TE Lvwg Erkenntnis 2020/3/6 VGW-107/014/2795/2020

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Veröffentlicht am 06.03.2020
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Entscheidungsdatum

06.03.2020

Index

L82009 Bauordnung Wien
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

BauO Wr §129 Abs10
VVG §4 Abs1
VVG §10 Abs2 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch die Richterin Dr. Findeis über die Beschwerde der Frau Dr. A. B. gegen die Vollstreckungsverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 25, Gruppe Technische Ersatzmaßnahmen, vom 11.11.2019, Zahl M25 ..., betreffend Ersatzvornahme, zu Recht erkannt:

 

Der Bescheid wird aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

BEGRÜNDUNG

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 2.5.2008, Zahl MA 37/.../2008, wurde der Beschwerdeführerin als Eigentümerin des Gebäudes der im Betreff genannten Liegenschaft gemäß § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien (BO) der Auftrag erteilt, an der Front C.-straße oberhalb der Fenster im 3. Stock bis zum Gesimse) auf der Liegenschaft, D.-straße, ident mit C.-straße, angebrachte Werbeschild mit der Aufschrift „E.“, welches ohne Baubewilligung im Ausmaß von ca. 8,0 m Länge und ca. ein, 0 m Höhe hergestellt bzw. angebracht worden war, zu entfernen und den konsensgemäßen Zustand wieder herzustellen. Die Erfüllungsfrist wurde mit vier Monaten ab Rechtskraft des Bescheides festgesetzt.

Der Bescheid ist seit 24.5.2008 rechtskräftig, denn mit rechtskräftigem Berufungsbescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 30.9.2008, Zahl BOB-..., wurde die am 29.5.2008 zur Post gegebene Berufung der Beschwerdeführerin als verspätet zurückgewiesen.

Gestützt auf § 4 VVG forderte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 25 die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 23.3.2010 unter Androhung einer Ersatzvornahme auf, innerhalb einer Frist von 12 Wochen, gerechnet ab Zustellung des Schreibens, dem Bauauftrag vom 2.5.2008 nachzukommen.

Die F. GmbH erwiderte mit E-Mail vom 15.4.2010, es wäre ein Ansuchen auf Baubewilligung zur Zahl MA 37-BB/...1/2009 anhängig.

Mit Vollstreckungsverfügung vom 11.11.2019, Zahl M25 ..., ordnete der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 25, die zwangsweise Durchführung des oben zitierten genannten Bauauftrages durch Ersatzvornahme an.

 

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde argumentiert die Beschwerdeführerin, sie sei zwar Eigentümerin der Liegenschaft Wien, D.-straße bzw. C.-straße, sei jedoch zu keinem Zeitpunkt Eigentümerin der gegenständlichen Werbeanlage (Bauwerk) gewesen: Am 31.1.2002 habe die Rechtsvorgängerin der F. GmbH, die G. GmbH, mit der Beschwerdeführerin sowie H. B. – wie der beigeschlossenen Kopie des Vertrages zu entnehmen sei – einen Mietvertrag über die Anmietung der zur Errichtung und Betreibung der gegenständlichen Werbeanlage notwendigen Schaufläche abgeschlossen. Die F. GmbH sei bereits zu Erlassung des Bescheides Zahl MA 37/.../2008 Eigentümerin der gegenständlichen Werbeanlage gewesen.

Der belangten Behörde sei die Eigentümereigenschaft der F. GmbH seit 2009 bekannt, als letztere einen Antrag auf nachträgliche Bewilligung der gegenständlichen Werbeanlage (Zahl MA 37-BB/...2/2009) eingebracht habe. Dieses Bewilligungsverfahren sei trotz Anhängigkeit von über 10 Jahren noch immer nicht abgeschlossen.

Dazu komme, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Beseitigungsauftrag während der Anhängigkeit eines (nachträglichen) Antrags auf Baubewilligung nicht vollstreckt werden dürfe. Dementsprechend sei Erlassung des angefochtenen Bescheides (Vollstreckungsverfügung) rechtswidrig.

Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37 - Baupolizei-Gruppe BB versagte mit Bescheid vom 19.12.2019, Zahl MA 37-BB/...2/2009, die Baubewilligung hinsichtlich der von der F. GmbH am 10.2.2009 beantragten Errichtung einer Lichtreklame („E.“) vor dem Hauptgesims des verfahrensgegenständlichen Gebäudes, mit einer Länge von ca 6,2 m und eine Höhe von ca 1,05 m.

Der näheren Bescheidbegründung zufolge besteht die in Rede stehende „E.“ Werbung bereits seit 35 Jahren widerrechtlich.

Auch gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin (rechtzeitig) beim Verwaltungsgericht Wien Beschwerde. Das hg. Verfahren ist zu VGW-111/93/1577/2020 anhängig.

Diese Feststellungen gründen sich auf den von der belangten Behörde vorgelegten Administrativakt sowie auf den im hg. Akt VGW-111/93/1577/2020 erliegenden Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37-Baupolizei-Gruppe BB, vom 19.12.2019, Zahl MA 37-BB/...2/2009 und auf die dazu erhobene Beschwerde (der Beschwerdeführerin).

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Gemäß § 29 Abs. 10 BO für Wien ist jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften zu beheben. Ein vorschriftswidriges Bauwerk, für den eine nachträgliche Bewilligung nicht erwirkt oder eine Bauanzeige nicht rechtswirksam (§ 62 Abs. 6) erstattet wurde, ist zu beseitigen. Gegebenenfalls kann die Behörde Aufträge erteilen; solche Aufträge müssen erteilt werden, wenn augenscheinlich eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen besteht. Aufträge sind an den Eigentümer (jeden Miteigentümer) des Bauwerkes zu richten; im Falle des Wohnungseigentums sind sie gegebenenfalls an den Wohnungseigentümer der betroffenen Nutzungseinheit zu richten. Im Falle der Verwendung von Flächen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen ohne baubehördliche Bewilligung (§ 3 Abs. 1 Z 2 WGarG 2008) durch einen vom Eigentümer (den Miteigentümern) verschiedenen Nutzungsberechtigten sind Aufträge gegebenenfalls an diesen zu richten.

Der an die Beschwerdeführerin ergangene Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 2.5.2008, Zahl MA 37/.../2008, ist seit 24.5.2008 rechtskräftig.

Weder wurde bezüglich des verfahrensgegenständlichen Werbeschildes bis dato eine Baubewilligung erwirkt noch wurde dem Auftrag bislang entsprochen.

Gemäß § 4 Abs. 1 VVG kann, wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.

Wann eine Vollstreckung im Sinne des § 10 Abs. 2 Z 1 VVG unzulässig ist, ist im Gesetz nicht näher ausgeführt. Der Beschwerdegrund der Unzulässigkeit der Vollstreckung ist aber dann gegeben, wenn kein entsprechender Titelbescheid vorliegt, ein solcher dem Verpflichteten gegenüber nicht wirksam ist, der Verpflichtung innerhalb der festgesetzten Frist oder doch bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens bereits entsprochen wurde (siehe Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren II2, 1381). Unzulässig ist eine Vollstreckung auch dann, wenn sich nach der Entstehung des Exekutionstitels die rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse in einem wesentlichen Punkt geändert haben und damit die objektiven Grenzen der Bescheidwirkungen andere geworden sind, wenn der Bescheid (auf Grund einer wesentlichen Änderung der Sach- und Rechtslage) nicht mehr in derselben Form ergehen dürfte.

Ferner steht einer Vollstreckung die Anhängigkeit eines Ansuchens um nachträgliche Bewilligung entgegen (vgl. VwGH 15.6.2004, 2003/05/0224), sofern dieses Verfahrens jenes Bauwerk zum Gegenstand hat, dessen Vorschriftswidrigkeit im Titelverfahren feststellt wurde, was im Beschwerdefall vorliegt (vgl. Bescheid vom 19.12.2019, MA 37-BB/...-2014-42: ‚offensichtlich seit nunmehr 35 Jahren widerrechtliche(n) bestehende(n) „E.“ Werbung‘).

Im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu auch Erkenntnis vom 28.6.2005, 2005/05/0075) ist im Zuge des vor dem Verwaltungsgericht derzeit (noch) anhängigen Ansuchens um nachträgliche Bewilligung die verfahrensgegenständliche Vollstreckung nicht zulässig.

Es war demnach spruchgemäß zu entscheiden.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Bauauftrag; Ersatzvornahme; Vollstreckungsverfügung; Unzulässigkeit der Vollstreckung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.107.014.2795.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.02.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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