TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/29 W207 2227306-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.04.2020
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Entscheidungsdatum

29.04.2020

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W207 2227306-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 13.12.2019, OB: XXXX , betreffend Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 42 Abs. 1 und § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) und § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und Parkausweisen idgF abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer ist seit 13.02.2007 Inhaber eines Behindertenpasses mit einem damals festgestellten Grad der Behinderung von 60 von Hundert (v.H.) und seit 02.07.2014 Inhaber eines Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung 80 v.H. Die Ausstellung des Behindertenpasses mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 80 v.H. erfolgte auf Grundlage eines HNO-Aktengutachtens vom 29.04.2014 und eines allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens vom 10.06.2014. Darin wurden auf Grundlage der Bestimmungen der Anlage der Einschätzungsverordnung die Funktionseinschränkungen 1. "An Taubheit grenzende Schwerhörigkeit rechts und funktionelle Taubheit links", bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 70 v.H. nach der Positionsnummer 12.02.01 Tab. Z5/K6 der Anlage der Einschätzungsverordnung, 2. "Aufbrauchzeichen der Wirbelsäule, Zustand nach Hüftgelenksersatz links, Aufbrauchzeichen am linken Knie", bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 30 v.H. nach der Positionsnummer 02.02.03 der Anlage der Einschätzungsverordnung, 3. "Chronische Nierenfunktionsstörung", bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 20 v.H. nach der Positionsnummer 05.04.01 der Anlage der Einschätzungsverordnung und 4. "Zustand nach erstmaliger Gallenkolik", bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 10 v.H. nach der Positionsnummer 07.06.01 der Anlage der Einschätzungsverordnung, festgestellt. Betreffend den festgestellten Gesamtgrad der Behinderung von 80 v.H. wurde ausgeführt, dass das führende Leiden 1 durch die übrigen Leiden um eine Stufe erhöht werde, da diese das Gesamtbild negativ beeinflussen würden. Innere Hämorrhoiden Grad I würden keinen Grad der Behinderung erreichen, da sie kein maßgebliches funktionelles Defizit darstellen würden. Im Vergleich zum Vorgutachten aus dem Jahr 2007 sei es zu einer Erhöhung des HNO-Leidens wegen Verschlechterung gekommen, die übrigen Leiden seien neu anerkannt worden. Aufgrund der vorliegenden Befunde sei eine rückwirkende Bestätigung des Grades der Behinderung ab 2013 möglich. Es wurde außerdem festgestellt, dass dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel trotz der bestehenden Funktionseinschränkungen zumutbar sei.

Am 25.09.2019 stellte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde online den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29 b StVO, der entsprechend dem vom Beschwerdeführer unterfertigten Antragsformular für den - auf den Beschwerdeführer zutreffenden - Fall, dass er nicht über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in seinem Behindertenpass verfügt, auch als Antrag auf Vornahme der genannten Zusatzeintragung in den Behindertenpass gilt.

Am 30.09.2019 schickte der Beschwerdeführer eine E-Mail mit dem Betreff "Antrag auf Parkausweis bzw. Antrag auf Eintrag ?Unzumutbarkeit der Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittel'" folgenden Inhalts - hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - an die belangte Behörde:

"Sehr geehrte Damen/Herren,

leider hat sich der Fehlerteufel eingeschlichen. Ich habe den im Betreff genannten Antrag online durchgeführt, aber anscheinend ist hierzu die falsche Arztbestätigung hochgeladen worden. Ich kann aber nichts finden, um den Fehler auszubessern. Daher hänge ich die richtige Bestätigung an, und bitte um Weiterleitung zur zuständigen Abteilung.

..."

Dieser E-Mail wurden medizinischen Unterlagen beigefügt.

Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin auf Grundlage der Bestimmungen der Anlage der Einschätzungsverordnung vom 25.11.2019, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 22.11.2019, ein. In diesem medizinischen Sachverständigengutachten wurde - hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - Folgendes ausgeführt:

"...

Anamnese:

10/2019 Z.n. Implantation eines Cochleaimplantates links, 11/2016 Z.n. PTA der Beckenstrombahn rechts bei PAVK, 2015 Z.n. Gefäßdehung rechtes Bein bei PAVK, 2014 Z.n. CHE, 2013 Z.n. Hüft-TEP links, 2013 Z.n. bone Bridge, 2012 Z.n. Arthroskopie linkes Knie, 2007 Z.n. Meningeom-OP, degenerative Veränderungen in der Lendenwirbelsäule, Glutealinsuffizienz links, Beinlängendifferenz 1cm, chronische Niereninsuffizienz, seit 2017 Diabetes mellitus

Derzeitige Beschwerden:

nach kurzer Gehstrecke Schmerzen im rechten Unterschenkel, Schmerzen auch in der linken Hüfte und linken Knie, Kreuzschmerzen, die Schwerhörigkeit erschwert das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel, da die Durchsagen nicht verstanden werden

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Trajenta, TASS, Candesartan, Atorvastatin, Cochleaimplantat links

Sozialanamnese:

verheiratet, 3 erwachsene Kinder, Pensionist

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

27.04.2017 KH XXX, Chirurige: Kontrolle bei Z.n. PTA der Beckenstrombahn rechts 11/16, gutes postinterventionelles Ergebnis, PAVK I,

23.11.2016 KH XXX, Chirurgie: PAVK re. Stad. IIa, St.p. transluminaler Stent-Angioplastie der A. iliaca comm. re. und der A. fem. superfic. re. cross over 02/15, DM de novo, art. HT, CNI, bek. Meningeom re frontotemporal, Presbyakusis, CHE 2014, H-TEP 2013, Extraktion Bonebridge 05/2013, Implantation Bonebridge 12/2013, ASK li. Knie, Th.: PTA Becken rechts am 23.11.2016,

05.04.2018 Orthopädischer Befund, Dg.: H-TEP li 13, BLD links -1cm, Glutealinsuffizienz links, Insertionstendinopathie Tuber ischiadicus links, mitgebrachter Befund vom 18.11.2019 Röntgen linkes Knie: mäßiggradig medial betonte Gonarthrose sowie Femoropatellararthrose

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

gut

Ernährungszustand:

gut

Größe: 177,00 cm Gewicht: 78,00 kg Blutdruck: 135/80

Klinischer Status - Fachstatus:

58-jähriger Mann kommt gehend ohne Begleitung in meine Ordination. Caput/Collum: CI links in situ, Optomotorik unauffällig, Pupillen rund isocor, reagieren prompt auf Licht, die einsehbaren Schleimhäute gut durchblutet, Zähne saniert. Thorax symmetrisch, Herzaktion rein rhythmisch normocard, Vesikuläratmung, keine pathologischen RGs auskultierbar. Abdomen weich eindrückbar, blande Narbe nach L-CHE, Leber am Rippenbogen, Milz nicht tastbar. Fuß- und Popliteapulse beidseits tastbar, auch sonst die Durchblutung und grob neurologisch unauffällig.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Extremitäten: Die Gelenke der OE altersentsprechend frei beweglich, UE: blande Narbe nach H-TEP links, das linke Hüftgelenk in allen Ebenen gering- bis mittelgradig bewegungseingeschränkt, das linke Kniegelenk endlagig beugegehemmt, Streckung frei, diskrete Krepitation, die übrigen Gelenke altersentsprechend frei beweglich. WS: HWS in allen Ebenen endlagig bewegungseingeschränkt, BWS/LWS: Drehung und Seitneigung des Oberkörpers nach links und rechts endlagig eingeschränkt, Lasegue beidseits negativ, Finger-Bodenabstand: 30cm. Das Gangbild diskret linkshinkend, sicher, normalschrittig und flüssig, Einbeinstand beidseits ohne Anhalten kurz möglich, Zehen- und Fersengang beidseits durchführbar.

Status Psychicus:

bewusstseinsklar, allseits orientiert, Stimmungslage euthym, Allgemeintempo von normaler

Schnelligkeit, Gedächtnis und Konzentration unauffällig

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1

An Taubheit grenzende Schwerhörigkeit rechts und funktionelle Taubheit links, seit 10/19 mit Cochleaimplantat links versorgt

2

Degenerative Veränderungen in der Wirbelsäule, Zustand nach Implantation einer Hüftprothese links und Abnützungserscheinungen im linken Kniegelenk mit funktionellen Auswirkungen mittleren Grades

3

Chronische Nierenfunktionsstörung kompensiert

4

Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus

5

Zustand nach Gefäßdehnung der Beingefäße rechts und Beckenstrombahn rechts mit guten Ergebnis ohne Hinweis auf Restenosierung

6

Zustand nach komplikationsloser Entfernung der Gallenblase

7

Beinlängendifferenz von 1cm

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Zustand nach Gefäßdehnung rechte UE, Diabetes mellitus, Gallenblasenentfernung, Beinlängendifferenz von 1cm und Cochleaimplantat neu hinzugekommen

[X] Dauerzustand

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Bedingt durch öffentliche Anzeigen zu den akustischen Informationen in allen öffentlichen Verkehrsmitteln, kann eine Höreinschränkung bei ausreichender Sehleistung zu keiner erheblichen Einschränkung beim Transport, Einsteigen und Aussteigen in einem öffentlichen Verkehrsmittel führen. Es liegen keine Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten und der Wirbelsäule vor, welche das Zurücklegen kurzer Wegstrecken, das Einsteigen und Aussteigen sowie den sicheren Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln erheblich und dauerhaft einschränken. Ausreichende Gangsicherheit kann auch ohne Verwendung einer Gehhilfe festgestellt werden. Die Beschwerden vor allem im Bereich der linken Hüfte und linken Knie führen zwar zu einer geringgradigen Einschränkung der Gehstrecke, das objektivierbare Ausmaß des Defizits kann jedoch eine maßgebliche Erschwernis der Erreichbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel nicht ausreichend begründen. Kurze Wegstrecken von etwa 300-400 m können alleine, allenfalls unter Verwendung einer einfachen Gehhilfe, ohne fremde Hilfe und ohne Pause zurückgelegt werden. Niveauunterschiede können überwunden werden, da die Beugefunktion im Bereich der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke ausreichend ist und das sichere Ein- und Aussteigen möglich ist. Die Gesamtmobilität ist nicht wesentlich eingeschränkt, Kraft und Koordination sind gut. Im Bereich der oberen Extremitäten liegen keine höhergradigen Funktionseinschränkungen vor, das Erreichen von Haltegriffen und das Festhalten sind nicht eingeschränkt, sodass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist. Durch die erfolgreichen Gefäßdehnungen im rechten Bein/Becken ohne Hinweis auf Restenosierung ist das Zurücklegen einer Gehstrecke von 300 bis 400 Meter ohne Pause möglich.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

nein

..."

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 27.11.2019 wurde der Beschwerdeführer über das Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt, wonach die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht vorlägen; das eingeholte Gutachten vom 25.11.2019 wurde dem Beschwerdeführer mit diesem Schreiben übermittelt. Dem Beschwerdeführer wurde in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme abzugeben.

Der Beschwerdeführer brachte mit E-Mail vom 09.12.2019 eine Stellungnahme folgenden Inhalts - hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - ein:

"...

Ich habe Ihr Schreiben wegen der Ablehnung des im Betreffen Zusatzeintrags bekommen. Ich möchte hiermit dagegen berufen. Ich bin dann halt wieder Bahn gefahren, weil Auto nicht verfügbar und laut Gutachen, ja alles total okay, jetzt ist vermutlich mein Meniskus kaputt, weil ich die Stufen der X Bahn nicht geschafft habe. Dies wird aber noch untersucht.

Entgegnung warum der Eintrag trotzdem sein sollte:

1. Ich wohne nicht in Wien wo die nächste Haltestelle von Öffentlichen innerhalb weniger Meter entfernt ist. Bei mir ist die nächste Haltestelle ca. 800 Meter weit weg, was bedeuten würde, dass ich mindestens 2mal anhalten muss.

2. Die Gutachterin meinte, es gäbe ja Informationstafel in den Öffentlichen Verkehrsmitteln. Ich meinte vorher zu ihr, für mich bedeutet das Stress, weil ich mich nicht setzen kann, da ich nicht weiss wann die richtige Haltestelle erreicht ist. Und ich daher Rückenschmerzen (LWS Bandscheibenvorfall bekomme), oder wenn ich mich setze, dann aufgrund der schnellen Bewegung zum Ausgang die Schmerzen im rechten Unterschenkel.

3. Informationstafeln gibt es in der X Bahn nicht, nicht mal in allen U-Bahnen der Stadt Wien,

4. Die Einstiege der X Bahn sind teilweise extrem steil und für mich an sich eine Gefahr. Bzw, halte ich dann die X Bahn auf und bekomme blöde Kommentare.

5. Hinzugekommener vermutlich kaputter Meniskus (dzt. noch vor Untersuchung, aufgrund GKK System 1.Termin MRT erst im Jänner), bewirkt dass ich nicht mehr ohne Schmerzen aufstehen kann, und keinen Schritt ohne Schmerz mache. Eine Gehhilfe wie sie die Gutachterin fordert bringt leider überhaupt nichts.

Weitere Bitte:

Meine Schwerhörigkeit versuche ich jetzt mit einem Cochlea Implantat auszugleichen, Ich hatte am 22.0kt. OP in XXX, siehe Anhang. Bitte Eintrag in den Behindertenpass.

..."

Der Stellungnahme wurde ein Entlassungsbrief eines näher genannten Universitätsklinikums vom 24.10.2019 beigelegt, in dem als Entlassungszustand "gebessert" angeführt wird. Weiters ergibt sich aus diesem Entlassungsbrief, dass der Beschwerdeführer am 21.10.2019 zur geplanten Implantation eines Cochlea-Implantats links bei hochgradiger Schwerhörigkeit links stationär aufgenommen wurde. Der geplante Eingriff konnte am Folgetag komplikationslos durchgeführt werden. Die postoperative DVT zeigte eine reguläre Lage und der weitere postoperative Verlauf gestalteten sich regelrecht. Am 24.10.19 konnte der Beschwerdeführer in gutem Allgemeinzustand und blanden Wundverhältnissen nach Hause entlassen werden.

Aufgrund der eingebrachten Stellungnahme und des neu vorgelegten Entlassungsbriefes holte die belangte Behörde eine ergänzende Stellungnahme der medizinischen Sachverständigen, welche das Gutachten vom 25.11.2019 erstellt hatte, vom 11.12.2019 ein. In dieser Stellungnahme führt die sachverständige Gutachterin - hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - Folgendes aus:

"...

Herr DI X. erklärt sich mit dem Ergebnis vom 22.11.2019 nicht einverstanden, er beantragt die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel". Ein Befund vom 24.10.2019 KH XXX, HNO, wird nachgereicht: Dg.: hochgradige Schwerhörigkeit linksseitig, Art. Hypertonie, PVK, S.p. PTA und Stent A. iliaca comm. dext. und A. fem, superfic. dext. 02/2015, KH Baden, DM II, CNl Stadium 3 (Betreuung in der Nephroambulanz, KH Baden) Steatosis hepatis, Hypercholesterinämie, bekannter Discusprlaps LWS, Durchgeführte Maßnahmen: Cochlea-Implantation linksseitig (Med-El Flex 28) in Allgemeinnarkose am 22.10.2019 postop. DVT Laborkontrolle Audio- und Tympanometrie C/P

Dem nachgereichten Befund ist zu entnehmen, dass am 22.10.2019 eine Cochlea- Implantat-OP links vorgenommen wurde. Dies wurde bei der Beurteilung im Gutachten vom 22.11.2019 angeführt und berücksichtigt. Schwerhörigkeit per se bedingt nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, da einerseits das Ein- und Aussteigen möglich ist, andererseits die Orientierung durch Anzeigetafeln, die in den meisten Stationen öffentlicher Verkehrsmittel angebracht sind, gewährleistet ist.

Die Wohnsituation mit nicht optimaler Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel kann bezüglich der Behinderung nicht berücksichtigt werden.

Hinsichtlich der Beschwerden im Bewegungsapparat wird im Gutachten ausführlich Stellung genommen und begründet, dass die medizinischen Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" nicht erfüllt werden."

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 13.12.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 25.09.2019 auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass im Ermittlungsverfahren ein ärztliches Gutachten eingeholt worden sei. Nach diesem Gutachten würden die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, die einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt worden. Das Gutachten vom 25.11.2019 und die ergänzende Stellungnahme vom 11.12.2019 wurden dem Beschwerdeführer als Beilage zum Bescheid übermittelt.

Ein formaler bescheidmäßiger Abspruch über den Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29 b StVO (Parkausweis) erfolgte durch das Sozialministeriumservice nicht.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom selben Tag wurde dem Beschwerdeführer aufgrund seines Antrages vom 09.12.2019 mitgeteilt, dass die Voraussetzungen u.a. für die Zusatzeintragung "Der Inhaber/die Inhaberin des Passes ist TrägerIn eines Cochlear-Implantates" in den Behindertenpass vorliegen. Es werde ihm daher in den nächsten Tagen ein neuer Behindertenpass, der diese Zusatzeintragung beinhaltet, übermittelt werden. Der alte Behindertenpass sei ungültig und dem Sozialministeriumservice vorzulegen. Am 07.01.2020 langte der alte Behindertenpass des Beschwerdeführers bei der belangten Behörde ein.

Mit E-Mail vom 08.01.2020 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid vom 13.12.2019, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" abgewiesen worden war. Darin führt der Beschwerdeführer unter Hinweis auf einen Link zu einem Onlineartikel der Zeitung "Der Standard" mit dem Titel "Leben mit Behinderung: Wie barrierefrei sind Österreichs Öffis?", in dem thematisiert wird, dass es Seh-, Geh- oder Höreinschränkungen um ein Vielfaches schwerer machen, sich ohne fremde Hilfe mit öffentlichen Verkehrsmitteln fortzubewegen, aus, er sei ein Cochlear-Implantierter, sohin schwer hörbeschränkt, mit Gehbeschwerden.

Der Beschwerde wurden keine neuen medizinischen Unterlagen beigelegt.

Die belangte Behörde legte am 09.01.2020 dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor. Das Verfahren wurde der hg. Gerichtsabteilung W264 zugewiesen.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.04.2020 wurde das gegenständliche Beschwerdeverfahren mit Wirksamkeit vom 21.04.2020 der Gerichtsabteilung W264 (wegen einer beruflichen Veränderung) abgenommen und der Gerichtsabteilung W207 neu zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines unbefristeten Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 80 v.H.

Der Beschwerdeführer stellte am 25.09.2019 beim Sozialministeriumservice den gegenständlichen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.

Der Beschwerdeführer leidet unter folgenden im Zusammenhang mit der Frage der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel relevanten Funktionseinschränkungen:

* An Taubheit grenzende Schwerhörigkeit rechts und funktionelle Taubheit links, seit 10/19 mit Cochleaimplantat links versorgt

* Degenerative Veränderungen in der Wirbelsäule, Zustand nach Implantation einer Hüftprothese links und Abnützungserscheinungen im linken Kniegelenk mit funktionellen Auswirkungen mittleren Grades

* Chronische Nierenfunktionsstörung kompensiert

* Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus

* Zustand nach Gefäßdehnung der Beingefäße rechts und Beckenstrombahn rechts mit guten Ergebnis ohne Hinweis auf Restenosierung

* Zustand nach komplikationsloser Entfernung der Gallenblase

* Beinlängendifferenz von 1cm

Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist dem Beschwerdeführer zumutbar.

Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden Funktionseinschränkungen und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen Befundungen und Beurteilungen im oben wiedergegebenen medizinischen Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 25.11.2019 und der dieses Gutachten ergänzenden Stellungnahme derselben Ärztin vom 11.12.2019 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Vorliegen eines unbefristeten Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 80 v.H. sowie zur gegenständlichen Antragstellung ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zu den vorliegenden Funktionseinschränkungen und die Feststellung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, die zur Abweisung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" führt, gründen sich auf das seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 25.11.2019 und der dieses Gutachten ergänzenden Stellungnahme derselben Ärztin vom 11.12.2019, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers. Unter Berücksichtigung sämtlicher vom Beschwerdeführer ins Verfahren eingebrachter medizinischer Unterlagen und nach persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers wurde von der medizinischen Sachverständigen auf Grundlage der zu berücksichtigenden und unbestritten vorliegenden Funktionseinschränkungen festgestellt, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für den Beschwerdeführer zumutbar ist.

Die medizinische Sachverständige gelangte unter den von ihr geprüften Gesichtspunkten zu dem Schluss, dass bedingt durch die in den meisten Stationen öffentlicher Verkehrsmittel angebrachten Anzeigetafeln zusätzlich zu den akustischen Informationen in allen öffentlichen Verkehrsmitteln eine Höreinschränkung bei ausreichender Sehleistung zu keiner erheblichen Einschränkung beim Transport, Einsteigen und Aussteigen in einem öffentlichen Verkehrsmittel führt. Es konnten keine Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten und der Wirbelsäule objektiviert werden, welche das Zurücklegen kurzer Wegstrecken, das Einsteigen und Aussteigen sowie den sicheren Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln erheblich und dauerhaft einschränken. Ausreichende Gangsicherheit liegt auch ohne Verwendung einer Gehhilfe vor. Die Beschwerden vor allem im Bereich der linken Hüfte und des linken Knies führen zwar zu einer geringgradigen Einschränkung der Gehstrecke, das objektivierbare Ausmaß des Defizits kann jedoch eine maßgebliche Erschwernis der Erreichbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel nicht ausreichend begründen. Kurze Wegstrecken von etwa 300-400 m können vom Beschwerdeführer alleine, allenfalls unter Verwendung einer einfachen Gehhilfe, ohne fremde Hilfe und ohne Pause zurückgelegt werden. Niveauunterschiede können überwunden werden, da die Beugefunktion im Bereich der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke ausreichend ist und das sichere Ein- und Aussteigen möglich ist. Die Gesamtmobilität ist nicht wesentlich eingeschränkt, die Kraft sowie die Koordination sind gut. Im Bereich der oberen Extremitäten liegen keine höhergradigen Funktionseinschränkungen vor, das Erreichen von Haltegriffen und das Festhalten sind nicht eingeschränkt, sodass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist. Durch die erfolgreichen Gefäßdehnungen im rechten Bein/Becken ohne Hinweis auf Restenosierung ist das Zurücklegen einer Gehstrecke von 300 bis 400 Meter ohne Pause möglich.

Die Schlussfolgerungen der medizinischen Sachverständigen finden Bestätigung in ihren Aufzeichnungen zur persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 22.11.2019 im Rahmen der (oben wiedergegebenen) Statuserhebung insbesondere zu den oberen und unteren Extremitäten bzw. zur Gesamtmobilität und zum Gangbild ("...Extremitäten: Die Gelenke der OE altersentsprechend frei beweglich, UE: blande Narbe nach H-TEP links, das linke Hüftgelenk in allen Ebenen gering- bis mittelgradig bewegungseingeschränkt, das linke Kniegelenk endlagig beugegehemmt, Streckung frei, diskrete Krepitation, die übrigen Gelenke altersentsprechend frei beweglich. WS: HWS in allen Ebenen endlagig bewegungseingeschränkt, BWS/LWS: Drehung und Seitneigung des Oberkörpers nach links und rechts endlagig eingeschränkt, Lasegue beidseits negativ, Finger-Bodenabstand: 30cm. Das Gangbild diskret linkshinkend, sicher, normalschrittig und flüssig, Einbeinstand beidseits ohne Anhalten kurz möglich, Zehen- und Fersengang beidseits durchführbar."). Daraus ergibt sich, auch bestätigt durch die vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen, dass beim Beschwerdeführer zwar unbestritten nicht unbeträchtliche Funktionseinschränkungen vorliegen, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren, dass aber die vom Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme zum Parteiengehör bzw. in der Beschwerde vorgebrachten, subjektiv empfundenen und im Übrigen aber - mit einem lapidaren Verweis auf einen Zeitungsartikel, der allgemeine Probleme von Menschen mit Behinderungen bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, nicht aber die konkrete Situation des Beschwerdeführers thematisiert - auch nicht ausreichend konkretisierten Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht in entsprechendem Ausmaß - im Sinne des Vorliegens erheblicher Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder der körperlichen Belastbarkeit nach dem Maßstab des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen - objektiviert werden konnten.

Insoweit der Beschwerdeführer in der Stellungnahme zum Parteiengehör vorbringt, dass die nächste Haltestelle von öffentlichen Verkehrsmitteln 800 Meter von seinem Wohnort entfernt sei, so ist diesbezüglich auf die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen zu verweisen.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers im Verfahren vor der belangten Behörde, dass zu seinen Beschwerden vermutlich zusätzlich noch ein kaputter Meniskus hinzugekommen sei, ist darauf hinzuweisen, dass vom Beschwerdeführer keine medizinischen Befunde nachgereicht wurden, welche sein Vorbringen, er habe vermutlich einen kaputten Meniskus, in tatsächlicher Hinsicht belegen hätten können.

Schließlich ist zu den Ausführungen des Beschwerdeführers in der Beschwerde, er sei ein "Cochlear Implantierter mit Gehbeschwerden", auszuführen, dass dem Beschwerdeführer mit Schreiben der belangten Behörde vom 13.12.2019 mitgeteilt wurde, dass die Voraussetzungen u.a. für die Zusatzeintragung "Der Inhaber/die Inhaberin des Passes ist TrägerIn eines Cochlear-Implantates" in den Behindertenpass vorliegen; diese Zusatzeintragung wurde in der Folge in den neuen Behindertenpass eingetragen. Zum Vorbringen betreffend die Gehbeschwerden ist festzuhalten, dass die beigezogene medizinische Sachverständige aufgrund einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers und aufgrund der von ihm vorgelegten medizinischen Unterlagen festgestellt hat, dass beim Beschwerdeführer die Gehleistung nicht maßgeblich eingeschränkt ist, sodass ihm das Zurücklegen kurzer Wegstrecken möglich ist.

Hinsichtlich der bestehenden Funktionseinschränkungen und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel tätigte der Beschwerdeführer daher im Beschwerdeverfahren kein Vorbringen, das die Beurteilungen der medizinischen Sachverständigen entkräften hätte können; der Beschwerdeführer legte der Beschwerde auch keine weiteren Befunde bei, die geeignet wären, die durch die medizinische Sachverständige getroffenen Beurteilungen zu widerlegen oder zusätzliche Dauerleiden im Sinne nachhaltiger, zumindest sechs Monate dauernder Funktionseinschränkungen des Bewegungsapparates zu belegen bzw. eine wesentliche Verschlimmerung bestehender Leiden zu dokumentieren und damit das Vorliegen erheblicher Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder der körperlichen Belastbarkeit im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen darzutun.

Der Beschwerdeführer ist dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten bzw. der ergänzend eingeholten Stellungnahme in der Stellungnahme zum Parteiengehör und in der Beschwerde daher im Ergebnis nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen daher keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers beruhenden medizinischen Sachverständigengutachtens einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 25.11.2019 und der dieses Gutachten ergänzenden Stellungnahme derselben Ärztin vom 11.12.2019. Diese werden daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

...

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."

§ 1 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 in der Fassung des BGBl. II Nr. 263/2016, lautet - soweit im gegenständlichen Fall relevant - auszugsweise:

"§ 1 ...

(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:

1. die Art der Behinderung, etwa dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes

a)...

b)...

...

2. ...

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d vorliegen.

(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

(6)..."

In den Erläuterungen zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, StF: BGBl. II Nr. 495/2013, wird betreffend § 1 Abs. 2 Z 3 (in der Stammfassung) unter anderem - soweit im gegenständlichen Fall in Betracht kommend - Folgendes ausgeführt:

"§ 1 Abs. 2 Z 3:

...

Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

...

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.

Komorbiditäten der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen

- hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

- Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

- COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

- Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

- mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden

Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:

- Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,

- hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,

- schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,

- nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich.

Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:

- anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID - sever combined immundeficiency),

- schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B.: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),

- fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,

- selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.

Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen, kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.

Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.

Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.

Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:

- vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystem als Nebenwirkung im Rahmen von Chemo-und /oder Strahlentherapien,

- laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, Abstoßreaktionen von Transplantaten zu verhindern oder die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken,

- Kleinwuchs,

- gut versorgte Ileostoma, Colostoma und Ähnliches mit dichtem Verschluss. Es kommt weder zu Austritt von Stuhl oder Stuhlwasser noch zu Geruchsbelästigungen. Lediglich bei ungünstiger Lokalisation und deswegen permanent undichter Versorgung ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar,

- bei Inkontinenz, da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Lediglich bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar."

Der Vollständigkeit halber ist zunächst darauf hinzuweisen, dass mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 13.12.2019 der Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" gemäß §§ 42 und 45 BBG abgewiesen wurde. Verfahrensgegenstand im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist somit auch nicht die Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung, sondern ausschließlich die Prüfung der Voraussetzungen für die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung.

Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigten.

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).

Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).

Wie oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt - auf die diesbezüglichen Ausführungen wird verwiesen -, wurde im seitens der belangten Behörde eingeholten, auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers basierenden und einen ausführlichen Untersuchungsbefund beinhaltenden medizinischen Sachverständigengutachten bzw. in der dieses Gutachten ergänzenden Stellungnahme nachvollziehbar verneint, dass im Fall des Beschwerdeführers - trotz der bei ihm unzweifelhaft vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen und unter Berücksichtigung dieser - die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass vorliegen. Beim Beschwerdeführer sind ausgehend davon aktuell keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der oberen und unteren Extremitäten, aber auch keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit - diese betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen -, keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen und auch nicht das Vorliegen einer schweren anhaltenden Erkrankung des Immunsystems im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen objektiviert.

Insoweit der Beschwerdeführer in der Stellungnahme zum Parteiengehör vorbringt, die nächste Haltestelle von öffentlichen Verkehrsmitteln sei 800 Meter von seinem Wohnort entfernt, so ist diesbezüglich darauf zu verweisen, dass es in rechtlicher Hinsicht bei der Beurteilung der Frage der (Un)Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Allgemeinen ankommt, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus sonstigen, von der Gesundheitsbeeinträchtigung unabhängigen Gründen erschweren, wie etwa die Entfernung des Wohnorts vom nächstgelegenen Bahnhof (vgl. VwGH 22.10.2002, 2001/11/0258 und VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).

Auch unter Berücksichtigung der beim Beschwerdeführer unbestritten bestehenden Funktionseinschränkungen vermag der Beschwerdeführer noch nicht die Überschreitung der Schwelle der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen darzutun.

Der Beschwerdeführer ist den Ausführungen der beigezogenen medizinischen Sachverständigen, denen das Bundesverwaltungsgericht folgt, in der Stellungnahme zum Parteiengehör bzw. in der Beschwerde nicht ausreichend substantiiert und nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, er hat kein Sachverständigengutachten bzw. keine sachverständige Aussage vorgelegt, in welcher ausreichend substantiiert die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen der beigezogenen medizinischen Sachverständigen unzutreffend oder unschlüssig seien.

Es ist daher im Beschwerdefall zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung" in den Behindertenpass nicht vorliegen.

Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer belegten Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung im Rahmen einer neuerlichen Antragstellung beim Sozialministeriumservice - allerdings nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG - in Betracht kommt.

Was schließlich den Umstand betrifft, dass die belangte Behörde über den Antrag auf Ausstellung eines § 29 b StVO-Parkausweises nicht bescheidmäßig abgesprochen hat, so ist der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, dass diese Frage mangels Vorliegens eines bekämpfbaren Bescheides nicht verfahrensgegenständlich ist im gegenständlichen Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Die Fragen der Art und des Ausmaßes der Funktionseinschränkungen und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurden unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen gehören dem Bereich zu, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens bzw. der dieses Gutachten ergänzenden Stellungnahme geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird. Dies gilt überdies insbesondere während der Phase der Wirksamkeit des Art 16 § 3 (iVm § 6 Abs 1) des 2. COVID-19-Gesetzes, BGBl I Nr. 16/2020.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass Sachverständigengutachten Zumutbarkeit Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W207.2227306.1.00

Im RIS seit

11.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

11.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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