TE Vwgh Erkenntnis 1998/1/20 97/11/0306

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.01.1998
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §64 Abs1;
AVG §66 Abs4;
KFG 1967 §65 Abs2;
KFG 1967 §73 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des J in H, vertreten durch Dr. Georg Santer, Rechtsanwalt in Innsbruck, Anichstraße 29/III, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 4. September 1997, Zl. IIb2-K-3315/8-1997, betreffend Befristung einer Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 7. Februar 1996 wurde die Lenkerberechtigung des Beschwerdeführers für Kraftfahrzeuge der Gruppen A, B, C und E gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 bis 25. September 1996 befristet. Dieser Bescheid enthielt keinen Ausspruch betreffend Ausschluß der aufschiebenden Wirkung einer Berufung im Sinne des § 64 Abs. 2 AVG. Der Grund für die Befristung lag in der Annahme, der Beschwerdeführer sei zwar "gegenwärtig" geistig und körperlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen geeignet, "eine Kontrolluntersuchung nach einem Jahr" sei "wegen der bestehenden Gefahr einer Verschlechterung der depressiven Symptomatik geboten".

Der Beschwerdeführer berief gegen diesen Erstbescheid. Die belangte Behörde holte ein medizinisches Gutachten ihres Amtssachverständigen ein. In diesem mit 29. Jänner 1997 datierten Gutachten wird abschließend festgestellt, daß der Beschwerdeführer im Normalfall zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet sei, "in den Krankheitsphasen wohl gewisse Einschränkungen" gegeben seien, "wobei bei länger dauernden Krankheitsphasen wohl die Lenkertauglichkeit dann in Frage gestellt werden müßte". Deswegen sei "es von ärztlicher Seite jedenfalls notwendig, zwecks Verlaufskontrolle eine Befristung der Lenkerberechtigung vorzusehen in der Weise, wie es bereits im amtsärztlichen Gutachten der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck ... vorgeschlagen wurde".

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer der Sache nach Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Da der Berufung gegen den Erstbescheid die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt worden war, wurde die Befristung zunächst nicht wirksam. Der angefochtene Bescheid erging nach Ablauf der im Erstbescheid gesetzten Frist. Die Abweisung der Berufung bewirkte damit die rückwirkende Entziehung der Lenkerberechtigung des Beschwerdeführers (mit 25. September 1996). Zu einer solchen rückwirkenden Entziehung besteht nach dem Gesetz keine Handhabe.

Dazu kommt, daß dem Gutachten des ärztlichen Amtssachverständigen der belangten Behörde zu entnehmen ist, daß der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Untersuchung (28. Jänner 1997) geistig und körperlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen geeignet war und eine Nachuntersuchung wie im Gutachten des Amtsarztes der Erstbehörde vorgeschlagen vorzusehen sei. In diesem Vorgutachten war - bei angenommener aktueller Eignung des Beschwerdeführers - von einer Nachuntersuchung binnen einem Jahr die Rede. Wenn sich der Amtsarzt der belangten Behörde darauf bezogen hat, kann dieser Aussage sinnvollerweise nur der Inhalt beigemessen werden, er halte eine Nachuntersuchung binnen einem Jahr nach seiner Untersuchung des Beschwerdeführers für notwendig. Wenn die belangte Behörde in freier Beweiswürdigung der Einschätzung ihres Amtssachverständigen gefolgt ist, hätte sie den Erstbescheid in Ansehung der Terminisierung der Befristung abändern müssen.

Der angefochtene Bescheid war aus den genannten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne daß es eines Eingehens auf das weitere Beschwerdevorbringen bedurfte.

Angesichts der Erledigung der Beschwerde erübrigte sich ein Abspruch über den zur hg. Zl. AW 97/11/0089 protokollierten - Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer in dem Pauschalbetrag für Schriftsatzaufwand nach der zitierten Verordnung bereits enthalten ist.

Schlagworte

Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche Entscheidungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997110306.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten