Norm
BDG 1979 §43 Abs1Schlagworte
Weisungsverstoß, Beschimpfung des Vorgesetzten, GeldbußeText
-ORGAN-
BM für Finanzen
-DOKTYP-
TE
-DATUM-
9. Juni 2020
-GZ-
W 1 -DK IV/2020
-NORM-
BDG § 43 Abs 1
BDG § 43 Abs 2
BDG § 43a Abs 2
BDG § 44 Abs 1
-SW-
Weisungsverstoß, Beschimpfung des Vorgesetzten, Geldbuße
D I S Z I P L I N A R E R K E N N T N I S
Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen hat durch MR Mag. Friedrich Paul als Senatsvorsitzenden sowie MR Mag. Felix Kollmann und ADir Veronika Schmidt als weitere Mitglieder des Disziplinarsenates IV nach der am 2. Juni 2020 in Anwesenheit der Disziplinaranwältin MR Mag. Ursula Bachmair, MBA, und des Beschuldigten NN, vertreten durch Thomas Konetschny, durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
NN
Zusteller in einem Gleitzeitdurchrechnungsmodell,
Zustellbasis XX,
ist
s c h u l d i g,
1. zumindest seit 21. Oktober 2019 regelmäßig bei Antritt seines Zustellganges Briefsendungen unter Verletzung der einschlägigen Zustellvorschriften eigenmächtig in der Lade seines Zustellertisches zurückgelassen zu haben,
2. am 06. November 2019 der telefonisch ergangenen Weisung des Gebietsleiters Herrn S., 5 Reco-Sendungen E+1 mit den Sendungsnummern RO577462590AT, RQ473681257AT, RQ473681243AT, RQ473681265AT, RQ426829317AT jeweils gerichtet an das Gericht X von der Zustellbasis XX abzuholen und taggleich zuzustellen, keine Folge geleistet zu haben und
3. am 07. November 2019 bei einem erneuten Anruf seines Gebietsleiters, der ihn auf die nicht zugestellten Reco-Sendungen angesprochen hat , das Handy mit den Worten „leck mich am Arsch" weggelegt zu haben.
Er hat dadurch nicht nur gegen den Verhaltens- und Ethikkodex der Österreichischen Post AG, sondern auch gegen Dienstpflichten nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, nämlich
seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus Eigenem zu besorgen (§ 43 Abs. 1 leg.cit.),
in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt (§ 43 Abs. 2 leg.cit.),
anderen Mitarbeitern und Vorgesetzen mit Achtung zu begegnen und gegenüber diesen Verhaltensweisen zu unterlassen, die deren menschliche Würde verletzen (§ 43a leg.cit.)
sowie
seine Vorgesetzten zu unterstützen und deren Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen (§ 44 Abs. 1 leg.cit.)
verstoßen und sich dadurch Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 leg.cit. schuldig gemacht.
Es wird daher über ihn gemäß § 126 Abs. 2 in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 die
Disziplinarstrafe der
Geldbuße
in der Höhe von einem Bruttomonatsbezug
verhängt.
Gemäß § 127 Abs. 2 BDG 1979 wird die Abstattung der Geldbuße in 26 Monatsraten zu a € 100 und einer Restrate in Höhe von € 97,43 bewilligt.
Hingegen wird NN vom Vorwurf, er habe am 6. November 2019 die unter Punkt 2 spezifizierten 5 Reco-Sendungen an das Landes- und Bezirksgericht Eisenstadt unter Verletzung der einschlägigen Zustellvorschriften eigenmächtig in der Lade seines Zustellertisches zurückgelassen, freigesprochen.
Verfahrenskosten sind keine angefallen.
B e g r ü n d u n g
NN steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist der
Österreichischen Post AG zur Dienstleistung zugewiesen. Er wird langjährig in der Zustellbasis XX als Briefzusteller in einem Gleitzeitdurchrechnungsmodell verwendet.
Laut Dienstbeurteilung vom 2. Juni 2020 erbringt NN jedenfalls seit Beginn 2020 (neue Zuständigkeiten infolge Organisationsänderungen) eine passende Arbeitsleistung, da er allen Dienstaufträgen Folge geleistet hat und auch sonst keine Probleme aufgetreten sind.
Dem Personalamt X wurde angezeigt, dass der Beschuldigte Briefsendungen nicht taggleich zugestellt, die einschlägigen Weisungen dazu nicht befolgt und darauf angesprochen seinen Vorgesetzten beschimpft habe.
Die Dienstbehörde als Disziplinarbehörde erlangte erstmals mit E-Mail vom 20. November 2019 von den Vorfällen Kenntnis.
Niederschriftlich zu obigen Vorhalten am 08. November 2019 in der Zustellbasis XX einvernommen, zeigte sich der Beschuldigte geständig, dass er am 06. November 2019 5 Reco-Sendungen E+1 an das Gericht X nicht auf den Zustellgang mitgenommen habe und der Weisung seines Vorgesetzten, dies am Ende seines Zustellganges nachzuholen, entgegen seiner Zusage nicht nachgekommen zu sein. Einerseits habe er nicht durch die ganze Stadt fahren wollen, andererseits hätte er bis zu seiner Rückkehr schon auf die Weisung vergessen gehabt. Am nächsten Tag wäre er, als er neuerlich auf die Sendungen angesprochen wurde, sehr ärgerlich gewesen, da sein Gebietsleiter der „Erklärung“, es wäre sich am 6.11.2019 zeitlich nicht mehr ausgegangen, widersprochen habe. Mit der Beschimpfung seines Gebietsleiters konfrontiert, gab er an, dass er völlig ausgezuckt wäre und emotional auf 140 bis 150 gewesen wäre. Er erachte sein Verhalten als nicht in Ordnung und als eine große Dummheit.
Am Ende der Niederschrift wurde festgehalten, dass NN bereits seit 21. Oktober 2019 durch Quality Coaches auf die Einhaltung der Zustellbestimmungen ermahnt wurde, was jedoch wenig Wirkung zeigte, da täglich nach Antritt des Zustellganges Sendungen in seinem Zustelltisch aufgefunden wurden.
Die Dienstbehörde führte dazu aus, dass es Aufgabe eines Briefzustellers der Österreichischen Post AG ist, die ordentliche und zuverlässige Zustellung von Postsendungen vorzunehmen. E + 1 Zustellung bedeutet, dass die Zustellung am ersten, dem Einlieferungstag folgenden Werktag (ausgenommen Samstag) zu erfolgen hat. Wenn der Absender einer Briefsendung diese „eingeschrieben" aufgibt, vertraut er darauf, dass die Sendung auch an dem dem Einlieferungstag folgenden Werktag zugestellt wird. Für diesen Dienst ist der Absender schließlich auch bereit, eine höhere Gebühr zu bezahlen.
Die Behauptung vom 07. November 2019, dass sich die Zustellung nicht mehr ausgegangen wäre, könne nur als Schutzbehauptung gewertet werden, zumal der Beamte bei der Einvernahme am 08. November 2019 zugegeben hat, dass er am 06. November 2019 nicht mehr zurück zur Zustellbasis habe fahren wollen.
Durch die Nichtbefolgung der Weisung des Gebietsleiters S., die 5 Reco - Sendungen E+1 von der Zustellbasis XX abzuholen und taggleich zuzustellen, habe der Beamte gegen seine Pflicht, seinen Vorgesetzten zu unterstützen und seine Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen, verstoßen (§ 44 Abs. 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979).
Mit der Aussage „leck mich am Arsch" habe der Beschuldigte jegliche Wertschätzung für seinen Vorgesetzten vermissen lassen und gegen den für ihn verbindlichen Verhaltens- und Ethikkodex der Österreichischen Post AG verstoßen. Dazu wird auf Seite 22 unter Punkt 1. Offenheit und Wertschätzung ausgeführt: Wir gehen offen und wertschätzend miteinander um. Wir geben einander unmittelbar Feedback, üben Kritik an der Sache und nicht an Personen. Wir lösen Konflikte intern, tragen Informationen nicht nach außen und bemühen uns stets um das Ansehen unseres Unternehmens. Wir stehen geschlossen zu getroffenen Entscheidungen und setzen diese gemeinsam um. Auf Seite 6 unten des Verhaltens und Ethikkodex wird bei Verstößen auf allfällige disziplinäre Konsequenzen hingewiesen.
Weiters stelle die Aussage „leck mich am Arsch" eine am Arbeitsplatz unangebrachte und
unangemessene Unmutsäußerung dar und widerspreche der Pflicht des Beamten, seinen
Vorgesetzten mit Achtung zu begegnen und zu einem guten Funktionieren der dienstlichen
Zusammenarbeit beizutragen.
In der am 2. Juni 2020 abgehaltenen Disziplinarverhandlung relativierten sich die Vorhalte zugunsten des Beschuldigten. Auch wenn sich der Beschuldigte zu Beginn der Verhandlung in allen Punkten für schuldig erklärt hat, muss nunmehr davon ausgegangen werden, dass der Beschuldigte die verfahrensgegenständlichen 5 Reco-Sendungen nicht eigenmächtig in der Zustellbasis zurückgelassen hat. Der Senat geht unter Würdigung der aufgenommenen Beweise davon aus, dass am 6. November 2019 die gegenständlichen Reco-Sendungen erst nachdem der Beschuldigte seinen Zustellgang angetreten hat, auf seinen Zustelltisch gelegt wurden. Dabei scheint die verzögerte Zuteilung infolge des zuletzt aufgelösten Postfaches des Gerichts gut nachvollziehbar. Da am 6. November 2019 vom Beschuldigten ohnedies zahlreiche eingeschriebene Sendungen an das Gericht zugestellt wurden, hätten sich durch das Zurücklassen der verfahrensgegenständlichen Reco-Sendungen für den Beschuldigten kein Vorteil ergeben. Weiters wurde vom Beschuldigten der Pflegegeldbescheid (Stufe 4) seiner Mutter vorgelegt und glaubhaft vorgebracht, dass sich der Beschuldigte die Pflegearbeit mit seiner Lebensgefährtin teilt. Der Beschuldigte übernimmt demnach Werktags gegen 15.00 Uhr, wenn seine Lebensgefährtin in die Arbeit fährt. Am 6. November 2019 wäre er bei einer neuerlichen Zustellung bei Gericht in eine Terminkollision geraten. Schließlich habe ihn der Anruf seines GL am 7. November 2019, indem er zum Weisungsverstoß befragt wurde, erreicht, als er noch auf der Zustellbasis mit Tischarbeit beschäftigt war. Die gegenständlichen 5 Reco-Sendungen wurden nachweislich am 7. November 2019 bereits um 7:20 Uhr zugestellt. Die Beschimpfung seines Vorgesetzten war auch nicht konfrontativ, vielmehr vermittelte der Beschuldigte glaubhaft, dass es sich um ein „Nachmaulen“ beim Weglegen des Handys gehandelt und er sich dafür bereits mehrfach bei seinem Vorgesetzten entschuldigt hat.
Aber auch unter Berücksichtigung dieser neuen Gesichtspunkte ist festzustellen, dass die Befolgung von Weisungen im Zusammenhang mit Zustellvorgängen zu den Kernpflichten eines/r Postbeamten/in zählt, da dies eine Grundvoraussetzung ist, damit der Dienstbetrieb mit zahlreichen Mitarbeitern/innen und Dienststellen reibungslos funktionieren kann.
Dies umso mehr, da eine lückenlose Kontrolle in dem sehr personalintensiven Zustellprozess gar nicht möglich ist und das Unternehmen somit von der Redlichkeit und Vertrauenswürdigkeit der in seinem Bereich beschäftigten Beamtinnen und Beamten bei deren Dienstausübung abhängig ist.
Ein Vorgesetzter muss sich darauf verlassen können, dass ausgesprochene Weisungen befolgt werden bzw. Gründe, die einer Befolgung entgegenstehen, offengelegt werden. Der Beschuldigte hätte also auf seine Terminkollision noch am Nachmittag des 6. Novembers hinweisen müssen, um dem Vorgesetzten die Möglichkeit zu geben, die Weisung zu überdenken, anderwärtige Verfügungen zu treffen oder zulässigerweise auf die Einhaltung zu bestehen.
Dass von einem/r Beamten/in erwartet werden muss, diese Gebote aus eigener Verantwortlichkeit und eigenem Antrieb einzuhalten, entspricht dem gegenseitigen Treue- und Vertrauensverhältnis. Dazu gehört aber auch, dass man seine Vorgesetzten akzeptiert und ihnen mit der gebotenen Wertschätzung begegnet.
Auch wenn die meisten Menschen nachträglich schon einmal bereut haben, dass sie in der Emotion ihrem Ärger Luft gemacht haben, und der Beschuldigte in dieser Situation nicht die Absicht gehabt hat, den Vorgesetzten zu beleidigen, bleibt das Faktum der Beschimpfung.
Schließlich zeigte sich der Beschuldigte in der Verhandlung auch geständig, öfters Briefsendungen zurückgelassen zu haben. Neben der dabei ins Treffen geführten Kundenorientierung und der beabsichtigten Reduktion der Benachrichtigungsquote bleibt aber unbestritten, dass er damit auch seinen Arbeitsaufwand und die Ausbleibezeit zu seinen Gunsten „optimiert“ hat und unbestrittener Weise gegen die einschlägigen Zustellvorschriften verstoßen hat. Dies in einer Situation, wo er bereits unter Beobachtung stand und mehrfach zur Einhaltung der Zustellvorschriften ermahnt wurde.
Das Disziplinarrecht hat den Zweck, Beeinträchtigungen des Vertrauensverhältnisses, die durch Fehlverhalten der Beamtinnen und Beamten entstehen, zu beseitigen bzw. zu vermeiden.
Einerseits soll ein konstruktiver Gesinnungswandel (Einsicht) erreicht werden, der davon abhält, künftig weitere Dienstpflichtverletzungen zu begehen (Spezialprävention), andererseits muss mit dem Strafmittel auch ein Signal an andere Beamtinnen und Beamte gesetzt werden, diese von der Begehung von Dienstpflichtverletzungen abzuhalten, beziehungsweise ihr normgerechtes Verhalten zu bestätigen (Generalprävention).
Zur Strafbemessung:
Gemäß § 93 Abs 1 BDG 1979 ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken.
In spezialpräventiver Hinsicht zur Frage, inwieweit eine Bestrafung des Beschuldigten erforderlich ist, um ihn künftig von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten, ist auf die in der Disziplinarverhandlung gewonnene positive Zukunftsprognose zu verweisen.
In generalpräventiver Hinsicht kann das Negieren einer individuell erteilten Weisung aber nicht straflos bleiben, da sonst das reibungslose Funktionieren eines geordneten Dienstbetriebes konterkariert wird.
Zusammenfassend wurden die bisherige disziplinäre Unbescholtenheit, das reumütige Geständnis, die mehrfachen Entschuldigungsversuche bei seinem Vorgesetzten und die achtenswerten Motive, die die Terminkollision auslösten, gewertet.
Erschwerend wurde die Leichtfertigkeit, mit der sich der Beschuldigte über die erteilte Weisung in einer Situation hinweggesetzt hat, in der er wegen ähnlicher Vorfälle bereits unter Beobachtung stand.
Im Hinblick auf die vorliegenden Milderungsgründe ging der erkennende Senat daher davon aus, dass die Verhängung einer Geldbuße von einem Bruttomonatsbezug, abstattbar in 27 Monatsraten, schuld- und tatangemessen ist. Dieses Strafausmaß, das sich im unteren Bereich befindet, ist gerade noch als ausreichend anzusehen, um künftig den Beschuldigten, aber auch andere Bedienstete von gleichartigen Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.
Bei der Strafbemessung wurde auf die persönliche und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beschuldigten Rücksicht genommen. NN lebt in Lebensgemeinschaft, hat einen Bruttomonatsbezug von Euro x.xxx, aus dem er auch Unterstützungsleistungen für seine pflegebedürftige Mutter bestreitet. Er hat keinerlei Sorgepflichten und keine Mietaufwendungen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Durch den am Ende der Verhandlung von beiden Seiten abgegebenen Rechtsmittelverzicht ist das Erkenntnis bereits in Rechtskraft erwachsen.
Zuletzt aktualisiert am
10.08.2020