der Polizei und der RABs statt (GIZ 5.2017). Dazu zählen außergerichtliche Hinrichtungen, Verschwinden lassen von Personen, willkürliche Festnahmen und Verhaftungen, Folter und weitere Gewaltausübungen durch Sicherheitskräfte, (USDOS 3.3.2017). In den ersten neun Monaten 2016 sollen nach Angaben der bengalischen Menschenrechtsorganisation Odhikar allein 118 Personen durch Strafverfolgungsbehörden getötet, acht Personen dabei zu Tode gefoltert bzw. geprügelt worden sein (GIZ 5.2017). Die Regierung verhaftete laut neuesten Berichten bis zu 2000 Mitglieder der RABs wegen diverser Vergehen (ÖB New Delhi 12.2016).

Einige NGOs sind rechtlichen und informellen Einschränkungen ihrer Tätigkeiten ausgesetzt (USDOS 3.3.2017). Am 5. Oktober 2016 verabschiedete das Parlament den "Foreign Donation (Voluntary Activities) Regulation Act 2016", das die Arbeit von Organisation des Bürger- und politischen Rechts erschwert (UNHCR 15.5.2017). Das neue Gesetz verlangt die vorherige Zustimmung des Büros für NGO Angelegenheiten im Büro des Premierministers im Fall der Finanzierung durch ausländische Spenden (HRW 12.1.2017). Aufgrund von als abwertend angesehenen Meldungen oder Berichten über Regierungskörperschaften ist es nun möglich NGOs die Registrierung wieder zu entziehen. Kritischen Gruppen wurden Genehmigungen für Projekte nicht erteilt und sie sind Belästigung und Überwachung ausgesetzt (FH 1.2017). Die Kontrolle der Regierung über die Arbeit der NGOs ist dadurch signifikant gestiegen (AI 22.2.2017).

Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen bleibt ein Problem, vor allem für Kinder, die den Eintritt in eine öffentliche Schule anstreben. Fälle von gesellschaftlicher Gewalt gegen religiöse und ethnische Minderheiten bestehen fort. Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung hat zugenommen (USDOS 3.3.2017).

Der "Information and Communication Technology Act 2006" (geändert 2009, 2013)" und der "Special Powers Act 1974" werden weiterhin als Instrumente der juristischen Belästigung von Regierungskritikern verwendet, die für ihre Kritik wegen Volksverhetzung inhaftiert werden können (UNHCR 15.5.2017).

Die Regierung unternimmt Anstrengungen den "Prevention and Suppression of Human Trafficking Act (PSHTA)" von 2012 umzusetzen, erreicht aber noch nicht die Minimalstandards zur Verhinderung von Menschenhandel. Für 2016 hat die Regierung 355 Opfer von Menschenhandel gemeldet (im Vergleich zu 1.815 bzw. 2.899 in den Jahren 2015 und 2014). Davon waren 212 Männer, 138 Frauen und fünf Kinder. 2016 wurden außerdem 122 Fälle von Sex- und 168 Fälle von Arbeitskräftehandel untersucht, sowie drei Menschenhändler zu 14 jährigen Haftstrafen verurteilt. Aufgrund kurzer und mangelhafter Untersuchungsdauern bleiben Verurteilungen jedoch selten (USDOS 27.6.2017).

Für Frauen und Kinder, die Opfer von Menschenhandel waren stellt die Regierung Zugang zu neun Mehrzweckunterkünften und Safe Häusern, die durch das Ministerium für soziale Wohlfahrt (MSW) verwaltet werden, zur Verfügung. NGOs kritisieren, dass die Unterstützung nicht ausreichend ist und die Gefahr neuerlich Opfer zu werden hoch ist. NGOs unterstützen männliche Opfer, bieten jedoch keine Unterkunft an (USDOS 27.6.2017).

Es sind Fälle bekannt geworden, in denen Kinder von ihren Eltern zur Ableistung von Schulden an Menschenhändler übergeben wurden (AA 14.1.2016).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch

- AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Bangladesh, h

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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