TE Vwgh Erkenntnis 1998/1/20 97/04/0172

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Veröffentlicht am 20.01.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §52 Abs2;
AVG §52 Abs3;
AVG §76 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde der H Gesellschaft m.b.H. in I, vertreten durch DDr. J, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 11. August 1997, Zl. 317.742/23-III/A/2a/97, betreffend Sachverständigengebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit darin die Beschwerdeführerin verpflichtet wird, die Kosten des Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. L in einem S 24.000,-- übersteigenden und die Kosten des Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. W in einem S 51.554,-- übersteigenden Betrag zu tragen und diese Beträge übersteigende Geldsummen an diese Sachverständigen zu überweisen, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 28. März 1996 wurde in Abänderung des erstbehördlichen Bescheides der Beschwerdeführerin die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Sonnenstudios an einem näher bezeichneten Standort verweigert. Dagegen erhob sie Berufung. In dem vor dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten abgeführten Berufungsverfahren erklärte die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 20. März 1997, bereit zu sein, "die Kosten laut Kostenschätzung des Dr. F, die ich anbei in Kopie übermittle, im Maximalbetrag für Prof. Dr. L von S 24.000,-- und für Prof. Dr. W im Maximalbetrag von S 51.554,-- zu tragen, wenn - wie von Ihnen vorgesehen - diese beiden Sachverständigen im Rahmen einer Verfahrensanordnung von Ihnen von Amts wegen bestellt und beauftragt werden".

Mit zwei getrennten Bescheiden vom 11. April 1997 bestellte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten unter Berufung auf § 52 Abs. 3 AVG Univ.-Prof. Dr. L und Univ.-Prof. Dr. W im gegenständlichen Verfahren zu Sachverständigen. In der Begründung dieser Bescheide wird ausdrücklich auf die Erklärung der Beschwerdeführerin vom 20. März 1997 über die Höhe der Kosten, zu deren Tragung sie sich verpflichtete, hingewiesen.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 11. August 1997 verpflichtete der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten die Beschwerdeführerin gemäß § 76 AVG, die Kosten des Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. L im Betrag von S 36.150,-- und jene des Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. W im Betrag von S 136.576,-- zu tragen und diese Geldbeträge auf die Konten der genannten Sachverständigen zu überweisen. Zur Begründung führte der Bundesminister u.a. aus, das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten habe weder über die entsprechenden Meßausrüstungen noch selbst über ärztliche Sachverständige verfügt, um die im zugrunde liegenden Verwaltungsverfahren erforderlichen Messungen vorzunehmen. Auch sei er zum damaligen Zeitpunkt nicht in der Lage gewesen, auf Sachverständige anderer Bundesministerien zurückzugreifen. Während die Beschwerdeführerin auf eine rasche Entscheidung gedrängt habe, seien gleichzeitig massivste Beschwerden von Nachbarn über gesundheitsgefährdende Geruchsimmissionen vorgebracht worden. Nach Darstellung des bereits eingangs wiedergegebenen Verfahrensganges und des Inhaltes der von den beiden Sachverständigen gelegten Honorarnoten führte der Bundesminister weiter aus, mit seinen Bescheiden vom 8. August 1997 seien die Kosten der beiden Sachverständigen in der verzeichneten Höhe bestimmt worden. Die Beschwerdeführerin sei im vorliegenden Fall Genehmigungs- und Berufungswerberin. Ein wie immer geartetes schuldhaftes Verhalten anderer Beteiligter (Nachbar) an der Beiziehung nichtamtlicher Sachverständiger könne von der Behörde nicht erblickt werden. Die Beiziehung nichtamtlicher Sachverständiger sei ferner notwendig gewesen und es seien auch die Formvorschriften des § 52 Abs. 3 AVG eingehalten worden. Im vorliegenden Fall sei insbesondere der Sachverständige Univ.-Prof. Dr. W weit über die ursprünglich intendierte Tätigkeit hinausgegangen. Er habe zahlreiche Erhebungen an Ort und Stelle und insbesondere zahlreiche ausführliche Gespräche mit den beschwerdeführenden Nachbarn geführt. Diese Gespräche seien letztlich dafür ausschlaggebend gewesen, daß die am heftigsten beschwerdeführenden Nachbarn gegenüber der Behörde bekanntgegeben hätten, nichts mehr gegen das gegenständliche Solarium zu unternehmen und den Betrieb der Betriebsanlage zu akzeptieren. Somit sei es Univ.-Prof. Dr. W gelungen, eine Akzeptanz der gegenständlichen Betriebsanlage bei den Nachbarn zu erreichen, was für die Beschwerdeführerin von größtem Vorteil sei. Auch habe die Beschwerdeführerin gegen die Höhe der bescheidmäßig vorgeschriebenen Sachverständigengebühren keine Einwendungen erhoben. Da letztlich die äußerst aufwendige und schwierige, von außergewöhnlichen Kenntnissen und Fähigkeiten getragene Tätigkeit der beigezogenen nichtamtlichen Sachverständigen die Genehmigungsfähigkeit der gegenständlichen Betriebsanlage sachverhaltsmäßig dokumentiert und überdies eine Akzeptanz bei den Nachbarn bewirkt habe und schließlich die von den Sachverständigen erstatteten Gutachten Beispielswirkungen auf die gesamte internationale Branche hätten, gehe die belangte Behörde davon aus, im vorliegenden Fall sei die Bezahlung der gesamten Sachverständigengebühren durch die Beschwerdeführerin gerechtfertigt.

Gegen diesen Bescheid, inhaltlich jedoch nur soweit, als der Beschwerdeführerin darin die Tragung und Bezahlung der Sachverständigengebühren in einem S 24.000,-- bzw. S 51.554,-- übersteigenden Ausmaß auferlegt wird, richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht verletzt, im Falle der Bestellung eines Sachverständigen gemäß § 52 Abs. 3 AVG für die Gebühren des nichtamtlichen Sachverständigen nur soweit aufzukommen, als sie den von ihr bestimmten Betrag nicht überschreiten. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes bringt sie vor, im Hinblick auf ihre Erklärung vom 20. März 1997 hätte die belangte Behörde vor Bestellung der Sachverständigen versuchen müssen, einen kostengünstigeren Sachverständigenbeweis durchzuführen. Auch hätte unter Umständen im Wege einer Besprechung mit der Beschwerdeführerin versucht werden müssen, daß sich diese zur Bezahlung höherer Beträge bereit erkläre. Die Vorgangsweise der Behörde, der Beschwerdeführerin nunmehr die gesamten Kosten aufzuerlegen, sei rechtswidrig und mit der Bestimmung des § 76 Abs. 1 AVG nicht in Einklang zu bringen. Die von der belangten Behörde getroffene Begründung, in der auf den Umfang der Tätigkeit der Sachverständigen und auf die Vorteile, die der Beschwerdeführerin daraus erwachsen seien, hingewiesen werde, sei sachlich nicht gerechtfertigt. Es sei nicht Aufgabe der Sachverständigen gewesen, eine Akzeptanz der Nachbarn zu erreichen. Wenngleich dies im Ergebnis befriedigend sei, so habe es in rechtlicher Hinsicht bei der Kostentragung vollkommen unberücksichtigt zu bleiben, ob es dem Sachverständigen gelungen sei, eine solche Akzeptanz zu erreichen. Es treffe zu, daß die Beschwerdeführerin gegen die Höhe der bescheidmäßig vorgeschriebenen Gebühren der Sachverständigen keine Einwendungen erhoben habe. Die Frage, ob die vom Sachverständigen erbrachten Leistungen richtig honoriert worden seien, habe aber mit der Frage der Kostentragung nichts zu tun. Geradezu unverständlich sei die Begründung, die von den Sachverständigen erstatteten Gutachten hätten Beispielswirkungen auf die gesamte internationale Branche, wodurch die Bezahlung der gesamten Sachverständigengebühren durch die Beschwerdeführerin gerechtfertigt sei. Dieser Ausspruch sei gleichheitswidrig: Wie komme die Beschwerdeführerin dazu, stellvertretend für die gesamte Branche Kosten für Sachverständigengebühren zu übernehmen?

Gemäß § 52 Abs. 1 AVG sind, wenn die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige notwendig wird, die der Behörde beigegebenen oder zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen (Amtssachverständige) beizuziehen. Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle kann die Behörde, wenn Amtssachverständige nicht zur Verfügung stehen oder es mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles geboten ist, ausnahmsweise andere geeignete Personen als Sachverständige (nichtamtliche Sachverständige) heranziehen.

Nach § 52 Abs. 3 leg. cit. kann die Behörde, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, dennoch nichtamtliche Sachverständige heranziehen, wenn davon eine wesentliche Beschleunigung des Verfahrens zu erwarten ist. Die Heranziehung ist jedoch nur zulässig, wenn sie von demjenigen, über dessen Ansuchen das Verfahren eingeleitet wurde, angeregt wird und die daraus entstehenden Kosten einen von dieser Partei bestimmten Betrag voraussichtlich nicht überschreiten.

Gemäß § 76 Abs. 1 AVG hat, wenn der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen erwachsen, dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese von Amts wegen zu tragen sind, im allgemeinen die Partei aufzukommen, die um die Amtshandlung angesucht hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen, nicht jedoch die Gebühren, die einem Gehörlosendolmetsch zustehen. Im Falle des § 52 Abs. 3 AVG hat die Partei für die Gebühren, die den nichtamtlichen Sachverständigen zustehen, nur soweit aufzukommen, als sie den von ihr bestimmten Betrag nicht überschreiten.

Wie aus der eingangs gegebenen Sachverhaltsdarstellung zu entnehmen ist, wurden die beiden in Rede stehenden Sachverständigen von der belangten Behörde ausdrücklich auf der Rechtsgrundlage des § 52 Abs. 3 AVG unter Bezugnahme auf die Erklärung der Beschwerdeführerin vom 20. März 1997 zu nichtamtlichen Sachverständigen bestellt. Die diesbezüglichen Bescheide sind in Rechtskraft erwachsen und damit ist für das weitere Verfahren die Eigenschaft dieser Sachverständigen als solche im Sinne des § 52 Abs. 3 AVG bindend festgestellt. Damit ist es für die Frage, wer die mit der Tätigkeit dieser Sachverständigen verbundenen Kosten in welchem Ausmaß zu tragen hat, ohne Bedeutung, ob bei ihrer Bestellung allenfalls auch die Voraussetzungen vorgelegen wären, um sie nach § 52 Abs. 2 AVG als nichtamtliche Sachverständige zu bestellen.

Wurden im vorliegenden Fall aber die beiden in Rede stehenden Sachverständigen nach § 52 Abs. 3 AVG bestellt, so ist die Frage der Tragung der durch die Tätigkeit dieser Sachverständigen verursachten Auslagen auf der Grundlage des § 76 Abs. 1 letzter Satz AVG zu lösen. Nach dem diesbezüglich eindeutigen Wortlaut dieser Gesetzesstelle hat aber die Partei, die um die Amtshandlung angesucht hat, für die Gebühren von nichtamtlichen Sachverständigen, die nach § 52 Abs. 3 AVG bestellt wurden, ausnahmslos, also auch ohne Rücksicht darauf, ob die Bestellung dieser Sachverständigen auch nach § 52 Abs. 2 AVG möglich gewesen wäre oder ob und in welchem Ausmaß die Tätigkeit dieser Sachverständigen der Partei zum Vorteil gereichte, nur soweit aufzukommen, als sie den von ihr bestimmten Betrag nicht überschreiten. Es ist in diesem Zusammenhang mangels entsprechender gesetzlicher Grundlage auch ohne jede Bedeutung, aus welchen Gründen oder Motiven die Partei zu der von ihr genannten Betragsgrenze gelangt ist.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid insoweit, als damit die Beschwerdeführerin zur Tragung der Kosten der bestellten nichtamtlichen Sachverständigen in einem den von ihr bestimmten Betrag überschreitenden Ausmaß verpflichtet wurde, mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997040172.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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