TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/27 I422 2207860-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.03.2020
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Entscheidungsdatum

27.03.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z2
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I422 2207862-1/19E

I422 2207869-1/13E

I422 2207863-1/13E

I422 2207860-1/13E

I422 2213775-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX; der XXXX, geb. XXXX; der XXXX, geb. XXXX; des XXXX, geb. XXXX und der XXXX, geb. XXXX, StA jeweils Irak, vertreten durch die ARGE RB - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48./3. Stock, 1170 Wien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.09.2018 und vom 19.12.2018, Zl. XXXX, Zl. 1127811304-161186846/BMAI-BFA_NOE_RD, Zl. XXXX, Zl. 1176233207-17130156/BMI-BFA_NOE_RD und Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.01.2020 und am 15.01.2020 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgegenstand:

Verfahrensgegenstand ist die fristgerecht erhobene Beschwerde gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.09.2018 und vom 19.12.2018. Mit diesen wies die belangte Behörde die Anträge der Beschwerdeführer vom 29.08.2016, vom 11.12.2017 und vom 12.11.2018 auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Irak (Spruchpunkt II.) ab. Einen Aufenthaltstitel erteilte sie den Beschwerdeführern nicht (Spruchpunkt III.), erließ über sie eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und erklärte ihre Abschiebung in den Irak für zulässig (Spruchpunkt V.). Als Frist für ihre freiwillige Ausreise räumte ihnen die belangte Behörde einen Zeitraum von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung ein (Spruchpunkt VI.).

Am 14.01.2020 erfolgte in Anwesenheit der Beschwerdeführer und ihrer Rechtsvertretung und am 15.01.2020 in Anwesenheit ihrer Rechtsvertretung eine mündliche Verhandlung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu den Personen der Beschwerdeführer:

Die volljährigen Erst- und Zweitbeschwerdeführer und die minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer sind irakische Staatsangehörige, Angehörige der Volksgruppe der Kurden, sprechen kurdisch-sorani als Muttersprache und bekennen sich zum sunnitisch muslimischen Glauben. Die Identitäten der Erst- bis Drittbeschwerdeführer stehen nicht fest. Die Identitäten der Viert- bis Fünftbeschwerdeführer ist geklärt.

Die Erst- bis Drittbeschwerdeführer reisten spätestens im August 2016 unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellten am 29.08.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Viertbeschwerdeführer wurde am XXXX in Österreich geboren und stellten die Erst- und Zweitbeschwerdeführer als seine Eltern und seine gesetzlichen Vertreter für ihn am 11.12.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz. Die Fünftbeschwerdeführerin wurde am XXXX in Österreich geboren und stellten die Erst- und Zweitbeschwerdeführer als ihre Eltern und gesetzlichen Vertreter für sie am 12.11.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind und miteinander verheiratet. Die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer sind die minderjährigen Kinder der Erst- und Zweitbeschwerdeführer. Das Verfahren wird als Familienverfahren im Sinne des § 34 AsylG geführt.

Der Erstbeschwerdeführer litt an einer Blinddarmentzündung (appendazitis subacuta), die am 21.10.2016 bzw. an einer Darmverdrehung (Sigmavolvulus), die am 07.12.2016 operativ behoben wurden. Zudem leidet der Erstbeschwerdeführer an Verstopfung (chronischer Obstipation), Hämorrhoiden (noduli hämorrhoidales) und Asthma (asthma bronchiale). Des Weiteren wurden beim Erstbeschwerdeführer eine Pigmentstörung der Haut in Form der "Weißfleckenkrankheit" (vitiligo) sowie eine Depression attestiert. In Österreich unterzog bzw. unterzieht sich der Erstbeschwerdeführer hinsichtlich seiner Leiden einer medizinischen Heilbehandlung. Die Zweitbeschwerdeführerin leidet an Bluthochdruck, Dauermigräne und gutartigen Knoten in der linken Brust (fibroadenom mammae sin.). Ihre Beeinträchtigungen wurden bereits in ihrem Herkunftsstaat festgestellt und dort auch ärztlich behandelt. Im Bundesgebiet erlitt die Zweitbeschwerdeführerin einen Kahnbeinbruch rechts (fract. ossis scaphoidei dext.). Des Weiteren wurden der Zweitbeschwerdeführerin eine wiederkehrende Gedächtnisstörung und verringerte Merkfähigkeit attestiert. Hinsichtlich ihrer Leiden befindet sie sich in Österreich ebenfalls in medizinscher Behandlung. Die physischen und psychischen Beeinträchtigungen der Erst- und Zweitbeschwerdeführer stehen einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht entgegen. Die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer sind gesund.

Der Erstbeschwerdeführer stammt aus Kirkuk. Er wuchs dort auf, besuchte sechs Jahre lang die Grundschule und absolvierte die Berufsausbildung zum Automechaniker. Von August 2003 bis zu seiner Ausreise arbeitete der Erstbeschwerdeführer als Polizist. Durch die Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit verdiente der Erstbeschwerdeführer den Lebensunterhalt für sich und seine Familie. Der Erstbeschwerdeführer ist erwerbsfähig. Bis zur Ausreise lebten der Erst- bis Drittbeschwerdeführer in einer Mietwohnung in Kirkuk im Stadtteil Iskan.

Die Zweitbeschwerdeführerin lebte zuletzt ebenfalls in Kirkuk. Sie wuchs im Irak auf und besuchte dort sechs Jahre die Grundschule. Eine Berufsausbildung absolvierte die Zweitbeschwerdeführerin in ihrem Herkunftsstaat nicht. Sie war bislang Hausfrau und Mutter und kümmerte sich in ihrem Herkunftsstaat um die Drittbeschwerdeführerin. Ihren Lebensunterhalt bestritt sie durch die Einkünfte des Erstbeschwerdeführers.

Die Drittbeschwerdeführerin stammt aus Kirkuk, sie wuchs dort auf und besuchte im Irak sechs Jahre lang die Grundschule. Die Drittbeschwerdeführerin wurde bzw. wird durch ihre Familie versorgt und kamen bzw. kommen der Erst- und die Zweitbeschwerdeführer bislang für ihren Lebensunterhalt auf.

Die Viert- und Fünftbeschwerdeführer wurde in Österreich geboren und werden sie von ihrer Familie betreut und versorgt und kamen bzw. kommen der Erst- und die Zweitbeschwerdeführer bislang für ihren Lebensunterhalt auf.

Im Irak leben nach wie vor Verwandte der Beschwerdeführer. Beim Erstbeschwerdeführer sind es der Vater, ein Bruder und eine Schwester, die nach wie vor im Irak wohnhaft sind. Bei der Zweitbeschwerdeführerin leben nach wie vor die Eltern, drei Brüder und drei Schwestern sowie mehrere Onkel mütter- und väterlicherseits und deren Familie im Irak. Es können keine Feststellungen darüber getroffen werden, ob nach wie vor ein aufrechter Kontakt zu den Familienangehörigen im Irak besteht.

Abgesehen voneinander verfügen die Beschwerdeführer im Bundesgebiet über keine weiteren familiären Anknüpfungspunkte.

Der Erstbeschwerdeführer absolvierte bislang keine Deutschprüfung und spricht äußerst rudimentär Deutsch. Er besuchte im Oktober 2017 einen Werte- und Orientierungskurs des Österreichischen Integrationsfonds. Er betätigt sich seit Mai 2017 ehrenamtlich als Hilfskraft am Bauhof der Marktgemeinde E[...] sowie bei anfallenden Tätigkeiten in der Asylwerberunterkunft. Des Weiteren besucht der Erstbeschwerdeführer regelmäßig das Kulturcafé in M[...]. Der Erstbeschwerdeführer und seine Familie sind in das Ortsleben von E[...] eingebunden.

Die Zweitbeschwerdeführerin spricht ebenfalls äußerst rudimentär Deutsch. Sie besucht ein Sprachcafé und nahm im November 2019 an einer Informationsveranstaltung des Österreichischen Integrationsfonds teil. Während ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet kümmert sie sich insbesondere um die minderjährigen Viert- und Fünftbeschwerdeführer.

Die Drittbeschwerdeführerin wiederholt die vierte Klasse der Neuen Mittelschule P[...]. Sie spricht deutsch und verfügt über altersadäquate freundschaftliche Kontakte. In ihrer Freizeit trifft sich die Drittbeschwerdeführerin nach Schule rund zwei Mal in der Woche mit Lehrerinnen und Freundinnen zum Volleyballspielen.

Der Viertbeschwerdeführer besucht den Kindergarten. Die Fünftbeschwerdeführerin wird aufgrund ihres Alters ganzzeitlich von der Zweitbeschwerdeführerin versorgt und betreut.

Eine maßgeblichde Integration der Beschwerdeführer in sprachlicher, beruflicher oder sozialer Hinsicht liegt nicht vor.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin gehen keiner regelmäßigen Erwerbstätigkeit nach und beziehen die Beschwerdeführer Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.

Die Beschwerdeführer sind strafrechtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtmotiven der Beschwerdeführer:

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Irak aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt werden.

Insbesondere haben die Beschwerdeführer ihren Herkunftsstaat nicht aufgrund einer Bedrohung des Erstbeschwerdeführers durch islamische Terroristen wegen seiner Tätigkeit als Polizist oder der vermeintlichen Zugehörigkeit bzw. Nähe des Erstbeschwerdeführers zum Christentum verlassen.

Die Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer machten keine eigenen Fluchtgründe geltend und schlossen sich den Fluchtmotiven des Erstbeschwerdeführers an.

Die Beschwerdeführer werden im Fall ihrer Rückkehr in den Irak mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

1.3. Zur Situation im Herkunftsstaat:

Die wesentlichen Feststellungen zur Lage im Irak und insbesondere Kirkuk lauten:

1.3.1. Sicherheitslage in der Provinz Kirkuk und der Stadt Kirkuk:

In der Provinz Kirkuk sind eine Reihe sicherheitsrelevanter Akteure vertreten, darunter die Armee, die Polizei, Anti-Terror-Einheiten, Volksmobilisierungseinheiten (Popular Mobilization Forces, PMF) und sunnitische Stammesmilizen. Die Gruppe Islamischer Staat (IS) hat in der Provinz kein Territorium unter ihrer Kontrolle, besitzt jedoch weiterhin Rückzugsgebiete, insbesondere in Hawidscha und den Hamrin-Bergen. Permanent einsatzbereite Terrorzellen des IS sind auch weiterhin in Gebieten, die in der oder nahe der Provinz Kirkuk liegen, nämlich in Hawidscha, Raschad, Zab, Dibis und Ghaeda, präsent. Der IS hat Berichten zufolge Unterstützungszonen in Gebieten südlich der Stadt Kirkuk, unter anderem in den Bezirken Daquq, Hawidscha, Riyadh und Raschad, sowie in ländlichen Gebieten am Hamrin-See im Diyala-Flusstal aufgebaut. Es wird berichtet, dass der IS Bemühungen unternimmt, sich neu zu gruppieren und es würden laufend Aktivitäten stattfinden, die der Sicherung seiner Präsenz in dem Gebiet dienen würden. Dies deckt sich auch mit dem Bericht des US-amerikanischen Think Tank Institute for the Study of War, demzufolge die Orte Hawidscha und Daquq als IS-umkämpfte Distrikte eingestuft werden. Dies bedeute, dass der IS dort die Kontrolle der irakischen Sicherheitskräfte (ISF) anficht, was durch die Aufgabe von Dörfern, die Zerstörung von Landwirtschaft und Infrastruktur sowie durch wiederholte IS-Anschläge und Morde erkennbar sei. Die Taktik des IS umfasse Anschläge mit Kleinwaffen, gezielte Morde, Hinterhalte, Entführungen an gefälschten Checkpoints sowie Selbstmordanschläge.

Die Provinz Kirkuk wurde während der meisten Zeit des Jahres 2018 als jene Provinz Iraks eingestuft, in der der IS die meisten Angriffe bzw. Anschläge durchgeführt habe. Auch ist es der Gruppierung regelmäßig möglich gewesen, Anschläge in der Stadt Kirkuk zu verüben. Allerdings seien solche Anschläge in der ländlichen Umgebung der Stadt üblicher. Der Analyse einer britischen Universität zu Folge wurden in der ersten Jahreshälfte 2019 für die Provinz Kirkuk 134 sicherheitsrelevante Vorfälle mit insgesamt 311 Opfern verzeichnet. Von diesen Vorfällen betrafen 52 (mit 130 Todesopfern) den Distrikt Kirkuk, in der auch die Stadt Kirkuk liegt.

Für die Sicherheit in der Provinz Kirkuk ist seit 2018 eine Kombination zahlreicher Regierungskräfte zuständig, darunter PMF, die Bundespolizei, die Armee und die sogenannte Golden Division des Counter Terrorism Service (CTS). Die PMF kontrolliert dabei eher tendenziell die Vororte und umliegenden Dörfer der Stadt Kirkuk einschließlich Tuz Khurmatu (Provinz Salahuddin) und wickelt die Einreise- und Sicherheitskontrollen nach Kirkuk ab. Die Stadt Kirkuk selbst dagegen wird durch die örtliche Polizei und das CTS gesichert. Im Allgemeinen habe es Berichten zufolge um die Stadt Kirkuk herum weniger Checkpoints als im Jahr 2017 gegeben und sie hätten unter der Kontrolle der ISF gestanden.

Auch wenn sich die Sicherheitssituation im Vergleich zur Autonomen Region Kurdistan oder Bagdad unterschiedlich darstellt und von stärkerer Gewalt geprägt ist, kann aus den Berichten derzeit keine derart extreme Gefährdungslage abgeleitet werden, dass gleichsam jeder, der in die sechstgrößte Stadt des Iraks zurückkehrt, unweigerlich ein Opfer der Gewalt wird.

1.3.2. Zur Situation der Kurden in Kirkuk:

Zur Situation der Kurden in Kirkuk wird ausgeführt, dass Kirkuk zu den umstrittenen Gebieten Iraks gehört, das sowohl von der Kurdischen Zentralregierung, als auch von der Zentralregierung in Bagdad beansprucht wird. Nach dem Aufstieg der IS im Jahr 2014 brachten zunächst kurdische Peshmerga die Stadt unter ihre Kontrolle und wurde diese im Oktober 2017 von zentralstaatlichen Truppen des Irak zurückerobert. Die Kurden sehen sich seither Hetzkampagnen, Bedrohungen und in einigen Fällen auch Gewalt gegen sie ausgesetzt und befürchten sie eine mit ihr einhergehende Schwächung der kurdischen Position in der Stadt und in der Provinz Kirkuk. Seitens der Medien wird von mehreren Arabisierungs-Versuchen in der Stadt und der Provinz Kirkuk berichtet. Eine systematische Verfolgung der Kurden in der Stadt Kirkuk kann aus den Berichten jedoch nicht abgeleitet werden.

Zur innerstaatlichen Fluchtmöglichkeit ist auszuführen, dass sich Kurden aus der Region Kirkuk ihren Aufenthaltsstatus nicht ändern müssten und keine speziellen Dokumente benötigen, um in das autonome Kurdengebiet einzureisen. Bei der Übernahme von Kirkuk durch die irakischen Sicherheitskräfte im Oktober 2017 haben die Kurden aus Kirkuk Zugang zu Erbil erhalten und haben sie keine Aufenthaltserlaubnis benötigt. Die Sicherheitslage in der autonomen Kurdenregion ist relativ stabil, wenngleich auch dort das Risiko von IS-Anschlägen weiterhin besteht.

1.3.3. Mitglieder irakischer Sicherheitskräfte (ISF), Volksmobilisierungseinheiten (PMU), Peshmerga und örtlicher Polizei:

Nachdem der IS im Jahr 2014 die Kontrolle über weite Teile des Iraks übernommen hatte, begann er mit Angriffen auf seine Gegner. Diese Angriffe richteten sich unter anderem auch gegen Angehörige der Sicherheitskräfte wie ISF, der Polizei oder deren Verbündete.

Nach dem Zusammenbruch des IS als territoriales Gebilde gab es außerhalb von Kampfsituationen weiterhin Angriffe auf ISF-Angehörige. Dem EASO Bericht folgend können "sich die zum Zweck der Chaosstiftung in der irakischen Gesellschaft verübten Gewaltanschläge des ISIL gegen andere Akteure wie Zivilisten oder Personen richten, die mit den Sicherheitsakteuren oder den Behörden zusammenarbeiten", die versehentlich oder absichtlich als Zivilisten angegriffen werden, während der IS jedoch "versucht, es als Angriff auf PMU-Mitglieder zu tarnen." Im Bericht wird angemerkt, dass für den IS "die Grenze zwischen Zivilisten und Sicherheitsakteuren oft verschwimmt." Im Mittelpunkt der Gewaltanschläge des IS stehen die Sicherheitskräfte, die PMU und "in gewissem Maße" auch Regierungsbeamte.

1.3.4. Personen, die westliches Verhalten an den Tag legen:

Ein Irak-Analyst erklärte, dass es "Übergriffe der PMU auf Menschen gibt, die offenbar von der Moral abweichen. Das ist vor allem bei Personen der Fall, die sich nicht den sozialen Normen der Schiiten fügen. Die Opfer stammen aus der LGBT-Gemeinschaft (Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgenderpersonen) oder gehören zu den Kreativen, die sich beispielsweise anders kleiden." Wie Freedom House erklärte, sind "sowohl Männer als auch Frauen dem Druck ausgesetzt, sich an konservative Standards für das persönliche Erscheinungsbild zu halten."

Der USDOS-Bericht aus dem Jahr 2017 über die internationale Religionsfreiheit erwähnt, dass nach Angaben von Vertretern christlicher Nichtregierungsorganisationen "einige Muslime weiterhin Frauen und Mädchen ungeachtet ihrer religiösen Zugehörigkeit bedrohen, weil diese den Hidschab nicht tragen wollen, sich westlich kleiden oder die strengen Auslegungen der islamischen Normen nicht einhalten, die das Verhalten in der Öffentlichkeit regeln." In dem Bericht heißt es weiter, dass schiitische Milizen, die für den Kampf gegen den ISIL mobilisiert wurden, "schon seit geraumer Zeit ihre Waffen und ihre Macht dafür einsetzen, um gegen Aktivitäten vorzugehen, die sie als "unislamisch" betrachten. In einer E-Mail vom Juni 2017, die auf der Website des österreichischen Bundesverwaltungsgerichts veröffentlicht und in einem COI-Bericht zitiert wurde, erklärte Mark Lattimer, dass der Kleidungsstil, der von Frauen erwartet wird, im Irak im Lauf der letzten beiden Jahrzehnte konservativer geworden sei. Während es in den vom ISIL kontrollierten Gebieten einen strengen Dresscode für Frauen gibt, der strikt durchgesetzt wird, versuchen in Basra und Bagdad schiitische Milizen ebenfalls strikte Bekleidungsvorschriften durchzusetzen und sind für gewalttätige Übergriffe auf Frauen verantwortlich, deren Kleidungsstil als unangebracht angesehen wird.

1.3.5. Zur Situation von Kindern in der Kirkuk:

Seit 2014 hat die Provinz Kirkuk nach der Autonomen Region Kurdistan insgesamt die zweithöchste Zahl von Binnenvertriebenen aus anderen irakischen Provinzen aufgenommen. Die massive Vertreibung nach Kirkuk führte unter anderem zu einer erhöhten Belastung der Aufnahmegemeinschaften, einem verstärkten Wettbewerb um begrenzte Ressourcen, einer Verschlechterung in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Wasser und Hygiene und damit einhergehend zu einer zunehmenden Verwundbarkeit von Frauen und Kindern.

Es gibt es im Konkreten immer wieder Berichte über Kinder und Jugendliche, die bei Sicherheitsvorfällen getötet oder verletzt wurden. So heißt es in einem Bericht der UN Generalversammlung vom 30.07.2019, dass im Irak beinahe die Hälfte der Opfer unter den Kindern (deren Gesamtanzahl wird mit 61 beziffert) durch explosive Kriegsrelikte verursacht wurde, und das hauptsächlich in Gebieten die zuvor unter der Kontrolle des IS standen, in den Gouvernements Ninawa, Kirkuk, Diyala und Salah al-Din. Unter diesen Todesfällen gab es 28 Kinderopfer aufgrund von improvisierten Sprengkörpern, einschließlich Kinder, die eingesetzt wurden, improvisierte Sprengkörper zu tragen und detonieren zu lassen, und 19 Opfer durch indirekte Angriffe mit Kleinwaffen und leichten Waffen, hauptsächlich in Ninawa, Kirkuk, Diyala und Salah al-Din. Die übrigen 16 Kinderopfer waren von gezielten Morden und Misshandlungen betroffen.

Zur Bildungssituation ist auszuführen, dass es aufgrund der Konflikte in den vergangenen Jahren der Bildungsbereich mit vielen Problemen konfrontiert war. Viele Schulen sind auf Wiederaufbau und Unterstützung angewiesen, da die grundlegenden Wasser- und Sanitäranlagen nicht mehr funktionieren; die Klassenzimmer umfassen durchschnittlich 60-70 Schüler aufgrund von Vertreibung und Schäden an der Bildungsinfrastruktur. Darüber hinaus besteht das Lehrpersonal oft aus Freiwilligen mit wenig pädagogischer Erfahrung. Ungeachtet dieser Umstände besuchen im Gouvernement Kirkuk 93,9% der Kinder die Grundschule, 72,8% der Kinder die Sekundarstufe I und 48,8% eine Oberstufenschule. Auch wird auch nicht außer Acht gelassen, dass Hilfsorganisationen wie UNICEF oder ACTED beim Wiederaufbau von Schulen in Kirkuk eingebunden sind. Ungeachtet dessen verfügt Kirkuk über ein Jugendzentrum, das ebenso von der UNICEF unterstützt wird. Das Jugendzentrum öffnete seine Türen für rund 3.200 Jugendliche, die dort Englisch, Arabisch und Kurdisch lernen oder an Theater-, Kunst- oder Zeichenprojekten teilnehmen konnten (https://www.unicef.org/iraq/stories/new-skills-new-you%E2%80%8A%E2%80%8Agiving-kids-kirkuk-place-grow). Aber auch eine schweizerische Nichtregierungsorganisation stellte in Absprache mit dem irakischen Bildungsministerium in der Region Kirkuk temporäre Lernräume zur Verfügung in denen heute mehr als 150.000 Kinder eine Ausbildung erhalten haben.

Im Gouvernement Kirkuk sind 3,4% der Kinder unter 5 Jahren für ihr Alter moderat bis schwer untergewichtig, 1,4% der Kinder sind schwer untergewichtig. 14,6% sind im Wachstum bezüglich der Körpergröße unterentwickelt, 5,9% davon schwerwiegend. Demgegenüber sind im Gouvernement Kirkuk 78,5% der Kinder zwischen 3 und 4 Jahren in ihrer Entwicklung in Bezug auf die untersuchten Indikatoren auf Kurs. Außerdem wurden im Gouvernement Kirkuk 7,6% der Kinder unter 5 Jahren in der vorhergegangenen Woche alleine gelassen, 9,0% wurden unter Aufsicht eines weiteren Kindes unter 10 Jahren gelassen. In Kirkuk gibt es ein Kinderkrankenhaus mit einer Kapazität von 120 Betten sowie zwei unter anderem auf Pädiatrie spezialisierte Klinken. Es gibt außerdem Einrichtungen für Behindertenbetreuung und/oder sonderpädagogische Betreuung. Die Krankenhäuser in der Provinz Kirkuk entsprechen laut Bericht jedoch nicht den Bedürfnissen der Bevölkerung.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben der Erst- und Zweitbeschwerdeführer im Rahmen ihrer Einvernahmen, in die bekämpften Bescheide und in den Beschwerdeschriftsatz der Beschwerdeführer, den von den Beschwerdeführern vorgelegten Unterlagen und den Angaben der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Ergänzend wurden Auszüge aus dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR), dem Betreuungsinformationssystem über die Grundversorgung (GVS) sowie dem Strafregister eingeholt.

2.2. Zu den Personen der Beschwerdeführer:

Die Feststellungen zur Volljährigkeit der Erst- und Zweitbeschwerdeführer, der Minderjährigkeit der Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer, ihrer Staatsangehörigkeit sowie ihrer Sprach- und Volksgruppenzugehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Erstbeschwerdeführers sowie der Zweitbeschwerdeführerin vor der belangten Behörde sowie den diesbezüglich gleichbleibenden Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Dass die Beschwerdeführer der sunnitisch-islamischen Glaubensrichtung angehören, ergibt sich aus folgenden Überlegungen: Unabhängig voneinander gaben sowohl der Erstbeschwerdeführer, als auch die Zweitbeschwerdeführerin bei ihrer Erstbefragung durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes danach befragt an, dass sie sich zur sunnitisch-islamischen Glaubensrichtung bekennen. Dieses bestätigte der Erstbeschwerdeführer auch im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde und brachte er hierbei erstmals vor, dass er den Wunsch zu einer Konversion zum Christentum hege. Demgegenüber verwies die Zweitbeschwerdeführerin vor der belangten Behörde erstmals darauf, dass sie ohne Bekenntnis sei. Vor dem erkennenden Gericht brachte der Erstbeschwerdeführer vollkommen diametral vor, dass er bereits in seinem Herkunftsstaat mit dem christlichen Glauben in Kontakt gekommen und dort bereits im Jahr 2001 konvertiert sei. Auf den Vorhalt seiner Angaben vor der belangten Behörde vermeinte der Erstbeschwerdeführer, dass er dies so nicht gesagt habe. Er habe bereits damals vor der belangten Behörde darauf hingewiesen, dass er mit dem Christentum in Berührung gekommen und im Irak konvertiert sei. Diesem Einwand konnte nach Durchsicht des Einvernahmeprotokolls jedoch nicht gefolgt werden, zumal sich aus den Ausführungen des Erstbeschwerdeführers keine Angaben über eine explizite Konversion oder auch Anzeichen dafür ableiten lassen. Zudem ergibt sich aus seinen Ausführungen eine Denkunlogik. So verweist der Erstbeschwerdeführer, dass er sich seit 2000 bzw. 2001 für das Christentum interessiere. Zum Christentum sei er durch einen christlichen Polizeikollegen gestoßen, der mit ihm auf der Dienststelle gearbeitet und [Anm. gemeint wohl christliche] Bücher mitgehabt habe. Allerdings bringt der Erstbeschwerde in der derselben Einvernahme auch vor, dass er seit dem 22.08.2003 Polizist sei - woraus sich eine widersprüchliche zeitliche Differenz von rund zweieinhalb bzw. dreieinhalb Jahre ergibt. Auch die Zweitbeschwerdeführerin gab vor dem erkennenden Gericht nunmehr wiederum vollkommen abweichend an, dass sie Christin sei. Ebenso bestätigte die Drittbeschwerdeführerin, dass sie Christin und als solche im Irak getauft worden sei, allerdings interessiere sie sich nicht für die Religion. Einerseits sind es die - wie zuvor dargestellt - vollkommen erratischen Ausführungen der Beschwerdeführer die auf eine mangelnde Glaubhaftigkeit ihrer Konversion zum Christentum hindeuten. Anderseits wurde auch weder eine Austrittsbescheinigung von der (österreichisch) islamischen Glaubensgemeinschaft oder aber auch eine Taufregisterbescheinigung oder sonstiger Nachweis zur behaupteten Zugehörigkeit zur katholischen Glaubensgemeinschaft vorgelegt. In diesem Zusammenhang ist es auch nicht nachvollziehbar, dass sich die Erst- bis Drittbeschwerdeführer im Irak taufen haben lassen, allerdings die Viert- bis Fünftbeschwerdeführer bislang noch nicht getauft wurden. Dahingehend lässt das erkennende Gericht des Weiteren auch nicht unbeachtet, dass in der von den Beschwerdeführern vorgelegten Unterstützungserklärungen der Pfarrprovisoren von E[...] datierend vom 17.09.2017 bzw. vom 01.10.2018 mit keinem Wort darauf eingegangen wird, dass die Beschwerdeführer Mitglieder der katholischen Kirchengemeinde E[...] seien, sie regelmäßig die heilige Messe besuchen würden oder aufgrund ihrer Glaubenszugehörigkeit ihren Herkunftsstaat verlassen hätten müssen. Die Ausführung eines Pfarrprovisors, wonach sie im Pfarrleben integriert seien, deutet für sich gesehen noch nicht auf den Besuch der heiligen Messe oder der Zugehörigkeit der Beschwerdeführer zu einer christlichen Konfession hin. Wie sich der erkennende Richter im Rahmen der mündlichen Verhandlung zudem selbst überzeugen konnte, wiesen der Erstbeschwerdeführer lediglich äußerst geringe bzw. die Zweit- und die Drittbeschwerdeführer gar keine Kenntnisse zum christlichen Glauben auf. Nicht unberücksichtigt bleibt in diesem Zusammenhang auch das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers, wonach er bereits im Jahr 2000 bzw. 2001 mit dem christlichen Glauben in Berührung gekommen und er daraufhin folgend wöchentlich zwei bis dreimal in die Kirche gegangen sei. Von einer Person, die von sich aus behauptet vor rund 20 Jahren aus innerer Überzeugung konvertiert zu sein, ist zu erwarten, dass sie nicht nur "angelernte Grundkenntnisse" zum christlichen Glauben nennen kann. Lässt man in diesem Zusammenhang auch nicht außer Acht, dass der Erstbeschwerde wesentliche Grundsätze und Elemente der katholischen Kirche, wie beispielsweise das "Vater unser" nicht kennt, er bei der Kommunion von "Brot und Wasser" spricht, er die Bedeutung von "Brot und Wasser" für Christen nicht benennen und auch den ungefähren Ablauf einer Messe nicht wiedergeben kann, erhärtet den Verdacht, dass weder der Erstbeschwerdeführer und in weiterer Folge auch nicht die Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer Christen sind und ein Glaubenswechsel der Erst- bis Drittbeschwerdeführer aus innerer Überzeugung nicht erfolgte.

Die Erst- bis Drittbeschwerdeführer legten im Administrativverfahren Kopien ihrer Personalausweise vor. Im Beschwerdeverfahren wurden keine Originaldokumente vorgelegt. Nachdem die Echtheit der Personalausweise in Ermangelung der Vorlage von Originaldokumente seitens der belangten Behörde nicht verifiziert werden konnten, sind die Identität der Erst- bis Drittbeschwerdeführer nicht geklärt. Die Identität der Viert- und Fünftbeschwerdeführer sind durch die sich im Verwaltungsakt befindlichen Geburtsurkunden geklärt.

Die Einreise der Erst- bis Drittbeschwerdeführer und deren Antragsstellung leiten sich ebenso wie die Geburt der Viert- und Fünftbeschwerdeführer im Bundesgebiet und deren nachträgliche Antragsstellung aus dem vorliegenden Verwaltungsakt ab.

Aus den glaubhaften Angaben der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde gründet die Feststellung darüber, dass der Erst- und die Zweitbeschwerdeführer miteinander verheiratet sind und die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer ihre Kinder sind.

Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Erstbeschwerdeführers ergeben sich aus den sich im Verwaltungsakt befindlichen medizinischen Unterlagen in Form eines vorläufigen Arztberichtes des Landesklinikums B[...]-M[...] vom 25.10.2016. Aus diesem bestätigt sich die Entfernung des entzündeten Blinddarms am 21.10.2016 mittels laparoskopischer Appendektomie und dem Vorschlag einer Nachbehandlung mit einer erhöhten Zufuhr von Magnesium in Form des Mineralstoffpräparats Magnosolv. Ebenso liegt im Verwaltungsakt ein Befundbericht einer Fachärztin für Lungenheilkunde vom 10.11.2016 ein. Mit diesem wird bestätigt, dass der Beschwerdeführer an Asthma und Hyperventilation leidet und wurde ihm als Therapie ein Foster Druckgasinhalator und einer wöchentlichen Einnahme von Aprednislon verschrieben. Mit einem ebenfalls im Verwaltungsakt einliegenden vorläufigen Arztbericht des Landesklinikums B[...]-M[...] vom 13.12.2016 wurde beim Erstbeschwerdeführer eine Darmverdrehung (Sigmavolvulus), eine chronische Verstopfung, Hämorrhoiden und Asthma diagnostiziert. Laut diesem Bericht erfolgte am 07.12.2016 mittels laparoskopischer Sigmaresektion die Behebung seines Darmleidens. Zudem wurde ihm zur Linderung von Schmerzen die Einnahme von Novalgin Tropfen, das Medikament Pantoloc als Magenschutz und für sein Asthma-Leiden das 1A Combivent-Lösung verschrieben. Ebenso wurde ihm für sein Asthma-Leiden bei Bedarf die Einnahme von Seretide forte und Sultanol als Dosier-Aerosole verschrieben. Von Seiten eines Allgemeinmediziners wurde dem Erstbeschwerdeführer am 22.03.2017 ein Überlastungssyndrom, Schlafstörungen und eine Depressio attestiert. Mit Schreiben desselben Allgemeinmediziners vom 24.09.2018 wurde beim Erstbeschwerdeführer die Diagnosen Asthma, Vitiligo und Depressionen attestiert. Zuletzt bestätigte der Erstbeschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung, dass er operiert worden sei und er alle sechs bis sieben Monate zur Kontrolle gehen müsse. Zudem verwende er einen Asthmaspray im Falle von Atemnot. Allfällige medizinische Unterlagen aus denen sich eine Behandlung seiner Depression ergeben würden, legte der Beschwerdeführer jedoch nicht vor. In Österreich unterziehe er sich lediglich wegen seiner Hautproblematik einer medizinischen Heilbehandlung. Hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin sind der Kahnbeinbruch rechts und dessen medizinische Behandlung durch einen Arztbrief des Landesklinikum B[...]-M[...] datierend vom 11.10.2016 medizinisch belegt und ist diese Verletzung - wie in der mündlichen Verhandlung festgestellt werden konnte - augenscheinlich ausgeheilt. Mit Bericht eines Röntgenarztes vom 03.11.2016 wurde bestätigt, dass bei der Zweibeschwerdeführerin ein beidseitige Mammasonographie durchgeführt und dabei mehrere ovaläre bis zu 3 cm große Veränderungen, mit dorsaler Schallverstärkung teils verkalkt und ehestens einem Fibroadenom entsprechend, festgestellt wurden. Vor der belangten Behörde brachte die Zweitbeschwerdeführerin glaubhaft vor, dass sie an Bluthochdruck und an Dauermigräne leide. Medizinische Unterlagen, die ihrer Leiden und eine Behandlung dieser Leiden in Österreich belegen, wurden bislang allerdings nicht in Vorlage gebracht. In der mündlichen Verhandlung bestätigte die Zweitbeschwerdeführerin, dass sie nach wie vor Dauerkopfschmerzen, Bluthochdruck und Knoten in der Brust habe. Diese Leiden seien bereits in ihrem Herkunftsstaat festgestellt worden und habe sie sich diesbezüglich dort bereits medizinischer Heilbehandlungen unterzogen. Die Feststellung, dass die physischen und psychischen Beeinträchtigungen der Erst- und Zweitbeschwerdeführer einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht entgegensteht, ergibt sich aus folgenden Überlegungen: Die chronische Obstipation des Erstbeschwerdeführers lässt sich primär durch eine Änderung der Ernährungs- und Lebensgewohnheiten und des Weiteren medikamentös behandeln und kann dies somit auch vor Ort im Irak ausgeführt werden. Wie sich aus dem Bericht "Country Policy und Information Note Iraq: Medical and healthcare issues" des Home Office vom Mai 2019 ableitet, ist Asthma im Herkunftsstaat des Erstbeschwerdeführers behandelbar und sind Medikamente mit den Wirkstoffen Salbutamol, Beclamethason, Formoterol u.a. in den Kliniken und Apotheken des Landes erhältlich. Gleiches gilt für die dem Erstbeschwerdeführer attestierte Depression, wenn gleich das erkennende Gericht auch nicht außer Acht lässt, dass der irakische Gesundheitssektor in Bezug auf die Versorgung von psychischen Leiden nur eingeschränkte Personal- und Behandlungskapazitäten zur Verfügung stehen. Dass erkennende Gericht lässt jedoch in diesem Zusammenhang auch nicht außer Acht, dass mit Schreiben des Arztes für Allgemeinmedizin vom 22.03.2017 und vom 24.09.2018 lediglich eine "Depression" bestätigt wurde. In diesen Schreiben wurde weder festgehalten, in welcher Häufigkeit und Intensität diese Depression auftritt. Ebenso wenig erschließt sich aus den Schreiben die angeordnete medikamentöse oder therapeutische Behandlung. Aktuelle Befunde in Bezug auf seine psychischen Leiden brachte der Erstbeschwerdeführer zudem nicht vor. Darüber hinaus ergeben sich aus den Angaben des Erstbeschwerdeführer auch keine Indizien dafür, dass er diese Leiden gegenwärtig behandeln lässt. Hinsichtlich seiner Hauterkrankung ist anzumerken, dass es sich hierbei um eine Pigmentstörung handelt, an der in Europa rund 1 % der Gesamtbevölkerung leidet. Es handelt sich hierbei um eine gutartige Erkrankung, was bedeutet, dass der Krankheitsverlauf nicht tödlich ist und die betroffenen Personen keine körperlichen Beschwerden haben. Die Behandlungsmethoden dieser Erkrankung sind vielfältig und reichen von chirurgischen Maßnahmen (Pigmentzelltransplantation), diversen Phototherapie-Verfahren, medikamentöse Behandlung mit Steroiden und anderen Immunsuppressiva oder auch die kosmetische Behandlung mit Selbstbräuner, wasserfeste Abdeckcremes oder kosmetische Tätowierungen (https://www.gesundheit.gv.at/krankheiten/haut-haare-naegel/vitiligio). Berücksichtigt man die Ausführungen des Berichts "Country Policy und Information Note Iraq: Medical and healthcare issues" des Home Office vom Mai 2019 ergibt daraus die Behandelbarkeit der physischen Leiden der Zweitbeschwerdeführerin. So lassen sich Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Irak diagnostizieren und medizinisch behandeln. In Kirkuk ist dies in den öffentlichen Krankenhäusern wie dem XXXX Teaching Hospital oder dem Ibn Al-Baytar Public Hospital möglich. Gängige Medikamente mit den Wirkstoffen zur Behandlung von Bluthochdruck wie beispielsweise Ramipril, Enalapril, Metroprolol, u.a. sind in den Apotheken vor Ort erhältlich. Laut dem Bericht war im Jahr 2016 Brustkrebs die häufigste Form von Krebserkrankungen bei Frauen im Irak. Zugleich führt der Bericht aus, dass den Iraker zur Behandlung von Krebserkrankungen landesweit zehn Krebszentren, 24 Linearbeschleuniger, 25 Radioonkologen, 12 Radioonkologische Fachzentren, 28 Strahlenphysiker sowie 40 Strahlentherapeuten zur Verfügung stehen und es zwei Ausbildungsprogramme für Radioonkologen und Strahlenphysiker gibt. Ebenso leitet sich aus dem Bericht das Vorhandensein gynäkologischer Fachabteilungen ab. Unabhängig davon, bestätigte die Zweitbeschwerdeführerin zuletzt vor dem erkennenden Gericht, dass sie sich die von ihr angegebenen Beeinträchtigungen bereits in ihrem Herkunftsstaat behandeln ließ. Zudem ergaben sich aus den Angaben der Zweitbeschwerdeführerin - insbesondere auch hinsichtlich ihrer Knoten in der Brust - keinerlei Anzeichen einer umgehend notwendigen operativen oder anderweitigen medizinischen Behandlung. Dass die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer gesund sind, resultiert ebenfalls aus den Angaben der Beschwerdeführer zuletzt vor dem erkennenden Gericht.

Die Feststellungen hinsichtlich der Schulbildung, der Arbeitserfahrungen und dem Verdienstes des Lebensunterhaltes der Beschwerdeführer in ihrem Herkunftsstaat basieren auf den Angaben der Erst- bis Drittbeschwerdeführer vor der belangten Behörde und deren gleichlautenden und glaubhaften Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung.

Die vorliegenden familiären Anknüpfungspunkte in ihrem Herkunftsstaat sind durch die Angaben der Erst- und Zweitbeschwerdeführer im Administrativverfahren und den gleichbleibenden Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht belegt. Dabei brachte der Erstbeschwerdeführer vor, dass er seit seiner Ausreise keinen Kontakt mehr zu seiner Familie habe. Im Administrativverfahren gab die Zweitbeschwerdeführerin befragt nach einem allfälligen Kontakt zu ihrer im Herkunftsstaat aufhältigen Familie an, dass sie von sich aus keinen Kontakt zu ihrer Familie wolle. Auch vor dem erkennenden Gericht gab sie an, dass ein Kontakt mit ihrer Familie in ihrem Herkunftsstaat nicht mehr aufrecht sei.

Dass die Beschwerdeführer - abgesehen voneinander - im Bundesgebiet über keine weiteren familiären Anknüpfungspunkte verfügen, leitet sich aus ihren diesbezüglichen Angaben vor dem erkennenden Gericht ab.

Im Verwaltungsakt befinden sich eine undatierte Bestätigung sowie eine Bestätigung vom 25.09.2018 der Gemeinde E[...], demzufolge der Erstbeschwerdeführer seit Mai 2017 ehrenamtlich als Hilfskraft beim Bauhof der Gemeinde arbeitet; eine Bestätigung und Stellungnahme des Unterkunftgebers der Beschwerdeführer datierend vom 04.09.2017 und vom 28.09.2018; der Stellungnahmen den Pfarrprovisoren der Kirchengemeinde E[...] vom 20.09.2017 und vom 01.10.2018; der Teilnahmebestätigung des Österreichischen Integrationsfonds über die Teilnahme des Erstbeschwerdeführers an einem Werte- und Orientierungskurs sowie ein Konvolut privater Unterstützungserklärungen für die Beschwerdeführer und eine Schulbesuchsbestätigung der Neuen Mittelschule P[...] vom 24.09.2018 betreffend die Drittbeschwerdeführerin. Ergänzend wurden im Rahmen der mündlichen Verhandlung ein Schreiben des Bürgermeisters von E[...] an den Bundesminister für Inneres datierend vom 04.12.2019, einer weiteren Stellungnahme des Unterkunftgebers vom 08.01.2020, eine Zeitbestätigung des Österreichischen Integrationsfonds vom 29.11.2019, demzufolge der Zweitbeschwerdeführerin an einer Informationsveranstaltung des Österreichischen Integrationsfonds teilgenommen hat; ein weitere private Unterstützungserklärung datierend vom Dezember 2019 sowie einer weiteren Schulbesuchsbestätigung der Neuen Mittelschule P[...] datierend vom 10.01.2020 betreffend die Drittbeschwerdeführerin vorgelegt. Der Inhalt der einliegenden bzw. vorgelegten Unterlagen deckt sich auch mit den Angaben der Beschwerdeführer vor dem erkennenden Gericht. Die Mitgliedschaft zu einem Verein oder einer Organisation verneinte der Erstbeschwerdeführer. Die Zweitbeschwerdeführerin gab dahingehend befragt an, dass sie regelmäßig an einem Sprachcafé teilnehme. In der mündlichen Verhandlung wurde die Drittbeschwerdeführerin unter anderem auch zu ihrem Schulbesuch und ihren sozialen Anbindungen in Österreich befragt und ergab sich daraus, dass sie deutsch sprechen und sie über einen altersadäquaten Freundeskreis verfügt und dass sie zwei Mal in der Woche nach dem Unterricht zum Volleyballspielen geht. Die Feststellung, dass - trotz der Vorlage der zuvor genannten Unterlagen - keine nennenswerte Integration der Beschwerdeführer vorliegt, ergibt sich aus der Tatsache, dass sich die integrativen Bemühungen der Beschwerdeführer in Zusammenschau mit der Dauer ihres Aufenthaltes in einem überschaubaren Ausmaß erschöpfen. Auch die Deutschkenntnisse sind unterschiedlich stark ausgeprägt. Während die Drittbeschwerdeführerin alters- und schulbedingt gut deutsch spricht, sprechen die Erst- und Zweitbeschwerdeführer äußerst rudimentär deutsch und werden die vom erkennenden Richter gestellten Fragen sinngemäß nicht richtig erfasst.

Zuletzt verneinten die Erst- und Zweitbeschwerdeführer im Zuge der mündlichen Verhandlung, dass sie keiner regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachgehen und sie Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung beziehen.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der Beschwerdeführer ergibt sich der Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

2.3. Zu den Fluchtmotiven der Beschwerdeführer:

Der Erstbeschwerdeführer gab hinsichtlich seines Fluchtvorbringens zusammengefasst an, dass man ihn in seinem Herkunftsstaat mehrfach mit Drohbriefen bedroht und auf ihn zwei- bis drei Mal geschossen habe. Nachdem zuletzt auch noch sein Privat-Pkw in Brand gesetzt worden sei, habe er mit seiner Familie das Land verlassen.

Die Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer machten keine eigenen Fluchtgründe geltend und schlossen sich denen des Erstbeschwerdeführers an.

Im angefochtenen Bescheid versagte die belangte Behörde dem Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer die Glaubhaftigkeit.

Von einem Antragsteller ist ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde bzw. das Gericht muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.

Die Behörde muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert (vgl. VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153).

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung schließt sich das erkennende Gericht den beweiswürdigenden Erwägungen der belangten Behörde an und stimmt ihr dahingehend zu, dass das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers-, aber auch jenes der Zweitbeschwerdeführerin den zuvor genannten Anforderungen nicht entsprach.

Sieht man sich das Einvernahmeprotokoll vom 26.09.2017 an, ist der belangten Behörde zunächst beizupflichten, dass der Erstbeschwerdeführer sein Fluchtvorbringen vor dieser nur wenig spezifiziert und allgemein gehalten schilderte. Details und Einzelheiten wurden erst auf explizites und mehrfaches Nachfragen des einvernehmenden Beamten genannt. Dies deckt sich auch mit den Angaben des Erstbeschwerdeführers vor dem erkennenden Gericht. In seiner mündlichen Verhandlung führt der Erstbeschwerdeführer seine Fluchtmotive aus eigenem Antrieb nur sehr vage, allgemein gehalten und oberflächlich aus. So schildert der Erstbeschwerdeführer bei der ihm in der mündlichen Verhandlung ebenfalls eingeräumten Möglichkeit seine Fluchtvorbringen "ausführlich" darzulegen, im ersten Drittel wiederum nur sehr allgemein gehalten, dass er "sehr oft bedroht" und sein "Auto in Brand gesetzt" worden sei bzw. er als Polizist gearbeitet habe und für die Vollstreckung von Gerichtsurteilen zuständig gewesen sei. Die Drohungen würden von Inhaftierten stammen. Sie hätten ihm angedroht, dass sie entweder seine Tochter, seine Frau oder ihn köpfen würden und hätten sie ihn aufgefordert, das Land zu verlassen, da er hier keinen Platz mehr habe. Das zweite Drittel seines Vorbringens betrifft allgemeine Angaben über den Brand seines Fahrzeuges bzw. den Beschuss seines Fahrzeuges und das verbleibende dritte Drittel enthält allgemeine Ausführungen, weshalb er nicht in den Irak zurückkehren könne bzw. wie sehr sich die Familie im Bundesgebiet integriert habe. Wiederrum fehlt es den Ausführungen des Erstbeschwerdeführer an wesentlichen Details und Einzelheiten - insbesondere bezüglich der an ihn gerichteten Bedrohungen und deren Inhalte - und reagiert er darauf erst auf mehrfaches und explizites Nachfragen durch den erkennenden Richter.

Berücksichtigt man auch die Tatsache, dass der Erstbeschwerdeführer als Polizist in seinem Herkunftsstaat tätig war, musste er sich der Bedeutung von detaillierten, schlüssigen und nachvollziehbaren Aussagen im Klaren sein und ist es daher nicht plausibel, dass er seine Bedrohung und sein Fluchtbringen nicht annähernd an diesen Maßstäben zu schildern vermochte. Wie in diesem Zusammenhang bereits in der mündlichen Verhandlung aufgezeigt, musste sich der Erstbeschwerdeführer ebenso der Bedeutung und der Beweiskraft der an ihn gerichteten Drohbriefe bewusst sein. Es ist daher auch nicht nachvollziehbar, dass der Erstbeschwerdeführer diese zwar zunächst aufbewahrt, aber vor der Ausreise vernichtet. Seinem dahingehenden Einwand, wonach er Angst gehabt habe, dass sich durch das Auffinden dieser Drohbriefe der Gesundheitszustand seiner Frau verschlechtere ist für das erkennende Gericht nicht schlüssig, da diese Aussage im Widerspruch zu den Aussagen der Zweitbeschwerdeführerin steht.

Die Zweitbeschwerdeführerin bestätigt entgegen dem Vorbringen des Erstbeschwerdeführer - wonach er seiner Frau nichts von den Bedrohungen erzählt und auch die Drohbriefe vor ihr versteckt gehalten habe und er seiner Frau und seiner Tochter erst in der Türkei vom Grund für die Ausreise berichtet habe -vor der belangten Behörde vollkommen diametral, dass sie die Drohbriefe gesehen habe und daher bereits im Herkunftsstaat in Kenntnis dieser gewesen sei.

Gegen die Glaubhaftigkeit des Fluchtvorbringens spricht auch mangelnde Stringenz in den Ausführungen zur Bedrohung des Erstbeschwerdeführers. So führt er - wie die belangte Behörde bereits richtig aufzeigte - vor der belangten Behörde zunächst aus, dass seine erste Bedrohung am 13.07.2016 stattfand und dabei auf ihn geschossen worden sei. In seiner weiteren Ausführung bringt er vor, dass zwei Tage später am 15.07.2016 ein Drohbrief vor das Haus gelegt worden sei, in diesem Schreiben habe man ihm die Erschießung angedroht. Zu einem späteren Zeitpunkt in der Einvernahme wird der Erstbeschwerdeführer nochmals um die Schilderung des Vorfalles am 13.07.2016 gebeten. Auf die Frage bringt er nunmehr allerdings diametral vor, dass man ihm am 13.07.2016 geschrieben habe. Konkret habe man ihm in diesen Schreiben mitgeteilt, dass er zu oft in die Kirche gehe und dies aufhören müssen, andernfalls er getötet werde. Dieses Schreiben habe auch eine Drohung gegen die Familie des Erstbeschwerdeführers enthalten. Auf den Vorhalt des Widerspruches argumentierte der Erstbeschwerdeführer, dass er sich im Dienst befunden habe und dabei auf ihn geschossen worden sei und er erst am Nachmittag den Drohbrief erhalten habe. Es ist für das erkennende Gericht nicht plausibel, dass der Erstbeschwerdeführer die Fragen nach der ersten Bedrohung nicht annähernd gleich zu schildern vermag. Seine Argumentation wertet das erkennende Gericht vielmehr als Schutzbehauptung mit der Erstbeschwerdeführer den von der belangten Behörde aufgezeigten Widerspruch zu relativieren versuchte.

Auch die Ausführungen des Erstbeschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung waren geprägt von Widersprüchlichkeiten. Bezeichnete sich der Erstbeschwerde bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 26.09.2017 selbst noch als sunnitischer Moslem, der bereits im Irak schon Kirchen gesucht habe und nunmehr hier in Österreich zum Christentum konvertieren wolle, gibt er vor dem erkennenden Gericht vollkommen diametral an, dass er bereits im Irak konvertiert sei. Den Vorhalt des Widerspruches durch den erkennenden Richter vermochte der Erstbeschwerdeführer nicht plausibel und schlüssig aufzuklären. Insbesondere vermochte das erkennende Gericht auch nicht dem Beschwerdeeinwand - wonach die Angaben der Erstbeschwerdeführer zum Christentum aufgrund von Stress und Unkonzentriertheit zurückzuführen seien - nicht gefolgt werden. Wie sich der erkennende Richter im Rahmen der mündlichen Verhandlung selbst überzeugen konnte und in der Beweiswürdigung zur Glaubenszugehörigkeit unter Punkt 2.2. bereits ausführlich dargelegt wurde, ist das Vorbringen in Bezug auf einen Glaubenswechsel des Erstbeschwerdeführers und seiner Familie nicht glaubhaft ist und liegt keine Konversion der Beschwerdeführer vor. Vielmehr liegt die Vermutung nahe, dass sie durch diese Behauptungen ihrem Fluchtvorbringen eine stärkere Asylrelevanz verleihen wollten.

Widersprüchlich waren auch die Angaben des Erstbeschwerdeführers in Bezug auf den Brand seines Wagens. So gab er bei seiner Einvernahme durch die belangte Behörde an, dass er soeben Dienstschluss gehabt habe und zu Hause etwas gegessen habe. Zu einem späteren Zeitpunkt in der Einvernahme vermeinte der Beschwerdeführer diametral, dass er nach Hause gekommen sei um dort zu Essen und anschließend wieder zur Dienststelle habe fahren wollen.

Ebenso behauptete der Erstbeschwerdeführer bislang, dass er nicht wisse, von wem die Bedrohungen stammen würden. Demgegenüber steigerte er in der mündlichen Verhandlung jedoch sein Vorbringen und vermeinte erstmalig, dass die Drohungen von "Inhaftierten" stammen würden bzw. der "letzte Drohbrief mit Hashd al Shaabi" adressiert gewesen sei. Als der Erstbeschwerdeführer vor dem erkennenden Gericht zu einem späteren Zeitpunkt auf eine gewisse Unlogik in Bezug auf die "Inhaftierten" hingewiesen wurde, widersprach er sich erneut selbst, als er angab, dass er nicht wisse, ob die Drohungen von Inhaftierten oder anderen Personen stammen würden.

Diesbezüglich ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach ein spätes, gesteigertes Vorbringen als unglaubwürdig qualifiziert werden kann. Denn kein Asylwerber würde wohl eine sich bietende Gelegenheit, zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen (VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250).

Das erkennende Gericht lässt nicht außer Acht, dass der Verwaltungsgerichtshof wiederholt Bedenken gegen die unreflektierte Verwertung von Beweisergebnissen der Erstbefragung erhoben hat, weil sich diese Einvernahme nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat. Gleichwohl erachtet er es aber nicht generell als unzulässig, sich auf eine Steigerung des Fluchtvorbringens zwischen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der weiteren Einvernahme eines Asylwerbers zu stützen (vgl. 21.11.2019, Ra 2019/14/0429).

In diesem Zusammenhang ist es nicht nachvollziehbar, dass der Erstbeschwerdeführer bislang immer ausführte, dass er nicht wisse von wem er bedroht werde. Wenn er nunmehr vor dem erkennenden Gericht erstmals die Aggressoren - insbesondere der Hashd al Shaabi -namentlich benennt, erhärtet dies unter Berücksichtigung der vorangegangenen Judikatur den Eindruck einer Steigerung und somit einer mangelnden Glaubhaftigkeit seines Fluchtvorbringens.

Es erweist sich aber auch sein Vorbringen, wonach zwei bis drei Mal auf ihn geschossen worden sei als nicht glaubhaft. Insbesondere deshalb, weil sein dahingehendes Vorbringen ebenfalls wenig Stringenz aufweist. So führt er vor der belangten Behörde im Rahmen seiner freien Erzählung aus, dass auf ihn zwei bis drei Mal geschossen worden sei, er davon jedoch seiner Frau nichts erzählt habe. In weiterer Folge konkretisiert er dieses Vorbringen dahingehend, dass er gemeinsam mit seinem Schwager - der ebenfalls bei der Polizei gearbeitet habe - im Dienst unterwegs gewesen sei. Sie seien beschossen und der Schwager dabei am Arm getroffen worden, er selbst sei jedoch bei diesem Vorfall unverletzt geblieben. In der selben Einvernahme schildert er zu einem späteren Zeitpunkt nochmals explizit nach dem Schussattentat befragt, plötzlich ein vollkommen anderes Vorbringen. Demnach sei er eines Tages gegen 11:00 Uhr mit einem weiteren Kollegen zu einem Einsatz gerufen worden. Nach Beendigung dieses Einsatzes seien sie in seinem Privatauto zurück zur Dienststelle gefahren und auf dem Weg dorthin von Unbekannten aus einem Auto heraus zunächst von hinten beschossen worden. Danach hätten die Angreifer den Wagen des Erstbeschwerdeführers überholt und im Vorbeifahren nochmals eine Salve über das Fahrzeug des Erstbeschwerdeführers hinweggelassen. Es ist für das erkennende Gericht einerseits nicht nachvollziehbar, dass der Erstbeschwerdeführer diesen Vorfall nicht bereits im Rahmen der seiner freien Schilderung erzählt, sondern erst auf explizites Nachfragen durch den einvernehmenden Beamten. Auch in seinen dahingehenden Ausführungen vor dem erkennenden Gericht zeigt sich abermals die mangelnde Stringenz. So schildert er in seiner freien Erzählung, dass man auf ihn zwei bis drei Mal geschossen habe und er dabei mit seinem Schwager im Auto unterwegs gewesen sei. Auf konkretes Nachfragen des erkennenden Richters schildert der Erstbeschwerdeführer diesen Vorfall abschließend in fünf allgemein gehaltenen Sätzen. Auf neuerliches Nachfragen, ob dies der erste Vorfall mit dem Schussattentat gewesen sei, vermeint der Erstbeschwerdeführer lediglich, dass er dies nicht wisse und auch nicht erklären könne. Er könne sich allerdings erinnern, dass er zwei bis drei Mal beschossen worden und er einmal in seinem (Anm. gemeint Privat-) Auto unterwegs gewesen sei. Weitere Angaben dazu tätigt der Erstbeschwerdeführer nicht. Auch wenn mitunter bereits ein gewisser Zeitraum seit den behaupteten Schussattentaten vergangen ist und durchaus gewisse Einzelheiten möglicherweise nicht mehr präsent sind, ist es dennoch nicht plausibel, dass der Erstbeschwerdeführer diese Schussattentate nicht gleichbleibend zu schildern vermag. Nicht unberücksichtigt lässt das erkennende Gericht auch, dass ein Schussattentat durchaus ein einschneidendes Erlebnis ist - auch für einen Polizisten. Daher spricht es einerseits auch nicht für das Vorbringen, dass er zum "zweiten" Vorfall in seinem eigenen Privatwagen vor dem erkennenden Gericht keinerlei Angaben tätigen kann. Zumal auch deshalb, weil er dieses vor der belangten Behörde doch ausführlicher schilderte. Andererseits ist es auch nicht glaubhaft, dass sich der Erstbeschwerdeführer seinen Angaben nach an kein Datum erinnern könne, wenn er vor der belangten Behörde noch den 13.07.2016 als Zeitpunkt eines Beschusses nannte. Als weiteres Indiz für mangelnde Glaubhaftigkeit dieses Vorbringens ist auch ein Widerspruch, in den sich der Erstbeschwerdeführer verwickelt. So behauptet der Erstbeschwerdeführer in seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde vom 26.09.2017, dass er seiner Frau von den zwei bis drei Schussattentaten "bis heute" nichts erzählt habe. Demgegenüber bringt er vor dem erkennenden Gericht auf explizites Nachfragen vor, dass er ihr von den Schussattentaten berichtet habe, als sie in der Türkei - somit bereits unmittelbar nach der Ausreise im August 2016 - gewesen seien.

Dem Beschwerdeeinwand, wonach bei der Zweitbeschwerdeführerin die Wehen eingesetzt hätten und ihre Einvernahme "hastig" durchgeführt worden sei und deshalb ihrer Aussagen bzw. den Widersprüchen keine Bedeutung beizumessen seien sowie dem Einwand, dass auch der Erstbeschwerdeführer unter diesen Umständen angespannt gewesen sei und sich nicht konzentrieren habe können, vermochte das erkennende Gericht aus folgenden Überlegungen nicht folgen: Zunächst wurde der Erstbeschwerdeführer von der belangten Behörde einvernommen. Seine Befragung dauerte von 08:15 Uhr bis 12:50 Uhr. Er verwies in dieser Niederschrift zwar, dass die Zweitbeschwerdeführerin schwanger sei und sie "so Gott will, das Kind heute, morgen oder übermorgen auf die Welt bringen" werde. Aus den Ausführungen des Erstbeschwerdeführers geht somit jedoch nicht hervor, dass die Zweitbeschwerdeführerin zum Zeitpunkt seiner Einvernahme in den Wehen lag und somit seine Konzentration und die Einvernahme beeinträchtigt gewesen wäre. Gleiches gilt für die Befragung der Zweitbeschwerdeführerin. Sie wurde von der belangten Behörde im Anschluss an den Erstbeschwerdeführer einvernommen und begann diese um 13:10 Uhr und endete um 15:20 Uhr. Die Tatsache, dass die Einvernahme rund zwei Stunden und zehn Minuten andauerte und auch sie ausführlich zu den Fluchtmotiven befragt wurde, widerspricht dem Einwand, wonach die Einvernahme "hastig" durchgeführt worden sei. Auch ergeben sich aus ihrem Einvernahmeprotokoll keinerlei Anzeichen, dass sie zum Zeitpunkt der Einvernahme in den Wehen lag oder diese begonnen hätten. Einerseits deshalb, weil die Zweitbeschwerdeführerin die Frage des einvernehmenden Beamten, ob sie sich "heute gesund fühle und in der Lage sei" Angaben zu ihrem Asylverfahren zu machen, explizit mit ja beantwortete. Sie verwies zwar zu einem späteren Zeitpunkt nochmals darauf, dass sie "hochschwanger" sei und "heute den Geburtstermin" habe, aber ein Einsetzen der Wehen wurde von ihr nicht behauptet und ergaben sich diesbezüglich auch keinerlei Protokollanmerkungen des einvernehmenden Beamten, wonach eine schwangerschafts- bzw. geburtsbedingte Beeinträchtigung der Einvernahme vorgelegen wäre oder erkennbar gewesen sei.

Auch dem Beschwerdeeinwand, wonach sich die von der belangten Behörde beanstandeten Widersprüche großteils auf Dolmetschprobleme zurückführen lassen, kann nicht gefolgt werden. Durchaus lässt das erkennende Gericht nicht unbeachtet, dass die Erstbefragung in Kurdisch-Badini - und nicht wie im Beschwerdeschriftsatz behauptet in Farsi - erfolgte. Dieser Umstand wurde vom Erstbeschwerdeführer bereits zu Beginn seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde gerügt. Dabei brachte der Erstbeschwerdeführer auch vor, was nicht richtig protokolliert worden sei. Er berichtigte das Geburtsdatum seiner Frau und brachte korrigierend vor, dass er Polizist gewesen sei und seine Einheit mit Peshmerga-Kämpfern bei Kämpfen gegen die Terroristen kooperiert habe. Darüber monierte der Erstbeschwerdeführer das Erstbefragungsprotokoll nicht und vermeinte, dass sonst alles gepasst habe. Die Einvernahme durch die belangte Behörde selbst, fand in Kurdisch-Sorani statt und ergaben sich dahingehend keinerlei Verständigungsprobleme, wie von den Beschwerdeführern auch explizit bestätigt. Berücksichtigt man nun die Beweiswürdigung der belangten Behörde, werden hauptsächlich Widersprüche aus der niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde aufgezeigt. Hinsichtlich der beanstandeten Erstbefragung wird lediglich auf die "Inhaftierungsproblematik" Bezug genommen und auch hier von der belangten Behörde darauf verwiesen, dass der Erstbeschwerdeführer diesen Punkt bei seiner Protokollrüge zu Beginn der niederschriftlichen Einvernahme nicht beanstandete. Somit kann dem Beschwerdeeinwand, wonach sich die Widersprüche "großteils" auf Dolmetschprobleme zurückzuführen seien, nicht gefolgt werden.

Unter Berücksichtigung der in der Beschwerde monierten Dolmetschproblematik bestätigen auch die Angaben des Erstbeschwerdeführers vor der belangten Behörde zu seiner vermeintlichen "unrechtmäßigen Inhaftierung zu 11 Jahren durch die irakische Regierung" den im Rahmen der mündlichen Verhandlung gewonnen Eindrucks eines nicht stringenten Fluchtvorbringens. Zumal es für das erkennende Gericht auch nicht nachvollziehbar ist, dass der Erstbeschwerdeführer bei der ihm in der Erstbefragung eingeräumten Möglichkeit einer "kurzen Darlegung" seiner Fluchtmotive, allgemein ins Treffen führt, dass es Leute im Irak gäbe, die für elf oder auch zwölf Jahre ins Gefängnis kommen würden und damit Ausführungen tätigt, die in Bezug auf seine Person absolut belanglos sind. Demgegenüber lässt er wesentliche, ihn betreffende Punkte seines Fluchtmotives wie beispielsweise eine allfällige geänderte religiöse Überzeugung, die mehrfachen Drohbriefe oder aber auch die mehrfachen Schussattentate auf ihn in der Erstbefragung vollkommen unerwähnt.

Dem Beschwerdeeinwand, wonach die belangte Behörde "aktenwidrig" angenommen habe, dass die Beschwerdeführer über "zahlreiche Verwandte" verfügen, kann ebenfalls nicht beigetreten we

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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