TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/1 W170 2201032-1

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Veröffentlicht am 01.04.2020
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Entscheidungsdatum

01.04.2020

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W170 2201032-1/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch 1. MigrantInnenverein St. Marx und 2. ehem. Rechtsanwalt Dr. Lennart BINDER, LL.M., gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.06.2018, Zl. IFA: 1139520903 Verfahren: 170012405, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, und § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 53/2019, mit der Maßgabe abgewiesen, dass Spruchpunkt I. zu lauten hat:

"I. Ihr Antrag auf internationalen Schutz vom 04.01.2017 wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 53/2019, abgewiesen."

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2019, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

XXXX (in Folge: Beschwerdeführerin), eine volljährige, syrische Staatsangehörige, reiste rechtswidrig nach Österreich ein und stellte am 04.01.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen des behördlichen Ermittlungsverfahrens gab die Beschwerdeführerin an, Syrien gemeinsam mit ihrem Bruder, der als Soldat bei der syrischen Armee verletzt worden sei, deswegen Urlaub erhalten habe und in der Türkei medizinisch versorgt worden sei, verlassen zu haben. Sie fürchte sich vom IS oder "den Kurden" entführt zu werden.

Mit im Spruch bezeichneten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.06.2018 wurde der Antrag im Hinblick auf die Zuerkennung des "Status des Asylberechtigten" abgewiesen, unter einem wurde der Beschwerdeführerin der "Status des subsidiär Schutzberechtigten" zuerkannt sowie dieser eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin eine gegen sie gerichtete Gefahr einer Verfolgung oder Bedrohung nicht habe glaubhaft machen können.

Der Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 14.06.2018 zugestellt.

Gegen Spruchpunkt I. des oben dargestellten Bescheides richtet sich die am 09.07.2018 bei der Behörde eingebrachte Beschwerde.

Begründend wurde darauf verwiesen, dass die syrischen Sicherheitsbehörden ganze Familien missliebiger Personen unter Generalverdacht stellen würden, die Beschwerdeführerin habe durch ihre Flucht aus Syrien ihre regimefeindliche Haltung unter Beweis gestellt. Auch befürchte die Beschwerdeführerin, dass sie als Frau durch das Erstarken islamistischer Terrorgruppierungen bedroht sei, ihre in Österreich bestehende westliche Lebensausrichtung mache eine Rückkehr nach Syrien unzumutbar.

Die Beschwerde wurde samt den relevanten Verwaltungsakten am 16.07.2018 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt, das am 19.02.2019 und - nach Durchführung weiterer Ermittlungen - am 27.02.2020 eine mündliche Verhandlung durchgeführt hat; in dieser verzichtete die Beschwerdeführerin auf die sofortige mündliche Verkündung des Erkenntnisses.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. XXXX ist eine volljährige, syrische Staatsangehörige, die der Volksgruppe der Kurden und der Konfession der Sunniten angehört, deren Identität feststeht und die in Österreich unbescholten ist.

XXXX hat erst nach ihrer Einreise in Österreich und lediglich nach islamischem Recht XXXX , dem der Status des Asylberechtigten in Österreich zukommt, geheiratet. Mit diesem hat sie einen unmündigen Sohn namens XXXX , dem über XXXX im Rahmen des Familienverfahrens der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde.

1.2. XXXX hat am 04.01.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, dieser wurde mit im Spruch bezeichneten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.06.2018 im Hinblick auf die Zuerkennung des "Status des Asylberechtigten" abgewiesen, unter einem wurde XXXX der "Status des subsidiär Schutzberechtigten" zuerkannt sowie dieser eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

Der Bescheid wurde XXXX am 14.06.2018 zugestellt, gegen dessen Spruchpunkt I. richtet sich die am 09.07.2018 eingebrachte Beschwerde.

1.3. XXXX hat in Syrien maturiert und an der Universität Aleppo arabische Literatur studiert, wenn auch nicht abgeschlossen. Es ist daher und weil dies zuvor weder nach den Rückübersetzungen der jeweiligen Einvernahme noch in der Beschwerde gerügt wurde, nicht nachvollziehbar, dass diese den Dolmetscher in der Erstbefragung nicht verstanden habe, weil dieser "Araber" gewesen sei.

1.4. XXXX stammt aus der Stadt Amude (kurdisch Amûdê) im Gouvernement al-Hasaka. Die Stadt Amude und der ganze gleichnamige Distrikt, dessen Hauptstadt Amude ist, sind in der Hand der Kurden. In Amude können weder der IS noch das syrische Regime noch die türkische Armee auf XXXX greifen.

Im Rahmen der Erstbefragung am 04.01.2017 hat XXXX angegeben, Syrien aus Angst vor Entführung und Ermordung durch IS-Terroristen verlassen zu haben, im Falle der Rückkehr nach Syrien habe sie Angst um ihr Leben.

Im Rahmen der behördlichen Einvernahme am 18.05.2018 hat XXXX angegeben, dass sie in Syrien arabische Literatur an der Universität von Aleppo studiert habe, im Jänner 2017 illegal ausgereist sei, in Amude gelebt habe, dort aber wegen der unsicheren Lage nicht mehr leben könne, in Syrien weder persönlich verfolgt noch bedroht worden sei und keine eigenen Fluchtgründe habe, sondern einen Antrag auf ein Familienverfahren in Bezug auf den unter 1.1. genannten Sohn stellen würde. Sie habe in Syrien keine Probleme mit den Behörden gehabt, sei nicht politisch tätig gewesen und habe nicht an Demonstrationen teilgenommen. Im Falle der Rückkehr befürchte XXXX von den Kurden oder dem IS entführt zu werden.

Im Rahmen der Beschwerde vom 09.07.2018 wurde auf die bisher vorgebrachten Fluchtgründe hingewiesen sowie auf die Gefahr einer nicht näher dargestellten geschlechterspezifischen Verfolgung bzw. wurde auf deren besondere Vulnerabilität als Frau ohne familiären Rückhalt hingewiesen.

In der am 19.02.2019 durchgeführten, am 27.02.2020 fortgesetzten, mündlichen Verhandlung führte XXXX aus, dass sie keine Verwandten mehr in Syrien habe, ihre Familie würde in Deutschland wohnen. Sie sei im Juli 2015 gemeinsam mit ihrem verwundeten Bruder aus Syrien in die Türkei ausgereist, um diesen behandeln zu lassen. Dieser sei Soldat bei der syrischen Armee gewesen und habe XXXX dafür bürgen müssen, dass dieser nach zwei Monaten wieder zurückkomme, was aber nicht passiert sei. Auch habe die YPG sie für die Fraueneinheiten rekrutieren wollen, man habe ihr eine Woche Bedenkzeit gegeben, widrigenfalls man sie mit Zwang rekrutieren würde. Sie habe in Syrien auch einmal an einer Demonstration gegen das Regime teilgenommen. Auch in Österreich habe sie einmal an einer Demonstration gegen die Türkei und das syrische Regime teilgenommen.

Glaubwürdig ist, dass XXXX im Falle einer Rückkehr eine alleinstehende Frau wäre; als solcher droht XXXX in Amude aber keine Verfolgung.

Nicht glaubwürdig ist das Vorbringen, dass die YPG bzw. deren Fraueneinheiten versucht hätten, XXXX zwangsweise zu rekrutieren. XXXX droht im Falle einer Rückkehr nach Amude weder eine Zwangsrekrutierung durch die YPG oder durch ihre Fraueneinheiten noch eine andere Verfolgung. Alle anderen vorgebrachten Verfolger - der IS, das syrische Regime bzw. die syrische Armee und die türkische Armee - können in Amude nicht auf XXXX greifen.

Eine andere Verfolgung als die oben dargestellte hat XXXX nicht vorgebracht noch ist eine solche amtswegig zu erkennen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zu 1.1. stützen sich auf die Aktenlage, insbesondere den vorgelegten Reisepass der Beschwerdeführerin, die Geburtsurkunde ihres Sohnes, die eingeholte Strafregisterauskunft und die diesbezüglich nachvollziehbaren Angaben zu ihren persönlichen Angaben sowie zu ihrer Beziehung zu XXXX .

2.2. Die Feststellungen zu 1.2. stützen sich auf die unbedenkliche Aktenlage.

2.3. Die Feststellungen zu 1.3. hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin genossenen Ausbildung ergeben sich aus dem vorgelegten Maturazeugnis und der vorgelegten Studienbestätigung.

Dass die Beschwerdeführerin weder nach der Rückübersetzung der jeweiligen Einvernahme - die Rückübersetzung hat die Beschwerdeführerin in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich eingeräumt (siehe Verhandlungsprotokoll vom 19.02.2019, S. 3) - noch in der Beschwerde Verständigungsschwierigkeiten eingeräumt hat, ergibt sich aus der Aktenlage. Hinsichtlich der Befragung beim Bundesamt hat die Beschwerdeführerin auch eingeräumt, die Dolmetscherin gut verstanden zu haben, sie habe sich aber an der Aussage vor der Polizei orientiert. Jedenfalls wäre die Beschwerdeführerin, die schon beim Bundesamt (siehe Einvernahmeprotokoll, S. 2) ausdrücklich gefragt wurde, ob ihre Angaben bei der Polizei der Wahrheit entsprochen hätten und diese rückübersetzt und korrekt protokolliert worden seien, spätestens bei der behördlichen Einvernahme in der Lage gewesen, die vorgebrachten Probleme bei der Erstbefragung zu schildern. Durch die erst jetzt gemachten Hinweise auf Probleme, die noch dazu nicht nachvollziehbar sind, sind die Angaben, den Dolmetscher in der Erstbefragung nicht verstanden zu haben, nicht nachvollziehbar.

2.4. Die Feststellungen zu 1.4. hinsichtlich des Herkunftsgebietes der Beschwerdeführerin gründen sich auf deren diesbezüglich glaubhafte Angaben; dass das Herkunftsgebiet in der Hand der Kurden ist, ergibt sich aus den in das Verfahren eingeführten Länderinformationsblatt sowie einer aktuell durchgeführten Nachschau auf der Homepage https://syria.liveuamap.com/. Dem wurde trotz Vorhalt auch nicht widersprochen. Da die Kurden im Herkunftsgebiet der Beschwerdeführerin die Macht in der Hand haben, können weder der IS noch das Regime noch die türkische Armee in diesem Gebiet auf die Beschwerdeführerin greifen. Dies ergibt sich hinsichtlich des Regimes aus dem diesbezüglich unwidersprochen gebliebenen Länderinformationsblatt (siehe 1. Politische Lage), nach dem es weiterhin Landesteile gebe, in denen die syrische Regierung effektiv keine Kontrolle ausübt. Diese würden, so weiter, entweder durch Teile der Opposition, kurdische Einheiten, ausländische Staaten oder auch durch terroristische Gruppierungen kontrolliert. Weiters führt das Länderinformationsblatt unter der gleichen Überschrift, weiter unten an, dass das Baath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurückgezogen habe. Es gibt auch keine Berichte, dass das Regime in Amude - wie etwa in Kobane - eingerückt wäre.

Die Feststellungen zum Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Erstbefragung, der behördlichen Einvernahme und der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ergeben sich ebenso aus der Aktenlage wie der Inhalt der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes.

Dass die Beschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr nach Amude eine alleinstehende Frau wäre, ergibt sich aus ihrem diesbezüglich glaubhaften Vorbringen, dass ihr diesbezüglich aber in Amude keine Verfolgung droht, aus folgenden, auf dem unwidersprochen gebliebenen Länderinformationsblatt fußenden Überlegungen:

Nach dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, die den in § 5 BFA-Einrichtungsgesetz entsprechenden Standards genügen muss, ist die Situation von kurdischen Frauen in den kurdischen Gebieten im Nordosten Syriens in Bezug auf Unabhängigkeit, Bewegungsfreiheit und die Vormundschaftsgesetze der selbsternannten Autonomieregierung besser. Frauen und Männer sind in der Regierung zu gleichen Teilen repräsentiert, es werden per Gesetz alle Regierungseinrichtungen von einem Mann und einer Frau gleichzeitig geleitet und die meisten staatlichen Behörden und Gremien müssen zwischen Männern und Frauen gleich besetzt sein, abgesehen von Einrichtungen, die nur für Frauen sind. Im November 2014 beschloss die Autonomieregierung ein Dekret, das die "Gleichheit zwischen Männern und Frauen in allen Sphären des öffentlichen und privaten Lebens" vorsieht. Demnach haben Frauen in den Augen des Gesetzes den gleichen Status wie Männer, auch zum Beispiel bezüglich Scheidung und Erbrecht. Polygamie, Ehrenmorde, Zwangsehen, Ehen von Minderjährigen und andere Formen von Gewalt gegen Frauen wurden verboten. Frauenkomitees, Frauenhäuser und Frauenzentren wurden eingerichtet, um Frauen zu schützen und zu vertreten, in den Themen Politik, Wirtschaft, Kultur und Recht weiterzubilden, und ihnen die Möglichkeit zu geben über familiäre und soziale Probleme zu sprechen und Lösungen zu finden. Auch arabische und christliche Frauen nutzen die Zentren. Die Emanzipation der Frauen in Nordsyrien ist ein laufender Prozess. Patriarchale Traditionen sind dort tief eingebettet und mit Religion verbunden. In Gebieten mit arabischer Mehrheitsbevölkerung, die konservativer sind und in denen tribale Strukturen noch stark verwurzelt sind, ist es schwerer für die kurdischen Behörden Gleichberechtigungsmaßnahmen ohne Widerstand durchzusetzen. Die zivile Verwaltung der kurdisch kontrollierten Provinzen im Norden des Landes, der sogenannten "Demokratischen Föderation Nordsyrien" (kurdisch Rojava) hat die Institution der Zivilehe eingeführt, die unabhängig von der religiösen Zugehörigkeit der Nupturienten vor den zuständigen Behörden geschlossen werden kann. Insgesamt kommen zwar auf eine alleinstehende Frau im kurdisch kontrollierten Gebiet Schwierigkeiten zu, aber es ist nicht zu sehen, dass diese das Maß einer Verfolgung erreichen, da die kurdischen Behörden offensichtlich - dies ergibt sich insbesondere aus der Einrichtung von Frauenschutzeinrichtungen - bemüht sind, Frauen zu schützen. Dies gilt nicht - was aber hier nicht entscheidungsrelevant ist - in nicht von den Kurden kontrollierten Gebieten.

Dass das Vorbringen, die YPG bzw. deren Fraueneinheiten hätten versucht, die Beschwerdeführerin zwangsweise zu rekrutieren, nicht glaubwürdig ist, ergibt sich aus dem Umstand, dass dieser Fluchtgrund vor der Behörde überhaupt keine Erwähnung fand. Auch die Länderberichte zeigen kein Bild von systematischer Zwangsrekrutierung von Frauen, auch wenn es insbesondere hinsichtlich minderjähriger Mädchen immer wieder solche Berichte gibt. Die Beschwerdeführerin ist aber inzwischen 30 Jahre alt, Mutter und hat keinerlei militärische Erfahrung oder Ausbildung, daher ist nicht zu sehen, warum die kurdischen Einheiten an der Beschwerdeführerin ein Interesse im Hinblick auf Zwangsrekrutierungen haben sollten.

Dass eine andere Verfolgung nicht vorgebracht wurde, ergibt sich aus der Aktenlage; ebenso, dass eine solche nicht zu erkennen war.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gemäß § 3 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 53/2019 (in Folge: AsylG), ist Asylwerbern auf Antrag der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft gemacht wurde, dass diesen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955 in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (in Folge: GFK), droht und dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG gesetzt hat.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG ist unter Herkunftsstaat der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt, oder - im Falle der Staatenlosigkeit - der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes zu verstehen. Dies ist im vorliegenden Fall zweifellos Syrien.

3.2. Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, droht einer Person, die sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; ebenso droht entsprechende Verfolgung einer Person, die staatenlos ist und sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in den Herkunftsstaat zurückzukehren. Es ist auszuführen, dass § 3 Abs. 1 AsylG auf den Flüchtlingsbegriff (drohende Verfolgung im Herkunftsstaat) im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK verweist. Danach ist entscheidend, ob glaubhaft ist, dass den Fremden in ihrem Herkunftsstaat Verfolgung droht. Dies ist dann der Fall, wenn sich eine mit Vernunft begabte Person in der konkreten Situation der Asylwerber unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat fürchten würde (VwGH 24.06.2010, 2007/01/1199). Weiters setzt die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung nicht voraus, dass der Asylwerber vor seiner Ausreise eine individuell gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlung bereits erlitten haben müsste oder ihm zumindest eine solche bereits konkret angedroht worden wäre; eine derartige Befürchtung ist auch dann gerechtfertigt, wenn die Verhältnisse im Heimatland des Asylwerbers dergestalt sind, dass die Angst vor der vorgebrachten, drohenden Verfolgung objektiv nachvollziehbar ist (siehe VwGH 25.01.1996, 95/19/0008, wenn auch zum Asylgesetz 1991, BGBl. Nr. 8/1992 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 76/1997, jedoch unter Bezugnahme auf den Flüchtlingsbegriff der GFK).

Wie oben dargestellt, hat die Beschwerdeführerin das sich auf die vorgebrachten Vorfälle in Syrien abstellende Fluchtvorbringen nicht glaubhaft gemacht.

3.3. Da darüber hinaus keine im Falle der Rückkehr in das Herkunftsgebiet in Syrien drohende Verfolgung hervorgekommen ist, ist die Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, allerdings der Spruch insoweit zu ändern, als gemäß § 69 2. Satz AsylG bei der Anwendung der Bezeichnung auf bestimmte natürliche Personen jeweils die geschlechtsspezifische Form zu verwenden ist, hier also insbesondere im Spruch der Antrag nicht auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sondern der Asylberechtigten abzuweisen ist. Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 104/2019, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2019, (in Folge: B-VG) zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht hat unter A) die relevante Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dargestellt und diese seiner Entscheidung zu Grunde gelegt; da darüber hinaus keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung zu erkennen waren, ist die Revision nicht zulässig.

Schlagworte

Asylantragstellung asylrechtlich relevante Verfolgung Asylverfahren begründete Furcht vor Verfolgung Fluchtgründe Glaubhaftmachung Glaubwürdigkeit mündliche Verhandlung Verfolgungsgefahr Verfolgungshandlung wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W170.2201032.1.00

Im RIS seit

11.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

11.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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