Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §19 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß, Dr. Fuchs, Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des Bernd R in A, vertreten durch Dr. Johann Fontanesi, Rechtsanwalt in Wien I, Graben 28, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 7. April 1995, in seinem zu Zl. 19/10-DOK/95 erfolgten Abspruch betreffend Zurückweisung der gegen das Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 29. September 1994, GZ 7/21-DK/47/94, erhobenen Berufung als verspätet, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen das Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 29. September 1994, GZ 7/21-DK/47/94, gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 105 BDG 1979 als verspätet zurück (mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte weiters eine - nicht beschwerdegegenständliche - Berufungszurückweisung wegen Verspätung betreffend ein Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 6. Dezember 1994, GZ 2/22-DK/47/93, GZ 8/18-DK/37/93). In der Bescheidbegründung wird in bezug auf das Disziplinarerkenntnis vom 29. September 1994 ausgeführt, dieses sei dem Beschwerdeführer nachweislich am 15. Jänner 1995 zugestellt worden. Die Rechtsbelehrung des Disziplinarerkenntnisses habe den Hinweis enthalten, daß die Berufung binnen zwei Wochen nach Zustellung bei der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres - Senat 47 - mit dem Standort beim Landesgendarmeriekommando (unter Angabe der näheren Adresse) einzubringen sei. Mit einem am 27. Jänner 1995 zur Post gegebenen Schriftsatz habe der Beschwerdeführer Berufung gegen das Disziplinarerkenntnis erhoben und diese an die Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt in Wien adressiert. Nach § 33 Abs. 3 AVG würden zwar die Tage des Postlaufes in die Rechtsmittelfrist nicht eingerechnet. Dies setze aber voraus, daß das Rechtsmittel spätestens am letzten Tag der Rechtsmittelfrist an die richtige Stelle zur Post gegeben werde. Im Falle einer fälschlichen Adressierung der Berufung sei nicht mehr das Datum der Postaufgabe zu beachten, sondern es richte sich die Rechtzeitigkeit der Berufung nach dem Datum, an dem die Rechtsmittelschrift bei der zuständigen Behörde einlange. Da die vorliegende Berufung erst nach Ablauf der Berufungsfrist (2. Februar 1995) bei der zuständigen Stelle, nämlich der Disziplinarkommission für Inneres, Senat 47, eingelangt sei, sei die Berufung verspätet und daher aus diesem Grund gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 105 BDG 1979 zurückzuweisen.
In der Beschwerde wird beantragt, den angefochtenen Bescheid (in dem sich aus dem Inhalt der Beschwerde ergebenden Anfechtungsumfang, nämlich soweit er unter Zl. 19/10-DOK/95 die Zurückweisung der Berufung gegen das Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission vom 29. September 1994 ausspricht) wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerde läßt den Sachverhalt, aufgrund dessen die belangte Behörde von der verspäteten Einbringung der Berufung ausging, unbestritten. Im Hinblick darauf, daß § 105 BDG 1979 (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 362/1991) die Anwendbarkeit des § 63 Abs. 5 erster Satz zweiter Halbsatz AVG (in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 375/1990; wiederverlautbart mit Kundmachung BGBl. Nr. 91/1991), der das Wahlrecht zur Berufungseinbringung bei der Berufungsbehörde selbst einräumte, für das Disziplinarverfahren ausschloß, kann die Beurteilung durch die belangte Behörde auch nicht als rechtlich unrichtig erkannt werden. Die im Beschwerdefall als erste Instanz eingeschrittene Disziplinarkommission und die belangte Behörde sind auch bei verschiedenen Behörden eingerichtet (vgl. § 98 Abs. 1 und § 99 Abs. 1 BDG 1979), die über keine gemeinsame Einbringungsstelle verfügen.
Die Beschwerde bringt vor, die belangte Behörde habe aufgrund seiner Berufung mit "Bescheid vom 3.3.1995, GZ 19/4-DOK/95" eine Ladung des Beschwerdeführers zur mündlichen Verhandlung "erlassen und mir zugestellt". Die belangte Behörde habe es unterlassen, vor Ergehen des angefochtenen Bescheides sich mit der Rechtsfrage dieses "Bescheides vom 3. 3. 1995" auseinanderzusetzen. Zweifelsohne sei die Ladung des Beschwerdeführers zur mündlichen Verhandlung ein Bescheid. Diese lasse ihm auch das Recht auf Durchführung einer Verhandlung zukommen. Durch den angefochtenen Bescheid könne dieses Recht auch nicht "abgeändert oder aufgehoben werden", zumal in ihm nichts über die Ladung vom 3. März 1995 ausgeführt werde.
Soweit der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen aus dem Umstand, daß an ihn eine Beschuldigtenladung vom 3. März 1995 für eine (am 28. März 1995 vorgesehene und mit Verfügung vom 14. März 1995 abberaumte) mündliche Verhandlung ergangen sei, die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ableiten möchte, kann ihm nicht gefolgt werden. Zu Recht verweist die belangte Behörde in der Gegenschrift darauf, daß die Verspätung eines Rechtsmittels in jedem Stadium des Verfahrens aufzugreifen ist. Verfahrensleitende Erledigungen (wie etwa ein Ladungsbescheid) können die nach § 66 Abs. 4 AVG (zwingend) zur Zurückweisung führende Verspätung einer Berufung nicht aus der Welt schaffen (ein Ladungsbescheid verliert dabei insoweit auch seine Rechtsgrundlage). Aus einer Ladung folgt auch nicht das Recht des Geladenen auf Durchführung jener Amtshandlung, zu welcher die Ladung erfolgte.
Wenn in der Beschwerde gerügt wird, "darüberhinaus ist festzustellen, daß die belangte Behörde es unterlassen hat, mir als Partei Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu erlangen und hiezu Stellung zu nehmen", unterläßt es der Beschwerdeführer, die Relevanz eines insoweit behaupteten Verfahrensmangels aufzuzeigen. Außerdem wurde dem Beschwerdeführer nach der Aktenlage mit Vorhalt vom 17. März 1995 zur Frage der Verspätung der Berufung ohnedies die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt, wobei im Antwortschreiben vom 21. März 1995 (ohne die zur Annahme der Verspätung führenden Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde in irgendeiner Weise zu bestreiten) im wesentlichen bloß geltend gemacht wurde, die belangte Behörde möge über den "formellen Fehler des Rechtsweges" hinwegsehen.
Die Beschwerde erweist sich damit insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1995090169.X00Im RIS seit
11.07.2001