TE Vwgh Erkenntnis 1998/1/21 97/16/0232

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Veröffentlicht am 21.01.1998
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Index

22/02 Zivilprozessordnung;
27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;

Norm

GGG 1984 §14;
GGG 1984 §18 Abs2 Z2;
GGG 1984 TP1 Anm1;
GGG 1984 TP1 Anm2;
ZPO §433 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde 1) der MT,

2) der AW und 3) der HW, alle in W, alle vertreten durch Dr. Wolfgang Spitzy, Rechtsanwalt in Wien III, Weyrgasse 8, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 6. Mai 1997, Zl. Jv 617-33a/97, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerinnen haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerinnen brachten am 6. Juli 1993 beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien die Aufkündigung der in Wien, H-Gasse 6-8, gelegenen Wohnung gegen die Verlassenschaft nach Therese H-K ein.

Bei der mündlichen Verhandlung am 10. Dezember 1993 wurde folgender gerichtlicher Vergleich geschlossen:

"Die beklagte Partei und Georg Peter H verpflichten sich, den Klägerinnen die Wohnung Wien, H-Gasse 6-8, sowie das dazugehörende Kellerabteil bis spätestens 31.1.1994 geräumt von eigenen Fahrnissen bei Exekution zu übergeben und verzichten auf Räumungsaufschub aus welchem Rechtsgrund immer. Die Beklagten verpflichten sich zur ungeteilten Hand, den Klägerinnen zu Handen des Klagsvertreters einen Kostenbeitrag von S 15.203,74 (darin enthalten S 2.430,62 USt und S 620,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen. Die Klägerinnen verpflichten sich mit Georg Peter H einen Hauptmietvertrag betreffend die Wohnung Wien, H-Gasse 6-8, zu den für die Vermieter üblichen Bedingungen und zu einem monatlichen Hauptmietzins von S 11.000,-- zuzüglich Betriebskosten und öffentliche Abgaben, Lift- Heiz- und Wachtdienstkosten und Mehrwertsteuer mit Wirksamkeit am 1.2.1994 abzuschließen und nach wirksamem Vertragsabschluß die Wohnung zu diesem Termin zu übergeben."

Mit Zahlungsauftrag vom 15. Jänner 1997 wurde den Beschwerdeführerinnen eine (zusätzliche) Pauschalgebühr in Höhe von S 24.400,-- vorgeschrieben. Dabei wurde der Mietzins von S 11.000,-- mit dem zehnfachen Jahresbetrag in die Bemessungsgrundlage einbezogen.

In dem von den Beschwerdeführerinnen erhobenen Berichtigungsantrag gegen diesen Zahlungsauftrag wurde geltend gemacht, daß in dem der Gebührenvorschreibung zugrundeliegenden Vergleich kein Vertragsabschluß gesehen werden könne. Selbst bei Anwendung des § 58 JN liege ein prätorischer Vergleich vor, sodaß nur die Hälfte der Pauschalgebühr vorzuschreiben gewesen wäre.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berichtigungsantrag abgewiesen. Die belangte Behörde führte in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, bei jedem Vergleich, in dem die Verpflichtung zur Leistung eines bestimmten Betrages übernommen wird, sei dieser Betrag in die Bemessungsgrundlage der Pauschalgebühr einzubeziehen. Ein prätorischer Vergleich liege nicht vor, weil der Abschluß des Vergleiches nach Einbringung der Klage erfolgt sei.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht. Die Beschwerdeführerinnen erachten sich in ihrem Recht auf "rechtsrichtige Gebührenvorschreibung" verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte

die Akten des Verfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Bemessungsgrundlage der Gebühren im Zivilprozeß und im Exekutionsverfahren ist nach § 14 GGG, soweit nicht im folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN.

Ist der Gegenstand eines Vergleiches eine Leistung, deren Wert das Klagebegehren übersteigt, so ist gemäß § 18 Abs. 2 Z. 2 zweiter Fall GGG die Pauschalgebühr unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu berechnen; die bereits entrichtete Pauschalgebühr ist einzurechnen.

Dabei ist als Bemessungsgrundlage der Gebühr der Wert der Leistungen zu verstehen, zu denen sich die Parteien im Vergleich verpflichtet haben (vgl. zuletzt das Erkenntnis vom 25. September 1997, Zl. 97/16/0171).

Unabhängig davon, ob in dem beschwerdegegenständlichen Vergleich lediglich - wie die Beschwerdeführerinnen meinen - eine Verabredung über einen erst künftig abzuschließenden Mietvertrag bestimmten Inhalts oder aber im Hinblick auf die Bestimmung der wesentlichen Hauptpunkte des Mietvertrages bereits der vergleichsweise Abschluß des Mietvertrages selbst zu erblicken ist, hat sich Georg Peter H in dem Vergleich bereits zur Leistung eines Hauptmietzinses zuzüglich Betriebskosten verpflichtet. Eine solche Leistung ist aber nach § 18 Abs. 2 Z. 2 GGG in die Bemessungsgrundlage der Gerichtsgebühr einzurechnen.

Auch der Einwand der Beschwerdeführerinnen, der Vergleich sei als prätorischer Vergleich im Sinne des § 433 Abs. 1 ZPO anzusehen, ist unzutreffend. Im Beschwerdefall wurde der Vergleich in einem bereits anhängigen Verfahren zwischen den Beschwerdeführerinnen und der Verlassenschaft nach Therese H-K geschlossen. Der Vergleich wurde somit im Zuge eines bereits laufenden Rechtsstreites zu dessen Beendigung geschlossen, was eine Beurteilung als prätorischer Vergleich ausschließt. Dem steht auch nicht entgegen, daß die Verpflichtung zur Leistung des in Rede stehenden Hauptmietzinses Hans Georg H betrifft, der nicht Partei des zivilgerichtlichen Verfahrens war. Georg H betreffend wurde zwar kein Prozeßvergleich im eigentlichen Sinn (vgl. dazu Tasching, Zivilprozeßrecht2 Rz 1341) geschlossen, wohl aber ein gerichtlicher Vergleich, dem in Ermangelung der Tatbestandselemente des § 433 ZPO nicht die Qualität eines prätorischen Vergleichs zukam. Der Umstand, daß mit Hans Georg H von den Beschwerdeführerinnen ein gesonderter prätorischer Vergleich hätte geschlossen werden können, steht der Gebührenpflicht in dem von der belangten Behörde festgesetzten Umfang nicht entgegen, weil das Gerichtsgebührengesetz ausschließlich an die formalen äußeren Tatbestände anknüpft (vgl. Tschugguel/Pötscher, Die Gerichtsgebühren5, 2 ff).

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997160232.X00

Im RIS seit

24.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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