Entscheidungsdatum
25.03.2020Norm
BFA-VG §18 Abs2 Z1Spruch
W189 2227668-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK
I. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Irene RIEPL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Ukraine, vertreten durch ARGE - Diakonie Flüchtlingsdienst, gegen die Spruchpunkte IV. und V. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.12.2019, Zl. 100397503-190966829, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
II. Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Irene RIEPL als Einzelrichterin über den Antrag von XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Ukraine, vertreten durch ARGE - Diakonie Flüchtlingsdienst, auf Gewährung der Verfahrenshilfe im Umfang der Erlassung der Entrichtung der Eingabegebühr:
A)
Dem Antrag wird gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG stattgegeben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF) nahm am 01.07.2019 eine Meldung im Bundesgebiet vor.
2. Der BF wurde am 11.09.2019 von der Polizei wegen Verdachts der Begehung einer Straftat festgenommen und am selben Tag in die JA Korneuburg eingeliefert.
3. Mit Beschluss des LG Korneuburg vom 12.09.2019 wurde über den BF wegen des dringenden Verdachts der Begehung des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB, des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 StGB, des Vergehens des Landzwangs nach §§ 15, 275 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB die Untersuchungshaft verhängt.
4. Am 24.09.2019 wurde der BF durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er im Wesentlichen an, dass seine Ehefrau und seine beiden minderjährigen Kinder in der Ukraine leben würden. In Österreich lebe seine Ex-Frau und seine inzwischen volljährige Tochter aus jener Beziehung. Die Ex-Frau habe die Obsorge über seine Tochter gehabt. Der BF habe von 1991 bis 2007 in Österreich gelebt, wobei er nie einen unbefristeten Aufenthaltstitel gehabt habe. Von 2007 bis zur Wiedereinreise 2019 sei er in der Ukraine wohnhaft gewesen und habe lediglich 2017 fünf Tage in Österreich verbracht. 2019 sei er wieder in Österreich eingereist, um eine Tochtergesellschaft der ukrainischen "Autoindustriefirma" seines Cousins zu gründen. Er habe dafür ein Visum gebraucht, aber die Beamte sei auf Urlaub gewesen. Er verfüge über keine finanziellen Mittel.
5. Mit Beschluss des LG Korneuburg vom 25.09.2019 wurde die Untersuchungshaft in eine vorläufige Anhaltung gem. § 429 Abs. 4 StPO umgewandelt.
6. Am 17.10.2019 beantragte die StA Korneuburg die Unterbringung des BF in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gem. § 21 Abs. 1 StGB.
7. Am 30.10.2019 wurde der BF vom BG Gänserndorf rechtskräftig wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht gem. § 198 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 1 Monat verurteilt.
8. Der BF wurde am 09.12.2019 enthaftet, ins Polizeianhaltezentrum Hernalser Gürtel überstellt und anschließend in Schubhaft genommen.
9. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 10.12.2019 wurde ein Aufenthaltstitel gem. § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), die Abschiebung in die Ukraine zulässig erklärt (Spruchpunkt III.), gem. § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 6 FPG ein dreijähriges Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde gem. § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).
10. Am 10.12.2019 beantragte der BF die freiwillige Ausreise in die Ukraine. Diese wurde am 11.12.2019 seitens des BFA abgelehnt.
11. Am 30.12.2019 wurde der BF in die Ukraine abgeschoben.
12. Mit Schriftsatz vom 07.01.2019 erhob der BF durch seinen Rechtsvertreter binnen offener Frist im Umfang der Spruchpunkte IV. und V. des obgenannten Bescheides das Rechtsmittel der Beschwerde. Darüber hinaus wurde in Hinblick auf die zu leistende Eingabegebühr die Gewährung der Verfahrenshilfe beantragt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
1.1. Die Identität des BF steht fest. Er ist Staatsangehöriger der Ukraine und somit Drittstaatsangehöriger iSd. § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.
1.2. Der BF war zwischen 1991 und 2007 in Österreich aufhältig, wobei der zugrundeliegende Aufenthaltstitel zuletzt bis 24.09.2008 befristet war. Von 2007 bis 2019 war er in der Ukraine wohnhaft.
1.3. Der BF reiste zu einem unbestimmten Zeitpunkt, spätestens aber am 01.07.2019, visafrei wieder in das Bundesgebiet ein und nahm am 01.07.2019 eine Meldung vor. Nach drei bis vier Wochen reiste der BF wieder in die Ukraine aus und beantragte ein Visum. Die Erteilung eines Visums wurde von der Österreichischen Botschaft Kiew versagt, da die Angaben des BF nicht glaubhaft waren, die Wiederausreiseabsicht nicht feststellbar war und der Zweck bzw. die Bedingung des Aufenthalts nicht nachgewiesen wurde. Zu einem unbestimmten Zeitpunkt, spätestens aber am 09.09.2019, reiste der BF wieder in das Bundesgebiet ein.
1.4. Der BF wurde am 11.09.2019 festgenommen und es wurde mit Beschluss des LG Korneuburg, Zl. XXXX , am 12.09.2019 aufgrund des dringenden Verdachts der Begehung des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB, des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 StGB, des Vergehens des Landzwangs nach §§ 15, 275 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB die Untersuchungshaft über ihn verhängt. Am 25.09.2019 wurde mit Beschluss des LG Korneuburg, Zl. XXXX , die Untersuchungshaft in eine vorläufige Anhaltung gem. § 429 Abs. 4 StPO umgewandelt. Am 17.10.2019 beantragte die StA Korneuburg die Unterbringung des BF in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs. 1 StGB. Der BF wurde am 09.12.2019 enthaftet.
1.5. Am 09.12.2019 wurde der BF in Verwaltungsverwahrungshaft und am 10.12.2019 mit Bescheid des BFA, Zl. 100397503-1911261602, in Schubhaft genommen.
1.6. Am 30.10.2019 wurde der BF vom BG Gänserndorf zur Zl. XXXX rechtskräftig wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht gem. § 198 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 1 Monat verurteilt.
1.7. Der BF ist nicht nachhaltig in Österreich integriert. Er ging seit seiner Wiedereinreise in das Bundesgebiet keiner Erwerbstätigkeit nach. Er verfügt über keine finanziellen Mittel. Er spricht gut Deutsch. Die Ex-Frau und die 19-jährige Tochter des BF leben in Österreich. Es besteht kein gemeinsamer Haushalt. Die Ex-Frau des BF hatte die Obsorge über die Tochter inne. Es besteht kein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis. Darüber hinaus bestehen keine familiären oder sonstigen nennenswerten sozialen Bindungen in Österreich. Die gegenwärtige Ehefrau, die beiden minderjährigen Kinder und die Eltern des BF leben in der Ukraine.
1.8. Der BF wurde am 30.12.2019 in die Ukraine abgeschoben.
2. Beweiswürdigung
2.1. Die Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des BF beruhen auf den insoweit unbestrittenen Verwaltungsakten.
2.2. Die Feststellungen über den Aufenthalt des BF in Österreich von 1991 bis 2007 und anschließend in der Ukraine von 2007 bis 2019 folgen aus den insoweit glaubhaften Angaben des BF in der Einvernahme durch das BFA am 24.09.2019 (AS 74, 76 und 78), den polizeilich sichergestellten Dokumenten (AS 27) und einem Melderegisterauszug.
2.3. Die Feststellungen über die visafreie Einreise spätestens am 01.07.2019, der Wiederausreise aus dem Bundesgebiet nach drei bis vier Wochen und der Beantragung eines Visums folgen aus den insoweit glaubhaften Angaben des BF in der Einvernahme durch das BFA (AS 76). Die Feststellung über die Meldung des BF am 01.07.2019 stützt sich auf einen Melderegisterauszug. Die Feststellung über die Versagung des Visums und die dafür zitierten Gründe ergeben sich aus einer Abfrage des Zentralen Fremdenregisters (AS 145). Die Feststellung über die spätestens am 09.09.2019 erfolgte Wiedereinreise des BF in das Bundesgebiet folgt aus der Festnahme des BF am 11.09.2019 (AS 9) und der Anmietung eines Autos im Bundesgebiet am 09.09.2019 (AS 36).
2.4. Die Feststellung über die Festnahme des BF am 11.09.2019 ergibt sich aus dem polizeilichen Anhalteprotokoll (AS 9), jene über die Verhängung der Untersuchungshaft aus dem entsprechenden Beschluss des LG Korneuburg (AS 35ff). Die Feststellung über die Umwandlung der Untersuchungshaft in eine vorläufige Anhaltung folgt ebenso aus dem entsprechenden Beschluss des LG Korneuburg (AS 67ff). Die Feststellung über die Beantragung der Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher folgt aus dem entsprechenden Antrag der StA Korneuburg (AS 85). Die Feststellung über die Enthaftung des BF ergibt sich aus einer Benachrichtigung der PI Gerasdorf bei Wien (AS 179) und dem Enthaftungsauftrag des LG Korneuburg (OZ 7).
2.5. Die Feststellung über die Anhaltung in Verwaltungsverwahrungshaft und anschließende Verhängung der Schubhaft folgt aus einer ADVW-Portalabfrage.
2.6. Die Feststellung über die rechtskräftige Verurteilung des BF wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht folgt aus einer Verständigung des BG Gänserndorf (AS 87f).
2.7. Die Feststellung, dass der BF seit seiner Wiedereinreise in das Bundesgebiet im Jahr 2019 keiner Erwerbstätigkeit nachging, folgt aus den insoweit glaubhaften Angaben des BF in der Einvernahme durch das BFA (AS 75) und einem AJ-WEB-Auszug (AS 103).
Die Feststellung, dass der BF über keine finanziellen Mittel verfügt, ergibt sich ebenso aus seinen Aussagen in der Einvernahme durch das BFA, wonach er über "0,- Euro" verfüge und von Überweisungen seiner Frau abhängig sei (AS 75, 77) sowie dem Beschwerdevorbringen, wonach er mittellos sei (AS 296). Zwar gab der BF zuvor im gerichtlichen Verfahren an, über ein monatliches Nettoeinkommen von EUR 1.000,- bis EUR 3.000,- sowie über Ersparnisse zwischen EUR 150.000,- und EUR 380.000,- bzw. später nur mehr von ca. EUR 100.000,- zu verfügen (AS 36 und 39). Jedoch divergierten schon diese Angaben, zumal es lebensfremd ist, nicht zu wissen, ob man über EUR 100.000,-, EUR 150.000,- oder EUR 380.000,- verfügt. Vor dem Hintergrund des bisherigen beruflichen Werdegangs des BF, wonach er als Schlosser, Mechaniker und Verkäufer gearbeitet habe (AS 75f), sowie auch dem AJ-WEB-Auszug, wonach der BF während seines ersten Aufenthalts in Österreich verschiedene, meist nur über mehrere Monate hinweg laufende Arbeitsverhältnisse zumeist in den Branchen Bau und Handel ausübte und zwischendurch immer wieder arbeitslos gemeldet war (AS 103f) und schließlich nicht einmal den gesetzlichen Unterhalt für seine Tochter zu leisten vermochte (vgl. seine Verurteilung gemäß § 198 StGB), ist auch nicht ersichtlich, wie der BF zu einem solchen Vermögen gekommen wäre, zumal er auch die Existenz und die Beteiligung an einer ukrainischen Firma seines Cousins (AS 36 und 75) weder belegte, noch glaubhaft machen konnte.
Die Feststellung, dass der BF gut deutsch spricht, folgt aus der weitgehend auf Deutsch durchgeführten Einvernahme durch das BFA (AS 61), zumal die Deutschkenntnisse aufgrund des vormalig längeren Aufenthalts in Österreich auch nachzuvollziehen sind.
Die Feststellungen über den Aufenthalt der Tochter und Ex-Frau des BF in Österreich, dem Nichtvorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, des Nichtbestandes der Obsorge durch den BF und des Fehlens eines finanziellen Abhängigkeitsverhältnisses folgen aus den insoweit glaubhaften Angaben des BF in der Einvernahme durch das BFA (AS 77f). Die Feststellungen, dass der BF im Übrigen keine familiären oder sozialen Bindungen in Österreich aufweist, sowie über den Aufenthalt der (nunmehrigen) Ehefrau, der beiden gemeinsamen minderjährigen Kinder und der Eltern des BF in der Ukraine folgen ebenso aus den entsprechenden Aussagen des BF in der Einvernahme durch das BFA (AS 78).
2.8. Die Feststellung der erfolgten Abschiebung des BF ergibt sich aus dem entsprechenden Bericht der Landespolizeidirektion Niederösterreich (AS 291).
3. Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. A)
3.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides
3.1.1. Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung vom BFA mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot - vorbehaltlich des Abs. 3 - für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes hat das BFA das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder andere in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
Die Z 1 bis 9 in § 53 Abs. 2 FPG stellen einen Katalog dar, der demonstrativ Beurteilungskriterien für das Verhalten des Drittstaatsangehörigen aufstellt (VwGH vom 15.12.2011, Zl. 2011/21/0237; vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/21/0026).
Gemäß § 53 Abs. 2 Z 6 FPG ist eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag.
Gemäß § 53 Abs. 4 FPG beginnt die Frist des Einreiseverbotes mit dem Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.
Beim Erstellen der für ein Einreiseverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache unter anderem von Bestrafungen nach den Verwaltungsgesetzen, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der Verwaltungsübertretungen und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an. Dies gilt umso mehr, wenn sich der Fremde mit dem ihm zur Last gelegten Fehlverhalten selbst nicht strafbar gemacht hat (VwGH 19.02.2013, 2012/18/0230).
Ein Fehlverhalten kann auch dann zur Beurteilung der Gefährdungsprognose herangezogen werden, wenn dieses nicht zu einer gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Bestrafung geführt hat (VwGH 22.01.2014, 2012/22/0246).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 60 Abs. 2 Z 7 FPG (vor Inkrafttreten des FrÄG 2011) hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer ihres Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (vgl VwGH 13.09.2012, 2011/23/0156; 22.01.2013, 2012/18/0191).
3.1.2. Zunächst ist festzuhalten, dass sich das BFA bei der Begründung des angeordneten Einreiseverbotes auf die Mittellosigkeit des BF gestützt hat. Diese Mittellosigkeit wurde vom BF im Verfahren selbst angegeben und in der Beschwerde auch nicht bestritten. Das BFA ist daher zutreffend vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 Z 6 FPG ausgegangen, womit der weitere Aufenthalt des BF bereits eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit indiziert.
3.1.3. Wie das BFA zurecht festhält, wird diese Gefährdung durch das Gesamtverhalten des BF untermauert. Insbesondere konnte der BF nicht darlegen, auf welcher Basis er gedachte, seinen Unterhalt in Österreich zu finanzieren, zumal er über keine Arbeitserlaubnis verfügt. Vor dem LG Korneuburg machte er falsche Angaben über sein Vermögen und sein Einkommen und er behauptete fälschlich, Teilhaber eines Unternehmens zu sein. Der BF schreckte nicht davor zurück, vor Gericht und anschließend auch vor dem BFA Falschangaben über seinen Aufenthalt und seinen Aufenthaltszweck zu tätigen, weshalb im Übrigen auch der Vorhalt der Beschwerde, dass der BF umfassend an der Feststellung des Sachverhaltes mitgewirkt habe, aktenwidrig ist. Der BF reiste zwar legal in das Bundesgebiet ein, konnte jedoch nicht glaubhaft machen, dass er nach Ablauf seines Aufenthaltsrechts zur Ausreise bereit gewesen wäre, zumal er in seinen Befragungen und Einvernahmen deutlich durchklingen ließ, einen längeren Aufenthalt in Österreich geplant zu haben, weshalb die in der Beschwerde angeführte legale Einreise des BF nicht zu seinen Gunsten gewertet werden konnte, zumal Ukrainer visafrei in das Bundesgebiet einreisen können. Insoweit war auch miteinzubeziehen, dass die Österreichische Botschaft Kiew ein (längerfristiges) Visum unter anderem aufgrund des Unvermögens des BF, seine anschließende Wiederausreiseabsicht glaubhaft zu machen, versagt wurde. Letztlich geriet der BF aber auch massiv mit dem Gesetz in Konflikt und wurde wegen des Verdachts auf das Vergehen der gefährlichen Drohung, des Verbrechens der schweren Nötigung, des Vergehens des Landzwanges und des Vergehens der Sachbeschädigung festgenommen und in Untersuchungshaft genommen. Der Beschluss des LG Korneuburg vom 12.09.2019 legt jedenfalls ein unberechenbares und aggressives Verhalten des BF dar, das letztlich auch zur Verhängung der Untersuchungshaft wegen Tatbegehungsgefahr und sodann zu einer vorläufigen Anhaltung gem. § 429 Abs. 4 StPO geführt hat. Letztlich hat der BF auch eine rechtskräftige Verurteilung wegen Verletzung der Unterhaltspflicht gemäß § 198 StGB zu vertreten.
Die Bereitschaft des BF zur freiwilligen Ausreise war zwar in die Beurteilung der Gefährlichkeitsprognose miteinzubeziehen, ist jedoch angesichts der zu jenem Zeitpunkt in Hinblick auf einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet bereits aussichtslosen Lage stark zu relativieren. Ebenso kann die Tatsache, dass der BF vor mehr als zehn Jahren in Österreich legal beschäftigt war, an dieser Beurteilung des ungleich aktuelleren Verhaltens des BF nichts ändern.
Die genannten Umstände rechtfertigen daher nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts jedenfalls die Annahme, dass ein Verbleib des BF im Bundesgebiet eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt.
3.1.4. Ebenso besteht, wie vom BFA korrekt beurteilt, kein schützenswertes Familienleben des BF iSd Art. 8 EMRK in Österreich. Die Ehefrau, die aus dieser Beziehung stammenden Kinder und die Eltern des BF leben in der Ukraine. Die Ex-Frau des BF lebt in Österreich, ein gemeinsames Familienleben wurde aber nicht behauptet und wäre auch nicht lebensnah. Das in der Beschwerde unsubstantiiert in den Raum gestellte Familienleben mit der aus dieser Beziehung stammenden Tochter lässt sich aus der Aktenlage nicht ableiten. Weder besteht ein gemeinsamer Wohnsitz, noch ein finanzielles oder emotionales Abhängigkeitsverhältnis. Der BF hatte nicht die Obsorge über die Tochter inne und wurde vom BG Gänserndorf wegen Verletzung der Unterhaltspflicht rechtskräftig verurteilt. Auch verbrachte der BF die letzten rund zehn Jahre in der Ukraine. Dass er in dieser Zeit, die immerhin dem halben Leben der Tochter entspricht, Kontakt - geschweige denn intensiven Kontakt - zu seiner Tochter hatte, wurde vom BF nicht behauptet.
Das angefochtene Einreiseverbot greift somit nicht unverhältnismäßig in das Privat- und Familienleben des BF in Österreich ein.
3.1.5. Die Verhängung des Einreiseverbotes für die von der belangten Behörde festgesetzten Dauer von drei Jahren erweist sich somit angesichts der Mittellosigkeit und des Gesamtverhaltens des BF als geboten und in Anbetracht einer möglichen Höchstdauer von fünf Jahren keineswegs als zu lang.
Soweit in der Beschwerde auf andere Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts verwiesen wird, liegt diesen Fällen kein vergleichbarer Sachverhalt hinsichtlich der Mittellosigkeit einerseits und dem Gesamtverhalten andererseits zugrunde, weshalb auch dies an der Beurteilung im gegenständlichen Fall nichts ändern kann.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. war daher abzuweisen.
3.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides
Gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung vom BFA abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist (Z 1), der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist (Z 2) oder Fluchtgefahr besteht (Z 3).
Der BF bekämpft in seiner Beschwerde die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen die gegen ihn erlassene Rückkehrentscheidung durch das BFA gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG im Wesentlichen mit der Begründung, dass die belangte Behörde sich nicht ausreichend mit dem Verhalten des BF auseinandergesetzt habe und der angefochtene Bescheid eine nachvollziehbare Gefährlichkeitsprognose vermissen lasse.
Jedoch normiert § 18 Abs. 2 BFA-VG, dass - unter den genannten Voraussetzungen - einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen ist. Mit vorliegender Beschwerde wurde die Rückkehrentscheidung jedoch ausdrücklich nicht angefochten, womit diese in Rechtskraft erwachsen ist. Damit scheidet aber die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen jene Rückkehrentscheidung mangels Existenz einer solchen Beschwerde von vornherein aus.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt V. war daher abzuweisen.
3.3. Entfall der mündlichen Verhandlung
Im vorliegenden Fall konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, weil der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war.
Auch im Beschwerdeschriftsatz wurde nicht die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. A)
3.4. Zur Bewilligung der Verfahrenshilfe
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ist gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Juristischen Personen ist Verfahrenshilfe sinngemäß mit der Maßgabe zu bewilligen, dass an die Stelle des Bestreitens der Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts das Aufbringen der zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel durch die Partei oder die an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten tritt.
Dadurch wird zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei der Regelung der Verfahrenshilfe im VwGVG um eine sogenannte "subsidiäre Bestimmung" handelt: Sie soll nur dann zur Anwendung gelangen, wenn durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, also dann, wenn das sogenannte "Materiengesetz" keine Regelung enthält, deren Gegenstand der Verfahrenshilfe entspricht. Gemäß § 52 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, ist einem Fremden oder Asylwerber im verwaltungsgerichtlichen Verfahren in bestimmten Angelegenheiten von Amts wegen kostenlos ein Rechtsberater zur Seite zu stellen. § 52 BFA-VG entspricht damit den Vorgaben des Art. 47 GRC. Im Anwendungsbereich des BFA-VG gelangt daher die Bestimmung des § 8a VwGVG (überhaupt) nicht zur Anwendung (siehe ErläutRV 1255 BlgNR 25. GP zu § 8a VwGVG).
Das BFA-VG sieht für seinen, das verwaltungsgerichtliche Verfahren betreffenden Anwendungsbereich allerdings keine ausdrückliche Regelung vor, ob oder inwieweit im Rahmen der kostenlosen Rechtsberatung nach § 52 BFA-VG auch eine Befreiung von allfälligen zu entrichtenden Gerichtsgebühren oder anderen bundesgesetzlich geregelten staatlichen Gebühren (§ 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO) möglich ist. Für Bescheidbeschwerdeverfahren gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG gegen Entscheidungen des BFA nach § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG - wie im gegenständlichen Fall - sind die Bestimmungen des VwGVG anzuwenden. Da in diesen Fällen eine gesetzliche Gebührenbefreiung nicht besteht, unterliegen derartige Beschwerden der Verpflichtung zur Entrichtung der Eingabegebühr nach § 14 Tarifpost 6 Abs. 5 Z 1 lit. b Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 idgF, in Verbindung mit der BuLVwG-Eingabengebührverordnung, BGBl. II Nr. 387/2014 idgF.
Der gegenständliche Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der Entrichtung der Eingabegebühr findet somit in § 8a VwGVG iVm. § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO grundsätzlich eine geeignete Rechtsgrundlage.
Mit dem in der Beschwerde vorgelegten Vermögensbekenntnis (AS 305ff) und den bereits gewürdigten glaubhaften Angaben des BF im Zuge der Einvernahme durch das BFA, über keine finanziellen Mittel zu verfügen, wurde glaubhaft dargelegt, dass der BF keine ausreichenden finanziellen Mittel aufweist und er daher außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten.
Es war daher gemäß § 8a iVm. § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO dem Antrag stattzugeben und durch Beschluss die Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der Entrichtung der Eingabengebühr zu bewilligen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt I. und II. B) wegen Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Im gegenständlichen Fall konnte sich daher das Bundesverwaltungsgericht auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung - Entfall Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Interessenabwägung Mittellosigkeit öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen UntersuchungshaftEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W189.2227668.1.00Im RIS seit
11.08.2020Zuletzt aktualisiert am
11.08.2020