TE Vwgh Erkenntnis 1998/1/20 97/08/0504

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Veröffentlicht am 20.01.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §67 Abs10;
AVG §69 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winkler, über die Beschwerde des MS in A, vertreten durch Dr. Rudolf Jirovec, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Bauernmarkt 24, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 19. Juni 1997, Zl. MA 15-II-St 15/97, betreffend Wiederaufnahme eines Verfahrens über eine Geschäftsführerhaftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG (mitbeteiligte Partei: Wiener Gebietskrankenkasse, Wienerbergstraße 15-19, 1100 Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) Aufwendungen von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse Aufwendungen von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 5. Februar 1997 (bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse eingelangt am 10. Februar 1997) beantragte der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme der mit den Bescheiden vom 25. Jänner 1995 und 29. November 1995 abgeschlossenen Verfahren, mit welchen seine Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG als ehemaliger Geschäftsführer einer näher bezeichneten Gesellschaft mit beschränkter Haftung für ziffernmäßig bestimmte Sozialversicherungsbeiträge festgestellt wurde. Dieser Wiederaufnahmsantrag wurde damit begründet, daß in der Gesellschaft "faktisch der Prokurist und nunmehrige Geschäftsführer ... die Geschäfte geführt hat und diesen daher in erster Linie die Haftung für nicht entrichtete Beiträge trifft, wie dies bereits im Verfahren ausgeführt wurde". Ferner bringt der Beschwerdeführer darin vor, daß ihm nunmehr zu Handen seines Rechtsvertreters mit Schreiben der Gebietskrankenkasse vom 23. Jänner 1997 die "aushaftenden Dienstnehmeranteile im Gesamtbetrag von S 58.865,65 bekanntgegeben" worden seien, welche bereits vom Insolvenzausfallsgeldfonds entrichtet worden seien, sowie daß ein in dem gegen ihn geführten Strafverfahren erstelltes Gutachten ergeben habe, daß im "relevanten Beitragszeitraum faktisch keinerlei Zahlungen an andere Gläubiger geleistet wurden und sohin eine Benachteiligung der Wiener Gebietskrankenkasse nicht eingetreten ist". Diese "nunmehr neu hervorgekommenen Tatsachen, die im Verfahren ohne Verschulden des Einschreiters nicht geltend gemacht werden konnten" hätten erst jetzt "nach Mitteilung der Behörde vom 23. Jänner 1997 (im Zusammenhang mit dem Gutachten im Strafverfahren) vorgebracht werden" können.

Mit Bescheid vom 19. Februar 1997 hat die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse den Antrag abgewiesen.

Dem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch des Beschwerdeführers wurde mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid keine Folge gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätten.

Gemäß § 69 Abs. 2 ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen vom Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich vom Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat, jedoch spätestens binnen drei Jahren nach der Zustellung oder mündlichen Verkündung des Bescheides bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund erweist sich der gestellte Wiederaufnahmsantrag als von vornherein untauglich:

Zur Behauptung des Beschwerdeführers (des ehemaligen Geschäftsführers der Gesellschaft), nicht er, sondern der Prokurist und nunmehrige Geschäftsführer habe die Geschäfte geführt, läßt der Antrag jegliche Begründung dafür vermissen, weshalb dem Beschwerdeführer dieser Umstand damals unbekannt gewesen und erst im nachhinein bekannt geworden sei, geschweige denn, daß ersichtlich wäre, daß dieses Vorbringen ohne Verschulden des Beschwerdeführers im Haftungsverfahren nicht hätte geltend gemacht werden können. Dies gilt in gleicher Weise für die Behauptung, erst durch ein Gutachten sei dem Beschwerdeführer bekannt geworden, daß "im relevanten Beitragszeitraum faktisch keinerlei Zahlungen an andere Gläubiger geleistet wurden". Es wäre Sache des Beschwerdeführers gewesen im einzelnen darzulegen, wie es dazu kommen konnte, daß er als Geschäftsführer keine Kenntnis davon hatte, ob und welche Zahlungen der Gesellschaft geleistet worden sind, sodaß ihm ohne sein Verschulden diese Kenntnis erst später durch die Erstellung eines Sachverständigengutachtens zuteil wurde, wobei dies auch ein Vorbringen darüber erfordert hätte, welche Unterlagen dem Gutachter zur Verfügung gestanden sind, die dem Beschwerdeführer allenfalls ohne dessen Verschulden nicht zugänglich waren.

Schließlich stellt auch das Vorbringen, durch das Schreiben der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 23. Jänner 1997 sei ihm die Höhe der Dienstnehmeranteile, die vom Insolvenzausfallsgeldfonds entrichtet worden seien, bekannt geworden, keinen Wiederaufnahmsgrund dar: Insbesondere läßt es Ausführungen darüber vermissen, aus welchem Grund ihm ohne Verschulden vor Erlassung des Haftungsbescheides unbekannt gewesen ist, in welcher Höhe die Gesellschaft Dienstnehmeranteile zu entrichten hatte, vor allem aber, auf welche Weise dadurch voraussichtlich der Spruch der Haftungsbescheide anders gelautet hätte. Insbesondere läßt das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht erkennen, ob Zahlungen vor oder nach Erlassung des Haftungsbescheides an die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse erfolgten. Soweit sie nämlich nach Erlassung des Haftungsbescheides erfolgten, käme eine Wiederaufnahme des Verfahrens von vornherein nicht in Betracht; diesfalls könnte der Beschwerdeführer - für den Fall der Nichtberücksichtigung dieser Zahlungen durch die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse bei der Vollstreckung - Einwendungen gegen die Exekutionsführung erheben.

Da sich somit der Wiederaufnahmsantrag als untauglich erweist, wurde er von der belangten Behörde schon deshalb zu Recht abgewiesen, weshalb auf das "schwere inhaltliche Mängel" des angefochtenen Bescheides geltend machende Beschwerdevorbringen nicht weiter einzugehen ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997080504.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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