TE Vwgh Erkenntnis 1998/1/21 96/16/0153

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Veröffentlicht am 21.01.1998
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
14/02 Gerichtsorganisation;
22/02 Zivilprozessordnung;
27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;

Norm

GGG 1984 §30;
GGG 1984 §9;
GOG §91;
VwRallg;
ZPO §63;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des AW in W, vertreten durch Dr. Eva-Maria Leeb-Bernhard, Rechtsanwalt in Wien I, Grünangergasse 3-5, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 23. Mai 1996, Zl. Jv 7501-33a/95, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer brachte mit Schriftsatz vom 23. März 1993 beim Handelsgericht Wien Klage gegen Helene J wegen Leistung und Rechnungslegung (Gesamtstreitwert S 866.000,--) ein. Gleichzeitig wurde Verfahrenshilfe beantragt. Mit Beschlüssen des Handelsgerichtes Wien vom 22. April 1993 wurde der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wegen Aussichtslosigkeit der Prozeßführung abgewiesen und die Klage wegen Unzuständigkeit des Handelsgerichtes Wien zurückgewiesen.

Dem Rekurs des Beschwerdeführers gegen die Abweisung des Verfahrenshilfeantrages wurde mit Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 30. November 1993 nicht Folge gegeben.

Mit Schriftsatz vom 6. Mai 1993 beantragte der Beschwerdeführer, die Klage "samt Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe" an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien gemäß § 230a ZPO zu überweisen. Mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 27. Jänner 1994 wurde der Zurückweisungsbeschluß vom 22. April 1993 gemäß § 230a ZPO aufgehoben und die Rechtssache an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien überwiesen.

In der Folge wurde die Rechtssache durch einen gerichtlichen Vergleich vom 15. November 1994 abgeschlossen.

Mit einem Zahlungsauftrag vom 20. Oktober 1995 wurde dem Beschwerdeführer eine Pauschalgebühr von S 12.240,-- zuzüglich einer Einhebungsgebühr von S 50,-- vorgeschrieben. Im Berichtigungsantrag gegen diesen Zahlungsauftrag wurde vorgebracht, das Landesgericht für Zivilrechtssachen habe offenbar übersehen, über den Verfahrenshilfeantrag des Beschwerdeführers zu entscheiden. Die Voraussetzungen für die Gewährung der Verfahrenshilfe lägen im übrigen noch immer vor. Gleichzeitig wurde beantragt, über den Verfahrenshilfeantrag zu entscheiden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berichtigungsantrag keine Folge gegeben. Die belangte Behörde verwies in der Begründung auf den Umstand, daß der Verfahrenshilfeantrag des Beschwerdeführers rechtskräftig abgewiesen worden sei.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Nach dem Inhalt der Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer dadurch in seinem Recht verletzt, daß die belangte Behörde dem Beschwerdeführer Gerichtsgebühren auferlegt hat, ehe über seinen Verfahrenshilfeantrag entschieden worden ist.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wird die Verfahrenshilfe nach § 63 ZPO bewilligt, so tritt die Gebührenfreiheit nach § 9 GGG mit dem Tag ein, an dem sie beantragt worden ist. Bei der Entscheidung über die Befreiung von Gerichtsgebühren besteht eine Bindung an die Entscheidung des Gerichtes über den entsprechenden Verfahrenshilfeantrag (vgl. Tschugguel/Pötscher, Die Gerichtsgebühren5, E 3 und 4 zu § 9 GGG).

Damit ist aber das Schicksal der Beschwerde schon entschieden: Bis dahin wären wohl die Voraussetzungen einer Stundung der Gerichtsgebühren nach § 9 Abs. 1 GEG gegeben. Der Umstand, daß das (zuständige) Gericht über den im Überweisungsantrag enthaltenen neuerlichen Verfahrenshilfeantrag der Aktenlage nach bisher nicht entschieden hat, kann jedoch an der Rechtmäßigkeit der Gerichtsgebührenvorschreibung nichts ändern, weil die Voraussetzung für die Gebührenbefreiung, eben die Bewilligung der Verfahrenshilfe, nicht erfüllt ist. § 9 Abs. 1 GGG stellt ja auf die bewilligte aber nicht auf die beantragte Verfahrenshilfe ab. Auch § 212 Abs. 1 GEG nimmt darauf Bezug, daß die Partei von der Entrichtung schon befreit ist. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers stellt die Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag auch keine (abzuwartende) Voraussetzung für die Entscheidung über die Vorschreibung der Gerichtsgebühren dar. Vielmehr ist es der Partei in einem Falle, indem das Gericht mit seiner Entscheidung hinsichtlich der Verfahrenshilfe wie im Beschwerdefall säumig ist, anheimgestellt, eine Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag im Wege eines Fristsetzungsantrages nach § 91 GOG herbeizuführen, worauf eine Bewilligung der Verfahrenshilfe auch nach Erlassung des Zahlungsauftrages zu einer Rückzahlung der Gebühren nach § 30 GGG zu führen hat. Auszugehen ist davon, daß der ursprüngliche Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 22. April 1993, 15 Cg 90/93-3 rechtskräftig abgewiesen wurde.

Die Beschwerde war aus den angeführten Gründen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Bindung der Verwaltungsbehörden an gerichtliche Entscheidungen VwRallg9/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996160153.X00

Im RIS seit

24.10.2001

Zuletzt aktualisiert am

08.01.2016
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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