TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/22 G309 2196236-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.04.2020
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Entscheidungsdatum

22.04.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G309 2196236-1/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, StA: Irak, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.04.2018, Zl. XXXX, betreffend internationalen Schutz nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.01.2020, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) verließ seinen Herkunftsstaat Mitte November 2015 über den Landweg in die Türkei nach Istanbul und von dort weiter nach Izmir. Er stellte nach seiner schlepperunterstützten Einreise ins Bundesgebiet über Griechenland und die Balkanroute am 25.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der niederschriftlichen Erstbefragung gab der BF vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 25.11.2015 an, den Namen XXXX zu führen, am XXXX geboren, Staatsangehöriger des Irak und Moslem der sunnitischen Glaubensrichtung zu sein. Er sei ledig, habe im Irak zuletzt in XXXX, Kirkuk, gelebt und als Bürokraft gearbeitet. Er spreche arabisch, kurdisch und englisch und habe in Kirkuk die Grund- und Hauptschule besucht sowie eine fünfjährige Computerfachhochschule in SLAIMANIA abgeschlossen.

Zu den Gründen seiner Ausreise befragt, gab der BF an, dass er im Ort XXXX etwas außerhalb von Kirkuk lebe, welcher vom IS regiert werde und wo es jeden Tag militärische Überfälle gebe. Dort herrsche Krieg. Sein Ort werde bombardiert, viele Menschen seien schon gestorben. Es gebe keine Infrastruktur, Strom und Wasser haben sie nur einmal kurz am Tag. Es gebe keine Schulen mehr und auch Lebensmittelgeschäfte fehlen. Man könne dort nicht mehr normal leben. Bei einer Rückkehr befürchte er den Tod.

2. Am 01.02.2017 brachte der BF seinen irakischen Führerschein mit beglaubigter Übersetzung als Beweis seiner Identität persönlich beim BFA, XXXX, Außenstelle XXXX ein, weshalb sein Nachname im weiteren Verfahren von XXXX auf XXXX geändert wurde.

3. Am 03.05.2017 brachte der BF weiters einen irakischen Personalausweis und einen Staatsbürgerschaftsnachweis persönlich beim BFA, RD XXXX, Außenstelle XXXX ein.

4. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice vom 21.02.2018, ABB-NR: XXXX, wurde dem Antrag des BF vom 22.01.2018 stattgegeben und ihm eine Beschäftigungsbewilligung als Lehrling für die Tätigkeit als Tischler für die Zeit vom 26.02.2018 bis 25.05.2021 erteilt.

5. Nach Zulassung des Verfahrens wurde der BF am 18.04.2018 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Regionaldirektion XXXX, Außenstelle XXXX, im Beisein eines geeigneten Dolmetschers in kurdischer Sprache niederschriftlich vor dem zur Entscheidung berufenen Organwalter einvernommen.

Eingangs bestätigte der BF, die kurdische Sprache zu verstehen, gesund zu sein und im Verfahren bislang wahrheitsgemäße Angaben gemacht zu haben. Zur Person und seinen Lebensumständen befragt gab der BF an, dass er Kurde und Moslem der sunnitischen Glaubensrichtung sei. Sein Name sei bei der Erstbefragung falsch protokolliert worden und habe er diesen mit der Umschreibung seines Führerscheins berichtigen lassen. Im Irak habe er gemeinsam mit seinen Eltern und Geschwistern gelebt, mit denen er auch jetzt in Kontakt stehe. In Österreich lebe sein Bruder, welcher auch mittlerweile österreichischer Staatsbürger sei, und dessen Familie. Im Herkunftsstaat habe er die Grund- und Mittelschule besucht, anschließend bis 2014 an einem Institut für Computer Webdesign gelernt und sich danach mit einem Modegeschäft selbstständig gemacht. Dieses habe er gesperrt als der IS nach Mosul gekommen sei und sich die Lage auch in Kirkuk verschlechtert habe. Ca. drei Monate später habe sich die Lage im Irak drastisch verschlechtert, weshalb er im November den Irak verlassen habe.

Zu seinen Asylgründen befragt gab der BF an, dass er einem Cousin, welcher Führer von XXXX gewesen sei, mit Computersachen geholfen habe. Aufgrund dieser Hilfe, sei er für einen Peschmerger Kämpfer gehalten worden und habe immer wieder Unannehmlichkeiten von den Leuten seines Fußballvereines bekommen. Diese haben ihm auch etwas antuen wollen und sei er aus dem Irak ausgereist, weil er sich nicht mit Waffen habe verteidigen wollen. Zwei seiner Mitspieler seien getötet worden und habe er Angst gehabt, dass ihm das gleiche widerfahre. Wenn er zurückkehren müsse würden ihn die Mitspieler töten und könne er auch in keinem anderen Teil des Iraks leben, weil die Lage überall gleich sei. In Kirkuk sei er geboren und habe dort auch die meisten Verwandten.

6. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des BFA, dem BF zugestellt am 30.04.2018, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 25.11.2015 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG [2005] (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG [2005] (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG [2005] nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG [2005] iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs.9 FPG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung des BF in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.).

Begründend führte das BFA nach Wiedergabe der Einvernahme des BF und den Feststellungen zu dessen Person aus, dass seitens des BFA nicht festgestellt werden könne, dass der BF im Irak konkret und gezielt gegen seine Person gerichteten Übergriffen maßgeblicher Intensität ausgesetzt gewesen sei. Aus dem Umstand, dass zwei Fußballkollegen des BF getötet worden seien, lasse sich keine persönliche Bedrohung des BF ableiten. Ebenso wenig aus dem Vorbringen, dass der BF von einem Freund gehört habe, dass einige Leute aus seinem Fußballklub etwas gegen ihn planen würden, weil er die kurdische Regierung [seinen Cousin] unterstützt habe. Auch habe der BF nie Probleme mit den Behörden seines Heimatlandes gehabt. Im Falle einer Rückkehr sei er keiner Gefährdung durch den irakischen Staat oder private Personen ausgesetzt. Die Rückkehr in den Irak sei dem BF zumutbar und möglich.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das BFA, der BF habe keine asylrelevanten Gründe vorgebracht und Probleme aus religiösen Gründen dezidiert verneint. Er habe durch seine Angaben keine Verfolgung im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft machen können, sodass kein internationaler Schutz zu gewähren sei. Dem BF sei der Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen, da keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention drohe, da sich noch ein Großteil seiner Familie in Kirkuk aufhalte. Dem BF sei kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 zu erteilen, die Rückkehrentscheidung und seine Abschiebung gemäß § 50 FPG seien zulässig. Zum in Österreich lebenden Bruder bestehe keine außerordentliche Beziehung und lasse sich aus dem Besuch von Deutschkursen, der Mitgliedschaft in einem Fußballverein und der Berufsausbildung als Tischer allein noch kein schützenswertes Privatleben begründen. Besondere Umstände, die eine Verlängerung der Frist der freiwilligen Ausreise erforderlich machen, liegen keine vor.

7. Mit dem am 18.05.2018 beim BFA eingelangten Schriftsatz erhob der BF durch seine Rechtsvertretung Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid. In der Beschwerde wurde nach Darlegung der Beschwerdegründe beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid aufheben und dem BF den Status eines Asylberechtigten zuerkennen; dem BF für den Fall der Abweisung der Beschwerde zu Spruchpunkt I den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen und die Spruchpunkte III.- VI. aufheben; in eventu feststellen, dass die erlassene Rückkehrentscheidung unzulässig ist und die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung / plus vorliegen und dem BF einen solchen Aufenthaltstitel erteilen; in eventu den Bescheid aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an die belangte Behörde zurückverweisen sowie eine mündliche Verhandlung durchführen.

In der Sache brachte der BF unter Beanstandung der Ermittlungen der Länderfeststellungen, sonstiger Verfahrensmängel, einer mangelhaften Beweiswürdigung und inhaltlicher Rechtswidrigkeit vor, die belangte Behörde habe sich nicht ausreichend mit dem Vorbringen des BF auseinandergesetzt. Dem BF drohe Verfolgung aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit und seiner ihm (unterstellten) politischen Gesinnung. Der BF habe seinem Cousin, der beim [kurdischen] Militär sei, mit seinem Computer geholfen, weshalb Anhänger des IS ihm eine Zusammenarbeit mit dem Peschmerger-Militär unterstellt haben und ihn töten wollen. Ebenso habe ein Teamkollege mitgehört, wie ein Anschlag auf den BF geplant worden sei und seien zwei seiner Teamkollegen getötet worden. Es bestehe keine innerstaatliche Fluchtalternative und sei der BF im Falle einer Rückkehr Diskriminierung und menschenunwürdiger Behandlung bis hin zum Tod ausgesetzt. Eine Rückkehrentscheidung würde einen unzulässigen Eingriff in sein Privat- und Familienleben darstellen, da der BF Mitglied in einem Fußballverein sei, sich ehrenamtlich engagiere, sehr gut Deutsch spreche und sich sehr gut integriert habe. Er wohne bei seinem Bruder zu dem er ein sehr inniges Verhältnis habe und der ihn auch unterstütze. Der BF absolviere eine Tischlerlehre und sei daher selbsterhaltungsfähig. Dem BF sei eine Aufenthaltsberechtigung von Amtswegen zu erteilen gewesen und die Rückkehrentscheidung für dauerhaft unzulässig erklärt werden müssen.

8. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) vom BFA vorgelegt und langten am 24.05.2018 bei diesem ein.

9. Mit Eingabe vom 09.01.2020 wurde dem BVwG seitens des BFA zur Kenntnis gebracht, dass eine Mitteilung des Lehrverhältnisses des BF gemäß § 55a FPG unter gleichzeitiger Vorlage des Lehrvertrages sowie einer aktuellen Wohnsitzmeldebestätigung eingelangt seien.

10. Mit Schreiben vom 09.01.2020 bestätigte das BFA, dass die vom BF erstattete Mitteilung des Lehrverhältnisses rechtzeitig und wirksam einlangte. Sie informierte ihn auch darüber, dass der Beginn der Frist für die freiwillige Ausreise im Falle eines negativen Asylverfahrens bis zur Beendigung des Lehrverhältnisses, also voraussichtlich bis zum 25.02.2021, gehemmt sei. Dieses Schreiben wurde dem BVwG vorgelegt.

11. Am 16.01.2020 legte der BF dem BVwG ein Unterstützungsschreiben seines Lehrbetriebes vor.

12. Am 09.01.2020 führte das BVwG in der Außenstelle Graz eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein des BF, seines Rechtsvertreters, eines Dolmetschers für die kurdische Sprache und im Beisein eines Vertreters des BFA durch. Die Niederschrift der Verhandlung wurde dem BF und dem Behördenvertreter im Anschluss ausgefolgt.

Im Laufe der Verhandlung brachte der BF erstmalig vor, dass er wegen seines Bruder Probleme gehabt habe und er deshalb von seiner Familie überredet worden sei den Irak zu verlassen. Sein Bruder sei ein Reifenreparateur im Irak gewesen und eines Nachts gegen seinen Willen gezwungen worden eine Reparatur durchzuführen. Dabei sei die Felge gesprungen und habe einen Mann getroffen der infolge dessen gestorben sei. Diese Leute würden seinen Bruder und nun ihn verfolgen und töten. Er habe Angst Opfer der Rache zu werden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des BF:

Der BF führt den im Spruch angeführten Namen, ist Staatsangehöriger des Irak, Angehöriger der kurdischen Volksgruppe und Moslem der sunnitischen Glaubensrichtung. Der BF ist ledig und frei von Sorgepflichten. Bis zu seiner Ausreise im November 2015 lebte der BF gemeinsam mit seinen Geschwistern und seinen Eltern in einem Eigenheim im Bezirk XXXX, Kirkuk, Irak. Die Familie des BF wohnt dort nach wie vor und leben alle Brüder, außer jenem in Österreich, in der Provinz Kirkuk. Der BF steht in regelmäßigen Kontakt mit seiner Familie, insbesondere seiner Mutter.

Der BF verfügt über einen gültigen irakischen Personalausweis, einen Staatsbürgerschaftsnachweis und einen am XXXX.2015 ausgestellten irakischen Führerschein. Der BF ist ein körperlich gesunder, arbeitsfähiger Mann mit umfassender Schulausbildung und Berufserfahrung als Verkäufer. Der BF besuchte sechs Jahre die Grund- und drei Jahre die Mittelschule im Herkunftsstaat und absolvierte eine fünfjährige Ausbildung an einer Computerfachschule. Der BF leidet weder an einer schweren noch einer unmittelbar lebensbedrohlichen Erkrankung. Der BF verfügt über eine - wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherte Existenzgrundlage in seinem Herkunftsstaat sowie über familiäre Anknüpfungspunkte.

Anfang November 2015 verließ der BF den Irak über den Landweg mit dem Bus in die Türkei. Von dort reiste er schlepperunterstützt über Griechenland und die Balkanroute nach Österreich, wo er am 25.11.2015 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Er reiste rechtswidrig ins Bundesgebiet ein, ist seither Asylwerber und verfügt über keinen anderen Aufenthaltstitel.

Im Bundesgebiet lebt der Bruder des BF mit seiner Familie, bei dem der BF bis März 2018 wohnte. Der BF spricht arabisch, kurdisch und englisch. Der BF besuchte im Bundesgebiet Deutsch- und Integrationskurse, wobei er erfolgreich eine Deutschsprachprüfung über das Niveau B1 am 08.02.2020 ablegte. Der BF ist seit April 2016 Mitglied in einem Fußballverein, ansonsten pflegt er die üblichen sozialen Kontakte. Der BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten und weist im Bundesgebiet durchgehend Wohnsitzmeldungen auf, wobei er seit März 2018 alleine in einer selbstfinanzierten Mietwohnung lebt. Der BF wurde mit 31.03.2018, aufgrund seiner Lehrstelle, aus der Grundversorgung des Bundes entlassen.

Der BF absolviert seit 26.02.2018 eine Lehre als Tischler (Industrie) bei der XXXX. Er erhält eine Lehrlingsentschädigung in Höhe von monatlich 1.384,10 EUR brutto und ist selbsterhaltungsfähig. Der BF hat sich gut in seine Lehrfirma integriert und wird von seinem Lehrherrn geschätzt und unterstützt.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des BF:

Das Vorbringen des BF vor dem BFA, in der Beschwerde und der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht zu den Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaates wonach - im Wesentlichen zusammengefasst - er den Irak verlassen habe, weil er einerseits für einen Peschmerga Kämpfer gehalten werde und ein Anschlag auf ihn geplant gewesen sei und andererseits er befürchte Opfer einer Blutrache zu werden, wird dieser Entscheidung nicht als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt. Weitere Gründe für das Verlassen des Herkunftsstaates wurden nicht vorgebracht.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass Fußballkollegen des BF oder Dritte jemals einen Anschlag auf den BF geplant haben oder der BF der Gefahr eines solchen, aufgrund einer ihm unterstellten politischen Gesinnung als Peschmerga Kämpfer, ausgesetzt gewesen sei. Ebenso wenig konnte festgestellt werden, dass der BF aufgrund einer Blutrache wegen eines Vorfalls mit seinem Bruder, bei dem ein Mann durch eine Radfelge getötet worden sei, verfolgt und bedroht worden sei oder bedroht werde.

Der BF war im Irak nicht politisch tätig und hatte keine Schwierigkeiten aufgrund seiner politischen Überzeugung, seiner Volksgruppenzugehörigkeit, seines Religionsbekenntnisses oder sonstige Probleme zu gewärtigen.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF vor seiner Ausreise aus seinem Herkunftsstaat einer individuellen Gefährdung oder psychischer und/oder physischer Gewalt durch staatliche Organe oder durch Dritte ausgesetzt war oder er im Falle einer Rückkehr in seinem Herkunftsstaat einer solchen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wäre.

Ein konkreter Anlass für das (fluchtartige) Verlassen des Herkunftsstaates im November 2015 konnte nicht festgestellt werden. Der BF hatte mit den Behörden des Herkunftsstaates weder auf Grund seines Religionsbekenntnisses, seiner Volksgruppenzugehörigkeit oder seiner politischen Gesinnung Probleme noch sonst irgendwelche Probleme. Auch sonstige Gründe, die einer Rückkehr oder Rückführung (Abschiebung) in den Herkunftsstaat allenfalls entgegenstehen würden, konnten nicht festgestellt werden.

1.3. Zur Situation im Herkunftsstaat:

Zur aktuellen Lage im Irak werden folgende Feststellungen unter Heranziehung der gegenüber dem BF offengelegten Quellen und den Länderberichten (Stand 30.10.2019) getroffen:

"Vergleichende Länderkundliche Analyse (VLA) i.S. §3 Abs 4a AsylG

Erläuterung

Bei der Erstellung des vorliegenden LIB wurde die im §3 Abs 4a AsylG festgeschriebene Aufgabe der Staatendokumentation zur Analyse "wesentlicher, dauerhafter Veränderungen der spezifischen, insbesondere politischen Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind", berücksichtigt. Hierbei wurden die im vorliegenden LIB verwendeten Informationen mit jenen im vorhergehenden LIB abgeglichen und auf relevante, im o.g. Gesetz definierte Verbesserungen hin untersucht.

Als den oben definierten Spezifikationen genügend eingeschätzte Verbesserungen wurden einer durch Qualitätssicherung abgesicherten Methode zur Feststellung eines tatsächlichen Vorliegens einer maßgeblichen Verbesserung zugeführt (siehe Methodologie der Staatendokumentation, Abschnitt II). Wurde hernach ein tatsächliches Vorliegen einer Verbesserung i.S. des Gesetzes festgestellt, erfolgte zusätzlich die Erstellung einer entsprechenden Analyse der Staatendokumentation (siehe Methodologie der Staatendokumentation, Abschnitt IV) zur betroffenen Thematik.

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen vom 30.10.2019

Die folgende Karte von liveuamap zeigt die Einteilung des Irak in offiziell von der irakischen Zentralregierung kontrollierte Gouvernements (in rosa), die autonome Region Kurdistan (KRI) (in gelb) und Gebiete unter der weitgehenden Kontrolle von Gruppen des Islamischen Staates (IS) (in grau). Die Symbole kennzeichnen dabei Orte und Arten von sicherheitsrelevanten Vorfällen, wie Luftschläge, Schusswechsel/-attentate, Sprengstoffanschläge/Explosionen, Granatbeschuss, u.v.m.

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Quelle: Liveuamap - Live Universal Awareness Map (1.10.2019): Map of Iraq, https://iraq.liveuamap.com/en/time/01.10.2019, Zugriff 1.10.2019

Seit der Verkündigung des territorialen Sieges des Irak über den Islamischen Staat (IS) im Dezember 2017 (Reuters 9.12.2017) hat sich der IS in eine Aufstandsbewegung gewandelt (Military Times 7.7.2019). Zahlreiche Berichte erwähnen Umstrukturierungsbestrebungen des IS sowie eine Mobilisierung von Schläferzellen (The Portal 9.10.2019).

Im Jahr 2019 war der IS insbesondere in abgelegenem, schwer zugänglichem Gelände aktiv, hauptsächlich in den Wüsten der Gouvernements Anbar und Ninewa sowie in den Hamrin-Bergen, die sich über die Gouvernements Kirkuk, Salah ad-Din und Diyala erstrecken (ACLED 7.8.2019). Er ist nach wie vor dabei sich zu reorganisieren und versucht seine Kader und Führung zu erhalten (Joel Wing 16.10.2019). Der IS setzt nach wie vor auf Gewaltakte gegen Stammesführer, Politiker, Dorfvorsteher und Regierungsmitarbeiter sowie beispielsweise auf Brandstiftung, um Spannungen zwischen arabischen und kurdischen Gemeinschaften zu entfachen, die Wiederaufbaubemühungen der Regierung zu untergraben und soziale Spannungen zu verschärfen (ACLED 7.8.2019).

Insbesondere in den beiden Gouvernements Diyala und Kirkuk scheint der IS im Vergleich zum Rest des Landes mit relativ hohem Tempo sein Fundament wieder aufzubauen, wobei er die lokale Verwaltung und die Sicherheitskräfte durch eine hohe Abfolge von Angriffen herausfordert (Joel Wing 16.10.2019).

Die zunehmenden Spannungen zwischen dem Iran und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) stellen einen zusätzlichen, die innere Stabilität des Irak gefährdenden Einfluss dar (ACLED 7.8.2019). Nach einem Angriff auf eine Basis der Volksmobilisierungseinheiten (PMF/PMU/Hashd al Shabi) in Anbar, am 25. August (Al Jazeera 25.8.2019), erhob der irakische Premierminister Mahdi Ende September erstmals offiziell Anschuldigungen gegen Israel, für eine Reihe von Angriffen auf PMF-Basen seit Juli 2019 verantwortlich zu sein (ACLED 2.10.2019; vgl. Reuters 30.9.2019). Raketeneinschläge in der Grünen Zone in Bagdad, nahe der US-amerikanischen Botschaft am 23. September 2019, werden andererseits pro-iranischen Milizen zugeschrieben, und im Zusammenhang mit den Spannungen zwischen den USA und dem Iran gesehen (ACLED 2.10.2019; vgl. Al Jazeera 24.9.2019; Joel Wing 16.10.2019).

Am 7.7.2019 begann die "Operation Will of Victory", an der irakische Streitkräfte (ISF), Popular Mobilization Forces (PMF), Tribal Mobilization Forces (TMF) und Kampfflugzeuge der US-geführten Koalition teilnahmen (ACLED 7.8.2019; vgl. Military Times 7.7.2019). Die mehrphasige Operation hat die Beseitigung von IS-Zellen zum Ziel (Diyaruna 7.10.2019; vgl. The Portal 9.10.2019). Die am 7. Juli begonnene erste Phase umfasste Anbar, Salah ad-Din und Ninewa (Military Times 7.7.2019). Phase zwei begann am 20. Juli und betraf die nördlichen Gebiete von Bagdad sowie die benachbarten Gebiete der Gouvernements Diyala, Salah ad-Din und Anbar (Rudaw 20.7.2019). Phase drei begann am 5. August und konzentrierte sich auf Gebiete in Diyala und Ninewa (Rudaw 11.8.2019). Phase vier begann am 24. August und betraf die Wüstenregionen von Anbar (Rudaw 24.8.2019). Phase fünf begann am 21.9.2019 und konzentrierte sich auf abgelegene Wüstenregionen zwischen den Gouvernements Kerbala, Najaf und Anbar, bis hin zur Grenze zu Saudi-Arabien (PressTV 21.9.2019). Eine sechste Phase wurde am 6. Oktober ausgerufen und umfasste Gebiete zwischen dem südwestlichen Salah ad-Din bis zum nördlichen Anbar und Ninewa (Diyaruna 7.10.2019).

Die folgende Grafik von Iraq Body Count (IBC) stellt die von IBC im Irak dokumentierten zivilen Todesopfer seit 2003 dar (pro Monat jeweils ein Balken). Seit Februar 2017 sind nur vorläufige Zahlen (in grau) verfügbar (IBC 9.2019).

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Quelle: Iraq Bodycount (9.2019): Monthly civilian deaths from violence, 2003 onwards, https://www.iraqbodycount.org/database/, Zugriff 15.10.2019

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Die folgende Tabelle des IBC gibt die Zahlen der Todesopfer an. Für Juli 2019 sind 145 zivile Todesopfer im Irak ausgewiesen. Im August 2019 wurden von IBC 93 getötete Zivilisten im Irak dokumentiert und für September 151 (IBC 9.2019).

Quelle: Iraq Bodycount (9.2019): Monthly civilian deaths from violence, 2003 onwards, https://www.iraqbodycount.org/database/, Zugriff 15.10.2019

Vom Irak-Experten Joel Wing wurden für den Gesamtirak im Lauf des Monats Juli 2019 82 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 83 Tote und 119 Verletzten verzeichnet. 18 Tote gingen auf Leichenfunde von Opfern des IS im Distrikt Sinjar im Gouvernement Ninewa zurück, wodurch die Zahl der tatsächlichen gewaltsamen Todesfälle im Juli auf 65 reduziert werden kann. Es war der zweite Monat in Folge, in dem die Vorfallzahlen wieder zurückgingen. Dieser Rückgang wird einerseits auf eine großangelegte Militäraktion der Regierung in vier Gouvernements zurückgeführt [Anm.: "Operation Will of Victory"; Anbar, Salah ad Din, Ninewa und Diyala, siehe oben], wobei die Vorfallzahlen auch in Gouvernements zurückgingen, die nicht von der Offensive betroffen waren. Der Rückgang an sicherheitsrelevanten Vorfällen wird auch mit einem neuerlichen verstärkten Fokus des IS auf Syrien erklärt (Joel Wing 5.8.2019).

Im August 2019 verzeichnete Joel Wing 104 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 103 Toten und 141 Verletzten. Zehn Tote gingen auf Leichenfunde von Jesiden im Distrikt Sinjar im Gouvernement Ninewa zurück, wodurch die Zahl der Todesfälle im August auf 93 angepasst werden kann. Bei einem der Vorfälle handelte es sich um einen Angriff einer pro-iranischen PMF auf eine Sicherheitseinheit von British Petroleum (BP) im Rumaila Ölfeld bei Basra (Joel Wing 9.9.2019).

Im September 2019 wurden von Joel Wing für den Gesamtirak 123 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 122 Toten und 131 Verletzten registriert (Joel Wing 16.10.2019).

Seit 1. Oktober kam es in mehreren Gouvernements (Bagdad, Basra, Maysan, Qadisiya, Dhi Qar, Wasit, Muthanna, Babil, Kerbala, Najaf, Diyala, Kirkuk und Salah ad-Din) zu teils gewalttätigen Demonstrationen (ISW 22.10.2019, vgl. Joel Wing 3.10.2019). Die Proteste richten sich gegen Korruption, die hohe Arbeitslosigkeit und die schlechte Strom- und Wasserversorgung (Al Mada 2.10.2019; vgl. BBC 4.10.2019; Standard 4.10.2019), aber auch gegen den iranischen Einfluss auf den Irak (ISW 22.10.2019). Im Zuge dieser Demonstrationen wurden mehrere Regierungsgebäude sowie Sitze von Milizen und Parteien in Brand gesetzt (Al Mada 2.10.2019). Die irakischen Sicherheitskräfte (ISF) gingen unter anderem mit scharfer Munition gegen Demonstranten vor. Außerdem gibt es Berichte über nicht identifizierte Scharfschützen, die sowohl Demonstranten als auch Sicherheitskräfte ins Visier genommen haben sollen (ISW 22.10.2019). Premierminister Mahdi kündigte eine Aufklärung der gezielten Tötungen an (Rudaw 13.10.2019). Zeitweilig, vom 2. bis zum 5. Oktober, wurde eine Ausgangssperre ausgerufen (Al Jazeera 5.10.2019; vgl. ISW 22.10.2019; Rudaw 13.10.2019) und eine Internetblockade vom 4. bis 7. Oktober implementiert (Net Blocks 3.10.2019; FAZ 3.10.2019; vgl. Rudaw 13.10.2019).

Nach einer kurzen Ruhephase gingen die gewaltsamen Proteste am 25. Oktober weiter und forderten bis zum 30. Oktober weitere 74 Menschenleben und 3.500 Verletzte (BBC News 30.10.2019). Insbesondere betroffen waren bzw. sind die Städte Bagdad, Nasiriyah, Hillah, Basra und Kerbala (BBC News 30.10.2019; vgl. Guardian 27.10.2019; Guardian 29.10.2019). Am 28. Oktober wurde eine neue Ausgangssperre über Bagdad verhängt, der sich jedoch tausende Demonstranten widersetzen (BBC 30.10.2019; vgl. Guardian 29.10.2019). Über 250 Personen wurden seit Ausbruch der Proteste am 1. Oktober bis zum 29. Oktober getötet (Guardian 29.10.2019) und mehr als 8.000 Personen verletzt (France24 28.10.2019).

BAGDAD

Der IS versucht weiterhin seine Aktivitäten in Bagdad zu erhöhen (Joel Wing 5.8.2019). Fast alle Aktivitäten des IS im Gouvernement Bagdad betreffen die Peripherie der Hauptstadt, den äußeren Norden, Süden und Westen (Joel Wing 5.8.2019; vgl. Joel Wing 16.10.2019). Im Juli gelang es dem IS zwei Selbstmordattentate im Gouvernement auszuführen, weswegen Bagdad die Opferstatistik des Irak in diesem Monat anführte (Joel Wing 5.8.2019). Sowohl am 7. als auch am

16. September wurden jeweils fünf Vorfälle mit "Unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen" (IEDs) in der Stadt Bagdad selbst verzeichnet (Joel Wing 16.10.2019). Während der Proteste im Südirak im Oktober 2019 ,von denen auch Bagdad betroffen war, stoppte der IS seine Angriffe im Gouvernement (Joel Wing 16.10.2019).

Im Juli 2019 wurden vom Irak-Experten Joel Wing im Gouvernement Bagdad 15 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 15 Toten und 27 Verletzten verzeichnet (Joel Wing 5.8.2019). Im August 2019 wurden 14 Vorfälle erfasst, mit neun Toten und elf Verwundeten (Joel Wing 9.9.2019) und im September waren es 25 Vorfälle mit zehn Toten und 35 Verwundeten (Joel Wing 16.10.2019).

AUTONOME REGION KURDISTAN / KURDISCHE REGION IM IRAK

Im Juli 2019 führte der IS seine seit langem erste Attacke auf kurdischem Boden durch. Im Gouvernement Sulaimaniya attackierte er einen Checkpoint an der Grenze zu Diyala, der von Asayish [Anm.: Inlandsgeheimdienst der Autonomen Region Kurdistan] bemannt war. Der Angriff erfolgte in drei Phasen: Auf einen Schussangriff folgte ein IED-Angriff gegen eintreffende Verstärkung, gefolgt von Mörserbeschuss. Bei diesem Angriff wurden fünf Tote und elf Verletzte registriert (Joel Wing 5.8.2019). Im August wurde in Sulaimaniya ein Vorfall mit einer IED verzeichnet, wobei es keine Opfer gab (Joel Wing 9.9.2019).

Die am 27. Mai initiierte türkische "Operation Claw" gegen Stellungen der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) im Nordirak hält an. Die erste Phase richtete sich gegen Stellungen in der Hakurk/Khakurk-Region im Gouvernement Erbil (Anadolu Agency 13.7.2019; vgl. Rudaw 13.7.2019). Die zweite Phase begann am 12. Juli und zielt auf die Zerstörung von Höhlen und Zufluchtsorten der PKK (Anadolu Agency 13.7.2019). Die türkischen Luftangriffe konzentrierten sich auf die Region Amadiya im Gouvernement Dohuk, von wo aus die PKK häufig operiert (ACLED 17.7.2019). Aktuell befindet sich die Operation in der dritten Phase (ACLED 4.9.2019)

Im Kreuzfeuer wurden in den vergangenen Wochen mehrere kurdische Dörfer evakuiert, da manchmal auch Zivilisten und deren Eigentum bei türkischen Luftangriffen getroffen wurden (ACLED 4.9.2019; vgl. ACLED 7.8.2019).

Am 10. und 11. Juli bombardierte iranische Artillerie mutmaßliche PKK-Ziele im Subdistrikt Sidakan/Bradost im Gouvernement Sulaimaniya, wobei ein Kind getötet wurde (Al Monitor 12.7.2019). In dem Gebiet gibt es häufige Zusammenstöße zwischen iranischen Sicherheitskräften und iranisch-kurdischen Aufständischen, die ihren Sitz im Irak haben, wie die "Partei für ein Freies Leben in Kurdistan'' (PJAK), die von Teheran beschuldigt wird, mit der PKK in Verbindungen zu stehen (Reuters 12.7.2019).

NORD- UND ZENTRALIRAK

In den sogenannten "umstrittenen Gebieten", die sowohl von Bagdad als auch von der kurdischen Autonomieregion beansprucht werden, und wo es zu erhebliche Sicherheitslücken zwischen den zentralstaatlichen und kurdischen Einheiten kommt, verfügt der IS nach wie vor über operative Kapazitäten, um Angriffe, Bombenanschläge, Morde und Entführungen, durchzuführen (Kurdistan24 7.8.2019). Trotz der Zunahme der Sicherheitsvorfälle im gesamten Irak waren die Zahlen im Laufe des Monats August 2019 für den Zentral-Irak jedoch rückläufig (Joel Wing 9.9.2019).

Im Gouvernement Ninewa wurden im Juli 2019 sechs Vorfälle mit 24 Toten verzeichnet, wobei hier der Fund von 18 Leichen älteren Datums eingerechnet ist (Joel Wing 5.8.2019). Im August 2019 wurden neun Vorfälle mit 24 Toten und drei Verwundeten registriert (Joel Wing 9.9.2019). Im September wurden 22 Vorfälle mit 35 Toten und 27 Verletzten registriert, wobei bei fast allen diesen Vorfällen IEDs involviert waren. Außerdem wurde ein Mukhtar ermordet und Mossul mit Mörsergranaten beschossen (Joel Wing 16.10.2019).

Das Gouvernement Diyala zählt regelmäßig zu den Regionen mit den meisten sicherheitsrelevanten Vorfällen und als die gewalttätigste Region des Irak (Joel Wing 5.8.2019; vgl. Joel Wing 9.9.2019). Der IS ist stark in der Region vertreten und konnte seine operativen Fähigkeiten erhalten (Joel Wing 5.8.2019). Trotz wiederholter Militäroperationen in Diyala kann sich der IS noch immer in den ausgedehnten Gebieten, die sich vom westlichen Teil Diyalas bis zu den Hamreen Bergen im Norden des Gouvernements erstrecken, sowie in den rauen Gebieten nahe der Grenze zum Iran halten (Xinhua 22.8.2019). Es kommt in Diyala regelmäßig zu Konfrontationen des IS mit Sicherheitskräften und zu Übergriffen auf Städte (Joel Wing 5.8.2019). Einerseits vertreibt der IS Zivilisten aus ländlichen Gebieten, um dort Basen zu errichten, anderseits greift er wiederholt die lokale Verwaltung und Sicherheitskräfte an (Joel Wing 9.9.2019). Ein Hauptproblem Diyalas ist die mangelhafte Kommunikation zwischen den vielen unterschiedlichen Sicherheitsakteuren in der Region (Joel Wing 9.9.2019), andererseits gibt es generell zu wenige Sicherheitskräfte in Diyala, was der IS auszunutzen versteht (Joel Wing 5.8.2019). Der IS hat Zugang zu allen ländlichen Gebieten in Diyala, konzentriert sich aber besonders auf die Bezirke Khanaqin und Jalawla im Nordosten, welche die Zentralregierung nach dem kurdischen Unabhängigkeitsreferendum von 2017 übernommen hat (Joel Wing 5.8.2019). Die übrigen Vorfälle betreffen hauptsächlich den Norden und das Zentrum von Diyala. Im Süden und Westen gibt es hingegen kaum sicherheitsrelevante Vorfälle (Joel Wing 9.9.2019).

Für Juli 2019 verzeichnete Joel Wing im Gouvernement Diyala 28 sicherheitsrelevante Vorfälle mit elf Toten und 30 Verletzten (Joel Wing 5.8.2019). Im August 2019 wurden 41 Vorfälle - die höchste Anzahl seit August 2018, mit 21 Toten und 46 Verwundeten registriert (Joel Wing 9.9.2019) und im September 37 Vorfälle mit 21 Toten und 30 Verletzten (Joel Wing 16.10.2019). Im September schlug der IS in fast allen Distrikten des Gouvernements zu (Joel Wing 16.10.2019).

Im Gouvernement Kirkuk gehen die Zahlen der sicherheitsrelevanten Vorfälle, bis auf wenige Spitzen, kontinuierlich zurück. Im Juli gab es eine Reihe von Raketen- und Mörserangriffen auf Städte und Sicherheitskräfte, ansonsten handelte es ich bei den Vorfällen meist um Schießereien und den Einsatz von IEDs (Joel Wing 5.8.2019). Wie im benachbarten Diyala handelte es sich bei Vorfällen in Kirkuk meist um Schießereien, Angriffe auf Kontrollpunkte, Überfälle auf Städte und Vertreibungen aus ländlichen Gebieten, wobei sich der IS auf den Süden des Gouvernements konzentrierte. Unter anderem wurden eine Polizeistation und ein Armeestützpunkt angegriffen, sowie ein Polizeihauptquartier mit Mörsern beschossen (Joel Wing 16.10.2019).

Im Gouvernement Kirkuk wurden im Juli 2019 15 sicherheitsrelevante Vorfälle mit sechs Toten und 13 Verletzten verzeichnet (Joel Wing 5.8.2019), im August 2019 19 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 34 Toten und 19 Verwundeten (Joel Wing 9.9.2019) und im September 22 Vorfälle mit elf Toten und 19 Verletzten (Joel Wing 16.10.2019).

Im Gouvernement Salah ad-Din wurden im Juli 2019 acht Vorfälle mit zehn Toten und acht Verletzten registriert. Zu den Vorfällen zählten zwei Feuergefechte und ein Angriff auf einen Checkpoint (Joel Wing 5.8.2019). Im August 2019 wurden sieben Vorfälle mit vier Toten und fünf Verwundeten verzeichnet (Joel Wing 9.9.2019) und im September zehn Vorfälle mit 13 Toten und zehn Verletzten (Joel Wing 16.10.2019).

Das Gouvernement Anbar, früher ein IS-Zentrum, wird nun hauptsächlich für den Transit von IS-Kämpfern zwischen dem Irak und Syrien genutzt (Joel Wing 16.10.2019). Die Anzahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle in Anbar hat in den vergangenen Monaten stark fluktuiert (Joel Wing 5.8.2019).

Im Gouvernement Anbar wurden im Juli 2019 fünf sicherheitsrelevante Vorfälle mit neun Toten und 14 Verletzten registriert (Joel Wing 5.8.2019), im August 2019 waren es vier Vorfälle mit sechs Toten und neun Verwundeten (Joel Wing 9.9.2019) und im September vier Vorfälle mit 19 Toten (Joel Wing 16.10.2019).

SÜDIRAK

Das Gouvernement Babil ist ein einfaches Ziel für die Aufständischen des IS, in das sie von Anbar aus leichten Zugang haben. Insbesondere der Distrikt Jurf al-Sakhr, in dem es keine Zivilisten gibt und der als PMF-Basis dient, ist ein beliebtes Ziel des IS (Joel Wing 9.9.2019).

Im Gouvernement Babil wurden im Juli 2019 drei sicherheitsrelevante Vorfälle mit einem Toten und fünf Verletzten verzeichnet (Joel Wing 5.8.2019). Im August waren es acht Vorfälle mit fünf Toten und 48 Verletzten. Es handelt sich dabei um die höchste Zahl an Vorfällen seit Juni 2018. Darunter befand sich ein schwerer Angriff mit einer Motorradbombe (VBIED) auf einen Markt im Norden des Gouvernements (Joel Wing 9.9.2019). Im September waren es wieder drei Vorfälle mit einem Toten und fünf Verletzten (Joel Wing 16.10.2019).

Im Gouvernement Kerbala wurde im Juli ein Vorfall mit einem Toten und drei Verletzten verzeichnet. Es handelte sich dabei um den Einsatz einer Haftbombe an einem Auto (Joel Wing 5.8.2019). Im September wurde ein sicherheitsrelevanter Vorfall mit zwölf Toten und fünf Verletzten registriert (Joel Wing 16.10.2019). Hierbei wurde an einem Checkpoint im Norden von Kerbala Stadt eine Autobombe gezündet (Joel Wing 16.10.2019; vgl. VOA 21.9.2019). Von Sicherheitskräften entdeckte Waffenlager des IS weisen darauf hin, dass dieser über eine große Menge an Sprengmitteln verfügt (Joel Wing 16.10.2019).

In Basra wurde im August ein Vorfall ohne Opfer registriert. Es handelte sich dabei um eine gegen British Petroleum (BP) im Rumaila Ölfeld gerichtete IED (Joel Wing 9.9.2019). Demonstrationen gegen Korruption, Arbeitslosigkeit und mangelnde Grundversorgung halten an, wobei iranisch unterstützte PMFs beschuldigt werden, sich an der Unterdrückung der Proteste zu beteiligen und Demonstranten und Menschenrechtsaktivisten anzugreifen (Diyaruna 7.8.2019; vgl. Al Jazeera 25.10.2019).

Quellen:

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- ACLED - The Armed Conflict Location & Event Data Project (4.9.2019): Regional Overview - Middle East 4 September 2019, https://www.acleddata.com/2019/09/04/regional-overview-middle-east-4-september-2019/, Zugriff 2.10.2019

- ACLED - The Armed Conflict Location & Event Data Project (17.7.2019): Regional Overview - Middle East 17 July 2019, https://www.acleddata.com/2019/07/17/regional-overview-middle-east-17-july-2019/, Zugriff 2.10.2019

- Al Jazeera (25.10.2019): Dozens killed as fierce anti-government protests sweep Iraq, https:// www.aljazeera.com/news/2019/10/dozens-killed-fierce-anti-government-demonstrations-sweep-iraq-191025171801458.html, Zugriff 28.10.2019

- Al Jazeera (5.10.2019): Iraq PM lifts Baghdad curfew, https://www.aljazeera.com/news/2019/10/iraq-pm-lifts-baghdad-curfew-191005070529047.html, Zugriff 28.10.2019

- Al Jazeera (24.9.2019): Two rockets 'hit' near US embassy in Baghdad's Green Zone, https://www.aljazeera.com/news/2019/09/rockets-hit-embassy-baghdad-green-zone-190924052551906.html, Zugriff 2.10.2019

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- The Guardian (27.10.2019): Iraq clashes: at least 15 die as counter-terror police quell protests, https://www.theguardian.com/world/2019/oct/26/six-killed-as-iraq-protests-continue-in-baghdad-and-nasiriyah, Zugriff 28.10.2019

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- VOA - Voice of America (21.9.2019): IS Claims Blast That Killed 12 Near Iraq's Karbala, https://www.voanews.com/middle-east/claims-blast-killed-12-near-iraqs-karbala, Zugriff 2.10.2019

- Xinhua (22.8.2019): 4 IS militants, 2 soldiers killed in clashes in eastern Iraq, http://www.xinhuanet.com/english/2019-08/22/c_138329358.htm, Zugriff 2.10.2019

Politische Lage

Die politische Landschaft des Irak hat sich seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 enorm verändert (KAS 2.5.2018). Gemäß der Verfassung ist der Irak ein demokratischer, föderaler und parlamentarisch-republikanischer Staat (AA 12.2.2018), der aus 18 Provinzen (muhafazat) besteht (Fanack 27.9.2018). Artikel 47 der Verfassung sieht eine Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und Judikative vor (RoI 15.10.2005). Die Autonome Region Kurdistan ist Teil der Bundesrepublik Irak und besteht aus den drei nördlichen Provinzen Dohuk, Erbil und Sulaymaniya. Sie wird von einer Regionalverwaltung, der kurdischen Regionalregierung, verwaltet und verfügt über eigene Streitkräfte (Fanack 27.9.2018).

An der Spitze der Exekutive steht der irakische Präsident, der auch das Staatsoberhaupt ist. Der Präsident wird mit einer Zweidrittelmehrheit des irakischen Parlaments (majlis al-nuwwab, engl.: Council of Representatives, dt.: Repräsentantenrat), für eine Amtszeit von vier Jahren gewählt und genehmigt Gesetze, die vom Parlament verabschiedet werden. Der Präsident wird von zwei Vizepräsidenten unterstützt. Zusammen bilden sie den Präsidialrat (Fanack 27.9.2018).

Teil der Exekutive ist auch der Ministerrat, der sich aus dem Premierminister und anderen Ministern der jeweiligen Bundesregierung zusammensetzt (Fanack 27.9.2018; vgl. RoI 15.10.2005). Der Premierminister wird vom Präsidenten designiert und vom Parlament bestätigt (RoI 15.10.2005).

Am 2.10.2018 wählte das neu zusammengetretene irakische Parlament den moderaten kurdischen Politiker Barham Salih zum Präsidenten des Irak (DW 2.10.2018). Dieser wiederum ernannte den schiitischen Politik-Veteranen Adel Abd al-Mahdi zum Premierminister und beauftragte ihn mit der Regierungsbildung (BBC 3.10.2018). Abd al-Mahdi ist seit 2005 der erste Premier, der nicht die Linie der schiitischen Da'wa-Partei vertritt, die seit dem Ende des Krieges eine zentrale Rolle in der Geschichte Landes übernommen hat. Er unterhält gute Beziehungen zu den USA. Der Iran hat sich seiner Ernennung nicht entgegengestellt (Guardian 3.10.2018).

Der Premierminister führt den Vorsitz im Ministerrat und leitet damit die tägliche Politik (Fanack 27.9.2018). Im Gegensatz zum Präsidenten, dessen Rolle weitgehend zeremoniell ist, liegt beim Premierminister damit die eigentliche Exekutivgewalt (Guardian 3.10.2018).

Die gesetzgebende Gewalt, die Legislative, wird vom irakischen Repräsentantenrat (Parlament) ausgeübt (Fanack 27.9.2018). Er besteht aus 329 Abgeordneten (CIA 17.10.2018; vgl. IRIS 11.5.2018).

Die konfessionell/ethnische Verteilung der politischen Spitzenposten ist nicht in der irakischen Verfassung festgeschrieben, aber seit 2005 üblich (Standard 3.10.2018). So ist der Parlamentspräsident gewöhnlich ein Sunnite, der Premierminister ist ein Schiite und der Präsident der Republik ein Kurde (Al Jazeera 15.9.2018).

In weiten Teilen der irakischen Bevölkerung herrscht erhebliche Desillusion gegenüber der politischen Führung (LSE 7.2018; vgl. IRIS 11.5.2018). Politikverdrossenheit ist weit verbreitet (Standard 13.5.2018). Dies hat sich auch in der niedrigen Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen im Mai 2018 gezeigt (WZ 12.5.2018). Der Konfessionalismus und die sogennante "Muhassasa", das komplizierte Proporzsystem, nach dem bisher Macht und Geld unter den Religionsgruppen, Ethnien und wichtigsten Stämmen im Irak verteilt wurden, gelten als Grund für Bereicherung, überbordende Korruption und einen Staat, der seinen Bürgern kaum Dienstleistungen wie Strom- und Wasserversorgung, ein Gesundheitswesen oder ein Bildungssystem bereitstellt (TA 12.5.2018).

Viele sunnitische Iraker stehen der schiitischen Dominanz im politischen System kritisch gegenüber. Die Machtverteilungsarrangements zwischen Sunniten und Schiiten sowie Kurden festigen den Einfluss ethnisch-religiöser Identitäten und verhindern die Herausbildung eines politischen Prozesses, der auf die Bewältigung politischer Sachfragen abzielt (AA 12.2.2018).

Die Zeit des Wahlkampfs im Frühjahr 2018 war nichtsdestotrotz von einem Moment des verhaltenen Optimismus gekennzeichnet, nach dem Sieg über den sogenannten Islamischen Staat (IS) im Dezember 2017 (ICG 9.5.2018). Am 9.12.2017 hatte Haider al-Abadi, der damalige irakische Premierminister, das Ende des Krieges gegen den IS ausgerufen (BBC 9.12.2017). Irakische Sicherheitskräfte hatten zuvor die letzten IS-Hochburgen in den Provinzen Anbar, Salah al-Din und Ninewa unter ihre Kontrolle gebracht. (UNSC 17.1.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (12.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschlandauswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irakstand-dezember-2017-12-02-2018.pdf, Zugriff 12.10.2018

- Al Jazeera (15.9.2018): Deadlock broken as Iraqi parliament elects speaker, https://www.aljazeera.com/news/2018/09/deadlock-broken-iraqi-parliament-elects-speaker180915115434675.html, Zugriff 19.10.2018

- BBC - British Broadcasting Corporation (9.12.2017): Iraq declares war with Islamic State is over, http://www.bbc.com/news/world-middle-east-42291985, Zugriff 18.10.2018

- BBC - British Broadcasting Corporation (3.10.2018): New Iraq President Barham Saleh names Adel Abdul Mahdi as PM, https://www.bbc.com/news/world-middle-east-45722528, Zugriff 18.10.2018

- CIA - Central Intelligence Agency (17.10.2018): The World Factbook - Iraq, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/iz.html, Zugriff 19.10.2018

- DW - Deutsche Welle (2.10.2018): Iraqi parliament elects Kurdish moderate Barham Salih as new president, https://www.dw.com/en/iraqi-parliament-elects-kurdish-moderate-barham-salihas-new-president/a-45733912, Zugriff 18.10.2018

- Fanack (27.9.2018): Governance & Politics of Iraq, https://fanack.com/iraq/governance-andpolitics-of-iraq/, Zugriff 17.10.2018

- The Guardian (3.10.2018): Iraqi president names Adel Abdul-Mahdi as next prime minister, https://www.theguardian.com/world/2018/oct/03/iraqi-president-names-adel-abdul-mahdi-asnext-prime-minister, Zugriff 18.10.2018

- ICG - International Crisis Group (9.5.2018): Iraq's Pre-election Optimism Includes a New Partnership with Saudi Arabia, https://www.crisisgroup.org/middle-east-north-africa/gulf-andarabian-peninsula/iraq/iraqs-pre-election-optimism-includes-new-partnership-saudi-arabia, Zugriff 18.10.2018

- KAS - Konrad Adenauer Stiftung (2.5.2018): Mapping the Major Political Organizations and Actors in Iraq since 2003, http://www.kas.de/wf/doc/kas_52295-1522-1-30.pdf180501131459, Zugriff 17.10.2018

- LSE - London School of Economics and Political Science (7.2018): The 2018 Iraqi Federal Elections: A Population in Transition, http://eprints.lse.ac.uk/89698/7/MEC_Iraqielections_Report_2018.pdf, Zugriff 18.10.2018

- Reuters (15.9.2018): Iraq parliament elects Sunni lawmaker al-Halbousi as speaker, breaking deadlock, https://www.reuters.com/article/us-iraq-politics/iraq-parliament-elects-sunnilawmaker-al-halbousi-as-speaker-breaking-deadlock-idUSKCN1LV0BH, Zugriff 18.10.2018

- RoI - Republic of Iraq (15.10.2005): Constitution of the Republic of Iraq, http://www.refworld.org/docid/454f50804.html, Zugriff 18.10.2018

- Der Standard (13.5.2018): Wahlen im Irak: Al-Abadi laut Kreisen in Führung, https://derstandard.at/2000079629773/Irakische-Parlamentswahl-ohne-groessere-Zder, Zugriff 2.11.2018

- Der Standard (3.10.2018): Neue alte Gesichter für Iraks Topjobs, https://derstandard.at/2000088607743/Neue-alte-Gesichter-fuer-Iraks-Topjobs, Zugriff 19.10.2018

- TA - Tagesanzeiger (12.5.2018): Im Bann des Misstrauens, https://www.tagesanzeiger.ch/ausland/naher-osten-und-afrika/im-bann-des-misstrauens/story/ 29434606, Zugriff 18.10.2018

- UNSC - United Nations Security Council (17.1.2018): Report of the Secretary-General pursuant to resolution 2367 (2017),

https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/N1800449.pdf, Zugriff 19.10.2018

- WZ - Wiener Zeitung (12.5.2018): Erste Wahl im Irak nach Sieg gegen IS stößt auf wenig Interesse, https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/welt/weltpolitik/964399_Erste-Wahl-imIrak-nach-Sieg-gegen-IS-stoesst-auf-wenig-Interesse.html, Zugriff 23.10.2018

Parteienlandschaft

Es gibt vier große schiitische politische Gruppierungen im Irak: die Islamische Da'wa-Partei, den Obersten Islamischen Rat im Irak (OIRI) (jetzt durch die Bildung der Hikma-Bewegung zersplittert), die Sadr-Bewegung und die Badr-Organisation. Diese Gruppen sind islamistischer Natur, sie halten die meisten Sitze im Parlament und stehen in Konkurrenz zueinander - eine Konkurrenz, die sich, trotz des gemeinsamen konfessionellen Hintergrunds und der gemeinsamen Geschichte im Kampf gegen Saddam Hussein, bisweilen auch in Gewalt niedergeschlagen hat (KAS 2.5.2018).

Die meisten politischen Parteien verfügen über einen bewaffneten Flügel oder werden einer Miliz zugeordnet (Niqash 7.7.2016; vgl. BP 17.12.2017) obwohl dies gemäß dem Parteiengesetz von 2015 verboten ist (Niqash 7.7.2016; vgl. WI 12.10.2015). Milizen streben jedoch danach, politische Parteien zu gründen (CGP 4.2018) und haben sich zu einer einflussreichen politischen Kraft entwickelt (Niqash 5.4.2018; vgl. Guardian 12.5.2018).

Die sunnitische politische Szene im Irak ist durch anhaltende Fragmentierung und Konflikt gekennzeichnet, zwischen Kräften, die auf Provinz-Ebene agieren, und solchen, die auf Bundesebene agieren. Lokale sunnitische Kräfte haben sich als langlebiger erwiesen als nationale (KAS 2.5.2018)

Die politische Landschaft der Autonomen Region Kurdistan ist historisch von zwei großen Parteien geprägt: der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) und der Patriotischen Union Kurdistans (PUK). Dazu kommen Gorran ("Wandel"), eine 2009 gegründete Bewegung, die sich auf den Kampf gegen Korruption und Nepotismus konzentriert, sowie eine Reihe kleinere islamistische Parteien (KAS 2.5.2018).

Abgesehen von den großen konfessionell bzw. ethnisch dominierten Parteien des Irak, gibt es auch nennenswerte überkonfessionelle politische Gruppierungen. Unter diesen ist vor allem die Iraqiyya/Wataniyya Bewegung des Ayad Allawi von Bedeutung (KAS 2.5.2018).

Die folgende Grafik veranschaulicht die Sitzverteilung im neu gewählten irakischen Parlament. Sairoon, unter der Führung des schiitischen Geistlichen Muqtada al-Sadrs, ist mit 54 Sitzen die größte im Parlament vertretene Gruppe, gefolgt von der Fath-Bewegung des Milizenführers Hadi al-Amiri und Haider al-Abadi's Nasr ("Victory")-Allianz (LSE 7.2018).

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Quelle: LSE - London School of Economics and Political Science (7.2018): The 2018 Iraqi Federal Elections, http://eprints.lse.ac.uk/89698/7/MEC_Iraqi-elections_Report_2018.pdf, Zugriff 2.11.2018

Die Wahl im Mai 2018 war von Vorwürfen von Unregelmäßigkeiten und Wahlbetrug begleitet (AlMonitor 23.8.2018; vgl. Reuters 24.5.2018, Al Jazeera 6.6.2018). Eine manuelle Nachzählung der Stimmen, die daraufhin angeordnet wurde, ergab jedoch fast keinen Unterschied zu den zunächst verlautbarten Ergebnissen und bestätigte den Sieg von Muqtada al-Sadr (WSJ 9.8.2018; vgl. Reuters 10.8.2018). Die Mehrheit der Abgeordneten im Parlament ist neu und jung (WZ 9.10.2018). Im Prozess zur Designierung des neuen Parlamentssprechers, des Präsidenten und des Premierministers stimmten die Abgeordneten zum ersten Mal individuell und nicht in Blöcken - eine Entwicklung, die einen Bruch mit den üblichen, schwer zu durchbrechenden Loyalitäten entlang parteipolitischer, konfessioneller und ethnischer Linien, darstellt (Arab Weekly 7.10.2018).

Quellen:

- Al Jazeera (6.6.2018): Iraq orders recount of all 11 million votes from May 12 election, https:// www.aljazeera.com/news/2018/06/iraq-orders-recount-11-million-votes-12-election180606163950024.html, Zugriff 23.10.2018

- Al-Monitor (23.8.2018): Many Iraqi legislators call for canceling election results, https://www.almonitor.com/pulse/originals/2018/05/iraq-election-fraud.html, Zugriff 23.10.2018

- The Arab Weekly (7.10.2018): Room for optimism in Iraq under new leadership, https://thearabweekly.com/room-optimism-iraq-under-new-leadership, Zugriff 23.10.2018

- BP - Baghdad Post (17.12.2017): All Shia political parties have armed militias - Nujaba, https://www.thebaghdadpost.com/en/Story/21086/All-Shia-political-parties-have-armedmilitias-Nujaba, Zugriff 22.10.2018

- CGP - Center for Global Policy (4.2018): The Role of Iraq's Shiite Militias in the 2018 Elections, https://www.cgpolicy.org/wp-content/uploads/2018/04/Mustafa-Gurbuz-PolicyBrief.pdf, Zugriff 22.10.2018

- Fanack (27.9.2018): Governance & Politics of Iraq, https://fanack.com/iraq/governance-andpolitics-of-iraq/, Zugriff 17.10.2018

- The Guardian (12.5.2018): Martyr or master Future of anti-Isis militias splits Iraq ahead of elections, https://www.theguardian.com/world/2018/may/12/iraq-elections-becomebattleground-iranian-influence, Zugriff 22.10.2018

- HoC - House of Commons (12.6.2018): Briefing paper: Iraq and the 2018 election, researchbriefings.files.parliament.uk/documents/.../CBP-8337.pdf, Zugriff 22.10.2018

- IRIS - Institute of Regional and International Studies (11.5.2018): Iraq Votes 2018: Election

Mobiliz

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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