Entscheidungsdatum
28.02.2020Norm
BörseG 1989 §48a Abs1 Z2Spruch
W172 2188762-1/51E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag.Dr. Martin MORITZ als Vorsitzenden und die Richterin Dr. Sibyll BÖCK als Beisitzerin und den Richter Mag. Rainer FELSEISEN als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch DSC Doralt Seist Csoklich Rechtsanwälte GmbH, Währinger Straße 2-4, 1090 Wien, vom 01.03.2018, gegen das Straferkenntnis der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 30.01.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 38 VwGVG i.V.m. § 45 Abs. 1 Z 2 i.V.m. § 31 Abs. 2 VStG, BGBl. Nr. 52/1991 i.d.F. BGBl. I Nr. 57/2018 eingestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
I. Verfahrensgang
1. Mit o.g. Straferkenntnis der Finanzmarktaufsichtsbehörde (im Folgenden auch: "FMA") vom 30.01.2018, Zl. XXXX , wurde der im Spruch genannte Beschwerdeführer (im Folgenden auch: "BF"), im entscheidungsrelevanten Zeitraum als gemäß § 9 Abs. 1 VStG verantwortliches Organ wegen Verletzung der Bestimmungen von § 48a Abs. 1 Z 2 lit. sublit. aa und ab BörseG, BGBl. Nr. 555/1989 i.d.F. BGBl. I Nr. 184/2013 i.V.m. § 48c BörseG, BGBl. Nr. 555/1989 i.d.F. BGBl. I Nr. 150/2015 zu einer Geldstrafe von 40.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 179 Stunden, verurteilt.
2. In der dagegen mit Schreiben vom 01.03.2018 eingebrachten Beschwerde wurde das Straferkenntnis angefochten.
3. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (im Folgenden auch: "BVwG") vom 15.02.2019, Zl. W172 2188762-2/38E, wurde der Beschwerde Folge gegeben und das Straferkenntnis ersatzlos behoben. Das Verfahren wurde gemäß § 45 Abs. 1 erster Fall VStG eingestellt.
4. Mit Schriftsatz vom 22.03.2019 erhob die FMA außerordentliche Revision, eingelangt beim Verwaltungsgerichtshof (im Folgenden auch: "VwGH") am 11.04.2019. Mit Erkenntnis des VwGH vom 25.10.2019, Zl. Ra 2019/02/0075-7, eingelangt beim VwGH am 07.11.2019, wurde das angefochtene Erkenntnis des BVwG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus den Ausführungen oben unter Pkt. I.
2. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte entscheidungswesentliche Sachverhalt gründet sich auf den Inhalt der Akten der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichts.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts, zum anzuwendenden Recht und zur Zulässigkeit der Beschwerde
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 22 Abs. 2a Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz (FMABG) entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der FMA das Bundesverwaltungsgericht durch Senat, ausgenommen in Verwaltungsstrafsachen bei Bescheiden bei denen weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 600 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.
Gegenständlich wurde eine 600 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt, sodass hier die Zuständigkeit eines Senates vorliegt.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 38 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG in Verwaltungsstrafsachen die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52/1991, mit Ausnahme des 5. Abschnittes des II. Teiles, und des Finanzstrafgesetzes - FinStrG, BGBl. Nr. 129/1958, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG (unter der Überschrift: "Erkenntnisse") hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 Z 2 leg. cit. hat die gekürzte Ausfertigung des Erkenntnisses im Fall des § 45 Abs. 1 VStG überdies eine gedrängte Darstellung der dafür maßgebenden Gründe zu enthalten.
Aus den Gesetzesmaterialien zur geltenden Fassung des § 50 VwGVG (BGBl. I 24/2017) ergibt sich, dass durch die Formulierung des Abs. 2 leg. cit. klargestellt werden soll, dass die Einstellung des Verfahrens in Verwaltungsstrafsachen durch das Verwaltungsgericht gemäß § 45 Abs. 1 VStG in Form eines Erkenntnisses zu ergehen hat (s. RV 1255 BlgNR 25. GP, 5).
Die gegenständliche Beschwerde wurde fristgerecht bei der belangten Behörde eingebracht. Sie ist somit rechtzeitig und auch zulässig.
3.2. Zu Spruchpunkt A)
1. Gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.
Gemäß § 31 Abs. 2 erster und zweiter Satz VStG erlischt die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt in dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt.
Die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung erlischt nach § 31 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 VStG mit Ablauf von drei Jahren ab jenem Zeitpunkt, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört (Tatzeitende bei Dauerdelikten) hat. Sollte diese Frist erst im Beschwerdeverfahren ablaufen, so hat das Bundesverwaltungsgericht diese gemäß § 38 VwGVG i.V.m. § 31 Abs. 2 VStG von Amts wegen wahrzunehmen und das Verfahren nach § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen (vgl. VwGH 15.12.2011, 2008/10/0010; Weilguni, in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG, 2. Aufl., [2017], § 31 Rz. 13 und § 45 Rz. 2). Den Materialien zu § 31 Abs. 2 VStG i.d.F. BGBl. I 33/2013 ist zu entnehmen, dass die Strafbarkeitsverjährung in ihrer Dauer nicht geändert wurde, jedoch nunmehr in Abs. 2 und nicht mehr, wie in der Fassung vor BGBl. I 57/2018, in Abs. 3 geregelt wird (vgl. dazu auch Weilguni, in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG, 2. Aufl., [2017], § 31 Rz. 2 und 12).
Gemäß § 31 Abs. 2 Z 4 VStG werden in die Verjährungsfrist die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union nicht eingerechnet.
Für Beginn und Ende der Fristenhemmung i.S.d. Abs. 2 Z 4 leg. cit. sind nach der Rechtsprechung einerseits der Zeitpunkt des Einlangens der Revision beim Verwaltungsgerichtshof und andererseits der Zeitpunkt der Zustellung des aufhebenden Erkenntnisses an das Verwaltungsgericht (vgl. VwGH 15.04.2016, Ra 2015/02/0236) und nicht an den Revisionswerber maßgebend (vgl. zuletzt etwa VwGH 09.10.2017, Ra 2017/02/0115, unter Verweis auf VwGH 05.11.1987, 86/02/0171, sowie VwGH 26.05.1988, 88/09/0017; s. dazu auch BVwG 02.03.2018, W271 2138245-1).
Die im bekämpften Straferkenntnis der FMA angeführte Tathandlung endete am 15.02.2016. Am 15.02.2019 erging aufgrund der Beschwerde das o.a. Erkenntnis des BVwG. Aufgrund der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision der FMA vom 22.03.2019, am 11.04.2019 beim VwGH eingelangt, erging hierauf das Erkenntnis des VwGH vom 25.10.2019, dem BVwG zugestellt am 07.11.2019.
Die Strafbarkeitsverjährung ist somit bereits mit Ablauf des 08.11.2019 eingetreten (zur Berechnung vgl. Hauer/Leukauf (Hrsg.), Verwaltungsverfahren (2003), S. 1445).
2. Von einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG abgesehen werden.
Es war spruchgemäß zu entscheiden.
3.3. Zu Spruchpunkt B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG, BGBl. Nr. 10/1984 i.d.F. BGBl. I Nr. 122/2013, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die nähere Begründung mit Judikatur-Verweisen ist oben angeführt (s. Pkt. II.3.2.).
Schlagworte
Behebung der Entscheidung Einstellung des (Beschwerde) Verfahrens Ersatzentscheidung Finanzmarktaufsicht Geldstrafe Kassation Strafbarkeitsverjährung Verfahrenseinstellung Verjährung Verjährungsfrist Verwaltungsstrafverfahren VerwaltungsübertretungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W172.2188762.1.00Im RIS seit
11.08.2020Zuletzt aktualisiert am
11.08.2020