TE Vwgh Erkenntnis 1998/1/20 96/11/0133

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Veröffentlicht am 20.01.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/02 Arbeitnehmerschutz;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;

Norm

ArbIG 1993 §23 Abs1;
AVG §68 Abs1;
AZG §12;
AZG §14;
AZG §16;
AZG §28 Abs1;
VStG §5 Abs1;
VStG §5 Abs2;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. Franz Bixner jun., Rechtsanwalt in 1120 Wien, Meidlinger Hauptstraße 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 9. Februar 1996, Zl. UVS-04/A/41/00018/96, betreffend Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen vierzehn Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer einer näher bezeichneten Gesellschaft m.b.H. zu verantworten, daß in den Monaten Februar und März 1995 15 namentlich genannte Arbeitnehmer dieser Gesellschaft in näher bezeichneten Fällen unter Verstoß gegen Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes - AZG beschäftigt worden seien. Über den Beschwerdeführer wurden 15 Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend; er beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Der Beschwerdeführer hat auf die Gegenschrift repliziert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Das Vorbringen, es sei keine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung anberaumt und der Beschwerdeführer dadurch im Recht auf Parteiengehör verletzt worden, steht mit der Aktenlage im Widerspruch. Die mündliche Verhandlung wurde am 19. Februar 1996 durchgeführt; die Ladung dazu hatte der Beschwerdeführer am 24. Jänner 1996 eigenhändig übernommen.

Der Beschwerdeführer bestreitet seine strafrechtliche Verantwortung mit dem Argument, er habe den Prokuristen E.F. als verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 VStG für die Einhaltung unter anderem des Arbeitszeitgesetzes in jener. Filiale, in der sich die gegenständlichen Verstöße ereignet hätten, bestellt. Der Beschwerdeführer tritt allerdings der durch die Aktenlage gedeckten Feststellung, daß die Bestellungsurkunde einschließlich des Zustimmungsnachweises des E.F. nicht dem zuständigen Arbeitsinspektorat übermittelt worden sei, nicht entgegen. Daraus folgt im Lichte der seit 1. April 1993 geltenden Bestimmung des § 23 Abs. 1 ArbIG (danach wird die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 und 3 VStG erst rechtswirksam, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des/der Bestellten eingelangt ist), daß die Bestellung des E.F. zum verantwortlichen Beauftragten unwirksam und damit der Beschwerdeführer weiterhin strafrechtlich verantwortlich war.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, daß bereits E.F. als "verantwortlicher Beauftragter" wegen derselben Übertretungen mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom 22. November 1995 rechtskräftig bestraft worden sei. Es sei unzulässig, nunmehr auch ihn wegen eben dieser Verwaltungsübertretungen zu bestrafen, weil ein und dieselbe Verwaltungsübertretung wohl nur von einer Person gesetzt werden könne und die Behörde eben schon E.F. als Täter ausgeforscht und verurteilt habe. Das besagte Straferkenntnis bewirke Bindung dahin, daß damit die Täterschaft des Beschwerdeführers auszuschließen sei.

Bei diesem Vorbringen läßt der Beschwerdeführer die subjektiven Grenzen der Rechtskraft des Straferkenntnisses vom 22. November 1995 (siehe dazu näher Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts6, Rz 485) außer acht. Dieses Straferkenntnis entfaltet Bindungswirkung nur dahin, daß der Bestrafte (E.F.) gegen sich gelten lassen muß, die im Spruch umschriebene Tat begangen zu haben. Diese Bindung steht aber der Bestrafung des Beschwerdeführers wegen desselben Sachverhaltes nicht entgegen. Die belangte Behörde hatte somit ohne Bindung an das besagte Straferkenntnis zu beurteilen, ob die Bestellung des E.F. zum verantwortlichen Beauftragten wirksam und damit die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers entfallen war. Im Hinblick auf die seit April 1993 geltende Rechtslage hat sie diese Frage zutreffend verneint. (Die Rechtmäßigkeit des gegen E.F. ergangenen Straferkenntnisses ist hier nicht zu prüfen; in diesem zusammenhang wird auf § 52a VStG hingewiesen.)

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, daß er § 23 ArbIG nicht gekannt habe und ihm ein unverschuldeter Rechtsirrtum schon deswegen zugute zu halten sei, weil offenbar selbst die Verwaltungsbehörde erster Instanz diese Bestimmung nicht gekannt habe, ist auf § 5 Abs. 2 VStG hinzuweisen, wonach nur erwiesenermaßen unverschuldete Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift entschuldigen kann. Dies ist hier nicht der Fall, weil der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer verpflichtet war, sich über Gesetze, die seine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung betreffen, auf dem laufenden zu halten. Daran vermag ein der Strafbehörde erster Instanz unterlaufener Ermittlungsfehler nichts zu ändern. Der Beschwerdeführer meint schließlich, es treffe ihn kein Verschulden an den Verwaltungsübertretungen, weil er seinen Überwachungspflichten nachgekommen sei. Auch dieses Vorbringen führt die Beschwerde nicht zum Erfolg, hat der Beschwerdeführer doch in keiner Phase des Verfahrens ein detailliertes und mit Beweisanboten untermauertes Vorbringen erstattet, welche Maßnahmen er ergriffen hat, um der Übertretung von arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen vorzubeugen. Da es sich bei den gegenständlichen Übertretungen um Ungehorsamsdelikte handelt, oblag es gemäß § 5 Abs. 1 VStG dem Beschwerdeführer, in der besagten Weise glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft,

Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. Jänner 1998

Schlagworte

Andere Einzelfragen in besonderen Rechtsgebieten Arbeitsrecht ArbeiterschutzZurückweisung wegen entschiedener Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996110133.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

17.10.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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