Index
90/02 Kraftfahrgesetz;Norm
KFG 1967 §73 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des M in L, vertreten durch Dr. Viktor V. Supplit, Rechtsanwalt in Linz, Landstraße 42, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 19. August 1997, Zl. VerkR-392.747/1-1997/Kof, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Lenkerberechtigung des Beschwerdeführers für Kraftfahrzeuge der Gruppen A, C, E, F und G gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 ausgesprochen, daß ihm für die Dauer von drei Jahren vom 18. April 1997 an (bis 18. April 2000) keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden darf.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Grund für die bekämpfte Entziehungsmaßnahme war, daß der Beschwerdeführer am 6. April 1997 eine Übertretung nach § 5 Abs. 1 (in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. a) StVO 1960 begangen habe; diesbezüglich bestehe ein rechtskräftiges Straferkenntnis der Erstbehörde, der Bundespolizeidirektion Linz, vom 11. April 1997. Dies sei bereits das vierte Alkoholdelikt des Beschwerdeführers: Er habe am 11. April 1987 eine Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 sowie am 13. Mai 1990 und am 15. März 1992 jeweils Übertretungen nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 begangen; wegen der beiden zuletzt genannten Delikte sei ihm bereits zweimal die Lenkerberechtigung gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 vorübergehend - für die Dauer von neun bzw. achtzehn Monaten - entzogen worden. Überdies weise der Beschwerdeführer insgesamt 29 gerichtliche Vorstrafen auf.
Der Beschwerdeführer rügt zunächst, daß seinem Antrag auf Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens zur Frage, ob er beim Vorfall vom 6. April 1997 "stark alkoholisiert" gewesen sei, nicht entsprochen worden sei.
Er macht damit keinen wesentlichen - zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führenden - Verfahrensmangel geltend. Die Messung des Alkoholgehaltes der Atemluft des Beschwerdeführers ergab als niedrigsten Wert 0,59 mg/l. Dazu stellten die Behörden des Entziehungsverfahrens fest, daß die Alkoholisierung des Beschwerdeführers ungefähr um 50 % über dem zur Tatzeit höchstzulässigen Ausmaß lag. Dieser Feststellung kann nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. Die Behörden gingen im Rahmen der Wertung des Alkoholdeliktes vom 6. April 1997 und der Bemessung der Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 auch nicht primär von der Schwere der Alkoholisierung des Beschwerdeführers, sondern von dem Umstand aus, daß er bereits dreimal Alkoholdelikte begangen habe und ihm damit verbunden bereits zweimal die Lenkerberechtigung entzogen worden war. Er sei in Ansehung der gefährlichsten und verwerflichsten Übertretungen von Verkehrsvorschriften ein beharrlicher Rückfallstäter, der auch unter dem Eindruck von zwei Entziehungen nicht zu einer Änderung seiner diesbezüglichen Sinnesart zu bewegen war. Im übrigen kann im Zusammenhang mit einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,59 mg/l keinesfalls von einer ganz geringfügigen Alkoholbeeinträchtigung gesprochen werden.
Der Beschwerdeführer rügt ferner den "Vorhalt einer Alkoholisierung aus dem Jahr 1986", weil "er erstens längst getilgt ist und auch nicht mit Führerscheinentzug geahndet wurde". Dazu ist ihm zu entgegnen, daß bei einem erstmaligen Alkoholdelikt ohne Verschulden eines Verkehrsunfalles eine Entziehung der Lenkerberechtigung zur damaligen Rechtslage nicht vorgesehen war, daß die Begehung des Alkoholdeliktes vom 11. April 1987 aber feststeht, weil der Beschwerdeführer deswegen rechtskräftig bestraft wurde, und daß im Rahmen der Wertung und bei Bemessung der Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 auch getilgte Vorstrafen berücksichtigt werden dürfen. Davon ist zu unterscheiden, daß eine getilgte Vorstrafe bei der Strafbemessung nach § 19 VStG nicht mehr herangezogen werden darf.
Daß der Beschwerdeführer ferner wegen des Alkoholdeliktes vom 13. Mai 1990 nicht rechtskräftig bestraft wurde (die Zustellung eines Straferkenntnisses scheiterte der Aktenlage nach daran, daß die Behörden keine damals aktuelle Abgabestelle des Beschwerdeführers kannten) zieht zwar zwangsläufig nach sich, daß auch dieses Delikt bei einer später erfolgenden Strafbemessung nicht berücksichtigt werden darf - nur rechtskräftige Bestrafungen dürfen als Erschwerungsgrund herangezogen werden -, das KFG 1967 verlangt aber im Zusammenhang mit der Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit einer Person nicht, daß sie wegen der jeweils in Betracht kommenden strafbaren Handlung bestraft wurde; es genügt, daß die Person die strafbare Handlung begangen hat. Dies kann die Kraftfahrbehörde im Entziehungsverfahren bei Fehlen einer bindenden Entscheidung in einem Strafverfahren selbst beurteilen. Dazu kommt, daß dem Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem Vorfall vom 13. Mai 1990, bei dem es unbestritten um die Frage des Grades der Alkoholisierung des Beschwerdeführers als Lenker eines Kraftfahrzeuges ging, die Lenkerberechtigung rechtskräftig entzogen wurde. Bei der Beurteilung der aktuellen Sinnesart des Beschwerdeführers zeichnet sich demnach auch insofern das Bild ab, daß der Beschwerdeführer ungeachtet dieser Entziehung zwei weitere Alkoholdelikte begangen hat.
Der Beschwerdeführer kann somit im gegenständlichen Zusammenhang nichts für sich gewinnen, daß aus Anlaß der Bestrafung des Beschwerdeführers wegen des (dritten) Alkoholdeliktes vom 15. März 1992 die Mindeststrafe verhängt wurde, weil keine einschlägigen Vorstrafen zu berücksichtigen waren.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe die gegen die im Zusammenhang mit dem dritten Alkoholdelikt verfügte vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung erhobene Berufung über Empfehlung seines damaligen Anwaltes zurückgezogen, um die Ausfolgung des Führerscheines nach Ablauf der Entzugsdauer nicht zu gefährden, diese Entzugsdauer hätte aber "wegen Unverhältnismäßigkeit nicht gehalten", ist unschlüssig. Die zweite Entziehung wegen eines Alkoholdeliktes mit achtzehn Monaten nach der ersten Entziehung für neun Monate kann mangels näherer Begründung nicht als rechtswidrig erkannt werden; die Ausfolgung des Führerscheines nach Ablauf der Dauer der Entziehung wäre im übrigen durch die Anhängigkeit eines Berufungsverfahrens nicht gehindert gewesen.
Der Hinweis der belangten Behörde auf 29 gerichtliche Vorstrafen des Beschwerdeführers ist nicht näher konkretisiert und in Ansehung deren Bedeutung für das Entziehungsverfahren nicht begründet. Immerhin ist für die Beurteilung der Sinnesart des Beschwerdeführers daraus der Schluß zu ziehen, daß der Beschwerdeführer geradezu gewohnheitsmäßig bereit ist, sich über Rechtsvorschriften hinwegzusetzen und auch strafrechtlich verpönte Verhaltensweisen zu setzen; dies im übrigen auf den ersten Blick jedenfalls keineswegs ausschließlich in Zusammenhängen, die mit der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit nichts zu tun haben.
Daß der Beschwerdeführer - außer den in Rede stehenden Alkoholdelikten - "kaum" weitere Verstöße gegen Verkehrsvorschriften begangen habe, kann für ihn nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Daß er schließlich bei einer vorübergehenden Entziehung der Lenkerberechtigung mit einer Entziehungszeit von 18 Monaten im Falle eines weiteren Alkoholdeliktes in seinem "fortgeschrittenen Alter" (er wurde im Jahre 1934 geboren) zur Wiedererlangung der Lenkerberechtigung mit einer neuerlichen Führerscheinprüfung zu rechnen hätte, was ihn von einem Rückfall abhalten werde, sodaß eine vorübergehende Entziehung von 18 Monaten ausreiche, geht schon deswegen ins Leere, weil bereits die zuletzt verfügte vorübergehende Entziehung für 18 Monate den Beschwerdeführer nicht von der Begehung des Alkoholdeliktes vom 6. April 1997 abgehalten hat.
Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997110297.X00Im RIS seit
19.03.2001