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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
ABGB §21 Abs2Rechtssatz
Das syrische Recht sieht die Möglichkeit vor, dass Personen unter 16 Jahren und dabei sogar nach österreichischer Rechtslage als unmündige Minderjährige (vgl. § 21 Abs. 2 ABGB) anzusehende Mädchen, die Ehe eingehen können, denen nach dem österreichischen EheG unter keinen Umständen, also selbst in jenem Fall, in dem sie ausnahmsweise aufgrund ihrer persönlichen Entwicklung die für die Ehe erforderliche Reife aufweisen würden, die Ehefähigkeit zuerkannt werden könnte. Eine solche Regelung ist abstrakt in hohem Maß geeignet, die der österreichischen Rechtsordnung zu entnehmenden Grundwertungen zu unterlaufen. Insoweit ist dem VwG beizupflichten. Es ist aber zu beachten, dass wesentliche Voraussetzung für das Eingreifen der Vorbehaltsklausel des § 6 IPRG ist, dass das Ergebnis der Anwendung fremden Sachrechts und nicht bloß dieses selbst anstößig ist. Daher greift es zu kurz, wenn das BVwG für einen Verstoß gegen den ordre public im vorliegenden Fall lediglich allgemein darauf abstellt, dass der österreichische Gesetzgeber kein Bedürfnis nach "reinen Minderjährigkeitsehen" gesehen habe. In Verkennung der dargestellten Rechtslage hat das VwG aber auch keine ausreichenden Feststellungen getroffen, die eine einwandfreie dem Gesetz entsprechende Beurteilung ermöglicht hätten, ob im hier vorliegenden konkreten Fall von einem Verstoß gegen den ordre public auszugehen ist.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020140006.L14Im RIS seit
09.08.2020Zuletzt aktualisiert am
09.08.2020