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32/01 Finanzverfahren allgemeines AbgabenrechtNorm
BAO §216Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Nowakowski und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision der B in B, vertreten durch Mag. Harald Redl, Rechtsanwalt in 2460 Bruckneudorf, Lagerstraße 2a, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 23. Mai 2017, Zl. RV/7103340/2012, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Feststellung gemäß § 92 BAO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Gemäß § 34 Abs. 3 VwGG ist ein solcher Beschluss in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Aufgrund einer Außenprüfung im Jahr 1996 erfolgte die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend die Feststellung der Einkünfte der B KG für die Jahre 1987 bis 1992 sowie eine neuerliche Feststellung für diese Jahre, in der die Einkünfte abweichend von der bisherigen Aufteilung auf die Gesellschafter verteilt wurden. In der Folge wurden geänderte Einkommensteuerbescheide 1987 bis 1992 für den Gesellschafter X, dessen Rechtsnachfolger die Revisionswerberin ist, erlassen. Die gegen die Feststellungsbescheide gerichtete Berufung wurde vom unabhängigen Finanzsenat (UFS) im Jahr 2005 als unzulässig wegen Vorliegens von „Nichtbescheiden“ zurückgewiesen.
5 Die Revisionswerberin stellte am 20. April 2012 einen Antrag auf Feststellung gemäß § 92 BAO zur Klarstellung von Rechtsverhältnissen in Zusammenhang mit (2011) gebuchten Abgabenverbindlichkeiten betreffend die Einkommensteuern 1987 bis 1992 und Bezug habende Nebengebühren, verbunden mit dem Antrag auf Erlassung eines Abrechnungsbescheides gemäß § 216 BAO. Beantragt werde neben der Richtigstellung der Buchung die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Einkommensteuerbescheide 1987 bis 1992, datiert vom 18. März 1996, insoweit diese selbst von als rechtskraftlos erkannten Feststellungsbescheiden abgeleitet seien. Begründend wurde ausgeführt, mit der Entscheidung des UFS aus dem Jahr 2005 sei ausgesprochen worden, dass die im Jahr 1996 erlassenen Feststellungen der Einkünfte gemäß § 188 BAO für die Jahre 1987 bis 1992 keine Rechtswirkung hätten. Es habe sich um sogenannte „Nichtbescheide“ gehandelt. Aufgrund der Feststellungsbescheide bei der B-KG, die vom UFS für rechtsunwirksam erklärt wurden, seien für X als deren damaligem Gesellschafter die entsprechenden abgeleiteten Einkommensteuerbescheide ergangen, woraus die am Abgabenkonto zuletzt ausgewiesenen Einkommensteuerbelastungen sowie die Bezug habenden Aussetzungszinsen und Nebengebühren resultierten. Sei ein Bescheid fehlerhaft erlassen, so löse er keine Rechtswirkung aus. Wenn ein hierarchisch übergeordneter Bescheid individuell nicht zurechenbar und dadurch mit einem wesentlichen Bescheidmangel behaftet sei, so könne auch der hierarchisch untergeordnete (abgeleitete) Bescheid nicht individuell bestimmbar (zuordenbar) sein; ein von einem nicht zuordenbaren und deshalb rechtsunwirksamen Grundlagenbescheid (Feststellungsbescheid) abgeleiteter Einkommensteuerbescheid sei ebenfalls nicht zuordenbar und daher ebenso rechtsunwirksam (nichtig). Beantragt werde daher die Feststellung, dass die Einkommensteuerbescheide 1987 bis 1992, datiert vom 18. März 1996, von sogenannten „Nichtbescheiden“ (von Feststellungsbescheiden ohne Rechtskraftwirkung) abgeleitet seien und zufolge der bei ihrer Erlassung bestehenden Rechtssystematik ebenfalls keine rechtserzeugende und Verbindlichkeit begründende Wirkung haben könnten, da es sich im Grunde um ein einheitliches Abgabenfestsetzungsverfahren handle. Der Steuerpflichtige sei durch die bezeichneten Bescheide erheblich nachteilig belastet. Außerdem sei er durch den tatsächlichen verfahrensrechtlichen Ablauf von den notwendigen Rechtsschutzeinrichtungen unverschuldet abgeschnitten gewesen.
6 Mit Bescheid vom 20. September 2012 wies das Finanzamt den Antrag auf Feststellung gemäß § 92 BAO zurück. Mit weiterem Bescheid vom 24. September 2012 wies das Finanzamt den Antrag auf Erlassung eines Abrechnungsbescheides gemäß § 216 BAO zurück. Die Revisionswerberin erhob gegen beide Bescheide Berufung.
7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die nunmehr als Beschwerde zu behandelnde Berufung der Revisionswerberin gegen den Bescheid des Finanzamtes vom 20. September 2012 (betreffend Feststellung gemäß § 92 BAO) als unbegründet ab (die Berufung gegen den Bescheid betreffend Abrechnung wurde dem UFS bzw. nunmehr dem Bundesfinanzgericht nach dem Inhalt des angefochtenen Erkenntnisses bisher nicht vorgelegt). Nach dem Grundsatz der Subsidiarität von Feststellungsbegehren und von Feststellungsbescheiden iSd § 92 BAO sei kein Feststellungsbescheid zu erlassen, wenn die Erlassung eines Abgabenbescheides möglich ist, was, worauf das Finanzamt in seinem angefochtenen Zurückweisungsbescheid zutreffend verwiesen habe, gegenständlich der Fall gewesen war. Daraus folge die Unzulässigkeit der Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 92 BAO für den gegenständlichen Fall.
8 Die Revisionswerberin erhob gegen das angefochtene Erkenntnis zunächst Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 24. September 2018, E 2390/2017-5, ablehnte und sie an den Verwaltungsgerichtshof abtrat.
9 Die nunmehr eingebrachte außerordentliche Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen vor, dass eine Rechtsprechung zur Pflicht zur Erlassung von Feststellungsbescheiden „in Hinblick auf das Bestehen von abgeleiteten Bescheiden aufgrund von nichtigen Grundlagenbescheiden“ fehle.
10 Das Finanzamt erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der keine Kosten beantragt wurden.
11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann ein Feststellungsbescheid ergehen, wenn eine Partei ein rechtliches Interesse an der Feststellung hat und es sich um ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverfolgung handelt oder wenn die Feststellung im öffentlichen Interesse liegt; dies jeweils unter der Voraussetzung, dass die maßgeblichen Rechtsvorschriften eine Feststellung dieser Art nicht ausschließen (vgl. VwGH 20.12.2016, Ro 2015/15/0023, 0024, mwN, sowie Ritz, BAO6, § 92 Tz 15 f). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht ein die Erlassung eines Feststellungsbescheides rechtfertigendes rechtliches Interesse dann nicht, wenn die für die Feststellung maßgebende Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgesehenen Verfahrens zu entscheiden ist (vgl. VwGH 2.7.2015, Ro 2015/16/0009).
12 Im vorliegenden Fall steht ein anderes Verfahren zur Klärung der streitgegenständlichen Frage zur Verfügung: Gemäß § 216 BAO ist mit einem Abrechnungsbescheid über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung sowie darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, auf Antrag des Abgabepflichtigen abzusprechen. Der Abrechnungsbescheid dient der Klärung umstrittener abgabenbehördlicher Gebarungsakte schlechthin (vgl. VwGH 17.12.2014, 2010/13/0061). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann mit einem Abrechnungsbescheid die strittige Frage beantwortet werden, ob die aus einem Abgabenbescheid resultierende Verbuchung deshalb rechtswidrig war, weil der Abgabenbescheid etwa (z.B. im Rechtsmittelweg) wieder aufgehoben wurde und keine Gutschrift verbucht wurde oder der Abgabenbescheid gar nicht wirksam erlassen wurde (vgl. VwGH 30.3.2017, Ra 2016/16/0032, und nochmals 17.12.2014, 2010/13/0061). Dies gilt auch für die Klärung der Frage einer etwaigen Nichtigkeit der der Buchung zugrunde liegenden Abgabenbescheide.
13 Da die für die Feststellung maßgebende Rechtsfrage im Rahmen eines Abrechnungsbescheides - der von der Revisionswerberin auch beantragt wurde - geklärt werden kann, besteht nach der dargestellten Judikatur kein Anspruch auf Erlassung des im Revisionsverfahren gegenständlichen Feststellungsbescheides.
14 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 10. Juni 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2018130109.L00Im RIS seit
10.08.2020Zuletzt aktualisiert am
19.08.2020