TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/27 W104 2220395-1

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Veröffentlicht am 27.04.2020
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Entscheidungsdatum

27.04.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
Direktzahlungs-Verordnung §7
MOG 2007 §19 Abs3
MOG 2007 §6
MOG 2007 §8c
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W104 2220395-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Christian Baumgartner als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , BNr. XXXX , gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 9.1.2019, AZ II/4-DZ/18-11666660010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2018, zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben.

Der angefochtene Bescheid wird dahingehend geändert, als dem Antrag auf Übertragung von Zahlungsansprüchen mit der lfd. Nr. UE8643K18 mit der Maßgabe stattgegeben wird, dass 30 % der 2,0000 zu übertragenden Zahlungsansprüche der Nationalen Reserve zugeschlagen werden.

II. Der AMA wird aufgetragen, gemäß den Vorgaben in Spruchpunkt I. die entsprechenden Berechnungen durchzuführen und das Ergebnis bescheidmäßig mitzuteilen.

B)

Die Revision ist zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer stellte am 27.3.2018 einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2018, beantragte die Gewährung von Direktzahlungen und spezifizierte zu diesem Zweck in der Internet-Applikation INVEKOS-GIS eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzflächen.

2. Am 14.5.2018 zeigten XXXX als Übergeberin und der Beschwerdeführer als Übernehmer mit Formular "Übertragung von Zahlungsansprüchen (ZA) 2018" die Übertragung von 2,0 Zahlungsansprüchen mit Flächenweitergabe im Rahmen eines Kaufes an. Diesem Antrag wurde von der AMA die lfd. Nr. UE8643K18 zugeordnet.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Übertragungsantrag Nr. UE8643K18 abgewiesen. Dies mit der Begründung, dass auf Grundlage der Mehrfachanträge-Flächen 2017 und 2018 keine Flächenübertragung zwischen Übergeber und Übernehmer habe nachgewiesen werden können (Hinweis auf Art. 4 Abs. 1 lit. l und m VO 1307/2013, § 7 Abs. 2 Z 3 DIZA-VO).

4. Mit Beschwerde vom 11.2.2019 führte der Beschwerdeführer aus, die Übergeberin habe aufgrund von Pachtflächenverlust mit nachfolgender Verbauung der Fläche zu viele Zahlungsansprüche gehabt, die sie ihm unentgeltlich übertragen habe wollen. Er habe vor 2 Jahren Flächen gepachtet und dafür keine Zahlungsansprüche übertragen bekommen, weshalb auf seinem Betrieb zu wenig vorhanden gewesen seien. Eine Flächenweitergabe zwischen der Übergeberin und ihm als Übernehmer sei daher nie ihre Absicht gewesen, es habe eine Übertragung ohne Flächenweitergabe sein sollen. Da die Übertragung unentgeltlich erfolgt sei und am Übertragungsformular lediglich der Punkt "Kauf ohne Flächenweitergabe" als Auswahlmöglichkeit zur Verfügung stand, sei ihm dieser Punkt unplausibel erschienen. Schließlich habe er die Zahlungsansprüche ja nicht käuflich erworben. Stattdessen habe er am Übertragungsformular den für ihn plausibleren, darüber liegenden Punkt "Kauf/Übergabe/Schenkung" ausgefüllt, da die Übertragung ja ohne Gegenleistung erfolgt sei. Anhand seiner Darstellungen sei erkennbar, dass es sich hierbei eindeutig um einen offensichtlichen Irrtum gehandelt habe - zu einem Großteil auch mitverschuldet durch die irreführende Bezeichnung am Übertragungsformular. Er reiche deshalb eine Korrektur der betroffenen ZA-Übertragung ein und ersuche die Zahlungsansprüche ohne Flächenweitergabe trotzdem zu übertragen.

Mit der Beschwerde reichten Übergeberin und Übernehmer ein korrigiertes Übertragungsformular ein, auf dem nunmehr "Kauf ohne Flächenweitergabe" angekreuzt war.

5. Anlässlich der Beschwerdevorlage führte die Behörde aus, die Beschwerde sei negativ beurteilt worden, da eine Korrektur auf "Kauf ohne Flächenweitergabe" nach Antragsfrist (15.05.2018) einer Ausweitung gleichkomme.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der Beschwerdeführer stellte am 27.3.2018 einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2018, beantragte die Gewährung von Direktzahlungen und spezifizierte zu diesem Zweck in der Internet-Applikation INVEKOS-GIS eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzflächen.

Am 14.5.2018 zeigten XXXX als Übergeberin und der Beschwerdeführer als Übernehmer mit Formular "Übertragung von Zahlungsansprüchen (ZA) 2018" die Übertragung von 2,0 Zahlungsansprüchen mit Flächenweitergabe im Rahmen eines Kaufes an. Diesem Antrag wurde von der AMA die lfd. Nr. UE8643K18 zugeordnet.

Eine Flächenweitergabe zwischen der Übergeberin und dem Beschwerdeführer als Übernehmer war nicht beabsichtigt, doch erfolgte die Wahl des Formularpunktes "Kauf ohne Flächenweitergabe", weil für eine unentgeltliche Übertragung ohne Flächenweitergabe keine ausdrückliche Auswahlmöglichkeit zur Verfügung stand. Stattdessen füllten die Parteien der Übertragung am Übertragungsformular den für sie plausibleren, darüber liegenden Punkt "Kauf/Übergabe/Schenkung" aus, da die Übertragung ohne Gegenleistung erfolgt ist.

Am 11.2.2019 reichte der Beschwerdeführer zusammen mit seiner Beschwerde auch eine Korrektur der betroffenen ZA-Übertragung ein, wobei nun der Formularpunkt "Kauf ohne Flächenweitergabe" angekreuzt und das Kreuz bei "Kauf/Übergabe/Schenkung" gestrichen war.

2. Beweiswürdigung:

Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt (auch aus der Beschwerde) und wurden von keiner Partei bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für das betroffene Antragsjahr maßgeblichen Fassung:

Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 608, im Folgenden VO (EU) 1307/2013:

"Artikel 4

Begriffsbestimmungen und damit zusammenhängende Bestimmungen

(1) Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Begriff

[...]

n) "Übertragung" die Pacht, den Verkauf, die Vererbung oder vorweggenommene Erbfolge von Flächen oder Zahlungsansprüchen oder jede andere endgültige Übertragung derselben; die Rückübertragung von Zahlungsansprüchen bei Ablauf einer Pacht stellt keine Übertragung dar.

[...]"

"Artikel 21

Zahlungsansprüche

(1) Die Basisprämienregelung kann von Betriebsinhabern in Anspruch genommen werden, die

a) Zahlungsansprüche im Rahmen der vorliegenden Verordnung durch Zuweisung gemäß Artikel 20 Absatz 4, durch Erstzuweisung nach Maßgabe der Artikel 24 oder Artikel 39, durch Zuweisung aus der nationalen Reserve oder den regionalen Reserven gemäß Artikel 30 oder durch Übertragung gemäß Artikel 34 erhalten [...].

(2) Die Gültigkeit der im Rahmen der Betriebsprämienregelung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 erhaltenen Zahlungsansprüche läuft am 31. Dezember 2014 ab.

[...]."

"Artikel 32

Aktivierung von Zahlungsansprüchen

(1) Eine Stützung im Rahmen der Basisprämienregelung wird den Betriebsinhabern bei Aktivierung eines Zahlungsanspruchs je beihilfefähige Hektarfläche mittels Anmeldung gemäß Artikel 33 Absatz 1 in dem Mitgliedstaat, in dem der Zahlungsanspruch zugewiesen wurde, gewährt. Bei aktivierten Zahlungsansprüchen besteht Anspruch auf die jährliche Zahlung der darin festgesetzten Beträge, unbeschadet der Anwendung von Haushaltsdisziplin, Kürzung von Zahlungen gemäß Artikel 11 sowie linearen Kürzungen gemäß Artikel 7, Artikel 51 Absatz 2 und Artikel 65 Absatz 2 Buchstabe c der vorliegenden Verordnung sowie der Anwendung von Artikel 63 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.

(2) Im Sinne dieses Titels bezeichnet der Begriff "beihilfefähige Hektarfläche"

a) jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebs, [...].

Artikel 33

Anmeldung der beihilfefähigen Hektarflächen

(1) Für die Zwecke der Aktivierung von Zahlungsansprüchen nach Artikel 32 Absatz 1 meldet der Betriebsinhaber die Parzellen an, die der beihilfefähigen Hektarfläche für jeden Zahlungsanspruch entsprechen. Außer im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände müssen die angemeldeten Parzellen dem Betriebsinhaber zu einem vom Mitgliedstaat festzusetzenden Zeitpunkt zur Verfügung stehen, der jedoch nicht nach dem in demselben Mitgliedstaat festgesetzten Zeitpunkt für die Änderung des Beihilfeantrags gemäß Artikel 72 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 liegen darf.

[...]."

Artikel 34

Übertragung von Zahlungsansprüchen

(1) Zahlungsansprüche dürfen nur an nach Maßgabe von Artikel 9 zum Bezug von Direktzahlungen berechtigte Betriebsinhaber, die in demselben Mitgliedstaat ansässig sind, übertragen werden, ausgenommen im Falle der Übertragung durch Vererbung oder vorweggenommene Erbfolge.

Auch im Fall der Vererbung oder vorweggenommenen Erbfolge dürfen Zahlungsansprüche nur in dem Mitgliedstaat aktiviert werden, in dem sie zugewiesen wurden.

[...]

(4) Wenn Zahlungsansprüche ohne Land übertragen werden, können die Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts entscheiden, dass ein Teil der übertragenen Zahlungsansprüche in die nationale Reserve oder die regionalen Reserven zurückfallen muss oder dass ihr Einheitswert zugunsten der nationalen Reserve oder der regionalen Reserven zu verringern ist. Diese Verringerung kann auf eine oder mehrere Übertragungsarten angewendet werden.

[...]."

Die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 639/2014 der Kommission vom 11. März 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Änderung des Anhangs X der genannten Verordnung, ABl. L 181 vom 20.6.2014, S. 1, im Folgenden VO (EU) 639/2014, lautet auszugsweise:

"Artikel 25

Übertragung von Ansprüchen

1. Zahlungsansprüche können jederzeit übertragen werden.

[...]."

"Artikel 26

Rückfall in die nationale oder regionale Reserve aufgrund des Einbehalts bei Übertragung von Zahlungsansprüchen

Macht ein Mitgliedstaat von der Möglichkeit gemäß Artikel 34 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 Gebrauch, so kann er nach objektiven Kriterien, unter Gewährleistung der Gleichbehandlung der Betriebsinhaber und unter Vermeidung von Markt- und Wettbewerbsverzerrungen beschließen, dass bis zu 30 % der jährlichen Einheitswerte jedes Zahlungsanspruchs, der ohne die entsprechenden beihilfefähigen Hektarflächen im Sinne von Artikel 32 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 übertragen wird, oder des entsprechenden in Anzahl an Zahlungsansprüchen ausgedrückten Betrags in die nationale oder regionale Reserve zurückfallen.

Abweichend von Absatz 1 können die Mitgliedstaaten in den ersten drei Jahren der Anwendung der Basisprämienregelung einen Rückfall in die Reserve von bis zu 50 % des jährlichen Einheitswerts jedes Zahlungsanspruchs oder des entsprechenden, in Anzahl an Zahlungsansprüchen gemäß Absatz 1 ausgedrückten Betrags vorsehen."

Die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 der Kommission vom 11. März 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem und die Bedingungen für die Ablehnung oder Rücknahme von Zahlungen sowie für Verwaltungssanktionen im Rahmen von Direktzahlungen, Entwicklungsmaßnahmen für den ländlichen Raum und der Cross-Compliance, ABl. L 181 vom 20.6.2014, S. 48, im Folgenden VO (EU) 640/2014, lautet auszugsweise:

"Artikel 13

Verspätete Einreichung

(1) Außer in Fällen höherer Gewalt und außergewöhnlicher Umstände im Sinne von Artikel 4 wird bei Einreichung eines Beihilfe- oder Zahlungsantrags gemäß vorliegender Verordnung nach dem von der Kommission auf der Grundlage von Artikel 78 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 festgelegten Termin für solche Anträge der Betrag, auf den der Begünstigte bei fristgerechter Einreichung des Antrags Anspruch gehabt hätte, um 1 % je Arbeitstag gekürzt.

Unbeschadet der besonderen Maßnahmen, welche die Mitgliedstaaten in Bezug auf die Notwendigkeit ergreifen, dass Belege rechtzeitig vorgelegt werden müssen, um wirksame Kontrollen planen und durchführen zu können, gilt Unterabsatz 1 auch für Stützungsanträge, Unterlagen, Verträge oder sonstige Erklärungen, die der zuständigen Behörde vorzulegen sind, sofern diese Stützungsanträge, Unterlagen, Verträge oder Erklärungen anspruchsbegründend für die Gewährung der betreffenden Beihilfe sind. In diesem Fall wird die Kürzung auf den betreffenden Beihilfe- oder Stützungsbetrag angewandt.

Beträgt die Fristüberschreitung mehr als 25 Kalendertage, so wird der Antrag als unzulässig angesehen und dem Begünstigten keine Beihilfe oder Stützung gewährt. [...]

Artikel 14

Verspätete Einreichung eines Antrags im Zusammenhang mit Zahlungsansprüchen

Außer in Fällen höherer Gewalt und außergewöhnlicher Umstände im Sinne von Artikel 4 werden bei Einreichung eines Antrags auf Zuweisung oder gegebenenfalls Erhöhung von Zahlungsansprüchen nach dem von der Kommission zu diesem Zweck auf der Grundlage von Artikel 78 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 festgelegten Termin die Beträge, die für die Zahlungsansprüche oder gegebenenfalls die Erhöhung des Werts der Zahlungsansprüche an den Begünstigten zu zahlen sind, in dem betreffenden Jahr um 3 % je Arbeitstag gekürzt.

Beträgt die Fristüberschreitung mehr als 25 Kalendertage, so ist der Antrag als unzulässig anzusehen, und dem Begünstigten werden keine Zahlungsansprüche oder gegebenenfalls keine Erhöhung des Werts der Zahlungsansprüche zugewiesen."

Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 641/2014 der Kommission vom 16. Juni 2014, mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik, ABl. L 181 vom 20.6.2014, S. 74, im Folgenden VO (EU) 641/2014, lautet auszugsweise:

"Artikel 8

Mitteilung von Übertragungen

(1) Im Fall der Übertragung gemäß Artikel 34 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 teilt der Übertragende der zuständigen Behörde die Übertragung innerhalb einer vom Mitgliedstaat festzusetzenden Frist mit.

(2) Erhebt die zuständige Behörde keine Einwände gegen die Übertragung, findet diese wie in der Mitteilung angegeben statt. Die zuständige Behörde kann nur dann Einwände gegen eine Übertragung erheben, wenn diese nicht gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013, der delegierten Verordnung (EU) Nr. 639/2014 und der vorliegenden Verordnung erfolgt. Die zuständige Behörde teilt dem Übertragenden ihre Einwände baldmöglichst mit."

Die §§ 8c und 19 des Bundesgesetzes über die Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen (Marktordnungsgesetz 2007 - MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007, idF. BGBl. I Nr. 25/2019 lauten auszugsweise:

"Übertragung von Zahlungsansprüchen

§ 8c. Werden Zahlungsansprüche ohne Flächen an andere Betriebsinhaber übertragen, werden

1. bei einer mit Wirksamkeit bis einschließlich für das Kalenderjahr 2017 erfolgenden Übertragung 50 % der von der Übertragung erfassten Zahlungsansprüche und

2. bei einer mit Wirksamkeit ab dem Kalenderjahr 2018 erfolgenden Übertragung 30 % der von der Übertragung erfassten Zahlungsansprüche

der nationalen Reserve zugeschlagen."

"Vorschriften zu Bescheiden und Rückzahlung

§ 19. [...]

(3) Das Bundesverwaltungsgericht kann der AMA auftragen, gemäß den Vorgaben im Erkenntnis die entsprechenden Berechnungen durchzuführen und das Ergebnis bescheidmäßig mitzuteilen."

Die Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik (Direktzahlungs-Verordnung 2015), BGBl. II Nr. 368/2014, lautet auszugsweise:

"Übertragung von Zahlungsansprüchen

§ 7. (1) Anträge auf Übertragung von Zahlungsansprüchen sind zwischen 16. September und 15. Mai des jeweiligen Antragsjahres mit Wirksamkeit für das beginnende Antragsjahr mittels eines von der AMA verfügbar gemachten Formblatts anzuzeigen.

(2) Die Anzeige hat insbesondere zu enthalten:

1. die Anzahl der von der Übertragung erfassten Zahlungsansprüche,

2. die Art der Übertragung,

3. die Angabe, ob eine Übertragung von Zahlungsansprüchen in Verbindung mit einer beihilfefähigen Fläche oder - gegebenenfalls nur hinsichtlich der restlichen Zahlungsansprüche - in Form einer Übertragung ohne Fläche erfolgt, und

4. Angaben zur Identität des übertragenden und des übernehmenden Betriebsinhabers sowie deren elektronische Kennungen oder Unterschriften. [...]."

3.2. Rechtliche Würdigung:

Mit dem Antragsjahr 2015 wurde die Einheitliche Betriebsprämie von der Basisprämie und mehreren ergänzenden Zahlungen, insb. der Zahlung für dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden (= Ökologisierungszahlung bzw. "Greeningprämie"), abgelöst.

Voraussetzung für die Gewährung der Basisprämie sowie in der Folge der Greeningprämie ist gemäß Art. 21 Abs. 1 VO (EU) 1307/2013 die Zuweisung von Zahlungsansprüchen an den antragstellenden Betriebsinhaber sowie deren Aktivierung mit einem entsprechenden Ausmaß an beihilfefähiger Fläche gemäß Art. 32 VO (EU) 1307/2013.

Die Erstzuweisung der Zahlungsansprüche erfolgte gemäß Art. 24 VO (EU) 1307/2013 im Antragsjahr 2015. Seither können die Zahlungsansprüche gemäß Art. 34 VO (EU) 1307/2013 von einem Betriebsinhaber auf einen anderen Betriebsinhaber übertragen werden.

Gemäß § 7 Abs. 1 Direktzahlungs-Verordnung 2015 sind Anträge auf Übertragung von Zahlungsansprüchen zwischen 16. September und 15. Mai des jeweiligen Antragsjahres mit Wirksamkeit für das beginnende Antragsjahr mittels eines von der AMA verfügbar gemachten Formblatts anzuzeigen. Im Formblatt ist gemäß Abs. 2 Z 2 auch die Art der Übertragung anzugeben und gemäß Z 3 die Angabe, ob eine Übertragung von Zahlungsansprüchen in Verbindung mit einer beihilfefähigen Fläche oder - gegebenenfalls nur hinsichtlich der restlichen Zahlungsansprüche - in Form einer Übertragung ohne Fläche erfolgt.

Werden Zahlungsansprüche ohne Fläche an andere Betriebsinhaber übertragen, so werden gemäß § 8c MOG 2007 mit Wirksamkeit ab dem Kalenderjahr 2018 30 % der von der Übertragung erfassten Zahlungsansprüche der nationalen Reserve zugeschlagen.

Der Beschwerdeführer wollte von der Übertragungsmöglichkeit ohne Flächenweitergabe Gebrauch machen. Dabei wurde von den Antragstellern auf dem Formblatt "Kauf/Übergabe/Schenkung" statt "Kauf ohne Flächenweitergabe" angekreuzt.

Das von der AMA erstellte und zu verwendende Formular enthält folgenden Hinweis, wobei bei der Bearbeitung des Formulares Zutreffendes anzukreuzen ist:

"Rechtsgrundlage (zutreffendes ankreuzen):

MIT FLÄCHENWEITERGABE 1)

Pacht     PACHTRÜCKFALL

VERERBUNG  ALM

KAUF/ÜBERGABE/SCHENKUNG

KAUF OHNE FLÄCHENWEITERGABE 2;3)"

Dieser Hinweis überlässt einem Anwender dieses Formulares hinsichtlich der anzukreuzenden Rechtsgrundlage zuerst die Entscheidung, ob es sich um eine Übertragung von Zahlungsansprüchen mit oder um eine solche ohne Flächenübertragung handelt. Für den Fall, dass der Anwender sich dafür entscheidet, dass es sich um eine Übertragung ohne Flächenweitergabe handelt, steht er vor dem Problem, dass er keine Auswahlmöglichkeit hat. Das Formular sieht eine Übertragung von ZA ohne Flächenweitergabe nur für den Fall vor, dass dieser Übertragung ohne Flächenweitergabe jedenfalls ein Kaufvertrag zugrunde liegen muss.

Wenn man nunmehr - wie in der verfahrensgegenständlichen Angelegenheit - jedoch eine Übertragung von ZA ohne Flächenweitergabe, der kein Kaufvertrag zugrunde liegt, anzeigen bzw. beantragen möchte, steht man vor dem Dilemma sich entscheiden zu müssen, welches "falsche" Kästchen man ankreuzt; oder man kreuzt richtigerweise kein Kästchen an, weil genau die richtige und exakte Auswahlmöglichkeit, nämlich "Übergabe auf der Grundlage eines Pachtvertrages, ohne Flächenweitergabe" nicht angeboten wird.

Das von der AMA zur Verfügung gestellte und verpflichtend zu verwendende Formular ist aus Sicht des erkennenden Gerichtes irreführend. Diese Irreführung kann weder einem Übergeber noch einem Übernehmer angelastet werden, sondern wurde von der belangten Behörde verursacht, sodass eine fehlerhafte Auswahl beim Ankreuzen in diesem Formular keinem Rechtsanwender zum Vorwurf gemacht werden kann und in der gegenständlichen Angelegenheit jedenfalls zu Gunsten des Beschwerdeführers auszulegen ist, sodass das erkennende Gericht diesbezüglich zur Auffassung gelangt, dass der Beschwerdeführer und die Übergeberin eine Übertragung von ZA ohne Flächenweitergabe rechtskonform angezeigt und beantragt haben, die unter Berücksichtigung von § 8c Z 2 MOG 2007 durchzuführen ist; die mit der Beschwerde erfolgte Korrektur ist jedenfalls nicht als verspätet anzusehen. Daher ist dem Antrag hinsichtlich des Anteiles von 70 % stattzugeben und auszusprechen, dass der Anteil von 30 % von 2,0 Zahlungsansprüchen der Nationalen Reserve zuzuschlagen ist.

Die an die AMA als belangte Behörde gerichtete Verfügung - nach den Vorgaben in diesem Erkenntnis - die entsprechenden Berechnungen durchzuführen und das Ergebnis dem Beschwerdeführer bescheidmäßig mitzuteilen, ergibt sich aus § 19 Abs. 3 MOG 2007.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war und Art. 47 GRC dem nicht entgegenstand. Letztlich handelte es sich um die Beurteilung reiner Rechtsfragen, die auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Verwaltungsgerichtshofes keiner Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bedürfen (VwGH 21.12.2016, Ra 2016/04/0117); vgl. dazu mwN auch Senft, Verhandlungspflicht der Verwaltungsgerichte aus grundrechtlicher Perspektive, ZVG 2014/6, 523 (534).

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Eine Rechtsprechung des VwGH zu den Fragen

* der Umdeutung einer Anzeige bzw. der Beantragung der Übertragung von Zahlungsansprüchen mit Flächenweitergabe in eine Übertragung von Zahlungsansprüchen ohne Flächenweitergabe infolge eines von der belangten Behörde veranlassten Auswahlmangels, sowie

* ob eine Übertragung von Zahlungsansprüchen ohne Flächenweitergabe auch auf andere Rechtsgrundlagen als nur auf den Kauf dieser Zahlungsansprüche gestützt werden kann, oder ob auch andere Rechtsgrundlagen, wie insbesondere eine unentgeltliche bloße Übertragung auch als Rechtsgrundlage herangezogen werden kann, wie das vom erkennenden Gericht aus Art. 4 Abs. 1 lit. n der VO (EU) 1307/2013 gefolgert wird,

liegt nach Auffassung des erkennenden Gerichtes nicht vor.

Diese Fragen sind im Zuge der Entscheidung in der verfahrensgegenständlichen Angelegenheit und darüber hinaus auch in anderen Beschwerdeverfahren, die beim erkennenden Gericht anhängig sind bzw. zukünftig anhängig gemacht werden könnten, zu beantworten und daher diesbezüglich von grundsätzlicher Bedeutung.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

beihilfefähige Fläche Berechnung Bescheidabänderung Direktzahlung Flächenweitergabe Form INVEKOS Mehrfachantrag-Flächen Mitteilung Nachweismangel Pacht Prämiengewährung Revision zulässig Übertragung Umdeutung Zahlungsansprüche

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W104.2220395.1.00

Im RIS seit

11.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

11.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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